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Verdammt! Als Emma Foresta zur Hochzeit ihrer besten Freundin Diana eingeladen wird, rechnet sie mit allem, nur nicht damit, dass sie ihrem Erzfeind aus Jugendzeiten über den Weg läuft: Mario Torriani, dem Bruder der Braut. Noch weniger erwartet sie, dass sie sich plötzlich nach dem Mann, der sie ihr halbes Leben lang gehänselt und aufgezogen hat, verzehrt wie nach der Luft zum Atmen …
Emma traut sich selbst nicht mehr über den Weg. Steigt ihr die Hochzeit zu Kopf? Was ist in sie gefahren? Oder kann es sein, dass sich Mario nach all den Jahren tatsächlich geändert hat und ihr Traummann zum Greifen nah ist? Ihr Körper vertraut ihm merkwürdigerweise, während ihr Verstand rebelliert.
Aber manchmal findet man die große Liebe ausgerechnet zu einer Zeit und an einem Ort, wo man sie am wenigsten erwarten würde …
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Originalausgabe
Juni 2013
4. überarbeitete Auflage
August 2017
In deinen Armen
Philippa L. Andersson
Copyright: © Philippa L. Andersson, 2013, Berlin, Deutschland
Umschlagfotos: © iStock.com/VioletaStoimenova, © iStock.com/Vital Paplauski, © iStock.com/Seb Chandler und © iStock.com/michieldb
Umschlaggestaltung: Philippa L. Andersson
Lektorat: Mona Gabriel, Leipzig, Deutschland
Korrektorat: Laura Gosemann, Berlin, Deutschland
Philippa L. Andersson vertreten durch:
Sowade, Plantagenstraße 13, 13347 Berlin, Deutschland
www.facebook.com/PhilippaLAndersson
www.philippalandersson.de
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Klappentext
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Über die Autorin
Philippa L. Andersson
In deinen Armen
Verdammt! Als Emma Foresta zur Hochzeit ihrer besten Freundin Diana eingeladen wird, rechnet sie mit allem, nur nicht damit, dass sie ihrem Erzfeind aus Jugendzeiten über den Weg läuft: Mario Torriani, dem Bruder der Braut. Noch weniger erwartet sie, dass sie sich plötzlich nach dem Mann, der sie ihr halbes Leben lang gehänselt und aufgezogen hat, verzehrt wie nach der Luft zum Atmen …
1997
»Wir werden sterben!«, jammerte Diana und klammerte sich fester an ihre beste Freundin Emma. Blitz und Donner verwandelten die Dreizehnjährigen wieder in zwei kleine Mädchen. Sie waren bis auf die Knochen durchnässt und zitterten. Außerdem hatten sie sich verirrt.
»Ganz bestimmt nicht!«, schnaubte Emma und straffte ihre Schultern. Wenn ihre beste Freundin die Rolle des Angsthasen spielte, dann musste sie stark bleiben. Was war schon so ein bisschen Donner? »Hier entlang!«, befahl sie. Sie mussten entweder einen Unterschlupf finden oder so schnell wie möglich aus dem Wald heraus. Wie sie nach Hause kämen, könnten sie sich dann immer noch überlegen.
Atemlos irrten sie weiter durch dunkles Niemandsland. Bis Emma ungläubig blinzelte und stehen blieb. Ein Blitz durchzuckte den Wald taghell. Vor ihnen stand ein Bretterverschlag, eine unbewohnte Hütte mit eingefallenem Dach. Unter diesen Umständen kam es Emma vor wie das Paradies auf Erden. Das war es, wonach sie gesucht hatten: Sicherheit.
»Ahhh!« Wieder kreischte Diana. Dann entdeckte auch sie die Hütte. Sie löste sich von Emma und stolperte mit neuer Kraft auf die rettende Insel zu.
»Nicht so schnell!« Doch Emmas Warnung kam zu spät. Diana rutschte auf dem überschwemmten Boden aus und fiel der Länge nach hin. »Komm schon, Diana, steh auf! Es ist nicht mehr weit.«
Diana schüttelte den Kopf. Fehlte ihr etwas? Außer warmer Kleidung und vielleicht etwas zum Essen?
Emma kniete sich neben sie. »Mach schon, Diana! Das schaffst du locker!« Sie griff ihr unter die Arme, doch Diana weigerte sich mitzumachen. »Oder willst du hier draußen übernachten?« Langsam wurde Emma sauer. Nach dem heißen Sommertag hatten sich die ersten Regentropfen auf ihrer Haut angenehm kühl angefühlt. Eigentlich mochte sie Gewitter, die Energie, die Luft, die Geräusche, den Wind. Mittlerweile jedoch war sie komplett durchnässt und fror ganz furchtbar. Ihre Sachen standen vor Dreck, und das einzig Gute war, dass ihre wilde rote Lockenmähne dem Regen nicht standgehalten hatte und ihre Haare nun nass und schwer nach unten hingen. In der Dunkelheit versuchte sie zu erkennen, was Diana fehlte, und ignorierte ihren eigenen schmerzenden Arm. Irgendetwas musste sie getroffen haben. Aber sie durfte jetzt nicht verzagen, sie musste positiv denken! Und das wäre verdammt noch mal leichter, wenn sie ein Dach über dem Kopf hätte und Diana endlich einmal auf sie hörte.
Wieder schlug ein Blitz ein. Dieses Mal so nah, dass Emma zusammenzuckte. Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen. Sie durfte nicht auch noch panisch werden. Sie mussten nur zu der verlassenen Hütte. Wenige Meter. Kinderleicht für jede Dreijährige, und sie war ja schon Dreizehn.
Na also!
Entschlossen öffnete sie ihre Augen und hielt den Atem an. Plötzlich stand nicht weit von ihnen entfernt – wie aus dem Nichts – eine dunkle Gestalt. Das Blut rauschte in Emmas Adern.
»Sei still!«, murmelte sie Diana zu.
Im Schutz der Nacht bewegte sich jemand, und Emmas Herz raste. Suchtrupps hätten doch Taschenlampen und würden nicht alleine gehen. Das war nicht gut.
Instinktiv schob sich Emma schützend vor Diana und tastete blind auf dem Boden nach einem geeigneten Stein, um sich zu wehren. Den Fremden ließ sie dabei nicht aus den Augen. Sie bekam einen mittelgroßen Brocken zu fassen und umschloss ihre einzige Waffe fester.
Der Fremde entdeckte die Mädchen und hielt kurz inne. Irgendetwas an ihm kam Emma vage bekannt vor. Dann kam er zielstrebig näher. Emma verlor keine Zeit damit zu prüfen, wer er war. Mit aller Kraft schleuderte sie den Stein gegen ihren Angreifer.
Der Mann vor ihr stöhnte überrascht, ließ sich jedoch nicht aufhalten. »Emma Foresta, mach nur weiter so und handel dir noch mehr Ärger ein!«
Kein Blitz der Welt hätte Emmas Herz plötzlich so schnell schlagen lassen wie diese Stimme. Unter der Regenkapuze funkelten zwei dunkelblaue Augen verärgert. Ein dunkler Tropfen, der nur Blut sein konnte, lief von der Augenbraue langsam über das so vertraute Gesicht.
Oh Mist! Nun steckte Emma wirklich in der Klemme. Sie hatte Dianas Bruder Mario eine verpasst.
Als wäre das alleine nicht schlimm genug, spielte das Wetter nun völlig verrückt. Hagel setzte ein, und Mario beeilte sich, seine kleine Schwester hochzuheben und sie ohne weiteren Kommentar in die trockene Sicherheit der Hütte zu tragen. Emma wartete, unfähig, sich von der Stelle zu rühren. Ihre Knie waren weich, ihre Hände zitterten und die eisigen Hagelkörner taten weh. Warum kam er sie nicht auch holen? Hatte er sie vergessen? Oder ging es Diana nicht gut?
Zögerlich schleppte sie sich ebenfalls in die Hütte.
Marios Standpauke war noch nicht zu Ende. »Ihr beide seid echt die schlimmsten zwei Rabauken auf der ganzen Welt. Wie konntet ihr nur alleine hier unterwegs sein! Wisst ihr nicht, was draußen alles passieren kann? Warum habt ihr nicht bemerkt, dass ein Unwetter aufzieht?! Es geschieht euch eigentlich ganz recht, dass ihr jetzt herumheult. Ich sollte euch beide übers Knie legen!«
Während Mario schimpfte, straften seine Taten die Worte allerdings Lügen. Sein Regencape lag auf dem Boden. Ohne auf Dianas halbherzige Proteste einzugehen, zog er seiner Schwester erst die nassen Sachen aus, um ihr dann seinen Pullover über den Kopf zu stülpen. Sie schluchzte immer noch.
Emma stand in der Tür, und ihre Füße rührten sich nicht von der Stelle. Wie hypnotisiert verfolgte sie jeden Handgriff von Mario und fühlte, wie das Brennen auf ihrer Haut, das sie nicht verstand, zunahm. Seine ganze Konzentration lag auf dem blonden Engel vor ihm. Emma existierte für ihn nicht, und das störte sie plötzlich ungemein. Wütend ballte sie die Fäuste. »Dann hau doch ab, Mario! Es hat dich keiner gebeten, hier den Retter zu spielen! Wir kommen schon alleine klar. Wir sind erwachsen! Spiel dich bloß nicht so auf!«
***
»Ich zeig dir gleich mal, wie ich mich aufspie–!« Mario hatte sich umgedreht. Die Standpauke galt eindeutig beiden Mädchen, und wenn Emma noch nicht wusste, wie viel Mist sie gebaut hatten, dann wurde es Zeit.
Nun blieben ihm die Worte im Hals stecken. Emma sah blass aus und zitterte am ganzen Körper. Ihr nasses Sommerkleid ließ selbst im Dunkeln ihren Körper erkennen, der sich innerhalb der letzten Monate langsam zur Frau entwickelt hatte. Hüften deuteten sich an, ihre Brüste wölbten sich leicht und ihre Brustwarzen waren klein und hart. Ihre grünen Augen funkelten kämpferisch. Doch sie kaute unsicher auf ihrer Unterlippe herum. Mario fuhr sich durchs Haar und bemerkte irritiert, wie ihr Blick der Geste folgte. Mit ruhigen Bewegungen löste er sich von seiner Schwester.
»Mario Torriani, wehe, du lässt uns hier alleine. Das erzähl ich alles Mama!« Diana klammerte sich enger an Mario und bekam Schluckauf.
»Pscht, ist ja gut, Diana, alles ist in Ordnung, ich verrate euch nicht.« Beruhigend wiegte er seine Schwester im Arm. Als könnte er sie jetzt alleine lassen, als würde er je zulassen, dass ihr etwas passierte! »Ich schau nur mal nach deiner besten Freundin. Ich geh nicht weg, versprochen.« Wieder löste er seine Arme, und dieses Mal ließ Diana ihn. Er stand auf, und endlich erwachte Emma aus ihrer Starre.
»Ich komm alleine klar.« Sie wandte sich ab und suchte sich ein trockenes Plätzchen. Blitze flackerten draußen, und der Donner ließ den Boden beben.
»Für eine Dreizehnjährige bist du ganz schön mutig.« Leise setzte sich Mario neben Emma und starrte ebenso in den Regen. Dann schwieg er.
Nach einer Weile drehte sie den Kopf und schaute ihn mit großen Augen an. Und was für Augen! In fünf Jahren würde sie allen Männern den Kopf damit verdrehen. Dazu diese süßen Sommersprossen und dann diese bezaubernden Lippen, die vor Kälte bebten. Mario ertappte sich dabei, wie er sie ansah, zum ersten Mal, seit er sie kannte, und wie er sie ebenfalls eng an sich drücken wollte, wie seine Schwester. Und doch anders, ganz anders. Er musste verrückt geworden sein! »Emma, du bist auch vollkommen nass.« Er seufzte. »Los, auch ausziehen!«
»Spinnst du?« Emma verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, und Mario hätte schwören können, dass sie rot wurde.
»Emma?« Sein Ton klang warnend. »Das Kleid ist eh durchsichtig.«
Nun zog sie ihre Knie ans Kinn.
Definitiv die falschen Worte.
»Tu, was er sagt!«, mischte sich Diana schläfrig ein. »Nicht dass du krank wirst!«
Emma knurrte.
»Ich kuck auch nicht hin, versprochen.« So gut, wie es eben ging. Mario würde ihr alles erzählen, um sie aus dem nassen Fetzen herauszubekommen.
»Wehe!«, formten ihre Lippen als beinahe lautlose Warnung. Dann schloss er wie versprochen die Augen und überließ sich den Geräuschen der Nacht. Er hörte ihren keuchenden Atem, die schmatzenden Geräusche ihrer Schuhe, das Poltern, als sie sie auszog, das Tapsen ihrer nackten Füße auf dem Boden. Mit einem nassen Platsch landete ihr Kleid unten, und ihr süßer Duft wirbelte zu ihm. Nun zog Mario sein Shirt aus und fühlte blind Emmas Hand, die nach seinem Hemd griff. Wieder raschelte Stoff, als sie es anzog.
»Besser?«
»Besser«, antwortete Emma so leise, dass er sie kaum über den Regen hinweg hörte. Er öffnete die Augen und betrachtete sie. Mit gesenktem Blick nickte sie und wickelte sich enger in den noch warmen Stoff. Dabei schonte sie ihren Arm. Hatte sie da was?
»Zeig mal her!« Dieses Mal lief sie nicht weg, als er nach ihr griff. Er fühlte die Kratzer auf ihrer Haut, aber sie waren zum Glück nicht tief. Und er spürte ihren stummen Blick auf sich. Tat er ihr weh? Fehlte ihr etwas? Emmas Haut fühlte sich kalt an unter seiner Berührung, und er schloss sie besorgt in seine Arme. Sie erstarrte kurz überrascht, dann legten sich unerwartet zwei kühle Hände um seinen Nacken. Aus einer kurzen Umarmung wurde mehr, und er konnte sich nicht dazu bringen, sie loszulassen, nicht bis sie wenigstens aufhörte zu zittern. »Wir alle sollten versuchen, ein bisschen zu schlafen.«
Mario hob Emma hoch. Er legte sich mit ihr zu seiner Schwester, die sich erschöpft an ihn kuschelte und einschlief. Emma war noch wach, und ihr Herz raste direkt an seinem, obwohl sie sich nicht rührte.
***
»Schlaf, Bella …« Marios Lippen hauchten einen Kuss auf Emmas Stirn.
Jetzt erst recht nicht! Am liebsten wäre ihm Emma direkt unter die Haut gekrochen. Wie hypnotisiert fuhr ihr Finger über seine verletzte Augenbraue. Warmes Blut klebte zwischen ihren Fingerspitzen. Sein Atem streifte ihre Haut, und seine dunklen Augen tasteten ihr Gesicht ab, sodass es erneut glühte. Irgendetwas war gerade nicht normal, und so faszinierend sie es auch fand, es machte ihr gleichzeitig Angst, weil sie spürte, dass es alles ändern könnte. »Lass mich los, Mario! Bitte.«
Marios Hände fuhren im Dunkeln über ihre Arme und Beine. »Dir ist ja immer noch ganz kalt!« Anstatt sie loszulassen, zog er sie seufzend enger an sich. »Versuch, ein wenig zu schlafen, Emma!«
Aber wie sollte sie das, wenn etwas in ihr unter dieser Berührung erwachte? Wenn alles in ihr mehr wollte und sie keine Ahnung hatte, was ihr dieses Gefühl sagen wollte? Emma fühlte sich ganz anders, als wenn sie sich an ihre Eltern schmiegte. Diese Nähe zu Mario beruhigte sie nicht, sondern ließ ihr Herz schneller schlagen und ihren Bauch komisch kribbeln.
Mit einem unwirschen Laut drehte sie sich auf die Seite. Sie wollte Mario nicht mehr sehen, und wenn er sie schon nicht losließ, so brauchte sie zumindest etwas Abstand. Doch das Gegenteil passierte. Sie spürte seinen Bauch an ihrem Rücken, und Marios Arm umschlang sie und lag wärmend auf ihrer Hüfte. Allmählich setzte sich die Müdigkeit durch, und im Halbschlaf zog sie seine Hand näher an ihre Brust. Das deutliche Zögern machte sie wieder schlagartig wach. Sie spürte, wie sein Körper angespannt in ihrem Rücken verharrte. Als würden sie beide auf etwas warten.
Donner grollte erneut, und Emma zuckte zusammen und konnte sich ein Schniefen nicht verkneifen. Mario hörte es. Sein Daumen strich über ihre Wange, so vorsichtig, als könnte sie zerbrechen. »Fass mich nicht an!«, blaffte Emma und wunderte sich selbst über ihren unwirschen Ton.
Hinter ihr seufzte Mario leise. Sie spürte es an der Luft, die warm in ihren Nacken blies. »Du bist noch so jung, Emma. Du verstehst gar nichts von dem, was gerade passiert.«
Sofort wollte Emma protestieren. Sie war immerhin schon dreizehn! Doch Marios Finger legte sich auf ihre Lippen, und plötzlich brannten sie. Sie wollte ihren Mund öffnen und mit ihrer Zungenspitze seine Haut berühren. Aber das hatte sie Erwachsene noch nie machen sehen. Alles war so anstrengend und verwirrend!
»Vertrau mir, Emma. Versuch zu schlafen. Bitte.« Marios Lippen flüsterten jedes Wort leise in ihr Ohr, und Emma verstand, dass sie kurz davor war, eines der Geheimnisse der Erwachsenenwelt zu lüften. Es fühlte sich gut an und beruhigte sie plötzlich. Die Aufregung der letzten Minuten ebbte langsam ab, und sie spürte die Müdigkeit bleischwer in ihren Knochen.
»Okay«, flüsterte sie. Aber nach meinen Regeln, ergänzte sie trotzig im Stillen. Langsam verschränkte sie ihre Finger mit seinen und zog seine Hand dahin, wo sie sie schon die ganze Zeit haben wollte, näher an sich, an ihre Brust. Sie schmiegte sich egoistisch enger an Mario und deckte sich mit seinem Körper zu. Was auch immer das war, sie wollte es. Die Art und Weise, in der Marios Arm sie an sich drückte und er seinen Kopf an ihren hielt, sagte ihr, dass er es auch spürte und es nicht halb so falsch sein konnte, wie er ihr weismachen wollte.
Das Gewitter ebbte langsam ab, und als schließlich nur noch Regen gleichmäßig auf das Dach tropfte, schlief Emma ein. Sie wusste nicht, dass in dieser Nacht etwas ganz Besonderes geschehen war. Ab sofort würde Mario alles tun, um dieses kleine dreizehnjährige Mädchen auf Abstand zu halten.
2012
»Du musst kommen, Emma. Bitte, bitte, bitte! Keine Ausrede der Welt lass ich gelten. Zu einer perfekten Hochzeit gehörst auch du.«
Monatelang hatte Diana Emma per Telefon belagert. Seit beide Freundinnen beruflich getrennte Wege eingeschlagen hatten, sprachen sie zwar weiterhin regelmäßig, sahen sich jedoch höchstens einmal im Jahr. Ein ganzer Ozean und unzählige Verpflichtungen trennten sie. Diana hatte in Italien Kunstgeschichte und Design studiert und ein eigenes Studio in Florenz eröffnet. Emma konnte ein Stipendium für das renommierte Massachusetts Institute of Technology in den USA, kurz MIT, ergattern und war nach Amerika ausgewandert. Mit Hartnäckigkeit und ziemlichem Glück schaffte sie es, sich danach im Silicon Valley zu etablieren – und das, obwohl sie nicht mit dem blond-braunhäutigen Kalifornien-Look, sondern Sommersprossen und widerspenstigen roten Haaren gesegnet war.
Vor gerade einmal vier Wochen hatte Emma endlich zugestimmt, nicht nur für drei Tage zur Hochzeit ihrer besten Freundin in die Toskana zu reisen, sondern auch noch die erste Brautjungfer für Diana zu spielen – aufgrund der knappen Zeit ohne die sonst üblichen Pflichten. Sie müsste sich nicht um den Brautschmuck kümmern, sie müsste keinen Junggesellinnenabschied organisieren, sie müsste einfach nur kommen. Okay, sie war überredet.
»Hier hat sich wirklich nichts verändert«, murmelte Emma und kurvte am Tag eins des Hochzeitswochenendes das letzte Stück Straße entlang. Die Gegend hatte ihren Zauber nicht verloren. Die weiße Sommervilla, wo sie früher ihre Ferien mit Diana verbracht hatte, thronte auf einer Felserhebung mit Blick auf die azurblaue Bucht, umsäumt von einem Blütenmeer aus Rosen, Oleander und Flieder und Terrassen voll wildem Wein. Es existierte also immer noch, das Stückchen Paradies auf Erden, mit dem sie so vieles verband.
Zum Anwesen von Dianas Familie gehörten Ställe für Pferde und Sportplätze. Direkt ans Haus schloss sich eine traumhaft schöne Poollandschaft mit verschiedenen Kanälen und Brücken an, die sich bis ins Untergeschoss des Hauses fortsetzte, sodass selbst im Winter, wenn das Meer zu rau stürmte, niemand aufs Schwimmen verzichten musste. Im Landhaus gab es mehrere Salons, die durch Flügeltüren miteinander verbunden waren. Bewirtschaftet wurde das Haus von Maria und Alfonso, die ein kleines Cottage auf dem Besitz bewohnten.
Emma lächelte und streckte sich kurz. Endlich ein paar Tage frei. Oder zumindest ein Tapetenwechsel. Urlaub hatte sie nämlich nicht. Ihr Laptop lag auf dem Beifahrersitz, und ihr Blackberry klemmte dazwischen. Der einzige Grund, warum gerade Ruhe herrschte, war die Zeitverschiebung. Wenn hier Vormittag war, so gingen in Kalifornien langsam die Lichter aus und der Arbeitstag war zu Ende.