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Richelieu politischer Aufstieg wurde zunächst 1616/17 begonnen, indem er für einige Monate Staatssekretär wurde, und zwar mithilfe der Königin-Regentin Maria von Medici, die damals für ihren minderjährigen Sohn Ludwig regierte. Allerdings fiel sie dann beim heranwachsenden König in Ungnade – und so verlor auch Richelieu seine Position. Die Königinmutter wurde exiliert, aber Richelieu erkannte, dass seine weitere Karriere, also auch ein Aufstieg im Klerus, nur über sie funktionieren könnte. Aber als er 1624 Prinzipalminister wurde, hat er zum Beispiel auch Bündnisse mit protestantischen Reichsständen geschlossen. Für solche Aktionen "im Interesse Frankreichs" wurde er scharf kritisiert. Die Frage eines gerechten Krieges hat ihn ständig und intensiv beschäftigt. Wann darf man überhaupt in einen Krieg eintreten? Erst als wirklich alle Mittel ausgeschöpft waren, erklärte Frankreich 1635 Spanien den Krieg. Er war Diplomat, Taktiker – aber sein Ziel war von Anfang an: Wir führen Krieg, um den Frieden zu erreichen. Und er führte Frankreich zu einer nie gekannten Größe.
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Seitenzahl: 178
Walter Brendel
Ich bin Richelieu
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Vorwort
Beschreibung der handelnden Personen
Das kranke Kind, der junge Mann
Der Bischof zwischen Aufstieg und Machtverlust
Buckingham und der Kardinal
Richelieu und Maria von Medici
Frankreich in Gefahr
Das Spionagenetz des Kardinals
Die Gardisten seiner Eminenz
Das politische Testament Richelieus
Boten des Schicksals
Der Tod Richelieus und Ludwig XIII.
Fazit
Quellen
Buchempfehlungen
Frankreich in den Tagen des „Guten Königs“ Heinrich IV. anno 1593. Um den Frieden in den durch die Religion- und Bürgerkriege zerrüttenden Frankreich wieder herzustellen konvertierte Heinrich IV. am 25. Juli erneut zum Katholizismus. Der erneute Übertritt in Saint-Denis etwa, den er selbst einen „gefährlichen Sprung“ nannte, wurde gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes vollzogen – unter Androhung der Exkommunikation. Nur er selbst könne den König wieder in den Schoß der Kirche aufnehmen, erklärte der Papst – doch der französische Klerus nahm ihm die Entscheidung ab. Nun, wenn ein Sünder bereut und vom Tode bedroht ist – und Heinrich IV. erhielt ja ständig Todesdrohungen –, dann darf ein katholischer Geistlicher ihn wieder mit der Kirche versöhnen. Und genau das hat der französische Klerus getan. Der Papst konnte das nur sanktionieren – was er dann auf dem Verhandlungswege auch tat. Genau dieser „Gallikanismus“ war auch die Denkweise eines aufstreben enden jungen Mannes, Namens Richelieu.
Armand-Jean du Plessis, duc de Richelieu ist Abkömmling einer Adelsfamilie aus dem französischen Poitou. Er wird Bischof von Luçon, nachdem sein Bruder das alte Familienrecht darauf nicht in Anspruch nimmt. Schon zu dieser Zeit ist der Gottesmann ganz weltlich eingestellt und so ist es sein Ziel, nicht nur der Kirche, sondern auch seiner Heimat Frankreich zu dienen. Der zielstrebige Richelieu wird zum Kardinal ernannt, Minister Ludwig XIII. und erlebt einen raschen und steilen Aufstieg. Der „Eiserne“ wie er auch genannt wird, hat sich als Staatsmann zum Ziel gesetzt, Frankreichs Vormachtstellung in Europa zu garantieren und auszuweiten. Dabei übersieht er allerdings, dass das einfache Volk Not und Hunger leidet. So wird Richelieu zum meistgehassten Mann des Landes…
Im geschichtlichen Rückblick war er einer der größten Staatsmänner, die Frankreich je hervorgebracht hat. Obwohl die Darstellung des Kardinals als Finsterling in Dumas' Roman „Die drei Musketiere“ nicht dazu beigetragen hat, ihm einen besseren Leumund zu verschaffen.
Diese dokumentarische Zusammenfassung soll sich keinesfalls mit den ausführlicher Biografien um den Kardinal, wie z.B. von Klaus Malettke: „Richelieu. Ein Leben im Dienste des Königs und Frankreichs“; Philippe Erlanger: Richelieu oder Bruno Gloger: Richelieu, die Karriere eines Staatskanzlers, messen.
Kardinal Richelieu gilt als Begründer der französischen Hegemonie über Europa. Armand-Jean du Plessis, 1er Duc de Richelieu (1585–1642) brachte das Kunststück fertig, 18 Jahre lang als „Prinzipalminister“ Ludwigs XIII. die Geschicke des Landes zu leiten. Als Kirchenfürst kämpfte er im Bündnis mit der protestantischen Vormacht Schweden gegen das katholische Spanien und drängte den Einfluss des Papstes in Frankreich zurück.
Richelieu war sich seiner Verantwortung stets bewusst: für die Krone und auch als Kirchenmann. Und er hat sich ständig intensiv mit Rechtspositionen beschäftigt. Er war machtbewusst, ja; aber immer im Interesse der Krone. Und natürlich war sein Handeln auch für ihn selbst von Vorteil – aber das stand nicht wirklich im Vordergrund. Er war sicher ein überzeugter und frommer Katholik. Aber er hielt Distanz zu einer Gruppe, die man damals „die Devoten“ nannte; eine militante Gruppierung, die „Häretiker“ eliminieren wollte. In seinen Schriften hat Richelieu die Calvinisten als Christen beschrieben, die man wieder zum richtigen Glauben zurückführen müsse – aber mit überzeugenden Argumenten, nicht mit Gewalt. An dieser Linie hat er stets festgehalten.
Kardinal Richelieu gilt als Prototyp des Machiavellisten. So paktierte er mit den Schweden gegen die katholische Vormacht Spanien. Dabei folgte er aber strengen Regeln. Richelieu war gar nicht der Ehrgeizling, als der er immer dargestellt wurde.
Als kontroverse Figur gilt er zwischen 1624 und 1642 weiter. Für machtgierig und skrupellos gehalten zu werden muss man sich als Politiker wohl gefallen lassen. Allerdings hat er anfangs kein politisches Amt angestrebt. Ursprünglich sollte er die Militärlaufbahn einschlagen.
Er ging allerdings nicht nur als Militärstratege in die Geschichte ein, sondern als Begründer von Frankreichs Einheit, Größe und Ruhm.
Seit der Vater Polizeichef bei Hofe war, gehörten die Richelieus zum Hochadel. Diese Position musste man halten. Wer fortkommen wollte, konnte das nur über Beziehungen bei Hofe, wo die gnadenerweise vergeben wurden.
Doch der Reihe nach. Stellen wir erst einmal die Personen vor, die im Roman auftauchen und begeben wir uns danach nach Paris, wo Richelieu am 9. September 1585 geboren wurde.
Heinrich IV., König von Frankreich
Heinrich IV., von Navarra, geboren am 13. Dezember 1553 in Pau, Navarra; ermordet am 14. Mai 1610 in Paris; war ab 9. Juni 1572 als Heinrich III. König von Navarra und ab 2. August 1589 bis zu seiner Ermordung am 14. Mai 1610 als Heinrich IV. König von Frankreich. In seiner gascognischen Heimat nannte man ihn in der Landessprache „unser guter König Heinrich“.
Heinrich spielte als erster Prinz von Geblüt und Anführer der hugenottischen Partei eine zentrale Rolle in den Hugenottenkriegen. Nach dem Aussterben des Hauses Valois erbte er die französische Krone und wurde der erste König aus dem Haus Bourbon. Für vier Jahre, die jedoch stark von den innerfranzösischen Auseinandersetzungen gekennzeichnet waren, blieb Heinrich IV. (als Calvinist) der einzige protestantische König in der Geschichte Frankreichs. Er konnte sich jedoch erst nach seinem Übertritt zum Katholizismus 1593 endgültig auf Frankreichs Thron durchsetzen.
Als König baute Heinrich IV. das von den Bürgerkriegen zerrüttete Land wieder auf und formte die Grundlagen für den französischen Einheitsstaat. Das Edikt von Nantes, das den französischen Protestanten freie Religionsausübung zusicherte, war einer der maßgeblichen Erlasse seiner Regierungszeit. Außenpolitisch positionierte er das Land wieder als ernstzunehmende Großmacht und nahm den Kampf Frankreichs gegen das Haus Habsburg wieder auf, um so die Vorherrschaft in Europa zurückzugewinnen.
Seine Mutter war die Lieblingsnichte Franz I., des früheren Königs von Frankreich. Unter Heinrichs Großmutter Margarete war das Königreich Navarra zum Sammelpunkt der Protestanten und religiösen Reformer geworden, denen in Paris Kerker, Verbannung und Scheiterhaufen drohten. Ihre Tochter Johanna machte die Schlösser Pau und Nérac zum Zentrum des französischen Protestantismus.
Bei der Heirat des französischen Thronfolgers Franz von Valois mit der schottischen Königin Maria Stuart am 24. April 1558 in Paris war der vierjährige Heinrich anwesend, wo er seine Cousine und spätere Frau Margarete von Valois zum ersten Mal traf. In späteren Erzählungen wird berichtet, dass König Heinrich II. so angetan von Heinrich von Bourbon war, dass er ihn und Margarete zu diesem Zeitpunkt informell verlobte.
Für immer prägten sich das schreckliche Blutbad der Bartholomäusnacht und das Abschlachten der Hugenotten in sein Gedächtnis ein. Das Gemetzel, das am 24. August 1572 in Paris begann, forderte das Leben von etwa 3000 Hugenotten, im übrigen Frankreich nochmals um die 10.000. In Paris ging hartnäckig das Gerücht um, Königin-Mutter Katharina von Medici habe ihren Sohn, König Karls IX. zur Anordnung des Massakers überredet.
1578 sahen sich Heinrich und Margarete nach 32 Monaten Trennung in der Guyenne wieder, wo Heinrich seit 1576 Gouverneur war. Sie kam auf Wunsch ihrer Mutter dorthin, in der Hoffnung, Heinrich zurück an den Pariser Hof zu holen. Nach einem Aufenthalt von fast vier Jahren kehrte Margarete 1582 zurück in den Louvre. Ein Jahr später kam es zu einem großen Familienzwist, nachdem Margaretes Bruder Heinrich III. sie wegen ihres Betragens vom Hof verwiesen hatte. Auslöser war wahrscheinlich der Umstand, dass sich ihr Ehemann die Diane d’Andouins, „La belle Corisande“ genannt, zur Mätresse genommen hatte. Ab März 1584 hielt sich Margarete unter dem Vorwand, Anschlägen Dianes zu entgehen, in Agen auf. Sie begann, Feindseligkeiten gegen ihren Mann aufzubauen, und wurde daraufhin in der Festung Usson gefangengesetzt.
Heinrich III., der letzte Valois, wurde am 1. August 1589 von dem Dominikaner Jacques Clément in Saint-Cloud niedergestochen und starb am nächsten Tag an den Folgen der Wunde. Da die 1575 geschlossene Ehe des Königs mit Luise von Vaudemont kinderlos war und er auch keinen Bruder mehr hatte, war die Valois-Linie erloschen. Heinrich III. hatte auf seinem Sterbebett seinen Schwager und Verbündeten als Nachfolger bestätigt, forderte aber dessen Konversion zum katholischen Glauben.
Noch im selben Jahr bestand König Heinrichs erste Handlung in der Abwehr einer spanischen Invasionsarmee. Am 27. Dezember 1594 versuchte der Student Jean Châtel, den König bei einer öffentlichen Veranstaltung im Hôtel de Schomberg aus religiösen Gründen zu erdolchen. Auf Heinrich wurden insgesamt 18 Attentate verübt.
Am 14. Mai 1610 wurde der König von François Ravaillac, einen verwirrten religiösen Fantasten ermordet. Bis heute ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob der Attentäter nicht doch Hintermänner hatte.
Margarete von Valois
Wurde am 14. Mai 1553 in Saint-Germain-en-Laye geboren und starb am 27. März 1615 in Paris. Sie war auch bekannt unter dem Namen la Reine Margot und war Königin von Frankreich und Navarra sowie Herzogin von Valois.
Das Leben Margaretes von Valois – nach dem Tod Heinrichs III. letzter Spross der Valois-Dynastie – war durch Skandale, Intrigen und Tragödien geprägt. Als gläubiges Mitglied der katholischen Kirche mit dem hugenottischen König Heinrich von Navarra verheiratet, war sie aufgrund der französischen Religionskriege ihr Leben lang Spielball der religiösen und politischen Parteien im Kampf um die Macht in Frankreich.
Ihr Leben ist vornehmlich durch die selbst verfassten Memoiren bekannt, die ein nahezu authentisches Bild ihrer Zeit in den Jahren 1565 bis 1582 geben. Der Rest ihres Lebens ist unter anderem durch ihre erhaltenen Briefe dokumentiert. Zeitgenossen beschrieben sie als stolz, „freigiebig und großzügig bis verschwenderisch“. Sie galt zudem als „wissensdurstig, redebegabt, schlagfertig und aufgeschlossen gegenüber den Wissenschaften“.
Ihren Vater hat Margarete kaum gekannt, da er bei einem Turnier anlässlich der Hochzeit ihrer Schwester Elisabeth mit dem spanischen König Philipp II. starb, als sie erst sechs Jahre alt war. Das Verhältnis zu ihrer Mutter war lebenslang sehr zwiespältig und geprägt durch eine Mischung aus Furcht und Bewunderung. Mit ihren Schwestern und ihrem jüngeren Bruder François-Hercule verband sie eine innige Liebe, während das Verhältnis zu ihrem älteren Bruder Heinrich schon von Jugend an von Rivalität geprägt war und in späteren Jahren sogar zeitweilig in hasserfüllte Feindschaft umschlug. Nur über die Beziehung zu ihrem zweitältesten Bruder Karl ist wenig überliefert. Fest steht lediglich, dass er derjenige war, der Margaretes Spitznamen Margot erfand und als einziger benutzte.
Das Verhältnis zu ihrem Ehemann war von Höhen und Tiefen geprägt, die häufig durch die zahlreichen Mätressen Heinrichs von Navarra beeinflusst waren. Oft stand sie loyal an seiner Seite und unterstützte ihn und seine Ziele nach besten Kräften, obwohl es für sie politisch nicht opportun war. In anderen Momenten jedoch bezog sie offen Stellung gegen ihn oder versuchte, seine Pläne zu durchkreuzen. Erst einige Jahre nachdem ihre Ehe annulliert worden war, entwickelte sich ein dauerhaft freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden.
Margarete pflegte einen für ihre Zeit unkonventionellen Lebensstil, der zu zahlreichen Gerüchten und Spötteleien am französischen Königshof beitrug. Sie selbst trat diesem Gerede nicht entgegen, sodass ihre Person in späteren Publikationen oft als lasterhaft und sittenlos dargestellt wurde. Heutige Historiker attestieren ihr jedoch, dass sie sich lediglich die Freiheiten nahm, die zu jener Zeit für männliche Mitglieder des Adels üblich waren.
Katharina von Medici
Geboren am 13. April 1519 in Florenz und starb am 5. Januar 1589 in Blois. Sie war Prinzessin von Urbino und entstammte der einflussreichen florentinischen Familie der Medici. Durch Heirat mit Heinrich II. war sie ab 1547 Königin von Frankreich, später auch Regentin für ihre minderjährigen Söhne.
Sie wäre am französischen Hof weitgehend isoliert gewesen, hätte sie sich nicht einen Platz in der engeren Gesellschaft rund um ihren Schwiegervater erobert. Sie galt zwar mit ihren etwas vorstehenden Augen und ihrer zur Fülligkeit neigenden Gestalt nicht als hübsch, war aber gesellschaftlich gewandt, eine geübte und beherzte Reiterin, eine gewitzte und einnehmende Gesprächspartnerin und bereit, die mitunter rauen Scherze, die der französische König schätzte, mitzutragen. Mit dem Damensattel, den sie in Frankreich populär machte, war sie in der Lage, bei den Treibjagden zu Pferd mitzuhalten, und erwarb sich auch damit die Wertschätzung ihres königlichen Schwiegervaters. Politisch war sie klug genug, der offiziellen Mätresse des Königs, Anne de Pisseleu, der Herzogin von Étampes, mit größtem Respekt zu begegnen und eine freundliche Beziehung zu ihr aufzubauen. In ähnlicher Weise wusste sie sich bei Margarete von Navarra, der Schwester des Königs, beliebt zu machen. Ihren Mann dagegen konnte sie nicht erobern – seine Verbindung zu Diana von Poitiers wurde immer enger, während er auf die enge Beziehung seiner Ehefrau zur königlichen Mätresse, die mit seiner Geliebten um Einfluss am französischen Königshof kämpfte, mit Missfallen reagierte.
Am Morgen des 10. August 1536 starb der französische Thronfolger unerwartet nach kurzer, heftiger Krankheit. Heinrich, Katharinas Ehemann, war nun der neue Anwärter auf die französische Königskrone. Ihre Situation verschlechterte sich dadurch; sie war bereits seit drei Jahren verheiratet, ohne dass sich das geringste Anzeichen einer Schwangerschaft eingestellt hatte. Nachdem Heinrich 1538 auch noch Vater einer unehelichen Tochter geworden war, vermuteten alle am französischen Königshof bei ihr die Ursache dafür, dass bislang Kinder ausgeblieben waren. Zunehmend wurden Überlegungen laut, die Ehe aufgrund der Kinderlosigkeit zu scheiden.
Ausgerechnet Diane de Poitiers, die Mätresse Heinrichs, gehörte zu den Parteigängern am französischen Königshof, die sich für eine Fortsetzung der Ehe einsetzte. Eine neue, jüngere Braut hätte möglicherweise ihre Position unterminiert. Sie überzeugte Heinrich, der zu seinem Vater ein distanziertes Verhältnis hatte, von einer Fortsetzung der Ehe mit dem Hinweis, dass es vor allem die Parteigänger seines Vaters waren, die sich für eine Scheidung einsetzten. Die letzte Entscheidung über eine Scheidung lag jedoch bei Franz I.:
Katharina setzte alles aufs Spiel in einer unvergleichlichen Schau weiblicher Unterwerfung gegenüber dem Mann, der sich selber als der größte Gentleman Frankreichs bezeichnete. Während sie sich schluchzend zu seinen Füßen warf, erklärte Katharina, sie werde selbstverständlich zur Seite treten für eine neue Braut Heinrichs, die ihm Kinder gebären könne. Sie selber bäte nur darum, in Frankreich bleiben zu dürfen und der glücklichen Frau dienen zu dürfen, gleich welche Position ihr der König zuwies.
Die öffentliche Demütigung, der Katharina sich vor den Augen des französischen Königshofes unterwarf, rührte den französischen König dermaßen, dass er sich mit dem Hinweis, es sei Gottes Wille, dass sie seine Schwiegertochter und die Ehefrau Heinrichs sei, für eine Fortsetzung der Ehe aussprach. Die Erklärung des Königs stärkte Caterinas Position am Hofe. Margarete von Navarra, die Schwester des Königs, erinnerte ihren Neffen mehrmals in Briefen an die Qualitäten seiner Ehefrau. Diane de Poitiers sandte ihr Medikamente, die ihre Empfängnisbereitschaft erhöhen sollten, und sorgte dafür, dass Heinrich regelmäßig Geschlechtsverkehr mit seiner jungen Frau hatte. Katherina vom Medici unterzog sich gleichzeitig allen möglichen medizinischen Prozeduren, um endlich schwanger zu werden. Trotzdem dauerte es bis 1543, bis eine Schwangerschaft festgestellt wurde. Am 19. Januar gebar sie in Anwesenheit des französischen Königs endlich ihren ersten Sohn, der nach ihrem Schwiegervater Franz genannt wurde. In den nächsten zwölf Jahren folgten neun weitere Kinder, von denen sechs ihre Kindheit überlebten. Auch durch die vielen Schwangerschaften wirkte Caterina de’ Medici schon früh matronenhaft.
Mit der Geburt ihres ersten Sohnes veränderte sich Caterinas Position am französischen Hof signifikant. Sie hatte nun erstmals eine zentrale Rolle am königlichen Hof inne. Bestehen blieb jedoch die enge Bindung zwischen Heinrich und seiner Mätresse Diane de Poitiers, die nicht nur ebenso wie König Franz I. während der Geburt des ersten Sohnes anwesend war, sondern sich auch in die Erziehung der Kinder einmischte. Allerdings eskalierten zunehmend die Auseinandersetzungen zwischen der Mätresse des französischen Königs, Anne de Pisseleu, und Diane de Poitiers, bei denen sich die Mätresse des Königs durchsetzte und Heinrichs Geliebte für mehr als ein Jahr vom französischen Königshof verbannt wurde.
Am 31. März 1547 starb König Franz I. Katherinas Gatte Heinrich folgte ihm auf den Thron nach und wurde am 25. Juli 1547 in der Kathedrale von Reims zum König Heinrich II. gesalbt. Damit wurde Katherina Königin von Frankreich. Heinrich II. stand weiterhin unter starkem Einfluss seiner Mätresse, Diane de Poitiers. Seine Frau konnte sich mit dieser Situation arrangieren. Als Heinrich II. am 10. Juli 1559 überraschend an den Folgen eines Turnierunfalls starb, war die Königin in Regierungsgeschäften völlig unerfahren. Die Verbindung zu der italienischen Dynastie der Medici brachte es mit sich, dass eine Reihe italienischer Gewohnheiten, Lebensweisen und Alltagsgegenstände am französischen Hof Einzug hielten.
Maria von Medici
Maria von Medici wurde am 26. April 1575 in Florenz geboren und starb am 3. Juli 1642 in Köln. Sie entstammte väterlicherseits der mächtigen und reichen Florentiner Familie der Medici und war als zweite Frau des französischen Königs Heinrich IV. seit 1600 Königin von Frankreich. 1601 wurde sie Mutter des späteren Ludwig XIII. Nach der Ermordung Heinrichs IV. 1610 übernahm sie mehrere Jahre lang die Regentschaft für den noch unmündigen König. Gegen ihren Widerstand übte ihr Sohn seit 1617 die Herrschaft selbst aus. Obwohl sie den Aufstieg des späteren Kardinals Richelieu förderte, geriet sie später in Gegensatz zu ihm und verlor 1630 den gegen ihn ausgetragenen Machtkampf.
Ein Jugendporträt zeigt Maria als hübsches Mädchen mit regelmäßigen Zügen, hoher Stirn, hellbraunem Haar, grauen Augen und heller Haut. Sie bekam u. a. Unterricht in den Naturwissenschaften und interessierte sich sehr für Edelsteine, einen sehr kostspieligen Zeitvertreib. Ferner wurde sie in Musik und Malerei ausgebildet. Dagegen erlernte sie nicht Französisch und kümmerte sich auch später nach ihrer Verheiratung mit Heinrich IV. wenig um die Beherrschung dieser Sprache.
Obgleich Maria eine der reichsten Erbinnen Europas war, scheiterten diverse Versuche, sie zu verheiraten. Ihr Onkel Ferdinando I. de’ Medici bemühte sich, den bestmöglichen Gemahl für sie zu finden. Einige Angebote stießen nicht auf ihre Zustimmung; sie wollte sich angeblich nur mit einem König vermählen, da ihr eine Nonne eine solche Krone prophezeit habe. Die entscheidenden Gespräche bezüglich ihrer Eheschließung fanden mit dem zum Katholizismus konvertierten französischen König Heinrich IV. statt. Ein wesentlicher Grund für diese Verbindung waren die hohen Schulden, die der König bei den Medicis aufgenommen hatte. Eine zu erwartende reiche Mitgift Marias würde für Frankreich eine große Entschuldung bedeuten.
Mit 17 Galeeren, einem großen Gefolge von 2000 Personen, ihrem Schmuck und ihrer Mitgift segelte Maria am 17. Oktober 1600 von Livorno ab und landete am 9. November in Marseille. Antoinette de Pons, Marquise von Guercheville, empfing die künftige französische Königin, deren Ehrendame sie werden sollte, mit viel Pomp. Maria reiste weiter nach Lyon, wo sie auf ihren mehr als 20 Jahre älteren Bräutigam zu warten hatte, da sich dieser noch auf einem siegreichen Feldzug gegen das Herzogtum Savoyen befand. Der Monarch wollte rasch seine Frau kennenlernen und kam am 9. Dezember knapp vor Mitternacht vor der Stadt an, fand aber die Stadttore verschlossen. Nach einstündiger Wartezeit bekam er Einlass und betrat dann formlos in seiner Reisekleidung das Zimmer Marias, die sich ihm zu Füßen warf. Er küsste sie und bat, sogleich die Nacht mit ihr verbringen zu dürfen, ohne erst die Hochzeit abzuwarten. Außerdem verlieh er seinem Wunsch Ausdruck, möglichst bald einen Thronerben zu erhalten. Die persönliche Heirat des Paars fand am 17. Dezember 1600 in Lyon statt.
Anders als einst Katherina von Medici brachte die eifersüchtige Maria für die Seitensprünge ihres Gemahls kein Verständnis auf und arrangierte sich nicht mit der für sie unveränderbaren Situation; dazu kam noch Henriettes provokantes Verhalten ihr gegenüber. Dementsprechend gab sich die Königin (Krönung allerdings erst am 13. Mai 1610) in ihrer Kritik nicht zurückhaltend, sodass ihre Ehe wenig glücklich verlief. Es gab beständig Streitigkeiten zwischen den Eheleuten sowie zwischen Maria und der maîtresse en titre. Trotzdem behandelte Heinrich IV. seine unversöhnliche Gemahlin aufmerksam und ließ ihr alle zustehenden Ehren erweisen.
Auf die Politik suchte die ein luxuriöses Leben führende, teure Kleider und Edelsteine schätzende Königin insofern Einfluss zu nehmen, als sie sich bemühte, zur Rekatholisierung Frankreichs beizutragen, wie ihr auch Papst Clemens VIII. aufgetragen hatte. Es gelang ihr durchzusetzen, dass den Jesuiten 1604 die Rückkehr ins Land erlaubt wurde. Darüber hinaus war die mütterlicherseits von den Habsburgern abstammende Königin bestrebt, eine Annäherung zwischen Frankreich und dem katholischen Spanien zu erreichen. Heinrich IV. stand aber mehreren dieser religiös-politischen Projekte seiner Gattin ablehnend gegenüber. Ferner wollte Maria auch – in Anlehnung an die Kulturpolitik ihrer Medici-Verwandtschaft – verstärkte Beziehungen des Hauses Bourbon mit bedeutenden Künstlern fördern und größeren florentinischen Einfluss auf die Kultur Frankreichs herstellen.
Maria ließ sich anscheinend sehr von ihrer machthungrigen Jugendfreundin und nunmehrigen Hofdame Leonora Galigaï und deren ehrgeizigem Gemahl, einem italienischen Abenteurer namens Concino Concini, beherrschen, die beide in ihrem Gefolge nach Paris gekommen waren. Der König fand die Anwesenheit dieses Paares sehr belastend.
Nach langem Drängen erreichte Maria, dass ihr Gatte, als er persönlich in einen neuen Krieg ziehen und in die Spanischen Niederlande einmarschieren wollte, seine Vorbehalte gegen ihre Krönung zur Königin von Frankreich aufgab. Die Maria viel Freude bereitende, durch den Kardinal François de Joyeuse vorgenommene Krönung erfolgte unter großer Prachtentfaltung am 13. Mai 1610 in der Kathedrale von Saint-Denis. Im Falle von Heinrichs Abwesenheit oder Tod konnte sie nun die Regentschaft für den unmündigen Dauphin Ludwig übernehmen.
Maria schien der plötzliche Tod ihres Gatten nicht sonderlich mitgenommen zu haben, doch trug sie zwei Jahre lang strenge Trauer. Sofort nach der Ermordung Heinrichs IV. sicherte sie sich mit maßgeblicher Hilfe des Herzogs von Épernon, Jean Louis de Nogaret de La Valette, durch einen Parlamentsbeschluss die Funktion der Regentin für ihren minderjährigen ältesten Sohn. Die bisherigen Minister konnten in ihren Ämtern bleiben, doch gewannen bald andere Berater Marias wie Concini immer mehr Einfluss. Am 17. Oktober 1610 fand die Krönung Ludwigs XIII. in Reims statt.