In deutschen Gefängnissen - Walter Brendel - E-Book

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Walter Brendel

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Beschreibung

Gefängnisse – oder "Knäste", wie deren "Bewohner" sagen – sind eine geschlossene Gesellschaft. Aus ihnen dringt im Allgemeinen wenig nach draußen. Daher und auch angesichts fehlender "Tage der offenen Tür" haben viele Menschen nur eine vage Vorstellung davon, was sich hinter den Mauern deutscher Anstalten tatsächlich abspielt. Stattdessen wird der Eindruck vom Strafvollzug in der Öffentlichkeit durch Serien geprägt. Dabei handelt es sich allerdings durchweg um Formate, die im Ausland spielen und mit der hiesigen Vollzugsrealität wenig zu tun haben. Eine gewisse Popularität hat hierzulande zudem die Seifenoper "Hinter Gittern – Der Frauenknast" erlangt, die von 1997 an fast zehn Jahre lang bei RTL ausgestrahlt wurde und immer noch in Wiederholungen läuft. Dass auch sie ein gutes Stück von der Wirklichkeit entfernt ist, zeigt sich schon daran, dass sie in einem Frauengefängnis spielt. Denn die Normalität des Strafvollzugs ist in Deutschland maßgeblich von den großen Anstalten für Männer bestimmt. Geschehnisse aus dem Gefängnisalltag gelangen meist nur dann ans Tageslicht, wenn sie echte oder auch nur vermeintliche Missstände betreffen: Skandalisiert werden etwa ein Leben in scheinbar luxuriösen Anstalten, Selbstmorde und Gewalt unter Gefangenen sowie Rückfälle nach einer Entlassung. All das wird gemeinhin mit einem verständnislosen Kopfschütteln quittiert.

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Walter Brendel

In deutschen Gefängnissen

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:      © Copyright by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

Inhalt

Einführung

Erster Abschnitt: Offener und geschlossener Vollzug und Sicherungsverwahrung

Zweiter Abschnitt: Die Unterschiede bei der Ersatzfreiheitsstrafe

Dritter Abschnitt: Frauen und Männer in der JVA Köln

Vierter Abschnitt: Sexualtäter, Altersverbrecher und Jungtäter

Quellen

Einführung

Gefängnisse – oder "Knäste", wie deren "Bewohner" sagen – sind eine geschlossene Gesellschaft. Aus ihnen dringt im Allgemeinen wenig nach draußen. Daher und auch angesichts fehlender "Tage der offenen Tür" haben viele Menschen nur eine vage Vorstellung davon, was sich hinter den Mauern deutscher Anstalten tatsächlich abspielt. Stattdessen wird der Eindruck vom Strafvollzug in der Öffentlichkeit durch Serien wie "Bad Girls", "Wentworth", "Orange Is the New Black", "Prison Break" oder "Oz – Hölle hinter Gittern" geprägt. Dabei handelt es sich allerdings durchweg um Formate, die im Ausland spielen und mit der hiesigen Vollzugsrealität wenig zu tun haben.

Eine gewisse Popularität hat hierzulande zudem die Seifenoper "Hinter Gittern – Der Frauenknast" erlangt, die von 1997 an fast zehn Jahre lang bei RTL ausgestrahlt wurde und immer noch in Wiederholungen läuft. Dass auch sie ein gutes Stück von der Wirklichkeit entfernt ist, zeigt sich schon daran, dass sie in einem Frauengefängnis spielt. Denn die Normalität des Strafvollzugs ist in Deutschland maßgeblich von den großen Anstalten für Männer bestimmt.

Geschehnisse aus dem Gefängnisalltag gelangen meist nur dann ans Tageslicht, wenn sie echte oder auch nur vermeintliche Missstände betreffen: Skandalisiert werden etwa ein Leben in scheinbar luxuriösen Anstalten, Selbstmorde und Gewalt unter Gefangenen sowie Rückfälle nach einer Entlassung. All das wird gemeinhin mit einem verständnislosen Kopfschütteln quittiert.

Historisch betrachtet, hat der Strafvollzug in Europa die öffentliche Hinrichtung abgelöst. Global betrachtet kommt es jedoch auch in den Strafvollzugsanstalten zahlreicher Länder noch immer zum Vollzug der Todesstrafe.

Weltweit variieren nicht nur die äußeren Bedingungen bei der Haft, einschließlich Überbelegung, Zugang zu sanitären und medizinischen Einrichtungen sowie Fortbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, sondern auch die Ermessensspielräume des Personals beim Verhängen von zusätzlichen Strafen wie Isolationshaft.

Eklatant ist der Unterschied zwischen der Anzahl der männlichen und der weiblichen Inhaftierten aller Art. Während sich nach der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 unter den Tatverdächtigen aller Straftaten immerhin noch rund ein Viertel Frauen befindet (24,8 Prozent), sind es unter den Strafgefangenen nur 6 Prozent. Salopp formuliert: je schwerer die Straftat, desto geringer der Anteil der Frauen. Sonderregelungen gibt es in einigen Bundesländern für Schwangerschaft, Geburt und die Zeit nach der Entbindung. Zudem werden in einigen Anstalten sogenannte Mutter-Kind-Einrichtungen betrieben, in denen Frauen gemeinsam mit ihren kleinen Kindern aufgenommen werden können.

Auf eine weitere spezielle Insassengruppe zielen Anstalten für ältere Gefangene, die in verschiedenen Bundesländern vorhanden sind. Für sie besteht ein wachsender Bedarf, da die Zahl derjenigen im Strafvollzug oder in Sicherungsverwahrung, die 60 Jahre und älter sind, zwischen den Jahren 2000 und 2020 von 1.282 auf 2.247 angestiegen ist. Der Sinn dieser gesonderten Einrichtungen liegt zum einen darin, die Senioren vor den Zumutungen durch junge Gefangene im oft rauen Knastalltag zu schützen, zum anderen aber auch in den besonderen Anforderungen, die eine Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit im Rentenalter mit sich bringt.

Zudem bevölkert eine quantitativ beachtliche Zahl an Personen die Justizvollzugsanstalten, obwohl sie nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind: die sogenannten Ersatzfreiheitsstrafler (EFSler). Vorangegangen ist in diesen Fällen die Verurteilung zu einer Geldstrafe, die häufig bis zu 90 Tagessätze beträgt und in der Regel auf leichtere Vergehen wie etwa geringe Eigentumsdelikte oder "Schwarzfahren" zurückzuführen ist. Wenn die Täter den entsprechenden Betrag nicht aufbringen können oder wollen, droht ihnen besagte Ersatzfreiheitsstrafe, wobei ein Tagessatz Geld- zu einem Tag Freiheitsstrafe führt.

Die Problematik der Ersatzfreiheitsstrafe liegt auf der Hand. Hier haben es die Justizvollzugsanstalten mit einer besonderen, vielfach belasteten Klientel zu tun. Wegen der Kürze ihres Aufenthalts kann auf diese Gefangenen kaum sinnvoll eingewirkt werden. Dessen ungeachtet produziert der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe enorme Ausgaben. So gibt etwa Baden-Württemberg die Nettokosten eines Gefangenen einschließlich der Bauinvestitionen mit immerhin 130,38 Euro je Hafttag an. Programme, diese Personen stattdessen zum Ableisten gemeinnütziger Arbeit zu bewegen, gibt es zwar, sind aber aus unterschiedlichen Gründen nicht immer von Erfolg gekrönt. Politischen Initiativen, die die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe fordern, wird mehrheitlich entgegengehalten, dass bei einem Verzicht die Geldstrafe an Schlagkraft und damit ihr Rückgrat verlöre. Unbefriedigend bleibt der Zustand allemal.

Als Ziel eines modernen Strafvollzuges gilt die gesellschaftliche Wiedereingliederung eines möglich hohen Anteils ehemaliger Gefängnisinsassen nach Beendigung der Haftzeit, bei einer möglichst geringen Rückfallquote.

Gegenstand des deutschen Strafvollzugs ist der Vollzug der gerichtlich verhängten Freiheitsstrafe. Vom Strafvollzug ist die Strafvollstreckung zu unterscheiden. Die Strafvollstreckung betrifft die gegebenenfalls zwangsweise Durchsetzung des gerichtlichen Strafausspruchs und ist nicht auf Freiheitsstrafen beschränkt. Zur Strafvollstreckung, die der Staatsanwaltschaft obliegt, gehören etwa die Ladung zum Strafantritt, der Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls, die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung usw. Zum Strafvollzug, für den die Justizvollzugsanstalt zuständig ist, gehören dagegen alle Maßnahmen, denen der Gefangene während seiner Freiheitsentziehung unterworfen ist. Zum Strafvollzug gehört im weiteren Sinne aber auch die Jugendstrafe ebenso wie die Ersatzfreiheitsstrafe. Keine Freiheitsstrafe ist die Ordnungs- oder die Erzwingungshaft (sogenannte Zivilhaft.) Es gelten für diese Haftform besondere Vorschriften beispielsweise bezüglich der Sicherheit. Vom Strafvollzug zu unterscheiden ist auch der Maßregelvollzug, der der fachgerechten Behandlung und sicheren Unterbringung von in der Regel schuldunfähigen oder vermindert schuldfähigen Straftätern dient.

In § 2 Satz 1 StVollzG ist als Vollzugsziel die Resozialisierung festgeschrieben. Häufig wird jedoch auch von Sozialisation gesprochen, da man annimmt, dass ein Teil der zu Freiheitsstrafe Verurteilten im Rahmen des Strafvollzugs erstmals mit den gesellschaftlich verbindlichen Normen vertraut gemacht wird. Darüber hinaus gehört zu den weiteren Aufgaben des Strafvollzugs der Schutz der Bevölkerung vor weiteren Straftaten (§ 2 Satz 2 StVollzG). Allerdings handelt es sich dabei nach herrschender Meinung nicht um ein gleichrangiges Ziel des Vollzugs. Vielmehr soll dadurch lediglich der Sicherungsaspekt der Freiheitsstrafe (negative Spezialprävention) als Minimal-Aufgabe des Vollzugs der Freiheitsstrafe zum Ausdruck gebracht werden. Die Berücksichtigung anderer Strafzwecke wie Schuldausgleich, Generalprävention etc. bei der Gestaltung des Vollzugs ist dagegen nach herrschender Meinung nicht zulässig.

Nach dem Angleichungsgrundsatz sollen die Verhältnisse innerhalb der JVA so weit es geht den Verhältnissen der Außenwelt angeglichen werden, etwa durch Arbeit, Freizeit und Ausbildung.

Nach dem Gegensteuerungsgrundsatz ist den schädlichen Folgen der Haft entgegenzuwirken, beispielsweise durch Besuche oder Vollzugslockerungen wie Ausgang, Freigang und Langzeitausgang.

Nach dem Wiedereingliederungsgrundsatz soll der Gefangene auf sein Leben nach der Haft vorbereitet werden, etwa durch Langzeitausgang zur Entlassungsvorbereitung (§ 15 StVollzG), Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes (§ 16 StVollzG), Hilfe zur Entlassung (§ 74 StVollzG) sowie Entlassungsbeihilfe (§ 75 StVollzG).

Nachdem die Verurteilung rechtskräftig geworden ist, kommt der Inhaftierte in eine Anstalt des offenen oder des geschlossenen Vollzuges. Das Leben im offenen Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen weit stärker angeglichen als im geschlossenen Vollzug. Die Insassen haben die Möglichkeit, sich innerhalb der Anstalten frei zu bewegen oder sogar eine eigene Wohnung in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus ist es möglich, die Wochenenden im familiären Umfeld zu verbringen, um soziale Kontakte zu sichern. Im offenen Vollzug ist nicht nur eine Arbeit innerhalb, sondern auch außerhalb der Anstalt möglich.[8] Des Weiteren haben Anstalten des offenen Vollzuges keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen. Auf Antrag können Insassen des offenen Vollzuges sogar ihrer Arbeit nachgehen oder Freigang erhalten. Während der Haft ist ein Wechsel zwischen beiden Einrichtungen möglich.

Das Strafvollzugsgesetz schreibt in § 10 StVollzG vor, dass ein Gefangener im offenen Vollzug untergebracht wird, wenn keine Befürchtung besteht, dass der Gefangene entweichen oder die besonderen Möglichkeiten missbrauchen würde. Die Kriterien zur Entscheidung, ob einem Gefangenen die Fähigkeit zur Einhaltung der Regeln zugetraut wird, sind je nach Bundesland unterschiedlich festgelegt.

War der Verurteilte zum Zeitpunkt der Verurteilung in Straf- oder Untersuchungshaft oder handelt es sich um einen Rückfalltäter, wird die Freiheitsstrafe meist im geschlossenen Vollzug vollstreckt. Wenn der Gefangene während der Haft als nicht fluchtgefährdet und nicht für die Gemeinschaft gefährlich eingeschätzt wird und an der Umsetzung des Vollzugsziels mitarbeitet, kann er in den offenen Vollzug verlegt werden. Auch eine Offenheit für pädagogische Bemühungen oder die Ersttäterschaft können eine Begründung für den offenen Vollzug sein.[8] Umgekehrt werden Gefangene in den geschlossenen Vollzug (zurück) verlegt, wenn sie Regeln missachten. Die Interpretation des im Strafvollzugsgesetz gegebenen Entscheidungsspielraums zeigt unter anderem in Abhängigkeit von politischen Grundeinstellungen eine erhebliche Bandbreite.

Im Jugendstrafvollzug gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, Jugendliche und Heranwachsende im Jugendstrafvollzug in freien Formen nach unterzubringen.

Zu Beginn des Strafvollzugs wird mit Beteiligung des Gefangenen eine Behandlungsuntersuchung nach § 6 StVollzG durchgeführt. Hier erfasst man das Verhältnis des Gefangenen zu seiner Tat bezüglich Schuldeinsicht und Erklärungsversuchen, zu den Lebensumständen vor der Tat und in der Sozialisation sowie seine Möglichkeiten und Grenzen der Resozialisierung während der Verbüßung.

Bei Gewalt- und Sexualstraftätern wird besonders gründlich verfahren, indem die psychische Verfassung und die Bedeutung eventuell vorhandener Persönlichkeitsdefizite für das Tatgeschehen und das Verständnis der Person mittels psychologischer Diagnostik beschrieben werden. Hierzu werden gegebenenfalls alle verfügbaren Informationsquellen herangezogen, insbesondere Urteil, Gutachten und Auszug aus dem Bundeszentralregister.

Dies mündet in einen Vollzugsplan, der den Verlauf der Haft bezüglich individueller Ziele skizziert (Arbeit, Ausbildung, schulische Bildung, Förderung sozialer Kontakte, Indikation psycho- oder sozialtherapeutischer Behandlung, Lockerungseignung etc.). Der Vollzugsplan wird regelmäßig fortgeschrieben, um Ziele und erforderliche Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Der Behandlungsauftrag des Strafvollzugs (§ 2, § 3, § 4 StVollzG) verlangt sowohl von den JVAen, Angebote der Behandlung anzubieten, als auch von dem Gefangenen, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuarbeiten.