Ich will dir helfen! - Toni Waidacher - E-Book

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Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Irgendwie passt dieser monumentale Bau nicht in die schöne Gegend, dachte Christina Brandt, als sie die Bergstraße hinauffuhr, an deren Ende die bekannte Klinik ›Nonnenhöhe‹ stand. Dennoch, der gute Ruf, den dieses Haus genoss, war Grund genug gewesen, sich auf die Anzeige hin zu bewerben, die sie in dem Ärzteblatt gelesen hatte. Die Entscheidung dafür war ihr leichtgefallen – leicht gemacht worden, denn es gab nichts mehr, was sie noch in München hielt. Die hübsche junge Frau verschob den Gedanken an die Vergangenheit und lenkte den Wagen auf den großen Parkplatz, der eigens für das Klinikpersonal angelegt worden war. Er lag hinter dem Hauptgebäude und war über eine Straße zu erreichen, die kurz vor dem Platz abzweigte, der für die Besucher da war. Christina stellte das Auto in einer freien Lücke ab und stieg aus. Sie war mittelgroß und schlank. Das glatte, hell schimmernde Haar trug sie meist als Zopf. Das Auffallendste in dem fein gezeichneten Gesicht war das grüne Augenpaar. Die kleine Nase und ein voller Mund vollendeten das Bild einer jungen Frau, die sportlich, attraktiv war. Tina, wie ihre Freunde und Bekannten sie nannten, nahm eine kleine Tasche aus dem Auto, die sie sich an einem Lederriemen um die Schulter hängte, und ging langsam auf den Eingang zu. Schon in der Tür kam ihr ein Schwarm lachender Schwestern entgegen. Offenbar herrschten in der Klinik eine positive Stimmung und ein entspanntes Arbeitsklima. Über einen langen Flur gelangte Tina in den Teil des Krankenhauses, in dem das Klinikpersonal geschäftig hin und her lief. Ein junger Pfleger, der gerade aus einer Tür kam, sah sie erstaunt an. »Entschuldigen S'«, sagte er, nicht unfreundlich, »aber hier ist nur Zutritt für das Personal.« Tina lächelte. »Zu dem ich ab heut gehöre«, antwortete sie.

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Der Bergpfarrer – 285 –

Ich will dir helfen!

Die neue Kinderärztin sorgt sich um Florian

Toni Waidacher

Irgendwie passt dieser monumentale Bau nicht in die schöne Gegend, dachte Christina Brandt, als sie die Bergstraße hinauffuhr, an deren Ende die bekannte Klinik ›Nonnenhöhe‹ stand.

Dennoch, der gute Ruf, den dieses Haus genoss, war Grund genug gewesen, sich auf die Anzeige hin zu bewerben, die sie in dem Ärzteblatt gelesen hatte. Die Entscheidung dafür war ihr leichtgefallen – leicht gemacht worden, denn es gab nichts mehr, was sie noch in München hielt.

Die hübsche junge Frau verschob den Gedanken an die Vergangenheit und lenkte den Wagen auf den großen Parkplatz, der eigens für das Klinikpersonal angelegt worden war. Er lag hinter dem Hauptgebäude und war über eine Straße zu erreichen, die kurz vor dem Platz abzweigte, der für die Besucher da war.

Christina stellte das Auto in einer freien Lücke ab und stieg aus. Sie war mittelgroß und schlank. Das glatte, hell schimmernde Haar trug sie meist als Zopf. Das Auffallendste in dem fein gezeichneten Gesicht war das grüne Augenpaar. Die kleine Nase und ein voller Mund vollendeten das Bild einer jungen Frau, die sportlich, attraktiv war. Tina, wie ihre Freunde und Bekannten sie nannten, nahm eine kleine Tasche aus dem Auto, die sie sich an einem Lederriemen um die Schulter hängte, und ging langsam auf den Eingang zu.

Schon in der Tür kam ihr ein Schwarm lachender Schwestern entgegen. Offenbar herrschten in der Klinik eine positive Stimmung und ein entspanntes Arbeitsklima.

Über einen langen Flur gelangte Tina in den Teil des Krankenhauses, in dem das Klinikpersonal geschäftig hin und her lief. Ein junger Pfleger, der gerade aus einer Tür kam, sah sie erstaunt an.

»Entschuldigen S’«, sagte er, nicht unfreundlich, »aber hier ist nur Zutritt für das Personal.«

Tina lächelte.

»Zu dem ich ab heut gehöre«, antwortete sie. »Dr. Christina Brandt ist mein Name. Wie komme ich denn zur Verwaltung?«

Der Pfleger, er war noch keine zwanzig und vermutlich noch in der Ausbildung, wurde tatsächlich vor Verlegenheit rot.

»Verzeihung, Frau Doktor«, bat er. »Kommen S’, ich zeig’s Ihnen.«

An seiner Brust steckte ein Namensschild. Bernd Winter, stand darauf.

Er führte sie den Gang hinunter. Gleich um die nächste Ecke, waren die Aufzüge.

»Das Verwaltungsbüro ist im vierten Stock«, erklärte der Pfleger. »Wenn S’ aus dem Aufzug kommen, links, die dritte Tür.«

Er drückte auf den Knopf, der dafür sorgte, dass die Tür sich öffnete.

»Ach ja, und herzlich willkommen!«

Tina betrat die Kabine.

»Vielen Dank, Bernd«, lächelte sie und drückte ihrerseits den Knopf für die vierte Etage.

Die Tür schloss sich, und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Ohne anzuhalten fuhr sie hinauf und stieg in der vierten Etage aus.

Hier oben herrschte eine ganz andere Atmosphäre, als unten. Hätte sie es nicht besser gewusst, würde Tina geglaubt haben, sich auf dem Flur eines Luxushotels zu befinden. Es war hell und freundlich, die Wände hatten einen bunten Anstrich, der dennoch elegant wirkte. Die Türen, die rechts und links abzweigten waren mit Messingschildchen versehen, auf denen zu lesen war, was sich dahinter verbarg. Überall hingen Bilder und Grünpflanzen standen in großen Töpfen und verbreiteten ein angenehmes Klima.

Und es fehlte der typische Krankenhausgeruch!

Die junge Ärztin blieb vor der Tür stehen, auf deren Schild ›Verwaltung‹ stand, und klopfte an. Sie wurde hereingebeten und betrat ein Vorzimmer, in dem eine Frau an einem Schreibtisch saß und ihr freundlich entgegenblickte.

»Grüß Gott«, sagte sie und stand auf, »Sie müssen Frau Dr. Brandt sein.«

Tina lächelte ebenfalls.

»Stimmt.«

»Ich bin Christel Berghofer«, stellte die Frau sich vor. »Herzlich willkommen in der Klinik ›Nonnenhöhe‹. Herr Behringer erwartet Sie.«

Die Sekretärin brachte Tina zu einer Tür und klopfte an. Von drinnen rief eine Stimme »Herein«, und Christel Berghofer drückte die Klinke herunter.

»Frau Dr. Brandt ist da«, verkündete sie und ließ Tina eintreten.

Die Ärztin betrat ein geräumiges Büro, in dem ein Mann hinter einem Schreibtisch saß. Er erhob sich und kam ihr freudestrahlend entgegen.

»Liebe Frau Doktor«, sagte Richard Behringer und streckte die Hand aus, »herzlich willkommen in der Klinik ›Nonnenhöhe‹. Schön, dass Sie da sind!«

Der Verwaltungschef führte Tina zu der gemütlich wirkenden Besucherecke und bat sie, Platz zu nehmen.

»Frau Berghofer, seien S’ so lieb und bringen S’ uns Kaffee.«

»Kommt sofort«, antwortete die Sekretärin.

»Nun, hatten S’ eine gute Fahrt?«, erkundigte sich der sympathische Mittfünfziger.

Die Ärztin nickte.

»Na ja, von München hierher ist’s ja auch bloß ein Katzensprung«, fuhr Behringer fort. »Sie werden also schnell mal in die alte Heimat fahren können, an ihren freien Tagen.«

Tina lächelte.

»Erst mal bin ich ganz froh, dem Trubel der Großstadt entkommen zu sein«, antwortete sie und rührte in ihrem Kaffee, den die Sekretärin auf den Tisch gestellt hatte.

Der Herr über die Finanzen der Klinik nickte.

»Hier im Wachnertal finden S’ auch viel Abwechslung«, versprach er. »Es gibt hier einiges zu entdecken. Aber erst einmal müssen S’ sich ja einrichten und mit all dem Neuen vertraut machen.«

Er stand auf und holte vom Schreibtisch eine Ledermappe, die er Tina überreichte.

»So, hier drinnen finden S’ alles, was Sie wissen müssen«, erklärte Richard Behringer. »Ein Lageplan, damit S’ sich zurechtfinden, dann ein paar Details über die verschiedenen Stationen, die Chef- und Stationsärzte, sowie die Hausordnung.« Dabei lächelte er.

»Ja, auch die muss es geben«, setzte er hinzu. »Schließlich sind wir ein Unternehmen mit mehr als eintausend Ärzten, Schwestern und Pflegern, das übrige Personal noch gar net mitgerechnet.«

Der Verwaltungschef breitete die Arme aus.

»Professor Bernhard begrüßt Sie nachher beim Mittagessen. Bis dahin können S’ sich erst einmal in aller Ruhe umschauen und sich einrichten. Ihr Zimmer befindet sich im Personaltrakt, aber das steht alles auf dem ersten Blatt in der Mappe.«

Tina nickte verstehend. Sie trank ihren Kaffee aus und stand auf.

»Tja, dann nochmals herzlich Willkommen und auf gute Zusammenarbeit!«, wurde sie an der Tür verabschiedet.

Christel Berghofer erklärte ihr, wie sie zum Personaltrakt kam.

»Der Chef erwartet Sie um zwölf in der Kantine«, sagte die Sekretärin.

Und dann war Tina erst einmal auf sich alleine gestellt.

*

»Florian, jetzt beeile dich ein bissel!«, schimpfte Marlene Eder ärgerlich. »Himmelherrgottnochmal, musst’ denn immer so herumtrödeln?«

Der Bub verzog gequält das Gesicht.

»Ich trödle net!«, protestierte er, mit schwacher Stimme. »Ich kann bloß net schneller, der Bauch tut mir so weh.«

Die dunkelhaarige Frau sah ihn unwillig an.

»Kein Wunder. Vermutlich hast’ wieder mal zuviel genascht.«

»Hab ich net!« Florian schüttelte den Kopf, dass seine blonden Haare flogen.

Er holte tief Luft und folgte der Frau. Vor einem Haus in einer Seitenstraße hielt Marlene Eder an. Sie atmete schwer und stellte die volle Einkaufstasche ab.

»Du räumst’ jetzt gleich dein Zimmer auf!«, ordnete sie an, während sie nach dem Hausschlüssel kramte. »In einer Viertelstunde bin ich oben und schau nach. Und wehe dir, wenn’s net in Ordnung ist!«

Florian biss die Zähne zusammen und nickte tapfer. Dann schleppte er sich an der Frau vorbei die Treppe hinauf.

Oben in seinem Zimmer angekommen, setzte er sich auf sein Bett. Es war ein richtiges Jungenzimmer, vollgestopft mit allerhand Spielzeug, einem Bücherregal, in dem vorerst noch Bilderbücher standen, denn Florian kam erst im nächsten Jahr in die Schule, und ein paar Bildern an den Wänden. Die Meisten waren von dem Buben selbst gemalt worden. Alle waren bunt, recht hübsch und die Motive, alles Dinosaurier, waren erstaunlicherweise schon gut zu erkennen.

Dinos waren Florians Lieblingstiere, seit er vor einiger Zeit mit dem Vater in München eine Ausstellung besucht hatte, wo diese Giganten der Urzeit in riesigen Nachbildungen zu sehen gewesen waren.

Auf dem Nachtkästchen stand die gerahmte Fotografie einer blonden Frau. Die Ähnlichkeit mit dem Buben war unverkennbar. Florian lehnte sich zurück und blickte das Foto an.

»Warum glaubt Tante Marlene mir denn net?«, fragte er leise, als hätte er Angst, Marlene Eder könne ihn hören.

»Kannst du net was machen, damit sie mir glaubt?«

Der Ton war flehentlich geworden, und Tränen rollten über das kleine Gesicht.

»Ich hab net genascht, und mein Bauch tut wirklich weh!«

Seit Tagen schon ging es ihm nicht gut. Manchmal war es ganz schlimm, dann wieder verspürte er eine Zeit lang gar nichts, bis es wieder unerträglich wurde.

Wie aufs Stichwort zuckte der Schmerz durch den kleinen Leib. Florian schrie auf und presste die Hand noch fester auf die Stelle. Er spürte, dass ihm schlecht wurde, und auf seiner Stirn standen dicke Schweißperlen.

»Mama!«, stöhnte er auf.

Dann wurde er ohnmächtig und rollte vom Bett.

Unten in der Küche hörte Marlene Eder den dumpfen Aufprall. Ärgerlich warf sie die geschälten Kartoffeln in den Topf, dass das Wasser nur so aufspritzte und lief nach oben.

Was um alles in der Welt hatte der Bengel denn jetzt wieder angestellt?

Sie riss die Zimmertür auf und sah Florian am Boden liegen. Ihr Zorn verrauchte, und Marlene Eder bekam es plötzlich mit der Angst zu tun.

Hätte sie sein Gejammer übers Bauchweh doch nicht überhören sollen?

Sie kniete sich neben dem Bub nieder und rüttelte ihn an der Schulter.

»Florian, was ist mit dir? Flori, wach doch auf!«

Er rührte sich nicht. Marlene Eder sprang auf und lief nach unten. Das Telefon stand in Thomas’ Arbeitszimmer. Mit fliegenden Fingern wählte sie die Nummer des Arztes.

Dr. Wiesinger brauchte keine fünf Minuten bis in den Ginsterweg. Marlene führte ihn nach oben in Florians Zimmer. Der Kleine lag immer noch auf dem Boden. Toni Wiesinger beugte sich zu ihm und untersuchte ihn.

Blass und schwer atmend lag der Bub da. Der Arzt tastete die Bauchdecke ab und fühlte seine erste Vermutung bestätigt. Sie war steinhart. Das deutete auf eine Blinddarmentzündung hin, vermutlich sogar schon ein Durchbruch.

Hier war höchste Eile geboten!

»Was fehlt ihm denn?«, fragte die Frau ängstlich.

Toni erhob sich wieder.

»Blinddarm«, antwortete er, während er sein Handy zückte. »Es schaut net gut aus. Hat er denn nix gesagt? Er muss doch fürchterliche Schmerzen gehabt haben.«

Marlene Eder schluckte und schüttelte den Kopf.

»Nein, keinen Ton«, log sie.

Toni Wiesinger wählte die Nummer der Bergrettung. Mit ihrem Helikopter würden sie Florian viel schneller in die Klinik gebracht haben, als wenn er einen Krankenwagen rief.

»Wir müssen ihn zur Hauptstraße bringen«, sagte er zu Marlene. »Vor dem Rathaus ist der einzige Platz, wo der Hubschrauber landen kann.«

Er ließ sie eine Decke holen und rief unterdessen den Bruder des Bergpfarrers an.

»Max, du musst den Platz vor dem Rathaus sperren«, sagte er hastig und erklärte, worum es ging.

Als er wenig später den kleinen Florian auf dem Arm zur Straße trug, war der Helikopter bereits gelandet, und zwei Helfer kamen ihm mit einer Trage entgegen.

Der Bub hatte die Augen geöffnet und blickte sich ängstlich um. Eine Schar Neugieriger hatte sich vor dem Rathaus versammelt und reckte die Köpfe.

»Hab keine Angst«, lächelte der Arzt beruhigend. »Wir fliegen jetzt ins Krankenhaus, und da wird dir ganz schnell geholfen, gell?«

Eine große schlanke Gestalt schob sich durch die Menge hindurch und lief auf den Helikopter zu.

»Kann ich helfen?«

Toni Wiesinger schüttelte den Kopf.

»Vielen Dank, Hochwürden, geht schon«, antwortete er. »Der Bub hat eine Blinddarmentzündung. Ich flieg mit in die Klinik.«

»Gut«, nickte Sebastian Trenker, »ich komme mit dem Vater nach.«

Marlene Eder war inzwischen über den Hof zur Werkstatt gelaufen. Die Türen der großen Halle waren geschlossen, dennoch dröhnte der Lärm der laufenden Maschinen nach draußen. Drinnen konnte man nur mit Ohrenschützern arbeiten. Vermutlich hatte Thomas die Landung des Hubschraubers deswegen gar nicht mitbekommen. Er sah sie in der Tür stehen und stellte die Maschine ab, an der er gerade arbeitete.

»Ist was mit Florian?«, fragte er, voll dunkler Ahnung.

Sie kam so gut wie nie hierher.

Marlene nickte.

»Er muss ins Krankenhaus!«, rief sie und erzählte, was geschehen war.

Thomas war leichenblass geworden.

»Ich muss zu ihm«, sagte er und riss die blaue Arbeitsschürze herunter, die er umgebunden hatte.

Net auch noch der Bub!, schoss es ihm durch den Kopf, während er nach draußen rannte, lass mir meinen Bub, Herrgott!

*

Der gute Hirte von St. Johann fing den Schreinermeister ab, bevor Thomas in seinen Wagen steigen konnte.

»Ich bring dich in die Klinik«, sagte der Bergpfarrer. »Du bist ja viel zu aufgeregt, in dem Zustand lass ich dich net fahren.«

Marlene Eder kam aus dem Haus gelaufen. Sie hatte in aller Eile einen kleinen Koffer mit dem Notwendigsten gepackt. Hinter Thomas setzte sie sich in den Fond des Wagens.

Ihr Herz pochte bis zum Hals hinauf. Aber viel schlimmer war das schlechte Gewissen, das sie nicht mehr loslassen wollte …

Als sie auf der ›Nonnenhöhe‹ ankamen, wurde Florian bereits operiert. Dr. Wiesinger wartete vor dem OP-Bereich.

»Wie geht es Florian?«, fragte Thomas atemlos.

Der Arzt zuckte die Schultern.

»Das kann man noch net sagen. Wir müssen abwarten, bis er operiert ist.«

Er sah den Vater des Jungen fragend an.

»Was ich net versteh, so eine Blinddarmentzündung kommt net von gleich auf jetzt«, sagte Toni. »Der Florian muss vorher schon was gemerkt haben. Zumindest wird er Bauchweh gehabt haben. Hat er wirklich net geklagt?«

Der Schreinermeister hob die Hände und ließ sie hilflos wieder sinken.

»Ja mei, ich weiß auch net«, antwortete er. »In der letzten Zeit war viel zu tun, ich seh den Bub kaum. Wenn ich spät abends aus der Werkstatt komm, schläft er schon, und wenn ich morgens aus dem Haus geh, ist er meist noch gar net wach.«

Er blickte zu Marlene.

»Hat er dir denn nix gesagt?«

Die Tür zum OP-Bereich öffnete sich mit einem zischenden Laut, und enthob die junge Frau einer Antwort. Sie atmete erleichtert auf.

Toni Wiesinger sah seinem in einen grünen OP-Kittel gekleideten Kollegen entgegen.

»Das sind die Eltern, Pfarrer Trenker kennen S’ ja. Wie geht’s dem Florian?«

Dr. Kersten hatte den Mundschutz noch unter dem Kinn hängen, Schweißperlen standen auf seiner Stirn, das Haar lag nass und angeklatscht an seinem Kopf.

»Es war allerhöchste Eisenbahn«, betonte er. »Wir haben Florian operiert, jetzt müssen wir abwarten. Die nächsten Stunden entscheiden.«

»Immerhin.«

Der Bergpfarrer legte Thomas seine Hand auf die Schulter.

»Es besteht Hoffnung.«

Dr. Wiesinger führte noch ein kurzes Gespräch mit dem Kollegen.

»Im Moment können wir hier nix weiter machen«, sagte er an Sebastian und das junge Paar gewandt. »Dr. Kersten meldet sich, wenn eine Veränderung eintritt.«

Nur widerwillig ließ sich Thomas dazu bewegen, wieder mit nach St. Johann zu fahren.