Ich liebe nur dich! - Toni Waidacher - E-Book

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Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Mareile Frischholz und Roland Wiedermann, der Juniorchef von Wiedermann-Bau, hatten beschlossen, das neu erworbene Haus umzutaufen. Früher hatte es ›Gästehaus Feilhuber‹ geheißen. Sie wollten es auch jetzt wieder als Pension bewirtschaften, nachdem es lange leer gestanden hatte, aber es sollte künftig ›Gästehaus Wachnertaler Hof‹ heißen. Die Umbau- und Renovierungsarbeiten waren seit mehreren Wochen im Gange. Es war viel geschehen, und Mareile hatte sich sogar schon mit der Planung der Außenanlagen beschäftigt. Bevor der Winter kam, sollte das Areal soweit hergerichtet sein, dass man im Frühjahr damit beginnen konnte, es in einen Park zu verwandeln. Der September neigte sich seinem Ende zu, und die Blätter der Birken verfärbten sich schon gelb. Die Äcker und Felder waren abgeerntet, das Grummet war eingebracht. Der Herbst war dabei, den Sommer zu verdrängen. Noch war es ein zähes Ringen, der Sommer wehrte sich mit aller Kraft. Von morgens bis abends schien die Sonne, der Himmel über dem Wachnertal war blau und die letzten Urlauber genossen dieses letzte Aufbäumen des Sommers. Mareile Frischholz' Traum war, auf dem Anwesen einen Ruhepol für Rentner zu schaffen, die sich über einen längeren Zeitraum eine Auszeit vom Alltag gönnen wollten. Sie hatte sich von dem Angebot vieler Hotels, vor allem in den südlichen Ländern, leiten lassen, die älteren Menschen während der Wintermonate die Möglichkeit boten, zu recht günstigen Konditionen für längere Zeit bei ihnen zu wohnen und so der kalten Jahreszeit in ihren Herkunftsländern ein Schnippchen zu schlagen. Natürlich konnte Mareile während des Winters keinen Urlaub am Pool bieten. Aber sie ging davon aus, dass es viele ältere Leute gab, die die winterliche Idylle in den Bergen liebten und daher dieses Angebot einem Aufenthalt auf Mallorca, Teneriffa oder Gran Canaria vorzogen. Natürlich würde der Aufenthalt im ›Gästehaus Wachnertaler Hof‹ nicht von einer Jahreszeit abhängig sein und konnte auch den Sommer über gebucht werden. Mit dem Angebot, den Winter zu einem erschwinglichen Preis im Wachnertal zu verbringen, waren Mareile und Roland Frischholz dabei, Neuland zu betreten. So etwas gab es weit und breit nicht. Auch die Hotels und Pensionen in den Wintersportorten waren nur auf Gäste eingestellt, die in der Regel eine, allenfalls zwei Wochen blieben. Mareile hatte zwischenzeitlich die Wohnung in dem Anwesen, die für die private Nutzung vorgesehen und als Erstes renoviert worden war, gegen das Gästezimmer im Hause Wiedermann eingetauscht.

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Der Bergpfarrer Extra – 37 –

Ich liebe nur dich!

Darf Olivia seinen Worten glauben?

Toni Waidacher

Mareile Frischholz und Roland Wiedermann, der Juniorchef von Wiedermann-Bau, hatten beschlossen, das neu erworbene Haus umzutaufen. Früher hatte es ›Gästehaus Feilhuber‹ geheißen. Sie wollten es auch jetzt wieder als Pension bewirtschaften, nachdem es lange leer gestanden hatte, aber es sollte künftig ›Gästehaus Wachnertaler Hof‹ heißen.

Die Umbau- und Renovierungsarbeiten waren seit mehreren Wochen im Gange. Es war viel geschehen, und Mareile hatte sich sogar schon mit der Planung der Außenanlagen beschäftigt. Bevor der Winter kam, sollte das Areal soweit hergerichtet sein, dass man im Frühjahr damit beginnen konnte, es in einen Park zu verwandeln.

Der September neigte sich seinem Ende zu, und die Blätter der Birken verfärbten sich schon gelb. Die Äcker und Felder waren abgeerntet, das Grummet war eingebracht. Der Herbst war dabei, den Sommer zu verdrängen. Noch war es ein zähes Ringen, der Sommer wehrte sich mit aller Kraft. Von morgens bis abends schien die Sonne, der Himmel über dem Wachnertal war blau und die letzten Urlauber genossen dieses letzte Aufbäumen des Sommers.

Mareile Frischholz’ Traum war, auf dem Anwesen einen Ruhepol für Rentner zu schaffen, die sich über einen längeren Zeitraum eine Auszeit vom Alltag gönnen wollten. Sie hatte sich von dem Angebot vieler Hotels, vor allem in den südlichen Ländern, leiten lassen, die älteren Menschen während der Wintermonate die Möglichkeit boten, zu recht günstigen Konditionen für längere Zeit bei ihnen zu wohnen und so der kalten Jahreszeit in ihren Herkunftsländern ein Schnippchen zu schlagen.

Natürlich konnte Mareile während des Winters keinen Urlaub am Pool bieten. Aber sie ging davon aus, dass es viele ältere Leute gab, die die winterliche Idylle in den Bergen liebten und daher dieses Angebot einem Aufenthalt auf Mallorca, Teneriffa oder Gran Canaria vorzogen. Natürlich würde der Aufenthalt im ›Gästehaus Wachnertaler Hof‹ nicht von einer Jahreszeit abhängig sein und konnte auch den Sommer über gebucht werden. Mit dem Angebot, den Winter zu einem erschwinglichen Preis im Wachnertal zu verbringen, waren Mareile und Roland Frischholz dabei, Neuland zu betreten. So etwas gab es weit und breit nicht. Auch die Hotels und Pensionen in den Wintersportorten waren nur auf Gäste eingestellt, die in der Regel eine, allenfalls zwei Wochen blieben.

Mareile hatte zwischenzeitlich die Wohnung in dem Anwesen, die für die private Nutzung vorgesehen und als Erstes renoviert worden war, gegen das Gästezimmer im Hause Wiedermann eingetauscht. Der Liebe zwischen ihr und Roland, der drüben geblieben war, hatte das nicht geschadet. Roland besuchte die geliebte Frau in seinem Elternhaus fast jeden Abend, und er blieb des Öfteren auch über Nacht.

Der Tag war schon mehrere Stunden alt und die Sonne stand hoch am Himmel. In der ersten Etage ihres Neuerwerbs hörte Mareile die Arbeiter bohren und hämmern. Roland wollte zum Mittagessen zu ihr kommen, und sie hatte seine Lieblingsspeise zubereitet: Kohlrouladen mit Hackfleischfüllung.

Mareile stand an der Arbeitsplatte in der Küche und hatte durch ein Fenster den Blick auf den Hof der Baustelle frei. Als sie eine hagere Gestalt mit weißem Bart und einem abgetragenen Trachtenanzug näher kommen sah, erinnerte sie sich des alten Kräutersammlers. Sie hatte ihn vor längerer Zeit kennen gelernt, als sie mit der kleinen Gruppe um Pfarrer Trenker, zu der auch sie gehörte, den Weg besichtigte, der zu einem Naturlehrpfad ausgestaltet werden sollte.

Mareile war sich sicher, ob es sich tatsächlich um den alten Sonderling handelte, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnern konnte. Doch je näher er kam, umso mehr war ein Irrtum ausgeschlossen. Ja, es war der alte Knabe, von dem ihr die anderen Frauen erzählt hatten, dass er sich selbst als Naturheilkundigen bezeichnete und ständig auf der Suche nach Interessenten war, denen er seine selbst erzeugten Tees, Mixturen zum Einreiben und Salben für vollkommen überhöhte Preise andrehen wollte.

Doch sosehr sich Mareile auch den Kopf zerbrach – der Name des Alten fiel ihr nicht mehr ein.

Dass er nicht zufällig zu ihr kam, verriet die Zielstrebigkeit, mit der er auf die Haustüre zusteuerte.

Was er wohl will?, fragte sich Mareile, wischte die Hände an einem Küchentuch ab und verließ die Küche. In dem Moment läutete auch schon die Türglocke. Die Haustüre stand wegen der Arbeiter zwar offen, aber der Besucher wahrte das Gebot von Anstand und Sitte und betrat das Haus nicht einfach, sondern wartete, bis er dazu aufgefordert wurde – oder auch nicht.

Er blinzelte, als Mareile in die Tür trat, und grüßte: »Habe die Ehre, Frau Frischholz. Ich denk’, Sie erinnern sich an mich. Ich bin der Alois Brandhuber, und wir sind uns begegnet, als Sie mit dem Pfarrer und noch ein paar Leuten den Weg zwischen Schloss Hubertusbrunn und der ›Hohen Riest‹ abgegangen sind.«

»Richtig!«, erwiderte Mareile. »Brandhuber-Loisl hat Sie der Pfarrer genannt.« Ihr Blick wurde fragend. »Haben Sie ein besonderes Anliegen, weil Sie mich besuchen?« Sie zeigte sich ein wenig reserviert, denn Katrin Moser hatte sie gewarnt, indem sie darauf hinwies, dass man mit dem Brandhuber-Loisl lieber nix anfangen sollte, weil er nur drauf aus war, die Leute über den Löffel zu balbieren.

»Ich wollt’ mich bloß mal umschauen und sehen, was Sie aus dem Gerümpel gemacht haben, das der alte Feilhuber-Ernst, als er ins Altersheim gegangen ist, hinterlassen hat.«

»Warum interessiert sie denn das?«, erkundigte sich Mareile.

»Na ja, ganz einfach, gute Frau. Es ist doch eine prima Sach’, die Sie da in Angriff nehmen. Alten, auch gebrechlichen Leuten für ein, zwei oder drei Monate Entspannung und Erholung zu bieten ist doch löblich und auch einmalig.«

»Danke«, sagte Mareile. »Freut mich, dass Sie das so sehen.« Sie gab ihre Zurückhaltung nicht auf, denn sie war sich sicher, dass der Loisl, nach allem, was sie von ihm wusste, nicht ohne Hintergedanken zu ihr gekommen war. Der Argwohn saß tief in ihr. »Ich nehme an, Sie haben sich bereits umgeschaut, Herr Brandhuber, und hoffe, dass Sie mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, zufrieden sind.«

»Ja, ich glaub’, die Anlage wird sehr schön«, erwiderte der Loisl nickend. Seine wässrigen Augen funkelten. »Die alten Leut’ werden sich gewiss ausgesprochen wohl fühlen hier. Natürlich werden sie auch eine Menge Zipperlein haben, die sie plagen und ihnen zusetzen. Das bringt das Alter einfach mit sich.«

»Das mag sein«, versetzte Mareile, die langsam merkte, woher der Wind wehte. »Die Leute, die wir hier aufzunehmen gedenken, sind schließlich nicht mehr die Jüngsten, also werden sie auch die verschiedensten Altersbeschwerden mitbringen. Doch das sind keine Krankheiten. Kranke Menschen werden auch gar nicht zu uns kommen, denn wir eröffnen eine Pension und kein Sanatorium.«

»Dennoch werden S’ viel Gejammer und Lamentieren hören, gute Frau. Der eine hat’s im Kreuz, der andere in den Hüftgelenken, beim Dritten sind’s die Knie …«

Der treuherzige Blick, mit dem der Loisl Mareile jetzt anschaute, verfehlte seine Wirkung nicht. »Darauf werden wir uns einstellen«, sagte Mareile, und es klang versöhnlich. »Aber ich denke, für mich wird das keine allzu große Herausforderung. Mit den kleinen Zipperlein werden meine Gäste gewiss selber fertig, und sollte wider Erwarten jemand ernsthaft krank werden, hole ich den Arzt oder ich informiere den Notruf.«

»Arzt, Notruf«, wiederholte der Loisl verächtlich. »So weit muss es doch gar net erst kommen. Sicher hat man Sie darüber informiert, dass ich anerkannter Naturheilkundiger bin. Mit meinem Wissen und den Medikamenten, die ich anzubieten hab’, könnten S’ den alten Leuten eine Menge an Schmerzen und verdorbener Lebensfreude ersparen. Bei entsprechender Abnahme könnt’ ich Ihnen auch einen Sonderpreis machen. Natürlich liegt’s an Ihnen…«

Mareile brachte es nicht übers Herz, das Angebot schon im Ansatz abzulehnen und den alten Burschen, der nicht auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen schien, wegzuschicken. Ihre anfängliche Reserviertheit verwandelte sich in Mitleid, und so sagte sie: »Meine Großmutter hatte ein Buch über Naturheilkunde, in dem ich oft gelesen habe. Der Name der Autorin ist Maria Treben. Viel von dem, was sie geschrieben hat, wurde von meiner Oma auch umgesetzt. Sie hat auf diese Hausmittelchen geschworen.«

»Nun, ich besitz’ das sechste und siebte Buch Moses«, erzählte der Loisl. »Was da drin steht sind die uralten Geheimnisse der Kräuterheilkunde. Wenn S’ das mal gelesen haben, dann vergessen S’ die Maria Treben.«

»Das hört sich interessant an«, sagte Mareile. »Bitte, Herr Brandhuber, kommen Sie herein. Trinken wir eine Tasse Kaffee zusammen und erzählen Sie mir mehr über dieses Buch, seine Geheimnisse und Ihre Arbeit.«

Triumph blitzte in den listigen Äuglein des alten Spitzbuben. Den halben Sieg glaubte er schon errungen zu haben. Dass ihn Pfarrer Trenker ermahnt hatte, Mareile Frischholz in Ruhe zu lassen, ignorierte er. Der Gedanke an die Euros, die hier vielleicht winkten, war stärker als die Angst, beim Pfarrer in Ungnade zu fallen.

*

Mareile geleitete den Loisl in die Küche und bot ihm am Tisch einen Platz an. Schweigend beobachtete er, wie sie zwei Tassen Kaffee aus dem Automaten ließ. Sie brachte sie zum Tisch, stellte Milch und Zucker dazu und setzte sich.

»Jetzt erzählen Sie mal«, bat sie. »Wie sind Sie denn zur Kräuterkunde, vor allem zur Kräuterheilkunde, gekommen?«

»Das hat sich so ergeben«, erzählte der Loisl. »Früher hab’ ich eine Landwirtschaft besessen. Irgendwann einmal hab’ ich auf dem Dachboden was gesucht, und da ist mir das sechste und siebte Buch Moses in die Hände gefallen. Ich hab’s gelesen, es hat mich in seinen Bann gezogen, und ich hab’ begonnen, den Inhalt regelrecht zu studieren.«

»Geht es in dem Werk nicht um volkstümlichen Zauber und Aberglauben?«, wandte Mareile ein.

»Schon, aber das war’s net, was mich fasziniert hat«, antwortete der Loisl. »Mich haben die Ausführungen über die Naturheilkunde, über die sogenannten Hausmittel, interessiert, so sehr, dass ich meine Landwirtschaft aufgegeben hab’, um mich nur noch der natürlichen Heilkunst zu widmen, der einzigen Alternative zur Schulmedizin. Ich arbeit’ nämlich ohne Chemie, und Nebenwirkungen haben meine Arzneien auch net. Im Gegensatz zu den Medikamenten, die die studierten Ärzt’ verordnen. Damit vergiften s’ die Leut’ doch nur.«

»Ganz so drastisch hat es meine Großmutter zwar nicht ausgedrückt«, gab Mareile zu verstehen, »aber ihre Meinung von der Schulmedizin war auch nicht die höchste. Was hätten Sie denn an Naturmedizin zu bieten?«

»Alles mögliche. Vielleicht sollt’ ich Sie net im Unklaren darüber lassen, dass ich net nur am Wegrand entlanglauf’ und Brennnesseln oder Schafgarbe oder Johanniskraut, nur um einige der gängigsten Kräuter zu nennen, einzusammeln. Natürlich kann ich damit auch dienen. Aber meine Spezialität ist die Arbeit mit seltenen Kräutern, an die man normalerweise net so leicht rankommt. Dafür nehm’ ich so manche Gefahr für Leib und Leben auf mich. Als Beispiel kann ich Ihnen den Enzian nennen, dessen Inhaltsstoffe den Appetit und die Verdauung anregen. Er wächst aber nur hoch oben auf dem Berg, und zwar an schwer zugänglichen Plätzen. Man muss schon ein Enthusiast sein, wenn man fünfzehnhundert oder zweitausend Meter aufsteigt, um sich ein paar Blüten zu holen.«

»Ich denke, der Enzian steht unter Naturschutz«, sagte Mareile.

»Der, den ich hol’, net«, versicherte der Loisl ohne mit der Wimper zu zucken. »Außerdem hab’ ich den Enzian auch nur beispielhaft angeführt. Es gibt viele andere Pflanzen mit heilender Wirkung, die net unter Naturschutz stehen und einem alles abverlangen, wenn man sie hoch oben vom Felsen holt. Ich bin da oft viele Stunden unterwegs. Natürlich muss ich wegen des Aufwands für diese Art von Medizin einen höheren Preis veranschlagen.«

»Den man sicher auch bezahlt, wenn die Mittel heilen oder zumindest Linderung verschaffen«, sagte Mareile.

»Dafür übernehm’ ich jede Garantie«, tönte der Loisl großspurig.

»Mir wäre es wichtig zu wissen, in welcher Form Sie Ihre Medikamente anbieten.«

»Als Tees, als Mittel zum Einreiben, als Säfte und Salben. Ganz verschieden, was der Patient halt benötigt. Man muss unterscheiden, ob’s für die innerliche oder äußerliche Anwendung notwendig ist.«

»Das ist schon klar.« Mareile schaute nachdenklich drein. Ihre Bedenken, den Loisl und seine Redlichkeit betreffend, waren noch nicht völlig überwunden, das Misstrauen brannte nach wie vor auf kleiner Flamme. Im Großen und Ganzen aber wirkte der Loisl auf Mareile ziemlich überzeugend. Vielleicht ist man nur voreingenommen, weil er anders ist als die anderen, sagte sie sich, als suchte sie eine Rechtfertigung dafür, dass sie mit ihm an einem Tisch saß und ihm zuhörte.

»Was meinen S’ denn, Frau Frischholz?«, fragte er, als er ihr Zögern bemerkte. »Können wir vielleicht ins Geschäft kommen? Wie gesagt, ich könnt’ ihnen wahrscheinlich die günstigsten Konditionen bieten. Mir liegt nämlich sehr viel daran, dass es meinen Mitmenschen gut geht, und dazu gehört ihr körperliches Wohlbefinden. Unser Pfarrer würd’ sagen, es ist ein Akt der Nächstenliebe.« Er zuckte mit den Schultern. »So bin ich halt. Ich kann eben net aus meiner Haut.«

»Ich kann das nicht alleine entscheiden, Herr Brandhuber«, erklärte Mareile, bei der die Flamme des Argwohns am Erlöschen war. »An dem Projekt hier ist zur Hälfte die Firma Wiedermann beteiligt. Sagen Sie mir, wie ich Sie erreichen kann. Ich werde mit Roland reden, und wenn er einverstanden ist, können wir uns gemeinsam an einen Tisch setzen und über eine eventuelle Geschäftsverbindung sprechen.«

Der Loisl verzog das Gesicht. »Der Wiedermann-Roland ist sicherlich auch einer, der auf die Schulmedizin schwört. Bei ihm wird mein Angebot net so gut ankommen. Brauchen wir ihn denn wirklich?«

»Ja, auf jeden Fall. Zwischen ihm und mir muss jede geschäftliche Transaktion abgesprochen werden. Das ist vertraglich festgelegt.«

»Das gefällt mir gar net«, murmelte der Loisl. »Ich will Ihnen net verheimlichen, dass ich dank unseres zugelassenen Arztes, des Doktor Wiesinger, net den besten Ruf hier in der Gegend genieß’.«

»Das verstehe ich nicht. Hat Sie der Arzt schlechtgemacht? Was hat das mit dem Roland zu tun?«

»In erster Linie hat der Wiesinger meine Arbeit in ein denkbar schlechtes Licht gestellt«, beschwerte sich der Loisl. »Er behauptet, meine Medizin wär’ wirkungslos und ich wär’ ein Scharlatan. Der Grund dafür, dass er so redet, liegt auf der Hand. Er will, dass die Leut’ net zu mir gehen, wenn ihnen was fehlt, sondern zu ihm.« Loisl hob die rechte Hand und vollführte mit Daumen und Zeigefinger die Geste des Geldzählens. »Darum geht’s, Frau Frischholz, um den Diridari. Der Wiesinger-Toni hat Angst, dass ich ihm die Kunden abspenstig mach’ und er nix mehr verdient. Manche Leut’ hat er mit seinem Rufmord überzeugen können. Zu denen gehört vielleicht auch der Wiedermann-Roland.«

»Aber das ist doch nur eine Annahme. Leben und leben lassen ist die Devise Rolands. – Es tut mir leid, Herr Brandhuber, aber ich muss…«

Motorengeräusche näherten sich und wurden schnell deutlicher. Mareile erhob sich und ging zum Fenster. »Da kommt er ja schon, der Roland. Jetzt können wir gleich mit ihm…«

Der Loisl hatte sich mit einem Ruck erhoben. »Da fällt mir ein, dass ich um zwölf Uhr einen Termin mit einer Kundschaft vereinbart hab’«, stieß er hervor. »Hätt’ ich fast vergessen. Ich meld’ mich wieder bei Ihnen, Frau Frischholz. Pfüat Ihnen!«

Draußen war er. Als er aus der Haustür eilte, war Roland schon ausgestiegen und kam auf das Haus zu. Loisl bog sofort nach rechts ab, hastete um die Hausecke und Roland verlor ihn aus den Augen.

Der junge Bauunternehmer hatte angehalten, die Augen zusammengekniffen und starrte dorthin, wo der Loisl wie ein geölter Blitz verschwunden war. »Was wohl der alte Bazi hier gewollt hat?«, fragte er sich und ertappte sich dabei, dass er tatsächlich halblaut sprach.

Roland setzte sich wieder in Bewegung, betrat das Haus und gleich darauf die Küche. Mareile kam ihm entgegen. »Grüß dich«, sagte sie und ein verliebtes Lächeln verzauberte ihre gleichmäßigen Züge.