Irland, Träume und ein CEO - Allie Kinsley - E-Book

Irland, Träume und ein CEO E-Book

Allie Kinsley

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Beschreibung

Zwischen seinem Job als CEO einer Trading-Gesellschaft und dem Schritt in die Selbstständigkeit möchte sich Aiven Kelly ein paar Wochen Auszeit in einer irischen, kleinen Küstenstadt gönnen. Doch schon bei seinem ersten wortwörtlichen Zusammenstoß mit Kiana läuft alles ganz anders als geplant. Ihr freches Mundwerk zieht ihn genauso an wie ihre natürliche Art, da ändern auch ihre Lügen vor der Polizei nichts daran. Kiana kann mit dem arroganten Touristen absolut nichts anfangen. Leider steht es finanziell um ihre Pferdezucht so schlecht, dass sie keine andere Wahl hat, als die zahlende Kundschaft zu nehmen, wie sie kommt. Auch wenn diese einen trendigen Vollbart und einen Man Bun trägt. Großstadt-Boss trifft auf Pferdemädchen. Ob das gut gehen kann?

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

ÜBER DIE AUTORIN

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

Epilog

So geht es weiter bei den Irish Guys!

Allie Kinsley

Irland, Träume und ein CEO

»Irish Guys«-Reihe Band 1

ÜBER DIE AUTORIN

Allie Kinsley, geboren 1985, lebt und schreibt in Bayern. Ihre erfolgreichen E-Book- und Buch-Reihen sind dem Genre Erotic Romance/Liebesromane zuzuordnen. Mit über einer Million verkauften Exemplaren gehören ihre Bücher zu den Top-Bestsellern.

Auf ihrer Website findest du weitere Informationen und kannst dich zu ihrem monatlichen kostenlosen Newsletter mit Bonuskapiteln darin anmelden!

www.allie-kinsley.de

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Facebook: www.facebook.com/AutorinAllieKinsley

Instagram: @allie.kinsley

LIEBESROMAN

Irish Guys 1

Irland, Träume und ein CEO

Allie Kinsley

Impressum:

Korrektorat: SW Korrekturen, Sybille Weingrill

Umschlagdesign: Umschlagdesign: 32593025 (depositphotos)

583145900 (depositphotos)

8110403 (depositphotos)

Cover Design © sturmmöwen.at

Illustrationen im Buchinnern: Kleeblatt © by OpenClipart-Vectors, https://pixabay.com/de/vectors/kleeblatt-vierbl%c3%a4ttriges-kleeblatt-1531035/

Für S.

Danke, dass du mich auf diesen Traum mitgenommen hast. Es war ein einmaliges Erlebnis.

KAPITEL 1

Kiana

Der Wind fuhr mir durch die blonden, schulterlangen Haare und brachte sie ganz durcheinander.

Das war nicht schlimm, denn hier oben interessierte sich niemand dafür, wie meine Haare aussahen. Hier oben war auf dem Rücken von Lena, meiner Tinkerstute, mit der ich gerade die Atlantikküste vor Kinelly entlang ritt.

Ich liebte den Strand und die Aussicht auf den Ozean. Ich liebte das Pfeifen der Möwen und das Geräusch, mit dem die Wellen an die Sandbank klatschten.

Ich liebte alles an Kinelly.

Ich war hier aufgewachsen, konnte mich an nichts anderes erinnern. Ich war noch nicht einmal im Urlaub weiter weg als in Dublin gewesen. Und ich hatte nicht das Gefühl, irgendetwas zu vermissen.

Im Gegenteil, ich liebte jedes Fleckchen Erde hier, ich liebte es, mit den Pferden über die langen Dünen zu galoppieren, liebte die Arbeit zu Hause und das Wissen, dass hier immer alles gleich bleiben würde.

Ich trieb meine Stute zu einem schnelleren Galopp, jagte die Küste entlang in Richtung Kinellys Ortskern. Es war nicht weit von uns bis zu dem kleinen Städtchen. Vielleicht eine Viertelstunde mit dem Fahrrad. Den Strand entlang brauchte ich eine Dreiviertelstunde bis zu dem kleinen Pub The blue Harp, der meiner Freundin Caitlin Sheridan gehörte.

In Kinelly kannte jeder jeden. Seit ich mich erinnern konnte, waren hier dieselben Gesichter zu sehen, mit denen ich schon aufgewachsen war.

Natürlich gab es auch Tourismus, wie sollte es anders sein in einem Städtchen, das so nah an der wunderschönen Atlantikküste lag?

Kinelly lebte von den Touristen, von denen viele kamen, um vor den kleinen Inseln Wale und Delfine zu beobachten.

Meine Freundin Ava Collins war Meeresbiologin und verbrachte viel Zeit auf den Inseln. Immer wieder traf ich sie bei meinen Ausritten und genoss die Zeit mit ihr in der Natur.

Mit Ava konnte man wundervoll schweigen, mit Caitlin ganz wunderbar ratschen. Und genau aus dem Grund war ich auf dem Weg zu ihr in die Stadt. Wenn man Kinelly denn so nennen mochte.

Auch Robben konnte man an den langen Sandstränden oft sehen, heute lagen sie wieder in der Sonne und genossen die letzten Sonnenstrahlen des Sommers. Ich liebte diese knuffigen Tiere mit den riesigen Knopfaugen fast so sehr wie meine Pferde.

Lena keuchte, als wir am Ortsrand ankamen und ich das Tempo zum Schritt zügelte. Am langen Zügel trotteten wir die Straße entlang. Ich grüßte Olivia, die den kleinen Frisörsalon führte, und ritt an Pauls Tante-Emma-Laden vorbei, in dem ich meine kleineren Einkäufe erledigte. Für den großen Wocheneinkauf fuhren wir nach Galway, was ungefähr dreißig Autominuten von uns entfernt lag.

Auf der anderen Straßenseite entdeckte ich Steven, den ortsansässigen Bänker, der uns seit einiger Zeit das Leben schwer machte. Die Tinkerzucht meines Großvaters warf schon seit Jahren nicht mehr genug Geld ab, um alle Kosten zu decken, weshalb ich mich in diesem Sommer dazu gezwungen gefühlt hatte, ein zweites Standbein zu wagen. Bislang lief das Geschäft eher schleppend an, doch schon übermorgen würde der erste längere Gast meinen Hof besuchen.

Urlaub auf dem Rücken irischer Pferde. Zusammen mit meinem Freund Kearon hatte ich ein Konzept entwickelt, das sowohl seinem Bed&Breakfast als auch meiner Tinkerzucht auf die Beine helfen sollte.

Ich würde Gäste für Reiturlaub begeistern und er würde für ihre Unterkunft sorgen.

Die unbelebte Straße zweigte nach rechts ab und ich folgte ihr hinter die Gebäude an der Hauptstraße. Hier gab es einige Abschnitte, von denen ich ein Stück Wiese benutzen durfte, das zum The blue Harp gehörte. Ich hatte es eingezäunt und zusammen mit Kearons Hilfe Anbindevorrichtungen für die Pferde gebaut.

Ich zog meiner Stute das Zaumzeug aus, band sie am Halfter an und warf ihr eine Decke über, damit sie sich nach dem anstrengenden Ritt nicht verkühlte.

Alles war genau geplant. Nicht nur für mich, sondern auch für die Gäste, die mich auf diese Ausflüge begleiten würden. Man konnte meinen heutigen Ausritt also weniger als Freizeit als als Generalprobe ansehen. Dieser Gedanke gefiel mir, und ich grinste breit, als ich Lena ein letztes Mal am Hals tätschelte, um dann durch die Hintertür ins Pub zu gehen.

"Hey, Caitlin!", rief ich laut, um mich bemerkbar zu machen. Sie hasste es, wenn ich mich anschlich, und erschrak jedes Mal zu Tode. Im Vorbeigehen streichelte ich den schwarzen Kater, der hier Guinness-Reste schlürfte.

"Kiana! Du bist früh dran", antwortete sie, als ich gerade um die Ecke bog.

"Ja, in Begleitung werde ich nicht so schnell hier sein." Ich verzog das Gesicht bei der Aussicht, künftig irgendwelche Anfänger durch die Gegend zu führen.

"Sei nicht so negativ, Liebes", sagte Gertrud, die gute Seele und personifizierte Klatschzeitschrift der Stadt. Wahrscheinlich hing sie deshalb so viel hier herum. "Wer weiß, vielleicht findest du so doch noch einen Mann."

Ich verdrehte die Augen. Seit ihrem erfolglosen Versuch, mich mit Kearon zu verkuppeln, hatte sie mein Liebesleben in Kinelly so gut wie abgeschrieben. Also ich auch, so war es nicht, denn Kinelly war nun nicht gerade bekannt für seine Vielzahl an potenziellen Heiratskandidaten. Um genau zu sein, gab es keinen einzigen Mann hier, den ich auf meiner Bettkante hätte haben wollen.

Okay, Kearon sah gut aus, aber er war fast so etwas wie mein großer Bruder. Und in der Schule hatte ich eine kurze, haltlose Schwärmerei für den Sohn unseres Tierarztes gehabt.

Der Gedanke an den Ruhestand von Dr. Nolan stimmte mich noch immer traurig. Ich mochte den alten Tierarzt und hatte ein wenig Sorge, dass der neue mir Probleme bereiten würde. In einem Dorf wie Kinelly war es einfach. Man konnte mit jedem über alles sprechen, und wenn es mal einen Monat etwas knapper war, dann bezahlte man die Rechnung eben im nächsten.

Ob das mit einem zugezogenen Tierarzt auch funktionierte? Ich hatte meine argen Zweifel.

"Wie geht es deinem Großvater?", fragte Gertrud und ich musste bei dem Funkeln in ihren Augen lächeln. Sie wollte nicht nur mich, sondern am besten auch sich selbst verkuppeln, und zwar mit meinem Grandpa.

Blöd war, dass er nur an Tinkerärschen interessiert war … und das, obwohl Gertruds Hinterteil ungefähr die gleichen Ausmaße hatte.

"Über einen irischen Apple Pie würde er sich sicher freuen."

Vor allem ich, aber das musste ich ja nicht sagen. Grandpa würde den ganzen Abend über übergriffige Frauen schimpfen, während ich glücklich Apfelkuchen mampfend auf dem Sofa saß.

Ich setzte mich an die Bar und bestellte eine Coke.

"Wie läuft das Pub?", fragte ich. Ich fand es noch immer mutig, dass Caitlin sich dieses Pub gekauft hatte.

Sie zog ihre Nase kraus. "So lala. Ich sollte mir etwas einfallen lassen so wie du. Etwas, das ein bisschen Schwung in den Laden bringt."

"Die Walsaison geht bald los. Vielleicht zieht die wieder ein paar Urlauber an."

Das hoffte ich selbst zumindest auch. Ich könnte sie zu einem Ausritt zu den Robben überreden.

Das Glöckchen über der Eingangstür klingelte, als sich ein weiterer Gast ankündigte.

"Wusste ich es doch, dass du da bist!", schimpfte Murphy los, kaum dass er seinen albernen Hut auf die Garderobe gelegt hatte. "Deine Pferde waren schon wieder auf meiner Koppel!"

Murphy war erster Vorsitzender des örtlichen Schäferclubs und … nun ja, ich denke, das Problem war selbsterklärend.

Ich fand, jeder, der den Vorsitz in einem Schäferverein, einem Aquarianerverein oder Kaninchenzüchterverein hatte, musste per se ein bisschen einen an der Waffel haben. Nerd at work sozusagen.

"Ich werde ihnen eine Abmahnung schicken", antwortete ich und grinste in mein Cola-Glas hinein.

"Das ist nicht witzig, Kiana! Sie bringen mir die Herde ganz durcheinander!"

Normale Menschen wie Caitlin und ich würden Probleme, wie Murphy sie hatte, nie verstehen. Gut, dass Gertrud schon zur Stelle war, um den armen Mann zu trösten.

Vielleicht kam mein Grandpa ja doch noch um einen Besuch herum, wenn Gertrud ein anderes Opfer fand.

"Ich muss los", sagte ich zu Caitlin und legte ihr ein paar Euros auf den Tresen. Bei Murphy war Flucht eindeutig die beste Wahl. Vielleicht hatte er bis zu unserem nächsten Treffen schon vergessen, dass seine armen Schafe völlig verwirrt auf der Halbinsel herumliefen, weil meine Pferde sich meistens nicht für Grenzmarkierungen interessierten.

Caitlin grinste wissend und nickte. "Dann bis spätestens am Wochenende, wenn du einen Gast zu mir entführst."

Ich lächelte ebenfalls. "Und denk daran, es gibt nur Sandwichs, sonst geht meine Kalkulation für den Ausflug nicht auf!"

Meine Reitausflüge waren inklusive Verpflegung. Meistens beschränkte ich mich auf kleine Picknicks, die kaum etwas kosteten, aber es stand auch ein Ausflug ins The blue Harp auf dem Plan. Leider würde es genau an diesem Mittag nur eine kalte Küche in Caitlins Pub geben, sodass sich meine Rechnung in Grenzen halten würde.

Sie salutierte kurz und warf mir dann eine Kusshand zu. "Was immer du wünschst, Pferdemädchen."

Grinsend verließ ich das Pub, nicht ohne ein letztes Mal über das Köpfchen des schwarzen Katers zu streicheln.

Es war schön, dass alles hier wie immer war, dass man sich darauf verlassen konnte, dass auch am nächsten Tag noch alles genau so war wie jeden Tag.

Okay … ich hätte darauf verzichten können, dass Steven mir immer auf die Finger schaute, stets meine Finanzen im Blick hatte. Genauso darauf, dass Murphy mich ständig wegen seiner Schafe ärgerte. Aber alles in allem war Kinelly perfekt und ich wollte für immer hierbleiben.

Aiven

Frustriert lenkte ich den Leihwagen durch die winzige Stadt. Wie schwer konnte es schon sein, hier ein Bed&Breakfast zu finden?

Ich schrak zusammen, als an einer Kreuzung plötzlich jemand an meine Scheibe klopfte. Beruhigte mich aber sofort, als ich nur eine rundliche ältere Frau mit einem breiten Lächeln entdeckte.

Also öffnete ich meine Fensterscheibe.

"Kann ich dir helfen, Jungchen?", fragte sie, und es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass sie tatsächlich mich damit meinte.

Ich war nicht gerade der Typ, den man sonst als Jungchen betitelt hätte. Ich war groß, muskulös, mit gepflegtem Vollbart und …

"Der Frisör von Olivia ist zwei Straßen weiter", sagte die Frau dann und starrte dabei auf meinen braunen Man Bun.

"Der liegt im Trend", knurrte ich und wollte das Fenster schon wieder hochlassen.

"Ah ja, ich glaub, ich habe Urvölker in einer Hawaiidoku mit so einer seltsamen Frisur gesehen." Sie nickte eifrig und verbesserte meine Laune nicht gerade.

Da sie aber schon mal da war … "Wo ist Tilly's Hotel?"

"Bed and Breakfast", verbesserte mich die Dame. "Gleich die nächste Straße rechts, dann das zweite Haus."

Ich nickte und bedankte mich murmelnd und trat aufs Gas, ehe ich mir noch weitere Beleidigungen anhören durfte. Seltsame Frisur … von Höflichkeit hielt man hier wohl nicht gerade viel. Ungeduldig beschleunigte ich, meine Reise hatte sich schon viel zu lange hingezogen. So viele winzige, schlecht ausgebaute Straßen hatte ich einfach nicht erwartet.

Ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass ich gerade noch eine Vollbremsung einlegen konnte, bevor ich mitten in ein Pferd gekracht wäre. Ich trat die Bremse durch, das ABS stotterte, und dennoch kam der überdimensionale Arsch unaufhaltsam näher. Nur Zentimeter vor einer drohenden Kollision hielt mein Wagen endlich an und ich atmete keuchend aus.

What the fuck! Wo zum Teufel kam die denn auf einmal her und was tat sie mitten auf der verdammten Straße?!

"Sag mal, hast du sie noch alle?!", schrie die junge, blonde Frau auf dem Pferd, das Gott sei Dank keinen Kratzer abbekommen hatte.

Doch meine Laune war nach dieser Anreise sowieso schon im Keller.

"Dein Brauereigaularsch hat auf der Straße nichts verloren, Mädchen!", rief ich zurück und drückte auf die Hupe.

Ihre Miene verfinsterte sich. Sie hatte ein eigentlich total hübsches Gesicht. Es war herzförmig mit großen, braunen Augen, einer kleinen Nase und vollen Lippen. Die runden Wangen waren von der Kälte oder vom Ärgern ganz rot und sahen irgendwie süß aus.

Also zumindest bis zu dem Moment, in dem sich ihr Gesichtsausdruck von zornig hin zu dem kleinen, lila Teufelsemoji verwandelte und sie das Pferd in meine Richtung lenkte.

"Links vor rechts, Arschloch", fauchte sie dann und trat mit Schwung den Spiegel meines Mietwagens weg.

Fassungslos sah ich dabei zu, wie der Spiegel an einem einzigen Kabel an der Seite des Wagens baumelte, als wäre er ein beschissenes Windspiel, während sie in aller Selenruhe die Straße entlang ritt.

Das hatte sie nicht getan, oder? Das war nicht ihr verdammter Ernst!

"Sag mal, hast du sie noch alle?!", schrie ich ihr hinterher und versuchte auszusteigen. Gar nicht so einfach, da der BMW eine automatische Verriegelung für Unfälle hatte, die ich erst deaktivieren musste.

Doch dann sprang ich energisch aus dem Wagen … und landete mitten in einem Scheißhaufen, den der überdimensionale Gaul dort hinterlassen haben musste, ehe ich in die Straße gebogen war.

"Verdammte Axt!", fluchte ich weiter und versuchte die Kacke von meinen italienischen Lederschlappen zu schütteln, während ich die Verursacherin all meinen Übels über die holprige Straße hinweg verfolgte.

"Bleib stehen! Sofort!", rief ich ihr nach.

Doch sie drehte sich nicht einmal um, ganz egal, wie laut ich schrie. Sie ignorierte mich sichtlich. Als könnte man einfach jemandem den Spiegel wegtreten und damit wäre alles gegessen!

Dann entdeckte ich zu meinem Glück einen Polizisten, der versteckt hinter einer Straßenbiegung stand. Endlich ein Lichtblick und jemand, der mir mit Sicherheit mit dieser Verrückten weiterhelfen konnte!

"Officer! Officer, ich brauche Hilfe!", schrie ich und endlich reagierte auch Wendy.

Sie blieb direkt neben dem Polizisten stehen und lächelte ihn freundlich an.

Ihr Gesicht veränderte sich dabei vollkommen, und hätte ich nicht gewusst, wie teuflisch sie gerade noch dreingeschaut hatte, hätte ich geschworen, es wären zwei verschiedene Personen.

"Hey, Harry", sagte sie freundlich und der Officer tippte sich an den Hut. "Kiana, wie geht es dir?"

Sie nickte lächelnd. "Gott sei Dank gut. Dieser Kerl hätte mich gerade beinahe überfahren. Sein Spiegel hat sogar meinen Fuß gestreift!"

"Das ist nicht wahr!", rief ich aufgebracht und gesellte mich zu ihnen.

Kiana – schöner Name, by the way – lächelte diabolisch. Selbst dieses Lächeln war atemberaubend, und ich musste mich konzentrieren, um meinen Ärger beizubehalten.

Ich wusste nicht, wann ich zuletzt so eine wunderschöne Frau gesehen hatte. Dass gerade die Frau, die mich so faszinierte, eine verrückte Hexe war, die meinen Spiegel abtrat, passte zu meinem Tag! Heute lief einfach alles schief und sogar die Frauen spielten völlig verrückt. Es wurde Zeit, dass ich in mein Hotel kam und Chaosgott Loki seine Strippen ohne mich ziehen ließ.

"Sie hat ihn absichtlich abgetreten", wehrte ich mich gegen ihre freche Lüge.

Sie schüttelte den Kopf, als wäre sie enttäuscht. "Ich kann froh sein, dass Lena so ruhig ist."

Officer Harry nickte eifrig.

"Und jetzt steht er sogar im Halteverbot!", flüsterte Kiana und nickte in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

Ein Ruck ging durch den Officer, anschließend fixierte er mich scharf.

"Dann werden wir den Fall mal aufnehmen!"

Es war wahrscheinlich das Aufregendste, was in den letzten Monaten in diesem gottverlassenen Nest geschehen war, aber immerhin konnte ich ihm jetzt die Wahrheit erzählen.

Nur das Lächeln auf Kianas Lippen gab mir das ungute Gefühl, dass ich gerade in eine Falle getreten war, von der ich überhaupt noch nichts wusste.

"Wir sehen uns die Tage, Harry", flötete Kiana dann und setzte ihr Pferd wieder in Bewegung. Ritt davon, mitten auf der Straße. Beging sozusagen Fahrerflucht … wenn man es so bezeichnen konnte.

Fassungslos sah ich ihr nach und konnte nicht glauben, dass der Polizist sie nun einfach ziehen ließ!

Ich war so mit der Betrachtung ihres Abgangs beschäftigt, dass ich überhaupt nicht bemerkt hatte, dass der Officer bereits bei meinem Auto war.

Schnell eilte ich ihm hinterher, auch wenn es mir schwerfiel, denn ich wäre viel lieber der blonden Schönheit gefolgt, um ihr zu sagen, was ich von diesem ganzen Theater hielt!

An meinem Auto angekommen beschwerte ich mich: "Sie müssen sie aufhalten. Sie hat mit voller Absicht gegen meinen Spiegel getreten und ihr Gaul hat meine Schuhe ruiniert!"

Klar, ich war hier, um ein wenig Landluft zu schnuppern und mein Mindset neu zu sortieren. Doch Scheiße an meinen guten Slippern gehörte nicht dazu!

Aber ich wusste sofort, dass ich verloren hatte, als ich den Strafzettel an meiner Windschutzscheibe entdeckte.

Fassungslos riss ich ihn hinter dem Scheibenwischer hervor und las die saubere Handschrift des Polizisten.

Falsch parken. 15€.

Ernsthaft?

Was zum Teufel stimmte mit diesen Leuten nicht? Sie trat mir den Spiegel weg und ich bekam einen Strafzettel.

Noch mal: What the fuck?!

Kiana

"Ein Arschloch", brummte ich und warf mich mit dem Telefon ins Bett. "Ich hasse Touristen." Auch wenn dieser spezielle Tourist ein wirklicher Hingucker war. Er war einer dieser Typen, die man sonst nur auf Hochglanz-Magazinen sah.

Man Bun, gepflegter Vollbart, maßgeschneiderter Anzug. Was zum Teufel tat er hier? Er passte nicht in eine Kleinstadt wie Kinelly!

Caitlin lachte auf. "Du solltest so nicht reden. Bald bist du schließlich auch vom Tourismus abhängig", beschwichtigte mich meine Freundin. Ich schnaubte, auch wenn sie leider recht hatte. Einzusehen, dass die Tinkerzucht nicht mehr ausreichte, um die Farm über Wasser zu halten, war schwer für mich gewesen. Für meinen Grandpa, der das Familiengeschäft bereits in dritter Generation führte, war es noch schwerer.

"Ich muss jetzt wieder an die Arbeit, die drei Stammgäste wollen bedient werden."

Widerwillig verabschiedete ich mich. Ich hätte mich gern noch ein wenig länger mit ihr unterhalten, um mich von den Gedanken an den GQ-Typen abzulenken. Es hatte mir fast schon Spaß gemacht, ihn so auf die Palme zu treiben. Sonst passierte nie viel in meinem Leben, sodass ich für jede Art Ablenkung gern zu haben war.

Für heute war bereits alle Arbeit erledigt, also schnappte ich mir ein Buch und machte es mir gemütlich.

Zumindest für fünf Minuten, denn dann klingelte mein Telefon erneut.

"Ich dachte, du hast Kunden", ging ich ran in der Erwartung, dass es Caitlin sein würde.

"So viel Kundschaft gibt es für mich in Kinelly Gott sei Dank nicht." Harrys Stimme ließ mich sofort senkrecht im Bett sitzen.

"Harry, hey!"

"Ich konnte ihn von einer Anzeige abbringen", sagte Harry, und ich bekam ein kleines schlechtes Gewissen, ihn mit meinem Problem alleingelassen zu haben.

"Es war ja auch nicht meine Schuld …", versuchte ich es so hinzudrehen, wie ich es brauchte.

"Kia, im Ernst. Niemals hätte er dich so anfahren können, dass weder du noch dein Pferd einen Kratzer haben und der Spiegel dennoch kaputt ist."

Ich biss mir auf die Lippe. Ich war aufgeflogen und würde nun meine gerechte Strafe bekommen.

"Aber er hat mich beinahe überfahren", murmelte ich widerwillig.

"Deshalb gibt es auch keine Anzeige."

Erleichtert atmete ich auf, auch wenn mir absolut klar war, dass Harry das nur tat, weil er insgeheim auf ein Date mit mir hoffte.

Harry war fünf Jahre älter als ich und absolut nicht mein Typ. Er war ein nerdiger Kerl mit Brille und Strafzettelblock. Nicht gerade das Modell heißer Cop mit Sixpack und Tattoos.

"Hat er wenigstens einen Strafzettel?", brummte ich, weil es mich ärgerte, dass er mit einem kaputten Spiegel davonkam. Okay, ich kam auch davon, aber ich hatte schließlich auch Heimvorteil, oder?

"Hat er. Aber reiß dich ein bisschen zusammen, ich kann das nicht immer so für dich drehen."

Ich nickte, auch wenn er mich nicht sehen konnte. "Du bist ein Schatz, ich schulde dir ein Bier."

"O nein, das wäre Beamtenbestechung."

Ich zuckte meine Schultern. "Dann trink es eben in deiner Freizeit."

"Mit dir." Er räusperte sich. "Ich werde gern darauf zurückkommen."

"Grandpa ruft", log ich. "Ich muss jetzt Schluss machen. Und vielen Dank, Harry!"

"Okay … gern, Kia. Bis bald."

Ich legte auf und seufzte. Ich wollte Harry nicht verletzen, aber er war nun mal wirklich nicht mein Typ. Verdammt.

Mal sehen, wie ich aus dieser Nummer wieder rauskommen würde.

Vielleicht konnte Caitlin mir einen Tipp geben, oder Kearon konnte mal mit Harry unter Männern reden. Oder ich fand einen Mann, damit hätte das Thema Harry sich auch erledigt. Okay, letzteres war absolut unrealistisch, auch wenn mir sofort ein Typ in Designeranzug und mit Man Bun in den Sinn kam, der niemals nicht auf meiner Speisekarte stehen konnte. Warum ich dann dennoch dieses aufgeregte Gefühl in meinem Bauch hatte?

Weil mich die Auseinandersetzung mit Adrenalin vollgepumpt hatte! Anders konnte es nicht sein!

Aiven

"Unfassbar", murmelte ich und drückte mit der Schulter die Tür zu Tilly's Bed&Breakfast auf.

Wie zum Teufel es sein konnte, dass jemand MIR den Seitenspiegel wegtrat und am Ende ICH mit einem Strafzettel dastand, konnte ich nicht begreifen. Es war nur ein weiteres Anzeichen dafür, dass schöne Frauen mit allem durchkamen, oder? Sie klimperte einfach mit ihren langen Wimpern und lächelte einmal Officer Ahnungslos an und ritt dann zufrieden in den Sonnenuntergang.

What the fuck?! Wo war ich hier gelandet? Auf jeden Fall weit entfernt von der erhofften Entspannung und dem neuen Mindset. Kinelly war London in vorsintflutlich! Es fing schon bei den gepflasterten Straßen an und endete bei den schönen Frauen, die Männer in Machtpositionen um ihre schicken manikürten Finger wickelten.

Noch immer vor mich hin grummelnd drückte ich auf die kleine Glocke am Empfangstresen.

Vorsintflutlich war wohl nicht nur die Stadt, sondern auch dieses Bed&Breakfast. Ernsthaft, hier sah es aus, als hätte die letzten dreißig Jahre niemand ans Renovieren gedacht.

Ich musste zwei weitere Mal auf die Klingel drücken, dann erst kam jemand aus einem Hinterzimmer. Der Mann Anfang dreißig sah nicht gerade freundlich drein.

"Hallo, ich hatte ein Zimmer gebucht. Auf den Namen Kelly", sagte ich und wartete dann, bis er die passenden Buchungsunterlagen herausgesucht hatte.

Er brachte mich eine schmale Holztreppe nach oben in das Zimmer, das die nächsten Wochen mir gehören würde.

"Frühstück gibt es unten im Erdgeschoss ab sieben Uhr." Dann verschwand er und ließ mich in meinem Schock allein zurück.

Das hier … es war … ich hatte keine Worte dafür. Es war so … Kopfsteinpflaster-Straßen-Niveau!

Die riesige Blumenmuster-Tapete erschlug mich beinahe, und dass die Vorhänge das gleiche Muster mit riesigen roten Blumen hatten, machte es nicht besser.

Im grausigen Kontrast dazu lag am Boden ein blauer Teppich, der mich zumindest kurzfristig von den schweren Holzmöbeln ablenkte.

Meiner Grandma hätte das hier gefallen. Mit Sicherheit! Aber von modern oder stilvoll war es wirklich verdammt weit entfernt.

Ein wenig unwillig stellte ich meinen Koffer auf die dafür vorgesehene Bank. Dann zog ich mir Designersakko und Hose aus, die in diesem Zimmer total fehl am Platz wirkten.

Von der Reise erschöpft ließ ich mich aufs Bett fallen. Zumindest das schien auf den ersten Test hin wirklich weich und bequem zu sein.

Seufzend knöpfte ich mir das Hemd auf und stellte mir dann den Laptop auf den Schoß. Es war herrlich still im Zimmer. Man hörte keine lauten Gespräche oder Verkehrsgeräusche. Zumindest das war genau so wie in meiner Vorstellung. Stille! Um neue Kraft und Kreativität zu schöpfen.

Mit dem Code, der auf dem Nachttisch bereitlag, wählte ich mich ins hauseigene WLAN ein.

… und war fassungslos!

Die Internetverbindung war in etwa so langsam wie das Modem, das aus dem selben Jahr stammte wie die Vorhänge!

Das konnte doch nicht ihr verdammter Ernst sein!

Fassungslos schloss ich erst den Laptop und dann meine Augen. Was eigentlich Entspannung pur sein sollte, würde wohl die härteste Prüfung meines Lebens werden.

KAPITEL 2

Kiana

Okay, der erste Tag in meinem neuen Leben. Um ehrlich zu sein, fühlte er sich zumindest bislang genauso beschissen an wie jeder andere Morgen.

Ich war einfach kein Frühaufsteher. War ich noch nie gewesen. Und die schwere Stallarbeit in aller Herrgottsfrüh war für mich ein absoluter Graus.

Ich meinte, ernsthaft, wer zum Teufel konnte daran Freude finden? Frühes Aufstehen war eine Art moderner Folter, da war ich mir sicher.

Ich hatte Studien gelesen, dass es mehr Langschläfer als Frühaufsteher gibt. Warum zum Teufel war es also in Mode gekommen, dass man sich einen Wecker stellen musste?

"Hallo?" Eine männliche Stimme hallte durch den Raum. Sie kam mir vage bekannt vor, aber ich bekam selten Besuch von irgendjemandem.

In Dörfern wie Kinelly hatte jeder genug mit seinem eigenen Leben zu tun … und damit, seine Nase in die Angelegenheiten seiner Nachbarn zu stecken. Spontanbesuche standen da nicht auf dem Tagesplan.

Ich wollte mich schon einfach hier im Stall verstecken und mich totstellen, falls es einer dieser Immobilienfuzzis war, die immer Grundstücke mit Blick aufs Meer suchten. Doch dann fiel mir wieder ein, dass heute ja der erste Tag meines neuen Business war und ich meinen ersten langfristigen Kunden erwartete.

Ich stellte also die Mistgabel beiseite und wischte mir die Hände an den Oberschenkeln ab. Zeit, meinen Reitgast zu begrüßen.

Doch als ich aus der Box trat, traf mich der Schlag. Es war der Verkehrsrowdy, der mich vor zwei Tagen beinahe vom Pferd geholt hätte.

"Nicht dein Ernst", murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihm und musterte seinen gewöhnungsbedürftigen Aufzug.

"Wow, so gastfreundlich. Muss ich Angst haben, dass du mir jetzt eine Hand abtrittst oder Ähnliches?"

Mit hochgezogener Augenbraue warf ich einen demonstrativen Blick zwischen seine Beine. "Oder Ähnliches", bestätigte ich, und es fiel mir zugegebenermaßen schwer, seine ziemlich gute Ausstattung unterhalb der Gürtellinie in den engen englischen Reithosen zu übersehen.

Reithosen. Verdammt. Er konnte doch nicht ernsthaft der Typ sein, der hier die kommenden Wochen Urlaub machen wollte.

"Ich suche Miss O'Brian." Ein diabolisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Das bist du, oder?"

"Leider", antwortete ich. "Damit bist du dann Aiven Kelly?"

Grinsend nickte er. "Das ist ja wunderbar, dann weiß ich ja, wo die Mietwagenfirma die Reparaturrechnung hinschicken kann."

Missmutig rümpfte ich die Nase. "Ich glaube nicht, dass sie das machen werden." Ich stellte mein Werkzeug zur Seite und ging in Richtung der Sattelkammer.

"Ich werde es darauf ankommen lassen", antwortete er und folgte mir auf Schritt und Tritt. Wie zum Teufel konnte er grinsen nach diesem Streit?

"Wenn du noch dazu kommst", gab ich zurück und überlegte ernsthaft, ob ich ihm eines von den jungen, bockigen Pferden gab in der Hoffnung, dass wir ihn irgendwo auf der Halbinsel verlieren würden.

---ENDE DER LESEPROBE---