Ibissur - Roman Widder - E-Book

Ibissur E-Book

Roman Widder

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Beschreibung

Auf den Spuren seiner Vorfahren reist der Spielzeugbauer Osman gen Osten. Der Weg führt ihn nach Südrussland, wo er den Vagabunden Tschepucha kennenlernt. Mit diesem beschließt er, zu einer brachliegenden Fischfabrik am fernöstlichen Ende des sibirischen Landungeheuers zu reisen, um diese instand zu setzen. Unterwegs gabeln sie das einarmige Waisenmädchen Nastja auf, das als stumme Dritte permanent Unruhe stiftet.
Das phantastische Ziel der Fischfabrik vor Augen, passieren sie Orte, die eine aberwitzige Wirklichkeit ins Bild rücken, verstricken sich im Dickicht des Redens und kämpfen immer mehr mit der eigenen Sprach-­ und Lebensmüdigkeit.
In seinem virtuosen Debüt erzählt Roman Widder von einer Fahrt durch »Sibirien« als einer Auswanderung, die sich in ihren eigenen Täuschungsmanövern verfängt, von dem Traum, eine »neue Welt« in maximaler Entfernung zur eigenen Herkunft zu finden – oder zu erschaffen.

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Seitenzahl: 165

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Roman Widder

Ibissur

Erzählung

diaphanes

broschur

Teer im Mund

Osman habe den Finger immer ein wenig zu stark auf das Werkzeug gedrückt, um sein Herz besser zu spüren. Er habe auch den Schmerz gemocht, wenn er abrutschte und die ungeschützte Haut traf, erzählt Tschepucha der Alten, die eine Suppe vorbereitet, während Nastja an meiner Seite gerade aufgewacht ist und zu spielen anfängt. Tschepuchas Stimme wird von dem Gerede des Radios begleitet, als er fortfährt, vielleicht habe man Osman, der schon immer Schwierigkeiten beim Denken habe, nach der Passreform keinen neuen Ausweis ausgestellt, weil ihm der Fingerabdruck misslungen sei. Die Vernarbung des Hautgewebes auf den Fingern habe nicht ausgereicht, wie auch die dicken Hornschichten, das Muster der Verletzungen und das andere, was da noch war, so Tschepucha, mein Übersetzer, wenn ich ihn richtig verstehe, denn er spricht hektisch und erzählt der Alten die Geschichte viel zu schnell, hier im Norden des Ural, nicht weit vom Fluss Ob, wo ich mit einigem Papier vor dem stockenden Rechner sitzend auf das Laden der Bahnseite warte, um unsere Abfahrtszeit zu ermitteln. Leider befinden wir uns in einem Empfangsloch. Die Verbindung ist so langsam, dass ich nur staunen kann und überlegen, wie die dadurch entstehende Pause am besten auszufüllen ist. Von Zeit zu Zeit deutet der Bildschirm ein Ergebnis an, um dann doch wieder stillzustehen. Auf die leere weiße Fläche starrend haben meine Augen immer mehr zu schmerzen begonnen, meine ohnehin zu kleinen Augen, die geschädigt sind durch den hinter uns liegenden Nordwinter, Wochen voller Schnee und blendender Luft, wenn immer und nie Nacht ist, wenn im dichten Schneefall und in der Nähe von Laternen die Tageszeiten verschwinden. Nur selten luge ich darum in Richtung des Bildschirms hoch und habe es schon lange satt und Lust, unsere Verbindungslosigkeit zu beenden, indem ich das Unding entsorge, aber und die Alte werden die Zeit, so hoffe ich, durch ihr Gespräch kurzweilig gestalten, ich schreibe mit.

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