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Das hätte böse enden können: Angelica ist von der Bühne gestürzt, aber zum Glück hat sie ein Mann namens Paul Sterling aufgefangen. Und dieser Moment hat es in sich: In Pauls starken Armen fühlt Angelica sich sicher - und zugleich erregt. Ist es die berühmte Liebe auf den ersten Blick? Paul Sterling interpretiert es wohl als Auftakt zu einer Affäre …
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Seitenzahl: 198
IMPRESSUM
Ihm verfallen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2002 by Katherine Garbera Originaltitel: „The Tycoon’s Lady“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1236 - 2003 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Eleni Nikolina
Umschlagsmotive: Vanzyst / Thinkstock Photos
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733776138
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„,Wir managen Ihr Leben, Sie managen Ihr Unternehmen‘ ist ihr Slogan und wer Angelica Leone, die Firmeninhaberin, kennt, wird Ihnen sagen, dass ebendieses Leben sich bei ihr in guten Händen befinden wird. Gentlemen, darf ich Ihnen die nächste Teilnehmerin an der heutigen Wohltätigkeitsauktion vorstellen.“
Angelica holte tief Luft und betrat die Bühne. Sie ging langsam, wie man es sie als Kind im Internat gelehrt hatte. Korrekte Haltung war eines der Dinge gewesen, bei denen sie sich hervorgetan hatte. Wer hätte je gedacht, dass sie eines Tages damit ihre Brötchen verdienen würde?
Sie wusste, dass sie die Ausstrahlung einer eleganten Dame besaß und dass die vorsichtig kalkulierenden Unternehmer sie aufmerksam musterten. Sie würden gründlich nach Fehlern suchen, bevor sie überzeugt werden konnten, dass sie, und somit ihre Firma, eine Investition wert waren.
Angelica konzentrierte ihren Blick auf das Meer fremder Gesichter jenseits der Bühnenbeleuchtung. Einige Schritte noch, und sie würde beim Mikrofon sein. Sobald sie erst einmal hinter dem festen hölzernen Pult stünde, würde sie sich entspannen. Sie hielt sehr gern Reden, und ihre Nervosität legte sich meist schon nach den ersten Sekunden.
Von ihren Gedanken abgelenkt, stolperte sie über ein Kabel, das man nicht sorgfältig genug am Boden befestigt hatte, und Angelica sah sich wie in Zeitlupe von der Bühne stürzen.
Ihr Fall war natürlich in Wirklichkeit sehr schnell, und in den Sekundenbruchteilen, in denen sie durch die Luft flog, stellte Angelica sich entsetzt vor, wie sie kopfüber landete und ihr Rock bis zu den Hüften hochrutschte. Es herrschte verblüffte Stille im Saal. Die Band hatte aufgehört zu spielen. Dann hörte man laute Stimmen. Angelica hielt entsetzt den Atem an. Jeden Augenblick würde sie auf den harten Boden prallen.
Doch stattdessen landete sie sicher in den Armen eines Mannes. Er war stark, sein Körper warm, und er duftete angenehm nach einem teuren Rasierwasser. Sein Herz schlug regelmäßig an ihrem Ohr. So nah hatte sie noch nie das Herz eines Mannes schlagen hören, und sie musste sich eingestehen, dass es eine angenehme Erfahrung war.
Roger, ihr verstorbener Mann, hatte es immer vorgezogen, einen gewissen körperlichen Abstand zu ihr zu halten. Einen Moment lang geriet Angelica wegen der ungewohnten Situation in Panik und versuchte sich zu befreien. Der Mann ließ sie los und stellte sie vorsichtig auf die Füße.
Es verschlug ihr den Atem, als sie zu dem Mann hochsah, der sie vor einem gefährlichen Sturz bewahrt hatte. Sie hatte natürlich schon von ihm gehört, aber sie waren sich nie begegnet. Es war Paul Sterling, ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, der mehrere von ihren Kunden auf die Suche nach einem neuen Job geschickt hatte.
Angelica verdankte den Profit des vergangenen Jahres ihm und Sterlings Sucht nach Erfolg. Mehr als ein frisch beförderter Manager war zu ihr gekommen, um bei ihr gutes Betragen zu lernen, sobald er erfahren hatte, dass er für Paul Sterling arbeiten sollte, denn der verlangte von seinen Angestellten in jeder Hinsicht Perfektion.
„Danke, dass Sie mich aufgefangen haben“, sagte Angelica mit unsicherer Stimme.
„Es war mir ein Vergnügen“, erwiderte er.
Eine eigenartige Wärme durchströmte sie bei diesen Worten. Es war sehr lange her, dass ein Mann mehr als nur geschäftliches Interesse bei ihr geweckt hatte.
Wie magisch angezogen von seinem intensiven Blick sah sie erneut zu ihm hoch. An diesem Mann war mehr dran, als sein Ruf vermuten ließ. Und dieses Mehr genügte, um ihren Puls zum Rasen und ihre Haut zum Prickeln zu bringen. Sie konnte den Blick nicht von ihm lösen. Sterling war nicht das kaltblütige Monster, als das er gemeinhin geschildert wurde, das spürte sie instinktiv. Aber warum beunruhigte sie das so sehr?
„Angelica. Angelica Leone.“
„Paul Sterling“, sagte er.
„Ich weiß.“ Sie sprach, ohne zu überlegen, einer ihrer größten Fehler, der sie schon oft in Schwierigkeiten gebracht hatte.
Er hob vielsagend eine Augenbraue, und Angelica wurde sich plötzlich der Leute im Saal bewusst. Sie wurde rot vor Verlegenheit und hoffte, dass ihr dummes Missgeschick nicht ihr Image beeinträchtigte. Sie überlegte, wie sie am besten wieder auf die Bühne kommen könnte, da hob ihr Retter sie ohne besondere Anstrengung hinauf.
Zwei Bühnentechniker kamen herbeigelaufen und klebten das lockere Kabel fest auf den Boden. Angelica sah wohlweislich nicht wieder zu Paul hinunter, aber sie wusste, dass sie ihm irgendwie ihre Dankbarkeit zeigen musste. Würde eine Kiste Zigarren genügen? Oder verdiente die Rettung aus einer so unangenehmen Situation mehr? Vielleicht etwas mit seinem Monogramm? Sie würde darüber nachdenken müssen.
Endlich hatte sie das Podium erreicht und hielt sich daran fest, als wäre es eine Schwimmweste und sie die einzige Überlebende auf einem sinkenden Schiff.
„Bei uns lernen Sie, ebensolche Situationen in den Griff zu bekommen. Aber sehr viel wichtiger noch, wir lehren Sie, in den vertrauteren Gewässern des gesellschaftlichen Verkehrs mit Ihren Geschäftsfreunden den richtigen Kurs zu halten. Heute Abend wird unser Silver-Bells-Angebot versteigert, das die dreimonatige Verwaltung Ihres Haushalts und eine Begleiterin für drei gesellschaftliche Anlässe in Ihrer Firma beinhaltet.“
Sie lächelte den Auktionator an, und er begann mit der Versteigerung. Angelica war sich jedes der vielen verschiedenen Angebote bewusst, aber die tiefste Stimme, die schließlich den Sieg davontrug, konnte nur zu einem Mann gehören – zu Paul Sterling. Angelica hatte plötzlich das ungute Gefühl, dass ihm eine Kiste Zigarren niemals genügen würde.
Genau der Mann, der nach so langer Zeit die Frau in ihr geweckt hatte, hatte gerade das Versprechen ersteigert, drei Mal mit ihr ausgehen zu dürfen. Es sind keine privaten Verabredungen, sagte sie sich, aber ihr Puls wollte sich trotzdem nicht beruhigen.
Paul kam mit zwei Gläsern Champagner in den Händen quer durch den Saal auf Angelica Leone zu. Er war nur aus Neugier zu der Auktion gekommen und war nun froh, es getan zu haben. Obwohl er seit zehn Jahren in Orlando lebte, hatte er bisher nie an dieser jährlichen Wohltätigkeitsveranstaltung teilgenommen.
Doch mittlerweile hatte er eine Stellung im Leben erreicht, die es ihm ermöglichte, sich mehr in Gesellschaft zu begeben, ohne dass seine Arbeit darunter leiden musste. Endlich war sein Ziel in greifbare Nähe gerückt. Er stand im Begriff, der jüngste Direktor in der Geschichte von „Tarron Enterprises“, zu werden.
Und durch einen glücklichen Zufall heute Abend brauchte er jetzt auch nicht die nächsten Wochen damit zuzubringen, nach einer passenden Frau zu suchen und sie zu umwerben – wenn dieser Begriff auf moderne junge Frauen überhaupt noch zutraf. Denn jetzt hatte er eine „berufsmäßige Begleiterin“, die mit ihm zum jährlichen Treffen des Verwaltungsrats gehen würde.
Paul war sein ganzes Leben ein Einzelgänger gewesen, aber kürzlich hatte sein Boss versteckte Andeutungen darüber gemacht, wie wichtig ein ausgeglichenes Privatleben für die Karriere jedes Mannes sei. Indirekt hatte er ihm damit natürlich eine Heirat vorgeschlagen, aber was Paul bisher von der Ehe mitbekommen hatte, hatte einen bitteren Geschmack bei ihm hinterlassen. Dass diese Ehe die seiner Eltern gewesen war, wollte er am liebsten vergessen. Ganz besonders heute.
Er hatte viel von „Corporate Spouses“, gehört, aber noch nichts über die attraktive Firmengründerin. Die dunkelhaarige Schönheit weckte sein Interesse. Normalerweise ignorierte er solche Impulse. Persönliche Gefühle leistete er sich nur selten. Auf diese Weise war er auch an die Spitze gekommen. Warum nur reizte es ihn so sehr, Angelica Leone auf rein privater Ebene kennenzulernen?
Sicher sehnte er sich manchmal nach einer Frau, aber eine feste Beziehung war nichts für ihn. Die Vergangenheit hatte ihn gelehrt, dass Frauen sein Engagement für die Arbeit nicht verstanden. Seine Arbeit war jedoch das Einzige, worauf er sich verlassen konnte.
Die Idee, für geschäftliche Zwecke eine Begleiterin zu ordern, war womöglich die ideale Lösung für ihn. Auf jeden Fall würde es hilfreich sein, eine intelligente Frau mit guten Manieren an seiner Seite zu haben. Und ihrem Ruf zufolge war Angelica Leone beides. Aber hinter ihrer kühlen, ruhigen Fassade verbargen sich Eigenschaften, die seine Neugier geweckt hatten.
„Champagner?“, fragte er Angelica. Das Paar, mit dem sie eben noch gesprochen hatte, hatte sich auf die Tanzfläche begeben, und sie war jetzt allein.
„Ich sollte Ihnen einen Drink ausgeben, nicht umgekehrt. Ich muss Ihnen noch einmal herzlich dafür danken, dass Sie mich gerettet haben.“ Sie nahm das Champagnerglas entgegen und hielt es zu einem Toast hoch.
Ihr rotes Kleid umschmeichelte auf raffinierte Weise ihre weiblichen Rundungen, sodass es Paul eher durch das reizte, was es verbarg, als durch das, was es enthüllte. Angelica gehörte zu den Frauen, die tiefe Leidenschaft und verborgene Sehnsüchte in einem Mann wecken konnten. Dabei war ihr Outfit eher zurückhaltend und elegant. Aber die geschmeidige, unbewusst sinnliche Art, mit der sie sich auf der Bühne bewegt hatte, versprach sehr viel mehr, und die gezügelte Energie, mit der sie ihr Publikum angesprochen hatte, verriet das unter der sittsamen Oberfläche verborgene Temperament.
„Auf das Schicksal“, sagte Paul. Sie stießen an, und er bemerkte, dass Angelica seinem Blick standhielt.
Sie hatte große braune Augen, die das Bemerkenswerteste an ihrem schönen Gesicht waren. Sie versprachen einem Mann ungeahnte Freuden – aber zu welchem Preis? Paul war gewohnt, sehr viel Geld zu zahlen. Wenn er etwas haben wollte, war es ihm meist gleichgültig, wie viel dafür verlangt wurde. Wenn es jedoch um Gefühle ging, war er ganz und gar nicht bereit, viel zu investieren.
„Auf moderne Helden“, erwiderte sie und nahm einen Schluck.
„Trinken Sie besser aufs Schicksal, denn ich bin kein Held.“
„Nun, heute waren Sie jedenfalls mein Held, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin.“
„Es war nichts. Ich würde es mit Freuden wieder tun.“
Angelica wandte verlegen den Blick ab, und Paul nahm einen Schluck Champagner, um sich Zeit zum Nachdenken zu geben. Eine seltsam erwartungsvolle Stille trat ein. All die weltmännische Sicherheit, die Paul mit den Jahren erworben hatte, war plötzlich verschwunden. Ihm fiel nichts ein, was er sagen könnte.
Also würde er auf die Sache zurückgreifen, die ihn nie im Stich ließ – er würde das Gespräch aufs Geschäft bringen.
Ein Jazz-Trio fing zu spielen an, und die kleine Tanzfläche füllte sich bald mit sich langsam im Takt wiegenden Paaren. Einen Moment dachte Paul an all das, was er aufgegeben hatte, um auf seinem Gebiet der Beste zu werden. Aber er ignorierte das uncharakteristische Bedauern, das sich dabei in ihm regte, weil er wusste, dass ihn nichts so glücklich machen konnte wie seine Karriere.
Er sah Angelica verstohlen an, und auch sie betrachtete die Paare, als wünschte sie, bei ihnen auf der Tanzfläche zu sein. Nun, er würde jedenfalls nicht mit ihr tanzen. Ihre Beziehung war streng geschäftlich, und er war entschlossen, es dabei zu belassen.
„Erklären Sie mir die Einzelheiten des Angebots, das ich ersteigert habe“, bat er sie.
„Wir kümmern uns drei Monate lang um Ihren Haushalt, und Sie erhalten außerdem eine Begleiterin für drei Veranstaltungen. Wir können am Montagmorgen detaillierter darüber sprechen, wenn Sie wollen.“
„Wäre Ihnen zehn Uhr dreißig recht?“, fragte er.
„Sicher.“
Drei Verabredungen – das schien viel zu sein, wenn man bedachte, dass er sie überhaupt nicht kannte, aber eine kleine Stimme in ihm flüsterte: Nur drei? Das ist viel zu wenig. Angelica bezauberte ihn mit ihrer Figur, die ebenso Sinnlichkeit wie Eleganz verriet, und dem mitternachtschwarzen Haar. Sie war eine intelligente Frau, und Paul spürte, dass sie wie er zurückhaltend war und nur wenig von ihren wahren Gefühlen enthüllte. Als sie von der Bühne gefallen war, hatte man ihr ihre Aufregung kaum angemerkt. Sie hatte eindrucksvoll bewiesen, dass sie der Situation gewachsen war.
Paul besaß ein ähnliches Vertrauen in seine Fähigkeit, mit allem fertig zu werden. Genau das gefiel ihm auch an Angelica. Wenn er ehrlich war, gefiel ihm viel zu viel an ihr.
„Erzählen Sie mir mehr über Ihre Firma. Stellen Sie auch für Ereignisse mit mehr privatem Charakter Begleiterinnen zur Verfügung?“
„Wir bieten auch eine Ersatzpartnerin für besondere Firmenfeiern. Wenn Ihre Firma zum Beispiel für heute Abend einen Tisch hier reserviert hätte und jeder der Herren mit seiner Frau kommen würde, Ihre Frau aber verhindert wäre, würden wir Ihnen für diesen Abend eine Ersatzpartnerin stellen.“
„Hat jemals jemand versucht, die Grenze des rein geschäftlichen Miteinanders zu überschreiten und das Ganze mehr auf eine private Ebene zu bringen?“, erkundigte sich Paul. Er wusste, dass er selbst sehr versucht sein würde. Doch Frauen wie Angelica verdienten mehr, als er geben konnte.
Pauls Motto war, dass ein kluger Mann seine Grenzen kannte. Und er achtete darauf, immer innerhalb dieser Grenzen zu bleiben. Er war genau der richtige Mann, wenn es um die Übernahme einer Konkurrenzfirma ging oder darum, in einem Basketballspiel zu gewinnen. Aber er war bestimmt der Falsche für eine Frau, die nach einer festen Beziehung Ausschau hielt.
Zwar war er Angelica gerade erst begegnet, aber Paul war dennoch sicher, dass sie zu den Frauen gehörte, die von einem Mann mehr verlangten als einige wenige leidenschaftliche Nächte. Vergiss das bloß nicht, ermahnte er sich.
„Nicht mit mir“, antwortete sie knapp.
Das glaubte er ihr gern. Nichts an ihrer selbstbewussten, ruhigen Art ermutigte einen dazu, respektlose Spielchen mit ihr zu treiben. Was natürlich nicht bedeutete, dass es dadurch leichter für ihn sein würde, mit ihr umzugehen.
Die Band wechselte zu einer lebhaften Swingnummer und brachte die jüngeren Gäste auf die Tanzfläche. Angelica klopfte im Takt mit dem Fuß mit.
„Ich habe im letzten Jahr Unterricht in Swing Dance genommen“, sagte sie plötzlich.
Paul hätte fast gelächelt. Sie erinnerte ihn an seine Schwester, bevor diese nach bitteren Erfahrungen ihre Begeisterungsfähigkeit verloren hatte. Aber davor war sie genau wie Angelica gewesen, voller Hoffnung auf ein Leben voller Glück. Einen ganz kurzen Moment wünschte er, der Mann zu sein, der Angelica dieses Glück schenken könnte. Aber da er Realist war und mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen stand, wusste er, dass ewiges Glück nur ein Märchen war.
„Ich hatte nie Tanzunterricht.“, erwiderte er.
„Wir bieten bei uns welchen an. Ich könnte Ihnen ein paar Stunden geben, wenn Sie interessiert sind.“
„Nein, danke. Ich verschwende nicht gern meine Zeit.“
Sie sah ihn an, als hätte er eine feindliche Firmenübernahme im Sinn. „Es ist für einen Geschäftsmann sehr wichtig, auch zu gesellschaftlichen Anlässen zu gehen.“
„Dem kann ich nachkommen, ohne tanzen zu müssen.“
„Und was ist mit Ihrem Vergnügen?“
„Was soll damit sein? Geschäft und Vergnügen lassen sich sowieso nicht miteinander vereinbaren.“
„Das könnten sie aber.“
„Nicht für jeden.“
Paul bewunderte Angelicas Hingabe an ihre Arbeit, aber gleichzeitig wusste er, dass es nicht ihre Tüchtigkeit war, die ihn in erster Linie zu ihr hinzog.
Die Musik hörte auf, und sie applaudierten der Band und den Tänzern. Eine hochgewachsene Afroamerikanerin in eng anliegendem Kleid gesellte sich zu dem Jazz-Trio. Die ersten Noten eines Songs von Lena Horne erfüllten den Saal. Die Sängerin besaß eine Stimme, die sich durchaus mit der Lena Hornes messen konnte.
Paul leerte sein Champagnerglas und reichte es einem vorbeikommenden Kellner. Angelica stellte auch ihr Glas auf das Tablett, obwohl es noch halb voll war.
„Wollen Sie mit mir tanzen?“, fragte sie.
Eine innere Stimme riet ihm ab. Er sollte es wirklich nicht tun. „Gern“, erwiderte er.
Paul wusste nicht genau, wie ihm das Wort über die Lippen gekommen war. Es stimmte zwar, dass er sich danach sehnte, Angelica noch einmal in den Armen zu halten, aber er tanzte sonst nie auf geschäftlichen Veranstaltungen. Andererseits, wie sollte er dieser Versuchung widerstehen?
„Sind Sie sicher? Wie wollen Sie diesen Tanz als Geschäft auslegen?“
„Ganz einfach, Angel. Mit Ihren Kunden zu tanzen ist Ihr Geschäft.“
„Spielt nichts anderes in Ihrem Leben eine Rolle als das Geschäft?“, fragte sie.
Bis jetzt jedenfalls nicht. Dass sein Puls sich plötzlich beschleunigte, könnte allerdings heißen, dass sich das womöglich geändert hatte. Aber wenn er die Dinge zwischen ihm und Angelica wirklich halbwegs unpersönlich belassen wollte, musste er in ihr eine Geschäftspartnerin sehen oder eine Angestellte.
Paul legte die Arme um Angelica und erkannte sofort, dass er verloren war. Denn bis jetzt hatte er auf keine seiner Geschäftspartnerinnen oder Angestellten so prompt und so heftig reagiert.
Angelica gab sich Mühe, den nötigen Abstand zu Paul Sterling zu halten, aber das erwies sich fast als zu schwierig. Seine Schultern fühlten sich so fest und stark an unter ihren Händen, dass sie wünschte, den Kopf darauf zu legen. Und er hielt sie mit einer Sicherheit, die ihr das Gefühl gab, er könne sie nicht nur bei diesem Tanz führen, sondern durch das ganze Leben, ohne dass ihr etwas zustieße. Dass ihr ein solcher Gedanke überhaupt kam, war sehr beunruhigend.
Die Umstände hatten es bisher immer mit sich gebracht, dass Angelica die Last ihrer Probleme allein getragen hatte. Selbst wenn sie sich im Innersten manchmal wünschte, sich an die Schulter eines starken Mannes zu lehnen, so wusste sie doch, dass sie sich nur auf sich selbst verlassen konnte. Dass sie sich daran nun erinnerte, machte es ihr leichter, Paul Sterlings Anziehungskraft zu widerstehen.
„Ich liebe diesen Song“, sagte sie. Small Talk war normalerweise ihre Stärke.
Angelica war dafür bekannt, dass sie selbst in Gesellschaft der mächtigsten und einflussreichsten Männer und Frauen gelassen blieb. Doch an diesem Abend gelang es einem Mann, dass sie ihre innere Ruhe verlor.
Er war der erste Mann seit ihrer Hochzeit vor sieben Jahren, mit dem sie gern tanzte und bei dem sie das Gefühl hatte, in seine Arme zu gehören. Offenbar fühlte sie sich so einsam, dass es sie jetzt sogar schon zu einem Kunden hinzog. Was den Schluss nahelegte, dass sie sich wieder mehr um ihr Privatleben kümmern musste.
Paul antwortete nicht auf ihre Bemerkung. Angelica wusste nicht genau, was das zu bedeuten hatte. Hörte er ihr nicht zu, oder interessierte ihn das Thema nicht?
„Mögen Sie Jazz nicht?“, fuhr sie fort. Gib dir etwas Mühe, Angelica, sagte sie sich. Die Kunst des Small Talks war es schließlich, das Thema zu finden, worüber der Gesprächspartner am liebsten sprach – gewöhnlich über sich selbst. Eine Spur unsicher strich sie sich eine Strähne hinters Ohr.
Paul Sterling besaß genug Selbstvertrauen für drei Männer. Man merkte das an der Art, wie er sich bewegte. Ihr wäre es fast lieber, wenn er arrogant wäre, aber bisher hatte er nur gezeigt, dass er selbstsicher war und ganz und gar nicht hochmütig.
„Ich bin kein besonderer Fan dieser Musik. Rock ’n’ Roll ist schon eher meine Sache.“
„Warum gerade Rockmusik?“
„Songs über Frauen und Sex scheinen nun mal mehr nach meinem Geschmack zu sein.“
Sie errötete leicht und gab vor, seinen intensiven Blick nicht zu bemerken. Paul hatte eine so starke männliche Ausstrahlung, dass Angelica zunehmend nervös wurde. Zum ersten Mal in den sechs Jahren, seit sie ihr Unternehmen gegründet hatte, fühlte sie sich unbehaglich.
„Nun, mir hat Jazz schon immer gefallen“, sagte sie.
„Jazz passt auch zu Ihnen“, erwiderte er und strich mit der Hand über ihren Rücken.
Ein heißer Schauer durchfuhr sie. „Was meinen Sie damit?“
„Es ist eine hintergründige, geheimnisvolle Musik, so wie auch Frauen im Wesentlichen hintergründig und geheimnisvoll sind.“
Eine innere Stimme warnte Angelica davor, sich bei Paul Sterling weiter vorzuwagen. Am besten dankte sie ihm freundlich für den Tanz und verzog sich unauffällig, bevor seine faszinierende Persönlichkeit sie noch mehr in den Bann zog. Doch statt auf ihre innere Stimme zu hören, sagte sie: „Oh, haben Sie da schlechte Erfahrungen gemacht?“
„Ist das nicht ein etwas zu persönliches Thema für einen ersten Tanz?“
Verlegen wandte sie den Blick ab. Sie tanzten eine Weile schweigend weiter.
„Tanzen ist ein gutes Beispiel für das, was ,Corporate Spouses‘ zu bieten hat“, bemerkte Angelica schließlich. „Sie wären erstaunt, wie viele hoch qualifizierte junge Leute die Leiter des Erfolgs erklimmen, ohne den dafür nötigen gesellschaftlichen Schliff zu haben.“ Sie war bemüht, sich nicht von Pauls Hand ablenken zu lassen, die fest und warm auf ihrem Rücken lag.
Das Lächeln, mit dem Paul auf ihre Feststellung reagierte, beruhigte sie ganz und gar nicht. Natürlich hatte sie mit ihrer vorigen Bemerkung die Grenzen des Erlaubten etwas überschritten. Aber er war eine zu große Herausforderung. Dieser überzeugte Geschäftsmann weckte in ihr das Verlangen, ihm zu beweisen, dass es manchmal genauso wichtig sein konnte, Spaß zu haben, wie Erfolg zu erzielen.
„Ich bezweifle nicht, dass Sie die vollkommene Begleiterin bei einem Geschäftsessen sein würden.“ Pauls Ton verriet nichts von seinen Gedanken, aber das Glitzern seiner Augen ließ Angelica ahnen, dass sie vor diesem Mann in den nächsten drei Monaten sehr würde aufpassen müssen.
Es hatte lange gedauert, bis sie sich einen festen Platz in der Geschäftswelt erkämpft hatte, und ihre Firma, „Corporate Spouses“, gab ihr alles, was sie brauchte – das nette Beisammensein mit Kollegen am Abend, die intellektuelle Herausforderung tagsüber bei der Arbeit. Sie würde nicht zulassen, dass die lüsternen und für sie völlig untypischen Gefühle, die sie heute Abend hatte, das alles zerstörten.
„Sie reden von mir, als würden Sie von einer Rolex sprechen“, sagte sie trocken. Angelica selbst hatte nie eine Rolex besessen. Im Geschäftsleben musste sie zwar wie eine wohlhabende Frau auftreten, aber daheim genügte ihr eine normale Uhr, die nur zu funktionieren hatte. Warum sollte sie also viel Geld ausgeben für etwas, das die gleiche Funktion erfüllte wie jede andere Uhr?
„Damit haben Sie ja auch viel gemein.“
„Soll das ein Witz sein?“ Was war nur heute los mit ihr? Sie hatte sich doch sonst immer unter Kontrolle und gab ihren Kunden nie patzige Antworten. Aber offenbar vergaß sie beim Tanzen mit Paul Sterling, dass man von ihr nur harmlosen Small Talk erwartete. Der Kunde hatte die Richtung des Gesprächs vorzugeben, nicht sie.
„Nein, überhaupt nicht. Die meisten Beziehungen ähneln einem teuren Schmuckstück oder einem europäischen Luxuswagen. Man muss sorgfältig in Betracht ziehen, wie viel man investiert und es sich auch lohnt.“
Angelica traute ihren Ohren nicht. Sie hätte ihren Ärger gern gezeigt, aber dieser Mann hatte sie ja nicht beleidigt. Er sprach nicht über sie persönlich, sondern tat nur seine Meinung zu einem Thema kund. Fast wünschte sie, sie würde so denken wie er. Es hätte sie vor dem Schmerz bewahrt, einen Mann zu verlieren, den sie geliebt hatte. Hatte Paul Sterling in seinem Leben eine ähnliche Tragödie erlitten?
„Aber eine Verabredung sollte nicht immer nur geschäftlich sein“, sagte sie.
„In unserem Fall ist es nur das.“
Er war schlagfertig, das gefiel ihr an einem Mann. „Ja, aber Sie sprachen nicht von unserem Fall, sondern allgemein.“
„Ich wollte nur sagen, dass bei Ihnen alle Sicherheitsrisiken von vornherein ausgeschaltet sind. Sie sind eine bekannte Größe und gesellschaftlich respektiert.“
Sie kam sich vor wie der Hope Diamant, von vielen betrachtet, von niemandem berührt. „Wie eine Rolex“, gab Angelica trocken zurück. „Sie wissen, dass ich nett aussehen und gut funktionieren werde.“
„Genau.“
„Den Frauen, mit denen Sie ausgehen, würde ich das nicht verraten“, sagte sie trocken.
„Das tu ich natürlich auch nicht.“