Im Herzen die Gier (Furien-Trilogie Band 3) - Elizabeth Miles - E-Book

Im Herzen die Gier (Furien-Trilogie Band 3) E-Book

Elizabeth Miles

4,4

Beschreibung

Die Temperaturen sind mild in Ascension, der idyllischen Kleinstadt, die Fehler nicht verzeiht. Doch der Frühling bringt kein neues Leben, sondern drückt gierig wuchernd alles nieder, was sich den Rachegöttinnen entgegenstellt. Der Albtraum, den Emily Winters seit Monaten durchlebt, scheint kein Ende zu nehmen. Noch immer treiben die drei Furien ihr tödliches Spiel mit den Bewohnern von Ascension - und sie hassen es, zu verlieren. Obwohl sie erbittert gegen den Einfluss der Rachegöttinnen kämpft, wird Emily ihnen immer ähnlicher. Und ihr bleiben nur noch wenige Tage bis zu ihrer endgültigen Verwandlung. Dunkle Visionen haben den geheimnisvollen Crow fest im Griff. Steht er auf Emilys Seite oder auf der der Furien? JD erkennt endlich, dass er Emily noch immer liebt, und tut alles, um sie zu retten. Doch begreift er wirklich, worauf die Racheschwestern aus sind? Wir alle tun Dinge, die uns irgendwann leidtun - aber manche büßen mehr als andere. "Im Herzen die Gier" ist der langerwartete Abschlussband der Jugendbuch-Trilogie von Elisabeth Miles über Rache, Furien und Liebe. Ein spannender Mystery-Thriller, der Mythologie mit Mord verbindet. Die beiden Vorgängertitel lauten "Im Herzen die Rache" und "Im Herzen der Zorn".

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Prolog

Crow spürte die Vision, als er ohne Scheinwerferlicht aus Ems Einfahrt fuhr. Wenn er sich beeilte, würde er vielleicht bis nach Hause kommen, bevor sie ihn erreichte. Langsam gewöhnte er sich an dieses Gefühl, das nach und nach in sein Hirn drang, an das Kribbeln und den darauffolgenden stechenden Schmerz, wenn die seltsamen Bilder Besitz von ihm ergriffen. Nur dass die Visionen in letzter Zeit schlimmer wurden, quälender. Im Moment fühlte es sich an, als klemmte sein Kopf in einem Schraubstock. Die Straße verschwamm vor seinen Augen.

Er würde es nicht schaffen.

Ungefähr zwei Kilometer von Ems Haus entfernt hielt er am Straßenrand. Es war eine mondlose Nacht und der Wald erhob sich wie eine schwarze Wand vor den Autofenstern. Crow atmete tief durch, während er das Lenkrad des Pick-ups fester umklammerte. Explodierender Schmerz in seinem Kopf. Sterne. Bunte Farben.

Sie kam. Gleich, jeden Moment …

Drea war tot. Er konnte es noch immer nicht fassen. Sie war in einem Feuer ums Leben gekommen. Crow hatte irgendwie gewusst, dass das passieren würde. Genau wie er gewusst hatte, dass der Außenseiterin der Schule, Sasha Bowlder, etwas Schlimmes zustoßen würde … und dass hier in Ascension etwas viel Schlimmeres unter der Oberfläche brodelte.

Em steckte in Schwierigkeiten, so viel hatte er ihr gerade in ihrem Zimmer erzählt. Crow versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen, wie bestürzt sie ausgesehen hatte, wie schmal und blass, und wie gerne er sie in den Arm genommen hätte. Aber er hatte bloß wiederholt, was Drea ihm gesagt hatte: Du bist dabei, eine von ihnen zu werden.

Em musste es einfach erfahren. Drea hatte erfolglos versucht, Emily Winters davor zu bewahren, sich in eine Furie zu verwandeln. Stattdessen war sie selbst in der Turnhalle der Ascension Highschool verbrannt.

Der Brandgeruch schien ihm überallhin zu folgen. Crow hatte das Gefühl, er schnürte ihm die Luft ab, presste seine Lunge zusammen – er musste ins Freie. Mit einem Schwung öffnete er die Fahrertür, deren rostiges Quietschen durch den Wald schallte.

Unter seinen Stiefeln knirschte feiner Schotter, als er auf die Straße trat, und sein Kopfschmerz vervielfachte sich und ließ ihn rückwärtsstolpern, bis er sich mit den Händen an der Ladefläche des Pick-ups abstützen konnte. Er schloss die Augen und lehnte sich zurück, kam nicht gegen das Schwindelgefühl an.

Spiegel. Spiegel vor ihm, hinter ihm, überall um ihn herum. Doch es ist nicht sein eigenes Spiegelbild, das er darin sieht. Es ist Em. Die schöne, intelligente Em wirbelt da im Kreis herum. Sie tanzt vor sich hin, aber sie ist nicht sie selbst. Es ist ein anderes Mädchen – mit zarten Gliedmaßen, schwarzbraunem Haar und Wimpern wie winzige Federn. Aber nicht Em. Sie sehen fast gleich aus, doch irgendetwas stimmt nicht mit ihr.

Crow merkte, wie ihm die Knie weich wurden und dann wegsackten. Auf allen vieren rang er nach Atem, während sich kleine scharfe Steinchen in seine Handflächen bohrten. Rauch. Er roch Rauch. Meinte, daran zu ersticken.

Begleitet von einem schrillen Schrei zerspringt das Glas. Überall ist Rauch, raubt ihm den Sauerstoff. Aus den Scherben erheben sich mit stummem Flügelschlag drei Krähen und entschwinden in die Nacht.

Crow keuchte, als die Vision ihn in einer letzten Hitzewelle zurückließ. Während er zitternd auf die Beine kam und sich den Splitt von den Händen wischte, drang glasklar ein Gedanke aus all dem Rauch und Chaos in seinen Kopf: Ich muss sie beschützen.

Erster Akt

Schlaflos oder

Kapitel 1

Es passierte so schnell. Ein kleiner Funkenregen sprühte aus der Fassung. JD zog rasch die Hand weg, allerdings nicht rasch genug; Schmerz durchzuckte seine Finger und die Hitze jagte ihm eine Gänsehaut den Arm hinauf. Verflixt. Er pustete sich auf die Hand und schüttelte sie vor der Brust. Das gibt bestimmt eine Narbe.

Er starrte auf die Stelle zwischen Motorhaube und Scheinwerfer und prägte sich ein, wie er die neue Glühlampe drehen musste, um sie richtig einzusetzen– idealerweise ohne sich dabei die Fingerspitzen zu verbrennen. Diese Birnchen waren empfindlich und man hantierte besser nicht allzu lange damit herum, bevor man sie einschraubte, sonst waren sie innerhalb weniger Tage schon wieder durchgebrannt. In letzter Zeit fiel es ihm schwer, vorsichtig zu sein; er hatte das Gefühl, alles, was er anfasste, kaputt zu machen.

Heute Morgen war es besonders schlimm. Schon seit einer Stunde stand er über den Mustang gebeugt und friemelte unter der Motorhaube an dieser Halterung herum, doch in Wirklichkeit genoss er einfach die Stille beim Schrauben. Ungeachtet des feuchtkalten Frühlingsmorgens hatte er nackte Arme und seine Jeans war mit schwarzen Flecken übersät. Er wusste, dass er bald hineingehen und sich umziehen musste. So ölverschmiert konnte man schließlich nicht auf einer Beerdigung erscheinen. Aber er schob es auf, so lange er konnte.

»JD? JD, mein Schatz, meinst du nicht, es ist an der Zeit hereinzukommen?« Die sanfte Stimme seiner Mutter schwebte zögerlich hinaus auf die Einfahrt. Er blickte nach unten und merkte, dass er schon wer weiß wie lange reglos den Schraubenzieher umklammerte. Er warf ihn mit Wucht in den Werkzeugkasten, wo er mit einem lauten Scheppern landete. Während er die Hand abwechselnd zur Faust ballte und wieder öffnete, steuerte er auf das Haus zu. Offensichtlich ließ es sich nicht länger hinauszögern.

Wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben war er unzufrieden mit der Kleiderauswahl in seinem Schrank: zu viele Farben und Muster, viel zu viel verrücktes Zeug. Nicht ein einziges ordentliches Hemd, nicht eine Krawatte, auf der keine Sonnenbrillen, Schildkröten oder sonst etwas Albernes prangten. Besaß er denn wirklich gar nichts, das er zu Drea Feiffers Trauerfeier anziehen konnte?

Er würde sich etwas aus dem Kleiderschrank seines Vaters borgen müssen. Sein Dad war viel größer als er und JD würde aussehen wie ein kleiner Junge, der sich verkleidet hatte. Dabei fühlte er sich ohnehin schon, als spielte er eine Rolle– ungefähr so, als versuchte er, das Leben eines anderen zu führen. Jede Sekunde rechnete er damit, aufzuwachen und festzustellen, dass die Woche seit dem Frühjahrsfest und dem Feuer, das die Turnhalle der Ascension Highschool verschlungen hatte, ebenso Einbildung war wie Dreas Tod.

Eine Woche. Eine Woche im Schwebezustand, voller Albträume und Schuldgefühle. Eine Woche, seit er Em aus Rauch und Flammen gerettet hatte– und Drea dabei zurücklassen musste. Ein Schauer schlechten Gewissens lief ihm den Rücken hinunter. Er riss die Schranktür auf und versuchte, sich auf die Seidenkrawatten seines Dads– in sämtlichen Varianten von Schwarz, Blau, Braun und Grau– zu konzentrieren.

Nach dem Unglück war die Schule zwei Tage lang geschlossen geblieben, und auch als sie wieder aufgemacht hatte, war Em nicht zum Unterricht zurückgekehrt. »Sie wird sich den Rest der Woche Zeit nehmen und dann mal sehen, wie sie sich fühlt«, hörte JD Ems Mom, Susan Winters, eines Abends zu seinen Eltern sagen. In der Schule grassierten die wildesten Gerüchte: Ems Lunge sei durch die Rauchvergiftung dauerhaft geschädigt. Sie hätte sich in dem Feuer schreckliche Brandverletzungen zugezogen und bliebe für immer entstellt. Die Ärzte hätten Ems schöne lange Haare abschneiden müssen, um die Brandblasen auf ihrem Kopf und an ihrem Hals behandeln zu können.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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