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Alexandra fährt zusammen mit Kater Brown und ihrem Arbeitgeber, Scheich al Faruq, ins Nachbardorf Dunston. Dort besuchen sie den Fantasy-Fanshop von al Faruqs Freund Darryl. Doch der entspannte Ausflug findet ein jähes Ende, als Kater Brown Darryls Leiche entdeckt. Sie steckt in einer goldenen Rüstung und wurde von Darryls Schwert durchbohrt! Al Faruq bittet Alex und Kater Brown, ihm dabei zu helfen, den Mörder seines Freundes zu fassen. Die Ermittlungen führen sie nach Hawkwind Castle auf eine Fantasy-Convention, wo es von Schwert-schwingenden Rittern nur so wimmelt. Doch Kater Brown hat nicht umsonst eine Spürnase für Verbrechen ...
»Kater Brown und die Jagd auf Hawkwind Castle« ist der 13. Band der erfolgreichen Katzenkrimi-Reihe mit Setting in Südengland!
Die Serie:
Kater Brown, der Kater mit der Spürnase, merkt schnell, wenn etwas faul ist - aber die Menschen verstehen seine Hinweise einfach nicht! Bis auf Alexandra Berger. Seit sie gemeinsam ihren ersten Mordfall aufgeklärt haben, weicht der Kater der Reisejournalistin nicht mehr von der Seite. Für Alexandras Reportagen vom schönen Landleben kommen sie viel herum - und stellen fest, dass das Verbrechen auch in der größten Idylle zu Hause ist. Humorvoll und spannend erzählt entlarvt das Ermittlerduo scheinbar harmlose Todesfälle und macht sich auf die Suche nach dem Mörder.
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Seitenzahl: 213
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Kater Brown – Die Serie
Die Protagonisten
Titel
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Epilog
Über den Autor
Impressum
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Alexandra fährt zusammen mit Kater Brown und ihrem Arbeitgeber, Scheich al Faruq, ins Nachbardorf Dunston. Dort besuchen sie den Fantasy-Fanshop von al Faruqs Freund Darryl. Doch der entspannte Ausflug findet ein jähes Ende, als Kater Brown Darryls Leiche entdeckt. Sie steckt in einer goldenen Rüstung und wurde von Darryls Schwert durchbohrt! Al Faruq bittet Alex und Kater Brown, ihm dabei zu helfen, den Mörder seines Freundes zu fassen. Die Ermittlungen führen sie nach Hawkwind Castle auf eine Fantasy-Convention, wo es von Schwert-schwingenden Rittern nur so wimmelt. Doch Kater Brown hat nicht umsonst eine Spürnase für Verbrechen ...
Kater Brown, der Kater mit der Spürnase, merkt schnell, wenn etwas faul ist – aber die Menschen verstehen seine Hinweise einfach nicht! Bis auf Alexandra Berger. Seit sie gemeinsam ihren ersten Mordfall gelöst haben, weicht Kater Brown der Reisejournalistin nicht mehr von der Seite. Und zusammen können sie Morde aufklären, die auf den ersten Blick gar nicht nach einem Verbrechen aussehen.
Kater Brown erinnert mit seinem schwarzen Fell und dem weißen Fleck am Hals an einen Geistlichen – daher, in Anlehnung an Pater Brown, der Name. Er hat einen »siebten Sinn«, wenn es um Verbrechen geht und nimmt mit seiner Spürnase Dinge wahr, die den Menschen entgehen. Seit den Klostermorden in der Eifel hat er entschieden, bei Alexandra zu leben und weicht ihr nicht mehr von der Seite.
Alexandra Berger ist Reisejournalistin und berichtet gerne aus entlegenen, landschaftlich dafür umso schöneren Gegenden. Seit ihrem ersten Mordfall in einem Kloster findet sie großen Gefallen am Ermitteln und am Lösen von Kriminalfällen. Mit ihrer Neugier bringt sie sich allerdings auch öfter mal in Gefahr...
Ralph Sander
Kater Brown und die Jagd auf Hawkwind Castle
»Das war es dann, alter Freund«, murmelte Darryl Jensen, lächelte zufrieden und legte den Umschlag zurück in das Versteck, wo er noch bis übermorgen würde ausharren müssen, ehe es damit zum Anwalt ging. Und am Wochenende würde dann das Elend ein Ende haben, von dem er seit Jahren gequält wurde, ohne dass er etwas dagegen hätte unternehmen können.
Er machte die Beleuchtung im Laden aus und ging nach hinten ins Lager, wo auf einem langen breiten Tisch die Einzelteile der goldfarbenen Rüstung lagen und darauf warteten, endlich zum Einsatz zu kommen. Darryl hielt die Teile gegen das Licht der Deckenlampe und nickte lächelnd. Jedes Element sah exakt so aus, wie er es sich vorgestellt hatte, und alle zusammen würden die beste Rüstung ergeben, die die Fans je zu Gesicht bekommen hatten. Diese neue Version war noch präziser als der Vorgänger, was dem 3D-Drucker zu verdanken war, mit dem er diesmal gearbeitet hatte. Eigentlich ging zwar nichts über Handarbeit, doch in diesem Fall war es schlichtweg einfacher, die komplexen, in sich verdrehten Muster in die Oberfläche einzuarbeiten. Hätte er den ganzen Tag nichts zu tun gehabt, wäre es wohl auch von Hand machbar gewesen, aber er hatte ein Geschäft zu führen. Das war Rechtfertigung genug, um zu einem technischen Hilfsmittel zu greifen.
Er sah auf die Uhr. Kurz nach sieben. Die Zeit genügte noch, um die Rüstung einmal anzulegen und ihren Sitz zu überprüfen, ehe er nach oben in seine Wohnung ging und sich vor den Fernseher setzte, um die Nachrichten zu sehen. Aber natürlich erst, nachdem er Sir Juke gefüttert hatte. Der Beo würde sonst so lange Songs aus den Achtzigern anstimmen, bis es Darryl zu viel wurde und er in die Küche ging, um ihm einen vollen Futternapf hinzustellen.
Darryl hatte soeben die Brust- und Rückenpanzerung angelegt und den linken Arm unter den Rüstungselementen verschwinden lassen, da hörte er ein Geräusch, das aus dem Verkaufsraum zu ihm drang.
Er drehte sich um und ging wieder nach vorn, wo er abrupt stehen blieb. Beim Anblick seines unerwarteten Besuchers wollte er seinen Augen kaum trauen. »Du? Was machst du denn hier? Und wie kommst du hier rein?«, fragte er den anderen Mann.
»Nicht ganz der Reihe nach«, sagte sein Gegenüber und lächelte milde: »Ja, ich. Durch die Hintertür, die einen Spalt breit offen steht. Und was ich hier mache? Na, ich bin hergekommen, um dafür zu sorgen, dass bei der Veranstaltung am Wochenende die Ordnung wie gewohnt über das Chaos siegt.«
»Was du Ordnung nennst, ist in Wahrheit das Chaos. Du weißt doch gar nicht, was Ordnung eigentlich ist.«
Der andere Mann lächelte spöttisch. »Deine Version der Ordnung ist in Wahrheit das Realität gewordene Chaos. Dem muss ein Ende gesetzt werden, bevor du alles nur noch schlimmer machst.«
Darryl winkte ab. »Glaub einfach, was du willst. Ich kenne die Wahrheit. Ich weiß, was die Wahrheit ist. Und ich werde den Beweis liefern, dass es die Wahrheit ist ... die einzige Wahrheit.«
»Große Worte von einem kleinen, unbedeutenden Mann«, sagte der andere und lachte.
Darryl sah, dass er etwas in der Hand hielt. »Ist das mein Schwert?«, fragte er.
»O ja, das ist dein Schwert«, bestätigte er. »Es hing so einsam in der Vitrine, dass ich dachte, ich nehme es an mich und leiste ihm ein wenig Gesellschaft.«
»Es ist mein Schwert«, zischte Darryl. »Gib es mir! Du hast kein Recht, es anzufassen!«
»Du willst dein Schwert zurück?«, fragte der andere und wirkte ein wenig überrascht.
»Natürlich will ich das.«
»Gerne doch«, sagte sein Gegenüber.
Noch bevor Darryl reagieren konnte, hatte der andere Mann den rechten Arm gehoben und zwei Schritte nach vorn gemacht. Ungläubig sah er mit an, wie die Spitze der Klinge auf die Rüstung traf, mühelos den Kunststoff durchdrang und sich dann in sein Herz bohrte. Die Wucht des Treffers ließ ihn nach hinten kippen, er landete rücklings auf dem Boden, wovon er nichts merkte, da die Schmerzen in der Brust alles andere überstrahlten.
Dann wurde vor seinen Augen alles schwarz. Das Letzte, was er noch wahrnahm, war die Stimme des anderen Mannes, der seltsam teilnahmslos klang, als er ihm zurief: »Nimm deine Wahrheit mit ins Grab, Darryl Jensen.«
»Sind Sie so weit, Miss Berger?«, fragte Sadi al Faruq, als Alexandra die Tür des Gästehauses öffnete.
Vor ihr stand ein Mann mit leicht dunklem Teint, einem pechschwarzen, makellos gepflegten Vollbart und ebenso schwarzen Haaren, der sie freundlich anlächelte. Al Faruq konnte nicht verleugnen, dass er seine Wurzeln in der arabischen Welt hatte, aber in seiner Heimat verbrachte er nur wenig Zeit. Stattdessen pendelte er zwischen seinen diversen Zweit- und Drittwohnsitzen, zu denen auch Harriman's Hills gehörte, das seit einer Weile auch Alexandras permanentes Zuhause war – und alles nur, weil Kater Brown diesem Mann das Leben gerettet und der ihn aus Dankbarkeit als seinen Leibwächter und Alexandra als Hüterin eben dieses Leibwächters engagiert hatte.
»Wir sind alle bereit, Mr al Faruq«, verkündete sie und machte einen Schritt zur Seite, damit Kater Brown und seine Begleiterin Rasputina an ihr vorbeigehen und das Haus verlassen konnten. Die hintere Tür des luxuriösen Bentleys stand bereits offen, auf der Rückbank hatten al Faruqs Mitarbeiter die maßgeschneiderte Transportbox für den Kater und die Katze befestigt, die die ganze Bank in Anspruch nahm und innen zu allen Seiten dick gepolstert war. Sollte es zu einem Unfall kommen, war so gut wie sichergestellt, dass den beiden Vierbeinern nichts zustoßen würde.
Alexandra musste sich ein Lächeln verkneifen, als die beiden Katzen wie selbstverständlich in die Box sprangen, die trotz allem wie ein Fremdkörper in diesem Wagen wirkte, für den der Scheich vermutlich zwischen drei- und vierhunderttausend Pfund bezahlt hatte. Es war erstaunlich, dass al Faruq freiwillig seinen Wagen zumindest im Innenraum mit einer Katzentransportbox verunstaltete. Aber es war nun mal eine Tatsache, dass er sein Leben dem Kater verdankte, und dafür zeigte er sich auf diese Weise erkenntlich.
Für Alexandra hätte es gar nicht besser kommen können, da sie schon seit einer Weile mit dem Gedanken gespielt hatte, ihren Job als Reisejournalistin aufzugeben. Während ihres Aufenthalts in Greyman's Hollow, einem in einer Bucht gelegenen idyllischen Fischerdorf, hatte sich nicht nur die Anstellung bei Scheich al Faruq ergeben, sondern sie hatte auch noch zusammen mit einer Freundin eine Buchhandlung im Ort übernehmen und sich so einen lange gehegten Traum erfüllen können.
»Wie kommen die Umbauarbeiten in Ihrer Buchhandlung voran?«, wollte der Scheich wissen, kaum dass sich das Tor hinter ihnen geschlossen hatte und er in die Richtung auf die Landstraße eingebogen war, die von Greyman's Hollow wegführte.
»Oh, das weiß ich noch nicht so genau«, sagte sie. »Gestern hat sich der Fußboden vor dem Schaufenster um ein paar Zentimeter abgesenkt. Es scheint darunter einen Hohlraum zu geben, aber der Handwerker konnte noch nicht sagen, ob er den Boden aufreißen muss oder ob sich der Hohlraum auf eine andere Weise auffüllen lässt.«
»Hm, das dürfte aber Ihren Zeitplan durcheinanderbringen, oder nicht?«, fragte er besorgt.
»Ja und nein«, erwiderte sie. »Es kann sein, dass die Eröffnung um ein paar Tage oder vielleicht zwei oder drei Wochen verschoben werden muss. Aber zum Glück hatten Janice und ich noch keinen Termin festgelegt.« Sie seufzte leise. »Allerdings hoffe ich, dass wir rechtzeitig fertig werden, um das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen.«
»Wenn Sie Hilfe oder Unterstützung brauchen«, versicherte al Faruq ihr, »müssen Sie es mir oder Jones nur sagen. Meine rechte Hand hat weitgehende Befugnisse, und wenn es bei Ihnen eng wird, kann sie immer aushelfen.« Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. »Ich nehme an, Sie wissen, dass ich das in finanzieller Hinsicht meine.«
Alexandra lächelte. »Ja, ich weiß, und ich danke Ihnen auch sehr für dieses großzügige Angebot. Aber ich kann es nicht zur Gewohnheit werden lassen, schließlich will ich aus eigener Kraft etwas erreichen. Abgesehen davon dürfte es wohl nicht ganz so teuer werden, diese Senke im Boden zu beseitigen. Das eigentliche Problem ist die Zeit, die das Ganze uns kosten wird, und die kann kein noch so hoher Geldbetrag verkürzen.«
»Sagen Sie das nicht«, entgegnete der Scheich. »Ich zahle Handwerkern in meinem Haus einen Bonus, wenn sie früher als geplant fertig werden. Je eher sie ihre Arbeit abschließen, umso höher fällt der Bonus aus. Sie glauben gar nicht, zu welchen Leistungen diese Leute fähig sind.«
»Hm, wenn das so ist«, meinte Alexandra, »dann sollte ich das bei unseren Handwerkern auch mal versuchen.« Insgeheim war sie aber eher skeptisch, denn ein Bonus in der Höhe, wie der Scheich ihn mühelos zahlen konnte, überstieg ganz sicher ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten.
Eine Weile hing jeder von ihnen seinen Gedanken nach, während die beiden Katzen in ihrer Luxustransportbox schliefen, als würden sie daheim auf dem Sofa liegen. Ein Wunder war das aber nicht, denn der Wagen des Scheichs glitt fast lautlos und so sanft über jedes Schlagloch, dass man meinen konnte, daheim auf dem Sofa zu sitzen. Dazu war es so ruhig, dass man bei der klassischen Musik, die aus den Lautsprechern drang, bei leisen Passagen das Räuspern der Besucher im Konzertsaal hören konnte.
Als vor ihnen ein Wegweiser auftauchte, erklärte al Faruq: »Wundern Sie sich nicht, wenn ich da vorne rechts abbiege. Wir machen auf dem Weg zu meinem Termin noch einen kurzen Abstecher nach Dunston.«
»Ich hätte mich gar nicht gewundert«, gab sie lächelnd zurück, »weil ich da vorn ohnehin rechts abgebogen wäre.«
»Rechts? Um in Richtung Autobahn zu fahren?«, hakte er nach.
»M-hm«, bestätigte Alexandra.
»Jedes Navigationsgerät schickt Sie nach links«, hielt er dagegen.
»Aber ich muss nicht darauf hören«, meinte sie unbekümmert. »Es ist zwar hier in der Gegend manchmal verwirrend, bei so vielen Kurven die Orientierung zu behalten und sich die Richtung zu merken, in die man unterwegs ist. Aber man nimmt viel mehr von seiner Umgebung wahr, wenn man sich selbst darum kümmern muss, wohin man eigentlich fährt.«
»Das glaube ich Ihnen ohne Vorbehalte, Miss Berger«, erwiderte al Faruq. »Aber ich bin selten länger als ein paar Wochen in England. Dann möchte ich möglichst viel Zeit auf meinem Anwesen verbringen, und wenn ich wie heute einen Termin wahrnehmen muss, kann ich mich nicht auf das Wagnis einlassen, eine andere Strecke als die empfohlene zu wählen und dann zu spät zu kommen, weil ich mich hoffnungslos verfahren habe.« Er setzte den Blinker, wartete einen entgegenkommenden Transporter ab und bog dann rechts in Richtung Dunston ab. »Eine von den wenigen Strecken, die ich auswendig kenne, ist genau die hier, weil ich immer mindestens einmal nach Dunston fahre, wenn ich in England bin.«
»Aha«, machte Alexandra nur, da sie sich nicht sicher war, ob sie nach dem Grund für diese regelmäßigen Fahrten fragen sollte oder nicht. Da al Faruq von sich aus nichts weiter sagte, beschloss sie abzuwarten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.
Dunston war eines von vielen Dörfern in der Gegend, in denen man sich nur die Straßenlampen und ein paar andere neuzeitliche Dinge wegdenken musste, und schon stellte sich das Gefühl ein, dass man drei oder vier Jahrhunderte in die Vergangenheit gereist war. Die Hauptstraße war schon damals zu schmal gewesen, um zwei Kutschen aneinander vorbeifahren zu lassen. Es ließ sich weder etwas verbreitern, da die Gehwege zu beiden Seiten schon jetzt sehr schmal waren, und man konnte auch keine Parkplätze wegnehmen und anderswo neue schaffen, weil die verfügbare Breite erst gar keinen Parkstreifen zuließ. Die maximal zweistöckigen Gebäude schienen auf den ersten Blick alle spätestens Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet worden zu sein, wenn man den römischen Jahreszahlen an den unverputzten Holzbalken Glauben schenken durfte. Diese Balken ließen von außen gut erkennen, wo jeweils der Etagenboden zu finden war, womit auch die geringe Deckenhöhe früherer Zeiten offensichtlich war.
Es gab nur eine Handvoll Geschäfte in Dunston, und es waren auch nur wenige Leute auf den Straßen unterwegs. »Auch so ein verschlafenes Nest«, stellte Alexandra fest.
»Das bleibt nicht aus, wenn die Kunden wegbleiben, weil sie lieber im zwei Meilen entfernten Supermarkt einkaufen. Sind die Geschäfte vor der Haustür weg, beginnt das große Jammern, dass man nichts mehr gleich um die Ecke kaufen kann, obwohl man das sowieso schon lange nicht mehr gemacht hat.« Er schüttelte den Kopf. »Seltsame Logik.«
»Das ist nicht nur hier so, Mr al Faruq«, erwiderte Alexandra. »Das kenne ich auch aus meiner deutschen Heimat. Das scheint ein weitverbreitetes Phänomen zu sein, das bei den Leuten im Hirn irgendetwas aussetzen lässt.«
Wieder schüttelte al Faruq den Kopf. »Diese Denkweise werde ich wohl nie verstehen«, murmelte er, setzte den Blinker und bog nach links in eine Gasse ein, die gerade breit genug für den Bentley war. Den Gebäuden links und rechts schlossen sich hohe, dichte Hecken an, und am Ende der Gasse gelangten sie zu einer Art Miniaturmarktplatz, um den herum drei alte Häuser angeordnet waren. Al Faruq lenkte seinen Wagen zum linken Haus, hielt an und stieg aus. Er ging auf die Beifahrerseite und machte erst Alexandra die Tür auf, dann öffnete er die hintere Tür, um die Transportbox zu entriegeln.
»Wohin gehen wir?«, fragte Alexandra, nachdem sie ausgestiegen war und sich hingehockt hatte, um Kater Brown und Rasputina zu streicheln. Beide betrachteten interessiert die neue Umgebung und schienen darauf zu brennen, alles zu erkunden. Dann aber spitzte der Kater die Ohren, sah zum linken Haus und ging zielstrebig darauf zu, während die kleine Katze ihm dicht auf den Fersen blieb.
»Dorthin«, sagte al Faruq und zeigte auf das Geschäft, auf das die beiden Vierbeiner ganz aus eigenem Antrieb Kurs genommen hatten.
»Darryl's Dragon Dungeon?«, las sie vor, was in verschnörkelter Schrift auf dem Schild über dem Schaufenster geschrieben stand. Dann kniff sie die Augen leicht zusammen, um den wesentlich kleineren Text darunter entziffern zu können. »Fantasy in all ihren fantastischen Variationen. Fantasy? Hm, also so was wie Herr der Ringe und Game of Thrones?«, fragte sie.
»Fantasy ist weitaus mehr als nur Herr der Ringe und Game of Thrones«, antwortete al Faruq und klang fast ein wenig beleidigt.
Falls er beleidigt oder verärgert war, konnte sie das sogar nachvollziehen. Wenn es wirklich so war, dass das Genre viel mehr umfasste, dann musste man sich als Kenner fast schon zwangsläufig darüber ärgern, wenn die Leute, die von der Materie keine Ahnung hatten, das Ganze einfach nur auf eine Filmtrilogie und eine Fernsehserie reduzierten – ganz so, wie sie es eben getan hatte.
»Ich hatte die beiden auch nur als Beispiele angeführt«, versuchte sie ihre Äußerung zu rechtfertigen.
Al Faruq grinste sie an. »Meine Verärgerung war nicht gegen Sie gerichtet, Miss Berger. Sie haben Ihre Frage in einem interessierten Tonfall gestellt. Ich musste nur daran denken, wie oft ich schon fast identische Fragen zu hören bekommen habe – allerdings dann in einem Tonfall, der nichts anderes bedeutete als: ›Wie kann man sich nur so einen Mist antun?‹«
»Als Mist würde ich das auch nie bezeichnen«, stellte sie schnell klar. »Ich habe mich nur weder mit Herr der Ringe noch mit Game of Thrones anfreunden können, weil mir Letzteres zu blutrünstig war und ich bei den Filmen das Gefühl hatte, ich hätte erst mal die Bücher lesen sollen, um das alles richtig zu begreifen.«
»Ich habe um beides einen weiten Bogen gemacht«, ließ der Scheich sie wissen.
Alexandra stutzte. »Tatsächlich?«
»Ich habe zuerst die Bücher gelesen und seitdem meine eigenen Bilder von den Figuren und den Landschaften im Kopf, und an die kommen Verfilmungen so gut wie nie heran‟, erklärte er. »Außerdem ärgert es mich immer, wenn man bei der Verfilmung etwas weglässt oder hinzudichtet.«
»Das kann ich gut nachempfinden, weil es mir nicht anders geht«, sagte sie. »Aber grundsätzlich wundert es mich, dass Sie sich überhaupt für Fantasy begeistern.«
»Warum sollte ich das nicht tun?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, aber irgendwie verbinde ich einen steinreichen Mann, der überall auf der Welt Anwesen besitzt, eher mit den Klassikern der Weltliteratur, mit Shakespeare, mit klassischer Musik und so weiter.«
Al Faruq nickte bedächtig. »Ich weiß, was Sie meinen. Ich müsste Shakespeare lesen, Bach und Beethoven hören, stundenlange Streicherquartette genießen. Aber das tue ich alles nicht. Was Klassik angeht, mag ich An der schönen blauen Donau genauso wie die Wilhelm-Tell-Ouvertüre und noch die eine oder andere Komposition mehr. Eigentlich bevorzuge ich aber harte Rockmusik, zum Beispiel AC/DC oder Iron Maiden.«
»Sie sind ein facettenreicher Mann«, musste sie einräumen. »Und Sie passen in kein Klischee.«
»Da bin ich nicht der Einzige«, sagte er. »Wussten Sie, dass der jordanische König Star Trek-Fan ist? Hätten Sie das erwartet?«
»Ist das Ihr Ernst?«, fragte sie nach, weil sie das Gefühl hatte, er wollte sie auf den Arm nehmen.
»Absolut«, bekräftigte al Faruq. »Er hat sogar mal in einer Star Trek-Episode einen kurzen Auftritt gehabt. Da war er zwar noch Prinz, aber das ist ja fast das Gleiche.«
»Das ist ja ... faszinierend«, sagte sie und stutzte, als al Faruq lachte. Dann wurde ihr etwas bewusst. »Ich glaube, ich habe gerade eben Mr Spock zitiert.«
»Genau das haben Sie«, bestätigte er amüsiert. »Und jetzt kommen Sie. Darryl wartet schon auf die Überraschung, die ich ihm mitgebracht habe.«
»Eine Überraschung?«, gab sie zurück, gerade als Kater Brown und Rasputina um die Hausecke verschwanden.
»Ja, aber die liegt im Kofferraum.« Er deutete auf seinen Wagen. »Reintragen darf Darryl sie selbst.«
Sie gingen am Schaufenster vorbei, das mit Büchern und vor allem mit kunstvollen Miniaturen von feuerspeienden Drachen, muskelbepackten Männern mit gewaltigen Schwertern und spärlich bekleideten Frauen dekoriert war, von denen erstaunlich viele ebenfalls todbringende Schwerter und Äxte in den Händen hielten.
»Es ist noch alles dunkel«, stellte Alexandra fest, als sie versuchte, etwas von der Dekoration im Laden zu sehen. »Scheint noch geschlossen zu sein.«
»Darryl öffnet erst am Nachmittag für Kunden oder nach telefonischer Vereinbarung«, erklärte der Scheich. »Es lohnt sich nicht, den ganzen Tag das Geschäft offen zu halten, wenn die Kundschaft erst nach dem eigenen Feierabend herkommt. So hat er den Tag über Zeit, um Online-Bestellungen zusammenzustellen und zur Post zu bringen. Aber ich habe gestern angerufen und Bescheid gesagt, dass ich zwischen elf und zwölf Uhr vorbeikommen werde. Wir müssen also nur klopfen, dann wird er uns aufschließen.«
Schon als der Scheich ihnen die Transportbox geöffnet hatte und Rasputina und er den Wagen verlassen hatten, war Kater Brown aufgefallen, dass etwas nicht stimmte. Er konnte den Tod wittern, aber nicht den Tod, der erst nahte, sondern den, der bereits eingetreten war. Zielstrebig ging er zum ersten Haus und sah hinter sich, um sich zu vergewissern, dass Rasputina bei ihm war. Vor der Tür mit dem roten Rahmen blieb er kurz stehen, dann ging er um das Haus herum in den Garten. Dabei scheuchte er zwei Elstern auf, die sich um ein erbeutetes Stück Brot stritten, während etwas weiter entfernt eine Amsel wegen der Elstern zeterte. Als sie Kater Brown und seine Begleiterin entdeckte, wurde ihr Tonfall noch aufgeregter. Die Elstern suchten das Weite, die Amsel blieb in der Nähe, vermutlich weil sie sich das Brot holen wollte, wenn keine Gefahr mehr drohte.
Kater Brown entdeckte die Tür, die von dieser Seite ins Haus führte, aber der Versuch, sie mit der Pfote aufzuziehen, führte zu nichts. Außen gab es auch nur einen Türknauf, sodass er nicht springen und sich an der Türklinke festklammern konnte, um sie nach unten zu bewegen. Er betrachtete die Rückseite des Gebäudes, aber außer einem schmalen Oberlicht über der Tür, das nach innen aufgekippt war, schien es keinen Weg hinein zu geben. Dieses Oberlicht war jedoch eindeutig zu schmal für ihn. Der Sprung bis zur Unterkante wäre kein Problem gewesen, aber danach hätte er sich nach drinnen ziehen müssen, und dafür war einfach nicht Platz genug – jedenfalls nicht für ihn. Eine kleinere, zierliche Katze hätte damit kein Problem, und wie der Zufall es wollte, leistete ihm genau eine solche Katze in diesem Moment Gesellschaft.
Rasputina musste sich nicht erst noch erklären lassen, was er von ihr wollte, sondern fixierte den schmalen Spalt über der Tür. Kater Brown ging auf die Hinterbeine und stützte sich mit den Vorderpfoten an der Tür ab. Dann senkte er den Kopf, und gleich darauf nahm die kleine Katze Anlauf, sprang auf seine Schultern und nutzte den Schwung, um sich sofort wieder abzustoßen und die Entfernung bis zum Oberlicht zu überwinden.
Kater Brown stieß sich von der Tür ab und machte zwei Schritte nach hinten. Dabei konnte er beobachten, wie Rasputina sich durch den Spalt zog, auf dem gekippten Oberlicht balancierte und dann nach links sprang. Aufmerksam lauschte er und konnte hören, wie sie von drinnen zunächst an der Tür kratzte, die vielleicht nur ein wenig klemmte und deshalb womöglich schnell aufging, wenn man nur ein wenig Druck ausübte.
Doch das geschah nicht. Stattdessen hörte er sie ein paar Mal gegen die Tür springen – jedes Mal ein bisschen höher als zuvor. Vermutlich tastete sie sich heran und wollte herausfinden, wie hoch sie springen musste, um mit genug Wucht auf der Türklinke zu landen, damit sie die nach unten drücken und so die Tür öffnen konnte.
Geduldig wartete Kater Brown, bis auf einmal ein vielversprechendes Klicken ertönte. Dann ging die Tür langsam nach innen auf, bis er durch den schmalen Spalt Rasputinas Kopf sehen konnte. Er öffnete die Tür und betrat das Haus. Es roch nach Blut, und der Geruch kam von vorn aus dem Geschäft, in das der Scheich und Alexandra wollten. Rasputina folgte ihm mit etwas Abstand, wohl weil der Blutgeruch sie irritierte. Das war auch nicht weiter verwunderlich, denn sie hatte viel weniger Erfahrung mit Menschen, die von anderen Menschen getötet worden waren. Für ihn war das hier Routine, während es für sie immer noch Neuland darstellte.
Er durchschritt den Türvorhang aus bunten Perlen, der den Flur vom Laden abteilte, und kümmerte sich nicht weiter um das leise Klackern der Perlen, die durch die Bewegung aneinanderschlugen. Rasputina dagegen blieb stehen und lauschte interessiert auf jedes Geräusch, das der Vorhang von sich gab.
Kater Brown ging noch ein Stück weiter, sah sich um, dann entdeckte er den Toten und ging prompt in Richtung Eingangstür, wo Alexandra und der Scheich standen und zu überlegen schienen, was sie tun sollten.
»Da drinnen rührt sich überhaupt nichts. Was sollen wir jetzt machen?«, fragte Alexandra, nachdem sie geklopft und geklingelt und schließlich sogar vergeblich die »Rufnummer für Notfälle« angerufen hatten, die auf einem Zettel unten am Rand des Schaufensters gegen die Glasscheibe geklebt worden war. »Warten wir auf Mr Jensens Rückkehr?«
Al Faruq schüttelte gemächlich den Kopf. »Das dürfte ein zeitraubendes Unterfangen werden. Offenbar hat er meinen Termin bei ihm vergessen, sonst hätte er mir Bescheid gesagt, dass ich mir die Fahrt hierhin sparen kann. Vermutlich musste er zum Zoll, um Lieferungen abzuholen. Ich kann nicht so lange warten, bis er zurück ist, da ich noch einen anderen wichtigen Termin wahrnehmen muss. Ich werde ihm eine Notiz unter der Tür durchschieben, damit er mich anruft, sobald er wieder im Geschäft ist.« Während er redete, wandte er sich zum Gehen.