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Norman Godwin, Manager einer Rockband und Besitzer eines SM-Clubs in San Francisco, wird ermordet aufgefunden. Lieutenant Raid McCall vom SFPD bekommt zusammen mit seiner Partnerin Luna Romero den Fall zugewiesen. Sein Verdacht fällt auf Tate Glover, den Sänger der Band. Vom ersten Augenblick an fühlt sich Raid zu dem charismatischen Tate hingezogen, doch eine Affäre mit dem Verdächtigen ist tabu. Schon bald ist Raid in einem Strudel aus Leidenschaft, Intrigen und Schuldzuweisungen gefangen, aus dem er ohne Hilfe nicht mehr entkommen kann. Die Grenzen zwischen Recht und Unrecht verschwimmen und Raid riskiert schließlich nicht nur seine Karriere, sondern auch sein Leben … Von Kajsa Arnold sind bei Forever erschienen: Lavendelliebe Just one more try
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Die AutorinGeboren wurde ich in Essen/Ruhrgebiet. Nach mehr als 11 beruflich bedingten Umzügen lebe ich mit meinem Mann und meinen 6 Kindern in einer kleinen Stadt im Westmünsterland. Ich schreibe Liebes- und Unterhaltungsromane aus den Bereichen Erotik, Fantasy und Young Adult. Mehr als 25 Jahre arbeitete ich als Steuerfachangestellte, bevor ich Schreiben zu meinem Beruf machte. Zu meinen größten Erfolgen gehört die 5-teilige Serie Rhys by night. Mittlerweile habe ich mehr als 50 Romane und Kurzgeschichten verfasst, die als BethTime Novel erscheinen. Kajsa Arnold ist eines von mehreren Pseudonymen. Ebenso schreibe ich unter dem Namen Rhiana Corbin und Skylar Grayson, sowie Pina Delacruz.
Das Buch
Norman Godwin, Manager einer Rockband und Besitzer eines SM-Clubs in San Francisco, wird ermordet aufgefunden. Lieutenant Raid McCall vom SFPD bekommt zusammen mit seiner Partnerin Luna Romero den Fall zugewiesen. Sein Verdacht fällt auf Tate Glover, den Sänger der Band. Vom ersten Augenblick an fühlt sich Raid zu dem charismatischen Tate hingezogen, doch eine Affäre mit dem Verdächtigen ist tabu. Schon bald ist Raid in einem Strudel aus Leidenschaft, Intrigen und Schuldzuweisungen gefangen, aus dem er ohne Hilfe nicht mehr entkommen kann. Die Grenzen zwischen Recht und Unrecht verschwimmen und Raid riskiert schließlich nicht nur seine Karriere, sondern auch sein Leben … Von Kajsa Arnold sind bei Forever erschienen:LavendelliebeJust one more try
Kajsa Arnold
Just one more try
Into the Playroom
Forever by Ullsteinforever.ullstein.de
Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Februar 2017 (1) © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017 Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © Guido Karp ISBN 978-3-95818-163-2 Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.
San Francisco, heute
»Hey, McCall! Aufwachen! Wir haben einen neuen Fall!«
Lunas Stimme drang nur undeutlich zu mir durch, jedoch laut genug, damit ich aus meinem tiefen Schlaf erwachte. Man konnte sagen, was man wollte, aber ein Schreibtisch war ein relativ ungemütlicher Platz, um zu schlafen.
»Hast du etwa die ganze Nacht hier verbracht?«
Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, schaute mich desorientiert um. »Scheint so.«
»Was hast du die Nacht hier getrieben?«
Luna konnte so eine Nervensäge sein, wenn sie wollte. »Ich hatte noch den letzten Bericht zu schreiben, weil du das ja nicht übernehmen wolltest«, knurrte ich und fuhr mir mit der Hand durch die Haare, die vermutlich in alle Richtungen abstanden.
»Du heulst wie ein kleines Mädchen, Raid«, meinte sie und schüttelte den Kopf. »Los, komm. Putz dir die Zähne, wir müssen zu einem Tatort.«
Langsam erhob ich mich von dem Schreibtischstuhl und verließ das Büro Richtung Umkleide. Zum Glück war der Raum leer. Schnell sprang ich kurz unter die Dusche, putzte mir die Zähne und zog frische Kleidung an, die ich im Spind deponiert hatte. Es kam nicht selten vor, dass ich die Nacht auf dem Revier verbrachte. Kaum fünfzehn Minuten später betrat ich das Büro, das ich mit Luna teilte, und zog meine Motorradjacke über, auch wenn wir mit dem Auto fuhren.
Luna schnappte sich den Autoschlüssel, natürlich wollte sie wieder hinters Steuer. Warum hasste diese Frau es so sehr, sich einmal von der weichen Seite zu zeigen? Kein Wunder, dass sie nur auf Frauen stand, bei denen sie den harten Kerl mimen konnte.
»Wohin müssen wir?«
»Natoma Street. In einem SM-Club wurde eine Leiche gefunden.«
»Dann will ich hoffen, dass sie wenigstens angezogen ist.«
Der Club lag nur ein paar Straßen vom Police Department entfernt. Eine Einheit hatte bereits die Umgebung abgesperrt, und die Spurensicherung machte ihre Arbeit.
»Wen haben wir hier?«, fragte ich, als wir einen der zahllosen Räume betraten, die zu dem SM-Club gehörten. Er war in einem zweistöckigen Flachdach-Haus untergebracht, und bei Tageslicht wirkte er alles andere als einladend.
Officer Walker trat auf mich zu. »Hallo, Lieutenant McCall. Sein Name ist Norman Godwin. Fünfundvierzig und Inhaber des Playroom, das ist der Name dieses Clubs. Er war ebenfalls Manager einer Rockband. Die Mitglieder warten hinten an der Bar. Sie waren zur Tatzeit alle im Club anwesend. Ist so etwas wie ihr Stammlokal. Der Tote wurde mit einem Gürtel erwürgt. Mehr kann Ihnen der Doc sagen.«
»Danke, Walker.«
Ich wandte mich ab und betrat den nächsten Raum, um die Leiche in Augenschein zu nehmen. So wie es hier aussah, war er das Büro des Managers. Der Tote lag mitten im Raum auf dem Boden, nackt. Einen Gürtel noch immer um den Hals gewickelt.
»Hi, Doc!«, grüßte ich den Coroner, der gerade die Leiche untersuchte.
»Hallo, Raid. Tod durch Strangulation, wie es nach dem ersten Eindruck aussieht. Todeszeitpunkt circa zwei bis drei Uhr nachts. Kurz vor seinem Tod hatte er vermutlich noch Geschlechtsverkehr. Aber Genaueres kann ich erst nach der Obduktion sagen.«
Luna, die mittlerweile zu uns gestoßen war, machte sich reichlich Notizen. »Okay, Collin. Wenn der Bericht fertig ist, schick ihn mir rüber«, forderte sie und steckte den Notizblock ein.
»Klar doch.« Der Doc grinste Luna an, fuhr sich durch sein blondes Haar und zwinkerte ihr zu. Sein Flirtversuch war ein Spiel zwischen ihnen, denn er wusste, dass er bei ihr keine Chance hatte. Trotzdem waren sie schon des Öfteren miteinander ausgegangen, weil sie sich gut leiden konnten und eine Menge Spaß zusammen hatten. Ab und an schleppten sie mich mit, weil Luna die Meinung vertrat, dass Spaß in meinem Leben zu kurz kam.
»Wo sind die Zeugen?«, fragte ich Luna.
»Du meinst wohl die Tatverdächtigen. Sie warten hinten an der Bar.« Sie drehte sich um und lief einen schmalen Gang entlang. Da wir den Club durch den Hintereingang betreten hatten, gelangten wir so in den vorderen Bereich des Clubs. Der Raum glich einem Tabledance-Schuppen, mit einer Bühne, mehreren Tresen und vielen gepolsterten Sitzgelegenheiten. Alles war in Dunkelrot gehalten, und ich verzog das Gesicht. Rot war so gar nicht mein Ding, ich hatte es eher mit schlicht und elegant, klaren Linien, bevorzugte daher Dunkelblau und Schwarz.
»Das sind die Mitglieder der Rockband The Right Things. Der Tote war ihr Manager. Sie sind die neuen Stars am Rock-Himmel, gerade dabei, durchzustarten. Ihre neuste Single ist in den Top Ten der Billboard-Charts. Cry For Me oder so ähnlich«, klärte Luna mich kurz auf.
Die Jungs hatten uns noch nicht wahrgenommen, und ich schaute sie mir einen nach dem anderen genau an. An einem Gesicht blieb ich für einen Moment hängen.
»Wer ist das?«, fragte ich leise und nickte in Richtung eines Typen mit dunkelblonden, kinnlangen Haaren.
»Das ist Tate Glover, der Sänger. Finger weg. Er ist ein Frauenschwarm, wird jede Woche mit einem anderen Topmodel gesichtet. Der steht nicht auf richtige Männer, wie du einer bist. Außerdem ist er einer der Verdächtigen. Also lass ihn in Ruhe.«
»Als ob ich mich jemals an einen Verdächtigen rangemacht hätte«, knurrte ich genervt.
»Nein, du machst dich nie an jemanden ran, sondern schmachtest die Typen immer nur von Weitem an und holst dir dann zu Hause einen runter.«
»Bitch«, raunte ich ihr leise zu und kniff ihr in den Hintern. »Los, wir haben zu arbeiten.«
»Guten Morgen, meine Herren. Lieutenants McCall und Romero. Sie haben den Toten gefunden?« Luna hielt den Kerlen ihre Marke unter die Nasen.
»Hey, Baby! Du bist wirklich ein Bulle?« Ein Typ mit einer Menge Muckis an den Oberarmen baute sich groß vor Luna auf, und ich grinste in mich hinein. Luna würde ihm den Arsch aufreißen, wenn er noch einen dummen Spruch losließ.
»Habe ich dir erlaubt, Fragen zu stellen?«, schnauzte sie ihn an.
»Hey, Baby! Zeig mir deine Knarre!«
»Nein, aber ich zeige dir gerne meinen Arschlochgriff.«
Noch bevor der Typ es schnallte, lag sein Gesicht auf dem Tresen, sein rechter Arm verdreht auf dem Rücken.
»Hey!«, jammerte er wie ein Baby. »Ich bin der Drummer, ich brauche meine Arme, sonst kann ich nicht spielen. Lass mich los!«, rief er wehleidig.
»Heul doch!«, meinte Luna gelassen und ließ nicht eine Sekunde locker.
»Romero, lass ihn los, sonst macht er sich noch in die Hose«, versuchte ich, Luna wieder runterzuholen, und berührte ihre Schulter. »Komm, lass ihn leben.«
»Seid ihr etwa ein Paar?«, fragte der dunkelblonde Schönling und zog damit meine Aufmerksamkeit auf sich. Er stand etwas abseits der Gruppe und blickte in ein Glas mit brauner Flüssigkeit.
Mit langsamen Schritten ging ich auf ihn zu. »Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
»Hast du auch eine Marke?« Sein Blick wanderte meinen Körper hinunter, dann wieder hinauf, und blieb an den Augen hängen. Für einen Moment erschien eine Erkenntnis in seinem Blick, doch eine Sekunde später war sie wieder verschwunden. Er sah verdammt gut aus. Kein Wunder, dass die Frauen auf ihn abfuhren: Sein Haar war schulterlang, dunkelblond und sah seidig aus. Die hellgrünen Augen musterten mich weiterhin ungeniert, und ich konnte mich nicht erinnern, jemals so eine Augenfarbe registriert zu haben. Sein Blick bekam dadurch etwas Stechendes, das meine Aufmerksamkeit weckte. Er war unrasiert, sah aber selbst in diesem Zustand immer noch anziehend aus. Es waren wohl die hohen Wangenknochen und das markante Kinn, die diese Wirkung auf mich hatten. Doch vermutlich war es der Typ Rockstar, eingebildet und überheblich, der mir ins Auge fiel.
Ich stemmte die Hände in die Hüften, die Jacke klaffte auf, und meine Marke, die ich an einer Kette um den Hals trug, wurde sichtbar.
»Oh, wow! Trägst du die immer? Auch im Bett?«
Ich glaubte, mich verhört zu haben, und trat ganz nah an den Typen heran. »Das wirst du nie herausfinden«, flüsterte ich ihm ins Ohr, dann wandte ich mich ab.
Wider Erwarten roch dieser Typ sauber und angenehm. Wenn ich genau darüber nachdachte, roch er sogar sehr gut. Nach einem Rasierwasser mit einer holzigen Note. »Name?«
»Sag jetzt nicht, dass du mich nicht kennst.«
Was für ein arroganter Arsch. »Nein, nicht dass ich wüsste. Wie ist Ihr Name?«
»Ich bin Tate Glover, Sänger der Right Things. Wir sind mit Cry For Me auf Platz sieben der Charts«, erklärte er, als spreche ihn das von jedem Verdacht frei.
Sein Ton war unwiderstehlich arrogant, aber er sah unverschämt gut dabei aus. Ich musste unweigerlich grinsen. »Na, dann ist die Sieben wohl deine Glückszahl.«
»Sollen wir sie alle ins Departement bestellen?«, rief Luna herüber.
»Nein, wir machen das hier. Gibt es einen Raum, wo wir die Aussagen aufnehmen können?« Ich ließ Tate dabei nicht eine Sekunde aus den Augen.
»Ja, es gibt hier eine Menge Zimmer. Du hast die freie Auswahl«, erklärte Tate und grinste anzüglich.
»Dann zeig mir eins.«
Tate lief Richtung Tür.
»Kommst du klar?« Ich blieb an der Tür stehen, nahm Blickkontakt zu Luna auf, weil ich sie nicht gerne allein ließ, wusste aber, sie würde mit den Kerlen schon fertigwerden. »Sicher, die kleinen Scheißer fresse ich zum Frühstück.« Sie lachte hart auf. Jeder andere hätte es für einen Spruch gehalten, doch ich wusste, dass es ihr Ernst war.
»Ich fange mit der Reinigungsfrau an.« Luna nickte zu der Frau, die etwas abseits auf einem der Sofas saß. »Sie hat den Toten heute Morgen gefunden.«
Ich fragte mich, wie Luna immer an all die Informationen kam.
Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, und augenblicklich flammte das Licht auf. Neugierig schaute ich mich um, nur um festzustellen, dass es sich bei dem Raum um eines der SM-Zimmer handelte.
»Such dir einen Platz aus«, forderte Tate mich auf.
Ich blickte ihn grinsend an. »Sie haben eine ganz schön große Klappe. Darauf stehen die Frauen?«, fragte ich verwundert und schaute mich ein wenig um. Es gab ein großes Bett mit einem Kopfteil aus Eisenstreben. Eine Ottomane und einen Stuhl. Auf einer Kommode stand eine Auswahl von Dildos in allen möglichen Größen und Formen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was die Kommode noch so an Überraschungen bereithielt, um den Kunden Freuden zu spenden. Den Stuhl zog ich in die Nähe des kleinen Sofas. »Setzen Sie sich«, forderte ich Tate auf und schwang ein Bein über den Stuhl, stützte meine Unterarme auf die Lehne. »Also, legen Sie los. Was hat sich hier abgespielt?«
Tate, der bisher mit dem Rücken an der Wand gelehnt hatte, stieß sich ab und kam lässig auf mich zu. Er trug eine Jeans, die tief auf den Hüften saß. Da er nur ein Jeanshemd übergeworfen hatte und es offen trug, kamen die Konturen des Sixpacks gut zur Geltung. Seine Brust war rasiert und die Haut gebräunt. Tate fläzte sich auf die kleine Couch, zog ein Bein an und lag mehr, als dass er saß. Es war sexy, wie er sich über die Lippen leckte und dabei ein paar ebenmäßige weiße Zähne freilegte.
»Ich weiß nicht, wer Norman umgebracht hat. Die Putzfrau hat ihn gefunden und geschrien wie am Spieß. Er war bereits tot, als ich das Büro betrat. Die Jungs und ich hatten gestern hier ein wenig gefeiert.«
»Kann das jemand bezeugen, außer den Bandmitgliedern?«
»Klar, der Laden war voll. Wir haben eine Runde nach der anderen geschmissen. Du kannst die Mädels fragen, die hier arbeiten.«
»War eines der Mädchen bei Ihnen?« Ich bemühte mich um einen neutralen Ton, auch wenn mich die Antwort interessierte, und versuchte, keine Bewertung in die Frage zu legen. Tate mochte ein Mädchenschwarm sein, doch auf mich machte es den Eindruck, als stehe er eher auf Männer, so wie er mich mit den Augen auszog. Oder war hier nur der Wunsch Vater des Gedankens?
»Nein, ich habe allein geschlafen. Ich war viel zu betrunken, ich hätte ohnehin keinen mehr hochbekommen.« Tate grinste anzüglich. »Wie ist das bei dir? Hast du Sex, wenn du volltrunken bist?«
»Ich bin selten so betrunken. Ich arbeite viel, da bleibt für Spaß wenig Zeit. Aber ich denke, in Ihrem Business ist es üblich. Sex, Drugs und Rock and Roll, oder?«
»So wollen es die Medien, das gehört zum Geschäft. Aber das ist alles nur Fassade. Ich nehme keine Drogen, habe ich noch nie, und Sex habe ich auch nur mit einem festen Partner. Nur das mit dem Rock and Roll stimmt.« Er grinste breit.
»Also ein Traum von Schwiegersohn.«
Tates Blick wurde ernst. »Wohl kaum. Schwiegermama würde ausflippen, wenn ich ihren Sohn ficke. Aber hey, das bleibt unter uns. Es darf niemand wissen. Für die Medien gehöre ich zu den Rockstars, die hetero sind.«
Ich blickte ihn eindringlich an, sagte aber nichts. Dann stand ich auf und wanderte langsam durch den Raum. In mir wuchs das Bedürfnis, mich zu bewegen.
»Was ist los? Hat dich mein Geständnis schockiert?« Tate setzte sich auf und strich aufgeregt seine Haare aus dem Gesicht. »Hey, nur weil ich schwul bin, heißt das nicht, dass ich Norman abgeknallt habe. Der war so gar nicht mein Typ. Hast du ihn dir mal genauer angesehen? Der wog mindestens hundertfünfzig Kilo. Ich meine, er sah auf keinen Fall so gut aus wie du. Norman war auch nicht schwul, glaube ich zumindest. Er hat sich immer mit den Mädchen aus dem Club vergnügt. Da kannst du jeden fragen.« Nervös sprang er auf und kam hektisch auf mich zu. »Du glaubst mir doch, oder? Ich sage die Wahrheit. Ich habe ihn nicht getötet und auch keiner der Jungs.«
»Vielleicht können Sie sich nicht mehr daran erinnern, wenn Sie so betrunken waren.«
»Quatsch. Ich war zwar voll, aber nicht so, dass ich nicht mehr weiß, was passiert ist. Ich habe in diesem Zimmer geschlafen, allein. Bis heute Morgen die Putzfrau Alarm geschlagen hat. Das ist die Wahrheit.« Tate griff nach dem Revers meiner Jacke. »Du musst mir einfach glauben.«
»Hey, nicht anfassen.« Ich versuchte, mich zu befreien, doch Tate ließ einfach nicht locker.
»Bitte«, flehte er und blickte mich hilfesuchend an. Er war einige Zentimeter kleiner als ich, und ich lehnte mich mit dem Rücken an die Wand.
»Lassen Sie mich los«, forderte ich ihn erneut auf.
»Warum? Hast du Angst, ein Homo steckt dich an?«
»So ein Quatsch. Da draußen liegt eine Leiche, und ich bin der ermittelnde Beamte. Deswegen. Warum stehst du eigentlich nicht dazu?«, fragte ich, ging zum vertrauten Du über und legte die Hand auf seine. Eigentlich wollte ich mich befreien, doch als ich die weiche Haut berührte, ließ ich meine Hand einfach dort liegen.
»Ich stehe dazu, nur meinte Norman, es sei besser, wenn wir es vor den Medien und den Fans geheim halten. Das bringt mehr Umsatz. ,Wir müssen es ganz nach oben schaffen, dann kannst du ficken, wen immer du willst‘, hat Norman immer gesagt.« Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen, und ich konnte meinen Blick nicht von seinem Mund abwenden. Sie waren wunderschön geschwungen. Die Oberlippe ein klein wenig schmaler als die pralle Unterlippe, dafür war der Amorbogen gut ausgeprägt.
»Was ist mit dir? Hast du eine Freundin?«, fragte Tate plötzlich, und mir wurde heiß. Ich hätte die verfluchte Lederjacke ausziehen sollen.
»Ich habe keine Freundin«, erklärte ich und überlegte einen kurzen Augenblick, ob ich Tate reinen Wein einschenken sollte. »Wenn überhaupt, dann hätte ich einen Freund, aber den gibt es seit mehr als zwei Jahren nicht mehr.«
Diese Erkenntnis glomm wieder in Tates Augen auf, und er grinste breit. »Verdammt, ein schwuler Bulle. Wer hätte das gedacht?«
»Es gibt mehr von uns, als du denkst.« Ich bemühte mich, normal zu atmen, doch Tates Nähe war unerträglich, besonders da ich immer noch seine Hand berührte.
»Einer reicht mir, wenn er so gut aussehend ist wie du«, flüsterte Tate an meinen Lippen, und ich sog scharf die Luft ein. Wenn er mich jetzt geküsst hätte, hätte ich mich darauf eingelassen.
»Wie ist dein Name?«, fragte Tate neugierig.
»Raid«, gab ich lakonisch zur Antwort.
»Also, was ist, Raid? Glaubst du mir? Oder bin ich weiterhin verdächtig?«
Tate zog hier eine Show ab, damit ich ihn endlich gehen ließ. Genervt atmete ich aus. »Klar, vorerst. Ich habe keine weiteren Fragen.«
»Super. Dann werde ich also nicht verhaftet und kann heute Abend im Club mit der Band spielen.«
»Ihr wollt heute hier auftreten? Obwohl es einen Mord gegeben hat? Das könnt ihr euch abschminken, der Tatort wird noch nicht freigegeben.«
»Nein, nicht hier. Im Urgent. Das ist ein Club, der Norman ebenfalls gehört hat. Dort treten wir regelmäßig auf. Komm doch vorbei, dann kannst du uns spielen hören. Er liegt an der Columbus Avenue.«
»Ich werde vorbeikommen, wenn ich noch Fragen habe«, erklärte ich, und ein Lächeln erschien auf Tates Gesicht.
»Klasse. Ich warte auf dich«, raunte er und ließ endlich meine Jacke los, streifte mit seiner Hand meinen Oberkörper.
»Das ist mit Sicherheit kein Date«, murmelte ich leise.
»Wenn du es sagst.« Tate grinste selbstgefällig und verließ den Raum, drehte sich an der Tür jedoch noch einmal um und zwinkerte mir zu.
»Selbstverliebtes Arschloch«, knurrte ich und machte mich auf die Suche nach Luna.
***
Tate gesellte sich zu Morgan an die Bar. Der Bassist war wohl bereits befragt worden, denn er trank ein Bier, obwohl er sonst keinen Alkohol anrührte.
»So schlimm?«, fragte Tate und schaute in Morgans betrübtes Gesicht.
»Du hast keine Vorstellung. Die Tante grillt dich bei lebendigem Leib. Sie will vermutlich uns den Mord anhängen, damit er schnell zu den Akten gelegt werden kann. Die hat echt Haare auf den Zähnen.«
»Sie sieht aber klasse aus«, bemerkte Tate mit einem Schmunzeln.
»So ein Satz aus deinem Mund, Alter? Ich denke, du stehst doch sicher mehr auf den Lieutenant.«
Tate blickte ihn einen Moment nachdenklich an. »Sicher«, murmelte er dann und schaute den beiden Polizisten hinterher, wie sie den Club verließen.
»Hast du Hunger?«
Luna steuerte den Wagen, ohne auf meine Antwort zu warten, Richtung Fisherman’s Wharf. Wir liebten beide das Krabben-Sandwich im Franciscan Crab Restaurant. Dort konnten wir draußen in der Sonne sitzen und in Ruhe zu Mittag essen.
»Was hältst du von der Sache?«, fragte Luna und leckte die Mayonnaise aus ihrem Mundwinkel.
»Ich weiß nicht. Dieser Tate hätte ein Motiv«, gebe ich zu.
»Ach? Spuck es aus.«
»Der Tote hat ihn gezwungen, seine Homosexualität zu verheimlichen, damit sich das nicht negativ auf den Umsatz auswirkt«, gab ich leise preis.
»Was? Tate ist schwul?« Lunas Augen leuchteten. »Ich habe es gleich gewusst.«
»Hey, schau mich nicht so an, als wäre er mein neuer Lover.«
»Warum nicht? Da ist doch was zwischen euch, das habe ich sofort gespürt.« Sie grinste mich über den Tisch hinweg an.
»Er könnte ein Mörder sein.«
Sie hob die Schultern. »Zumindest hört es sich verdächtig an. Du könntest aber auch falschliegen. Er sieht nicht aus wie ein Mörder.«
»Seit wann kannst du Mörder an der Nasenspitze erkennen?«, fragte ich gereizt.
»Dann sollten wir ihm auf den Zahn fühlen, damit wir ihn ausschließen können.«
»Die Band spielt heute im Urgent, dem Club auf der Columbus Avenue.«
»Na, dann sollte ich mal mein kleines Schwarzes rausholen, oder was meinst du?«
»Was hältst du von den anderen Mitgliedern der Band? Würden sie lügen, um ihren Sänger zu decken?« Ich steckte mir den Rest des Sandwiches in den Mund und putzte mir die Finger an der Serviette ab.
Luna strich ihr mahagonifarbenes Haar hinter die Ohren. Meistens trug sie es zu einem strengen Zopf gebunden, doch im Laufe des Tages hatte sie den Knoten gelöst. »Ich weiß nicht. Dieser Drummer ist mir ganz schön auf die Nerven gegangen. Ich werde Collin bitten, uns zu begleiten, sonst denkt der Idiot noch, ich komme, um ihn spielen zu sehen.«
Ich musste laut lachen. »Du scheinst gehörig Eindruck auf den Typen gemacht zu haben. Wie hieß er noch?«
»Casey Boone. Dessen Oberarme größer sind als sein Gehirn.« Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Vielleicht fand er es toll, wie du ihn auf dem Tresen festgenagelt hast. Immerhin waren wir in einem SM-Club, vermutlich steht der Typ auf so was.«
»Und steht dieser Tate auf so was?«, konterte sie und blickte mich neugierig an.
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung, darüber haben wir nicht gesprochen. Er fand es komisch, dass ich ein schwuler Bulle bin.«
»Vielleicht ist er ja gar nicht schwul und hat sich nur verstellt, um dich von seiner Spur abzubringen.«
»Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Du kennst mich, Luna. Ich schütze niemals einen Verbrecher, mag er noch so heiß aussehen.«
»Du findest Glover also heiß?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber gemeint. Ich habe doch deine Blicke gesehen. Ich kann dich ja gut verstehen. Er sieht toll aus, und wenn er auch noch singen kann, solltest du ihn dir schnappen. Vorausgesetzt: Er ist kein Mörder.«
Ich wunderte mich doch immer wieder, was ein Fetzen Stoff und etwas Make-up aus einer Frau machen konnten. Als ich Luna vor dem Urgent erblickte, musste ich zwei Mal hinsehen, um sie zu erkennen. Sie trug einen schwarzen, kurzen Rock und ein knappes Oberteil, das silbern glänzte. Dazu silberne High Heels, die ihre langen, tollen Beine zur Geltung brachten.
»Wow«, meinte ich anerkennend und pfiff durch die Zähne.
»Ja, wer hätte gedacht, dass in unserer Luna eine richtige Frau steckt?«, meinte Collin Davis, der Gerichtsmediziner, und grinste breit. Er hatte sich ebenfalls in Schale geschmissen, sodass ich mit meinen löcherigen Jeans und dem engen Shirt nicht wirklich zu ihnen passte.
»Halt die Klappe, du Arsch«, meinte Luna und boxte Collin gegen den Oberarm.
»Wenn du als Frau durchgehen willst, solltest du lieber deinen dreckigen Mund halten, auch wenn ich diesen Dirty Talk liebe«, scherzte Collin, und ich fragte mich, ob er es nicht sogar ernst meinte. So wie ich das mitbekommen hatte, waren beide in der letzten Zeit oft zusammen ausgegangen. Hoffentlich machte sich Collin keine Hoffnungen, denn Luna stand nun mal auf Frauen.
Collin kannte einen der Türsteher, und wir brauchten nicht in der Schlange der Wartenden zu stehen, um auf Einlass zu warten. Der Club war brechend voll, und die Band spielte bereits. Luna organisierte uns einige Plätze an der Bar, die der Bühne am nächsten waren, und orderte bei dem Barkeeper Getränke.
Die Band spielte gerade ihren aktuellen Hit, und der Laden kochte. Sämtliche weibliche Besucher hatten sich vor der Bühne aufgebaut und himmelten Tate wie eine Gottheit an.
Er hatte sein Haar zusammengebunden und trug einen Dutt am Hinterkopf. Sein Oberkörper war nackt und glänzte im Scheinwerferlicht. Er trug eine Skinny Jeans, deren tief sitzender Bund den Blick auf seine weiße Unterhose zuließ. Auf dem Bauch sah man ein Tattoo in Form einer Hand, kleiner Finger und Zeigefinger ausgestreckt. Als er sich über die Stirn strich, erkannte ich ein weiteres Tattoo auf der Innenseite seines Unterarms, doch das Motiv konnte ich auf die Schnelle nicht ausmachen.
»Mann, du bist ja total versunken in dein Anhimmeln«, raunte mir Luna ins Ohr und reichte mir eine Bierflasche.
»Quatsch, ich beobachte nur«, versuchte ich klarzustellen, doch sie glaubte mir nicht, schüttelte nur den Kopf und wandte sich wieder Collin zu.
Das Licht, das die Bühne erleuchtete, erlosch plötzlich, und nur ein Spot erhellte Tate, der sich auf einem Barhocker mitten auf der Bühne niedergelassen hatte.
»Hey! Danke, dass ihr alle heute gekommen seid, um uns zu hören! Ihr seid klasse! Ich liebe euch!«
Pfiffe und Schreie schwollen zu einem ohrenbetäubenden Lärm an.
Mit einem Fingerzeig brachte Tate die Menge zum Verstummen. Er hatte die Meute im Griff, das musste man ihm lassen.
»Ihr wisst sicherlich, dass ich ein großer George-Michael-Fan bin, und sein Tod hat mich getroffen. Deshalb habe ich diesen Song ausgesucht …« Wieder brauste Applaus auf. »Okay, Leute! Ich singe jetzt ein ganz besonderes Lied, für einen ganz besonderen Menschen. One More Try …«
Die ersten Takte erklangen, und eine unheimliche Ruhe legte sich über den Club.
»I've had enough of danger …«
Ich starrte auf die Bühne und ließ mich von Tate in den Bann ziehen. Sein tiefer Bass hörte sich völlig anders an als die Stimme von George Michael, aber sie passte wundervoll zu dem Lied.
Er blickte immer wieder in meine Richtung, dabei durfte er mich gar nicht sehen, denn der Scheinwerfer war direkt auf seine Gestalt gerichtet.
Ich spürte einen Ellbogen in den Rippen. »Dir ist schon klar, dass er das Lied nur für dich singt?«, flüsterte Luna mir ins Ohr.
»Quatsch!« Ich schüttelte den Kopf, ließ Tate aber keine Sekunde aus den Augen, während er davon sang, dass es an der Zeit wäre, ihm zu sagen, ob ich ihn liebte. Völlig absurd.
»Der Kerl steht total auf dich, und wer das nicht merkt, der ist blind«, kommentierte sie seine Darbietung und ließ mich einfach stehen, während ich in den Fluten seiner intimen Blicke versank.
Nachdem die Band ihren Auftritt beendet hatte, dauerte es eine Weile, bis sich die Stimmung im Club wieder beruhigte, und der DJ gab alles, um für gute Laune unter den Gästen zu sorgen. Ich schaute Luna und Collin dabei zu, wie sie sich gegenseitig auf der Tanzfläche anheizten. Es sah eindeutig danach aus, dass Collin mehr in Luna sah als nur eine Kollegin. Aber zu meiner Verwunderung ging Luna auf seine Anmache ein, dabei hätte ich zwanzig Dollar gewettet, dass sie ihm den Arsch aufriss, doch die hätte ich verloren. Die Arme um seinen Hals geschlungen, tanzte sie ihn an, und für mich sah es so aus, als hätten die beiden auf der Tanzfläche Sex.
»Ich wusste, dass du heute Abend kommst.« Die Stimme dicht an meinem Ohr verursachte mir ein Prickeln auf der Haut.
Ich blickte mich um und sah Glover hinter mir. Er hatte mir die Hand auf die Hüfte gelegt, und ich starrte darauf, bis er sie wegnahm. Er roch frisch geduscht, kleine Wasserperlen tanzten auf seiner Brust. Er trug nur ein Unterhemd, das den Blick auf seine Brust ein wenig freigab.
»Noch bin ich nicht gekommen«, gab ich zur Antwort.
Tate grinste frech. »Legst du es drauf an?«
Ich griff um ihn herum nach der Bierflasche und trank einen langsamen Schluck. »Wer weiß.«
»Wo ist deine Kollegin? Casey fragt sich, ob sie auch da ist.«
»Warum? Will er wieder einen Tritt in den Hintern?« Ich grinste und zeigte auf die Tanzfläche.
»Oh! Hey, ich hätte sie beinah nicht erkannt. Wer ist der Typ? Nicht ihr Freund, obwohl es so aussieht … Hey, dürfen die Sex in der Öffentlichkeit haben?«
Ich blickte mich um und sah verwundert dabei zu, wie Luna Collin die Zunge in den Hals steckte.
»Na, da wird Casey sicherlich nicht erfreut sein«, kommentierte Tate das Geschehen auf der Tanzfläche.
»Er hätte ohnehin keine Chance gehabt. Luna steht nur auf Frauen.«
»Das da sieht aber ganz anders aus.«
Ja, er hatte nicht ganz unrecht. Was lief da zwischen den beiden? Luna würde mir morgen einiges zu erklären haben.
»Tolles Lied«, meinte ich nach einem Moment der Stille zwischen uns.
Tate blickte mich an und griff nach meiner Flasche, trank einen Schluck von dem Bier, wischte dann mit dem Unterarm über seine Lippen, und ich beobachtete jede einzelne Bewegung. Jetzt erkannte ich das Tattoo aus nächster Nähe. Eine Gitarre mit Engelsflügeln und ein Banner mit den Worten Rock and Roll. Das Tattoo eines Rockstars. Wie man es sich vorstellte.
»Hast du Lust, mit in den VIP-Bereich zu kommen? Hier werde ich keine Ruhe vor den Fans haben.«
»Im VIP-Bereich schon?«
»Ja, da gibt es Security.«
»Ich könnte hier auf dich aufpassen.«
Tate schaute sich um, ob uns auch niemand belauschte, dann beugte er sich vor und flüsterte: »Glaub mir, ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen.«
Seine Stimme stellte etwas mit meinem Körper an, den ich einfach nicht mehr unter Kontrolle hatte. Ich schaute mich suchend um, konnte aber weder Luna noch Collin entdecken. Wo waren die beiden nur abgeblieben?
»Mir sind einfach zu viele Menschen hier.« Tate sah mich fragend an, während er einem Mädchen ein Autogramm auf ihrem Dekolleté gab. Sie zog ihn zu sich heran und küsste ihn auf die Lippen.
Sofort war einer der Security-Leute zur Stelle und zog sie sanft weg.
»So wird das den ganzen Abend gehen, wenn wir nicht verschwinden.«
»Dann lass uns gehen.« Meine Lippen führten ein Eigenleben.
»Bist du mit dem Auto hier, oder sollen wir ein Taxi nehmen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Motorrad.«
»Okay, hol mich am Hinterausgang ab. Sonst komme ich hier nicht weg.«
Ich ließ den Motor meiner Iron 883 laufen, während ich am Hinterausgang des Urgent auf Tate wartete. Ich liebte dieses Motorrad. Der Retro-Style der Harley ließ mein Herz höher schlagen, sobald ich mich auf den Sattel schwang. So mussten sich die Cowboys fühlen, wenn sie sich zu einem wilden Ritt aufmachten. Das Fahrwerk war fein abgestimmt, und der Look der Aluminiumgussräder mit den ausgefrästen Kanten gab dem Motorrad etwas von Abenteuerlust und Freiheit.
Keine fünf Minuten später ging die Tür auf, und ein stämmiger Typ in einem schwarzen Shirt mit der Aufschrift STAFF, schaute nach, ob die Luft rein war. Auf sein Nicken hin kam Tate heraus. Er trug mittlerweile eine schwarze Lederjacke und einen Motorradhelm, sodass man ihn nicht mehr erkennen konnte.
Er schwang sich hinter mir auf den Sitz, und ich gab Gas.
»Echt geile Kiste!«, schrie er mir zu, und ich nickte.
Tates Hände lagen auf meinem Bauch, und sein Körper presste sich an den Rücken. Das Gefühl war einfach unbeschreiblich. Ich hätte stundenlang so durch die Stadt fahren können. Bislang hatte ich Touren mit meiner Harley immer nur allein unternommen. Die Vorstellung, Tate auf eine nächste Tour mitzunehmen, nahm Formen in meinem Kopf an. Hin und wieder streichelte er über dem Shirt meinen Bauch, und ich musste mich zusammenreißen, um mich davon nicht ablenken zu lassen. Mein Schwanz war hart, und das Pochen des Blutes raubte mir schier den Verstand. Ich nahm seinen Duft wieder auf. Die holzige Note, die mir um die Nase wehte, vernebelte meinen Verstand. Dieser Mann war unglaublich anziehend, und langsam wurde mir klar, dass das hier eine schlechte Idee war. Ich hatte immer noch Lunas Worte im Kopf, sie wollten einfach nicht verschwinden. Ein Verdächtiger, der auf mich stand, war keine gute Voraussetzung für den Fall. Ein schlechtes Gewissen nagte an mir, aber der Wunsch, Tate näher kennenzulernen, war einfach größer als meine Bedenken.
Ich fuhr die Greenwich Street am Telegraph Hill hinauf, wo am oberen Teil der Straße, an einem Wendehammer, meine Wohnung lag.
»Wow! Hier wohnst du?«, fragte Tate, als er den Helm abnahm, während ich die Harley in der Garage parkte.
»Ja. Halb so schlimm. Ich habe die Wohnung geerbt und beschlossen, sie selbst zu nutzen anstatt sie zu verkaufen. Ich mag es hier. Es ist schön ruhig.«
Die Wohnung lag in der obersten Etage, dem vierten Geschoss, das wir durch eine Außentreppe erreichten.
Ich schloss die Tür auf und ließ Tate den Vortritt. Von jeher hatte ich allein gewohnt, daher besaß ich eine absolute Junggesellenbude, mit einem riesigen Fernseher an der Wand, einer gemütlichen breiten Couch, einer kleinen Küche und einem Schlafzimmer, das nur aus Bett, Nachttisch und einem begehbaren Kleiderschrank bestand. Trotzdem war sie nicht ungemütlich. Klare Formen mit schwarzen Details herrschten hier vor. Nur mein Bett war mit bunter Bettwäsche bezogen. Ich räumte schnell ein paar Sachen weg, die von der letzten Joggingtour liegen geblieben waren.
»Hey, mach dir keine Umstände. Du müsstest mal meine Bude sehen«, meinte Tate und ließ sich auf das Sofa fallen. »Ich bin total k.o.! So ein Auftritt schlaucht mich immer.«