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Da bleibt kein Auge trocken. Eine Familie auf dem Weg nach Italien. Dank des witzigen, chaotischen Vaters wird es ein Urlaub der besonderen Art. Schon die Vorbereitungen verlaufen alles andere als normal. Die nigelnagelneue Dachbox wird ramponiert. Auch unterwegs passieren die seltsamsten Dinge. Es gibt Ärger mit der Polizei und es kommt zu einer regelrechten Verfolgungsjagd mit einer holländischen Familie. Der Vater ist besonders schlagfertig, weiß immer alles besser und hat dazu auf jede Frage die passende Antwort. Also nicht ganz einfach für seine Frau, die drei Kunder und den Rest der Welt. Dennoch muss man ihn einfach lieben. Und zum Schluß gibt es auch noch ein Happy End - zumindest für seine Famile. Was will man mehr?
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Seitenzahl: 141
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Für meine liebe Familie und für alle Menschen, die eine Portion Lachen als Balsam für die Seele empfinden und im Leben nicht immer alles ganz ernst nehmen.
Bevor es losgehen kann
Eine außergewöhnliche Familie
Urlaubsvorbereitungen – oder: Die neue Dachbox, ein wirkliches Schnäppchen
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Es geht los ‐ oder: der blöde Biber
Sprachliche Verwirrungen – Homer rappt mit Ötzi um die Ähre
Nasse Kinder und die Geschichte mit der bescheuerten Vignette
Eine schicksalhafte Begegnung – oder: In der Schweiz ist alles anders
Umziehen mit Folgen
Ein genialer Plan – oder: Die Strecke der Erinnerungen
Ein kulinarischer Augenschmaus von Italien aus
Bevor es enden kann
Um was geht‘s?
Wer hat‘s geschrieben?
Als ich begann, meine Erlebnisse niederzuschreiben, war ich mir lange unsicher, ob ich unsere Namen und Anschrift ändern soll oder nicht. Ich kam zu dem Ergebnis, dass es sinnvoll ist, anonym zu bleiben. Es muss schließlich nicht jeder wissen, was uns tagtäglich widerfährt – das könnte nämlich verdammt peinlich werden.
In Wirklichkeit nennen mich weder meine Frau noch meine Kinder Peter. Deshalb brauchen wir eigentlich nichts zu ändern und können alles beim Alten (damit bin ich jetzt aber nicht gemeint) lassen. Im Folgenden heiße ich deshalb Papa, Papi, Pepe oder Schatz beziehungsweise Schätzchen. Meine Frau, die eigentlich Sophia heißt, wird bis auf Weiteres Anna genannt.
Unsere Kinder nennen wir Ben, Philipp und Pia. Elisa, unsere sechsjährige Tochter, fand den Namen anfangs nicht berauschend und wollte lieber weiterhin Elisa heißen; aber Anonymität heißt nun mal Anonymität – mit all ihren Konsequenzen. Max, der zwölf ist, und Lukas, der gerne zwölf wäre, aber erst acht Jahre alt ist, wollten unbedingt berühmt werden und hatten deshalb zunächst Mühe, sich mit ihren »Künstlernamen« zu identifizieren.
»Du blöder ›Zappelphilipp‹«, neckte Max seinen kleineren Bruder.
»›Ben Gunn‹« (der verlotterte Typ aus der Schatzinsel) oder »›Ben(jamin) Blümchen‹« (der korpulente, labernde Dickhäuter im eleganten blau-roten Dress aus der gleichnamigen Kinderserie), konterte Lukas.
Mittlerweile hat sich zum Glück alles normalisiert und sie ärgern sich wieder mit ihren richtigen Namen.
Lukas nennt Max häufig Mäxchen, was für einen Pubertierenden natürlich eine Beleidigung ist. Max wiederum reizt Lukas des Öfteren mit »Hau den Lukas« oder »Lukas der Lokomotivführer«
Unseren Haustieren haben wir – mit Ausnahme der beiden Kater – keine neuen Namen gegeben. Wir sind der Meinung, dass die Namen unserer Fische und Nager nicht überall bekannt sind und deshalb keine Rückschlüsse auf uns gezogen werden können.
Die beiden Kater hingegen sind ortsbekannt und müssen daher umbenannt werden. Hier gab es glücklicherweise keinerlei Widerstände. Die beiden nennen wir im Folgenden Mowgli und Tom.
Wir wohnen in einem sehr schönen kleinen Örtchen, das so heißt und so still ist wie das Heilwasser, das hier gefördert wird, und jedem, der einmal im Krankenhaus gelegen hat, ein Begriff sein dürfte. Nennen wir diesen lieblichen, rheinland-pfälzischen, im Grenzgebiet zu Hessen liegenden Flecken Erde einfach »Nichtslos«, denn hier ist wirklich nichts los. Soviel kann ich noch verraten: Nichtslos liegt an einem Fluss, der durchs Lahntal fließt. Alles andere bleibt ein Geheimnis.
Die in der Erzählung vorkommenden Namen von Nachbarn, Verwandten und Freunden wurden – auch in deren Interesse – ebenfalls geändert.
Um es vorwegzunehmen: Wir sind schon etwas Besonderes. Unsere Familie umfasst nicht nur drei Kinder und zwei Erwachsene, sondern noch dazu sieben Hasen, zwei Meerschweinchen, fünf Fische und zwei Kater. Wir liegen bezüglich der Kinder und der Haustiere deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zwar weiß ich aus veröffentlichten Statistiken nur etwas Sicheres über die Kinderanzahl, nämlich, dass die deutsche Familie durchschnittlich etwas mehr als ein Kind hat – wie auch immer man sich das vorstellen muss. Aber auch ohne Statistik glaube ich zu wissen, dass sieben Hasen, zwei Meerschweinchen und zwei Katzen überrepräsentativ sind. Bei den Fischen bin ich mir überhaupt nicht sicher. Diese sind klein und verschwinden unauffällig in einem Teich oder Aquarium, sodass pro Kopf der Bevölkerung durchaus mehr als eine Hand voll Fische herumschwimmen können.
Ich muss die Wahrheit sagen: Zurzeit haben wir nur zwei Fische. Es geschah im letzten Jahr. Wir hatten beschlossen, unsere lieben »Grätenfreunde« über den Winter bei unseren Nachbarn in Pension zu geben. Der Teich des Nachbarn war riesengroß, fast zwei Meter tief und sehr schön angelegt. Unser Teich hingegen war klein und extrem flach. Daher bestand die Gefahr, dass die fünf bei länger andauernder Kälte den Aggregatzustand von Fischstäbchen im Tiefkühlfach annehmen könnten. In den Vorjahren hatten wir Kurt, Axel, Helge, Gretel und Dörte deshalb ab November in ein kleines Aquarium umgesiedelt, das wir dann, um es jedem Kind recht zu machen, wöchentlich in ein anderes Kinderzimmer trugen. Da nur meine Frau für die sehr aufwändige Reinigung zuständig war, hatte sie bald die Nase voll, und wir kamen auf die geniale Idee mit der Pension. Nun trug es sich zu, dass der Fluss (der, der durchs Lahntal fließt) durch eine längere Regenphase über die Ufer trat und den Garten unseres Nachbarn überschwemmte. Beinahe alle Fische, auch die des Nachbarn, genossen ihre dadurch gewonnene Freiheit und schwammen plötzlich in Gegenden umher, die für Fische gewöhnlich nicht zugänglich und schon gar nicht verträglich sind: Rosenbeete, Schrebergärten, Grillplätze, Sportanlagen und so weiter. Nur Dörte und Axel waren wohlerzogen und blieben an Ort und Stelle. Ich möchte mich nicht über fremde Fische äußern – das steht mir nicht zu –, aber das Verhalten von Gretel, Helge und Kurt empfand ich als sehr undankbar. Bisher waren sie in der frostfreien Jahreszeit in einem Nullachtfünfzehn-Hartplastikteich vom Baumarkt untergebracht, der nur etwas mehr als zweihundert Liter Fassungsvermögen hatte und an seiner tiefsten Stelle zirka sechzig Zentimeter maß. Und im Winter in einem Aquarium, das etwa die Größe unseres Schnellkochtopfes hatte. Kaum reichte man ihnen den kleinen Finger, indem man für ausreichend Platz sorgte, schon nahmen sie die ganze Hand und verschwanden. Das sage ich auch immer unseren Kindern: »Gebt euch mit dem zufrieden, was ihr habt.«
Als die Fische noch unbeschwert im Aquarium schwammen, hatten die Kinder sie mit unserer Digitalkamera fotografiert. Sie (die Kinder) knieten vor dem gläsernen Behälter und riefen »cheese«. Wider Erwarten verzogen sich die Mäuler der Fische in Richtung Kiemen nicht zu einem Grinsen. Wahrscheinlich verstanden sie »schieß« und befürchteten vermutlich einen heimtückischen Anschlag mit einer Harpune. Deshalb schauen die Fische auf den Bildern sehr ernst und unentspannt drein. Für die groß angelegte Fahndung jedoch war das unbedeutend. Ben druckte große Farbbilder aus, auf denen die drei Vermissten eindeutig zu erkennen waren. Diese »Passbilder« wurden an mehreren Stellen im Ort aufgehängt und mit einem kurzen Text versehen. Unter jedem Bild stand der Name des Fisches. Darüber stand:
»Wir vermissen euch! Wer unsere Fische gesehen hat (oder glaubt, sie gesehen zu haben), möchte uns doch bitte umgehend unter folgender Telefonnummer anrufen ...«
Ben hatte sogar seine E-Mail-Adresse angegeben.
»Der Finder darf auf eine angemessene Belohnung hoffen«, hieß es weiter. Leider blieb die Fahndung erfolglos. Zwar kamen ein paar Hinweise aus der Bevölkerung, denen wir auch nachgingen, aber letztlich waren sie nicht konkret genug, um die Vermissten fangen zu können.
Ein Anrufer versicherte, einen Fisch auf dem Fahndungsfoto eindeutig identifiziert zu haben: »Oh ja! Einen der Strolche habe ich gestern in meinem Gartenhaus gesehen.« Der Beschreibung nach musste es Axel gewesen sein – das war aber einer der beiden Dankbaren und schwamm deshalb nach wie vor im Nachbarteich.
Was war das nur für ein Mensch? Auf den Gefühlen einer trauernden Familie herumtreten, die vermutlich drei ihrer Mitglieder auf tragische Weise verloren hatte – und das alles nur, um sich eine Belohnung zu erschleichen.
Die Hasen heißen Schnuppel, Mimi, Kuschel, Nelly, Chester, Bam und Johnny – also pro Familienmitglied etwas weniger als anderthalb Langohren.
Die sieben leben wie die Made im Speck: Ein Gehege, das beinahe sechzehn Quadratmeter misst und eine Höhe von zwei Metern hat. Ein zwei Quadratmeter großes Hasenhaus mit Hochbetten, Fenstern und Klappläden. An allen Ecken und Enden liegen oder hängen Knabberstangen aus dem »(Hasen)Reformhaus« und frisch gepflückter Löwenzahn.
Manchmal, wenn ich vor dem Fernseher liege und mal wieder nichts zum Naschen im Haus ist, wünsche ich mir, ich wäre Meister Lampe und könnte genüsslich in eine dieser leckeren Knabberstangen hineinbeißen.
Wie bereits erwähnt, haben wir zwei Kater. Das Problem ist nur, dass bei drei Kindern nicht jedes Kind einen Kater besitzt. Deswegen haben die Kinder die beiden gedanklich gedrittelt. Ben, der ein Ästhet ist und auch beim Hähnchen immer nur das weiße Brustfleisch möchte, hat die beiden mittleren Drittel bekommen. Philipp den Kopf von Mowgli und das Hinterteil von Tom. Pia die restlichen Drittel, also das Hinterteil von Mowgli und den Kopf von Tom.
Pia und Philipp spielen sehr oft »Katzenmischmasch«, indem sie ihre Drittel kombinieren. Ben hat verboten, seine beiden Drittel beim Spielen mit zu verwenden. Aber das geht auch ohne Mittelteile. Die Kombination der beiden Köpfe nennen sie »KoKo«, die der beiden Hinterteile »PoPo« und Hinterteil in Kombination mit Kopf »PoKo«. Philipp hatte auch einen Namen für die Kombination der beiden Mittelteile erfunden: »MiMi« – aber erstens durfte er sie, wie gesagt, nicht verwenden und zweitens wäre es zu Verwechslungen mit Mimi, der Häsin, gekommen. Die gedankliche Drittelung hat große Vorteile: Wenn einer der Kater erkrankt, ist sofort klar, wer meine Frau zum Tierarzt begleiten muss beziehungsweise darf. Ben ist folglich bei Bauchschmerzen und Rückenproblemen beider Kater zuständig. Philipp (Pia), wenn Mowgli (Tom) erkältet ist oder gar Zahnschmerzen hat und auch dann, wenn ein Auto über Mowglis (Toms) Schwanz fahren sollte.
Unsere kleinen »Ozeanferkel« haben Asyl im Gehege der Hasen erhalten und sind ausgesprochen musikalisch. Wenn einer von uns am Gehege vorbeigeht, pfeifen die beiden hinterher. Deshalb haben wir ihnen die Namen »Ilse« und »Werner« verpasst. Als ich das Pfeifen das erste Mal beim Gang durch den Garten vernahm, drehte ich mich im Kreis herum, konnte allerdings weit und breit keine Menschenseele entdecken. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass es nicht die neue Nachbarin (die vermutlich ein Auge auf mich geworfen hatte), sondern ein Schwein war, woraufhin ich frustriert den Garten verließ. Seither hat der Ausdruck »Ich glaube, mein Schwein pfeift« eine völlig neue Bedeutung für mich bekommen. Wer jetzt vermutet, dass die Kinder auch »Schweinchenmischmasch« spielen müssen, täuscht sich. Ben hat seine Rechte nämlich großzügig an Pia und Philipp abgetreten. »Gut aussehende Jungen haben es nicht nötig, sich von Schweinen nachpfeifen zu lassen«, gab er als Begründung ab, worauf Philipp seine Rechte wiederum auf seine Schwester übertragen hat. Nach meinen schlimmen Erfahrung im Garten hatte ich vollstes Verständnis für die Entscheidung der Jungs. Pia ist nun alleinige Schweinebesitzerin und sehr stolz darauf.
Jeder wird nur allzu gut verstehen, dass es bei diesen vielen Tieren und Kindern hin und wieder zu kleinen Namensverwechslungen kommt, wie beispielsweise:
»Was hat Kurt eigentlich in Mathe geschrieben?« oder »Hat Ben schon seine Wurmimpfung hinter sich?« oder »Leo, wo ist mein Deo?« oder »Nicht schon wieder Shakira, Baghira.«
Verflixt, nun habe ich doch tatsächlich die echten Namen unserer Kater verraten – hoffentlich erkennt uns jetzt keiner aus dem Ort.
Ansonsten sind wir eine ganz durchschnittliche Familie. Wir haben folglich ein Auto und ein Haus. Letzteres ist wie bei fast allen kinderreichen Familien bis unters Dach belastet. Nicht etwa mit Schadstoffen – nein, mit Hypotheken. Und meine Frau geht einmal pro Monat zum Friseur, jedoch ohne dass ich es merke. Gerade gestern war es wieder soweit. Ich war schon früher von der Arbeit nach Hause gekommen und enttäuscht, dass kein Empfangskomitee bereitstand. Als Anna wieder kam, empfing ich sie vorwurfsvoll an der Treppe. »Wo warst du denn schon wieder?«
»Das musst du doch sehen«, rief sie enttäuscht und stellte sich erwartungsvoll vor mich.
Annas Pech war, dass sie eine Brötchentüte unterm Arm eingeklemmt hatte. Deshalb antwortete ich vorsichtig:
»Beim ... Bäcker?«
»Beim Bäcker! So kenne ich dich. Ich habe mir neue Strähnchen machen lassen, mindestens fünf Zentimeter kürzere Haare und sechzig Euro weniger im Portemonnaie.
»Ja, jetzt sehe ich es auch«, juxte ich. »Macht gleich erheblich mehr aus deinem Typ.«
Der weitere Dialog tut hier nichts zur Sache. Daher möchte ich lieber wieder auf das Ursprungsthema zurückkommen.
Wie die meisten Familien leisten wir uns nämlich einmal im Jahr einen vierzehntägigen Urlaub. Glücklicherweise hat unsere Familie seit nunmehr gut fünfunddreißig Jahren ein sehr schönes Ferienhaus am Lago Maggiore in Italien. Dort verbrachte ich als Kind mit meinen Eltern und Geschwistern alle (mit einer Ausnahme) Urlaube. Als Erwachsener fuhr ich dann ohne meine Eltern und meist auch ohne meine Geschwister dorthin. Häufig waren andere Verwandte oder Freunde mit von der Partie. Seit wir Kinder haben, fahren wir fast jährlich dorthin – so auch im letzten Herbst. Von dieser Urlaubsreise möchte ich nun berichten.
Wir waren uns eigentlich einig, in den Herbstferien zu Hause zu bleiben und lediglich kleinere Tagesausflüge zu unternehmen. Bei einem gemütlichen Mittagessen entschlossen wir uns ganz spontan, nun doch in den Urlaub zu fahren. Hektik war angesagt, denn bereits am nächsten Mittag sollte es losgehen. Ich fand die ganze Sache etwas überstürzt, was aber die regelrechte Aufbruchstimmung der anderen nicht im Geringsten beeinflusste.
Das Jahr zuvor hatte der Zöllner die Gesichter unserer Kinder erst nach längerem Suchen zwischen den Gepäckstücken entdeckt. Dieses Jahr wollten wir ihm die Arbeit erleichtern. Eine Dachbox musste schnellstens her, denn auch der erst vor kurzem gekaufte Van bot nur unwesentlich mehr Platz für unsere unzähligen Gepäckstücke.
Nach dem Mittagessen fuhr ich los. Während der ersten Kilometer überlegte ich, welches der drei mir bekannten Geschäfte ich ansteuern sollte. Ich entschied mich für ein Spezialgeschäft für Autozubehör, das knapp fünfzehn Kilometer entfernt liegt. Es war – wie konnte es auch anders sein – langer Samstag, der optimale Einkaufstag also, denn alle anderen Menschen hatten ihre Einkäufe natürlich bereits am Freitag getätigt. Ich freute mich deshalb auf menschenleere Straßen und Geschäfte. Schließlich muss man einen derart wichtigen Kauf in Ruhe und mit Besonnenheit angehen.
Ich stieg aus dem Wagen. Heute war wohl mein Glückstag. Direkt neben dem Eingang stand ein großes Schild, das auf eine Sonderaktion für Dachboxen aufmerksam machte. Flüchtig überflog ich das Geschriebene und blieb mit meinen Augen wie magisch angezogen an einem der angepriesenen Modelle hängen:
Sonderaktion:
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Unter dem Schild waren die Vorführmodelle übereinander angeordnet, die sich auf den ersten Blick nur in ihrer Größe unterschieden. Mein Instinkt hatte mich nicht im Stich gelassen. Hier schien ich goldrichtig zu sein. Ich betrat eilig das Geschäft. Wehe dem, der es wagen sollte, mir die letzte Dachbox wegzuschnappen. Der konnte sich auf etwas gefasst machen!
Eine schier unendliche Schlange stand vor der Kassiererin, eine weitere vor einem Kundenberater und eine dritte vor einem zweiten Kundenberater. In der Mitte über den gestressten Angestellten hing ein Schild mit der Aufschrift »Service-Insel«.
Ich musste schmunzeln. Die Beschreibung passte wie die Faust aufs Auge: Zig gestrandete Kunden, die flehend darum baten, an das rettende Ufer gezogen zu werden, um nicht in der Flut unübersichtlicher Angebote zu ertrinken.
Ich stellte mich hinten in eine der beiden Kundenberaterschlangen an. Die beiden Kundenberater starrten in ihren Bildschirm und versuchten gerade herauszufinden, ob der gewünschte Artikel vorrätig ist. Ich spitzte die Ohren, ob auch ja nicht irgendjemand das Wort Dachbox über seine Lippen brachte. Nach ungefähr einer halben Stunde kam ich endlich an die Reihe.
»Sie wünschen?«, fragte einer der Kundenberater.
»Eine Dachbox«, antwortete ich.
»Welches Modell?«, erkundigte er sich.
Ich drehte mich um, zeigte in Richtung Ausgang und antwortete:
»Das mittlere Ding da draußen auf dem Schild macht einen recht passablen Eindruck auf mich.«
»Nein, das meinte ich nicht. Was fahren Sie für einen Wagen?«
»Einen VW.«
»Geht es nicht etwas konkreter?«, stöhnte der Kundenberater.
»Einen Van.«
»Was für einen?«, fragte er bereits leicht angespannt.
»Einen Sharan.«
»Wie viel PS? Wie viel Hubraum? Welches Baujahr?«, bohrte er tiefer nach.
»Um Gottes Willen! Was wollen Sie denn noch alles wissen?«, beschwerte ich mich. »Ändert sich etwa die Dachbox mit dem Fahrzeugtyp?«
»Nein, aber die Träger. Geben Sie mir doch einfach den Fahrzeugschein«, bedrängte er mich förmlich.
Das ging leider nicht, denn Anna hat schon vor einiger Zeit meine gesamten wichtigen Papiere »konfisziert«. Fahrzeugschein, Personalausweis, Führerschein liegen jetzt an einem geheimen Ort im Haus, damit ich sie nicht – wie schon so oft – verliere. Selbst meine EC-Karte hat Anna eingezogen, da auch diese schon mehrere Male abhanden gekommen ist beziehungsweise vom Geldautomaten geschluckt wurde (nicht etwa, weil ich mittellos bin, sondern aufgrund der Tatsache, dass ich immer wieder die falsche Geheimzahl eingetippt hatte). Deshalb musste ich lügen:
»Oh nein! Den Fahrzeugschein habe ich ausgerechnet heute nicht dabei.«
»Dann ist es besser, wenn Sie ihn kurz zu Hause holen. Ansonsten ...«
Ich unterbrach ihn: »So warten Sie doch bitte … ich bekomme das schon irgendwie zusammen.«
Der Kundenberater starrte mich erwartungsvoll an, legte die Hände auf die Tastatur und seufzte leise:
»Gerne. Was darf ich eingeben?«