Im Dutzend witziger -  - E-Book

Im Dutzend witziger E-Book

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Beschreibung

Eine Auslese humorvoller Geschichten, Gedichte und Bilder von einem guten Dutzend Autoren: Monika Baitsch, Sinje Blumenstein, Ulrich Borchers, Torsten Buchheit, Sofie Capasso, David Damm, Anna Dorb, Vasilisas Dykstra, Nicolas Fayé, Annette Hillringhaus, Anke Höhl-Kayser, Heidi Christina Jaax, Monika Kubach, Pamela Menzel, Manu Wirtz. Ein Lesegenuss, zum Selbstlesen oder als Geschenk!

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Gestern wussten wa nich, wie man Antologie schreipt ...

... und heute sind wa selber eine,

Inhaltsverzeichnis

Statt eines Vorwortes

Nicolas Fayé: Wie schreibt man eine humorvolle Kurzgeschichte?

Annette Hillringhaus: Zu Risiken und Nebenwirkungen

Anke Höhl-Kayser: Mittsommer im Stadtpark

Heidi Christina Jaax: Das Abschiedsgeschenk

Ulrich Borchers: Haustürgeschäfte

Torsten Buchheit: Fischzug

Manu Wirtz: Hungrige Grüße aus der Reha, deine Manu

Pamela Menzel: Der Hungerstreik

Sinje Blumenstein: Rauschunterdrückung

Vasilisas Dykstra: Schmusebär oder Bettvorleger?

David Damm: Plagegeister

Monika Baitsch: Der moderne Hutsimpel

Ulrich Borchers: Wenn möglich, bitte wenden

Monika Kubach: Das Märchen vom tapferen Klempnerlein

Anna Dorb: Salzburger Nockerln

Monika Kubach: Eine Seite aus Ida Obersteyns Tagebuch

Monika Baitsch: Kinder und Mathematik

Sofie Capasso: Lila und Emil, der Elternschreck

Anna Dorb: Dialog zum Abendbrot

Monika Kubach: Aufrüstung

Ulrich Borchers: 34er!

Nicolas Fayé: Was reimt sich auf Ochsenfrosch?

Annette Hillringhaus: Das Weihnachtsgewand

Anhang

Die Autoren

Bildnachweis

Kontakt mit den Autoren

Statt eines Vorwortes

Siggi Penn-Ybel vom Literaturmagazin »Kleingeist« im Gespräch mit Torsten Buchheit und Monika Kubach, den Herausgebern der Anthologie »Im Dutzend witziger«.

Siggi Penn-Ybel (lächelt): Liebe Frau Kubach, lieber Herr Buchheit, das von Ihnen gemeinsam herausgegebene Buch ist für den diesjährigen Literaturzobelpreis nominiert. Wie fühlen Sie sich?

Torsten Buchheit: Also ich freue mich. Ich meine, gut, wir bekommen ja zahlreiche Ehrungen jedes Jahr, aber der Zobelpreis, das ist doch wieder was ganz Besonderes.

Monika Kubach: Seit ich das gegoogelt habe, freue ich mich sehr, denn dieser Preis ist nun doch etwas nobler als der Literaturpopelpreis, den ich seit letztem Jahr über der Toilette hängen habe. Es ist eben sehr wichtig, an seinem Niveau zu arbeiten!

Torsten Buchheit: Du hast einen Popelpreis? Wußte ich gar nicht.

Monika Kubach: Ja, der wird jährlich an den skurrilsten Newcomer-Literaturpopel verliehen. Ich war auch überrascht, als ich die E-Mail bekam: »Sie haben gewonnen!«

Torsten Buchheit: Ich bekomme immer nur Mails, in denen es heißt: »Sie haben eine Million gewonnen.« Da muss man dann nur eine Bearbeitungsgebühr überweisen und so.

Monika Kubach: Bei mir waren es 599,99 Euro für Porto und Verpackung. Der Preis muss ganz schön groß und schwer sein! Leider ist er noch immer nicht bei mir eingetroffen. Wahrscheinlich streikt die Post mal wieder. Deshalb habe ich bis jetzt lediglich die Urkunde an einem Ehrenplatz aufgehängt.

Siggi Penn-Ybel (recht blaß): Was machen Sie eigentlich mit dem Preisgeld, wenn Sie gewinnen?

Torsten Buchheit: Ich mach’ einen Rechtschreibkurs.

Monika Kubach: Wozu? Du schreibst doch schon mit rechts.

Torsten Buchheit: Stimmt eigentlich. Da sollte ich wohl eher einen Linkschreibkurs machen. Es wird ja doch alles nur noch verlinkt.

Siggi Penn-Ybel: Wie reagierten Ihre Autorenkollegen auf die Nominierung?

Torsten Buchheit: Die meisten hatten noch nie von diesem Preis gehört. Einige waren jedoch über den Zobelpreis erstaunlich gut informiert. Seltsamerweise alles Leute aus einem Pelzhandelsforum.

Monika Kubach: Ich bekam viele begeisterte Zuschriften aus Würfelspielforen, bis sich herausstellte, dass es sich um eine Verwechslung handelte. Sie hatten angenommen, unser Buch sei für den Literaturknobelpreis nominiert.

Siggi Penn-Ybel (lockert seine Krawatte): Was hatten Sie sich denn von der Herausgabe des Buches versprochen?

Monika Kubach: Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass bei dem Buch ein Liter Atur herausspringt. Oder wenigstens ein halber.

Torsten Buchheit: Da hast du Pech. Bei meinen Büchern ist noch nie mehr als ein Schnapsglas voll Atur rausgekommen.

Siggi Penn-Ybel (schwitzt): Haben Sie für das Buch viel recherchieren müssen?

Monika Kubach: Recherche ist wichtig! Als Torsten mich fragte, ob ich mich an diesem Buch beteiligen möchte, habe ich mir erst einmal fünf Fachbücher über Historische Anthropologie ausgeliehen. Nachdem ich mich eingearbeitet hatte, putzte ich meine Brille und stellte dann aber fest, dass er eine humoristische Anthologie herausgeben wollte.

Torsten Buchheit: Ach, immer diese Fremdwörter. Eigentlich wollte ich ja nur ein Buch herausgeben.

Monika Kubach: Nur eins? Upps! Ich habe den Autoren versprochen, dass jeder Leser so viele Exemplare kaufen kann, wie er möchte. Da wird Tante Agathe aber sauer sein!

Torsten Buchheit: So ein Quatsch. Ich gebe als Herausgeber nur ein einziges Buch heraus. Wenn die Autoren mehr Bücher wollen, dann sollen sie den Lesern selber welche schreiben. Dafür sind die doch Autoren, oder etwa nicht?

Monika Kubach: Sagst du es ihnen? Ich muss dringend weg ...

Torsten Buchheit: Ich auch ...

Siggi Penn-Ybel (nach Luft ringend, vor zwei leeren Stühlen): Wir danken für das Gespräch.

Nicolas Fayé

Wie schreibt man eine humorvolle Kurzgeschichte?

Da sitze ich an meinem Schreibtisch und überlege krampfhaft, wie man eine humorvolle Kurzgeschichte schreibt. Das sollte mir eigentlich nicht schwerfallen, sprühe ich doch vor Witz und Elan. Frischen Kaffee gemacht und los geht’s. Nachdem ich den angeknabberten Bleistift (Wer kaut an Schreibgeräten?) durch einen neuen ersetzt habe, mache ich mich frohgemut ans Werk. Wie lang ist eigentlich eine kurze Geschichte? Ein Blick ins Bücherregal soll mir einen Wink geben. Einfach ein Buch rausgezogen und begonnen, die Wörter zu zählen. Nach drei Seiten habe ich das Zählen abgebrochen und überlegt, ob es nicht viel besser wäre, die Zeichen zu zählen. Das hält man so etwa drei Zeilen durch, dann ist Kaffeepause angesagt.

Also zurück an den Schreibtisch und festgestellt: Der Kaffee ist inzwischen kalt. Ich überlege, wie stark die Koffeinwirkung bei kaltem Kaffee ist. Darüber wurde wahrscheinlich noch nie eine Studie gemacht, und ich vermerke auf meiner To-do-Liste, dass dies dringend notwendig wäre. Alleine, um ratlose Autoren nicht völlig im Regen stehen zu lassen. Ein Blick aus dem Fenster bestätigt meine Befürchtungen – es regnet. Na toll, wie soll man etwas Humorvolles bei diesem Wetter schreiben. Humor ist eine Schönwetterangelegenheit. Worüber soll ich schreiben? Vor allem – was soll ich schreiben? Mir fällt beim besten Willen nichts ein. Das Gehirn ist wie leergefegt.

Böse Zungen würden jetzt behaupten, das sei der Normalzustand. Ich würge den kalten Kaffee hinunter und rede mir ein, dies würde meinem Elan jetzt neuen Antrieb geben. Frischweg den angekauten Bleistift (Wieso ist der neue Bleistift angeknabbert? Ich muss mal diese Firma anschreiben.) auf die Seite gelegt und einen neuen genommen. Gott sei Dank sind in diesen Paketen immer zwölf Stück. Ich kontrolliere die Menge und stelle fest, dass drei Stifte bereits eindeutige Kauspuren aufweisen. Wie kommt eine solche Schlamperei durch eine ordentliche Qualitätskontrolle? Und was macht mein Haustürschlüssel bei den Bleistiften? Nach gefühlten zwei Stunden anstrengender Autorenarbeit beschließe ich, die bereits niedergeschriebenen Wörter zu zählen. Das heißt, ich würde sie zählen, wenn auf dem Blatt welche zu finden wären. Die Seite ist völlig jungfräulich. Sicherheitshalber drehe ich sie um, finde aber auch die Rückseite unbeschrieben. Den Versuch war es wert. Wahrscheinlich liegt es an diesem zerkauten Bleistift. Ich nehme also einen neuen.

Was wollte ich eigentlich? Ach ja, eine humoristische Kurzgeschichte schreiben. Wie geht das? Normalerweise schreibe ich todernst und jetzt sitze ich mit gemischten Gefühlen vor einem leeren Blatt Papier, das gefüllt werden will. Sie wissen, was gemischte Gefühle sind? So etwas hat man, wenn die Schwiegermutter mit dem brandneuen Wagen in einen Abgrund fährt. Eine Idee, ein funkensprühender Gag. Sofort aufschreiben, bevor ich ihn vergessen habe. Wo ist der Bleistift? Ich suche auf dem Schreibtisch und finde ihn zwischen den Zähnen. Wie kommt der dahin? Warum hat mein Zahnarzt den beim letzten Besuch nicht gefunden? Zumindest habe ich jetzt einen Satz geschrieben. War der gut? Ich brauche Bestätigung und durchsuche das ganze Haus nach irgendeinem, der meinem Genie huldigen kann. Außer dem Papagei des Nachbarn, der hier seinen Urlaub verlebt, ist niemand da. Ich lese also diesem intelligenten Tier, das die menschliche Sprache beherrscht, meinen Einfall vor und schaue ihn in Erwartung der kommenden Jubelrufe an.

»Blödsinn«, kräht dieses unwissende Vieh und setzt bestätigend noch zwei »Blödsinn« hinterher.

Papageien können einfach dem menschlichen Intellekt nicht folgen und sind gegen hervorragende Witze völlig immun. Aber ich bin schließlich ein toleranter Mensch und denke mir, dieser hübsche Vogel hat mich nur nicht richtig verstanden. Ich lese also erneut vor, diesmal langsamer.

»Blödsinn«, schallt mir da entgegen, auch langsamer.

Ob Papagei wie Hühnchen schmeckt? Solche Überlegungen treten automatisch auf, wenn man mit diesen fliegenden Pestbeulen zu tun hat. Ich beschließe, dem Mistvieh heute kein Futter zu geben und hänge den Käfig zu. Nachdem ich ihn in den Keller getragen habe, höre ich auch das aufgeregte und verärgerte Krächzen nicht mehr.

Meine Angetraute, die zwischenzeitlich gekommen war, fragt mich peinlich berührt, was denn der Papagei im Keller zu suchen habe und warum ich den Bleistift zwischen den Zähnen hätte. Ihr gefiel der Schwiegermutterwitz auch nicht. Er sei Blödsinn, sagt sie, und ich beschloss, über die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Frauen und Papageien nachzudenken.

Eine kurze Pause täte jetzt gut, außerdem brauche ich neue Bleistifte. Die alten sind alle so angeknabbert. Bis zum Schreibwarenladen sind nur ein paar Schritte und ich erwerbe mir neue Schreibgeräte. Die nette Blondine, die mich immer bedient, weiß sicherlich meinen Humor zu schätzen. Ich erzähle ihr schnell noch den brandneuen Witz in Erwartung ausschweifender Huldigung. Aber dieser hässlichen, völlig humorlosen Person gefiel der Gag auch nicht. Meine Reklamation, die Bleistifthersteller würden immer zerkaute Stifte in die Packungen tun, tat die Matrone hinter dem Verkaufstresen auch nur mit einem Grinsen ab. Ich werde wohl einen neuen Schreibwarenladen mit freundlicherer Bedienung suchen müssen.

Zurück am Schreibtisch überlege ich, welche Themen besonders humorrelevant sein könnten. Vielleicht schreibe ich etwas Sarkastisches über Wuppertal oder Wanne-Eickel. Kommt sowieso aufs Gleiche raus. Auf der anderen Seite könnte das Ärger mit den Bewohnern der entsprechenden Städte geben. Es muss etwas anderes geben. Ich rufe also meine heißgeliebte Schwiegermutter an, erzähle ihr den tollen Witz und lausche danach andächtig dem Tuten in der Telefonleitung. Warum hat der alte Drachen eigentlich wortlos aufgelegt?

Ich bin ein Autor. Das Schreiben liegt mir im Blut. Es kann doch nicht so schwer sein, etwas Humorvolles aufs Blatt zu bekommen. Man erlebt doch tagtäglich lustige Abenteuer. Da wird doch wohl etwas Taugliches drunter sein. Zur Ablenkung und Entspannung schalte ich den Flimmerkasten an und lande bei einer Sendung in einem Privatsender, in der halbnackte Bauern mit ihren Schweinen nach dem Vortragen eines Liedes über hölzerne Bohlen springen müssen, um dann verschiedene Quizfragen zu beantworten. Leider wird diese hochintellektuelle Freizeitbeschäftigung jäh durch Werbung für Babywindeln unterbrochen, so dass ich zum Umschalten gezwungen bin. Auf dem nächsten Sender läuft eine Bundestagsdebatte, aber Realsatire hilft mir bei meinem Problem leider nicht weiter, also aus mit dem Kasten und nachgedacht. Warum sind bei den neu gekauften Bleistiften eigentlich auch angeknabberte Exemplare? Das sollte in Zukunft besser abgestellt werden, wenn die Hersteller mich als Kunden behalten wollen.

Ein Blick auf die Uhr zeigt mir das gnadenlose Fortschreiten der Zeit. Wen könnte ich jetzt noch fragen? Mein Lektor will die Geschichte noch heute lesen. Nur habe ich keine Geschichte, schon gar keine humorvolle. Ich beschließe, dem Ganzen eine schlüpfrige Note zu geben.