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Noch einmal kehrt Cooper zur Figur seiner ersten fünf Romane, die ihn in den 90er-Jahren berühmt gemacht haben, zurück: George Miles, er ist Coopers lebensbestimmende Liebe. Cooper erzählt von Georges traumatischer Kindheit; doch schon bald wechselt er zu Dennis und wie dem das Wünschen als Zehnjähriger das Leben gerettet hat. Er schreibt von dem folgenschweren Aufeinandertreffen zwischen George und Dennis und wie Dennis beginnt, sich Dinge für George zu wünschen. Und weil die größte Autorität im Wünscheerfüllen der Weihnachtsmann ist, ergründet Cooper den wahren Kern dieser Figur, um mit ihm zu verschmelzen. Dennis perfektioniert das Wünschen, er formuliert Wünsche, überarbeitet und verfeinert sie, um auf diese Weise zu erfahren, wer er ist. Er überträgt dieses Verfahren auf sein Schreiben und erkennt, dass all sein Wünschen immer um Liebe geworben hat. Dennis Cooper unterzieht sich dem schmerzhaften Unterfangen, unter bruchstückhaften Gedächtnissplittern die Wahrheit aufzuspüren: Hat George Dennis und hat Dennis George wirklich geliebt, wie es die Erinnerung glauben lässt, oder war es bloß und immer nur ein Wunsch? Ich wünschte ist ein berührendes und erschütterndes Buch über das Wünschen, die Liebe, die Trauer, über das Verstehenwollen als Antrieb der Vorstellungskraft, über das Gedächtnis, seine sprunghafte unverlässliche Natur, und wie daraus ein kohärentes Werk der Kunst wird.
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Seitenzahl: 131
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Noch einmal kehrt Cooper zur Figur seiner ersten fünf Romane, die ihn in den 90er-Jahren berühmt gemacht haben, zurück: George Miles, er ist Coopers lebensbestimmende Liebe. Cooper erzählt von Georges traumatischer Kindheit; doch schon bald wechselt er zu Dennis und wie dem das Wünschen als Zehnjähriger das Leben gerettet hat. Er schreibt von dem folgenschweren Aufeinandertreffen zwischen George und Dennis und wie Dennis beginnt, sich Dinge für George zu wünschen. Und weil die größte Autorität im Wünscheerfüllen der Weihnachtsmann ist, ergründet Cooper den wahren Kern dieser Figur, um mit ihm zu verschmelzen. Dennis perfektioniert das Wünschen, er formuliert Wünsche, überarbeitet und verfeinert sie, um auf diese Weise zu erfahren, wer er ist. Er überträgt dieses Verfahren auf sein Schreiben und erkennt, dass all sein Wünschen immer um Liebe geworben hat.
Dennis Cooper unterzieht sich dem schmerzhaften Unterfangen, unter bruchstückhaften Gedächtnissplittern die Wahrheit aufzuspüren: Hat George Dennis und hat Dennis George wirklich geliebt, wie es die Erinnerung glauben lässt, oder war es bloß und immer nur ein Wunsch? Ich wünschte ist ein berührendes und erschütterndes Buch über das Wünschen, die Liebe, die Trauer, über das Verstehenwollen als Antrieb der Vorstellungskraft, über das Gedächtnis, seine sprunghafte unverlässliche Natur, und wie daraus ein kohärentes Werk der Kunst wird.
DENNIS COOPER ist Autor von zehn Romanen sowie zahlreichen Lyrikbänden und Sachbüchern. Seine Bücher wurden in 19 Sprachen übersetzt. Sein Roman The Sluts (2005) gewann den Prix Sade und den Lambda Literary Award für den besten Roman des Jahres. Seine jüngsten Romane sind I wished (2022) und drei einzigartige, international gefeierte Arbeiten, die zur Gänze aus animierten GIFs bestehen: Zac’s Haunted House (2015), Zac’s Freight Elevator (2016) und Zac’s Drug Binge (2020).
Er arbeitete für die Spielfilme Like Cattle Towards Glow (2015) und Permanent Green Light (2018) mit dem Künstler und Regisseur Zac Farley zusammen und schreibt seit 2004 für die französische Theaterdirektorin und Choreographin Gisèle Vienne. Zudem ist Cooper Chefredakteur des amerikanischen Verlagimprints Little House on the Bowery und ein weithin veröffentlichter Kunstkritiker und Journalist, sowie mitwirkender Redakteur des Artforum International Magazine.
Dennis Cooper lebt in Paris und Los Angeles.
dennis-cooper.net | denniscooperblog.com | kiddiepunk.com
RAIMUND VARGA, geboren in Wien, wo er auch als Unterrichtender, Lektor und Übersetzer lebt.
Bei Luftschacht erschienen:
Ich wünschte (Roman, 2023)
Die Schlampen (Roman, 2021)
Mein loser Faden (Roman, 2018)
God Jr. (Roman, 2017)
Dennis Cooper
Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Raimund Varga
Mit einem Nachwort von Clemens J. Setz
Luftschacht Verlag
Titel der amerikanischen Originalausgabe: I wished
Copyright: © 2021 by Dennis Cooper
ISBN: 978-1-64129-304-4
Published by Soho Press Inc.
227 W 17th Street, New York, NY 10011
© Luftschacht Verlag – Wien
luftschacht.com
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten.
1. Auflage April 2023
Umschlaggestaltung: Matthias Kronfuss studio – matthiaskronfuss.at
Übersetzung: Raimund Varga
Lektorat: Luftschacht
Satz: Luftschacht
Gesetzt aus der Metric und der Noe
Druck und Herstellung: Finidr s.r.o.
Papier: Holmen book Cream 80 g/m2, Surbalin glatt 115 g/m2, Geltex glatt 115 g/m2
ISBN: 978-3-903422-21-6
ISBN E-Book: 978-3-903422-22-3
Für Zac Farley
OVERTÜRE (2021)
AUS ETWAS HERAUSGERISSEN
DHIEEJ
XMAS (1970)
DER KRATER
DAS HERZ IST EIN EINSAMER JÄGER
ICH WÜNSCHTE
DER KRATER
FINALE (1976)
NACHWORT
DANKSAGUNGEN
Ich habe angefangen, Bücher über und für meinen Freund George Miles zu schreiben, denn immer, wenn ich ehrlich über ihn sprach, wie ich es jetzt tue, spürte ich unter meinen Worten eine komplizierte Qual, mit der offenes Reden nicht zu Rande kommt.
Im Grunde gibt es niemanden, mit dem ich reden kann. Jeder Freund, den ich damals hatte, der auch ihn kannte, hat in den letzten Jahren nicht versucht, mich zu finden, was einfach wäre, da ich ja in sehr geringem Maße berühmt bin, während ihre Nachnamen so alltäglich sind, dass, wenn ich im Internet nach ihnen suche, buchstäblich Tausende von Kandidaten auftauchen.
Ich habe in so vielen Artikeln und Interviews über meinen Freund gesprochen. Wenn man eine Suche mit seinem Namen durchführt, taucht Seite über Seite auf, und jede, die nicht von einem weit entfernten Namensvetter handelt, ist entweder eine von mir oder über mich oder etwas von jemandem, der nur die Charaktere kennt, die ich nach ihm benannt habe.
Wie konnte jemand wie er sterben, ohne dass jemals ein einziger Freund oder ein Mitglied seiner Familie eine Gedenkseite angelegt oder seinen Namen in Tweets oder Facebook-Posts erwähnt hat, nicht einmal an seinem Geburtstag oder am Jahrestag seines Todes oder auch nur zufällig in Bezug auf etwas in ihrem Leben oder ihrer Kunst, das sie an ihn erinnerte.
Warum hat nie jemand, der ihn kannte, versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen, um mir zu sagen: „Ich kannte ihn auch“, oder „Danke, dass du so viel von deinem Schreiben ihm gewidmet hast“, oder „Wie konntest du so etwas Verstörendes über meinen Freund oder Bruder oder ehemaligen Freund oder Sohn oder Cousin schreiben?“ Ist das, was ich getan habe, so obskur? Schätze ja.
Wenn George mir nicht in den Sinn kommt, was für eine Weile, Wochen, Monate, passieren kann, komme ich klar, aber dann denke ich an ihn und werde genau so. Aber nicht „genau so“, denn ich spreche fast nie über ihn, Punkt. Ich sage ein wenig, und die Leute sagen: „Das ist interessant und traurig.“ Aber sie meinen für mich und nicht für ihn.
Oder ich schreibe über ihn, und meine Leser sagen, „Das ist krank oder toll, oder er ist so süß, oder er ist zu gefühllos, oder er ist sehr rührend, oder er ist langweilig, oder er ist wirklich sexy, oder ich kannte auch jemanden wie ihn, oder ich kann mich so gut mit ihm identifizieren,“ was die beste oder einzige sinnvolle Reaktion ist, auf die ich überhaupt hoffen kann. Besser wird es für ihn nie werden.
Ich war drei Jahre lang bei einer Therapeutin und habe dort über ihn gesprochen, aber sie sagte, er sei in dem lebenslangen Ausagieren der mir von meinen Eltern angetanen Scheiße ein Symbol, und sie wolle nur, dass ich über meine Vergangenheit rede, nicht über ihn. Dann bat ich sie immer, bitte, bitte vergessen Sie mich und betrachten Sie mich einfach nur als jemanden, der Ihnen von ihm erzählt.
Ich weiß, wie schwierig es war, ihn um sich zu haben, und wie heiß und kalt er emotional war, und ich verstehe, dass er den Leuten einige schreckliche Dinge angetan und gesagt hat, gegen Ende, als ich unverzeihlicherweise nicht bei ihm war, aber kann sein Tod wirklich für alle eine so große Erleichterung gewesen sein? So in etwa wie, ich muss mir nie wieder über diesen Kerl den Kopf zerbrechen?
Ich hatte eine Freundin, die behauptet, ein Medium zu sein. Sie hat einmal eine Sitzung für mich gemacht und gesagt, sie hätte ihn über meinem Kopf schweben sehen oder so. Sie sagte, dass er immer über mich wacht und so viel Liebe und Dankbarkeit für etwas empfindet, das ich früher für ihn getan habe oder seit seinem Tod tue, und ich habe ihr fast geglaubt, und vielleicht tue ich es sogar. So leicht ist es, mich zu verletzen.
Selbst jetzt denke ich, Was wäre, wenn das, was sie sich ausmalte, wahr wäre, denn ich möchte ihn so unglaublich und unsagbar gerne wissen lassen, dass er mir so viel bedeutet hat und bedeutet, dass ich all diese Elegien und Dinge geschrieben habe und immer noch schreibe, auch wenn ich nichts anderes mitteile als mein Bedürfnis, über ihn zu sprechen, aber warum?
Ich vermute, weil ich möchte, dass jemand, der meinen Freund kannte, dieses Buch liest und mich findet. Ich möchte, dass dieses Buch öffentlicher ist als meine anderen, damit es Leute findet, die normalerweise keine Romane lesen oder die sich einen Dreck um die Bücher irgendeines seltsamen Kultautors scheren, denn es sieht so aus, als ob jeder, der entweder ihn oder mich einmal kannte, sich nichts schert.
Ich möchte wissen, dass meine ganze Liebe zu ihm es wert ist, oder ich möchte jemanden finden, der mich davon überzeugt, dass er niemand von Bedeutung war, oder der sagt, „Er hat dich nie erwähnt“, oder dass er mich so beiläufig erwähnt hat, dass es klar ist, dass ich ihm nicht viel bedeutet habe, und das ist die Hoffnung, und das ist die Angst, und ich weiß, das zu lesen ist nur teilweise interessant, aber es fällt mir sehr schwer, das hier überhaupt zu tun.
Georges Vater ist ein gescheiterter Olympia-Turner, der selbst für einen Russen allzu unnahbar und niedergeschlagen wirkt. Mit Anfang 30 sieht er immer noch wie ein Teenager aus, außer wenn er sein Hemd auszieht, weil seine Muskeln etwas zu Verbrauchtes an sich haben. George denkt, er würde genau wie sein Vater aussehen, wenn sein Vater ein Wurm wäre. Er ist ein nicht besonderer 12-Jähriger, der gerne Gitarre spielen könnte und sich einen amerikanischen Zeichentrickfilm ansieht.
Jedes Land synchronisiert ausländische Fernsehsendungen in seiner Sprache, aber in Russland ist das ein Radau. Eine predigende Stimme liest die Dialoge der Schauspieler ab, als wäre die Sendung ein Gerät und ihr Geplapper dessen Anleitung, während die echten, süßen Geräusche im Hintergrund leise toben. So hört sich der Rest der Welt für Russen an, falls sie überhaupt aufpassen.
Donald Duck und seine grotesken Kohorten sind wie Delphine, die den Russen ihre Zufriedenheit durch eine trostlose, gleichgültige Oberfläche hindurch signalisieren. Es ist eine Form der Gedankenkontrolle, die noch aus der Zeit stammt, als alles unter der Führung der Kommunisten war, und Kinder mit einer introspektiven Veranlagung glauben lässt, sie könnten hören, wie die Wahrheit durch ihre süßen kleinen Gedanken hindurch angreift.
George kichert über die gedämpften Zerstreuungen des Fernsehers und hofft, dass seine Mutter aufstehen wird. Sein Vater polierte lange die Möbel und Wände des Schlafzimmers mit ihrem sich wehrenden, zappelnden Körper. Das kam ihm nur zu bekannt vor, aber nicht die Stille danach, die nicht aufhören will. Georges Verstand sagt, wenn deine Mutter tot ist, solltest du dich besser umbringen.
Georges Vater torkelt ins Wohnzimmer und setzt sich seltsam nahe an seinen Sohn ran. Das auszuprobieren war ihm niemals zuvor in den Sinn gekommen. Er wirkt wie benommen von dieser noch nie dagewesenen Zugänglichkeit, und seine Hände pochen, weil er seine Frau endlich getötet hat. Er weiß, dass er George jetzt töten muss, aber zuerst versucht er, sich den ratternden Unsinn der Zeichentrickfilme anzusehen.
George ist nicht alt genug, um ein Verlust zu sein. Er wird einfach aus einer Leiche zwei machen, was auch nicht viel anders ist. Die Leute im Gebäude haben so oft gehört, wie er seine Frau und seinen Sohn geschlagen hat, dass sie abgestumpft sein müssen. Vielleicht könnte er George vergewaltigen, falls er das endlich will. Würden diese Schreie unschlüssig klingen? Die einzige Gefahr ist, dass er sich dafür vielleicht umbringen könnte. Ist das ein Problem?
Als Georges Vater ein Achtjähriger war, statteten Ermittler der Sportbehörde seiner Schule einen Routinebesuch ab. Nachdem sie ihn dabei beobachtet hatten, wie er Räder schlug und auf dem Spielplatz über die Schaukeln und das Klettergerüst wirbelte, kauften sie ihn seinen Eltern ab. Er wurde in einer gefängnisartigen Akademie für potenzielle Medaillengewinner untergebracht, zusammen mit fast vierzig anderen Jungen mit magischen Körpern.
Er wurde darauf trainiert, Goldmedaillen im Turnen zu gewinnen, mit kurzen täglichen Pausen am Vormittag, um nutzlosen Unterricht hinzuzufügen. Manchmal nahm er an kleineren Vorzeige-Wettbewerben in weit entfernten russischen Provinzen teil. Er gewann nie etwas, aber die Zuschauer waren voll von Pädophilen und Mädchen, die den hübschesten Teilnehmer mochten, und das war er.
So viele Filmteams filmten das engelsgleiche, Grimassen schneidende Gesicht von Georges Vater, dass es über Jahre das öffentliche Bild der russischen Turnmacht wurde. Durch diese Nützlichkeit blieb er im Rennen, noch lange nachdem bessere Turner abgeschossen worden waren. Wenn die Leute heute Georges Vater auf der Straße sehen, fragen sie ihn oft, ob er einmal jünger und wichtig ausgesehen hat.
Georges Vater bindet seine Schuhe auf und schüttelt sie aus. Er reißt sich sein T-Shirt herunter. Er öffnet den Reißverschluss seiner Hose, oder fängt damit an. Er steht auf, damit er sie hinunterziehen kann, aber er ist schwach, weil er seine Frau umgebracht hat, und umso weniger angezogen von der Chance, etwas zu gewinnen, dass er sich stattdessen auf die Couch zurückfallen lässt und seine wunden Hände aneinander reibt.
Er beginnt, Georges Kopf in seinen Schritt zu drücken, aber der Kopf fühlt sich an wie ein leicht ausstaffierter Schädel. Er hält inne und denkt an das Gehirn darin und dann an die dummen Gedanken seines Sohnes, wie auch immer die sein mögen. Er streichelt den Kopf, während er sich die Gedanken vorstellt, mit denen er arbeiten möchte, und dann, nachdem er George willig gemacht hat, zieht er seine Hand zurück wie das Tor einer Startmaschine.
George schaut eigenartig zu seinem Vater auf und zieht dann auch sein T-Shirt aus. Er hält das T-Shirt nervös in der Hand. Georges Vater reißt es seinem Sohn aus der Hand und hält es starr in seiner eigenen. Er gibt ihm zum Teil die Chance, ein Shirt zu sein, dann denkt er das russische Äquivalent von „Scheiß drauf“ und knüllt den Stoff zusammen, bis er die Form einer Blume hat, dann schnuppert er an dem Bildnis.
Der grobe, unkomplizierte Wunsch seiner Erektion legt sich über jegliches Glücksgefühl, das sein Sohn und er zusammen erschaffen hatten. Irgendwie möchte er George die Blume schenken, aber Liebe scheint dumm, also lässt er das Hemd fallen, dann macht er stattdessen eine Faust. George holt gigantisch tief Luft, dann wölbt er seinen Rücken, um den stärksten Brustkorb zu bilden, den sein Rippenkäfig hervorbringen kann.
„Warum hast du dein Hemd ausgezogen?“, fragt Georges Vater.
„Weil du es getan hast“, sagt George.
„Hast du keine Angst?“, fragt Georges Vater.
George entsichert nervös die Zunge und die Schnalle seines Gürtels, der einen Cowboy-Stil hat. „Ja“, sagt er.
Georges Vater steckt eine Hand in das Aufflackern der Unterhose und greift zu.
„Er sagt auch Ja“, sagt er.
„Er denkt wahrscheinlich, dass deine Hand meine ist“, sagt George.
„Holst du dir einen runter?“, fragt Georges Vater.
„Manchmal“, sagt George.
„Woran denkst du, wenn du dir einen runterholst?“, fragt Georges Vater.
„Was ist die richtige Antwort?“, fragt George. Er schaut in die Augen seines Vaters, die entweder einen Dreck zu sagen haben oder den verstörten Dreck in seinem Kopf hinter sich lassen, dann denkt er über die Frage nach. „Manchmal an meine Mutter.“
„Deine Mutter, die was macht?“, fragt Georges Vater und beginnt, seinem Sohn einen runterzuholen, der daraufhin zusammenzuckt.
„Das nicht“, sagt George. „Du solltest dir vorher die Finger lecken.“
Einer von Georges Bandkollegen ist ein benebelter, angehimmelter Gitarrist, der immer noch verblüffende Töne herauszupft, aber sie sind mittlerweile seltsam. George glaubt, dass er in etwa wie sein Bandkollege Gitarre spielen würde, wenn sein Bandkollege ein Säufer wäre. Er ist ein mageres 16-jähriges Wunderkind aus Brixton, das Gin trinkt und toten Gitarristen dabei zusieht, wie sie mit alten akustischen Instrumenten in irgendeiner Fernsehsendung den Blues spielen.
Der Sinn jeder vergangenen Ära für Proportion und antiquierte Technik törnt junge Leute ab, aber für Radikale wie George ist sie besonders abschreckend. Zwischen der unbedeutenden Reichweite der toten Gitarristen und dem überholten, zerkratzten Filmmaterial könnten sie genauso gut mit geladenen Gewehren hantieren, mit denen sie sich nur selbst verletzen würden. So klingt die Traurigkeit anderer Leute für George, falls es ihn überhaupt kümmert.
Die Schöpfer des Blues könnten Delphine sein, die experimentelleren Künstlern ihre primitive Unzufriedenheit signalisieren. Die Tatsache, dass selbst innovative Kunst mit der Zeit verbindlich wird, ist eine Katastrophe, die bahnbrechende junge Musiker mit Alkoholproblemen aus guten Gründen wissen lässt, dass sie keine Götter mit riesigen Verstärkern sein können, trotz der Glückseligkeit, die sie beseelt, wenn sie es angestrengt versuchen.