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Ivan Korovin weiß nicht, was ihn mehr ärgert: dass Professorin Miranda Sweet ihn als ungehobelt bezeichnet oder dass er ihr am liebsten das missbilligende Lächeln von den Lippen küssen würde. Als er sich für Letzteres entscheidet, ahnt der Milliardär nicht, was er damit auslöst …
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Seitenzahl: 171
Caitlin Crews
Ist das alles nur gespielt?
IMPRESSUM
Ist das alles nur gespielt? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2013 by Caitlin Crews Originaltitel: „No More Sweet Surrender“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRABand 119 – 2022 by Harper Collins Deutschland GmbH, Hamburg Übersetzung: Gisela Blum
Umschlagsmotive: Harlequin Book S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751536042
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Miranda Sweet hatte gerade ihren Eröffnungsvortrag auf dem internationalen Gipfeltreffen gegen die Gewaltverherrlichung in den Medien gehalten und bahnte sich einen Weg durch das Gedränge vor dem Konferenzzentrum der Georgetown University. Plötzlich packte sie jemand am Arm, so fest, dass es wehtat. Sie wurde herumgerissen und sah sich einem Fremden gegenüber. Der Mann funkelte sie wütend an und ließ einen feindseligen Wortschwall auf sie niederprasseln.
Mit einem Mal erschien ihr die laue Frühlingsluft in Washington D.C. eiskalt und schneidend. Urplötzlich fühlte sich Miranda in ihre Kindheit zurückversetzt, war wieder das kleine Mädchen, das hilflos und verängstigt in einer Ecke kauerte, während der tobende Vater alles durch die Gegend schleuderte, was ihm in die Finger geriet, ehe sein Blick auf sie fiel … Sie begann, am ganzen Leib zu zittern.
„Was …?“ Miranda brach ab, denn selbst ihre Stimme zitterte. Dabei hatte sie geglaubt, ihr verängstigtes Ich seit fast zehn Jahren hinter sich gelassen zu haben.
„Hören Sie endlich zu, statt immer nur zu reden“, knurrte der Fremde, der wegen seines ausgeprägten Akzents nur schwer zu verstehen war.
Sie wollte sich schon entschuldigen, klein beigeben, alles tun, um seinen Zorn von sich abzuwenden, als sich eine andere Hand auf ihren Rücken legte. Sanft, aber bestimmt zog jemand sie von dem schimpfenden Fremden weg, der immer noch ihren Arm festhielt. Dann fühlte sie sich gegen eine breite Brust gepresst.
Vor Schreck setzte ihr Herz einen Schlag lang aus. Miranda wusste, sie sollte protestieren, schreien, mit der Handtasche um sich schlagen, doch ein unerwartetes, völlig irrationales Gefühl der Sicherheit hielt sie zurück. Zu ihrem großen Erstaunen gab der zornige Fremde abrupt ihren Arm frei. Verblüfft hob sie den Kopf und betrachtete den Mann, der sie im Arm hielt, als wäre er ihr Beschützer oder gar ihr Liebhaber.
Weder das eine noch das andere! schoss es ihr durch den Kopf, als sie ihn erkannte.
„Das war ein großer Fehler“, sagte ihr Retter zu ihrem Angreifer. Auch in seiner Stimme schwang unverkennbar ein russischer Akzent mit. Sein Blick fiel auf Miranda, etwas blitzte gefährlich in seinen dunklen Augen auf. Offenbar hatte er sie ebenfalls erkannt.
Ein eisiger Schauer jagte ihr über den Rücken. Seit Jahren forschte Miranda über diesen Mann, seine Filme, seine Kämpfe, diskutierte mit ihren Studierenden über ihn und kritisierte in der Presse und im Fernsehen ausführlich, wofür er stand. Persönlich kennengelernt hatte sie ihn bisher allerdings nicht, und ihn erst recht nicht berührt.
Der Mann war Ivan Korovin. Der jahrelang unbesiegte Kampfsportler, gefeiert für seine kompromisslose Aggressivität und seine gnadenlose Brutalität, war nach seinem Abschied aus dem Ring zum Filmstar geworden. Er verkörperte alles, was Miranda fürchtete und hasste. Er war das hochgewachsene, finstere, viel zu gut aussehende Paradebeispiel für alles, wogegen sie seit ihrem Eintritt ins Berufsleben ankämpfte.
Der wütende Bedränger antwortete etwas auf Russisch. Es klang bösartig, ja geradezu grausam. Der Tonfall war Miranda vertraut. Ihn zu hören fühlte sich an wie ein Schlag in den Magen.
Gleichzeitig spürte sie Ivan Korovins Körper an ihrem – heiß, fest und zum Bersten angespannt.
„Wage nicht zu beschimpfen, was mir gehört!“, warnte er den Fremden. Miranda stockte der Atem, denn seine raue Stimme klang noch viel heißer als im Kino. Beinahe hätte sie deswegen sogar überhört, was er gesagt hatte: „Was mir gehört.“
„Oh, das wusste ich nicht. Ich möchte dich nicht zum Feind haben“, lenkte der Angreifer hastig ein, ohne Miranda aus den Augen zu lassen.
„Gib acht, dass du sie nie wieder anfasst, Guberev.“ Ivans Lächeln wirkte ebenso tödlich wie die Waffen, die er, wie es hieß, nicht benötigte.
Miranda konnte die brutale Kraft, die von ihm ausging, geradezu spüren. Bis hinab in Körperregionen, die sie ansonsten weitgehend ignorierte.
Was ist nur los mit dir? wunderte sie sich. Verstand war ihr wichtiger als Muskeln. Ihr Vater hatte ihre Kindheit mit überlegener Größe und Körperkraft beherrscht. Außerdem … der Mann neben ihr war Ivan Korovin!
Seit der Veröffentlichung ihrer Doktorarbeit war Miranda Sweet regelmäßig Gast in Nachrichtensendungen und Talkshows. In Der Höhlenmensch-Kult kritisierte sie die Verehrung besonders brutaler Profisportler als Helden. Miranda sah sich als Mahnerin in einer von Gewalt geprägten Welt, in der Rohlinge wie der wortkarge, geheimnisumwobene Ivan Korovin geradezu angebetet wurden – sei es als aktiver Kampfsportler oder seit seinem Rückzug aus dem Ring in der Titelrolle des Jonas Dark in seinen Actionfilmen.
Sie versuchte sich von seiner breiten Brust abzudrücken. Dabei sah sie hoch, und ihre Blicke begegneten sich. Mirandas Puls begann zu rasen, die Knie drohten unter ihr nachzugeben.
Die Filmkameras wurden ihm nicht gerecht. Auf der Leinwand wirkte er hart und gefährlich, eine Killermaschine, geschmiedet über einem blutrünstigen Feuer. Meistens war er halbnackt, sodass man die Tattoos an seinem Rumpf und den Armen sehen konnte. Immer gab er den ganzen Kerl, der seine Kontrahenten mit schierer Körperkraft besiegte.
Ein Neandertaler, so und ähnlich hatte sie ihn mehrfach in der Öffentlichkeit genannt.
In Wirklichkeit war er hochgewachsen, muskelbepackt und sah dabei großartig aus, auf eine sehr männliche Weise. Spuren vergangener Kämpfe betonten seine Schönheit, statt sie zu schmälern. Die mehrfach gebrochene Nase vermochte nicht von seinen perfekt geformten, vollen Lippen abzulenken. Die markanten Wangenknochen ließen die Narbe an seiner Stirn verblassen. Im eleganten Maßanzug wirkte er auf subtile Weise bedrohlich. Die größte Überraschung für Miranda war jedoch sein wacher, intelligenter Blick.
Verblüfft starrte sie ihn an und vergaß darüber ganz den Fremden, der sie gerade noch am Arm gepackt hatte. Auch die hässlichen Bilder aus der Vergangenheit, die der Vorfall heraufbeschworen hatte, sowie der Zorn über ihre eigene Feigheit waren wie fortgeblasen. Sie vergaß alles, nichts zählte mehr als Ivan Korovin und sein eindringlicher Blick.
Dabei war Mirandas Erinnerungsvermögen ansonsten perfekt. Sie vergaß nichts, verlor niemals die Kontrolle. Hastig riss sie sich zusammen.
„Was Ihnen gehört?“, zitierte sie ihn schnippisch. „Haben Sie mich gerade als Ihr Eigentum bezeichnet?“
Er lächelte, was sich absurderweise wie eine zärtliche Berührung anfühlte. Es beunruhigte sie zutiefst, dass ihr Körper mit einem sehnsüchtigen Pochen und Ziehen in unteren Regionen antwortete.
Ivan Korovin musste noch weitaus gefährlicher sein, als sie angenommen hatte!
„Ich bin eben ein besitzergreifender Mensch. Ein schlimmer Charakterfehler, ich weiß.“ Der leichte russische Akzent verlieh seinen Worten eine geradezu sinnliche Note. Nach einem finsteren Blick auf den anderen Mann, der Bosheit und ein grässliches Parfum ausdünstete, konzentrierte er sich erneut ganz auf Miranda. Er zog sie näher an sich heran, so mühelos, als hätte sie keinen eigenen Willen.
Was – wie ihr durch den Sinn schoss – in dieser Sekunde der Wahrheit erschreckend nahe kam.
Im nächsten Moment neigte er den Kopf und küsste sie auf den Mund, als hätte er das Recht dazu. Als hätte sie ihn darum gebeten.
Es musste am Schock liegen, dass Miranda sich nicht wehrte – es nicht einmal tun wollte. Widerstandslos ließ sie zu, dass Ivan Korovin, der sie wahrscheinlich ebenso wenig leiden konnte wie sie ihn, sie küsste, als würden sie gleich miteinander ins Bett gehen. Für einen köstlichen Moment gab sie sich diesem Kuss hin.
Als er schließlich den Kopf hob und ihr in die Augen sah, spiegelte sich in seinem Blick dasselbe Feuer, das er in ihr entzündet hatte. In ihren Ohren klingelte es. Miranda spürte ihre Hände und Füße nicht mehr und glaubte, gleich eine Herzattacke zu erleiden.
Wenn dem doch nur so wäre! dachte sie. Dann müsste sie wenigstens nicht versuchen zu verhindern, dass das, was gerade passiert war, sich wiederholte. Weder das, was er getan hatte noch das, was sie dabei empfunden hatte. Letzteres war viel schlimmer. Denn es brauste noch immer wie ein Sturm durch sie hindurch, sodass ihr der Atem stockte und sie noch nicht einmal im Nachhinein protestierte.
Sanft murmelte er ein einziges Wort: „Milaya.“ Die Art, wie er es sagte, vielleicht mehr noch sein eindringlicher Blick, ließen Miranda sich seltsam verletzlich fühlen. Gleichzeitig war ihr, als ginge sie in Flammen auf. Sogar um sich herum sah sie Lichter aufblitzen.
Sie atmete ein paarmal tief durch, um wieder zur Besinnung zu kommen. Erst dann begriff sie, dass nicht der aufregendste Kuss ihres Lebens und auch nicht die starken Hände, die sie immer noch festhielten, die Blitze ringsum heraufbeschworen hatten.
Unzählige Paparazzi, die Ivan Korovin auf Schritt und Tritt folgten, wo immer er auftauchte, filmten und fotografierten begeistert die unerwartete Szene, die sich ihnen bot.
Der wütende Fremde war mittlerweile verschwunden, als hätte er nie existiert. Miranda hingegen lag immer noch in Ivan Korovins Armen. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie gerade dabei ertappt worden war, wie sie ihren schlimmsten Feind küsste. Den Mann, der sie in einer Talkshow unter tosendem Applaus als kleine, kläffende Töle bezeichnet hatte.
Sie hatten sich in der Öffentlichkeit geküsst! Auf einer internationalen Konferenz mit wichtigen Politikern, Wissenschaftlern und Delegierten aus über fünfzehn Ländern, die, genau wie Miranda, das Gegenteil von dem repräsentierten, wofür Ivan stand.
Entsetzt blickte Miranda in die Runde. Die vergangenen Minuten waren lückenlos dokumentiert worden. Mit dem Kuss hatte Ivan Korovin ihrer Karriere einen seiner berüchtigten K.-o.-Schläge versetzt.
Wenn Blicke töten könnten, hätte die rothaarige Professorin mich vor laufenden Kameras erdolcht, schoss es Ivan durch den Kopf.
Nach dem Kuss, den er ihr in einem Anfall geistiger Umnachtung geraubt hatte, hatte er rasch gehandelt und seine Bodyguards angewiesen, ihnen einen Weg ins Konferenzhotel zu bahnen. In der Lobby hatte er den Rotschopf in eine vor Blicken geschützte Ecke geführt und in einen Sessel verfrachtet.
Bisher hatte sie ihn noch nicht wieder angesehen. Bestimmt machte es ihr zu schaffen, dass er ihr zu Hilfe gekommen war. Die Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihn mit allen Mitteln zu bekämpfen, schuldete ihm Dank! Ein anständiger Mann hätte das wahrscheinlich nicht als genugtuend empfunden, doch Ivan gab nie vor, mehr zu sein, als er war.
Erst als sie nach geraumer Zeit den Kopf hob und ihn ansah aus ihren großen, dunkelgrünen Augen, die ihn wider Willen faszinierten, begriff er seinen Irrtum.
Sie war wütend. Auf ihn.
Widerspruch weckte seit jeher seinen Kampfgeist. Augenblicklich wollte er die Frau besiegen, beherrschen, kontrollieren. Grund genug dazu hatte sie ihm geliefert. Seit zwei Jahren machte sie ihm das Leben schwer. Sie beschimpfte ihn und unterstrich mit unwahren Behauptungen ihre Argumente ohne Rücksicht darauf, was es ihn kostete. Sie stellte ihn im schlechtesten Licht dar, versuchte die Öffentlichkeit gegen ihn einzunehmen und erzählte jedem, der es hören wollte, dass er zu jenen Monstern gehörte, die Ivan in Wahrheit sein Leben lang bekämpft hatte.
„Was war das?“ Ihre Stimme klang schneidend und kalt, als würde sie mit einem ihrer Studenten schimpfen, der sich danebenbenommen hatte.
„Habe ich Sie etwa erschreckt?“ Ivan tat absichtlich gelangweilt, als hätte er den Vorfall fast schon vergessen. „Ich hielt es für das Beste, rasch zu handeln.“
In ihren Augen blitzte es zornig auf, was ihm eine gewisse Genugtuung verschaffte. Trotz der himmelhohen Absätze an ihren Pumps sprang sie geschickt auf die Füße. Ihre Körperhaltung zeigte ihm, dass sie sich nicht so leicht von ihm dominieren lassen würde.
„Sie haben mich betatscht!“
Fasziniert beobachtete er, wie sich die Röte auf ihren zarten Wangen und von dort aus über den schwanengleichen Hals bis zu ihrem Dekolleté ausbreitete. Ein Kuss konnte lügen, das wusste er. Mit der verräterischen Röte verhielt es sich anders, ebenso mit den glitzernden Augen und ihrem schnellen, stoßweisen Atem.
„Und geküsst“, ergänzte er.
Es war nicht klug, sich von einem Gegner faszinieren zu lassen. Ganz besonders nicht von einem, der ihn seit Jahren hart und unfair attackierte. Ihre gezielten Bosheiten trafen ihn immer im ungünstigsten Moment und ließen ihn wie eine Witzfigur dastehen. Dabei brauchte er gerade jetzt einen makellosen Ruf, denn bald wollte er seine karikative Stiftung aus der Taufe heben.
Vergiss, dass sie eine Frau ist, befahl er sich. Aber was für eine Frau!
„Wie können Sie es wagen!“
„Ich wage viel, wie Sie in Fernsehinterviews gern in epischer Breite darlegen.“ Während sie ihn zornig anfunkelte, nutzte er die Gelegenheit, sie sich genau anzusehen.
Für eine Frau war sie hochgewachsen und ziemlich schlank, jedoch ohne dabei zerbrechlich zu wirken. Ihre ebenmäßigen Gesichtszüge raubten ihm den Atem. Das glatte, lange, tiefrote Haar war ein reizvoller Kontrast zu den geheimnisvollen jadegrünen Augen. Der dunkle Hosenanzug verlieh ihr einen professionellen Auftritt und betonte zugleich ihre unübersehbare Weiblichkeit. Unwillkürlich musste er daran denken, wie ihre vollen Brüste sich bei dem Kuss gegen seinen Oberkörper gepresst hatten und einen Hunger in ihm weckten, wie er ihn lange nicht mehr empfunden hatte.
„Dmitry Guberev ist ein unangenehmer Geselle, der ganz auf die Macht seines neuen Reichtums baut. Eine Weile hat er relativ erfolglos im Ring gestanden, heutzutage promotet er Kämpfe nur noch. Ich habe ihn auf die einzige Art und Weise, die er versteht, dazu gebracht, Sie in Ruhe zu lassen. Wenn Sie sich daran stören, kann ich es nicht ändern.“
„Sie haben behauptet, ich würde Ihnen gehören! Das ist geradezu mittelalterlich.“
„Jedenfalls glaubt er jetzt, Sie wären meine Geliebte.“ Der Gedanke war verrückt und absurd, Selbstsabotage der besonderen Art. Diese Frau war pures Gift.
„Ich habe Sie nicht gebeten, auf Ihrem weißen Schimmel herbeizugaloppieren und mich zu retten.“ Ihre Stimme klang so glatt, wie die dunklen Perlen aussahen, die sie um den Hals trug. Elegant, teuer, aristokratisch.
Diese Frau befand sich weit außerhalb der Reichweite des armen Jungen aus Nischni Nowgorod, dem ehemaligen Gorki, was im Russischen so viel wie „bitter“ bedeutete. Bitter waren die kalten, dunklen Jahre dort gewesen! Ging die Professorin ihm deswegen so unter die Haut? Es war lange her, dass jemand ihn so kategorisch abgelehnt hatte wie sie. Das behagte ihm überhaupt nicht.
Du magst sie nicht, sagte er sich.
„Ihre Einmischung war überflüssig“, fuhr sie fort, ein Abbild gekränkter Würde. Dabei erinnerte er sich nur zu gut an die Panik in ihrem Blick, ihre Hilflosigkeit.
Egal, es ging ihn nichts an. Sie hatte ihn zu ihrem Feind erkoren. Das durfte er niemals vergessen.
„Möglich. Andererseits kenne ich Guberev. Er ist ein gefährlicher Mann und hätte Ihnen leicht Schlimmeres antun können, wäre ich nicht eingeschritten. Was ist übrigens mit Ihrem Arm? Dort, wo er Sie angefasst hat? Tut er weh?“
Verwirrt sah sie ihn an. Bislang hatte sie offensichtlich keinen Gedanken daran verschwendet. Nachdenklich ließ sie eine Hand über den Arm gleiten – und zuckte leicht zusammen.
Aus einem unerfindlichen Grund machte es Ivan zu schaffen, dass sie womöglich die Abdrücke von Guberevs Hand auf der Haut trug.
„Alles in Ordnung.“ Sie ließ die Hände sinken und trat nervös von einem Bein aufs andere.
Als Kampfsportler hatte Ivan gelernt, Körpersprache zu lesen. Er merkte, dass sie viel weniger gefasst war, als sie ihn glauben machen wollte. Was allerdings kein Grund war, innerlich dermaßen zu triumphieren.
„Ihr Ansinnen, mir zu helfen, weiß ich zu schätzen. Allerdings kann ich die Art und Weise, wie Sie es gemacht haben, nicht gutheißen.“
„Zugegeben, das war extrem.“ Sie zu küssen war ein Fehler gewesen. Guberev war ein Feigling, wie Ivan von früheren Begegnungen her wusste. In Gegenwart eines Stärkeren hätte er ihr nichts angetan. Der Kuss war überflüssig gewesen. „Aber effektiv.“
„Für wen? Sie haben damit meine Karriere ruiniert, was vermutlich Ihre Absicht war. Es gibt keine bessere Methode, meine Analysen über Sie zu unterminieren, als mich als eines Ihrer zahlreichen Betthäschen hinzustellen.“
Das habe ich nicht nötig! schoss es Ivan durch den Kopf. Mehrfacher Weltmeister und Filmstar war er nicht aus Zufall geworden. Er hatte hart dafür gearbeitet. Unermüdlich hatte er trainiert und nebenbei auch noch Englisch gelernt, sodass er die Sprache bereits nach drei Jahren nahezu perfekt beherrscht hatte.
Er unterminierte einen Gegner nicht, sondern griff offen und direkt an. Dafür war er bekannt.
„Sie, eines meiner Betthäschen? Daran müsste ich mich doch erinnern.“
„Lassen Sie mich eines klarstellen. Ich habe Sie gründlich studiert. Während Ihrer gesamten Karriere haben Sie gezielt einen Gegner nach dem anderen auseinandergenommen, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass Sie eine Niederlage erleiden könnten.“
Wieder waren ihre Wangen gerötet. Sah sie im Geiste womöglich dieselben Bilder wie er? Bilder, die nichts mit Studieren zu tun hatten, umso mehr mit ihren vollen, feuchten Lippen auf seinem Mund, ihren langen schlanken Beinen um seine Hüften.
Obwohl sie von der Idee, ihn zu vernichten, geradezu besessen schien, fand er sie wahnsinnig attraktiv. Gegen alle Vernunft sehnte er sich danach, die Finger in ihrem roten Haar zu vergraben und sie seinen Namen rufen zu hören, während er sie zum Orgasmus brachte.
Dafür hätte er sich ohrfeigen können!
„Man nennt Sie eine unaufhaltsame Gewalt.“ Angriffslustig reckte sie das Kinn, als erwartete sie einen Kampf. „Es bedarf keiner ausufernder Fantasie, um zu erkennen, dass Sie in dem Kuss eine Möglichkeit gesehen haben, mir etwas heimzuzahlen.“
„Ich finde Ihre Arbeit interessant, Dr. Sweet, obwohl ich Ihre Ansichten nicht teile.“ Mühsam versuchte Ivan, die verlockenden Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen. „Ich brauche mir keine absurden Strategien zurechtzulegen, um Sie zu diskreditieren. Genau wie jeder andere anständige Mann in dieser Situation es getan hätte, wollte ich Ihnen beistehen. Wenn Sie das als übergriffig empfinden, tut es mir leid.“
Einen Moment lang betrachtete sie ihn abschätzend. Ihr Blick weckte Erinnerungen an seine Jugend, seine verzweifelten Bemühungen, etwas aus sich zu machen.
„Das Leben ist kein Actionfilm, Mr. Korovin. Niemand applaudiert, wenn Sie herbeistürmen und eine Frau ohne ihre Zustimmung küssen. Viel eher wird man Sie wegen Belästigung verklagen.“
„Sie haben recht.“ Sein gelangweilter Ton sollte sie reizen, und es funktionierte. In ihren Augen blitzte es zornig auf. „Gut, dass Sie mich daran erinnern, wie prozessfreudig man in den USA ist. Sollte ich also demnächst einen Lastwagen auf Sie zurasen sehen, werde ich nichts tun, um zu verhindern, dass Sie unter die Räder geraten.“
„Unsere Wege werden sich nie wieder kreuzen.“
Diese arrogante Abfuhr befeuerte sein Verlangen nach ihr nur noch mehr. Er hatte sie im Arm gehalten, ihre Hitze gespürt, das Feuer in ihrem Inneren. Die Frau, die ihn seit Jahren vernichten wollte.
„Und dafür bin ich dankbar“, fuhr Miranda hochnäsig fort. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss Schadensbegrenzung betreiben. Schließlich hat die halbe Welt dabei zugesehen, wie ich einem Macho aus Hollywood gestattet habe, mich zu küssen …“
„Seien Sie doch ehrlich, Frau Professor. Falls Sie das können.“ Ihre Blicke trafen sich, und Ivan war nicht länger amüsiert, fasziniert oder gar gelangweilt. Es war, als hätte sie etwas in ihm geweckt, was seit Langem tief in ihm vergraben lag – wie die Dämonen, gegen die er ankämpfte. „Sie haben den Kuss erwidert, Milaya.“
Der Treffer saß, wie die Röte bewies, die erneut ihre Wangen überzog. Die Wahrheit stand ihr auf die Stirn geschrieben. Er konnte sie gegen Dr. Sweet verwenden, wenn er wollte.
Und das wollte er. „Und es hat Ihnen gefallen.“
Miranda zog die Tür ihres Hotelzimmers in Georgetown hinter sich ins Schloss, lehnte sich mit dem Rücken dagegen, ließ sich zu Boden gleiten, zog die Knie an die Brust und senkte den Kopf darauf.