Koffer voller Kapriolen - Karen Sell - E-Book

Koffer voller Kapriolen E-Book

Karen Sell

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Beschreibung

Wer diesen Koffer öffnet, dem kommt eine Menge guter Laune entgegen. Im Inneren sind nämlich allerhand fröhliche Geschichten gestapelt. Sie passieren, wenn das Leben mal wieder ausgelassene Kapriolen schlägt und übermütig Schabernack treibt. Mit großer Freude am Schreiben und einer ordentlichen Prise Humor entstehen dann unterhaltsame, heitere Geschichten, die viel Spaß beim Lesen machen.

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Inhalt

Drachen und Feuerspucker

Ein Geist im Tank

Menschen, Masken, Milch und Rampen

Nackenhaarnotfall

Hygienemalheur

Weihnachten zum Haare raufen

Karpfen, Krapfen, Stichlinge

Was für ein Drama!

Von der, deren Namen ich nicht nennen will

Natur in der Stadt

Mütter und Falten

Keine Oma

Fabelwesen

Hauskauf mit Folgen

Von halbvollen Gläsern

God save the King

Fünftausend Gramm

Das Rübenroder-Nachthemd – Teil 1

Das Rübenroder-Nachthemd – Teil 2

Der Käsemann

Der Schweinehund weiß wohl Bescheid

Fußstapfen

Scheinbar flüssig

Männer

Märchenhafte Weihnachten

Circumstances ohne Pomp und das Lachen der Hyänen

1

Drachen und Feuerspucker

Ich habe Freunde in der Sonne besucht. Es war wunderbar. Viel Spaß, schöne Gespräche, lautes Lachen und wunderbar erfrischendes Schwimmen im Meer.

Und Sonnenbaden.

Ein klitzekleines bisschen nur.

Ich habe die Liege zur Sonne gedreht, die Augen geschlossen und die Stille genossen. Ab und an riefen meine Freunde, ich solle lieber in den Schatten kommen, aber Schatten habe ich zu Hause. Ich blieb auch gar nicht lange liegen, zwanzig Minuten vielleicht oder eine halbe Stunde. Es war so bequem. Und ein leichter Wind machte das Ganze zu einer ausgesprochen entspannten Angelegenheit.

Als ich später mit putenkehllappenrotem Gesicht ins Haus kam, rissen meine Freunde die Augen auf und waren nah dran, ein Foto für ihre Sammlung besonderer Kuriositäten und Absonderlichkeiten zu machen. Ich konnte es knapp verhindern. Natürlich nahm ich die Schadenfreude in ihrem Gekicher wahr. Ja doch, sie hatten mir ausdrücklich nahegelegt, in den Schatten umzuziehen.

Eine Weile dachte ich noch, es seien trotzdem richtig gute Freunde, mitfühlende, die mich angesichts meines schmerzhaften, nun rot leuchtenden Gesichts bedauerten. Ich dachte das allerdings nur so lange, bis uns dieser kleine Junge auf der Strandpromenade begegnete. Schnurstracks lief er auf mich zu.

»Weißt du was?«, begann er munter, und ich fragte mich, warum er ausgerechnet mich als Gesprächspartnerin erkoren hatte. Vielleicht hatte er aber instinktiv erkannt, dass ich kleine Kinder sehr gern mag, sie ernstnehme und ihnen aufmerksam zuhöre.

»Was denn?«, fragte ich höflich nach.

»Da drüben, da zuhaus«, er zeigte auf ein Reetdachhäuschen an der nächsten Straßenecke, »da haben wir einen Drachen, einen tollen Drachen.«

»Oh«, gab ich mich erstaunt und hakte nach: »Einen Drachen zum Steigenlassen oder ein Tier?«

»Einen richtigen Drachen«, erläuterte er und ließ keinen Zweifel daran, dass das Untier feuerrote Flammen spucken konnte.

»Au weia«, zeigte ich mich ängstlich. »Der ist bestimmt gefährlich!«

»Nein«, lachte mich der Kleine aus. »Das ist nur ein Spielzeugdrachen«, rief er laut und hüpfte fröhlich von dannen.

Na Gott sei Dank, dachte ich und lächelte dem Kleinen selig hinterher. Und dann spürte ich, wie meine Freundin Kathrin mich frech von der Seite ansah.

»Was?«, fragte ich.

Sie wisse genau, gab sie sich oberschlau, warum der Knirps ausgerechnet mit mir das Gespräch gesucht habe.

»Und warum?«, fragte ich ungehalten. Ich ahnte Übles, weil sie doch ein wenig hämisch grinste.

»Als er dich und dein feuerrotes Gesicht gesehen hat, konnte er gar nicht anders, als an seinen grimmigen, furchterregenden Drachen zu denken.«

Sie lachte schallend.

Empört sah ich sie an, meine Zornesfalte glühte. Die Blöde. Die soll mal froh sein, dass ich nur ein rotes Gesicht habe und nicht Feuer spucken kann. Das würde nicht gut für sie ausgehen, das steht aber fest.

2

Ein Geist im Tank

Schlimm genug, dass ich ein neues Auto brauchte. Mein altes war mir ans Herz gewachsen, vor allem wegen der Farbe. Nein, es geht hier keineswegs darum, ein Frauenklischee zu erfüllen. Aber mein Auto war bicolor. Unten glänzte es cremefarben und das Dach leuchtete in einem brillanten Rot. »Vanillepudding mit Himbeersaft« nannte ich es liebevoll. Aber auch Pudding ist vergänglich. Je weiter die Kilometerzahl nach oben kletterte, umso unruhiger wurde ich. Der Motor hatte inzwischen einen unverwechselbaren, ureigenen Sound. Unter Tausenden Autos hätte ich ihn mit geschlossenen Augen herausgehört. Immer wieder zögerte ich den Abschied hinaus, obwohl ich längst wusste, dass unsere Trennung kurz bevorstand. Schließlich war da noch mein Garagennachbar. Der zog beim Klang dieses einmaligen Motorensounds alarmiert seine Augenbrauen hoch. Und er rang sichtlich um Fassung, als ich bemerkte, dass Probleme, die von selbst kommen, auch von selbst verschwänden.

Es half nichts. Ich musste in den sauren Apfel beißen und mich von meinem geliebten »Vanillepudding mit Himbeersaft« verabschieden. Nun sollte es schnell gehen. Ich hatte nur wenige Vorgaben im Kopf. Zuallererst musste das neue Auto einfach in seiner Bedienung sein, wobei … was konnte schon schwierig werden? Ich habe im Laufe meines langen Lebens schon hinter vielen Lenkrädern gesessen. Es gab wichtigere Kriterien, zum Beispiel, dass das Auto auch hinten Türen hat, damit Mama und Papa einsteigen können, statt mit akrobatischen Verrenkungen die Rückbank zu erklimmen. Der Kofferraum sollte geräumig und ein Kaffeehalter vorhanden sein. Und gratzegrün dürfte das Auto sein oder sonnengelb oder metallisch leuchten. Wieder zweifarbig wäre hübsch, gern auch drei- oder vierfarbig.

Nun. Es wurde ein graues. Ich liebe es jetzt schon sehr, nicht zuletzt wegen seiner Zuverlässigkeit und seiner einfachen Bedienbarkeit. Ich habe auch erst ein einziges Mal versehentlich den Notruf betätigt, als ich versuchte, während der Fahrt das Innenlicht einzuschalten. Mit dem Außenlicht hadere ich noch ein wenig. Es leuchtet selbst dann, wenn ich das Licht gar nicht anschalte. Aber das muss so. Ich komme mit dem Fensterheber klar, habe herausgefunden, wann sich die Scheibe nur ein Stück weit herabsenkt und wann sie komplett in der Versenkung verschwindet. Ich kriege auch noch raus, wann der Blinker nur dreimal und wann er dauerhaft blinkt. Ein tolles Auto. Voller Wunder der Technik. Aber ich bin ja auch eine so intuitive Anwenderin von Technik. Liegt mir irgendwie im Blut.

Nun blinkt es orange, der Tank leert sich. Ich stehe an der Tanksäule, wie tausend Mal schon in meinem Leben. Intuitiv drücke ich auf die Tankklappe. Sie öffnet sich nicht. Ich drücke rechts und links, oben und unten und mittig. Komisch. Obwohl niemand da ist, fühle ich mich beobachtet. Ich knete die Tankklappe durch, wie ich sonst nur Hefeteig knete. Langsam wird mir die Sache peinlich. Ich sehe mich unauffällig um, strecke so beiläufig wie möglich den Kopf in die Luft und pfeife ein Liedchen. Hurtig springe ich ins Auto und sause heim. Bis nach Hause schaffe ich es mit dem Benzinrest locker. Vor der Garage stehend, greife ich ins Handschuhfach und zücke die Bedienungsanleitung. Dort ist der Vorgang des Tankens exakt beschrieben, angefangen mit der Öffnung des Tankdeckels. Ganz genauso war ich vorgegangen. Ich will es noch einmal probieren, steige aus, drücke auf den Tankdeckel und fixdiwux federt die Klappe auf. Na, so was!

Am nächsten Tag rolle ich frohgemut auf die Tankstelle, habe schon voller Zuversicht den Zapfhahn in der Hand und drücke auf die Tankklappe. Nix. Das kann doch nicht wahr sein. Wütend sperre ich das Auto wieder auf, lasse mich auf den Beifahrersitz fallen, ziehe die Anleitung aus dem Handschuhfach, nur um noch einmal zu lesen, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich probiere es erneut, und fixdiwux federt die Klappe auf. Staunend schüttele ich den Kopf, mache aber kein großes Bohei, tanke, zahle und verschwinde. Kurzzeitig denke ich noch, es könnte vielleicht eine Schraube am Scharnier verklemmt gewesen sein. Als mir das Ganze aber ein drittes Mal passiert, bin ich überzeugt, dass es spukt. Unheimliche Kräfte sind am Werk. Da sitzt ein Geist in meinem Tank und hält von innen die Klappe zu. Das steht aber mal sowas von fest!

Weil gerade kein parapsychologischer Experte in der Nähe ist, erzähle ich meinem Lieblingssohn von meinen rätselhaften Erlebnissen an der Zapfsäule. Er lässt mich gar nicht ausreden. Ob das Auto verschlossen gewesen sei, als ich versucht habe zu tanken, will er wissen. Mehr muss er gar nicht sagen. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Verflixte Technik. Wer ist und warum überhaupt auf die Idee gekommen, Tankverschlüsse mit der Zentralverriegelung zu koppeln?

Ach, wie anders war doch alles damals – zu Zeiten von »Vanillepudding mit Himbeersaft«.

3

Menschen, Masken, Milch und Rampen

Es soll ja Menschen geben, die können einen Trecker nicht von einem Auto unterscheiden. Mein Papa gehört eigentlich nicht zu diesen Menschen. Er ist nämlich Bauer. Aber er ist über neunzig Jahre alt, da können Dinge passieren. Ich würde ihm ja von Herzen gönnen, den lieben langen Tag mit anderen alten Männern auf der Milchrampe zu sitzen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Aber das geht nicht. Mein Vater hat nämlich erstens Hummeln im Hintern und zweitens gibt es keine Milchrampe mehr bei uns im Dorf. Wer weiß überhaupt noch, was das ist? Wer kann sich erinnern, dass die frisch gemolkene Milch früher in große Metallkannen geschüttet wurde, die dann zum Sammelplatz gebracht werden mussten, bevor der Laster von der Molkerei sie abholte? Was für eine Plackerei! Ich erinnere mich noch genau, dass meine Mama einmal eine nagelneue, große, grüne Holzkarre zum Geburtstag bekommen hat. Nun konnte sie die Kannen ganz komfortabel zur Rampe schieben. Manchmal durfte ich währenddessen vorn auf der Kante sitzen und meine Beine baumeln lassen. Was für ein Spaß! Und wie sehr hat Mama die Karre gefallen. Ach ja, Zeiten ändern sich. Früher löste ein Geschenk Begeisterung aus, wenn es sich dabei um ein praktisches