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Es ist früh fünf Uhr eines wunderschönen Sonntags im Mai 1849. Die beiden Mädchen schlafen den süßesten Schlaf der Welt. Jettchen, die ältere Schwester, zählt 19, Julie, die jüngere, fast 17 Jahre. Beide sind hoch und schlank gewachsen mit rabenschwarzem Haar und Auge, weißem Teint und blühendroten Wangen, Zähnen, weiß wie Elfenbein, langem weißen zierlichen Hals, vollem elastischen Busen und herrlichen, alabasternen Armen und Händen und Füßchen so knapp und rund, dass sie wie aus Marmor gemeißelt zu sein schienen. Beide Gestalten sind so zart und doch so üppig, dass man bei dem Anblick der lieben Kinder sich der meisterhaften Abbildungen der Göttinnen Griechenlands erinnert.
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Seitenzahl: 281
Unbekannter Verfasser
Julchen und Jettchen auf der Leipziger Messe
e-book 145
Erscheinungstermin: 01.02.2023
© Saphir im Stahl
Verlag Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
www.saphir-im-stahl.de
Titelbild: Simon Faulhaber
Lektorat: Peter Heller
Vertrieb: neobooks
1. Kapitel
Es ist früh fünf Uhr eines wunderschönen Sonntags im Mai 1849. Die beiden Mädchen schlafen den süßesten Schlaf der Welt.
Jettchen, die ältere Schwester, zählt 19, Julie, die jüngere, fast 17 Jahre. Beide sind hoch und schlank gewachsen mit rabenschwarzem Haar und Auge, weißem Teint und blühendroten Wangen, Zähnen, weiß wie Elfenbein, langem weißen zierlichen Hals, vollem elastischen Busen und herrlichen, alabasternen Armen und Händen und Füßchen so knapp und rund, dass sie wie aus Marmor gemeißelt zu sein schienen. Beide Gestalten sind so zart und doch so üppig, dass man bei dem Anblick der lieben Kinder sich der meisterhaften Abbildungen der Göttinnen Griechenlands erinnert.
Sie schlafen beide sanft und süß, obwohl die Glocke schon fünf Uhr geschlagen hat.
Freundlich strahlt die Sonne in das Dachstübchen eines dreistöckigen Hauses in einer der Vorstädte Leipzigs, der bescheidenen Messewohnung der beiden allerliebsten Mädchen, die aus dem nahen Städtchen Pegau gekommen sind, um die Erzeugnisse ihrer fleißigen Hände zu verkaufen.
Sie haben unweit des Rossplatzes eine Bude, wohl passender einen Stand zu nennen, beim Beginn der Messe gemietet und bieten – als die reizendsten Verkäuferinnen der Welt – der sie umgebenden Menge Männer- und Frauenhemden, Vorhemdchen, Kragen, Manschetten und eine Auswahl feinerer und gröberer Wäsche zum Ankauf dar.
Alt und Jung, Vornehm und Gering bleiben stehen und gaffen das schöne Schwesternpaar an, teilnehmend und neugierig, bewundernd und auch neidisch; denn sie waren wirklich gar zu hübsch, als dass nicht verblühte, übelwollende Frauen und Jungfrauen den grimmigsten Neid empfunden hätten.
„Die Mädchen sind zwar nicht übel“, raunten sich einige schon ältliche Damen einander zu, „doch ein so großes Aufheben, das von ihrer Schönheit gemacht wird, verdienen sie nicht; in unserer Jugend waren auch wir recht ...“
„Sie sind beide jung und gesund und weiter nichts“, warf eine andere, dem Anschein nach vornehme Dame ein, während die Erstere ihre Rede nicht vollendete, um in rühmlicher Bescheidenheit ihre verblühte Schönheit nicht zu loben.
„Jawohl, jawohl, nichts weiter!“ Die andern nickten beifällig. „Und wie es mit ihrer Sittlichkeit stehen wird, nun ja, das wollen wir dahingestellt sein lassen.“
„Ganz recht, das glaube ich auch“, erwiderte die vornehme Dame mit einem boshaften Seitenblick, indem sie eben bemerkte, wie ein wunderhübscher Student in blauer Schnürenpiquesche, weißen Lederhosen und hohen Reiterstiefeln etwas kaufte und dann dem einen Mädchen einen feurigen, verliebten Blick zuwarf. „Die Messe liefert uns viel derartiges Messgut. Die Männer sind dann wie versessen, und wir armen Frauen haben nur darunter zu leiden.“
Arme Mädchen, ihr steht in einem üblen Verdacht, und doch seid ihr unschuldig, so unschuldig wie die jungen Täubchen. Es ist nicht wahr, was die neidischen Frauen denken. Denn noch keine männliche Frechheit hat euch entweiht, und ihr seid noch unberührte, reine Jungfrauen. Eure Schönheit ist nur euer Fehler, und dieser Fehler ist groß, ja ungeheuer in den Augen neidischer, missgünstiger Frauen, die gern und mit der größten Gefahr noch sündigten, wenn sich nur irgendwo ein bereitwilliges Werkzeug dazu fände.
Arme, arme Mädchen, ihr seid wahrhaftig zu beklagen. Denn eure Mienen, eure geringsten Bewegungen werden mit lüsternen und neidischen Augen bewacht und eure freundlichen, bittenden Worte stets anders gedeutet und rücksichtslos verdammt. Und doch ist es nur der elende Bissen Brot, der euch nötigt, hier gleichsam am Pranger zu stehen! Und euer Verdienst ist doch nur so gering! Wie viele schlaflose Nächte habt ihr verbracht, um so viele Waren zu schaffen, die den drückenden Verbindlichkeiten für Miete, Holz, Licht und Nahrung abhelfen sollen.
Ach ja, ihr fühlt recht wohl das Traurige eures Geschicks. Denn der Tag wird euch zu lang, und ihr ermattet bei dem ewigen Anpreisen eurer Ware. Ihr sehnt den Abend herbei, um mit ihm die Ruhe, die Einsamkeit zu finden, und noch mehr die Nacht für die freundlichen, beglückenden Träume.
Denn Träume zu haben ist kein Verbrechen, und ihr seid dann allein mit euch und vielleicht auch mit dem Gegenstand beschäftigt, dem ihr eure Liebe, eure keusche Liebe zu weihen gedenkt.
Hat euch wirklich noch kein Mann gefesselt? Ihr habt viele lockende Anfechtungen überstehen müssen. Wie könnte dies auch wohl anders sein mitten in einer so reichen und üppigen Stadt, wo die Zahl der schönen Lüstlinge so groß und das Geld zu diesem Zweck so flüssig ist?
Darum nehmt euch in acht! Auch an euch kommt die Reihe. Denn der kleine Liebesgott ist schelmisch und boshaft, und kein Mädchen, besonders kein schönes, kann ihm widerstehen.
Ihr seid jetzt mannbar geworden und habt heißes Blut. Der Reiz der Liebe ist lockend, bisweilen gewaltig und furchtbar, zumal wenn der gewandte, begünstigte Liebhaber euch listig naht und auch ihr den süßen Genuss wünscht, den die Natur so mächtig, so unwiderstehlich in euch legte. Oder seid ihr schon gefallen? Ist die Blüte der Jungfräulichkeit von euch bereits abgestreift?
Nein, nein, dies ist nicht der Fall – aber der gestrige Tag ist der Tag der Entscheidung gewesen. Amor schwirrte seine Pfeile ab, und sie haben nur zu tief getroffen.
Ihr armen und wieder so glücklichen Mädchen! Ihr erblicktet zwei Jünglinge, deren Schönheit und liebeflüsternde Worte euch das ungestüm pochende Herzchen bestachen, und deren liebes Bild euch auch im Traum nicht verlässt.
Jettchen träumt von dem schönen Studenten, auf den die alte Dame so neidisch war, der, als er nochmals ein Dutzend feine Strümpfe gekauft, bei dieser Gelegenheit sie unter das Kinn gefasst und seine Lippen trotz ihrer mächtigen Abwehr auf die ihrigen gepresst hat.
Und Julchen schwebt das Bild des schelmischen Handlungsdieners vor, mit seinen knappen Beinkleidern, starker, breitschultriger Brust, blondlockigem Haar und Bart und freundlichen blauen Augen, der, als er ebenfalls ein halbes Dutzend Vorhemden kaufte, es sich unbescheiden genug erlaubte, seine Hand um ihre Taille und an ihren ängstlich klopfenden Busen zu legen und ihn sanft zu drücken.
Und noch mehr! Wie sie nach beendeten Tagesgeschäften nach Hause eilen wollten, kamen die bösen Jünglinge wieder und ließen es sich nicht nehmen, sie zu begleiten. Und wiederum hatten sie gewagt, die armen Mädchen zu küssen und sie fest an sich zu pressen, trotz aller Bitten und Abwehr.
Sie waren beide recht unartig gewesen; das hatten die Mädchen den ganzen Abend über besprochen, und noch im Traum spürten sie diese frechen Berührungen.
Ach, und doch schmeckte Jettchen der Kuss so süß. Und Julchen deuchte die Umarmung so wonnig. Oh, hätten Kuss und Umarmung bis zum Tod gedauert!
Doch jetzt tönt mehr Lärm von den Straßen herauf, das Geräusch wird stärker und weckt unsere Langschläferinnen auf.
Julchen erwacht zuerst. Der liebe Handlungsdiener ist nicht mehr da, sobald sie die Augen aufschlägt. Sie findet sich allein im Bett, das sie so gern mit ihm geteilt hätte. Und sie hatte sich im Traum fest vorgenommen, ihn mit einem freiwilligen Kuss zu wecken, und nun ist der böse Schelm nicht einmal da.
Verdrießliches, o dreimal verdrießliches Erwachen! Aber es war ja nur ein Traum, und so kann es einmal nicht anders sein. Sie reibt unwillig mit dem feinen Fingerchen die schwarzen, liebeglühenden Augen, wirft die Bettdecke weit von sich hinweg und nimmt eine kniende Stellung ein.
„Du hast geträumt“, spricht sie leise, „und angenehm geträumt. O wäre es doch Wahrheit gewesen! Mein lieber, teurer Freund, wie wollte ich dich an mich pressen.“
Und das liebe Kind breitet ihre schneeweißen Arme weit aus und drückt sie fest an den hochwogenden Busen.
„Mein herrlicher Freund“, seufzt sie kaum hörbar und hebt die feuchten, schimmernden Augen schwärmerisch zum Himmel. „Oh, hätte ich dich bei mir, wie wollte, ach, wie wollte ich dich lieben!“
Dann sinkt sie wieder zurück in die Kissen und bedeckt den lilienweißen Leib mit der vorher verschmähten Decke.
Doch die Decke wird ihr zu warm. Eine innere, vom Kopf bis zu den Füßen strömende Wärme durchdringt sie mit wachsender Kraft. Sie lockert die Decke wieder, und ihr linkes Bein über sie hinwegschlagend, bietet ihre Lage ein reizendes Schauspiel dar.
Ihr Fuß ist klein und edel geformt, ihre Wade fast reif zum Zerspringen, das Knie sanft gerundet, der Schenkel weiß und fest wie Marmor, der Busen voll und aufrecht stehend.
So liegt sie in süße, heimliche Gedanken verloren.
„Woher kommt nur die schreckliche Hitze“, seufzt sie dann leise, indem sie sich unruhig bald auf die linke, bald auf die rechte Seite wendet. „So erhitzt habe ich mich noch nie gefühlt.“
Armes Kind! Du weißt es zwar noch nicht, woher die Hitze kommt, aber der schelmische Amor schnippt lächelnd mit dem Finger, denn er weiß es sehr gut.
Das Blut, das ihr jetzt schneller und heißer durch alle Adern strömt, vergrößert die innere Glut, und auch das letzte Ende der sie verhüllenden Decke muss hinweg von dem zarten Leib. Ihre Füße strampeln sie weit fort, bis an das Fußende des Bettes, und bei dieser Bewegung verschiebt sich das feine Hemdchen und lässt den schneeigen Leib in seiner ganzen Fülle, in seiner ganzen Pracht erschauen. Und Julchen ist kaum 17 Jahre, eine herrliche Rosenknospe in den zauberischen Tagen der lieblichsten Frühlingszeit.
„Es ist unerträglich heiß“, flüstert sie wieder. Doch nun, erleichtert von dem Gewicht der Decke und sogar noch von dem lastenden Hemdchen, wird es ihr wohler. Sie liegt jetzt still ausgestreckt da. Die Feuerströme, die ihre Adern durchtoben, werden wieder glühend, und wollüstige Bilder der erregten Fantasie umflattern sie nun und stacheln sie auf zu heißer Sehnsucht.
Die Frühstunden kurz nach dem Erwachen sind für die heißblütige, verliebte Jungfrau die gefährlichsten. Verlässt sie nicht sogleich das Lager, so bemächtigen sich ihrer unbekannte Gefühle sowie ein Drängen zur Stillung ihrer heißen Wünsche, die nicht eher ruhen, als bis sie erfüllt sind.
So ging es auch dem holden Julchen. Die erwachte Leidenschaft der ersten Liebe bemächtigte sich ihrer mit unwiderstehlicher Gewalt.
Ihr jungfräulicher Busen klopft, er hebt und senkt sich und droht auseinanderzuspringen, und ein heißes, doch wohltuendes Brennen entsteht an dem geheimen, tief verschleierten Ort, den ihre keusche Hand noch nicht berührt hat, an jenem so süßen Plätzchen, das seit Evas Zeiten die Wonne der Männerwelt ist.
„Mein Gott, wie ist mir zumute“, sagt sie dann lauter, indem sie sich wieder bald zur rechten, bald zur linken Seite wendet. „So hübsch und doch wieder so schrecklich. Ach dieses Brennen und Kitzeln! O mein heißgeliebter Freund, wärest du doch bei deinem Julchen!“
Das Zittern und das Bewegen der Schenkel, die sie bald lang ausstreckt, bald hastig zurückzieht, bald wieder fest zusammendrückt, beweist die Leiden des armen Kindes. Eine Purpurröte entflammt ihr liebliches Gesicht, und ihr schwarzes, schwimmendes Auge hebt sich entzückt zum Himmel.
„Es ist nicht mehr zum Aushalten“, flüstert Julchen und wiegt das glühende Köpfchen. „Wie das kitzelt!“
Und die niedlichen Finger der linken Hand fassen den wogenden Busen fest zusammen und streicheln und drücken zart die Rosenknöspchen, um sich Ruhe zu erschmeicheln, während die Finger der rechten Hand das tief verborgene Plätzchen aufsuchen, das sich heute zum ersten Mal so unbezähmbar erweist.
Armes Julchen! Hörst du den kleinen Liebesgott kichern, wie er leise deiner spottet? Du hast ein unausführbares Werk unternommen, um den tobenden Busen und den kleinen Purpurmund zu beschwichtigen.
Denn der elastische Busen schnellt auf und ab und gehorcht nicht deiner kleinen Hand, und der reizende, kleine Mund ist noch zu eng verschlossen. Er verwehrt deinem zwar kleinen, doch für ihn immer noch zu großen Finger den Eingang. „Ah!“, seufzt Julchen unwillig über diesen fatalen Widerstand und arbeitet eifriger. „Der böse Handlungsdiener ist gewiss ein Hexenmeister, denn ich fühle mich ganz wie behext!“
Und die Rosenknöspchen des jungfräulichen Busens, allmählich gereizt durch die zarte Reibung, heben sich mehr und mehr und stehen endlich keck aufwärts. Ein wollüstiges Gefühl durchschauert den jungen Busen. Er ist steif geworden und scheint befriedigt zu sein. Nicht so der kleine Purpurmund mit seinen Rabenlöckchen. Zwar arbeiten die weißen Finger fort und fort, um einen Eingang zu erzwingen, doch vergebens, es gelingt ihnen nicht.
„Ah“, seufzt Julchen wiederum, „welche Hitze. Wäre doch mein lieber Handlungsdiener nur hier.“
Und sie arbeitet weiter mit ihren kleinen Fingerchen, doch vergebens. Sie finden trotz ihres Arbeitens keinen Eingang.
Aber halt, jetzt gelingt es Julchen besser. Der Zeigefinger und der Daumen heben sich höher und finden dort einen etwas hervorragenden, weichen Gegenstand. Ihr sanftes Streicheln bleibt nicht unbelohnt. Auch er richtet sich auf und steht steif empor, wie die Rosenknöspchen des zarten Busens.
Und während Daumen und Zeigefinger oben unermüdlich tätig sind, senkt sich der kleine Finger etwas tiefer in den zarten Spalt hinein: Er streichelt hin, er streichelt her, und die kleine Mündung, durch die kaum der niedlichste kleine Mädchenfinger eindringen kann, gibt nach und dehnt sich allmählich aus.
Hierdurch ermutigt, wird der Finger kühner und dringt weiter ein, während das unaussprechliche Gefühl der Wollust die innersten Nerven durchbebt.
„Ach!“, seufzt Julchen, indem sie übermannt von Lust sich heftig herumwirft. „Ich muss bezaubert sein, der böse und doch so liebe Handlungsdiener hat es mir angetan!“
Dann wird sie allmählich stiller, die Erregung hört auf, und nur einzelne blitzschnelle Zuckungen durchschauern den ganzen Körper. Der kleine Finger hat jetzt tieferen Eingang gefunden. „Ha!“, schreit sie plötzlich auf und schnellt sich konvulsivisch in die Höhe. „Wie schön, o mein Gott, wie herrlich!“
Und die ersten Perlen des jungfräulichen Taues benetzen das feine Bettuch. Die eifrigen Händchen senken sich wie müde, die Schenkel strecken sich weit und lang aus, die niedlichen Füßchen biegen sich einwärts. Auch die Rosenknöspchen des Busens senken sich wieder, und der glühende Kopf liegt zurückgebogen auf dem Kopfkissen. Die Augen sind halb geschlossen und blicken entzückt zum Himmel.
Das liebeglühende Mädchen ist ermattet; denn die Gewalt der noch ungekannten, so süßen und doch so quälenden Gefühle war zu heftig.
Und Julchen überlässt sich geraume Zeit dem Gefühl der Ermattung. Sie glaubt ja, allein zu sein, und die reizende Lage gefällt ihr.
Doch, armes Julchen, du hast dich getäuscht. Du bist nicht ganz allein, bist nicht unbemerkt geblieben. Du hast bei dem süßen Spiel deine Schwester Jettchen vergessen, die, gleichfalls von dem Lärm der Straße geweckt, lautlos und staunend dein wundersames Treiben beobachtet hat.
Jettchen ist um zwei Jahre älter als Julie, und man hätte demnach eine größere Erfahrung in Liebessachen voraussetzen sollen. Doch nein, auch Jettchen war noch unschuldig, obwohl das heiße Blut auch sie sehr oft beunruhigt hatte. Auch sie war ebenso heftig verliebt wie Julchen, und vielleicht noch mehr.
Sie erwachte und lauschte anfangs ängstlich, dann neugierig auf Julchens Treiben. Sie hörte deren Klageworte, sie hörte deren Liebesseufzer, und auch sie stimmte leise in sie ein. Auch sie hatte ja geträumt, geträumt von dem schönen Studenten, und sie hatte gewünscht, ihn in ihre Arme zu schließen. Doch auch er war entflohen in der kalten Wirklichkeit. Und Jettchen hätte ihn so gern bei sich gehabt!
Sie seufzte und seufzte stärker, als die wollustfeuernde, beklemmende Hitze auch sie überfiel. Indem sie zur Abkühlung gleichfalls die leichte Decke abwarf, suchte auch ihre weiße Hand das kleine, mit Rabenlöckchen umschattete Mündchen auf, das ihr, wie ihrer Schwester, so viel Pein verursachte.
Beide Betten standen nicht neben-, sondern hintereinander, so dass die eine Schwester die andere nicht zu sehen vermochte, wenn sie sich nicht umdrehte. Und an ein Umdrehen in so kritischen Augenblicken ist wohl nicht zu denken.
Julchens Bett war näher am Fenster, Jettchens mehr im Hintergrund.
Als Julchens Entzücken den höchsten Gipfel erreicht hatte, als die ersten Tautröpfchen der Wollust das feine Bettuch gefärbt, als Julchen mit hinsterbenden Blicken einige Sekunden laut- und bewegungslos dagelegen, da entströmte auch Jettchen der süße Born der Natur, und abgebrochene Laute des höchsten Entzückens entflohen auch ihren bebenden Lippen.
„O mein Student, mein lieber, teurer, innigst Geliebter“, sprach sie laut, „warum bist du fern, von mir?“
Und auch Jettchens Körper dehnte sich weit aus, sie schloss die Augen und überließ sich mit Wonne dem süßen Gaukelspiel der erhitzten Fantasie, diesem herrlichen Spiel der Natur.
Doch diesen letzten lauten Ausruf hatte Julchen vernommen, deren Pulse jetzt nun weniger fieberhaft flogen. Leise sprang sie auf und eilte an das Bett der geliebten Schwester. Da lag diese, wie sie selbst vorhin gelegen hatte, der treueste Spiegel ihrer eigenen Stellung. Auch sie hatte das Hemdchen bis unter die Arme hinaufgestreift. Der tadellose, schneeweiße Körper lag unverhüllt, der himmlische Busen hob und senkte sich, und der liebliche Rosenmund, umgeben von feiner schwarzer Löckchenpracht und etwas gerötet durch die sanfte Berührung, stand ein wenig geöffnet, da Jettchen im höchsten Entzücken die Schenkel weit auseinandergebreitet hatte.
Jettchen hatte die Augen fest geschlossen und bemerkte die neugierige Späherin nicht. Doch Julchen konnte sich bei diesem Anblick nicht mehr halten. Ein Liebestaumel, eine Gier, sie zu umarmen und sie mit Küssen zu ersticken, bemächtigte sich ihrer mit unwiderstehlicher Gewalt.
„Jettchen“, rief sie daher mit zärtlichem Ton, „mein teures Jettchen!“
Jettchen öffnete die tränenfeuchten Augen und sah errötend die ungerufene Störerin an. Dann wollte sie sich zudecken und griff nach dem Ende der Decke. Doch Julchen ließ ihr dazu keine Zeit. Sie warf sich über sie. Ihr Mund suchte Jettchens Mund, und ihre vollen Arme umschlangen den Marmorhals der geliebten Schwester. Und, o Wunder, auch Jettchens Arme öffneten sich bereitwillig, und sie drückte Julchens vollen Busen fest an den ihrigen, so dass die Rosenknöspchen sich neckend berührten.
Und so küssten sie sich lange und zärtlich, hingebend und duldend und dann wieder verlangend, heftig und stürmisch, so dass die Unzahl Küsse nur ein einziger zu sein schien.
Doch die elastischen Jungfrauenbusen wollten die naschhaften Mündchen nicht zusammenlassen, gleich der Stahlfeder, die zwar auf einige Augenblicke zusammengepresst, doch all ihre Schwungkraft aufbietet, ihre natürliche Größe und Ausdehnung wiederzuerlangen. Und so mussten auch die lüsternen Mädchen sich ganz fest und innig umschließen, um ihre Lippen aufeinander haften lassen zu können.
Doch die Lage der Mädchen war nicht bequem, denn Julchen stand noch außerhalb des Bettes. Für den Zuschauer war es aber die herrlichste Stellung, die er sich nur erdenken konnte.
Zuschauer? Um Himmels willen! Zuschauer in diesem Augenblick, den der dichteste Schleier verhüllen sollte?
Arme, verliebte, heißglühende Mädchen, es ist wirklich so! Ihr habt Zuschauer. Zuschauer, die bisher jede eurer Bewegungen mit den gierigsten Augen und sprach- und atemlos verfolgten.
Denn euch gegenüber im dritten Stock wohnen zwei Brüder, zwei wunderhübsche junge Leute, von denen der eine Student, der andere Handlungsdiener ist, Söhne eines sehr reichen Vaters, der in der Nähe von Dresden ein großes Rittergut besitzt. Sie sind beide zu gleicher Zeit nach Leipzig gekommen, der eine, um die Rechte zu studieren, der andere, um in einem großen Handelshaus seine kaufmännischen Kenntnisse zu vermehren.
Der ältere Bruder, der Student, heißt Karl, und der jüngere, der Handlungsdiener, heißt Fritz, und ihr Zuname ist Etzler.
Beide sind jung, Fritz 20, Karl 22 Jahre alt, und wegen ihrer eleganten Schönheit gesucht von den jungen und den alten Damen. Und die Damen seufzen nicht unerhört. Trotz ihrer großen Jugend verstehen sich die beiden auf das Geschäft der Liebe und haben schon vielerlei Erfahrungen gemacht. Denn ein junger, hübscher Mann, der Geld hat und nicht scheut, es wegzuwerfen, findet täglich, ja stündlich die beste Gelegenheit, die süßesten Liebesabenteuer zu bestehen. Du böser Student und du noch böserer Handlungsdiener! Warum spart ihr nicht lieber euer Geld oder gebt es den Armen, als dass ihr mit ihm die schwache Tugend versucht?
Ha, sind sie es vielleicht?
Ja, sie sind es, die einzig Geliebten der niedlichen Verkäuferinnen, die heißersehnten Gegenstände des Schwesternpaares, die gestern Abend beim Nachhausegehen die armen Mädchen so bezaubert haben.
Ihr armen und doch wieder ihr glücklichen Schwestern. Ihr seid unvorsichtig gewesen, denn ihr habt vergessen, beim Schlafengehen die Rollos niederzulassen, und die bösen Geliebten standen schon seit Tagesanbruch am Fenster, um euer Erwachen zu belauschen.
Sie wohnen schon längere Zeit euch gegenüber, ohne dass ihr es wisst, und haben euch jeden Morgen beim Aufstehen belauscht. Doch zeigen sie sich nie am Fenster, sondern stehen im Hintergrund. Zwei schwarze Ferngläser erlauben es ihnen, den ganzen inneren Raum eures Zimmers und jede eurer Bewegungen zu beobachten.
Auch heute stehen sie schon seit sechs Uhr auf der Lauer. Und was bietet sich ihren entzückten Blicken dar? Es ist Julchen zuerst in ihrer unverhüllten Schönheit, dann Jettchen in gleichem üppigen Zustand. Das lüsterne Brüderpaar kann die Blicke nicht sättigen, die bald von der einen lieblichen Gestalt zur andern fast noch lieblicheren streifen.
O ihr bösen, neugierigen Brüder! Was seht ihr so frech hinüber in das Heiligtum der ersten jungfräulichen Liebe. Werft einen Schleier vor eure Augen und seid blind. Denn ihr habt ja dieses Unglück angerichtet.
Die beiden wagen anfangs kein lautes Wort zu sprechen, und nur die tiefen Atemzüge bekunden ihr Dasein. Ihr einziges Trachten ist Schauen und Hinüberblicken zu den Gegenständen ihrer Liebe. Dann folgen einzelne Laute der Bewunderung und Seufzer, tiefe, sehnsüchtige Seufzer entfliehen der klopfenden Männerbrust. Jetzt sehen sie Julchen aufspringen, an das Bett von Jettchen eilen, und sehen, mit welcher Wollust beide Mädchen sich umfassen und die feurigsten Küsse sich aufdrücken. Sie scheinen wie eng zusammengewachsen zu sein, und bei dieser Stellung verschiebt sich Julchens Hemd, und ihr entblößter Hinterkörper vom Knöchel hinauf bis zu dem blendenden Nacken bietet sich den lüsternen, gierigen Blicken dar.
Und sie sehen so Julchen von der Rückseite, Jettchen von der Vorderseite, beide Mädchen nur dürftig geschützt von den nachgiebigen Hemdchen.
Julchen hat jetzt die Arme um Jettchens Nacken geschlagen, ihre Lippen fest auf die Jettchens gepresst, und hebt sie bald zu sich empor, bald senkt sie sie wieder hinab in den weichen Pfühl. Dem liebenden, glühenden Jettchen gefällt das süße Spiel, ja sie scheint eine noch innigere Berührung zu wollen, denn ihr rechtes Bein hebt sich aufwärts und schlingt sich mit sinnlicher Glut um Julchens weiße Hüfte.
Auch Julchen scheint ein engeres Umschließen wünschenswerter zu sein, denn sie drängt sich näher an das Bett. Und, wie übermannt durch allzu große Erschöpfung, sinkt sie dann auf Jettchen hin, lang ausgestreckt und Lippe an Lippe, Brust an Brust und Leib an Leib.
„Mein Gott!“, seufzt Jettchen. „Wie ist mir so warm, geh doch herunter. Du bist so schwer, o weh, so geh doch weg!“
Doch Julchen geht nicht herunter von dem schneeweißen, elastischen Leib. Im Gegenteil, sie hält sich fest an dem Marmornacken und drückt die Stöhnende inniger an ihr eigenes klopfendes Herz.
Und auch die Rosenknöspchen der schönen Busen küssen und berühren sich, sie schwellen wieder auf durch die zarte Reibung und stehen wieder keck aufrecht. Und die Purpurmündchen mit den Rabenlöckchen liegen jetzt Lippe an Lippe aufeinander und scheinen vor innerem Feuer zerbersten zu wollen. Und Julchen bewegt sich rück- und vorwärts, zur Seite und im Kreise, bald langsam, bald schnell, und Jettchen folgt seufzend den süßen Bewegungen.
So liegen sie Lippe an Lippe, Rosenknöspchen auf Rosenknöspchen, Purpurmund mit seinen mächtigen Rabenlöckchen auf Purpurmund. Und sie drücken, sie reiben sich in unendlicher Wollust. Jetzt sprechen sie nicht mehr, die lieben Mädchen. Ihre Sprache ist nur mehr ein unterdrücktes Schluchzen geworden, sie stöhnen und ächzen wie unter schwerer Zentnerlast.
Und ihre lieblichen Gesichter glühen, ihre Augen leuchten in dunkler Glut und ein mächtiges Zittern bemächtigt sich der jugendlichen Körper.
Plötzlich lässt Julchen die umschlingenden Arme los, die Lippe lässt die Lippe, der Busen den Busen fahren, und sie sinkt ermattet und hinsterbend neben Jettchen hin in süßem Wonneschauer, und eine zweite, verdoppelte Tränenflut benetzt das keusche Bettuch.
Und wiederum strecken sich die zarten Schenkel, die weißen Waden lang aus, und die Zehen des niedlichen Fußes bohren sich wie krampfhaft in das Unterbett.
O ihr seligen Mädchen! Ihr seid beneidenswert.
Fritz und Karl sehen dies wonnige Schauspiel. Bewundernd, staunend und verblüfft von der letzten noch ungewohnten Erscheinung wagen sie anfangs nicht zu sprechen, doch ihre dadurch erregte Sinnlichkeit muss sich Luft machen.
„O mein Jettchen“, haucht leise atmend der ältere Bruder mit erstickter Stimme.
„O mein Julchen, mein teures Julchen!“, seufzt der Handlungsdiener nach. Und sie finden sich entzündet, entflammt zum kühnsten Wagnis.
„Ich muss hinüber“, stammelt Karl, „ich muss zu meinem Jettchen!“
„Und ich zu meinem Julchen“, sagt Fritz feurig. „Ich gehe mit – und sollte es meinen Kopf kosten!“
Gesagt, getan! Im Nu fliegen die Ferngläser aus den Händen, die Morgenröcke sind abgeworfen, die Hüte ergriffen, und beide eilen leichtfüßig die Treppe hinab, über die Straße hinweg und halten erst im Hausflur einige Augenblicke still.
„Doch wie kommen wir in ihr Zimmer?“, fragt Fritz. „Es wird sicherlich verschlossen sein.“
„Komm nur, komm, und verliere keine Minute!“, ruft Karl leise und ganz außer Atem. „Komm nur hinauf, und es wird sich alles machen.“
Und Fritz folgt ohne Widerrede. Sie steigen die drei Treppen hinauf und stehen nun angestrengt horchend an der Tür des Stübchens, das ihnen Freud und Leid in so hohem Maße verursacht hat.
Das Glück begünstigt die Kühnen. Das ist ein altes Sprichwort, und alte Sprichwörter treffen allemal ein, wenigstens hier war es der Fall.
„Sie sind vielleicht wieder eingeschlafen, die lieben Kinder“, flüstert Karl seinem Bruder zu, als sich nichts rührt. „Die Erregung war zu groß!“
Fritz schüttelt den Kopf und gebietet ihm durch Blinken mit den Augen und unwillige Handbewegungen Stillschweigen. Und beide horchen weiter.
Jetzt macht sich ein Geräusch im Zimmer bemerkbar, und ein tiefer Seufzer dringt zu ihrem Ohr.
„Tritt jetzt hierher“, flüstert Fritz. „Ich will anklopfen. Wenn sie die Türe öffnen, sehen sie uns nicht sogleich. Doch sowie sie aufmachen, dringen wir in die Stube ein.“
Und Karl, seinem Bruder gehorsam, trat hinter denselben, und Fritz klopfte leise zweimal an. Das Geräusch verstummte sogleich, und Tritte, die sich der Tür näherten, ließen sich hören.
„Wer ist draußen?“, tönte hierauf Julchens Silberstimmchen. „Sind Sie es, Frau Schubert?“
Karl nickte frohlockend seinem Bruder zu. Fritz schnippte leise mit beiden Händen und antwortete, indem er die Stimme einer älteren Frau nachahmte: „Nun freilich, wer denn sonst. Machen Sie nur auf!“
Und wiederum ließ sich ein Geräusch hören. Flinke Füßchen trippelten hin und her, und es rauschte wie beim Anziehen von Kleidungsstücken. Dann näherten sich die Schritte der Tür, und die freudigen Brüder hörten den Nachtriegel knirschen und die Türklinke klappen.
Julchen öffnete die Tür. Ein leichtes Tuch um die blendenden Schultern und ein weißes Unterröckchen um die wunderschöne Hüfte geschlagen, steckte sie ihr neugieriges, sorgenloses Rabenköpfchen heraus und wollte die Wirtin hereinlassen, die jeden Morgen Waschwasser und dünnen Kaffee brachte.
Doch Himmel, wie erschrak sie, als die Sehnsucht ihrer Träume, das böse Brüderpaar, mit liebeflammenden Augen sich ihren entsetzten Blicken darbot.
Einige Augenblicke stand sie wie erstarrt da. Die Sprache war ihr versagt. Die so heiß ersehnte Erscheinung erfüllte sie jetzt mit Schrecken.
„Mein Gott, mein Gott“, schrie sie deshalb in höchster Verwirrung, und der liebliche Körper zitterte fieberhaft, „was wollen Sie denn hier?“
„Was ist denn, wer ist da?“, rief Jettchen neugierig und gleichfalls erschrocken durch den ängstlichen Ausruf ihrer Schwester. „Warum schreist du so?“
„Wer, o Gott, wer? Sie, sie sind es!“ rief Julchen mit kreischender Stimme zurück. Zugleich suchte sie die Tür wieder in das Schloss zu werfen und den Nachtriegel vorzuschieben.
Armes Julchen! Du hast noch wenig Erfahrung und noch weniger Kräfte, und du, neugieriges Jettchen, hättest besser getan zu schweigen. Hättest du Julchens ängstlichen Schrei durch deine Stimme verstärkt, so dass das ganze Haus aufgeschreckt und euch zu Hilfe gekommen wäre – es stände besser mit euch beiden.
Doch Jettchen eilte pfeilschnell herbei, neugierig den Gegenstand zu sehen, der ihre Schwester so fürchterlich erschreckt hatte, und schrie gleichfalls erschrocken: „Wo, wo? Wer sind sie, lass sie mich doch auch einmal sehen.“
Und zugleich drängte sie ihre Schwester von der Türöffnung weg, und auch ihr vorwitziges Köpfchen schaute zur Tür hinaus und sah, sah ...
Und auch sie kreischte laut auf: „Himmel, Sie sind es, Sie! Oh, wir Unglücklichen! Was sollen wir tun?“
„Hilf mir die Tür zumachen“, schrie Julchen atemlos, „sonst ...“
Und Jettchen fasste den innen an der Tür befindlichen Knopf und bot alle ihre Kräfte auf, die Tür schließen zu helfen. Doch sie ging nicht zu, sie wurde zu fest von außen gehalten. Die armen Mädchen zogen und zogen, und doch bewegte sich die Tür nicht von der Stelle.
„Mein Gott“, seufzte Julchen.
„Mein Gott, mein Gott!“, stöhnte Jettchen.
Und beide machten die schrecklichsten Anstrengungen, die Tür zuzuziehen. Doch sie konnte nicht zugezogen werden, denn der eine des bösen Bruderpaares hatte seinen Fuß zwischen die Tür gestemmt und vereitelte so die gewaltigsten Anstrengungen der bedauernswerten Mädchen.
Und wie die Katze spielt mit der erhaschten Maus, die sie bald zwischen der Pfote hält, bald wieder einige Schritte laufen lässt, um sie dann mit einem Sprung wieder zu fangen und zuletzt zu erwürgen, so ließ auch der böse Fritz die Mädchen bald die Tür fast zuziehen, bald wieder zog er dieselbe zurück, in der festen Gewissheit, sein Opfer doch unwiederbringlich zu erfassen.
Seinem feurigen Bruder dauerte dies Spiel allerdings zu lange. Mit Hast drängte er sich vor, warf seinen Bruder zurück, griff um die Tür herum und zog sie, obwohl die Mädchen alle ihre Kräfte aufboten, so weit zu sich heran, dass ihrem Eingang kein Hindernis mehr im Weg stand.
„So gehen Sie doch fort!“, schrie Julchen zornig. „Was wollen Sie denn hier?“, schrie Jettchen ebenfalls zürnend. „So gehen Sie doch fort, oder ich schreie die Hausleute herbei!“
„Julchen, mein Julchen!“, rief Fritz im affektierten Ton des Schmerzes. „Ist dies der Empfang Ihres feurigen Anbeters?“
Und zugleich mit diesen Worten drängte er die Mädchen zurück bis in die Mitte der Stube. Karl folgte ihm atemlos nach und zog die Tür zu, aufs höchste begierig, was die Folge ihres kühnen Abenteuers sein werde.
„Julchen, mein Julchen, mein innigstgeliebtes Julchen“, fuhr Fritz in Ekstase fort, „wie glücklich, wie unaussprechlich glücklich bin ich, Ihnen heute als Erster guten Morgen zu wünschen!“
„Mein Jettchen, mein teures Jettchen, Sie meine Wonne, mein Entzücken“, fiel Karl ein, „wie freut und schmerzt mich doch zugleich dies heutige Zusammentreffen.“
Das erzürnte Schwesternpaar sah sich im Nu umfasst und geküsst, und ihr Groll und Ärger schien plötzlich zu schwinden.
„Mein Gott, so gehen Sie doch fort!“, rief Julchen atemlos. „Wenn jemand kommt!“
„Wie kommen Sie nur hierher?“, fragte Jettchen, sich mit Mühe den Umschlingungen Karls entwindend. „Verlassen Sie schnell dieses Haus; denn wenn die Wirtin käme und uns beieinander träfe, so wäre ich des Todes!“
„Es wird niemand kommen“, flüsterte Fritz, indem er Julchen fester umschlang und innig an sein pochendes Herz drückte.
„Mag kommen, wer da wolle“, wisperte Karl, „ich schließe die Tür und lasse keinen Menschen ein, und beim Zeus, mich soll gewiss niemand ungestraft in dem Vergnügen stören, mein angebetetes Jettchen hier zu sehen!“
Und er flog zur Tür, schob den Nachtriegel vor und eilte dann zu Jettchen zurück.
„Mein Gott, mein Gott“, seufzte Julchen erglühend.
„Mein Gott, mein Gott“, seufzte auch Jettchen stöhnend. „Was fangen wir nun an?“
Das kühne Brüderpaar hatte die furchtsamen Schwestern gar zu schmählich überrascht.
Fritz drückte Julchen, Karl Jettchen fest und immer fester an sich. Sie wurden allmählich kühner, die bösen, bösen Brüder.
Wie konnte es auch anders sein? Die armen Mädchen waren ja nur zur Hälfte bekleidet und zitterten in ihren Armen. Und Fritz und Karl waren wunderhübsche Jungen. Sie kannten das süße Liebesspiel, sie waren stark, gewandt und listig und hatten die Kunst der Entzündung studiert. Sie hielten die zitternden Mädchen in ihren starken Armen, liebkosten und küssten, drückten und pressten sie.
„O mein süßes, süßes Julchen!“, rief Fritz dann leise und mit schmachtender Stimme.
„Jettchen, mein herrliches Jettchen!“, stöhnte Karl.
Und die so schmählich überraschten Mädchen wussten nicht, was sie anfangen sollten vor Angst, Furcht und Liebeslust.
„O gehen Sie fort, ich bitte Sie um des Himmels willen“, bat Julchen flehentlich, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Ja, gehen Sie“, stimmte Jettchen bittend ein, „und schonen Sie unseren unbefleckten Ruf.“
Und die armen Mädchen machten unsägliche Anstrengungen, sich den üppigen Küssen und gefährlichen Umarmungen zu entziehen, und drehten und wandten sich nach allen Seiten. Doch eitle Mühe, unnützes Streben.
Das kühne Brüderpaar war nicht gewohnt, so unverrichteter Sache nach Hause geschickt zu werden, zumal da sie der Mädchen Glut, der Mädchen süßes Spiel gesehen hatten. Und die Mädchen waren ja so schön, so jung und halb entkleidet, und wer da weiß, welchen Reiz, welche Flamme ein jugendlicher, schneeweißer entblößter Busen anzufachen versteht, der wird Fritz und Karl auch entschuldigen. Gewiss wird er es tun.
Die Blicke der kühnen Brüder hefteten sich an die Jungfrauenbusen, und sie konnten sich nicht sattsehen. Dann bogen sie ihren Mund hernieder und überfluteten ihn mit einer Unzahl von Küssen.
„Mein teures, teures Julchen“, rief Fritz von Wonnegefühl durchschauert, „wie lange und wie sehnlich habe ich diesen köstlichen Augenblick herbeigewünscht.“
Und mit diesen Worten umfasste er das zitternde Mädchen, das, beinahe seiner Sinne nicht mehr mächtig, fast keinen Widerstand mehr zu leisten fähig war, mit seinen starken Armen und drängte sie weiter und weiter zurück, bis dahin, wo das weiße Bett stand; hier bog er sie sanft nach hinten, bettete das hochglühende, mit Rabenlocken umrahmte Gesichtchen auf das Kopfkissen und hob den übrigen Körper nach.
Und Karl folgte seines Bruders Beispiel. Auch er zitterte in üppigem Wonneschauer, und schnell entschlossen, den begonnenen Triumph vollständig zu genießen, umfasste er blitzschnell Jettchens schlanke Hüfte, hob sie hoch empor und trug sie dem nahen Bett zu.
Da lagen nun die armen Mädchen dahingestreckt auf ihren Betten, den mitleidslosen Blicken und Griffen der bösen Brüder ausgesetzt, und baten um Schonung und weinten und drohten und sträubten sich mit allen Kräften. Ihre kleinen Hände wehrten die zudringlichen Finger ab, und die schneeweißen Schenkel und Füßchen strampelten und zogen sich bald dicht zusammen, bald dehnten sie sich wieder aus in blitzschnellen Windungen.
„So lassen Sie mich endlich gehen“, bat Julchen weinend und suchte sich den ungestümen Umarmungen des jüngeren Bruders zu entwinden. „Mein Gott, mein Gott, so haben Sie doch Mitleid!“
Doch der böse Fritz kannte kein Mitleid. Über Julchens Schwanenleib hingebeugt, heftete er seine Lippen fest auf die ihrigen; mit der linken Hand umschlang er den tief atmenden Busen, und seine rechte tastete nach dem niedlichen Purpurmündchen mit den allerliebsten kleinen Rabenlöckchen.
Durch den Kampf war Julchen das Busentuch entfallen.