Ivy und Eden - Jo Poppkins - E-Book

Ivy und Eden E-Book

Jo Poppkins

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Beschreibung

Xaver hat sich das Schreiben von David Edens Biografie zu einfach vorgestellt. Der erfolgreiche Schauspieler beharrt darauf, dass ohne das Zutun und die Freigabe einer alten Freundin nichts veröffentlicht werden darf. Leider ist diese Frau absolut nicht an der Zusammenarbeit interessiert und blockt alle Überredungsversuche ab. Also fährt Xaver persönlich den ganzen Weg von Berlin nach Schneverdingen, um seinen gesamten Charme spielen zu lassen. Womit er nicht rechnet ist, dass Ivy Simmer nicht nur die gesamte Macht über Edens Geschichte in den Händen hält, sondern eine ganz eigene zu erzählen hat, die Xaver auf eine Art und Weise nahe geht, die sein Leben verändert.

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Für die gebrochenen Herzen

Manche Menschen werden so sehr geliebt, dass sie vergessen, wer sie sind. Sie stapelt ihre Erinnerungen und Wünsche in eine Geisterstadt. Schicke Fassaden, ein Straßenfest, aber kein Leben in den Häusern. Dann sitzen sie vor der Tür ihres Erfolgs, warten auf die Reisenden, die ein paar Stunden mit ihnen verbringen, und sind so einsam wie man nur sein kann.

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

DANKSAGUNG

KAPITEL 1

Das kleine verwitterte Haus stach mit den roten Ziegeln aus der Landschaft der lilafarbenen Heideblüten heraus, als wollte es gefunden werden. Aber Xaver wusste, dass die alte Frau, die es bewohnte, keine Einladungen aussprach. Im Gegenteil, sie hatte ihm sehr deutlich gesagt, wie unerwünscht sein Anliegen war.

Er war den ganzen Weg von Berlin nach Schneeverdingen gefahren, weil sie ihn am Telefon nicht mal ausreden ließ. Seine ausführlichen Briefe blieben unbeantwortet, was sein Projekt zum Scheitern brachte, bekäme er sie auf diesem Weg nicht umgestimmt.

Xaver machte eine kurze Pause, weil er längere Märsche nicht gewohnt war. Vor allem keine in der sengenden Sonne, die an diesem Nachmittag gnadenlos auf ihn niederbrannte. Dieses Naturschutzgebiet durfte nicht mit dem Auto befahren werden. Es war ihm ein Rätsel, wie die Zweiundsiebzigjährige ihre Einkäufe hierherschaffte, aber es erklärte zumindest, warum er die Briefe nur an ein Postfach schicken konnte.

Sicher wusste sie schon längst, dass er kam. Er war der dunkle Fleck, der sich stadtmenschgleich durch die Natur quälte.

Zum Haus gehörte ein winziger Garten, der nahtlos in die Heidelandschaft überging. Verwildert mit Heidelbeersträuchern und Tomatenpflanzen in großen Tontöpfen direkt am warmen Mauerwerk unter dem kleinen Fenster. Neben der grünen Haustür stand eine ebenso grüne Holzbank.

Xaver lief der Schweiß den Rücken hinab. Wenn er vor ihr stand, würde er das elende Bild eines verschwitzten Anzugträgers darstellen, der mit den staubigen, schwarzen Slippern keinen Schritt mehr gehen konnte.

Innerlich legte er sich alle Worte zurecht, die er sagen wollte, damit sie nicht sofort die Tür vor seiner Nase schloss. Angefangen bei David Eden, der stur darauf bestanden hatte, dass ausschließlich Ivy Simmer beim Schreiben seiner Biografie helfen dürfe. Er selbst wollte nichts damit zu tun haben. Bei jedem Versuch, ihn umzustimmen hatte er immer nur gesagt: „Die Einzige, die meine Geschichte korrekt und unverfälscht erzählen kann, ist Ivy. Wenn Sie das nicht schaffen, haben Sie nichts.“

Es hätte geholfen, wenn Herr Eden den Kontakt hergestellt hätte, aber selbst das wollte er nicht. Xaver wusste nicht mal, warum ausgerechnet diese Frau es sein musste. Nach seinen Recherchen hatten sie nichts miteinander zu tun gehabt. Sollte er von ihr wieder weggeschickt werden, wollte er wenigstens für dieses Rätsel die Lösung wissen.

Die Tür öffnete sich, als er nur noch fünf Meter entfernt war, aber Frau Simmer erschien nicht im Durchgang. Xaver räusperte sich und nahm eine gerade Haltung ein. Entschlossenheit und Verhandlungsgeschick waren stets seine Verbündeten, wenn er etwas erreichen wollte. Man sagte ihm auch einen bestechenden Charme nach, den er bei persönlichen Gesprächen geschickt einsetzte, aber dafür hätte sie ihn ansehen müssen. Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare, die über die Ohren reichten und dringend geschnitten werden mussten. Er legte Wert auf ein ordentliches Erscheinungsbild – Anzug, Hemd, gute Schuhe – aber der Dreitagebart und die etwas zotteligen Haare gehörten als Stilbruch irgendwie dazu.

Seine Freundin sagte, die grauen Schläfen würden ihn verwegen aussehen lassen. Aber als er immer dichter auf das Haus zuging, fragte er sich, ob Frau Simmer sein Aussehen nicht mit dem Stempel Journalistenpack versehen würde. Er erreichte die Tür und drückte leicht dagegen, damit sie sich weiter öffnete.

„Frau Simmer?“

„Der Kaffee ist gleich durchgelaufen, kommen Sie rein, Herr Falkenstein.“ Ihre Stimme klang warm, viel freundlicher als am Telefon.

„Woher wissen Sie, dass ich es bin?“ Er schob die Tür hinter sich ins Schloss und ging den kurzen Flur entlang in die Stube. Jede Wand des kleinen Wohnzimmers war zugestellt mit Regalen, in denen Bücher standen. Außerdem gab es noch ein dunkelrotes Sofa, einen passenden Sessel mit Leselampe und auf dem Couchtisch standen zwei Tassen und ein Teller mit Gebäck bereit.

„Sie sehen genauso aus wie ich es erwartet habe“, sagte sie freundlich und kam mit einer Kaffeekanne aus der Küche.

„Sie nicht“, sagte er unbedacht und legte sich sofort eine Hand über den Mund.

Frau Simmer lächelte und deutete auf das Sofa. In ihrer engen, schwarzen Kleidung wirkte sie wie eine alte Diva, die die Pflege ihrer Schönheit selbst in der einsamen Heide routiniert weiterführte. Sie wirkte nicht wie zweiundsiebzig, auch wenn die grauen, langen Haare über ihre Schultern fielen und feine Falten um Mund und Augen lagen.

„Setzen Sie sich. Möchten Sie nach dem kleinen Marsch ein Glas Wasser zum Kaffee?“

Sie brachte ihn vollkommen aus dem Konzept. Xaver nickte nur, um sich etwas mehr Zeit zu verschaffen.

Er streifte seine Schuhe ab und betrat den weichen Teppich, der warm und kakaobraun den Boden bedeckte. Jedes Geräusch wurde angenehm gedämpft – ein friedlicher Ort.

„Bekommen Sie hier oft Besuch?“, fragte er durch die offene Tür und setzte sich auf das Sofa. Das Polster ließ ihn einige Zentimeter einsinken.

„Sie sind der erste Besucher seit zwei Jahren“, hörte er sie sagen. „Um das zu würdigen, trinken wir einen Kaffee zusammen, Ihr Weg soll ja nicht ganz umsonst gewesen sein.“

Sie kam zurück und stellte ein Glas mit schwarzem Aufdruck vor ihm ab.

Das größte Glück ist die Summe kleiner Freuden.

Er trank einen Schluck Wasser und sah zu, wie sie Kaffee in die Tassen goss. In einem Kännchen stand Milch bereit, daneben der passende Zuckerpott. Kleine Blumen rankten über das weiße Porzellan.

„Ich hoffe, dass Sie mir erlauben, ihnen die Gründe für mein persönliches Erscheinen zu erläutern“, sagte er umständlich. Er fühlte sich in dem verschwitzten Anzug noch immer unwohl und fand noch nicht zu seiner üblichen Selbstsicherheit zurück.

Als Frau Simmer lachte, bildeten sich viele Falten in ihrem Gesicht, was sie unfassbar lebendig aussehen ließ.

„Das weiß ich alles schon“, sagte sie ablehnend. Sie setzte sich in den Sessel und legte die Füße auf den dazugehörigen Hocker. „Das haben Sie schließlich alles in Ihren Briefen schon erwähnt. Bla bla bla, sein Wunsch, dass seine Biografie geschrieben wird, bla bla bla, aber ich sei die Einzige, die Ihnen dafür Informationen geben dürfe, bla bla bla, ohne meinen Segen dürfe kein einziges Wort gedruckt werden.“ Mit einer anmutigen Geste nahm sie Tasse samt Unterteller zur Hand und trank einen Schluck. „Sparen Sie sich die Mühe. Ich werde es nicht tun.“

„Aber Sie haben mir noch nicht gesagt, warum Sie es nicht tun wollen.“ Xaver schippte sich vier Portionen Zucker in seinen Kaffee und rührte lautstark um. Er bemerkte, wie sie tadelnd auf seine Hand schaute und legte den Löffel beiseite.

„Alle Menschen sind andauernd so laut und unbedacht bei ihren Bewegungen. David war es damals nicht. Kann man sich heute nicht mehr vorstellen, nicht wahr?“

Mit einem Finger tippte sie sich gegen die Lippen und dachte nach. „Sie haben recht, ich bin Ihnen eine Begründung schuldig.“ Entschlossen stellte sie die Tasse zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

Dass sie nun in das Gespräch mit einstieg, stimmte Xaver zuversichtlich. Also lehnte er sich zurück und genoss es, dass die Überzeugungsarbeit losgehen konnte.

„Der David, den ich kannte, ist schon vor Jahrzehnten gestorben“, sagte sie nüchtern.

Sie strich sich die Haare zurück und sah Xaver abschätzend an. „Der Mann, den Sie als David Eden kennen, ist dagegen eher eine traurige Figur. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es noch irgendjemanden gibt, der sich an den alten David erinnern kann. Irgendwann hat er jedem den Rücken gekehrt, der ihn bis dahin auf seinem Lebensweg begleitet hatte.“

„Vielleicht sollen Sie mir deshalb helfen, seine Biografie zu schreiben? Ehrlich gesagt, ist mir ihr Name bis vor kurzem nicht geläufig gewesen, dabei dachte ich, ich wüsste alles Relevante über ihn.“

Ein alter Schmerz zeigte sich auf ihrem Gesicht. David Edens beeindruckende Schauspielkarriere mit all den positiven und negativen Begleiterscheinungen war unsagbar erzählenswert, sie musste einfach zustimmen. Wenn das Buch fertig war, würde die Verfilmung nicht lange auf sich warten lassen. Es tat ihm leid, dafür alte Wunden bei ihr aufzukratzen, aber es war unvermeidbar.

Nun sah sie ihn abschätzend an. „Sie haben ihn nicht gefragt, warum ausgerechnet ich das machen soll?“

Verlegen legte er seinen Kopf schief und zuckte mit den Achseln. „Doch, natürlich, aber darüber wollte er nicht reden. Er sagte nur, dass er Ihnen vertraut. Immerhin haben Sie nun die Macht über das, was die Öffentlichkeit über ihn erfahren soll.“

Mit dieser Antwort war sie nicht zufrieden. Sie rümpfte die Nase und wurde distanzierter. „Na, das hat er sich ja wunderbar ausgedacht.“ Das Telefon klingelte, aber Frau Simmer schien nicht mal darüber nachzudenken, das Gespräch anzunehmen. Sie stützte sich auf eine Sessellehne und fixierte ihren Gast wie eine Nachbarin, die einen Jungen beim Kirschen klauen erwischt hatte.

„Es ist nur sein Wunsch, weil ich noch alle Briefe, Erinnerungsstücke und Emails besitze, die er mir im Laufe unserer Freundschaft geschrieben oder gegeben hat. Der neue David war zu beschäftigt für zu persönliche Kommunikation.“ Sie schnaufte wütend. „Und ich war vermutlich die einzige Frau in seinem Leben, die ihn trotzdem fortwährend liebte, ohne sein fürchterliches Verhalten das Bild verwischen zu lassen, das ich von ihm hatte. Zumindest ein paar Jahre lang. Davon ist heute nichts mehr übrig. Ich habe ihm vor langer Zeit den Rücken gekehrt und es vermieden, ständig zurückzuschauen.“

Von der Liebesgeschichte wusste er nichts. „Sie waren ein Paar?“

Frau Simmer winkte ab. „Himmel nein. Ich war niemals mehr als eine Begleitung für seine Lebensveränderungen. Dafür brauchte er mich. Oft ist er wie ein Ritter in schimmernder Rüstung gewesen, der darauf angewiesen war, dass ihm jemand aufs Pferd half. Das konnte ich richtig gut. Immer verlässlich zur Stelle, nur um ihm dann hinterherzuschauen, wenn er davongeritten ist.“

Xaver hatte das Gefühl, dieses kleine Haus erst dann wieder verlassen zu können, wenn er alles gehört hatte. Er erblickte soeben die Spitze des Eisbergs und es kostete ihn unendlich viel Geduld, behutsam vorzugehen, damit sie ihn nicht rausschmiss. Schon in den wenigen Worten steckten so viel Tragik und Geschichte, wodurch David Eden gänzlich anders beleuchtet wurde, als es im Jubel der öffentlichen Meinung immer passierte.

„Denken Sie nicht, dass es genau darum geht? Seinen Wandel und die Schattenseiten seiner Karriere?“

Mit Tränen hatte er nicht gerechnet. Sie glitzerten in ihren Augen wie Diamanten, als würde Frau Simmer auch den alten Schmerz wie einen Schatz hüten. „Es hat ihn in den letzten Jahren unserer Freundschaft nicht interessiert, wie es mir ging, ob ich ihn brauchte oder ob ich einsam war. Er kam immer nur dann zu mir, wenn er große Neuigkeiten hatte oder er sich der einzigen beständigen Zuneigung in seinem Leben vergewissern wollte. Und irgendwann nicht mal mehr dann. So läuft das nicht mehr. Ich bin keine Bank, in die man hineinspazieren kann, um etwas von Davids wahrer Persönlichkeit abzuheben.“

Sie strich sich über die Augen, wobei etwas vom Kajal verschmiert wurde und an ihrem Finger haften blieb. „Nehmen Sie vom Gebäck, ich backe nicht sehr häufig, also bestehe ich darauf, dass Sie die Hafertaler kosten.“

Gehorsam griff Xaver zu und biss von dem Keks ab. Er schmeckte nach trocknem, zuckerarmem Hafer mit Mehl.

„Ich bin keine gute Bäckerin. Habe es immer gehasst. Meine Stärken lagen in anderen Bereichen.“

„In welchen?“ Er spülte die Krümel mit etwas Kaffee die Kehle hinab und ließ den Keks unkommentiert.

„Dafür müsste ich viel zu weit ausholen, aber genau das will ich ja gerade nicht tun. Ihre Anfrage hat viele Gedanken verursacht, die ich in meinem Leben so oft gedacht, überworfen und erneut zerkaut habe. Und jeder einzelne endet hier in diesem kleinen Häuschen an einem abgeschiedenen Ort. Wenn mein einziger Wert darin besteht, David Eden unvergessen zu machen, dann bin ich noch armseliger als erwartet.“

Xaver hatte vor seiner Reise über Ivy Simmer recherchiert. Sie war die Tochter eines amerikanischen Soldaten und einer deutschen Trümmerfrau. Sie arbeitete an unterschiedlichen Theatern und Opern in Berlin und Hamburg als Maskenbildnerin bis sie mit Sechzig Jahren in Rente ging. Mehr gab es nicht zu finden. Keine Hochzeiten, keine Kinder, keine Beziehungen mit irgendwelchen Schauspielern. Dem Aussehen nach, hätte sie selbst Künstlerin gewesen sein können.

„Nun gut“, sagte sie mit einem gewissen Unterton, der Xaver sagte, dass er sich nicht gerade auf der Siegerstraße befand. „Sie sagen also, ich soll Ihnen alles sagen, was ich über diesen Mann weiß, und ohne meine Freigabe wird nicht ein Wort davon gedruckt?“

Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend nickte er.

„Und Sie dachten, Sie kommen gegen meinen Willen einfach vorbei und gehen mit einem Berg Notizen wieder nach Hause?“

Xaver dachte an den alten Mann, der so stur in diesem Punkt gewesen war. „Ohne Sie werde ich die offizielle Biografie nicht schreiben können.“

„Und warum sollte mich das interessieren?“

Es war, als hätte er ihre Zustimmung fast schon greifen können, aber sie besaß einen wachen Verstand, der kein falsches Wort verzeihen würde.

„Als ich zu ihm kam, hatte ich bereits einen langen Text über seine Karriere in der Tasche. Ich dachte, er würde sofort begeistert sein und nur noch ein paar persönliche Erzählungen hinzufügen. In meinem Beisein fing er an zu lesen und legte den Ausdruck schon nach der zweiten Seite weg.“ Bei dieser Erinnerung spürte er noch jetzt, wie sehr ihn das gekränkt hatte. „Sowas ist mir noch nie passiert. Normalerweise sind die Prominenten überrascht, wie gut ich recherchiert habe und die restliche Arbeit verläuft schnell und produktiv. Aber David Eden schüttelte den Kopf und sagte, das würde nur zeigen, zu was für einem Mann er geworden sei, aber nicht seine Geschichte erzählen.“

In ihren Augen erkannte er, dass David Edens Verfügung ihr etwas bedeutete.

„Er sagte, Sie wären immer ehrlich zu ihm gewesen. Ob er es hören wollte oder nicht. Weder seinen Ruhm, noch sein Geld haben Sie interessiert.“

Sie legte ihre Finger an die Lippen und dachte nach. Ihre Mundwinkel zuckten, als würden die Widersprüche stimmenlos daran festhängen.

„Sagen Sie mir, warum Sie ausgerechnet seine Biografie schreiben wollen. Wegen des Erfolgs? Das wird garantiert ein Bestseller.“

Diese Antwort war leicht. „Hamlet.“

Er lachte und verlagerte entspannt sein Gewicht und lehnte sich lässig zurück. „Es war das erste Theaterstück, das ich in meinem Leben live auf einer Bühne gesehen habe, und David Eden spielte den Hamlet. Mit meinen damals neun Jahren saß ich gebannt auf meinem Platz und hielt gefühlt die gesamte Zeit die Luft an.“

Tatsächlich war das einer der stärksten Momente in seiner Kindheit gewesen, weil die Liebe fürs Theater entbrannt und bis zu diesem Tage nicht erloschen war. Eden spielte den Hamlet mit so viel Leidenschaft, dass Xaver von da an seine Karriere mitverfolgte.

Frau Simmer sank in sich zusammen und sah nachdenklich aus dem Fenster.

„Ich erinnere mich an das Stück. Damals war mir für jede Premiere ein Platz in der ersten Reihe sicher. Ich habe nicht eine verpasst. Ebenso die Premieren seiner Filme. Ich dachte, es würde immer so weitergehen.“ Sie atmete tief durch, dann lachte sie freudlos. „Wollen Sie wissen, was heute Morgen auf meinem Kalender stand?“

Xaver nickte auffordernd.

Mit einem Lächeln stemmte sich die alte Frau hoch und holte den Kalender aus der Küche. Sie reichte ihn über den Tisch, zwei Drittel der Seiten waren bereits abgerissen.

„Jeder Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt“, las er vor und ließ den Kalender sinken.

„Dem ersten Schritt“, wiederholte sie und setzte sich. „Bei mir beginnt jeder Tag mit dem ersten Gedanken an David. Und mein Weg hat mich seinetwegen hierhergebracht.“ Mit einer stolzen Haltung strich sie sich die Haare zurück. „Sie sind ein hartnäckiger Mann, Herr Falkenstein.“

„Und es tut mir ehrlich leid, Sie zu bedrängen. Meine Freundin sagt, ich solle Ihre Ablehnung respektieren, aber es lässt mich einfach nicht los, verstehen Sie das?“

Lächelnd nickte sie. „Oh ja, sogar sehr gut. Wenn David sich damals etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er auch nicht mehr davon abzubringen gewesen. Es war bei ihm wie ein Zwang, es erstrecht zu tun, wenn andere ihm Steine in den Weg legten.“

Noch immer sagte sie nicht zu, aber sie schien zu schwanken.

„Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“

Traurig schlug sie die Augen nieder. „Vor fünfundzwanzig Jahre. Hat er dazu nichts gesagt?“

Das hatte er nicht, aber das mochte er nicht zugeben, weil sie ohnehin schon recht zornig wirkte.

„Schon gut.“ Sie winkte ab. „Natürlich nicht. Wissen Sie, wie das ist, wenn man vor einem geliebten Menschen steht und in seinen Augen nicht mehr erkennen kann, wie er zu einem steht? Ob man noch erwünscht ist oder überhaupt gemocht wird?“

Xaver schüttelte den Kopf. „Ich gehöre eher zu denen, die sich über sowas keine Gedanken machen.“

Die gewölbte Augenbraue brachte eine Menge Wertung zum Ausdruck. „Wollen Sie mir erzählen, dass Sie bei Ihrer Freundin niemals Bestätigung suchen?“

Diese Gegenfragen musste er jetzt durchhalten, wenn er erfolgreich sein wollte. „Schon, aber bislang sind nie Zweifel aufgekommen.“

Ihr Blick wurde leer. „Lieben Sie sie?“

„Ja, auf jeden Fall.“ Diese Antwort kam zu schnell und war auch nicht angemessen formuliert. Über seine Gefühle redete er nicht gerne, egal mit wem.

Mit einer Hand umfasste sie einen kleinen Kettenanhänger, der bis dahin unter ihrem schwarzen Pullover versteckt gewesen war. Xaver erkannte ein silbernes Kleeblatt. „Bis ich David kennengelernt habe, dachte ich auch, ich würde wissen, was Liebe ist.“ Sie sah ihn wieder an und ein Lächeln entspannte ihre Züge.

„Was sind Sie für ein Mann, Herr Falkenstein?“

Von der Frage überrumpelt zuckte er mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Niemand Besonderes. Ich bin gut in meinem Job.“

Ihr Blick wurde streng. „Sie schreiben über andere und wissen nicht, wer Sie selbst sind?“

Natürlich wusste er, wer er war, aber nicht, was sie von ihm hören wollte. Er schloss seinen Mund wieder und rieb sich mit beiden Händen über die Oberschenkel. Ihre Musterung war unangenehm, als könne man ihr nichts vormachen, und das, was sie in ihm sah, entschied darüber, wie alles weiterging.

„Sind Sie schon mal in Davids Wohnung in Berlin gewesen?“

Kopfschüttelnd dachte er an das Treffen mit David Eden. „Als ich ihn in der Nähe in einem Café getroffen habe, schwärmte er von der zentralen Lage und dass von allen Immobilien, die er sich im Laufe seines Lebens angeschafft hat, diese kleine Wohnung immer die beste Investition gewesen sei.“

Frau Simmer verdrehte die Augen. „Schon klar“, sagte sie abfällig. „Alle seine Objekte sind nur Investitionen – zu einem Zuhause hat es nie gereicht.“ Seufzend reckte sie das Kinn leicht in die Höhe und rutschte auf die Sofakante vor. „Ich muss nur ein paar Sachen packen, dann können wir los.“

Bevor Xaver verstand, was gerade passierte, verließ sie den Raum. Eine Mischung aus Unglaube und Bauchschmerzen entstand in seinen Eingeweiden. Sie kommt mit? Jetzt?

Er hörte ihre Schritte auf der Holztreppe, die in das obere Stockwerk führte.

„Moment, Sie wollen mich nach Berlin begleiten?“, rief er ihr nach, stand auf und ging in den kleinen Flur.

„Denken Sie, Davids Geschichte lässt sich hier in der Heide erzählen?“ Von oben sah sie am Geländer vorbei. „Ich bin lange nicht in der Wohnung gewesen, es werden sicher einige Erinnerungen wach, wenn ich dort bin. Außerdem ist mir gerade etwas bewusst geworden.“

Er trat dichter an die Treppe heran. „Das wäre?“

„Man kann nicht weglaufen und die Zeit heilt keine Wunden, sie hilft nur bei kleinen Kratzern.“ Unvermittelt schenkte sie ihm ein Lächeln. „Fünfundzwanzig Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Das ist wohl meine letzte Chance, ihm nochmal zu begegnen.“

Xaver wusste, was sie meinte, aber ihre spontane Entscheidung zog einige Konsequenzen nach sich. Angefangen bei der Notwendigkeit, alle Termine der nächsten Tage zu verlegen. Sollte sie es sich nach einer Weile anders überlegen, wollte er die Zeit genutzt haben.

Seine Freundin würde nicht begeistert sein, wenn er so unvermittelt alle Pläne über den Haufen warf, aber die Arbeit ging vor.

„Spülen Sie doch bitte die Tassen ab“, sagte Frau Simmer und drehte sich von der Treppe weg.

Gehorsam kehrte er in die Stube zurück, nahm die Tassen und ging Richtung Küche. Dabei fiel sein Blick auf ein Foto am einzigen regalfreien Fleck neben dem Durchgang. Es zeigte Frau Simmer mit ungefähr Zwanzig, wie sie zusammen mit David Eden herzhaft lachte. Sie saßen an einem Strand, hinter ihnen waren noch andere zu sehen, alle schienen frisch aus dem Wasser gekommen zu sein. Die wirren Haare umrahmten nass die Gesichter, Sand klebte auf der Haut und die Handtücher lagen locker um ihre Schultern. Ein unbeschwerter, glücklicher Moment. Xaver stellte die Tassen ab und zog sein Smartphone aus dem Jackett. Er ging sicher, dass es auf lautlos gestellt war, und machte ein Foto von der Aufnahme.

Sie sahen wie eine Einheit aus, als würden Iyv und David zweifelsohne zusammengehören. Auch wenn es ihm leidtat, dass die Geschichte nicht gut ausgegangen war, aber er konnte es kaum erwarten, sie zu hören.

In der Küche musste er blinzeln, weil die Sonne durch die große Fensterfront schien und den gesamten Raum zum erstrahlen brachte. Er war genauso groß wie das Wohnzimmer, mit einer gemütlichen Sitzecke bei den Fenstern und cremefarbenen Holzschränken. Rote Sitzkissen mit kleinen hellen Blümchen lagen auf den Bänken, Kräuter hingen an schnüren an der Gardinenstange und Bücher standen auch hier auf der Fensterbank. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Notizbuch mit einem Kugelschreiber. Xaver ging etwas dichter und versuchte die Schrift zu entziffern. Es war in Sütterlin geschrieben, was Xaver noch dunkel von seinen Großeltern kannte. Beim besten Willen, konnte er kein Wort lesen. Also konzentrierte er sich weiter auf das Geschirr und spülte erst die Tassen, Unterteller, seinen Löffel und zuletzt die Kanne ab. Das Glas Wasser leerte er in einem Zug, bevor er es ebenfalls säuberte.

Als Frau Simmer zu ihm kam, trocknete er gerade das letzte Teil ab und stellte es neben das Notizbuch auf den Tisch.

„Haben Sie versucht, es zu lesen?“, fragte sie und nahm das Büchlein vom Tisch.

„Ehrlich gesagt, ja. Es ist so eine Berufskrankheit, dass man manchmal seine Manieren vergisst. Entschuldigung.“

Frau Simmer lachte. „Deswegen schreibe ich alles in altdeutscher Schrift.“ Sie steckte das Buch in eine große Handtasche neben der Sitzbank und hängte sich die Tasche über eine Schulter.

„Die Tassen und das Glas kommen in den Schrank“, wies sie ihn an und deutete auf eine kleine Holztür über der Spüle.

Xaver mochte sie. Sie war taff, unerwartet und das absolute Gegenteil von dem Hausmütterchen, das er vermutet hatte.

Gehorsam verstaute er das Geschirr und sah sich dann einer abreisebereiten Frau gegenüber, die einen letzten Blick durch ihr Haus schweifen ließ.

„Sind Sie immer so spontan?“

Frau Simmer grinste. „Eine meiner bestechenden Eigenschaften. Und wenn ich eines gelernt habe, mein Junge, dann dass man im Leben eh nichts planen kann. Alles kommt so wie es will und wann es will. Da ist es besser, man ist flexibel.“

Ihm war es nur recht. Allerdings musste er über mein Junge schmunzeln, weil er das mit seinen fünfundvierzig Jahren schon lange nicht mehr gehört hatte.

Im Flur stand ein Koffer bereit. Xaver zog seine Schuhe wieder an und wollte das Gepäck schon mal nach draußen tragen, aber Frau Simmer legte ihm eine Hand auf den Arm.

„Diesen Koffer nehme ich. Seien Sie doch bitte so gut, den von oben zu holen.“

Er war sich nicht sicher, ob er zwei Koffer in den Kofferraum bekommen würde. Den Sportwagen hatte er nicht für Einkäufe oder Reisen gekauft.

Am Treppenabsatz stand ein doppelt so großer Koffer, den er kaum anheben konnte. Stöhnend und ächzend wuchtete er ihn die Treppe hinunter und war erneut schweißgebadet, was Frau Simmer mit einem amüsierten Lächeln quittierte. All das war der Preis für ihre Hilfe. Xaver musste an den weiten Weg zum Auto denken und spürte einen Anflug von Verzweiflung in sich aufkommen.

Frau Simmer schien seine Gedanken zu lesen. „Glauben Sie, ich würde hier draußen wohnen, wenn ich mir nicht gut zu helfen wüsste?“

Sie ließ ihm den Vortritt und sperrte die Tür gut ab. Dann ging sie hinter das Haus und holte ein Fahrrad mit einem großen Anhänger hervor, in dem beide Koffer gut Platz fanden.

„Nun können Sie diesen skeptischen Gesichtsausdruck gerne wieder in etwas Freundlicheres ändern.“ Sie rollte das Fahrrad bis zu ihm und machte unmissverständlich klar, dass er das Schieben übernehmen sollte.

„Das ist es nicht, ich weiß nur nicht, ob die Koffer in meinen Wagen passen werden.“

Sie sah sich ein letztes Mal um, dann hakte sie sich bei ihm unter und sie gingen los.

„Um ehrlich zu sein, mache ich mir um solche Dinge keine Gedanken. Ich gehe lieber auf alles zu, probiere es aus und wenn etwas nicht passt, finde ich eine Lösung. Die Menschen machen sich ständig viel zu viele Gedanken über Eventualitäten. Ich finde das ermüdend.“ Mit geschlossenen Augen schritt sie neben Xaver her und ließ sich die Sonne aufs Gesicht scheinen. „David war auch so. Er wollte ständig die Kontrolle über alles haben, was ihm einige böse Überraschungen bescherte. Ich glaube, eine Zeit lang hat er es sehr genossen, eine Chaotin wie mich zu kennen. Ich war betont unplanbar – im Guten und im Schlechten.“

Xaver hätte gerne die Diktierfunktion seines Smartphones aktiviert, aber er hatte keine Hand frei.

„Also ich habe Herrn Eden nicht gerade als kontrollsüchtigen Menschen kennengelernt.“

Sie öffnete ihre Augen, die im Sonnenlicht tiefblau funkelten.

„Wie gesagt, Sie kennen auch einen anderen David als ich.“ Mit einer stolzen Haltung und der Hand auf Xavers Arm bestimmte sie die Geschwindigkeit mit der sie den Weg zurücklegten.

„Dieser David hat die Kontrolle gegen Mauern eingetauscht. In so einer kleinen Welt muss man nichts kontrollieren, weil nichts reinkommen kann.“ Sie blieb stehen und bückte sich nach einem Stein, den sie nachdenklich zwischen ihren Fingern drehte. „Enttäuschungen verändern Menschen, ob sie es wollen oder nicht. Aber wir greifen vor. Ich finde, bevor wir weitermachen, erzählen Sie erst mal mehr über sich. Immerhin wollen Sie sehr intime Dinge erfragen, und ich möchte wissen, ob ich die Informationen in vertrauenswürdige Hände gebe.“

Sie setzten ihren Weg fort, der Stein drehte sich weiter zwischen ihren Fingern, während sie wieder die Augen schloss und zufrieden aussah.

„Nun, was soll ich Ihnen erzählen?“, fragte er rhetorisch. „Ich bin fünfundvierzig Jahre alt, geschieden, habe einen Sohn, der Politikwissenschaften studiert, eine Lebensgefährtin, die sehr viel arbeitet, und eine ausgeprägte Vorliebe fürs Theater.“

„Sehen Sie ihren Sohn oft?“

Xaver dachte an Lukas. „Inzwischen ja. Genaugenommen habe ich ihn vor fünf Jahren erst richtig kennengelernt.“

„Weil er es wollte?“

Kopfschüttelnd rief er sich die Situation ins Gedächtnis. „Er hatte einen Vater, mich brauchte er nicht. Meine Ex-Frau hat einen großartigen Ersatz für mich gefunden.“

Er sah den inzwischen jungen Mann in das Café kommen und mit verschränkten Armen auf die Worte seines Erzeugers warten. „Mein Vater war in jenem Jahr gestorben und mir wurde bewusst, dass ich plötzlich das Ende der Kette darstellte.“

„Was haben Sie gesagt, damit Ihr Sohn Ihnen verziehen hat?“

Xaver erinnerte sich an kein einziges Wort. Er hatte sich um Kopf und Kragen geredet, aber nichts davon fiel ihm wieder ein. „Das weiß ich nicht mehr, ich denke, er hatte anfangs nur Mitleid mit mir. Inzwischen sind wir eher Freunde als Vater und Sohn, aber es ist sehr schön. Meine Partnerin ist öfter mit ihm einer Meinung als mit mir. Zusammen mit seiner Freundin macht das dann Drei gegen Eins. Das erdet mich irgendwie.“

Er spürte einen leichten Druck ihrer Hand, eine Art Lob für seine Ehrlichkeit. Normalerweise sprach er mit Fremden nicht über derartig persönliche Dinge, aber bei ihr fiel es ihm ganz leicht und irgendwie fühlte es sich auch gut an.

In einiger Entfernung konnte er sein Auto auf dem Parkplatz sehen. Der Rückweg kam ihm viel kürzer vor.

„Das ist wirklich ein malerischer Ort.“

Frau Simmer sah sich blinzelnd um. „Ja, dieser Ort ist meine Erdung. Früher habe ich jede freie Minute damit verbracht, in meinen Computer zu starren, auf neue Mails zu warten oder mich mit Fernsehen abzulenken. Ich war ein regelrechter Stubenhocker. Und ich glaubte auch noch, dass all das wichtig gewesen wäre. Meine Augen wurden schlechter, ich wurde krank, und so schaltete ich eines Tages alles aus und nie wieder ein. Das hätte ich viel früher tun sollen.“ Sie sah nach vorne und betrachtete den Toyota GT-86 in inferno Orange metallic.

„Oje, Sie haben recht, da kriegen wir niemals beide Koffer rein.“

„Können Sie nicht auf einen verzichten?“ Die Aussicht, einen der Koffer wieder zum Haus zurückzubringen, war nicht gerade verlockend, aber selbst auf dem Dach hätte man nichts festbinden können.

„Welchen würden Sie denn vorschlagen? Den mit meiner Kleidung und den Badartikeln oder den mit allen Aufzeichnungen, Briefen, Emails und Erinnerungsstücken, die wir für die Arbeit benötigen?“

Xaver fragte sich, ob man den Inhalt beider Koffer einfach in den Kofferraum kippen konnte, aber Frau Simmer lachte. „Keine Sorge, wir nehmen beide mit, ich habe mir nur einen Spaß mit Ihnen erlaubt.“ Sie zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche und betätigte eine Fernbedienung. Weiter hinten flammten die Warnblinker eines roten Minivans auf. „Dachten Sie ernsthaft, ich würde hier draußen wie eine alte Einsiedlerin hausen?“

Sie zog ein Smartphone aus ihrer schwarzen Jacke. „Ich fahre Ihnen hinterher und wir reden über die Freisprechanlage weiter. Sie haben doch eine in Ihrer Keksdose, oder?“

Ertappt musste Xaver anerkennend den Kopf schütteln. „Das macht Ihnen Spaß, oder?“

Sie zuckte amüsiert mit den Augenbrauen. „Berufskrankheit einer ewig Unterschätzten.“

Er half ihr, die Koffer in den Wagen zu laden. „Haben Sie ein bestimmtes Hotel im Sinn?“

Frau Simmer klimperte mit den Schlüsseln. „Zumindest seine Wohnung stand mir immer offen, ich denke, daran hat sich nichts geändert. Wenn wir über ihn reden, werde ich auch bei ihm wohnen.“

Eine unerwartete Reise kann der Beginn Einer neuen Freundschaft sein. Oder das Ende einer alten. Oder die Begegnung mit sich selbst.

KAPITEL 2

Auf der Fahrt von Schneeverdingen zur Autobahn gab es immer wieder Funklöcher, die die Verbindung unterbrachen. Er achtete darauf, nicht zu schnell zufahren, was mit dem Sportwagen gar nicht so einfach war. Seit er den Wagen besaß, kassierte er mehr Strafzettel als in all den Jahren davor, aber dieses Auto bedeutete Spaß und Freiheit. Seine Freundin, Yvonne, saß nicht gerne auf dem Beifahrersitz, vor allem nicht, wenn sie durch die Berliner Innenstadt fahren mussten. Viele lächerliche Diskussionen fanden dabei ihre Anfänge, aber er liebte dieses Auto. Ganz gleich, ob sie es Midlife Crises auf vier Rädern nannte.

„Ist Ihnen diese Geschwindigkeit genehm?“, fragte er, nachdem die Verbindung endlich ohne Störungen stand.

„Sie können gerne etwas schneller fahren, ich melde mich schon, wenn Sie mir wegflitzen.“

Zwei Stunden der Fahrt redeten Sie über die Vor- und Nachteile von Berlin, Hamburg und München, über kleine Anekdoten aus dem Theaterleben und über seine Erfahrungen als Biograf. Frau Simmer hatte ein Talent dafür, interessante Fragen zu stellen.

„Sie wären auch eine gute Journalistin geworden“, sagte er und lachte. „Wenn wir angekommen sind, können Sie ein Buch über mein Leben schreiben.“

„Wer weiß, vielleicht tu ich das ja. Was meinen Sie, wie der Titel lauten würde?“

Xaver dachte nach. „Puh, das ist schwer. Wie soll man seinem ganzen Leben einen Titel geben?“

Die Autobahn war angenehm leer, sie kamen gut durch, die Gespräche verkürzten die Fahrt zusätzlich und trösteten darüber hinweg, dass er nicht die Geschwindigkeit seines Wagens ausreizen konnte.

„Keine Ahnung. Mir fällt kein guter Titel ein.“

Er hörte sie lachen. „Wenn wir mit allem fertig sind, werde ich Ihnen einen Titel für Ihr Leben geben.“

Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, nickte er. „Machen wir so. Wissen Sie schon, wie wir Herrn Edens Biografie betiteln sollen?“

„Spontan würde ich sagen: Alle lieben Eden, aber ich schätze, auch für ihn werden wir ganz am Ende einen ganz anderen haben.“

Xaver wusste, dass er mit seiner Hartnäckigkeit etwas losgetreten hatte, das seine Karriere nachhaltig beeinflussen würde. Anfänglich war es nur eine spontane Idee gewesen, ein Buch über David Eden zu schreiben. Er war ihm auf einer Gala begegnet und kurz mit ihm ins Gespräch gekommen. Dabei erwähnte Xaver, dass er Biograf sei und kürzlich eine Biografie über Helene Berbig veröffentlicht hatte. Er wusste, dass Eden mit Berbig einige Male zusammen vor der Kamera gestanden hatte. Auf ihren Wunsch hin, wurden persönliche Fragen zu der Zeit mit Eden abseits vom Set ausgeklammert. Insgeheime hoffte er, im Zuge dieser Biografie mehr darüber zu erfahren, weil sein Bauchgefühl ihm sagte, dass ihm einige Details vorenthalten worden waren.

Da er diskret mit Informationen umging, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren, arbeiteten berühmte Persönlichkeiten gern mit ihm zusammen. Dies würde seine zehnte Biografie in fünfzehn Jahren werden. Ansonsten schrieb er Artikel für diverse Magazine und war stiller Teilhaber einer gutlaufenden PR-Agentur. Er musste kein Enthüllungsbuch schreiben, um krampfhaft Geld zu scheffeln, ihn reizten die tatsächlichen Lebensgeschichten außergewöhnlicher Menschen.

Eine Zeit lang wurde es still und nur die Fahrgeräusche der beiden Autos waren zu hören. Das seines Autos live, das andere über die Freisprechanlage. Wenn er in den Rückspiegel sah, erblickte er Ivy Simmer in dem roten Minivan. Ihre weißen Haare leuchteten im Sonnenlicht, während die Sonnenbrille und schwarze Kleidung einen Kontrast dazu bildeten. Eine seltsame Frau. Faszinierend wie ein geheimes Buch mit Sütterlinbuchstaben. Sie war der Schlüssel zu David Edens Leben, das bis zu diesem Kennenlernen nur nach einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte geklungen hatte.

„Wollen Sie nicht blinken?“, hörte er sie irgendwann sagen.

„Oh, danke, ich wäre glatt vorbeigefahren.“

Die letzten Kilometer waren seiner Aufmerksamkeit entgangen. In seinem Kopf beschäftigte sich das Notwendige mit dem Kreativen. Er bekam langsam eine Idee davon, wie Edens Biografie aussehen könnte, vielleicht erzählte er dessen Leben einfach komplett aus ihrer Sicht?

Natürlich müsste sie ihr Einverständnis dazu geben, aber das würde er bekommen, immerhin saß sie ja jetzt auch im Wagen hinter ihm und würde in den nächsten Tagen alle Fragen beantworten, die er ihr stellte.

„Wie wäre es mit Jenseits von Eden?“, schlug er einen Titel vor.

„Echt jetzt?“, sie klang amüsiert. „Sie wollen, dass die Käufer denken, sie würden ein Buch über Nino de Angelo kaufen?“

Xaver musste lachen. „Das ist der Grund, warum man nicht alles aussprechen sollte, was einem gerade so durch den Kopf geht.“

Sie folgte ihm von der Autobahn. „Nein, das ist der Grund, warum man vertraute Menschen braucht, mit denen man über alles reden kann.“

Im Stadtverkehr redeten sie wieder nur sehr wenig miteinander. Xaver liebte Berlin, aber wenn man sich in das Straßennetz wagte, konzentrierte man sich besser. Edens Apartment lag in Charlottenburg, Xaver war ganz froh, dass die Fahrt durch die Stadt nicht so lange dauerte. Vor dem Wohnhaus waren einige Parkplätze frei, was bedeutete, dass er den schweren Koffer nur ein kurzes Stück bewegen musste. Er parkte den Wagen und sah im Rückspiegel zu, wie Frau Simmer den Minivan direkt dahinter abstellte. Dann bin ich mal gespannt, was die Tage so bringen werden.

Ivy Simmer stiegt aus, lehnte sich auf der Beifahrerseite gegen das Auto und sah an der Fassade empor. Im dritten Stock hingen dunkelgrüne Vorhänge vor den Fenstern. Das war David Edens Wohnung. Er holte die Koffer aus ihrem Wagen und ließ Frau Simmer vorgehen.

Sie nahm den Schlüssel zur Hand, verriegelte das Auto und ging los. „Es reicht, wenn Sie mir helfen, die Koffer nach oben zu bringen. Morgen können wir dann anfangen.“ Das leichtere Gepäckstück nahm sie ihm ab und zog es auf den kleinen Rollen hinter sich her.

Am liebsten wäre Xaver direkt mit reingegangen, weil er neugierig war, wie die privaten Räumlichkeiten eingerichtet waren. Es verriet viel über einen Menschen, wie er lebte, doch er konnte ihren Wunsch verstehen, nach so langer Zeit diesen ersten Schritt allein zu gehen.

Ihre Haltung änderte sich merklich. Als zögen Wolken über die Sonne. Aus Stolz wurde Tapferkeit. Ein Teil in ihm wollte ihr sagen, dass sie jederzeit wieder nach Hause fahren könne, wenn es ihr zu viel würde, aber die Neugier ließ ihn schweigen.

Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in den Dritten Stock und Frau Simmer öffnete die Wohnungstür. Es roch nach kaltem Rauch und alten Lebensgewohnheiten.

„Stellen Sie den Koffer dort hin.“ Sie deutete auf eine freie Stelle neben der Garderobe.

„In den ersten Jahren war ich fast jedes Wochenende hier. Irgendwann dann nur noch, wenn er auf Reisen war. Ich besuchte alte Freunde und kam nur zum Schlafen her.“

„Haben Sie ihn tatsächlich fünfundzwanzig Jahre nicht mehr gesehen?“

Mit aufeinander gepressten Lippen nickte sie.

Sie zog ihre Jacke aus und hängte sie an einen Haken. „Wir hatten einander alles gesagt, was wir zu sagen vermochten.“

Xaver wollte etwas Angemessenes erwidern, tatsächlich hatte er jedoch keine Vorstellung, wie es sich für jemanden anfühlte, der romantische Maßstäbe an Partnerschaften setzte. Liebe kam und ging, das war das Normalste der Welt. Mal war man traurig, mal musste man jemanden verletzen. Die meisten kamen drüber hinweg, wenige trauerten unangemessen lange. Tragisch, aber nichts Besonderes. Er war da eher der bodenständige Typ, der auch Gefühlsdinge mit einer gewissen Sachlichkeit abhandelte. Der Flur verriet nicht viel über Eden. Eine Jacke am schmucklosen Garderobenhaken, ein paar Schuhe, keine Bilder an den weißen Wänden.

Betreten blieb er neben dem Koffer stehen und wartete lieber, dass sie noch etwas sagte. Frau Simmer verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln. „Ich weiß genau, was Sie denken. Das ist mir egal, weil ich jetzt schon sagen kann, dass Sie sich irren.“

„Aber ich habe nicht …“

Mit verschränkten Armen blieb sie vor ihm stehen und signalisierte ihm, dass er sie nun alleine lassen sollte. „Sie halten mich für eine gefühlsduselige Frau, die nie überwinden konnte, dass ihre Liebe nicht erwidert wurde. Ehrlich, ich wünschte, es wäre so einfach gewesen.“

Gehorsam trat er in den Hausflur zurück und hielt ihr eine Hand entgegen. „Ich bin wirklich sehr auf Ihre Geschichte gespannt. Vielen Dank, dass Sie mir helfen werden“, sagte er respektvoll. „Sollten Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie mich bitte jederzeit an.“

Sie schlug ein, wobei sich ihre Hand ganz kalt anfühlte. Der sanfte Rausschmiss machte ihm deutlich, dass sie ihm zwar einen Gefallen tat, die Regeln jedoch von ihr festgelegt wurden.

„Das werde ich, mein Junge. Tag und Nacht, wenn’s sein muss, damit Sie auch was tun für Ihr Geld.“

Xaver musste grinsen – ja, er mochte diese alte Frau.

Der Vergangenheit zu begegnen ist ein Privi– leg, das sich wie eine Strafe anfühlen kann. Nichts lässt sich ändern. Manches behält seine Intensität, und anderes wiederholt sichwieder und wieder. Trotzdem müssen die Schritte dem Schicksal folgen. Es gibt Menschen, denen es vorbestimmt ist, einander immer wieder zu begegnen, einander zu lieben und zu verletzen, und doch niemals loslassen zu können. Nicht gestern. Nicht heute und vor allem nicht morgen.

KAPITEL 3

Ivy schloss hinter Xaver Falkenstein die Tür und atmete tief durch. Die Angst vor diesem Moment war während der Fahrt immer mehr gewachsen, und nun stand sie im Flur und hörte nur ihren eigenen Atem.

Langsam ging sie auf das Wohnzimmer zu, sie musste blinzeln, weil Tränen in ihre Augen stiegen. Unzählige Male war sie hier gewesen und selbst nach fünfundzwanzig Jahren fühlte es sich wie ihr einziges Zuhause an, obwohl sie hier nie gewohnt hatte. In der Atmosphäre waren Freude, Leid und Liebe wie Staub verteilt, der durch ihre Aufmerksamkeit tanzte. Und sie fürchtete sich davor, was ihre Entscheidung in letzter Konsequenz für sie bedeuten mochte.

Im Türrahmen zum Wohnzimmer blieb sie stehen und betrachtete den Raum. Für einen narzisstischen Mann war die Einrichtung ziemlich nichtssagend. Keine Preise auf den Regalen, keine Filmplakate an den Wänden oder andere Zeugnisse seines Schaffens. Eine Art krankhafte Scham vor dem, was er an Ruhm erzeugte, obwohl er genau dafür lebte. Stattdessen jede Menge Schnickschnack, den andere Menschen erschaffen hatten. Und ein paar Dinge, die Ivy ihm geschenkt hatte. Unter anderem eine Malerei von ihr. Sie zeigte eine Frau, die sich durch den Sturm kämpfte, wobei alles schwarz und grau war bis auf ihren roten Mantel. Auch wenn er es gelobt hatte, hatte sie nie das Gefühl gehabt, dass es ihm auch gefiel. Wenn sie alleine hier gewesen war, drehte sie es um, und nicht selten stand es noch genauso da, wenn sie wiederkam. Bis heute behielt es seinen Platz auf der Kommode auf der rechten Seite. David schaffte es nicht mal, einen Nagel in die Wand zu schlagen.

Die weißen Ledersofas zeigten Gebrauchsspuren, waren aber noch immer gut erhalten. Ein paar Bücherregale, ansonsten zwei weiße Kommoden und eine Anrichte, wo er alles verstaute, was in irgendeiner Weise aufbewahrungswert war. Kaum etwas hatte sich verändert, was vielleicht das traurigste Detail nach fünfundzwanzig Jahren war, weil es bedeutete, dass er niemals irgendwo angekommen war. Seine anderen Immobilien offenbarten sicher nichts anderes als es diese Wohnung tat. Vielleicht waren sie mehr auf Besuch ausgerichtet, mit schicken Themenzimmern und teuren Sammlerstücken. Pseudoprivat, damit Gäste was zum Reden hatten.

Als watete sie durch die zähe Masse alter Erinnerungen, wurde alles langsam und still in ihr. Sie ging zum Fenster. Mit einem Ruck zog sie die Gardinen zur Seite, öffnete einen Flügel und ließ frische Luft hereinströmen.

Die Haustür klappte, Schlüssel landeten in der kleinen Schale in der Garderobe und Schritte kamen auf das Wohnzimmer zu. Wie früher schlug ihr Herz schneller, während sie sich dafür rüstete, ihn auf Distanz zu halten. Sie war nicht hier, damit er sie mal eben um den kleinen Finger wickeln konnte.

Noch bevor sie ihn etwas sagen hörte, konnte sie ihn spüren.

„Ivy?“ Er räusperte sich und blieb hinter ihr im Raum stehen.

„Du bist hier.“

Gefasst drehte sie sich um und erblickte den Mann, der ihr Leben unabänderlich geprägt hatte. Er sah gut aus, trug wie immer ein weißes Hemd und eine schwarze Hose. Die grauen dünnen Haare hatte er mit Gel zurückgelegt. Er war alt geworden, ein kleiner Bauch spannte sein Hemd, aber das schmälerte sein attraktives Aussehen nicht. Ein stattlicher Mann wie eh und je.

„Wie ist das möglich?“

„Na sicher nicht, weil du mich eingeladen hast“, sagte sie kühl.

Sie sah, dass er die Hände hob, unschlüssig, ob er sie zur Begrüßung in den Arm nehmen sollte oder besser stehen blieb. Also machte sie sich gerade und verschränkte die Arme vor der Brust. Die letzten Umarmungen vor fünfundzwanzig Jahren waren fremd und steif gewesen.

„Du hast doch damals den Kontakt abgebrochen“, verteidigte er sich.

„Und dir fiel es nicht gerade schwer, das so hinzunehmen“, hielt sie dagegen. Tatsächlich hatte sie sich damals erhofft, er würde ein einziges Mal um ihre Freundschaft kämpfen, aber er hatte sie nicht vermisst, während ihr Herz regelrecht am verbluten gewesen war.

„Was hast du erwartet?“

Ivy winkte ab. Es ergab keinen Sinn, irgendwas anderes von ihm hören zu wollen. Wenn er eines gut konnte, dann: sie am ausgetreckten Arm verhungern zu lassen.

Er ging zu einem kleinen Tablett auf der Anrichte, auf dem Gläser und eine halbvolle Karaffe standen. Ohne zu fragen, schenkte er für sie auch etwas ein und kam mit den Gläsern auf sie zu. „Ich habe deine Entscheidung respektiert. Das wolltest du doch.“

„Ach, so nennst du das?“ Sie nahm ein Glas und trank einen großen Schluck. Ein weicher Brandy, der dennoch in ihrem leeren Magen brannte. „Ich erinnere mich eher daran, dass ich dir offen gesagt habe, wie sehr du mir fehlst, und du hast es ausgesessen, ohne was dazu zu sagen.“

David verdrehte die Augen. „Ernsthaft? Wir sehen uns nach all den Jahren wieder und du knüpfst genau da wieder an?“

„Was hast du gedacht, wie ich reagieren würde, wenn du mir einen Schreiberling auf den Hals hetzt, der die Lebensgeschichte des großen David Eden erzählen will? Fünfundzwanzig Jahre lang höre ich kein Wort von dir. Es war dir vollkommen egal, dass ich aus deinem Leben verschwunden bin, aber jetzt soll ich ihm sagen, was für ein Mensch du bist?“

David rückte die Brille auf der Nase zurecht, wodurch er wie eine Mischung aus Woody Allen und Sean Connery aussah. „Warum bist du hier? Du hättest Herrn Falkenstein auch in Schneverdingen sagen können, was für ein Arschloch ich bin. Ich bin es so leid, mir immer wieder dieselbe Predigt anzuhören.“