Humor ist, wenn man lacht - Arnold H. Lanz - E-Book

Humor ist, wenn man lacht E-Book

Arnold H. Lanz

0,0

Beschreibung

"Humor" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten: humorvoll, feinsinnig, anregend, spielerisch. Lanz liebt phantasievolle Wortspiele. Sein Humor kennt die ganze Bandbreite: von einfach über verspielt, zu knochentrocken oder satirisch und tiefernst-nachdenklich. Lanz will einfach nur unterhalten - dir ein Lächeln oder Schmunzeln auf dein Gesicht zaubern und dir Momente schenken, in denen du alles um dich herum vergessen kannst. Momente der Entspannung und Freude. "Humor ist, wenn man lacht" ist eingeteilt in folgende Kapitel: -phantasievolle Geschichten, die über Alltäglichkeiten schmunzeln, -Parodien verschiedener Lebensbereiche, die unweigerlich zum Lächeln anregen, -satirisch humorvoll verpackte medizinische Ratschläge, -kurze Anekdoten, die humorvoll verpackte Weisheiten auf den Punkt bringen, -Geschichten, die zum Schmunzeln und Nachdenken anregen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 156

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Arnold H. Lanz

Humor ist, wenn man lacht

Humorvoll- satirische Kurzgeschichten

© 2019 Arnold Lanz

Verlag & Druck: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

 

Paperback

978-3-7482-1849-4

Hardcover

978-3-7482-1850-0

e-Book

978-3-7482-1851-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Humor ist, wenn man lacht

Vorwort

TEIL 1 Alles nur Fantasie

Sybille, die moderne Hexe

Kaschmir

Chipkarten

Wahre Gauner

Mein Schreibtisch

Ein Auto ist auch nur ein Mensch

Ein Airbag für jeden Fussgänger

Die Schachtel

Der Komfort einer Neubauwohnung

TEIL 2 Wie das Leben so spielt

Bla, bla

Das mobile WC Häuschen

Der Donner ist

Dunkel war’s

Endlich macht Autofahren wieder Spass

Entwicklungshilfe

Fliessband

Henry Ford

IQ

Karma

Krokodilstränen

Migros und Coop

Mind Mapping

Nackt

Nora vergass zu landen

Pampers

Plug and Pray

Stromkonserven

Stuhllager

Völkerverständigung

Was Hänschen nicht lernt

Zahlen des Lebens

Zitronen

What the hell is this?

TEIL 3 Medizinisch begründet

Zipperlein

Willkommen im Klub

Tag täglich

Religion

Nasenringe sind so praktisch

Muskelkater

Kinderstube

Kaffee

Hüfthose

Hirschgeweih

Herzlichen Dank, liebe Stressfee

Gehen ist abartig

Schnipo

Ein bisschen krank

Bedienungsanleitung

Berti, die vorwitzige Henne

TEIL 4 Auf den Punkt gebracht

Belämmert

Brain Storming

Clown

Diagnose

Ein Wunder

Erfolg

Geistesblitz

Gummi

Gummilösung

Haie

In Kosten stürzen

Intim

JeKaMi

Kalter Kaffe

Leerstelle

Les Caprices de Dieu

Männer denken immer nur an das Eine

Morgenstund hat Gold im Mund

Müde

Quarantäne

Safer Sex

Samichlaus

Schäferstündchen

Sorgen

Übergewicht

Virus

Vulgär

Zeilen

Teil 5: Geschichten, die zum Nachdenken anregen

Ein nettes kleines Städtchen

Der Aufstand der Bienen

Zucker, die genialste Erfindung aller Zeiten

Glückspilz

Graffiti

Putzen ist eine Zier

Warten auf Godot

Zeit

Der Autor der Kurzgeschichten

Vorwort

Humor ist, wenn man lacht …

… oder zumindest schmunzelt. Wenn die Mundwinkel nach oben wandern und alles Schwere in den Hintergrund gerät.

Humor lockert, erleichtert, macht frei, lässt uns Mensch sein.

Humor ist wie ein leichter, angenehmer Hauch, der uns wohltuend berührt.

„Humor ist, wenn man lacht“ ist eingeteilt in Kapitel

• in fantasievolle Geschichten, die Alltäglichkeiten parodieren,

• in Geschichten aus allen Lebensbereichen, die unweigerlich zum Lächeln reizen,

• in satirisch humorvoll verpackte medizinische Ratschläge,

• in kurze Anekdoten, die humorvoll verpackte Weisheiten auf den Punkt bringen,

• Geschichten, die zum Schmunzeln und Nachdenken anregen.

TEIL 1 Alles nur Fantasie

Sybille, die moderne Hexe

Die moderne Medizin ist eine Wohltat für jeden Menschen. Sie versagt zwar bei Lappalien wie einem gewöhnlichen Schnupfen, dafür hat sie Seuchen ausgerottet, kann Brüche reparieren und defekte Organe ersetzen. Damit all dies für den Patienten bezahlbar bleibt, wurden die Krankenkassen erfunden. Sie beruhen auf dem Solidaritätsprinzip. Die Kassen für alle und alle für die moderne Schulmedizin. Krankenkassen halten sich zwar nicht immer daran. Gelegentlich schliessen sie Leistungen oder Patienten aus. Aber am Obligatorium ändert das nichts. Dafür hat glücklicherweise auch der Gesetzgeber gesorgt: Von der Wiege bis zur Bahre zahlt jeder Bares.

Das durfte auch Sybille erfahren. Als sie in der gesetzten Frist keine Versicherung abschloss, wurde ihr ein kompetenter Berater ins Haus gesandt. Als auch das nicht fruchtete, erhielt sie einen Brief. Darin stand: „Wir bitten Sie, das beiliegende Formular innerhalb von zwei Wochen unterzeichnet zurückzusenden. Andernfalls gelten Sie als obligatorisch versichert.“ Sehen Sie, wie human der Staat seine Bürger behandelt? Früher wäre Sybille im Gefängnis oder auf dem Scheiterhaufen gelandet. Jetzt hat sie die Wahl: Sie kann sich selbst versichern, oder sie wird von Staates wegen versichert.

Man kann die Leistung des Staates nicht oft genug loben: Durch diese kluge und vorausschauende Massnahme wurde alle Kurpfuscherei endgültig ausgerottet. All diese komischen Hausmittelchen und naturheilkundlichen Methoden, diese mittelalterlichen, gefährlichen Praktiken sind nun endgültig überwunden. Im gleichen Aufwasch wurde allen okkulten oder sektiererischen Verfahren wie z.B. Handauflegen, Energiearbeiten, Warzenbesprechungen, Fernbehandlungen usw. das Handwerk gelegt.

Man darf die humane Behandlung von Sybille als Akt grosser staatlicher Toleranz ansehen, denn Sybille war Wiederholungstäterin. Bereits im vergangenen Sommer war sie sehr unangenehm aufgefallen, denn sie hatte versucht, die staatliche Versorgung aller Bürger mit Lebensmitteln zu unterlaufen. Anstatt ihre Landfläche zweckgebunden, d.h. für die eigene Erholung zu nutzten, hatte sie begonnen eigenes Gemüse und Salat zu ziehen. Man stelle sich das einmal vor: Der Staat unternahm jede nur denkbare Anstrengung, um die Bürger mit guten Lebensmitteln zu versorgen. Er kontrollierte die Nahrungsmittelhersteller, Schlachthäuser, Farmen. Kein anderes Land hatte so untadelige, hygienische und sterile Lebensmittel: Sie standen in Büchsen, Flaschen und Kartons in Reih und Glied in jedem Laden und enthielten alles, was der Mensch braucht: pulverisierte, konservierte und vitaminisierte Produkte, aromatisiert nach dem jeweiligen Modetrend. Es waren Delikatessen ersten Ranges zu stark subventionierten Preisen. Die Zeiten der unhygienischen, immer etwas gammelnden Gemüse- und Früchteabteilungen in den Supermärkten waren Gott sei Dank endgültig vorbei. Zur Erleichterung der Bevölkerung waren diese unappetitlichen Fliegenfänger bereits vor Jahren endgültig verschwunden. Zusammen mit der obligatorischen medizinischen Versorgung wurde so erstmals ein vorbildliches und flächendeckendes, sehr hygienisches System der Volksgesundheit geschaffen.

Mitten in dieses friedliche Bild trat Sybille, diese Hinterwäldlerin. Sie, mit ihrem Anflug von tiefstem Mittelalter, erdreistete sich, selbst Gemüse zu pflanzen. Weiss der Henker, woher sie den Samen hatte, denn solche Dinge waren längst aus allen Regalen verschwunden. Sie waren einfach nicht mehr notwendig gewesen. Was dachte sich diese Sybille eigentlich? Wo leben wir denn? Bei den Neandertalern? Was nicht künstlich hergestellt werden konnte, wurde auf riesigen Feldern maschinell bearbeitet, aus Flugzeugen mehrmals besprüht, mit Erntemaschinen eingefahren, in den automatisierten Fabriken pulverisiert, aromatisiert, haltbar gemacht und in Dosen abgefüllt. Das war hygienische Lebensmittelversorgung. Alles andere enthielt Gefahren, Pilze, Bakterien, Mikroben, Krankheitserreger! Nicht auszudenken, wenn Sybille mit ihren Ansichten Schule machen würde.

In den klimatisierten und wohltemperierten Büros der Stadtverwaltung sass Ferdinand und brütete über den Akten. Er hatte sich in den letzten zwei Tagen ausschliesslich mit Sybille beschäftigt. Ihm war längst klar, dass etwas geschehen musste. Aber was? Einerseits galt die Devise, die Bürger freundlich und sanft zu behandeln. Andererseits war klar, dass Sybille eine besonders renitente und unbelehrbare Bürgerin war. Allein im Interesse aller staatstreuen Bürger konnte ihr Verhalten nicht geduldet werden. Nach weiteren zwei Tagen Recherchen entschloss sich Ferdinand Sybille vorzuladen:

Als sie in sein Amtszimmer trat, erschrak Ferdinand. Da stand eine strahlende, schlanke Frau mit straffer Haut und einer überaus gesunden Gesichtsfarbe vor ihm. In den zwei Tagen, die er sich mit Sybille beschäftigt hatte, hatte er sich vorgestellt, Sybille müsste längst todkrank sein. Tatsache war doch, dass niemand ausserhalb des gut durchdachten staatlichen Systems überleben, geschweige denn gesund sein konnte, das war allgemein bekannt. Und jetzt stand diese Sybille da und strafte alle Wissenschaft Lügen. Wäre Ferdinand nicht bereits käsebleich gewesen, so wäre er spätestens jetzt erbleicht. Irgend etwas ging da nicht mit rechten Dingen zu.

Entweder war diese Sybille eine Hexe oder Zauberin oder aber …… Nein, Ferdinand weigerte sich entschieden, diesen Gedenken weiter zu spinnen. Was nicht sein durfte, das konnte auch nicht sein. Der Staat hatte recht und Sybille unrecht. Und doch strahlte und pulsierte ihm das Leben so intensiv entgegen, wie er es bis heute noch nie erlebt hatte. Es war, als käme Sybille direkt von einem anderen Stern. Einem Planeten, auf dem die Menschen glücklich, fröhlich, lebenslustig und sehr vital waren. Ihr Auftreten war ein derart krasser Gegensatz zum Durchschnittsmenschen, der käsebleich, schlapp und gleichgültig sein Leben fristete, dass Ferdinand mehrmals leer schlucken musste, bis er Worte fand.

„Frau Sybille Osterwalder, ich habe Sie vorgeladen, weil Sie mehrmals gegen die geltende Ordnung verstossen haben“, eröffnete er das Gespräch und versuchte seiner Stimme Halt und Festigkeit zu verleihen. Sybille stand nur da und strahlte ihn an. Das verunsicherte Ferdinand weiter. „Es ist eine erwiesene Tatsache, dass alle Menschen, die sich ausserhalb des wissenschaftlich erarbeiteten Systems stellen, viel krankheitsanfälliger sind.“ Als Ferdinand jetzt aufblickte, war es ihm, als würde in Sybilles Gesicht eine strahlende Sonne aufgehen. Das war zuviel für ihn. Er beschränkte sich auf eine kurze Verwarnung und liess Sybille wieder gehen.

Ferdinand sank erschöpft in seinen Sessel. Sein Weltbild hatte einen massiven Schock erlitten. Wie kam es, dass eine Abtrünnige wie Sybille so vital war, und er sich ständig wie ein ausgewrungener Waschlappen fühlte? Irgendetwas konnte da nicht stimmen! Aber hatte die Industrie nicht kürzlich eine neue Pille für genau solche Situationen kreiert? Ja doch, hier war sie. Nichts wie rein damit! Am besten gleich 10 davon!

Kaschmir

Eine der wertvollsten Gewebe unserer Zivilisation ist die Kaschmirwolle. Sie schmeichelt der Haut, ist warm und…

Weiss ich alles. Erzähl mir lieber, warum sie Kaschmir heisst.

Nun, das ist ganz einfach zu erklären. Kaschmir stammt aus dem Appenzell.1

Blödsinn.

Nichts Blödsinn. Kaschmir stammt aus dem Appenzell. Da sind die Winter ganz besonders kalt. Und die Kälte, die war ein grosses Problem für die Bevölkerung. Bis ein kluger Appenzeller, etliche Jahrhunderte ist es jetzt her, den Kaschmir-Hund nach Appenzell brachte. Er benutzte den Hund als Zughund, spannte ihn vor sein kleines Wägelchen, lud die Milch auf und fuhr so zur Käserei. Schon im ersten Winter verblüffte er all seine Nachbarn, denn sein Hund trotzte aller Kälte. Er stapfte unverdrossen durch den Schnee.

Rasch breitete sich die Neuigkeit aus. Sein Hund wurde schnell ein berühmter Zuchthund, denn den Kaschmir-Hunden macht die Kälte nichts aus. Gar nichts. Sie bellen nur kurz drei mal und das tönt irgendwie wie: „Du Kasch mir“, was so viel heisst wie, du kannst mich Mal. Du Winterkälte.

So begannen die Appenzeller die Hunde im Frühjahr zu scheren. Die Wolle verarbeiteten sie zu Jacken und nun trägt ganz Appenzell im Winter Kaschmir. Und der Winter kann sehen, wo er bleibt. In Appenzell jedenfalls heisst es seither unisono: Du kasch mir.

1 Kleiner, urchiger Voralpenkanton in der Schweiz

Chipkarten

Vor etwa 10 Jahren versagte die Batterie an meinem Handy, also ging ich in eine öffentliche Sprechzelle und wollte, wie ich das von früher gewohnt war, Münzen einwerfen. Da war aber nur ein Schlitz für eine Chipkarte. Ich schaute mich um und fand eine Notiz. Telefonieren konnte man nur mit Karten der Telefongesellschaft. Wo sie verkauft würden, stand nirgends. Offenbar wussten das alle anderen Einwohner, nur ich nicht. Ich wartete vor der Türe, bis ein nächster Kunde kam. Den sprach ich an:

„Mein Herr, könnten sie mir Ihre Karte verkaufen? Ich muss dringend telefonieren.“

„Nein“, sagte er, „die benötige ich selbst.“

„Aber es ist ein dringender Notfall, es geht um Leben und Tod!“

„Also warten Sie einen Augenblick. Ich führe mein Gespräch und wenn dann noch etwas auf der Karte ist, dann können Sie die Karte haben.“ Er verschwand, steckte die Karte in den Schlitz, wählte und telefonierte.

Ich stand draussen und sinnierte. Was meinte er mit: „Wenn dann noch etwas auf der Karte ist?“ Als er herauskam, fragte ich ihn. Er hielt mir einen längeren Vortrag über Chips, Magnetstreifen, Kommunikation, Elektronik und der Intelligenz dieser revolutionären Technik. Obwohl ich nichts verstand und nichts kontrollieren konnte, bezahlte ich ihm, was er als Restwert der Karte bezeichnete, nahm das Plastik-Ding ehrfürchtig in Empfang und ging ins Telefonhäuschen und stiess sie in den Schlitz. Und siehe da: Die Karte hielt, was sie versprach. Ich konnte telefonieren! Ein Teufelsding, diese flache Wunderkarte! Kein Vergleich zu den primitiven, alltäglichen Münzen von früher!

Ich war so fasziniert von dieser genialen Erfindung, dass ich begann, mir eigene Karten zu beschaffen. Ich legte mir im Laufe der Zeit ein ganzes Sortiment zu: Bankkarten, Kreditkarten, Kundenkarten, Ausweiskarten, Bonuskarten, Schlüsselkarten, Umsatzkarten, Passkarten. Letztere hätte ich besser unterlassen. Aber das wusste ich damals noch nicht. Mein Besitz war auf 85 Stück angewachsen, als die Frage des Transports unumgänglich wurde. Ich löste das Problem ganz elegant: Die Wichtigsten bewahre ich in meinem Portemonnaie auf, die übrigen trage ich im Aktenkoffer mit mir. Wie ich damit zurechtkomme? Leicht, ganz leicht! Man erkennt die Karten so einfach, denn sie sind alle bunt und farbig. Kein Vergleich zu den grauen Münzen von früher.

Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. Ich habe mein Haus auf Chipkartenschlösser umgerüstet. Meine Kinder tragen jetzt keinen Schlüssel mehr, sondern eine Chipkarte um den Hals. Das war vielleicht ein Freudenfest, dieser erste Tag mit der Chipkarte um den Hals! Endlich konnten sie mit etwas auftrumpfen, das noch kein anderer Schüler hatte.

Leider hatte das Loch die Karte ruiniert. Sie kamen nicht mehr ins Haus damit. Vielmehr lösten sie die Alarmanlage aus. Polizei und Feuerwehr rückten an. Ich wurde aus einer wichtigen Besprechung gerufen und musste meine Kinder aus dem Polizeigewahrsam auslösen gehen. Die Feuerwehr hat mir eine saftige Rechnung gesandt, und der Schlosser hat gesagt, die Chipkarten dürften nicht angebohrt, nicht beschädigt, nicht geknickt, nicht berührt, nicht poliert, nicht bemalt und nicht beschriftet werden. Echt langweilig, insbesondere für Kinder.

Ich habe nicht gewusst, dass Chipkarten solche Mimosen sind. Aber trotzdem irgendwie niedlich, diese Alleskönner, finden Sie nicht auch? Kein Vergleich zu den alten, klobigen, grauen Schlüsseln.

Mein Hund hat sich mühelos an das neue Zeitalter, d.h. an die Chipkarten gewöhnt. Er nimmt die Chipkarte in die Schnauze und holt die Sonntags-Zeitung. Leider haben diese Ignoranten nicht an hundegerechte Zeitungsautomaten gedacht. Der Schlitz ist viel zu weit oben. Mein Bello sprang zwar hoch, aber dabei kippte der Automat um. Bevor er die Karte in den Schlitz stecken konnte, explodierte das ganze Ding. Die Zeitungen müssen irgendwie auf einer Sprungfeder oder einem Sprengsatz gelagert gewesen sein. Jetzt lagen sie in Bergen auf der Strasse. Die Männer der Kehrichtabfuhr fluchten wie Droschkenkutscher, weil sie am Sonntag arbeiten mussten. Mein Bello ist jetzt in psychiatrischer Behandlung.

Mein Leben ist mittlerweile etwas kompliziert geworden, denn meine Sammlung zählt nun 489 Karten. Ich habe zwar immer wieder auf unverwechselbare Farben bestanden, aber bei dieser Menge lässt es sich nicht vermeiden, dass mehrere Karten die gleiche Farbe tragen. So staunte ich nicht schlecht, als beim Geldautomaten anstatt Hundertfranken-Noten Wienerli aus dem Automaten kamen. Ich habe sofort reklamiert, aber die Bank sagte, es wäre mein Fehler. Ich könne doch nicht im Ernst verlangen, dass ich mit einer Metzgerkarte Geld erhalten würde. Auch der Metzger hat meine Reklamation von wegen flachen Wienerli zurückgewiesen. Er sagte aber ich solle mich trösten. Ich hätte Glück im Unglück gehabt. Hätte ich es an einem Briefmarkenautomaten versucht, wären die Wienerli ganz schön ausgezackt und ausgefranst rausgekommen.

Was solls, solche Lappalien stecke ich spielend weg, schliesslich muss man mit der Zeit gehen. Nachdenklich wurde ich erst, als die Sittenpolizei meine zwei kleinen Kinder an die Haustüre brachte. Sie waren ins Hallenbad gegangen, erhielten aber von der Chipkarte statt Eintrittskarten Pornohefte. Das gab vielleicht einen Aufruhr in der Gemeinde. Sogar der Herr Pastor rief mich an und versuchte meine verdorbene Seele zu retten. Dabei bin ich ganz unschuldig. Der Fehler liegt eindeutig bei der Stadtverwaltung. Kein vernünftiger Mensch macht Schwimmbadkarten rot! Diese Farbe ist doch für Sex reserviert! Die Stadt sollte besser bei einfacheren Systemen bleiben, wenn sie die Grundbegriffe der Hochtechnologie nicht beherrscht.

Meine Frau hatte sich ein eigenes umfangreiches Kartensortiment zugelegt. Leider unterlaufen auch ihr Fehler. In der Autowaschanlage hat sie prompt danebengegriffen. Ihr Auto ist jetzt irgendwie geschrumpft, denn sie hatte das Programm für Kochwäsche der Waschmaschine eingespiesen. Glücklicherweise hatte sie die Tumblerkarte nicht dabei.

Nun ja, ein neues Auto geht schon irgendwie ins Geld. Deprimiert durch solche Ereignisse, entschied ich deshalb, zu den Wurzeln zurückzukehren und mich von meinen Karten zu trennen. Ich mietete ein Boot, fuhr weit auf den See hinaus, verbrannte meine Karten und streute deren Asche in alle Winde.

Zu Hause angekommen, warteten 100 Vertreter von verschiedenen Lieferanten. Sie schenkten mir Blumen, kondolierten mit rührenden Worten und trösteten mich über den Hinschied meiner treuen Gefährten. Einige wollten wissen, wie der Unfall denn passiert sei. Natürlich hielt jeder von ihnen eine Ersatzkarte bereit, die sie mir feierlich überreichten.

Weitere 300 Kondolenzanzeigen kamen mit der Post. Ich beneidete den Briefträger nicht. Er schwitzte wie ein Bär.

Der Steuereintreiber und die Betreibungsbeamten waren weniger zart besaitet. Sie nahmen mir meine Brieftasche ab, entwanden mir die teure Rolex Uhr und konfiszierten den Mercedes-Schlüssel. Was soll ich sagen? Radfahren ist eh gesünder!

88 Kartenhäuser haben sich überhaupt nicht gerührt. Da sieht man nur, wie schlampig einige Verkaufsabteilungen arbeiten. Kein Wunder steckt die Wirtschaft in einer Depression.

Eine Karte hätte ich besser nicht kremiert; meinen Pass. Letzen Montag bin ich als Staatenloser mit einer Polizeieskorte an die Grenze gestellt worden.

Wahre Gauner

„Sag mal Paule, hast du eigentlich nie Gewissensbisse?“

„Nö, warum sollte ich? Alle Welt klaut. Die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger.“

„Wie meinst du das, Paule, alle Welt klaut?“

„Erinnere dich nur einmal, wie das im Krieg war. Da mussten wir doch ständig organisieren. Benzin, Lebensmittel, Kleider. Wir taten es damals, um zu überleben. Es gab sogar den befohlenen Diebstahl, man nannte es „sicherstellen“ oder „nationalisieren“. Ein schöner Deckmantel für das, was es wirklich wahr: ganz gewöhnlicher Diebstahl.“

„Paule, jetzt bist du etwas abgerutscht. Der Krieg ist längst vorbei.“ „Nichts ist vorbei. Sieh dir nur einmal die riesigen Vermögen der Kirche an. Weisst du, wie die zu Stande kamen? Ich sage es sir: Säkularisieren nannte man das.“

„Paule, jetzt bist du entschieden zu weit gegangen! Das ist Verleumdung. Dafür kannst du glatt eingesperrt werden.“

„Woher haben es denn die Jungen, die sich in den Kaufhäusern CD’s, Computer-Spiele usw. unter den Nagel reissen?“

„Paule, das sind doch Ausnahmen, alles nur Ausnahmen.“

„Schöne Ausnahmen, wenn diese über 3 Prozent des Umsatzes ausmachen. Ich sage dir was: Stehlen ist ein Gesellschaftsspiel. Es ist moderner Nervenkitzel und ohne Diebstahl wäre die Welt erheblich ärmer.“

„Das verstehe ich jetzt gar nicht, Paule. Wie kann die Welt ärmer sein, wenn nicht gestohlen wird?“

„Ich meine natürlich die Armen, die ärmer wären, würden sie nicht von den Reichen stehlen, du Döskopf. Stehlen ist ausgleichende Gerechtigkeit. Das haben auch die Bullen begriffen. Diebe werden so gut wie nie gefangen und eingelocht.“

„Da hast du recht, Paule. Wir geniessen unsere Freiheit. Sie fangen so gut wie nie Diebe.“

„Siehste! Diebstahl ist etwas ganz Natürliches. Warum sollte ich mir da Gewissensbisse machen? Alle Welt stiehlt. Die Oma, um sich etwas zu gönnen, die reiche Tante um Frust abzubauen, die Angestellten, um zu sparen, die Kids als Mutprobe und wir zum Überleben.“

„Aber gesetzlich ist es nicht, Paule, oder?“

„Pass auf, du Schussel! Achte gefälligst auf den Tacho.“

„Ja doch, Paule. Es war ein kleines Versehen, Paule. Ich habe auch sofort wieder gebremst. Verzeih mir, Paule. Es kommt bestimmt nicht wieder vor, Paule.“

„Was heisst da, es war ein kleines Versehen? Das war schlicht und einfach kriminell. Hörst du: eine Straftat, und lebensgefährlich obendrein.“

„Ich sagte ja, verzeih mir Paule.“

„Dir ist offenbar nicht klar, wie gesetzwidrig das ist! Du bist ein Asozialer. Reiss dich gefälligst zusammen. Ich will nicht in den Knast, nur weil du dich benimmst wie ein verrückter Raser.“

„Ja doch, Paule. Ich sehe es ja ein, Paule. So beruhige dich doch wieder Paule.“