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VERFÜHRERISCHER DEAL MIT DEM MILLIARDÄR von CAITLIN CREWS Lauren erlaubt dem attraktiven Milliardär Dominik James, sie zu küssen, wann immer er will. Aber nur, weil sie dringend seine Hilfe braucht! Jedoch gerät sie mit jedem Kuss mehr in seinen gefährlich sinnlichen Bann - während es für ihn eine rein geschäftliche Abmachung scheint! IN GRIECHENLAND ERWACHT DIE LIEBE von THERESE BEHARRIE Unternehmer Caleb Martin ist so sexy wie arrogant - genau der Typ Mann, der Piper das Herz gebrochen hat! Doch ausgerechnet mit Caleb muss sie jetzt in Griechenland nach ihrem verschwundenen Bruder suchen. Ehe sie sich versieht, knistert es unwiderstehlich heiß zwischen ihnen … DER WÜSTENPRINZ UND DAS SHOWGIRL von CAROL MARINELLI Seidiges blondes Haar, himmelblaue Augen, glutrote Lippen: Das süße Showgirl Aubrey betört Scheich Khalid auf den ersten Blick, sodass er sie zu einer Nacht der Lust in seiner New Yorker Luxussuite verführt. Ein Fehler? Bald fürchtet er: Sie hat ihn in die Liebesfalle gelockt! NUR EINE NACHT MIT DEM BOSS? von SHARON KENDRICK Ein Date mit dem Boss? Die schüchterne Haushälterin Tara fühlt sich wie verzaubert, als Lucas Conway sie überraschend zum Dinner ausführt. Ohne an Morgen zu denken, gibt sie sich dem überzeugten Junggesellen in einer einzigen Liebesnacht hin. Mit skandalösen Folgen …
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Seitenzahl: 696
Caitlin Crews, Therese Beharrie, Carol Marinelli, Sharon Kendrick
JULIA EXTRA BAND 483
IMPRESSUM
JULIA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 843 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2019 by Caitlin Crews Originaltitel: „Untamed Billionaire’s Innocent Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Emma Luxx
© 2019 by Therese Beharrie Originaltitel: „Island Fling with the Tycoon“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Angelika Anders
© 2019 by Carol Marinelli Originaltitel: „Claimed for the Sheikh’s Shock Son“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Irmgard Sander
© 2019 by Sharon Kendrick Originaltitel: „The Argentinian’s Baby of Scandal“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries
Abbildungen: Harlequin Books S. A., adisa / Getty Images, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733714833
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
Der Liebe hat Milliardär Dominik James längst abgeschworen. Doch beim Blick in Laurens karamellfarbene Augen erwacht jäh unwiderstehlich sinnlicher Hunger in ihm. Er muss sie küssen – um jeden Preis!
Zwischen Caleb und der schönen Piper sprühen vom ersten Moment an die Funken. Allerdings ist sie ihm ein Rätsel: Kaum hat sie sich verlangend in seine Arme geschmiegt, stößt sie ihn wieder von sich …
Wie im Märchen kommt Aubrey sich vor, als Scheich Khalid sie in seiner luxuriösen Hotelsuite in New York verführt. Doch dann wirft er ihr aus heiterem Himmel vor, eine schamlose Betrügerin zu sein …
Selfmade-Millionär Lucas Conway genießt sein sorgloses Playboyleben. Bis er spontan eine Nacht der Leidenschaft mit seiner Haushälterin Tara verbringt – und schockiert von den Folgen erfährt …
Lauren Isadora Clarke war in London geboren und aufgewachsen.
Sie war ein Stadtmensch, durch und durch. Wo andere beim Anblick der idyllischen englischen Natur ins Schwärmen gerieten, sah Lauren nur monotones Grün und störende Hecken. Da war ihr die Stadt mit ihren vielfältigen Transportmöglichkeiten weit lieber. Ein Hoch auf die Pünktlichkeit! Und im Notfall kam man auch zu Fuß ans Ziel …
Fürs Wandern hatte Lauren absolut keinen Sinn, und fürs Walken schon gar nicht. Niemals würde man sie dabei ertappen, wie sie mit diesen seltsamen Skistöcken bewaffnet in klobigen Schuhen durchs verregnete Gelände eilte! Sie fand es gar nicht reizvoll, keuchend auf Berge zu klettern, nur um wenig später matschbedeckt wieder nach unten zu schlittern.
Nein, vielen Dank. Lauren hielt sich lieber an Backsteine, Stahl und Beton, die ruhmreiche Londoner U-Bahn und Schnellimbisse an jeder Straßenecke. Allein bei der Erwähnung tiefer, dunkler Wälder bekam sie Hautausschlag.
Und doch marschierte sie jetzt in einem finsteren Wald in Ungarn diesen Trampelpfad entlang, den der Wirt des Gasthofs, in dem sie abgestiegen war, als Straße bezeichnet hatte.
Bloß gut, dass es hier – zumindest bis jetzt – keine Stechmücken gab.
Dafür hatte sie andere Probleme.
Das waren an erster Stelle ihre Schuhe, die natürlich total unvernünftig waren. Aber Lauren hasste vernünftige Schuhe. Reichte es denn nicht, dass ihr gesamtes Leben durch und durch vernünftig war?
Sie hatte nie Geldprobleme, bezahlte ihre Rechnungen immer pünktlich und leistete hervorragende Arbeit in ihrem Job als persönliche Assistentin des sehr reichen und mächtigen Präsidenten und CEO von Combe Industries. So gute Arbeit, dass Lauren sich geradezu unersetzlich gemacht hatte.
Ihre Schuhe waren stets unpraktische, fantasievolle Gebilde, die sie daran erinnerten, dass sie eine Frau war. Was ihr vor allem an Tagen, an denen ihr Chef sie wieder einmal wie eine perfekt funktionierende Maschine behandelte, sehr zupass kam.
„Meine Mutter hatte noch ein uneheliches Kind, das sie weggegeben hat“, hatte Matteo Combe ihr vor ein paar Wochen in seinem üblichen emotionslosen Tonfall eröffnet. „Einen Sohn.“
Lauren wusste wie jeder, der nicht völlig medienabstinent lebte, alles über die weitverzweigte Familie ihres Chefs. Und da sie ihr ganzes bisheriges Berufsleben für Matteo gearbeitet hatte, wusste sie sogar noch mehr. Dass die schöne verwöhnte Alexandrina San Giacomo sich allen Regeln ihrer versnobten venezianischen Herkunft widersetzt hatte, indem sie den reichen, aber beschämend ungeschliffenen Eddie Combe geheiratet hatte, dessen Vorfahren sich aus den Stahlwerken Nordenglands hochgearbeitet hatten, oft genug unter Einsatz ihrer Fäuste. Ihre turbulente Ehe hatte pausenlos Skandale verursacht und war Anlass endloser Spekulationen gewesen. Und dass sie so kurz nacheinander gestorben waren, hatte noch mehr Staub aufgewirbelt.
Aber noch nie hatte sie auch nur das leiseste Gerücht über irgendein uneheliches Kind gehört!
Nun, irgendwann kam eben alles ans Licht. Und Lauren brauchte nicht erst lange davon überzeugt zu werden, dass ein wahrer Sturm der Entrüstung losbrechen würde, wenn diese Geschichte publik wurde.
„Ich möchte, dass Sie ihn finden“, hatte Matteo so selbstverständlich gesagt, als bäte er sie, ihm einen Kaffee zu holen. „Ich habe keine Ahnung, wo und unter welchen Umständen dieser Mann lebt, aber ich brauche ihn in einem vorzeigbaren Zustand.“
Das war alles gewesen, was ihm dazu eingefallen war. Lauren hatte es sofort damit entschuldigt, dass der Mann in letzter Zeit so viel durchgemacht hatte. Schlimm genug, wenn man kurz nacheinander beide Eltern verlor. Aber dann hatte ihr Chef auch noch erfahren, dass seine unverheiratete jüngere Schwester ein Kind erwartete! Grund genug für Matteo, dem Kindsvater Prinz Ares von Atilia einen Kinnhaken zu verpassen. In Laurens Augen war das eine absolut verständliche Reaktion, wenn es nur nicht ausgerechnet auf der Beerdigung seines Vaters passiert wäre.
Und wenn es nicht die zahllosen Fotos und Videos der Paparazzi und Trauergäste gäbe, die seitdem im Internet kursierten. Das hatte Matteo im Konzernvorstand in größte Schwierigkeiten gebracht, sodass er gezwungen gewesen war, einem Training für Aggressionsbewältigung zuzustimmen, das noch immer andauerte.
Aber Lauren hatte ihren Chef natürlich verteidigt.
„Gibt es eigentlich irgendwann mal eine Situation, in der du ihn nicht in Schutz nimmst?“, hatte ihre Mitbewohnerin Mary gefragt, ohne den Blick von ihrem Handy zu lösen, während Lauren hektisch durch die Wohnung gerannt war, um für ihre Reise zu packen.
„Er ist ein wichtiger Mann, der irrsinnig viel um die Ohren hat, Mary.“
„Woran du uns alle bei jeder sich bietenden Gelegenheit erinnerst.“
Lauren, die keinen Streit wollte, hatte sich eine Antwort verkniffen. Aber nur, weil gute Mitbewohnerinnen rar gesät sind, dachte sie jetzt, während sie sich ihren Weg durch den ungarischen Wald bahnte. Denn weil Mary von dem Gedanken besessen war, zu jeder Zeit mit ihren dreißigtausend Freunden in allen Ecken der Welt auf jeder Art von sozialer Plattform in Verbindung zu bleiben, bedeutete dies, dass sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer hockte und Lauren das Apartment praktisch für sich allein hatte. Auch wenn sie fast nie da war.
Aber eigentlich hat Mary doch nicht ganz unrecht, oder? meldete sich eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf, die Lauren sofort ausblendete. Denn wo käme sie hin, wenn sie ihre Loyalität zu Matteo Combe plötzlich infrage stellte?
Sie tat gut daran, sich auf den matschigen Weg zu konzentrieren, sonst rutschte sie womöglich noch aus. Mit einem finsteren Blick auf ihre ruinierten Schuhe zog Lauren ihr rotes Cape fester um sich. Die Verwünschungen, mit denen sie ihren Chef insgeheim bedachte, hätte sie natürlich nie laut ausgesprochen.
Diesen Dominik James zu finden war nicht ganz einfach gewesen.
Bis auf die spärlichen Hinweise, die Matteos Mutter in ihrem Testament genannt hatte, gab es fast keine Informationen über ihn. Doch dann hatte Lauren der Ehrgeiz gepackt, und nach wochenlangen Nachforschungen hatte sie ein handfestes Ergebnis gehabt! Alexandrina, die Erbin des riesigen San Giacomo-Vermögens, war mit gerade mal fünfzehn von einem absolut unstandesgemäßen Jungen schwanger geworden. Die Familie hatte es erst bemerkt, als die Schwangerschaft nicht mehr zu übersehen gewesen war. Daraufhin hatte man Alexandrina von der Klosterschule genommen und in eine noch strengere Anstalt gesteckt.
Im Sommer darauf – mit knapp sechzehn – brachte Alexandrina ihr Baby zur Welt, das von der Kirche sofort weggezaubert worden war, während sie selbst in ihr normales Leben zurückkehrte. Von ihrem Erstgeborenen war Zeit ihres Lebens nie die Rede gewesen, bis sie ihm nun in ihrem Testament ein Drittel ihres Vermögens vermacht hatte.
Zumindest hatte Lauren einen Namen gehabt, nach dem sie suchen konnte. Nach vielen vergeblichen Versuchen schien sie hier in Ungarn endlich auf den richtigen Dominik James gestoßen zu sein. Jetzt musste sie ihm nur noch die frohe Botschaft überbringen! Und das hier, mitten im tiefsten Wald, zwischen all den Bäumen, die da fremd und ehrfurchtgebietend um sie herum aufragten und eigentlich eher in ein Märchen gehörten.
Nur dass Lauren nicht an Märchen glaubte …
Es war Frühling, doch so tief im Wald war es kühl. Der Weg vor ihr war in dunkle Schatten gehüllt. Das machte sie nervös.
Aber vielleicht lag es ja gar nicht an den Schatten, sondern daran, dass sie nicht wusste, was sie an ihrem Ziel erwartete.
„Na, dann viel Glück“, hatte der Wirt des Gasthofs mit einem Auflachen gesagt, nachdem sie ihm erzählt hatte, dass sie Dominik James suchte. „Manch einer will nicht gefunden werden, Miss. Das sollte man respektieren.“
Bei diesen Worten war ihr leicht mulmig geworden, ein Gefühl, das sich hier draußen noch verstärkte.
Automatisch setzte Lauten einen Fuß vor den anderen, und bald war es, als hätte sie jegliche Zivilisation hinter sich gelassen. Tröstlich war nur, dass es wenigstens nicht bergauf ging. Aber dafür war ringsum nichts als Matsch. Und dazu dieses ständige Rascheln und Knistern, das verriet, dass es hier jede Menge unsichtbares Getier gab, das sie aus dem Dickicht heraus beobachtete.
Lauren erschauerte und tadelte sich, weil ihre Angst absolut lächerlich war.
Gleich darauf machte der Weg eine Biegung. Dann sah sie es.
Eine riesige Blockhütte. Da, auf der anderen Seite der Lichtung. Lauren ging ganz langsam direkt auf die Hütte zu. Die ganze Zeit über hatte sie sich gewünscht, diesen dichten Wald endlich hinter sich zu lassen, doch diese Lichtung machte sie nicht weniger nervös.
Aber Nervosität ließ Lauren nicht gelten. Sie blickte stirnrunzelnd auf die sorgfältig aus Holzstämmen gezimmerte Hütte, die sogar einen Kamin hatte, aus dem Rauch aufstieg. Es gab absolut keinen Grund dafür, warum dieser Anblick in einer überzeugten Großstädterin wie Lauren irgendetwas auslösen sollte. Und doch hatte sie plötzlich für einen winzigen Moment das seltsame Gefühl, nach einer langen ermüdenden Wanderung endlich zu Hause zu sein.
Natürlich war das völlig lachhaft. Unbewusst rieb sich Lauren die Stelle, wo ihr Herz war, wie um einen alten Schmerz zu lindern. Falls sich in irgendeinem Märchen in so einer Blockhütte jemals etwas Schönes ereignet haben sollte, konnte sie sich jedenfalls nicht daran erinnern. Und selbst wenn. Sie glaubte sowieso nicht an Märchen. Und das war auch besser so, da sich Lauren fast nur an düstere Stellen in Märchen erinnerte, nämlich an Hexenhäuser, Flüche und gefährliche Wölfe …
Genau in diesem Augenblick entdeckte sie vor der Blockhütte eine Gestalt. Dort im Schatten stand ein Mann.
Ein Mann, der in ihre Richtung schaute.
Ihr Herz machte einen erschrockenen Satz. Dann schien es einen so kraftvollen doppelten Salto zu schlagen, dass Lauren aufpassen musste, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Mr. Dominik James?“, rief sie möglichst forsch. Obwohl ihr Herz immer noch wie wild hämmerte.
Der Mann trat aus dem Schatten ins Licht.
Jetzt begann ihr Herz erst recht zu rasen.
Er war groß. Sehr groß! Und seine Schultern waren so breit, dass Lauren sie am liebsten sofort mit ihren Fingerspitzen berührt hätte … Sein Haar war dunkel und voll, leicht verwuschelt und ziemlich lang. Sein Kinn war kühn, der schön geformte Mund schmal und ernst – und zugleich so sinnlich, dass sie plötzlich ein heftiges Kribbeln im Bauch verspürte. Er war einfach gekleidet. Ein langärmeliges Hemd bedeckte seinen beeindruckenden Oberkörper, dunkle Hosen umspannten seine kraftvollen Schenkel, und seine Füße steckten in derben Stiefeln.
Am Ende aber waren es seine Augen, die in Lauren alle Alarmsirenen schrillen ließen.
Weil sie grau waren. Grau wie Sturmwolken, grau wie Matteo Combes Augen.
Das Grau der San Giacomos, dachte Lauren.
Sie brauchte nicht erneut nach seinem Namen zu fragen. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie hier den verloren gegangenen San Giacomo-Erben vor sich hatte. Wie in dunkler Vorahnung richteten sich plötzlich die feinen Härchen in ihrem Nacken auf.
Aber Lauren zwang sich weiterzugehen.
„Mein Name ist Lauren Clarke“, stellte sie sich vor, wobei sie entschlossen versuchte, diese seltsamen Empfindungen abzuschütteln, von denen sie überschwemmt wurde. „Ich arbeite für Matteo Combe, den CEO von Combe Industries. Er ist der älteste Sohn der kürzlich verstorbenen Alexandrina San Giacomo Combe, und ich habe allen Grund anzunehmen, dass Alexandrina auch Ihre Mutter war.“
Diese kleine Ansprache hatte sie sorgfältig eingeübt, zuletzt heute Morgen vor dem Spiegel in ihrem kleinen Zimmer in dem Gasthof.
Sie hatte sich bereits jede Menge Reaktionen ausgemalt und alle möglichen Notfallpläne für die verschiedensten Szenarien geprobt.
Aber der Mann vor ihr blieb stumm.
Langsam kam er nun auf sie zu. Seine Bewegungen hatten eine solch raubtierhafte Lässigkeit, dass Lauren der Atem stockte.
Je näher er kam, desto mehr Einzelheiten konnte sie erkennen. Sogar den Ausdruck in seinen Augen, sarkastisch und belustigt, wie ihr schien.
Für dieses Szenario hatte sie keinen Notfallplan.
„Mrs. Combe hat ein Testament hinterlassen, dessen vollständige Erfüllung mein Arbeitgeber als seine Pflicht ansieht“, zwang sie sich fortzufahren. „Und ich bin gekommen, um für diesen Prozess alles in Gang zu setzen.“
Der Mann schwieg noch immer. Direkt vor ihr blieb er stehen und musterte Lauren so eindringlich, dass ihr die Röte ins Gesicht stieg.
Es fühlte sich fast unerträglich intim an. Als würde er mit den Händen über ihren Körper fahren. Als wollte er über ihr Haar streichen, das sie sich im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Als würde er mit seinen Blicken ihr rotes Cape durchdringen. Schließlich glitt sein Blick über ihre Beine zu ihren Schuhen und wieder zurück.
„Mr. Combe ist ein reicher und mächtiger Mann“, fuhr sie fort, entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Was nicht heißt, dass er vorhätte, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen, im Gegenteil. Allerdings verlangt es seine Position, dass wir hier mit einem gewissen Fingerspitzengefühl vorgehen, falls Sie verstehen, was ich meine.“
Lauren wurde plötzlich bewusst, dass der Mann – Dominik James, denn wer sollte es sonst sein – offenbar erst kürzlich geduscht hatte. Das schloss sie nicht nur aus der Tatsache, dass sein Haar noch feucht war, sondern auch aus dem Geruch, den sie wahrnahm: eine seltsam anziehende Mischung aus Seife und warmer, sauberer Männlichkeit.
Ihr wurde leicht schwindlig, kein Wunder bei diesem Herzrasen.
Alles um sie herum schien zu lauern, sogar der Wald. Lauren vermisste den beruhigenden Lärm der Großstadt. Hier in der freien Natur war nichts, was sie von diesen durchdringenden grauen Augen hätte ablenken können.
„Entschuldigung“, sagte sie schließlich, als sie es nicht mehr aushielt. „Sprechen Sie Englisch? Das habe ich gar nicht gefragt.“
Er verzog ganz leicht den Mund. Lauren stand – warum auch immer – wie erstarrt da und beobachtete, wie er ihr langsam eine Hand entgegenstreckte.
Es schien fast so, als ob er vorhätte, sie zu berühren. Als ob er ihr mit einem seiner langen eleganten Finger über den Hals fahren wollte, so wie man es in diesen lächerlich romantischen Filmen oft sah, von denen Lauren stets behauptete, sie würde sie nicht schauen. Aber er tat es nicht. Als er schließlich nach einem Zipfel ihres Capes griff, verspürte sie einen scharfen Stich der Enttäuschung.
Die Berührung wirkte sachlich, als wollte er das Material prüfen.
„Was soll das denn?“, fragte sie und ließ alle Hoffnung fahren, ihre geschäftsmäßige Attitüde aufrechterhalten zu können. Sie hatte ganz weiche Knie, und ihre Stimme klang nicht wie ihre. Viel zu atemlos. Beschämend kraftlos.
Unbemerkt war er noch näher an sie herangetreten. Lauren war sich absolut sicher, dass sie sich nicht bewegt hatte. Und als er den Kopf leicht zur Seite neigte, herrschte in ihr nur noch Chaos.
Dann wurde es gefährlich still.
„Es war einmal ein schönes blondes Mädchen, das, eingehüllt in einen leuchtend roten Umhang, ganz allein durch den Wald ging.“ Allein der tiefe Klang seiner Stimme bewirkte, dass sich Lauren wieder in die dunkel lockende Welt der Märchen versetzt fühlte. Erregt biss sie sich auf die Unterlippe. „Und … wie glauben Sie, geht es weiter?“, fragte der Mann.
Erwartungsvoll blickte Lauren zu ihm hoch.
Da senkte der Fremde den Kopf – und küsste sie.
Um Himmels willen, er küsst mich!
Lauren verstand, was die Worte in ihrem Kopf bedeuteten, aber sie ergaben keinen Sinn.
Das meiste von dem, was Dominik James mit seinem Mund anstellte, hatte keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeinem Kuss, den sie je erlebt oder gesehen hatte.
Verlockend fuhr er mit seiner Zunge über ihre Lippen, als wollte er sie ermuntern, ihren Mund für ihn zu öffnen.
Selbstverständlich würde sie das nicht tun.
Aber dann tat Lauren es doch, begleitet von einem sinnlichen Seufzen, wie es ihr noch nie zuvor entschlüpft war.
Nun war diese süße Verlockung in Gestalt einer Zunge in ihrem Mund – und jetzt wurde es völlig verrückt.
Vielleicht lag es am Winkel. Oder daran, wie dieser Mann schmeckte, vollmundig und wild. Oder an der unfassbar trägen Art des Kusses, den er sanft aber stetig vertiefte, veränderte. Meisterlich.
Als er sich von ihr löste, konnte Lauren den Blick nicht von seinen Lippen reißen.
Sie zitterte.
Aber nur vor Empörung, wie sie sich selbst rasch versicherte. „Na hören Sie mal! Sie können doch nicht einfach … Sie können doch nicht einfach fremde Leute küssen!“
Seine Mundwinkel hoben sich. „Ich gelobe feierlich, in Zukunft daran zu denken, falls hier in meinem Wald noch mehr Märchengestalten auftauchen sollten.“
Lauren war völlig durcheinander. Ihre Wangen glühten. Erregende Hitze breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, ihre Brustwarzen kribbelten, und zwischen ihren begann es warm zu pulsieren.
Was sie zutiefst beschämte.
„Ich bin keine Märchengestalt.“ Noch während sie die Worte aussprach, bereute sie sie auch schon. Warum spielte sie bei dieser bizarren Veranstaltung überhaupt mit? „Märchen sind nicht real, und selbst wenn sie es wären, wollte ich nichts damit zu tun haben.“
„Das ist bedauerlich. Denn was sind Märchen anderes als Sinnbilder für allerlei menschliche Verlockungen? Fantasien. Dunkle Bilder.“
Lauren schluckte. „Ich weiß, dass manche Leute es sich erlauben können, von Berufs wegen lang und breit über den tieferen Sinn von Kindergeschichten zu philosophieren“, sagte sie in einem Ton, der eine Spur zu zickig klang. Doch das war jetzt, mit dem Brandmal seines Mundes auf ihrem, ihre geringste Sorge. „Aber ich fürchte, mein Job ist weit erwachsener.“
„Weil es nichts Erwachseneres gibt, als Befehle von oben zu befolgen.“
Seine Bemerkung brachte Lauren völlig aus dem Gleichgewicht, was ihr normalerweise nie passierte. Ihre Lippen fühlten sich geschwollen an, aber sie verbot sich, das zu überprüfen. Damit würde sie nur ihre Verletzlichkeit offenbaren, und das durfte nicht sein.
Schlimm genug, dass sie sich überhaupt so verletzlich gemacht hatte.
„Nicht jeder kann es sich leisten, einfach so in den Tag hineinzuleben“, sagte sie scharf.
Aber falls sie gehofft hatte, ihn damit zu ärgern, wurde sie enttäuscht. Der bemerkenswerte Mann sah sie weiterhin unbeirrt an. Und der silbrige Schimmer, den Lauren in seinen sturmgrauen Augen glänzen sah, schien die sinnliche Hitze in ihrem Körper noch zu verstärken …
„Der Gastwirt hat mich vorgewarnt, dass Sie kommen.“ Er zog sich etwas zurück, und sie war sich jeder seiner Bewegungen so überdeutlich bewusst, dass sie sich noch gedemütigter fühlte. Es hatte etwas mit seiner Geschmeidigkeit zu tun, die in ihr den Wunsch erweckte, sich ihm zu nähern. Ihre Hand nach ihm auszustrecken, um …
Abrupt verschränkte sie die Arme vor der Brust und strafte den Mann vor ihr mit einem finsteren Blick.
„Den Weg hätten Sie sich sparen können“, sagte er. „Ihr reicher Boss interessiert mich ebenso wenig wie seine Mutter und deren ominöses Testament. Sie können also beruhigt wieder abziehen.“
Das fühlte sich an wie Verrat, obwohl es das nicht sollte. Es ging nicht gegen sie, Lauren war kein Mitglied dieser Familie, sondern nur eine Angestellte. Aber dass dieser Mann so verächtlich über die Familie ihres Chefs sprach, wurmte sie. Ihre Lippen kribbelten noch immer. Es fühlte sich fast an, als ob sie sich verbrannt hätte. Was für ein Kuss! Kühn und unverfroren. Rücksichtslos männlich.
Eine Erinnerung, die nicht verblassen wollte. Im Gegenteil.
„Mein reicher Boss ist immerhin auch Ihr Bruder“, erinnerte sie ihn scharf. „Es geht nicht um Geld. Es geht um Familie.“
„Eine bekanntlich steinreiche Familie“, ergänzte Dominik James mit einem stählernen Glanz in den Augen. „Die mich nicht wollte. Ich fürchte, auf diese liebevolle Wiedervereinigung, die auf die flüchtige Laune einer Toten zurückgeht, werde ich wohl verzichten müssen.“
Als er die Hand ausstreckte und Laurens Kinn umfasste, blieb ihr fast das Herz stehen. Sie hätte ihn wegstoßen sollen. Und das wollte sie auch.
Aber ihr Kopf schien plötzlich mit Sirup gefüllt zu sein, zähflüssig und dick. Und so stand Lauren einfach nur da und fühlte die Hand, die ihr Kinn mit einer Entschlossenheit umspannte, die sie innerlich erbeben ließ.
Ein sarkastisches Grinsen breitete sich plötzlich auf seinem Gesicht aus. „Ich hätte nie gedacht, dass eine so taffe Blondine so süß schmecken kann.“
Als diese Worte endlich zu Lauren durchgedrungen waren, hatte der verlorene Sohn der San Giacomos bereits kehrtgemacht und schlenderte in Richtung Hütte.
Lauren spürte, wie ihr wütende Tränen in die Augen schossen. Sie wusste, dass sie sich für ihr bizarres Verhalten bis in alle Ewigkeit hassen würde. Wo blieb ihre Selbstbeherrschung?
„Nur damit ich es verstehe“, schleuderte sie ihm hinterher, und selbstverständlich warf sie dabei keinen Blick auf seinen muskulösen Rücken. „Was sollte der Quatsch mit dem Rotkäppchen?“
„Liegt an dem Cape.“
„Und Sie sind der große böse Wolf, ja?“
Erst jetzt merkte sie, dass sie ihm folgte. Ganz bestimmt war das nicht ratsam, nachdem dieser Mann es mühelos geschafft hatte, sie ganz und gar aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Indem er sie geküsst hatte, als ob es um ihrer beider Leben ginge …
Aber an diesen Kuss durfte Lauren jetzt auf keinen Fall denken! Diese Erfahrung war viel zu verwirrend gewesen.
„Die Wälder Europas sind voller Wölfe.“ Seine Stimme war plötzlich noch tiefer, als er sich nun zu ihr umdrehte und sie nachdenklich musterte. Mit demselben Effekt wie vorher. Lauren fühlte sich wie im Auge eines Hurrikans.
Sie registrierte, dass er ihre Frage nicht beantwortet hatte.
„Aber warum …?“
Lauren blieb einen halben Meter vor ihm stehen. Sie merkte, dass sie ihre Hände in die Hüften gestützt hatte, ihr Cape fiel jetzt vorn offen herab. Und sie hasste es, dass irgendetwas in ihr die Art, wie sein Blick über ihre zarte Seidenbluse glitt, wunderbar erregend fand.
Ihre Brustwarzen stellten sich plötzlich auf. Aber das lag bestimmt nur daran, dass sie auf die kalte Luft reagierte. Mit Dominik James hatte das nichts zu tun.
Lauren musste sich seit Jahren immer wieder daran erinnern, dass sie eine Frau war. Und sie hatte darauf gehofft, dass zumindest ihr Chef sich irgendwann daran erinnern würde, dass seine PA ein weibliches Wesen war. Bisher vergebens.
Doch unter dem Blick dieses Mannes hier fühlte sie sich plötzlich so unfassbar weiblich.
Sie versuchte sich einzureden, dass es nur blanke Wut war, was sie fühlte. Aber dafür war dieses verwirrende Gefühl in ihr ein wenig zu schwindelerregend.
„Warum ich Sie geküsst habe?“ Seine Zähne blitzten auf. „Weil ich es wollte, Rotkäppchen. Warum sonst?“
„Vielleicht haben Sie mich ja geküsst, weil Sie ein … weil Sie ein Macho-Schwein sind“, konterte sie. „So etwas kommt häufig vor bei Männern, die Angst davor haben, die Kontrolle zu verlieren.“
Ein Ausdruck dunklen Amüsements huschte über sein Gesicht.
„Ich glaube, Sie verwechseln da Ihre Märchen. Allerdings … Bei den drei kleinen Schweinchen wird ja viel gehustet und geprustet. Und geblasen, wenn mich nicht alles täuscht.“ Er legte den Kopf schräg. „Machen Sie mir gerade ein unsittliches Angebot?“
Sie spürte, wie in ihr ein Feuer entfacht wurde, das sich unaufhaltsam ausbreitete, aber sie ignorierte es standhaft.
„Sehr komisch“, fauchte sie. „Allerdings kann es kaum überraschen, dass ein Mann, der allein in einer Holzhütte im Wald lebt, aus reiner Langeweile Märchen so lange verdreht, bis sie zu seinen abstrusen Fantasien passen. Aber ich bin nicht hier, damit Sie sich über mich lustig machen können, Mr. James.“
„Nennen Sie mich Dominik.“ Jetzt lächelte er sie an, doch harmloser wirkte er deshalb noch lange nicht. „Auch wenn Mr. James mein Vater war, habe ich den Mann nie kennengelernt.“
„Ich weiß Ihre Machtspielchen durchaus zu schätzen.“ Lauren versuchte alles, um bloß nicht wieder an diesen Kuss denken zu müssen. „Danke, dass Sie mir meinen Platz gezeigt haben. Und tatsächlich wäre mir nichts lieber, als auf dem Absatz kehrtzumachen, um meinem Arbeitgeber von einem ungehobelten Einsiedler im Wald zu berichten, den er besser niemals als seinen Bruder anerkennen sollte. Aber das geht leider nicht.“
„Warum nicht?“
„Sie sollten nicht nach dem Grund fragen, sondern mir einfach nur dankbar sein. Denn wenn ich Sie aufspüren konnte, können es andere auch, was für Sie weit unangenehmer sein wird. Weil es Reporter sein werden, Paparazzi. Man wird Sie jagen, bis man Sie zur Strecke gebracht hat, glauben Sie mir.“ Sie lächelte strahlend. „Es ist nur eine Frage der Zeit.“
„Ich habe meine ganze Kindheit gewartet, dass jemand kommt“, sagte er leise, nachdem sich das Schweigen fast unerträglich gedehnt hatte. „Aber es kam niemand. Deshalb wüsste ich nicht, warum sich das jetzt ändern sollte.“
„Als Kind waren Sie unerwünscht, aber heute sind Sie einer der rechtmäßigen Erben des San-Giacomo-Vermögens. Sie sind ein reicher Mann, Mr. James, und darüber hinaus gehören Sie einer sehr alten und sehr berühmten Familie an.“
„Sie könnten nicht falscher liegen“, sagte er in dem ihm eigenen sanften Ton, den man keinesfalls mit Schwäche verwechseln durfte. „Ich bin Waise. Ein ehemaliger Soldat. Und ein Mensch, der seine Freiheit liebt. Ich kann Ihnen nur raten, so schnell wie möglich zu dem Mann zurückzukehren, der Sie an seiner kurzen Leine hält, und ihm das mitzuteilen.“ Jetzt war da ein gefährliches Glitzern in seinen Augen. „Also, seien Sie ein braves Mädchen. Bevor ich böse werde.“
Lauren schüttelte entschieden den Kopf. „Das kann ich nicht.“
„Sie haben keine Wahl, Rotkäppchen. Meine Antwort haben Sie.“
Lauren konnte ihm ansehen, dass er es ernst meinte.
„Die meisten Menschen würden bei so einer Nachricht Freudensprünge machen“, beharrte sie. „Schließlich ist das noch besser als im Lotto zu gewinnen, nicht wahr? Da leben Sie fröhlich in den Tag hinein, und plötzlich erfahren Sie, dass Sie jemand ganz anderes sind.“
„Ich bin genau der, für den ich mich halte.“ Jetzt schwang in seiner Stimme definitiv ein gefährlicher Unterton mit. „Ich habe hart daran gearbeitet, der zu werden, der ich heute bin. Und ich bin nicht im Mindesten interessiert daran, jemand anders zu werden, nur weil irgendwer plötzlich Schuldgefühle hatte.“
„Aber ich …“
„Ich weiß, wer die San Giacomos sind“, fiel er ihr schroff ins Wort. „Wie auch nicht? Ich bin in Italien in ihrem Schatten aufgewachsen, aber sie interessieren mich nicht im Geringsten. Sagen Sie das Ihrem Boss.“
„Warum sagen Sie ihm nicht selbst, dass Sie das Geschenk verschmähen, das er Ihnen anbietet?“
Dominik musterte sie eingehend. „Was denn für Geschenk? Man hat mir mein Geburtsrecht jahrelang verweigert.“
„Was auch immer, auf jeden Fall ändert sich nichts, solange Sie sich hier in Ihrem Blockhaus verkriechen.“
Jetzt lachte er. Oder nein, eigentlich war es nur ein schnelles Lächeln. Aber dieses Lächeln machte Lauren Appetit auf ein richtiges Lachen von ihm.
Himmel, was passierte eigentlich gerade mit ihr?
„Was ich nicht verstehe, ist die Hingabe, die Sie an den Tag legen“, sagte er mit einer Stimme, die wie etwas Dunkles an ihrem Rückgrat zu lecken schien. Und sofort begann sie sich auszumalen, wie er mit seiner Zunge über ihre Haut fuhr, während seine Hände die Linien ihrer Hüften nachzeichneten, wobei er … Rigoros rief sie sich zur Ordnung, straffte die Schultern und konzentrierte sich auf das, was Dominik James ihr zu sagen hatte. „Sie haben sich viel Mühe gemacht, mich zu finden, und jetzt sind Sie hier. Uneingeladen.“
„So bin ich eben.“ Lauren hob das Kinn. „Wenn man mir eine Aufgabe stellt, löse ich sie.“
„Und wenn Ihr Boss sagt ‚spring‘, dann springen Sie“, sagte Dominik sanft, aber sie hörte die Verachtung in seinen Worten mitschwingen. Erneut wurde Lauren von einer Welle der Scham durchflutet. Es war alles so verwirrend! Sie verstand so vieles nicht von dem, was hier passierte.
„Ich bin die persönliche Assistentin von Mr. Combe, Mr. James. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er bekommt, was er braucht. Das ist kein Charakterfehler meinerseits, sondern liegt schlicht in der Natur der Sache.“
Sie unterbrach sich, überlegte.
„Ich kann Ihre Vorbehalte durchaus verstehen“, fuhr sie schließlich fort, wobei sie versuchte, versöhnlich zu klingen. „Ganz ehrlich. Aber ich möchte trotzdem, dass Sie Verbindung mit Ihrer Familie aufnehmen. Wie kann ich das erreichen?“
Er schüttelte leicht den Kopf. „Also wirklich. Erst wandern Sie in einem roten Cape durch den tiefen Wald. Dann erlauben Sie dem großen bösen Wolf, sich eine Kostprobe von Ihnen zu genehmigen. Und jetzt machen Sie ihm auch noch ein Angebot? Oh je. Was für große Augen du hast, Rotkäppchen.“
Es gab keinen Grund zu erschauern, weil sie doch genau wusste, dass seine Worte zu diesem Spiel dazugehörten, dem sie schon viel zu viel Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Aber der Wald schloss sie ein. In den Bäumen rauschte der Wind, und das Dorf mit seinen Menschen lag in weiter Ferne.
Und geküsst hatte er sie bereits.
Sie überlegte, was sie ihm anbieten könnte. Doch sie kam zu keinem Ergebnis.
Während sie Dominik James ansah, verspürte Lauren plötzlich sich selbst gegenüber eine merkwürdige Fremdheit. Als ob ihr Körper ihr nicht mehr gehörte. Dieses ständige Erschauern, gegen das sie absolut machtlos war. Nicht einmal ihre Zunge schien ihr noch zu gehorchen. Das passte ihr überhaupt nicht.
„Es muss doch irgendetwas geben, womit ich Sie überzeugen kann, mich nach London zu begleiten“, sagte sie und versuchte vernünftig zu klingen. „Um Status und Geld scheint es Ihnen ja nicht zu gehen, sonst würden Sie nicht zögern, zuzugreifen.“
Er zuckte die Schultern. „Geld und Status interessieren mich nicht.“
„Dafür offensichtlich Machtspielchen wie dieses hier. Jedenfalls nutzen Sie Ihre Macht im Moment gnadenlos aus.“
Als er die Augen zusammenkniff und seinen Blick sehr langsam über sie hinwegschweifen ließ, erschauerte sie bis ins Mark. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie eben das Falsche gesagt hatte.
Es war nur ein Blick, sonst nichts. Er musterte sie einen Moment. Dann lächelte er.
Es war mehr ein sarkastisches Grinsen, bei dem ihr der Atem stockte. Ein Lächeln, das nichts Gutes verhieß.
Für sie. Und für ihr Herz, das wie verrückt hämmerte.
All das, was sie angeblich nicht fühlte, breitete sich wie eine brütende, allumfassende Hitze in Lauren aus.
„Ich schlage vor, Sie kommen erst einmal rein und setzen sich zu mir ans Feuer, Rotkäppchen“, sagte er mit tiefer Stimme. „Mal sehen, ob Sie es schaffen, mich davon zu überzeugen, mit Ihnen nach London zu kommen.“
Dominik James hatte sein ganzes Leben damit verbracht, sich seinen Platz in der Welt zu suchen.
Man hatte ihm erzählt, dass seine Eltern tot wären, dass er Waise sei, und er hatte es geglaubt. Anfangs. Auf jeden Fall war es eine Erklärung dafür gewesen, warum sein Zuhause das Waisenhaus war.
Aber als er zehn gewesen war, hatte ihm eine der Nonnen, die das Waisenhaus führten, tröpfchenweise eine andere Wahrheit eingeflößt, immer wenn sie ihn bei einem Lausbubenstreich erwischt hatte.
„Deine Mutter wollte dich nicht“, hatte sie dann gesagt. „Kein Wunder, wo du so ein garstiger, böser Junge bist. Wer sollte dich schon wollen?“
Das Ergebnis war, dass Dominik sich die nächsten zehn Jahre redlich bemüht hatte, sich selbst und der Welt zu beweisen, dass seine Mutter goldrichtig gehandelt hatte, als sie ihn gleich nach der Geburt weggab. Irgendwann war er aus dem Waisenhaus weggelaufen und in Spanien gelandet, wo er auf der Straße lebte und stahl, was er zum Leben brauchte. Im Vergleich zu den strengen Regeln im Waisenhaus war ihm dieses Leben wunderbar frei vorgekommen.
Doch irgendwann war er nach Italien zurückgekehrt und hatte sich bei der Armee gemeldet. Weniger aus einer patriotischen Anwandlung heraus, sondern um sich selbst zu bestrafen. Dominik hatte gehofft, man würde ihn in irgendeinen Krieg schicken, in dem er im Dienst für Italien fallen konnte. Keinesfalls aber hatte er damit gerechnet, bei der Armee Recht und Ordnung vorzufinden. Und Respekt. Einen Platz in der Welt und die Mittel, die er benötigte, um aus sich den Menschen zu machen, der diesen Platz auch verdiente.
Und doch war es so gewesen.
Nachdem er den Dienst quittiert hatte, waren Jahre ins Land gegangen, in denen er als Zivilist das umgesetzt hatte, was er bei der Armee gelernt hatte. Bis er unruhig geworden war. Wenig später hatte er die Sicherheitsfirma, die er mit seinem Wissen aufgebaut hatte, für ein Vermögen verkauft.
Danach hatte Dominik begonnen, intensiv an sich selbst zu arbeiten. Erst hatte er einen Hochschulabschluss gemacht, um sein Denken zu erweitern. Und um sicherzustellen, dass er sein beträchtliches Vermögen so anlegen konnte, wie er es für richtig hielt.
Oh nein, Dominik brauchte kein Geld von seiner verloren geglaubten Familie!
Im Moment liebte er es, hier allein in den ungarischen Wäldern zu leben. Weil es ihm so gelang, sich die Welt vom Leib zu halten. Diese Welt, die ihn stets mit Wut und Zorn erfüllt hatte, sogar als er in ihr erfolgreich gewesen war.
Dominik liebte kühle Schatten und tiefe Wälder. Es gab nichts Schöneres als Sonnenstrahlen, die durch das Laubdach der Bäume fielen. Und Stille.
Eine taffe Blondine wie diese Lauren Clarke mit ihren magischen karamellfarbenen Augen machte ihn nur hungrig und heiß. Sie raubte ihm seinen Seelenfrieden.
Er hätte sie sofort wegschicken sollen.
Stattdessen hatte er sie in sein Haus eingeladen …
Lauren ging vor ihm her. Allein wie diese absurd hohen Absätze auf dem Holzboden der Veranda knallten! Er bereute es fast sofort, dass er ihr den Vortritt gelassen hatte. Denn obwohl ihr leuchtend rotes Cape den größten Teil ihres schlanken Körpers verbarg, konnte er seinen Blick nicht von ihren schwingenden Hüften wenden.
Er konnte einfach nicht wegsehen.
Als sie an der Vordertür angekommen war, streckte er hinter ihr die Hand aus und stieß die Tür auf.
Wieder ein Fehler.
So dicht hinter der schönen Blonden hungerte Dominik plötzlich danach, seinen Mund auf ihren Nacken zu pressen. Mit beiden Händen von hinten ihre vollen Brüste zu umfangen. Sein Gesicht zwischen ihren Beinen zu vergraben und sich in ihrer süßen Hitze zu verlieren.
Stattdessen hielt er ihr nur die Tür auf. Ganz wohlerzogen und zivilisiert.
Kein großer böser Wolf, sondern nur ein Einsiedler in einer Blockhütte.
Er beobachtete sie beim Eintreten, registrierte ihre Anspannung. Als ob sie Angst hätte, irgendetwas könnte sie aus dem Hinterhalt anspringen. Aber hier drohte keine Gefahr. Hier war sein Zuhause.
„Das ist ja eine echte Überraschung“, sagte Lauren in die Stille hinein, während sie den Blick von den dicken Teppichen auf dem Fußboden zu den tiefen Ledersesseln vor dem Kamin schweifen ließ. „Ich hatte eigentlich eher so etwas wie einen Schuppen erwartet.“
„Einen Schuppen.“
„War nicht beleidigend gemeint“, sagte sie, aber er hüllte sich in Schweigen.
„Nein wirklich, Sie haben es sehr hübsch hier“, betonte die blonde Schönheit noch einmal. „Richtig gemütlich … und trotzdem maskulin.“
Dominik deutete auf einen der beiden Sessel vor dem Kamin. Dann ließ er sich in den Sessel gegenüber fallen und streckte die Beine lang aus, ohne sich darum zu scheren, dass er so den gesamten Raum zwischen ihnen beanspruchte. Als er sie schlucken sah, überlegte er, ob er ihr etwas zu trinken anbieten sollte.
Er entschied sich dagegen.
„Ich dachte, Sie sind hier, um mich von etwas zu überzeugen“, sagte er schließlich. „Wie Sie das schaffen wollen, ist mir allerdings schleierhaft.“
Lauren Clarke blinzelte ihn an, als ob sie in Gedanken gerade weit weg gewesen wäre. Schließlich legte sie das Cape ab und faltete ihre Hände im Schoß. Dominik ertappte sich dabei, dass er sie gierig anstarrte.
Sie war süß und üppig, mit Kurven genau an den richtigen Stellen. Ihr goldblondes Haar, das sie sich zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, glänzte im Feuerschein. Ihre Haut wirkte samtweich und einladend, besonders am Hals, dort, wo er am liebsten vorsichtig hineingebissen hätte – sanft nur, ganz sanft, bis sie erschauerte. Ihre vollen Brüste zeichneten sich reizvoll unter ihrer Seidenbluse ab. Er bräuchte sich nur vorzubeugen und …
Dominik verbrachte ein paar köstliche Momente damit, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen.
Und sie machte es nicht besser, als sie nun auch noch mit der Zunge über ihre bebende Unterlippe leckte …
„Ich wollte Sie wirklich nicht beleidigen“, beteuerte sie erneut leicht heiser. „Ich war einfach nur überrascht. Aber ganz offensichtlich schätzt selbst jemand wie Sie die Annehmlichkeiten des Lebens. Deshalb frage ich Sie jetzt noch einmal: Wie kann ich Sie davon überzeugen, mich nach London zu begleiten?“
„Ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte.“
„Zum Beispiel, weil Sie sich dann in allen Wäldern der Welt so schöne Blockhütten bauen könnten wie diese.“
Er hob eine Schulter, ließ sie wieder fallen. „Eine Hütte reicht mir.“
Dass er bereits eine Vielzahl von Immobilien verstreut über die ganze Welt besaß, erwähnte er nicht.
„Sie könnten diese Blockhütte hier modernisieren“, schlug sie vor. „Vielleicht mit etwas mehr Anbindung an die Zivilisation. Da gibt es heutzutage unbegrenzte Möglichkeiten.“
„Seien Sie versichert, dass ich genauso viel Anbindung an die Zivilisation habe wie ich benötige.“
„Trotzdem. Sie könnten sich kaufen, was Ihr Herz begehrt.“
„Alles, was Sie mir anbieten, ist Geld“, sagte er nach einem Moment. „Aber ich sagte es bereits, ich brauche kein Geld. Dass Sie trotzdem immer wieder damit ankommen, verrät viel über Sie. Bezahlt mein Bruder Sie so schlecht, dass Sie die ganze Zeit nur an Geld denken können?“
Jetzt versteifte sie sich, zwischen ihren Brauen bildete sich eine steile Falte. „Mr. Combe war mir gegenüber immer großzügig.“
Er sah, dass sie rot geworden war. Interessant. „Das sagt nichts darüber aus, ob er Sie Ihrem Einsatz entsprechend bezahlt oder nicht. Ich frage mich, was das angemessene Gehalt für die Art von Loyalität ist, die eine Frau veranlasst, meilenweit durch die Wildnis zu stapfen, um sich in die Höhle eines womöglich gefährlichen Fremden zu begeben.“
Daraufhin reckte sie das Kinn, was er ziemlich faszinierend fand. „Die Höhe meines Gehalts tut hier nichts zur Sache.“
„Da Sie ungebeten hier bei mir reinschneien, tut alles etwas zur Sache.“ Bis auf die Tatsache, dass er sich übermäßig von ihr angezogen fühlte. Das war allein sein Problem. „Warum sagen Sie nicht einfach, weshalb Sie wirklich hier sind?“
Die Röte in ihren Wangen vertiefte sich ebenso wie die Furche zwischen ihren Augenbrauen. Und obwohl nicht vorstellbar war, wie sie es bewerkstelligen sollte, noch aufrechter in diesem Sessel zu sitzen, gelang es ihr.
„Das sagte ich bereits, Mr. James.“
„Sie hätten im Dorf auf mich warten können. Ich wette, man hat Ihnen erzählt, dass ich jede Woche vorbeikomme, um meine Vorräte aufzustocken. Sie hätten sich nicht extra hier raus bemühen müssen, besonders nicht in diesen Schuhen.“
Jetzt wirkte sie fast erfreut, als ob er in eine von ihr aufgestellte Falle getappt wäre. „Meine Schuhe lassen Sie ruhig meine Sorge sein“, sagte sie. Dabei schlug sie die Beine übereinander, womit sie seine Aufmerksamkeit natürlich sofort auf besagtes Schuhwerk lenkte. Was wahrscheinlich genau ihre Absicht war. „Sie sind sehr bequem.“
„Sie nehmen mich auf den Arm.“
Ihre schönen karamellfarbenen Augen sprühten wütende Funken. Was er höchst amüsant fand.
Obwohl er davon noch härter wurde.
„Ich bin immer wieder Männern begegnet, die verzweifelt auf die Zweckmäßigkeit meines Schuhwerks angespielt haben “, sagte sie. „Aber ich will Ihnen etwas verraten: Ich liebe schöne Schuhe, das ist das ganze Geheimnis.“
Dominik grinste. Dafür nahm er sich Zeit – und kostete es weidlich aus, zu sehen, wie sie nervös schluckte.
„Dann darf ich Ihnen versichern, dass ich überhaupt nicht verzweifelt bin. Und selbstverständlich bin ich bereit, Ihre Argumente zu berücksichtigen, aber dafür müsste ich sie erst einmal kennen.“ Er hielt ihren Blick fest. „Sagen Sie einfach, was Sie zu sagen haben. Überzeugen Sie mich, warum ich mir die Mühe machen sollte, Kontakt zu dieser Familie aufzunehmen, die mich bislang für nichtexistent erklärt hat. Vielleicht gelingt es Ihnen ja.“
„Auch das sagte ich bereits. Die Paparazzi …“
Er schüttelte den Kopf. „Wir wissen beide, dass es nicht um irgendwelche Reporter geht, die hier einfallen könnten. Ich bin durchaus zuversichtlich, dass ich mich meiner Haut erwehren kann.“ Als er sah, dass sie die Lippen zusammenpresste, grinste er noch breiter. „Also, die Angst vor irgendwelchen Paparazzi scheidet als Grund schon mal aus. Ich wüsste einfach nur gern, ob hinter dieser plötzlich erwachten Bruderliebe mehr steckt als Eigennutz, das müsste doch selbst jemand wie Sie verstehen, oder?“
„Sofort nachdem Mr. Combe von Ihrer Existenz erfahren hatte, hat er versucht, Sie ausfindig zu machen“, gab sie kühl – oder vorsichtig? – zurück.
„Hoffentlich vergesse ich nicht, Beifall zu klatschen.“
Sie seufzte nicht und rollte auch nicht die Augen, dafür lächelte sie verkniffen, was so ungefähr dasselbe war. „Mr. Combe …“
„Rotkäppchen. Bitte. Was glauben Sie, worauf wollte ich wohl hinaus, als ich Sie bat, mich zu überzeugen? Ich habe Sie bereits geküsst. Glauben Sie ernsthaft, ich hätte Sie hereingebeten, damit Sie mir einen langen Vortrag halten?“
Er wusste nicht, was er erwartet hatte. Wut, vielleicht. Empörung, bevor sie mit einem beleidigten Schnauben aus der Hütte und aus seinem Leben rauschte. Und genau das wollte er erreichen.
Weil diese Frau in seine Privatsphäre eingedrungen war. Er hatte sie nur hereingebeten, um sie ein für alle Mal loszuwerden.
Wer’s glaubt wird selig, meldete sich eine spöttische Stimme in seinem Hinterkopf.
Und Lauren rauschte auch nicht hellauf empört davon, sondern starrte ihn entgeistert an. Fassungslos.
„Ich bitte um Entschuldigung. Ist das jetzt eine Art zivilisatorischer Graben, der sich da zwischen uns auftut? Oder bringen Sie, sobald Sie anfangen sich zu langweilen, Sex ins Spiel?“
„Möglichst.“
Sie lachte, und überraschenderweise klang es sogar echt.
„Da verschwenden Sie bei mir nur Ihre Zeit.“ Ihr Lächeln war vage. Aber in ihrem Blick lag Herausforderung. „Sex interessiert mich nicht. Ich bedauere, Ihnen das ebenso sagen zu müssen wie den Männern, die glaubten, sie könnten über mich schneller zu meinem Chef durchkommen.“
Dominik hätte nicht überraschter sein können, wenn sie eine Handgranate aus ihrer Tasche gezogen und zwischen ihnen auf den Boden geworfen hätte.
„Wie bitte?“
Jetzt lehnte sich sein Rotkäppchen ganz entspannt zurück. Was ihn ebenfalls überraschte. Und als sie lächelte, wirkte sie zufrieden wie eine Katze, die soeben die Sahneschüssel ausgeschleckt hat.
„Sex interessiert mich nicht“, erklärte sie fast triumphal. Was allerdings in krassem Widerspruch zu dem verletzlichen Schimmer in ihren Augen stand, der ihn daran erinnerte, wie sie bei seinem Kuss dahingeschmolzen war. „Die Menschen sind eben verschieden. Die einen sind ihr Leben lang besessen von Sex und noch mehr Sex, aber zu dieser Sorte gehöre ich definitiv nicht. Ehrlich gesagt habe ich das ganze Getue, das um Sex gemacht wird, nie verstanden.“
Ihm fiel vor Überraschung fast der Unterkiefer runter. Was redete sie denn da für einen Unsinn?
„Sie wissen aber schon, dass ein Kuss eine sexuelle Handlung ist, oder?“
„Es war nicht mein erster Kuss“, sagte Lauren und zog dabei angewidert die Nase kraus. „Während meines Studiums habe ich mit Küssen experimentiert. Und herausgefunden, dass es nichts für mich ist.“
„Sie haben … experimentiert“, wiederholte er ungläubig. „Mit Küssen.“
„Richtig. Mit Küssen aller Art. Aber nicht jeder verspürt den unbezwingbaren Drang, sich deswegen gleich nackt mit irgendwem herumzuwälzen. Nicht dass irgendetwas falsch daran wäre, aber für manche Leute gibt es eben Wichtigeres.“ Der sittsame Gesichtsausdruck, den sie jetzt aufsetzte, verriet Dominik, dass sein Kuss sie bis in die Grundfesten hinein erschüttert hatte, auch wenn sie sich das Gegenteil einredete. „Viel Wichtigeres.“
„Und was ist das, wenn ich fragen darf?“
„Meine Arbeit. Sie ist für mich das Wichtigste überhaupt. Sie erfordert Hingabe, Konzentration und Energie. Ich könnte den Anforderungen, die täglich an mich gestellt werden, gar nicht nachkommen, wenn ich jede Nacht durch die Pubs zöge, und das alles nur, um mich …“
„Mit irgendwem herumzuwälzen. Nackt.“
„Exakt.“
Da wusste Dominik, dass sie log. Und er wusste noch mehr. Erstens, dass seine taffe, elegant beschuhte Blondine mit den karamellfarbenen Augen noch Jungfrau war. Und zweitens, dass er bei diesem Gedanken noch härter wurde.
Verdammt hart.
Weil er bereits eine Kostprobe von ihr genommen hatte. Begleitet von ihrem wollüstigen Stöhnen. Was ihm verraten hatte, dass Lauren Clarke, ganz egal was sie auch behauptete – und vielleicht sogar selbst glaubte – mit Sicherheit nicht gleichgültig geblieben war.
„Ich weiß genau, was Sie jetzt denken“, sagte Lauren fast siegesgewiss. „Ich verstehe einfach nicht, warum sich Männer von meinem Desinteresse an Sex so herausgefordert fühlen.“
Dominiks Lippen kräuselten sich. „Wirklich nicht?“
Sie zuckte die Schultern. „Ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut.“
„Soso.“ Jetzt lehnte er sich ebenfalls in seinen Sessel zurück. Und musterte sie einen Moment schweigend, bis ihr Lächeln verblasste und sie gar nicht mehr so selbstsicher wirkte. „Nur um das klarzustellen, Rotkäppchen: Wer sich sehr wohlfühlt in seiner Haut, redet eher selten über seine Sexualität, geschweige denn, dass er sie anderen um die Ohren haut.“
„Oh, ich verstehe.“ Sie lächelte erneut, doch er sah, wie schwer es ihr fiel, ihre Verunsicherung zu verbergen. „Es ärgert Sie, dass mir Ihr Kuss nicht gefallen hat. Aber keine Sorge, Mr. James, es lag nicht an Ihrem Kuss. Ich mag einfach keine Küsse.“
„Wenn sich einer von uns beiden wohlfühlt in seiner Haut, dann bin ich es, Lauren.“ Er ließ sich ihren Namen auf der Zunge zergehen, während ihm das leise Zittern ihrer süßen Unterlippe die Wahrheit verriet. „Sie können mir nichts vormachen. Ich habe bemerkt, dass Sie es ausgekostet haben, geküsst zu werden. Da können Sie noch so lange das Gegenteil behaupten.“
„Was Sie nicht sagen.“ Ihr Kinn kam wieder hoch, ihre Augen blitzten. „Ich weiß doch, wie das läuft.“
„Ach ja? Wie denn?“
Sie wedelte wegwerfend mit der Hand. „Ich spüre nichts. Punkt. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. So bin ich einfach gestrickt.“ Sie schaffte es tatsächlich, gelangweilt dreinzuschauen. „Aber wenn es sein muss, können wir das Ganze ja noch mal wiederholen … nur bitte im Schnelldurchlauf. Ich finde es nämlich ermüdend.“
„Ganz wie Sie meinen. Und was kommt danach? Nach dem Schnelldurchlauf?“
„Dann können wir hoffentlich endlich zur Sache kommen.“
„Wenn das so ist, haben wir dieselben Interessen, Rotkäppchen. Sind Sie nicht gekommen, um mich aus meiner bescheidenen Hütte hinaus in die große weite Welt zu locken?“
„Richtig. Deshalb schlage ich vor, Sie nennen mir einfach Ihren Preis.“
Dominik war kein impulsiver Mensch. Nicht mehr. Aber diese Frau hatte etwas an sich, das ihn reizte. Sie lächelte ihn immer noch auf diese mitleidige Art an, dabei wusste er doch längst Bescheid. Er wusste nicht, ob sie sich selbst ebenso belog wie ihn, aber es sprach nichts dagegen, zu versuchen, das herauszufinden.
Immerhin hatte er sich schon seit Menschengedenken nicht mehr so gut amüsiert wie jetzt mit Lauren Clarke.
Und Dominik war ein freier Mensch, er hatte keinerlei Verpflichtungen. Wenn er sich amüsieren wollte, konnte er das jederzeit tun.
Selbst wenn dafür eine Begegnung mit der Familie erforderlich war, von deren Existenz er bereits seit seiner Armeezeit wusste, ohne dass er jemals das Verlangen verspürt hätte, sie kennenzulernen.
„Ich möchte, dass Sie mir erlauben, Sie zu küssen, wo und wann ich will“, sagte er so behutsam wie möglich. „Das ist mein Preis. Wenn Sie zustimmen, bin ich zu allem bereit.“
„Machen Sie sich nicht lächerlich.“
Sie machte sich nicht einmal die Mühe, sich aufrechter hinzusetzen. Sie war auch nicht rot geworden und lächelte ihn immer noch an als wäre er ein Idiot. Und so fühlte er sich auch. Aber deshalb war er noch lange nicht bereit, seine Worte zurückzunehmen.
Besonders, weil er ihr die Wahrheit ansah, die sich nicht weglächeln ließ.
„Hören Sie, ich finde, jetzt treiben Sie es mit Ihrer Obsession für Märchen wirklich zu weit. Ich schlage vor, wir kehren auf den Boden der Realität zurück, die hier so weit draußen im Wald wahrscheinlich ziemlich rau ist.“
„Erstens sollten Sie wissen, dass ich mich nie lächerlich mache“, sagte Dominik. „Und zweitens kennen Sie jetzt meinen Preis. Ihn zu zahlen dürfte Ihnen nicht schwerfallen, wo Küsse Sie ja angeblich kaltlassen.“
„Ach, hören Sie auf, ich weiß doch, wie es läuft.“ Jetzt lächelte sie nicht mehr, sondern musterte ihn stirnrunzelnd. „Sie reden von Küssen, aber in Wirklichkeit geht es Ihnen um mehr. Es geht immer um mehr. Plötzlich ist da immer irgendwo eine Hand.“
„Ich habe eine Hand, das stimmt. Genau gesagt sogar zwei. Aber wir können Regeln festlegen, wenn Sie das beruhigt.“ Er bemühte sich, möglichst vertrauenerweckend zu lächeln. „Regel Nummer eins lautet, dass Sie mir erlauben, Sie zu küssen, wann immer ich will. Und Regel Nummer zwei besagt, dass ich selbstverständlich sofort aufhöre, wenn Sie es verlangen. So. Das ist alles.“
„Aber …“ Ihre Stimme klang matt. Das verbuchte er als Sieg.
„Und im Gegenzug bin ich bereit, mich von Ihnen bei Ihrem Chef in England vorführen zu lassen, um dort die Rolle des soeben aus der Versenkung geholten Bruders zu spielen. Was wird meine noble Familie mir wohl abverlangen, Rotkäppchen, was meinen Sie? Öffentliche Treueschwüre? Oder reicht ein angemessener Haarschnitt, um sich wenigstens optisch der faden Aristokratie anzupassen?“
Sie wirkte für einen Moment verwirrt. Und wenn Dominik jemals auf die Idee gekommen wäre, sich für einen guten Menschen zu halten – was nicht der Fall war – wüsste er es jetzt besser. Weil es ihm einen Heidenspaß machte, sie aus der Fassung zu bringen. Er genoss es von ganzem Herzen, dabei zuzusehen, wie sich diese weichen Lippen öffneten und sich Laurens Blick verschleierte, als wüsste sie kaum, wohin mit sich.
O ja, das liebte er. Definitiv.
„Und … und für wie lange soll dieses seltsame Arrangement dann gelten, was denken Sie?“, fragte sie schließlich.
Er zuckte die Schultern. „Das hängt ganz davon ab, was Ihr Mr. Combe mit mir vorhat.“
Sie schüttelte langsam den Kopf. „Also wirklich, das verstehe, wer will. Da fällt jemandem aus heiterem Himmel ein Riesenvermögen in den Schoß, und er erfährt, dass er der Spross eines alten Adelsgeschlechts ist, aber sein ganzes Denken kreist allein um ein paar Küsse, die er zu erbeuten sucht“, sagte sie nach längerem Schweigen. „Das liegt vermutlich daran, dass Sie hier draußen nicht oft die Gelegenheit haben, jemand zu küssen. Aber warum gerade ich?“
Dominik hätte ihr sagen können, dass er noch nie unter Frauenmangel gelitten hatte, vielen Dank. Und dass er sich ganz freiwillig in diese Blockhütte zurückgezogen hatte und nicht, weil ihn irgendeine höhere Macht dazu verurteilt hatte. Aber das verkniff er sich.
„Tja, was soll ich sagen? Vielleicht ist es ja so, dass ich schon immer eine Schwäche für Rotkäppchen hatte.“
Sie seufzte, dann lachte sie leise auf. „Also gut, wenn es unbedingt sein muss, einverstanden. Aber jetzt müssen wir los.“
„Ganz wie Sie wünschen“, murmelte Dominik, erfüllt von Triumph und noch etwas weit Dunklerem und Intensiverem, dem er lieber nicht genauer nachgehen wollte. „Aber zuerst … brauche ich einen Kuss.“
Lauren war perplex.
Warum sollte sich irgendjemand ausgerechnet einen Kuss wünschen? Oder mehrere Küsse. Zumal diesem Mann mit dem vereinten Vermögen der Combes und der San Giacomos schon bald die halbe Welt zu Diensten stehen würde.
Sie hatte über ihre Arbeit viele Männer kennengelernt, die sich als reich, einflussreich und mächtig betrachteten, aber so jemand wie dieser Dominik James war ihr noch nie untergekommen. Sein ganzes Verhalten ergab einfach keinen Sinn.
Aber egal. Sie war nicht hier, um den Mann zu verstehen, sondern um ihn zu bewegen, sie nach London begleiten, und das schnell.
„Jetzt?“, fragte sie. „Sie wollen, dass ich Sie jetzt küsse?“
Dominik saß immer noch lässig da, mit lang ausgestreckten Beinen und einem Glitzern in den Tiefen seiner grauen Augen, obwohl sein Gesicht ernst war. Er klopfte sich mit der Hand aufs Knie, wobei sich sein harter Mund zu einem schwachen Lächeln verzog.
Als sie aufstand, wurde sie von einem seltsam schwebenden Gefühl erfasst. Das passierte ihr manchmal, wenn sie in neue Schuhe schlüpfte, in die sie sich verliebt hatte. Es war ein Zustand, den sie genoss, weil sie sich dabei ganz als Frau fühlte. Aufregend, fast ein wenig … draufgängerisch.
Lauren verstand nicht, warum es ihr jetzt hier so ging, mitten im Wald. Und warum Dominik dieses schöne Gefühl jetzt unbedingt mit einem zweiten Kuss ruinieren wollte.
Zugegeben, die Art, wie er sie da draußen auf der Lichtung geküsst hatte, war ganz anders gewesen als ihre stümperhaften Versuche aus Teenagertagen. Was jedoch nichts daran ändern würde, dass alles so verlaufen würde wie damals. Die Begierde des Mannes würde sich mit jedem Kuss steigern, während Laurens Interesse mehr und mehr nachlassen würde.
Weil zwischen einem Kuss in der Wirklichkeit und einem Kuss in der Fantasie ein himmelweiter Unterschied lag. Weil ein echter Kuss immer eine Enttäuschung war.
Aber einmal hatte Dominik sie bereits geküsst, deshalb wusste sie jetzt zumindest, worauf sie sich einließ. Und wirklich unangenehm war es ja auch nicht gewesen.
Ganz im Gegenteil, meldete sich eine innere Stimme fast schnurrend vor Wohlbehagen zu Wort, die sie jedoch sofort rigoros ausblendete.
Es war der ungewohnte Fußmarsch, der ihren Puls in die Höhe getrieben hatte. Das allein war der Grund dafür, dass ihr so heiß geworden war. Dass sie sich gefühlt hatte, als würde sie gleich dahinschmelzen. So etwas kannte sie normalerweise nicht.
„Setzen Sie sich“, sagte Dominik mit diesem dunkel belustigten Unterton in der Stimme, den sie nicht richtig einordnen, dafür umso besser fühlen konnte. Ganz tief in ihrem Innern. „Es ist bequemer so. Aber vielleicht wissen Sie das ja nicht.“
„Sie erwarten doch nicht, dass ich mich auf Ihren Schoß setze?“, fragte sie geschockt.
„Wann, wie und wo ich es will“, erinnerte er sie leise mit diesem Glitzern in den Augen. „So lautet die Abmachung.“
Lauren, gewöhnlich ein Musterbeispiel an Tüchtigkeit und Effizienz, zögerte. Sie liebte ihren Beruf als persönliche Assistentin, weil er ihr die Gelegenheit gab, sich unersetzlich zu machen. Matteo brauchte sie tagtäglich für alle möglichen Projekte.
Für dieses Projekt hier brauchte er sie ganz besonders. Matteo wollte seinen Bruder ordentlich verpackt, mediengerecht und zivilisiert, was niemand besser bewerkstelligen konnte als Lauren.
Und wenn sie jetzt in sich das Kribbeln einer süßen Vorahnung spürte, tat sie gut daran, es zu ignorieren.
Das knisternde Feuer im Kamin neben ihnen wurde immer heißer. Es war, als ob die Flammen an ihrem Körper, an ihrem Gesicht leckten. Sie wusste nicht, wie es war, bei einem Mann auf dem Schoß zu sitzen, weil sie es noch nie getan hatte, aber sie sehnte sich auch nicht danach. Doch Dominik machte keine Anstalten, sie aus dieser Zwangslage zu befreien. Er beobachtete sie nur mit ausdruckslosem Gesicht und einem schwachsilbernen Glanz im Grau seiner Augen.
Sie stellte sich, die Schultern gestrafft, vor ihn hin, leider nicht, ohne ganz kurz seine langen, kräftigen Beine zu bewundern. Dann ließ sie sich übervorsichtig auf seinen Oberschenkeln nieder, wobei sie unbeholfen die Hand ausstreckte, um sich abzustützen.
„Wollen Sie mich allen Ernstes in dieser Position küssen?“ Obwohl er ernst blieb, hörte sie die Belustigung in seiner Stimme mitschwingen. „Sie wissen aber schon, dass sich beim Küssen die Lippen berühren, oder?“
Draußen auf der Lichtung war das alles so problemlos abgelaufen. Ganz ungezwungen. Doch jetzt wurde Lauren klar, dass sie noch nie einen Mann von sich aus geküsst hatte. Sie war immer nur geküsst worden. Aber das ging ihn nichts an.
Genauso wenig wie die unsägliche Tatsache, dass sich in ihrem Unterleib ein heißes Pulsieren ausbreitete, das ihr die Schamröte ins Gesicht trieb.
Sie hätte nicht gerade jetzt daran denken sollen. Nicht solange sie auf diesen muskulösen Schenkeln saß, die sie so faszinierend und heiß unter sich spürte, dass sie nicht anders konnte, als sich selbstvergessen an ihnen zu reiben.
Das Kaminfeuer brannte lichterloh. Es schien den ganzen Sauerstoff aus der Luft zu saugen, während der Feuerschein über ihre Arme tanzte, aber seltsamerweise war es nicht unangenehm. Es machte sie nur atemlos.
Sie näherte sich millimeterweise seiner Brust. Dabei drehte sie sich so, dass ihr Gesicht auf gleicher Höhe mit seinem war, nah genug, um ihn zu küssen. Glaubte sie jedenfalls.
Er streckte die Arme aus, legte beide Hände leicht um ihre Taille.
Lauren wusste nicht, warum sie deshalb erschauerte.
Am ganzen Körper.
Sie schnappte nach Luft, weil plötzlich viel zu viel auf sie einstürmte. Diese langen kräftigen Finger, die sie durch den dünnen Stoff ihrer Bluse brennend heiß auf ihrer Haut spürte. Die stahlharten Schenkel unter ihr trieben ihren Puls hoch und vermittelten ihr das Gefühl, an Stellen dahinzuschmelzen, von deren Vorhandensein sie bisher nicht einmal etwas geahnt hatte.
So aus der Nähe registrierte sie Einzelheiten, die ihr bisher entgangen waren. Die beeindruckenden Linien seines Gesichts, die hohen Wangenknochen, die schöne Nase. Das energische Kinn. Und dieses volle, lässig lange Haar, in dem sie jetzt aus einem unerfindlichen Grund am liebsten die Hände vergraben hätte.
Ihr Herz schlug so heftig …
Sie schaute ihm forschend in die Augen, ohne zu wissen, wonach sie suchte. Lauren brannte immer noch, innen wie außen, es war ein Feuer, das von allen Seiten kam, längst nicht nur vom Kamin.
Langsam, zögernd näherte sie sich seinem Mund.
Dann presste sie abrupt ihre Lippen auf seine.
Eine ganze Weile war das alles. Da war nur das geheimnisvolle Zittern in ihr und seine festen Lippen unter ihren.
Na sowas, schoss es ihr fast triumphierend durch den Kopf. Das war ja viel einfacher als erwartet!
Doch dann veränderte er den Winkel, in dem ihre Lippen aufeinandertrafen.
Und er küsste sie weder zögernd noch unsicher.
Er lächelte, bevor er sich mit der Zunge seinen Weg in ihren Mund bahnte. Plötzlich schien Lauren in Flammen zu stehen.
Sie konnte ihm gar nicht nah genug kommen. Dominiks große Hände lösten sich von ihrer Taille und legten sich auf ihren Rücken, um sie noch fester zu halten. Und sie presste sich an ihn, erlaubte ihren Händen, seine breiten Schultern zu erforschen. Das köstlich stoppelige Kinn. Und dieses dichte volle Haar, das sich unter ihren Handflächen anfühlte wie Seide.
Und immer noch küsste er sie, träge und sorgfältig zugleich, bis sie merkte, dass sie willig jede dreiste Annäherung seiner Zunge parierte. Und schließlich war sie es, die auf der Suche nach dem köstlichsten aller Winkel, dort, wo der Kuss am süßesten schmeckte, den Kopf neigte.
Sie waren wie zwei perfekt zueinander passende Hälften, aus Feuer geboren.
Es fühlte sich an wie ein Rausch. Aufregend und gefährlich.
Lauren hätte daran denken müssen, dass es sich bei diesem Kuss nur um eine geschäftsmäßige Abmachung handelte, aber sie vergaß es total. Sie vergaß alles, bis auf seinen Geschmack. Bis auf seine Kraft und dieses Feuer, das in ihr und um sie herum hellauf loderte.
Und dann fühlte sie eine ganz andere Art von Verlangen in sich aufsteigen, unabweisbar und drängend. Es überschwemmte sie vom Kopf bis in die Zehenspitzen, konzentrierte sich wenig später zwischen ihren Schenkeln, genau dort, wo das Feuer am heißesten brannte, viel zu wild, um …
Erschrocken und beschämt riss sie sich von ihm los, gleichzeitig aber verspürte sie fast so etwas wie Bedauern.