Kommunalverfassung in Mecklenburg-Vorpommern - Welf Sundermann - E-Book

Kommunalverfassung in Mecklenburg-Vorpommern E-Book

Welf Sundermann

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Beschreibung

"Die vollständig neu bearbeitete Ausgabe beruht auf der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Juli 2011 und der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung vom 9. Mai 2012. Das Buch stellt das Kommunalverfassungsrecht themenbezogen dar und folgt dabei den einschlägigen Lehr- und Stoffverteilungsplänen. Als Lehr- und Lernbuch für Studenten an Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung und Teilnehmende an den Aus- und Weiterbildungslehrgängen des kommunalen Studieninstituts Mecklenburg-Vorpommern bietet das Werk einen Einstieg und Überblick zum Kommunalrecht dieses Bundeslandes. Aber auch die Praktiker in der Kommunalverwaltung und die Mitglieder in den politischen Geremien finden in diesem Band Hinweise für ihre tägliche Arbeit. Zahlreiche Schaubilder unterstützen die ausbildungs- und praxisgerechte Vermittlung des Stoffes."

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WELF SUNDERMANN

KOMMUNALVERFASSUNG INMECKLENBURG-VORPOMMERN

SCHRIFTENREIHEDVP LEHRBUCH

WELF SUNDERMANN

KOMMUNALVERFASSUNG IN MECKLENBURG-VORPOMMERN

2., ÜBERARBEITETE UND AKTUALISIERTE AUFLAGE

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN 978-3-7869-0974-3

ISBN 978-3-7869-0865-4

2., überarbeitete und aktualisierte Auflage

© 2012 und 2013 by Maximilian Verlag, Hamburg

Ein Unternehmen der Tamm Media

Alle Rechte vorbehalten

Layout: Nicole Marquardt, Produktion: Anita Böning

INHALT

VORWORT

I    GRUNDLAGEN DER KOMMUNALEN SELBSTVERWALTUNG

1

Begrifflichkeiten

2

Garantien der gemeindlichen Selbstverwaltung

3

Verfassungsrechtliche Schranken der kommunalen Selbstverwaltung

4

Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung

5

Die kommunalen Körperschaften als juristische Personen

II   AUFGABEN DER KOMMUNALEN KÖRPERSCHAFTEN

1

Grundlagen

2

Die Einteilung der Aufgaben nach ihrer Rechtsnatur am Beispiel der Gemeinden

3

Neue Wege der Aufgabenerfüllung

III  EINWOHNER UND BÜRGER

1

Begriffe

2

Rechte und Pflichten der Einwohner und Bürger

3

Bürgerbegehren/Vertreterbegehren/Bürgerentscheid

IV GEMEINDEGEBIET

1

Gebietsbestand

2

Gebietsänderung

3

Gebietsgliederung

V GEMEINDEVERTRETUNG

1

Wahl der Gemeindevertretung

2

Rechte und Pflichten der Mitglieder der Gemeindevertretung

3

Konstituierung der Gemeindevertretung

4

Verfahren in der Gemeindevertretung

5

Geschäftsordnung der Gemeindevertretung

6

Zuständigkeiten der Gemeindevertretung

7

Ausführung der Beschlüsse der Gemeindevertretung

VI  AUSSCHÜSSE DER GEMEINDEVERTRETUNG

1

Funktion und Arten der Ausschüsse

2

Zusammensetzung und Bildung der Ausschüsse

3

Rechte und Pflichten der Ausschussmitglieder

4

Verfahren in den Ausschüssen

5

Pflichtausschüsse nach der Kommunalverfassung

VII BÜRGERMEISTER, BEIGEORDNETE

1

Wahl der Bürgermeister

2

Aufgaben des hauptamtlichen Bürgermeisters

3

Beigeordnete

VIII SATZUNGEN DER GEMEINDE

1

Begriff, Arten

2

Zustandekommen, Rechtsschutz

3

Die Hauptsatzung

IX  STAATSAUFSICHT

1

Zweck, Arten

2

Aufsichtsbehörden

3

Aufsichtsmittel, Rechtsschutz

X AMTSANGEHÖRIGE GEMEINDEN

XI  ÄMTER

1

Rechtsstellung und Funktion der Ämter

2

Amtsausschuss

3

Amtsvorsteher

4

Leitender Verwaltungsbeamter

XII LANDKREISE

1

Rechtsstellung, Mitglieder

2

Aufgaben, Finanzierung

3

Kreistag

4

Kreisausschuss und weitere Ausschüsse

5

Landrat

XIII KOMMUNALE ZUSAMMENARBEIT

1

Zweckverbände

2

Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

3

Verwaltungsgemeinschaften und gemeinsame Kommunalunternehmen

XIV KOMMUNALVERFASSUNGSSTREIT

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

STICHWORTVERZEICHNIS

VORWORT

Mit dem vorliegenden Band wird die Vorauflage aus dem Jahre 1998 völlig neu gestaltet und aktualisiert. Die ursprüngliche Aufbereitung des Kommunalverfassungsrechts in Frage und Antwort (Repetitorium) wird durch eine themenbezogene Darstellung in der Form eines Lehrbuches abgelöst.

Die Ausführungen folgen den einschlägigen Lehr- und Stoffverteilungsplänen. Dabei liegt das Schwergewicht dieses Buches auf dem Gemeindeverfassungsrecht. Aber auch das Recht der Landkreise, Ämter und kommunalen Zweckverbände findet angemessene Berücksichtigung. Die eingestreuten Schaubilder und Grafiken sollen einige grundsätzliche Regelungszusammenhänge veranschaulichen oder zusätzliche Informationen bieten.

Erfahrungen des Autors aus Lehr- und Prüfungstätigkeit in Mecklenburg-Vorpommern seit 1990, vor allem aber aus seiner jahrzehntelangen Mitgliedschaft in Prüfungsausschüssen kommunaler Studieninstitute und einer Prüfungskommission für die Staatsprüfung für den gehobenen Dienst in Nordrhein-Westfalen haben die Auswahl der Problem- und Fragestellungen sowie deren Lösungen und Beantwortung beeinflusst.

Das Buch richtet sich in erster Linie an Lernende am kommunalen Studieninstitut Mecklenburg-Vorpommern (Verwaltungsfachangestellte, Angestellten-Lehrgänge und Verwaltungsfachwirt-Lehrgänge). Es eignet sich aber auch zum Studium an Verwaltungs-Fachhochschulen.

Als Informationsquelle für die Mitarbeit in den kommunalen Vertretungskörperschaften und ihren Ausschüssen könnte das Buch darüber hinaus für die politischen Mandatsträger von Interesse sein.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde durchgehend die männliche Form verwendet. Es gilt selbstverständlich auch hier die weibliche Form, so wie sie von der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern gebraucht wird.

Der Autor hofft, dass sein Buch dem Verwaltungsnachwuchs nützlich und allen anderen, die einen Überblick über das Kommunalverfassungsrecht in Mecklenburg-Vorpommern gewinnen möchten, dienlich sein kann.

Gütersloh, im August 2012

Welf Sundermann

I         GRUNDLAGEN DER KOMMUNALEN SELBSTVERWALTUNG

1         Begrifflichkeiten

1

Gemeinderecht ist die Summe aller Rechtsvorschriften, durch die

– die Organisation der Gemeinden

– ihre Stellung innerhalb des Staates

– ihre öffentlich-rechtlichen Zuständigkeiten und

– ihre Teilnahme am Privatrechtsverkehr

geregelt werden.

2

Kommunalrecht ist die Erweiterung des Gemeinderechts um das entsprechende Recht der Gemeindeverbände (Ämter, Landkreise, Zweckverbände).

3

Kommunalverfassungsrecht ist das

Verfassungsrecht der kommunalen Körperschaften.

4

Kommunale Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern sind die

– Gemeinden (806)

– Ämter (78)

– Landkreise (6)

– Zweckverbände.

5

Die Gemeinden werden noch einmal unterteilt (§ 7 KV).

6

Von der in Art. 75 LV vorgesehenen Möglichkeit, durch Gesetz Landschaftsverbände mit dem Recht auf Selbstverwaltung zu errichten zur Pflege und Förderung insbesondere geschichtlicher, kultureller und landschaftlicher Besonderheiten, hat das Land bislang keinen Gebrauch gemacht.

7

Das Verfassungsrecht der kommunalen Körperschaften besteht (ähnlich dem Staatsverfassungsrecht) aus den grundlegenden Regelungen über

– die Rechte und Pflichten der Mitglieder (Einwohner, Bürger)

– das Gebiet

– die Symbole (Wappen, Flagge)

– die Aufgaben

– die Rechtsetzungsbefugnis

– die Organe

– die Finanzen

– die wirtschaftliche Betätigung

– die Staatsaufsicht.

8

Die entsprechenden Regelungen darüber finden sich in der Kommunalverfassung (KV-MV) mit ihren Teilen:

– Gemeindeordnung (Teil 1)

– Landkreisordnung (Teil 2)

– Amtsordnung (Teil 3)

– Kommunale Zusammenarbeit (Teil 4)

– Schlussvorschriften (Teil 5).

Kommunal VerfassungsrechtVerfassungsrechtderkommunalen Körperschaften Kommunalverfassung M-V  Gemeindeordnung (Teil 1) G e m e i n d e nLandkreisordnung (Teil 2) L a n d k r e i s eAmtsordnung (Teil 3) Ä m t e rKommunale Zusammenarbeit (Teil 4) Z w e c k v e r b ä n d e

Die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht liegt bei den Ländern (Art. 70 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass das Grundgesetz dem Bund eine allgemeine Zuständigkeit für den Bereich der Gemeinden nicht einräumt (BVerfGE 26, 172) und ein unmittelbares Recht zum Durchgriff auf die Gemeinden fehlt.

Dennoch enthält das Grundgesetz einige wichtige die Gemeinden betreffende Bestimmungen:

– die Verfassungsgarantie für die kommunale Selbstverwaltung, Art. 28 II GG

– die kommunale Verfassungsbeschwerde, Art. 93 I Nr. 4b GG

– die kommunale Ertragskompetenz, Art. 106 V, Va, VI GG

– die Ermächtigung zur Beschränkung der Wählbarkeit von Beamten und Angestellten in den Gemeinden, Art. 137 I GG

– das Verbot der Aufgabenübertragung auf die Gemeinden durch Bundesgesetz, Art. 84 I 7 und Art. 85 I S. 2 GG.

9

Der Begriff »Kommunale Selbstverwaltung« lässt sich nicht einheitlich definieren. Man unterscheidet traditionell

10

– die Selbstverwaltung im politischen Sinne oder bürgerschaftliche Selbstverwaltung. Sie ist gekennzeichnet durch die entscheidende Mitwirkung ehrenamtlicher Kräfte aus der Bevölkerung an der Verwaltung. Diese entscheidende Mitwirkung äußert sich u.a. durch

• die Mitgliedschaft von Bürgern in der Gemeindevertretung

• die Mitgliedschaft von sachkundigen Bürgern und Einwohnern in Ausschüssen der Gemeindevertretung

• und durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide.

Ihr Gegenstück ist die rein hauptamtliche Verwaltung (Berufsbeamtentum). Verfassungsrechtlichen Ausdruck findet die bürgerschaftliche Selbstverwaltung in Art. 28 I 2 GG, Art. 72 II LV M-V).

11

– die Selbstverwaltung im juristischen Sinne oder körperschaftliche Selbstverwaltung; das ist die Verwaltung der Gemeinde durch ihre eigenen Organe (Gemeindevertretung, Bürgermeister) und unter eigener Willensbildung. Dieser Selbstverwaltungsbegriff wurzelt in Art. 28 II 1 GG, Art. 72 I LV, § 1 II KV. Das Gegenstück dazu wäre die Gemeinde als staatliche Verwaltungsbehörde (untere Landesbehörde).

Das Erscheinungsbild der kommunalen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland vereinigt die Elemente beider Selbstverwaltungsbegriffe.

Kommunale Selbstverwaltung liegt somit vor, wenn nichtstaatliche Gebietskörperschaften ihre Angelegenheiten durch eigene, zumindest teilweise aus ehrenamtlichen Kräften zusammengesetzte und demokratisch gewählte Organe in eigener Verantwortung regeln.

Die Funktion der kommunalen Selbstverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht einmal so beschrieben:

»Kommunale Selbstverwaltung – wie sie heute verstanden wird – bedeutet ihrem Wesen und ihrer Intention nach Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammenschließt mit dem Ziel, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren« (BVerfGE 11, 266/275 f.).

12

Im Einzelnen werden folgende Funktionen allgemein genannt:

– Demokratiefunktion –die Gemeinden stellen die Grundlagen des demokratischen Staatsaufbaus dar; sie sind die »Keimzelle der Demokratie«; sie bilden die unterste Stufe unserer gegliederten Demokratie (vg. Art. 3 II LV). »Kommunale Selbstverwaltung zielt darauf ab, die Bürger für die Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten zu aktivieren; geprägt durch die bürgerschaftlich-demokratische Komponente der ehrenamtlichen Mitwirkung…« (LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 18.8.2011 (DVP 2012, S. 123 ff.-125).

– Integrationsfunktion –auf gemeindlicher Ebene wird der Bürger am ehesten zur Mitarbeit für das Gemeinwesen gewonnen und an der Ausübung von Staatsgewalt entscheidend beteiligt.

»Die Eigenständigkeit der Gemeinde als Rahmen für die eigenverantwortliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben hatte ursprünglich und hat noch heute den Sinn, den einzelnen Bürger als Glied der Gemeinschaft zu aktivieren und zu integrieren, den Gegensatz zwischen Gesellschaft und Staat zu überbrücken, die innere Identifikation zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt zu fördern und damit eine der wesentlichsten Grundlagen für eine funktionsfähige, lebendige Demokratie zu entwickeln« (BVerfGE 11,275).

Die kommunale Selbstverwaltung ist Teil der öffentlichen Verwaltung, der Staatsverwaltung. Ihre Träger, die kommunalen Körperschaften, sind dem Staat eingegliederte Körperschaften des öffentlichen Rechts. Angesichts des zweistufigen Staatsaufbaus (Bund und Länder) und der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Kommunalrecht ist die kommunale Selbstverwaltung Teil der Landesverwaltung (vgl. Art. 69 LV, § 9 LOG).

Werden

– Aufgaben des Landes

– durch landeseigene Behörden

– mit landeseigenem Personal

13

ausgeführt, spricht man von unmittelbarer Landesverwaltung (vgl. § 2 LOG M-V).

Werden

– öffentliche Aufgaben

– durch Selbstverwaltungsträger

– mit eigenem Personal

14

erledigt, spricht man von mittelbarer Landesverwaltung (vgl. § 2 LOG M-V).

Wenn das Bundesverwaltungsgericht (DÖV 1984, 164 ff.) feststellt, die Gemeinden seien Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, soll damit verdeutlicht werden, dass auch die kommunale Selbstverwaltung

– bei aller Eigenständigkeit– in die Staatsverwaltung eingebunden bleibt.

15

Kommunale Selbstverwaltung ist somit dezentralisierte Staatsverwaltung (vgl. § 3 LOG M-V).

Neben den Trägern der kommunalen Selbstverwaltung gibt es zahlreiche andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, auf die die Merkmale der mittelbaren Staatsverwaltung zutreffen (die vielen Kammern – IHK, Handwerkskammer, Rechtsanwaltskammer, Apothekerkammer usw. –, die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, die Träger der Sozialversicherung, die Universitäten, die öffentlichrechtlichen Stiftungen …).

Der Unterschied zur kommunalen Selbstverwaltung besteht aber vor allem darin,

– dass es sich bei der funktionalen Selbstverwaltung um die Erledigung einzelner Aufgaben (Funktionen) handelt, während für die kommunale Selbstverwaltung der Grundsatz der Allzuständigkeit (Gemeinden und Landkreise) gilt und

– dass die kommunale Selbstverwaltung eine verfassungsrechtliche Garantie genießt (Art. 28 II GG), während die Träger der funktionalen Selbstverwaltung nur eine begrenzte verfassungsrechtliche, überwiegend auch nur einfach-gesetzliche Absicherung erfahren.

2         Garantien der gemeindlichen Selbstverwaltung

Art. 28 II 1 GG enthält insgesamt die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung, die sich in verschiedene Einzelgarantien ausfächert. Diese Einzelgarantien werden aus bestimmten Formulierungen des Verfassungstextes abgeleitet:

16

Existenzgarantie

Sie sichert den Bestand der Gemeinden als Einrichtung (Institution); es muss Gemeinden geben. Der Bestand der einzelnen Gemeinden steht zur Disposition des Landesgesetzgebers (z.B. kommunale Gebietsreform). Das Grundgesetz gibt also keine individuelle Existenzgarantie. Das Vorliegen von »Gründen des öffentlichen Wohls« (s. § 11 I 1 KV) für Gebietsänderungen ist eine Voraussetzung, die schon in der Existenzgarantie wurzelt.

17

Garantie der Allzuständigkeit

Die nähere inhaltliche Festlegung der Allzuständigkeitsklausel ist Gegenstand lebhafter Diskussionen in der kommunalrechtlichen Literatur.

Mit »Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft« wird dem herrschenden Verständnis gemäß zumindest

– der eigenständige, verfassungsgesetzlich garantierte Aufgabenbereich der Gemeinden bezeichnet, an den

– der einfach-gesetzlich festzulegende Kompetenzbereich der Landkreise angrenzt (§ 89 I KV), für den ebenfalls eine Allzuständigkeitsklausel formuliert wird (gestufte Allzuständigkeit)

und

– der zugleich den Bereich der staatlichen Aufgaben ausgrenzt.

Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

definiert das Bundesverfassungsgericht als

»diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und –wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungsund Finanzkraft der Gemeinden kommt es hierfür nicht an« (BVerfGE 79, 127).

Örtliche Gemeinschaft wiederum ist die auf begrenztem Gebiet entstandene und gewachsene, kulturell, sozial und wirtschaftlich bestimmte, durch nachbarschaftliche Verbundenheit geprägte lokale Lebensund Wohngemeinschaft, die ein Bürgerbewusstsein fördert und möglich macht.

18

Aus der Verfassungsgarantie der gemeindlichen Verbandskompetenz (= Aufgabenzuständigkeit) im Unterschied zu den nur gesetzlich beschriebenen Aufgaben der Landkreise folgt ein

– Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden gegenüber den Landkreisen und eine

– Zuständigkeitsvermutung zugunsten der Gemeinden.

Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft werden in eigener Verantwortung geregelt. Daraus folgt, dass den Gemeinden bei ihrer Wahrnehmung ein Entfaltungs- und ein Handlungsspielraum zukommt.

19

Der Entfaltungsspielraum gestattet die Übernahme neuer Aufgaben (freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben) im Rahmen der »örtlichen Angelegenheiten« (z.B. neue oder besondere Formen der Wirtschaftsförderung, Kulturförderung, Sportförderung; Städtepartnerschaften, Schaffung öffentlicher Einrichtungen) und betrifft so das »Ob« der Aufgabenwahrnehmung.

Die Entscheidungen in diesem Zusammenhang trifft ausschließlich die Gemeindevertretung (§ 22 III Nr. 2, Nr. 10 KV).

20

Der Handlungsspielraum gilt für alle Aufgaben der Selbstverwaltung und erlaubt eine eigenverantwortliche Gestaltung bei ihrer Erfüllung (das »Wie« der Erledigung).

Die Selbstverwaltungsgarantie im engeren Sinne, die sich in einem Bündel von Hoheitsrechten ausbildet:

21

– Organisationshoheit, das ist das Recht zur selbstständigen Schaffung der verwaltungsmäßigen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der den Gemeinden obliegenden Aufgaben. Sie manifestiert sich in der Aufbauorganisation (z.B. Dezernate, Ämter, Fachbereiche usw.) und in der Ablauforganisation (zumeist in einer Allgemeinen Geschäftsanweisung geregelt) und verpflichtet die Gemeinde zugleich, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urteil v. 20.12.2007, BVerfGE 119, 331 [352 f.].

22

– Personalhoheit, das ist die Befugnis, die Beamten und tariflich Beschäftigten der Gemeinde selbst auszuwählen, anzustellen, zu befördern (höher zu gruppieren) und zu entlassen (zu kündigen). Bei der Auswahl der Beigeordneten fällt die Personalhoheit mit der Organisationshoheit zusammen. Als konkrete Auswirkungen der Personalhoheit sind u.a. weiter zu nennen: Personalbedarfsplanung, Stellenausschreibung, Stellenbewertung, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Erlass von Beurteilungsrichtlinien, Erarbeitung von Personalauswahl- und Beförderungsgrundsätzen, Aufstellung von Grundsätzen für die leistungsorientierte Bezahlung.

23

– Planungshoheit, sie umfasst das Recht, die bauliche und sonstige Nutzung des gesamten Gemeindegebietes nach Maßgabe der im Baugesetzbuch enthaltenen Grundsätze vorzubereiten, zu steuern und zu gestalten. Dazu gehört die Aufgabe, die städtebauliche Entwicklung im Gemeindegebiet insbesondere durch die Aufstellung von Bauleitplänen (Flächennutzungsplan, Bebauungspläne, Vorhaben- und Erschließungspläne) zu ordnen. Eingriffe in die Planungshoheit liegen weniger in gesetzlichen Vorschriften als vielmehr in überörtlichen Plänen, die mit den Planungsabsichten der Gemeinden in Widerspruch stehen. Ein verfassungsrelevanter Eingriff in die Planungshoheit liegt regelmäßig dann vor, wenn die überörtliche Planung eine hinreichend konkrete örtliche Planung nachhaltig stört. Planerische Abwägungen müssen sich dann an den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsprinzips orientieren (Bertram in NWVBl. 2012, 86).

Auch andere Pläne wie Schulentwicklungspläne (§ 107 Schulgesetz M-V), Abfallwirtschaftskonzepte (§ 9 Abfallwirtschaftsgesetz M-V), aber auch freiwillige Pläne wie Seniorenplan, Generalverkehrsplan, Generalentwässerungsplan oder Grünflächenplan lassen sich unter die Planungshoheit subsumieren.

24

– Finanzhoheit, sie gewährt den Gemeinden die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Regelung ihrer Finanzwirtschaft (s.a. Art. 74 LV M-V; § 4 KV) im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Zu ihr gehört auch das Recht auf eine angemessene Finanzausstattung, denn Selbstverwaltung kann ohne eine finanzielle Mindestausstattung nicht sinnvoll wahrgenommen werden. Schon in Art. 9 der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung wird der Anspruch auf angemessene Eigenmittel ausdrücklich unterstrichen. Art. 28 II 3 GG trägt dieser Erkenntnis ebenfalls Rechnung. Mit den Regelungen in Art. 104a und 106 GG will der Bund zum einen das notwendige Korrelat kommunaler Selbstverwaltung gewährleisten, zum anderen will er damit erreichen, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände kraft der Finanzausstattung dem Sozialstaatsprinzip entsprechende gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Einwohner schaffen können. So wird die Finanzhoheit durch die Finanzgarantie ergänzt. Art. 106 VI GG verleiht den Gemeinden einen Anspruch hinsichtlich des Aufkommens der Grund- und Gewerbesteuer (=Realsteuern, vgl. § 22 Abgabenordnung). Die Länder werden verpflichtet, den Gemeinden das Recht auf Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern einzuräumen. Allerdings sieht Abs. Art. 106 VI S. 4 vor, dass Bund und Länder durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden können (Gewerbesteuerumlage).

Als Ersatz bietet Art. 106 V den Gemeinden seit dem 1.1.1970 einen Anteil an der Einkommensteuer an. Diesen Gemeindeanteil an der Einkommensteuer hat das Gemeindefinanzreformgesetz auf 15 % des Aufkommens an Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer sowie 12 % des Aufkommens aus dem Zinsabschlag festgesetzt.

Seit 1998 erhalten die Gemeinden als Ausgleich für die weggefallene Gewerbekapitalsteuer einen Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer (Art. 106 Va GG).

Gemeinden und Gemeindeverbänden fließt gem. Art. 106 VII ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Vomhundertsatz vom Anteil der Länder am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern zu –vertikaler Finanzausgleich, Steuerverbund-. Zu den Gemeinschaftssteuern zählen nach der Klammerdefinition des Art. 106 III GG die Einkommensteuer, die Körperschaftssteuer und die Umsatzsteuer.

Einen Ausgleich von Sonderbelastungen durch vom Bund veranlasste Einrichtungen (z.B. Kasernenanlagen) garantiert Art. 106 VIII GG den Gemeinden und Gemeindeverbänden.

Eine weitere Garantie, die sich auf Gemeinden und ggf. auf Gemeindeverbände erstreckt, betrifft das Aufkommen der örtlichen Verbauch- und Aufwandssteuern, Art. 106 VI 1 GG. Dazu gehören z.B. die Hundesteuer und die Vergnügungssteuer.

Nach Art. 104b GG kann der Bund den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (vgl. Art. 109) oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Empfänger der Finanzhilfen sind zwar die Länder, doch werden die Länder diese Mittel bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen an die Gemeinden zu einem Teil weiter geben. Auf diese Weise wird ein Durchbrechen der Bund-Länder-Struktur des Grundgesetzes vermieden, in der die Gemeinden nicht eine dritte Säule darstellen, sondern der Landesverwaltung zuzuordnen sind (vgl. Art. 69 LV-MV; § 2 LOG M-V).

Art. 28 III verpflichtet den Bund, die in den vorigen Absätzen ausgesprochenen Garantien durchzusetzen. Er ist dadurch gehalten, der Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung Effektivität zu verleihen. Um Verletzungen vorzubeugen, wird die Entwicklung der Gesetzgebung auf diesem Gebiet in ihren Anfangsstadien laufend überprüft werden müssen. Weil nun die zuständigen Bundesorgane danach berechtigt und verpflichtet sind, die Gewährleistung der o.a. Garantien zu verwirklichen, müssen sie die Länder daraufhin überwachen, etwaige Missstände rügen (Art. 84 GG), erforderlichenfalls das Bundesverfassungsgericht anrufen (Art. 93 GG) und notfalls mit Bundeszwang (Art. 37) vorgehen.

25

Außerdem kann sich die Gemeinde selbst wehren, indem sie die kommunale Verfassungsbeschwerde erhebt, wenn ein Gesetz die Selbstverwaltungsrechte unmittelbar verletzt.

Die Verfassungsgarantien des Grundgesetzes für die kommunale Selbstverwaltung werden durch Landesrecht wiederholt, erweitert und konkretisiert.

So enthält Art. 72 I LV eine Wiederholung der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II 1 GG; Art. 72 II erweitert die Rechte der Bürger um die Möglichkeit unmittelbarer Mitwirkung an Aufgaben der Selbstverwaltung (vgl. z.B. § 20 KV –Bürgerbegehren/Bürgerentscheid).

26

Art. 72 III verpflichtet das Land, bei Aufgabenübertragungen auf die Gemeinden, die eine Mehrbelastung für die Gemeinden zur Folge haben, dafür einen finanziellen Ausgleich zu schaffen (Konnexitätsprinzip). Ein konnexitätsrelevanter Sachverhalt ist gegeben, wenn

– die Aufgabenübertragung auf eine eigene Entscheidung des Landesgesetzgebers zurückgeht, ihm also ursächlich zuzurechnen ist

– den Gemeinden neue Aufgaben übertragen oder bestehende verändert werden

– die Aufgabenübertragung/-Veränderung eine wesentliche, über eine Bagatellschwelle hinausgehende Belastung der betroffenen Kommunen auslöst

(Vgl. Urteil VGH NRW, Urt. v. 12.10.2010, NWVBl. 2011, 54).

27

Art. 73 I LV garantiert den Gemeinden (und Kreisen) neben einer Wiederholung der Realsteuergarantie die Erschließung eigener Steuerquellen und Art. 73 II sichert den Gemeinden und Kreisen zu, im Wege des Finanzausgleichs die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Leistungsfähigkeit steuerschwacher Gemeinden und Kreise zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen (s. Finanzausgleichsgesetz M-V). Der Finanzausgleich muss »neben der Erfüllung zugewiesener grundsätzlich auch die Wahrnehmung frei gewählter Aufgaben ermöglichen« (VGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.2.2012 –VGH N 3/11). Soweit Finanzprobleme der Kommunen maßgeblich auf einer signifikant hohen Kostenbelastung aus staatlich zugewiesenen Aufgaben beruhen (übertragener Wirkungskreis) und daher fremdbestimmt sind, trifft das Land insoweit auch eine Mitverantwortung für diese Kosten. Wenn diese Kostenbelastung aus Aufgabenzuweisungen durch den Bund beruht, hat das Land die finanziellen Belange seiner Kommunen auf Bundesebene als eigene zu wahren und durchzusetzen (VGH Rheinland-Pfalz ebenda).

28

Außerdem erheben die Gemeinden Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 44 I KV), Entgelte für die von ihnen erbrachten Leistungen (§ 44 II KV).

3         Verfassungsrechtliche Schranken der kommunalen Selbstverwaltung

29

Die Garantien der kommunalen Selbstverwaltung sind nicht absolut, nicht schrankenlos. Sie stehen unter dem Vorbehalt »im Rahmen der Gesetze«, vgl. Art. 28 II 1 GG, Art. 72 I LV, § 2 I KV). Der Gesetzesvorbehalt stellt einerseits klar, dass ein Eingriff in den Garantiebereich nur durch Gesetz erfolgen darf, lässt andererseits aber offen, in welchem Maße die gewährleistete kommunale Selbstverwaltung geschützt und unantastbar ist. Hierzu hat sich die so genannte Kernbereichslehre entwickelt. Diese vom Bundesverfassungsgericht gefestigte Lehre stellt sich den kommunalen Selbstverwaltungsbereich als einen Kreis vor, der peripher berührt werden darf, dessen Kernbereich aber unantastbar ist. Der Kernbereich stellt den Wesensgehalt eines Selbstverwaltungsrechtes dar, das Essentiale, das man aus einer Institution nicht entfernen kann, ohne deren Strukturen und Typus zu verändern (Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I S. 416). In den äußeren Bereich (akzidentia) dagegen darf unter gewissen Voraussetzungen eingegriffen werden.

30

Die Abgrenzung des Kernbereichs vom Randbereich kann letztlich nur im konkreten Falle vorgenommen werden. Dazu dient das Instrument der kommunalen Verfassungsbeschwerde. Sie kann nach Art. 93 I 4b GG beim Bundesverfassungsgericht erhoben werden, wenn durch Bundesrecht das Recht der Selbstverwaltung verletzt wurde. Geschieht das durch Landesrecht, können die Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Verfassungsbeschwerde das Landesverfassungsgericht anrufen (Art. 93 I 4b i.V.m. Art. 53 Nr. 8 LV M-V und §§ 11 I Nr. 10 und 52 II LVerfGG M-V).

Formelle Prüfungsmaßstäbe sind dabei:

– Der Eingriff muss durch ein Gesetz erfolgt sein

– Neben den einzelnen Inhalten des Art. 28 II 1 GG (Art. 72 I 1 LV) können solche Normen in die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des angegriffenen Gesetzes einbezogen werden, die ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind (Z.B. Art. 28 I 2, 20, 70 GG)

– Bei einer Rechtsverordnung wird untersucht, ob sie auf einer dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 I 2 GG (Art. 57 I 2 LV) entsprechenden Ermächtigung beruht, also Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung im Gesetz ausreichend bestimmt sind.

– Weiter wird geprüft, ob die lt. Gesetz zugelassenen Einwirkungen auf den Selbstverwaltungsbereich durch eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes/Landes gedeckt sind.

Materielle Prüfungsmaßstäbe sind:

– Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips –auch als Übermaßverbot verstanden. Es beinhaltet die Eignung, Erforderlichkeit und Proportionalität der gesetzgeberischen Maßnahme-,

– Beachtung des Gemeinwohlvorbehaltes – auch mit dem Begriff »öffentliches Wohl« identisch –,

– Beachtung des Abwägungsgebotes – die Interessen des Staates und die der Gemeinden müssen vom Gesetzgeber sorgfältig ermittelt, bewertet und dann zu einer ausgewogenen Entscheidung gebracht worden sein.

Zur inhaltlichen Bestimmung des unantastbaren Kernbereichs der Selbstverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht die historische Methode und die Subtraktionsmethode angewandt.

Nach der ersteren ist der geschichtlichen Entwicklung und den historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen. Die letztere gebietet, den Gemeinden die Erledigung der Masse ihrer Aufgaben zu belassen. Entscheidend ist, was nach dem Eingriff von dem Recht der Selbstverwaltung noch übrig bleibt. Der Eingriff ist auf das zeitlich und sachlich notwendige Maß zu begrenzen. Stüer (Funktionalreform und kommunale Selbstverwaltung, Göttingen 1980, S. 395) schlägt vor, die Kernbereichsdefinition durch eine Kombination unterschiedlicher Abgrenzungsmethoden zu gewinnen (Kombinationsmethode):

»Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung (historische Methode) ist zu fragen, was nach dem Eingriff von der Selbstverwaltung noch übrig bleib (Subtraktionsmethode), wobei die Intensität des Eingriffs (qualitative Methode) zu berücksichtigen ist. Isolierte Eingriffe des Gesetzgebers sind zu kumulieren (Additionsmethode), wobei ein an sich gewichtiger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung durch Übertragung anderer Selbstverwaltungsrechte im Einzelfall ausgeglichen werden kann (begrenzte Kompensationsmöglichkeit)«.

4         Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung

31

Anfang des 19. Jahrhunderts hat das Reformwerk des Freiherrn vom und zum Stein mit der Preußischen Städteordnung vom 19. November 1808 die Entwicklung der neueren kommunalen Selbstverwaltung begründet. Durch sie sollte bei den »Untertanen« ein Verantwortungsbewusstsein für die Allgemeinheit geweckt und der Gemeingeist gefördert werden, auf den der preußische Staat in den schweren Zeiten der französischen Besatzung so dringend angewiesen war. Gemeingeist bildet sich nach den Worten der Nassauer Denkschrift »nur durch unmittelbare Teilnahme am öffentlichen Leben, entspringt zunächst aus der Liebe zur Genossenschaft, zur Gemeinde, zur Provinz und erhebt sich stufenweise zur Vaterlandsliebe«.

Die weitere Entwicklung sei nachfolgend nur kurz skizziert.

– Die revidierte preußische Städteordnung vom 13.3.1831 beseitigte einige »technische« Mängel ihrer Vorgängerin, baute aber zugleich die Staatsaufsicht aus.

– § 184 der »Paulskirchenverfassung« vom 28.3.1849 garantierte die gemeindliche Selbstverwaltung erstmals reichsverfassungsrechtlich, hatte aber nur kurz Bestand.

– Art. 105 der Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31.1.1850 enthielt die erste landesverfassungsrechtliche Festlegung von Grundsätzen für die Ausgestaltung der Kommunalverfassung in Preußen, z.B. über die Bildung gewählter Volksvertretungen in Gemeinden, Kreisen und Provinzen, den Grundsatz der öffentlichen Beratung in diesen Vertretungen, das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten und die Pflicht zum jährlichen Bericht über die Einnahmen und Ausgaben.

– Die Preußische Gemeindeordnung vom 11.3.1850 schuf einheitliches Gemeinderecht für ganz Preußen, wurde aber durch Gesetz vom 24.5.1853 bereits wieder aufgehoben.

– Gesetz betr. die Verfassung der Städte in Neuvorpommern und Rügen (31.5.1853)

– Preußisches Landesverwaltungsgesetz (30.7.1883) und Preußisches Zuständigkeitsgesetz (1.8.1883). Das erstere gab den Gemeinden Rechtsschutz gegen Übergriffe des Staates, das letztere sicherte der Selbstverwaltung die freie Betätigung innerhalb der Schranken des Gesetzes.

– Mecklenburg-Schwerinsche Städteordnung vom 18.7.1919

– Mecklenburg-Schwerinsche Landgemeindeordnung vom 20.5.1919

– Städteordnung für den Freistaat Mecklenburg-Strelitz vom 29.7.1919/9.6.1923

– Landgemeindeordnung für den Freistaat Mecklenburg-Strelitz vom 13.2.1920/ 27.7.1922

– Die »Weimarer Reichsverfassung« vom 11.8.1919 enthielt mit Art. 127 im Abschnitt »Das Gemeinschaftsleben« den zweiten Hauptteils »Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen« eine reichsverfassungsrechtliche Generalklausel über die kommunale Selbstverwaltung, aber ohne Bewehrung gegen Eingriffe des staatlichen Gesetzgebers (keine Verfassungsbeschwerde möglich).

– Art. 70 der Verfassung des Freistaates Preußen vom 30.11.1920 gewährleistete den »politischen Gemeinden und Gemeindeverbänden« das Recht der Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten unter der gesetzlich geregelten Aufsicht des Staates. Noch im Kaiserreich hatte der Minister des Innern verfügt (12.3.1916), dass der Geist der Staatsaufsicht dem Geist der Selbstverwaltung anzupassen sei. »Ruht die Selbstverwaltung auf dem ethischen Boden der Selbstverantwortung, so muss die Aufsicht bei allen ihren Maßnahmen von der Achtung vor der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane ausgehen und auf ihre Stärkung abzielen«.

– Die Deutsche Gemeindeordnung vom 30.1.1935, die erstmals und letztmalig einheitliches Gemeindeverfassungsrecht für ganz Deutschland brachte, war ein »technisch« gelungenes Werk, dass aber unter dem »Führerprinzip« litt, demzufolge der Bürgermeister allein die Entscheidungen für die Gemeinde traf und wodurch so alle demokratischen Strukturen beseitigt wurden.

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Nach dem Zusammenbruch des »Dritten Reiches« und der Wiederentstehung von Staaten auf seinem Territorium, kam es zu getrennten Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik.

In der DDR waren folgende Gesetze für das Kommunalrecht bedeutsam:

– Noch vor der Gründung der DDR die Demokratische Gemeindeordnung für die sowjetische Besatzungszone Deutschlands vom 14.9.1946

– Nach Gründung der DDR das Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 17.1.1957

– Das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen vom 12.7.1973/4.7.1985

– Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17.5.1990

– Als Folge der deutschen Einigung galt die DDR-Kommunalverfassung von 1990 zunächst als Landesrecht weiter (Einigungsvertrag, Anl. II Kap. II Sachgebiet B Abschnitt II)

– Mecklenburg-Vorpommern ließ sich am längsten Zeit mit der Schaffung einer neuen eigenen Kommunalverfassung. Erst mit Datum vom 18.2.1994 entstand die Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V). Umfangreiche Novellierungen dieser Kommunalverfassung führten zu Neubekanntmachungen (13.1.1998, 8.6.2004). Und nach abermaligen Veränderungen gilt jetzt die

– Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Juli 2011 (Gesetz über die Kommunalverfassung und zur Änderung weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften), die am 5.9.1011 in Kraft getreten ist.

Der Begriff »Kommunalverfassung« bringt zum Ausdruck, dass die Regelungen in der Gemeindeordnung, Landkreisordnung usw. inhaltlich denen von Grundgesetz oder Landesverfassung ähneln (materielle Vergleichbarkeit), also nur grundsätzlicher Art sind. Dieser Begriff wird inzwischen auch in Brandenburg und in Niedersachsen (Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz) verwendet; Bayern gliedert seine Gemeindeordnung in »Artikel«, was sonst auch eher den Verfassungen vorbehalten ist.

Formell ist die Kommunalverfassung stets ein einfaches Landesgesetz, das mit einfacher Mehrheit vom Landtag erlassen oder geändert werden kann.

5         Die kommunalen Körperschaften als juristische Personen

Die Gemeinden sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, und zwar Körperschaften. Bei den Körperschaften wird unterschieden zwischen Gebietskörperschaften und Nichtgebietskörperschaften.

Gebietskörperschaften sind neben den staatlichen (Bund und Länder) die kommunalen

– Gemeinden (§ 1 II 1 KV) und

– Landkreise (88 I KV),

während die Ämter und Zweckverbände zu den Nichtgebietskörperschaften zählen (§ 125 I 1, § 150 I KV).

33

Den Begriff Gebietskörperschaft hat das Bundesverfassungsgericht so erläutert, dass es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, bei denen sich die die Mitgliedschaft aus dem Wohnsitz ergibt und die mit Gebietshoheit ausgestattet sind. Sie werden von allen Bewohnern eines abgegrenzten Teiles des Staatsgebietes getragen. Jeder, der sich auf ihrem Gebiet aufhält, wird der Herrschaftsgewalt der Körperschaft unterworfen. Wesentlich ist mithin das unmittelbare Verhältnis, welches zwischen Personen, Fläche und hoheitlicher Gewalt besteht. Die wohl überwiegende Meinung hält die zumindest subsidiäre Allzuständigkeit für ein konstituierendes Merkmal. Andere lassen es genügen, wenn die Summe der Einzelzuständigkeiten zur effektiven Universalität tendiert. Zum Teil wird auch eine unmittelbar gewählte Vertretung als Merkmal der Gebietskörperschaft angesehen. Kennzeichnende Merkmale sind demnach

– Territorium

– Gebietshoheit

– Allmitgliedschaft

– Allzuständigkeit

– unmittelbar gewählte Vertretung.

Daraus lässt sich folgende Definition bilden:

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Gebietskörperschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die auf einem bestimmten Territorium dessen sämtliche Bewohner zu einem herrschaftlich geleiteten Gemeinwesen zusammenschließen, für dessen Angelegenheiten sie eine universelle Erledigungskompetenz besitzen, die durch zum Teil unmittelbar gewählte Organe wahrgenommen wird.

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Demgegenüber ist ein Gemeindeverband ein Zusammenschluss mehrerer kommunaler Körperschaften zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in größerem Umfange öffentliche Aufgaben von einigem Gewicht als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnimmt.

Gemeindeverbände im Sinne dieser Definition sind

– Ämter (§ 125 I 1 K) und

– Landkreise (§ 88 I KV).

Landkreise sind demnach Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände.

Als juristische Personen des öffentlichen Rechts besitzen die kommunalen Körperschaften wichtige rechtliche Fähigkeiten für die Teilnahme am Rechtsverkehr, die nachfolgend am Beispiel der Gemeinden dargestellt werden:

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– die Rechtsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (Eigentum, Besitz, Inhaber von Ansprüchen und Verpflichtungen, Namensrecht, Recht auf Flagge, Wappen, Siegel)

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– die Geschäftsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, Willenserklärungen wirksam abgeben und entgegennehmen zu können, also Rechtsgeschäfte zu tätigen. Der Abschluss von privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Verträgen ist Ausdruck dieser Fähigkeit ebenso wie die Kündigung von Miet-, Pacht- und Arbeitsverhältnissen. Für juristische Personen handeln die vom jeweiligen Organisationsgesetz dafür vorgesehenen und von ihnen selbst bestellten Organe. Das ist für die Gemeinde der Bürgermeister (§ 38 II 1 KV), für die Landkreise der Landrat (§ 115 I KV), für die Ämter der Amtsvorsteher (§ 143 I KV) und für die Zweckverbände der Verbandsvorsteher (§ 158 I KV)

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– die Parteifähigkeit, das ist die Fähigkeit, vor Gerichten klagen und verklagt werden zu können

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– die Prozessfähigkeit, das ist die Fähigkeit, vor Gerichten zu stehen und Prozesshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen

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– die Deliktsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, für unerlaubte Handlungen zum Schadenersatz verpflichtet zu sein. Hier zählt die Haftung der Gemeinde nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 89, 31 BGB. Typische Gefahren- (Haftungs-) bereiche sind falsche Auskunft, Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Teilnahme gemeindlicher Fahrzeuge am Straßenverkehr, ärztliche Behandlungsfehler (in kommunalen Krankenhäusern), »Altlasten« (Zulassung von Bauvorhaben auf ehemaligen Mülldeponien)

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– die Beteiligungsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, an einem Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein (§ 11 VwVfG)

42

– die Handlungsfähigkeit, das ist die Fähigkeit, Verfahrenshandlungen in einem Verwaltungsverfahren vornehmen zu können (§ 12 VwVfG)

43

– die Dienstherrenfähigkeit, das ist die Fähigkeit, Beamte zu haben (§ 2 Beamtenstatusgesetz, § 2 Landesbeamtengesetz).

Dagegen besitzen die kommunalen Körperschaften nicht die

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– Straffähigkeit, das ist die Fähigkeit, für strafbare Handlungen bestraft werden zu können, weil nur natürliche Personen straffähig sind

– Insolvenzfähigkeit, die Fähigkeit, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren stattfinden zu lassen, vgl. § 62 III KV

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– Grundrechtsfähigkeit, die Fähigkeit, Träger von Grundrechten zu sein. Diese Fähigkeit spricht das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung den Gemeinden ab, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Die Grundrechte sind als Abwehrrechte der Privatperson gegen den Staat entstanden. Soweit die Gemeinden öffentliche Aufgaben wahrnehmen, können sie nicht Teilhaber oder Nutznießer der Grundrechte sein, weil sie Teil des Staates (der Staatsgewalt) sind. Der Staat kann nicht gleichzeitig Adressat und Berechtigter der Grundrechte sein (BVerfGE 15, 256). Das gilt grundsätzlich auch bei der Wahrnehmung nichthoheitlicher Tätigkeiten. Die Gemeinde befindet sich auch dabei in keiner »grundrechtstypischen Gefährdungslage«; sie wird auch in diesem Raum ihres Wirkens durch einen staatlichen Hoheitsakt nicht in gleicher Weise wie eine Privatperson »gefährdet« und ist mithin auch insoweit nicht »grundrechtsschutzbedürftig«.

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Im Zusammenhang mit der Rechtsfähigkeit wurde das Namensrecht erwähnt. Als juristische Person hat die Gemeinde ein Recht auf eigene Namensführung. Mit ihrem Namen verbindet die Gemeinde ihre geschichtliche Vergangenheit; oft ist das Traditionsbewusstsein der Bürger erheblich damit verknüpft. Die Gemeinde hat das Recht, ihren Namen ungestört zu führen (§ 8 I 1 KV); gegen missbräuchliche Führung ihres Namens durch Dritte und vor dessen willkürlicher Änderung ist sie geschützt (§ 8 I 5 KV). § 12 BGB ermöglicht der Gemeinde, notfalls auf Unterlassung zu klagen, wenn andere unbefugt ihren Namen führen (z.B. Autohaus Greifswald). Allerdings kann die Gemeinde Dritten gestatten, ihren Namen zu führen (z.B. Knabenchor Gütersloh).

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Während Namensänderungen früher kaum vorkamen, haben sie durch die kommunale Gebietsreform an Bedeutung gewonnen. Eine neu gebildete Gemeinde darf ihren Namen selbst bestimmen (§ 8 I 2 KV) und die Gemeindevertretung kann den Gemeindenamen ändern (§ 8 I 3, § 10 KV-DVO)). Das alles bedarf aber der Genehmigung des Innenministeriums (§ 8 I 6 KV). Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Namensgebung kein aus der Selbstverwaltungsgarantie herzuleitendes Recht der Gemeinden sei, sondern herkömmlicherweise als Akt staatlicher Organisationsgewalt angesehen werde. Der Name einer Gemeinde gehöre zu ihrem »institutionellen Fundament«, das als solches nicht in den Schutz des Art. 28 II 1 GG einbezogen sei. Der Staat müsse die Möglichkeit haben, aus übergeordneten Interessen Einfluss zu nehmen (Beschl.v. 17.1.1979, DVBl. 79, 312). Der Genehmigungsvorbehalt in § 8 I 6 KV ist deshalb verfassungskonform.

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Neben der Namensführung werden noch Benennungen und Bezeichnungen unterschieden. Über die Benennung von Gemeindeteilen (Bezirken, Ortschaften, Bauernschaften, Wohnplätzen) entscheiden die Gemeinden in eigener Verantwortung.

Gemeinde, Stadt, Landeshauptstadt, große kreisangehörige Stadt sind Bezeichnungen.

Die Bezeichnung Stadt führen die Gemeinden, denen diese Bezeichnung nach dem bisherigen Recht zusteht (Verleihung der »Stadtrechte« in vergangenen Jahrhunderten; Verleihung der Bezeichnung Stadt durch die zuständigen Organe in der Zeit der DDR; Verleihung durch die Landesregierung in der jüngeren Vergangenheit). Sie kann auch künftig auf Antrag durch die Landesregierung verliehen werden (§ 8 III KV). Das wird dann geschehen, wenn die Gemeinde nach Einwohnerzahl, Siedlungsform, Infrastruktur und ihren kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen städtisches Gepräge aufweist (vgl. § 9 KVDDR, die dort genannten Gesichtspunkte haben auch heute noch Bedeutung).

Die Bezeichnung Landeshauptstadt ist der Stadt Schwerin vorbehalten (§ 8 V KV).

Die Städte Neubrandenburg sowie die Hansestädte Greifswald, Stralsund und Wismar können die Bezeichnung große kreisangehörige Stadt führen (§ 8 VI KV).

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Ebenfalls auf Antrag kann das Innenministerium der Gemeinde weitere Bezeichnungen verleihen.

Ohne Verleihung dürfen überkommene Bezeichnungen sowie dem Namen nachgestellte Bezeichnungen nach dem Kurortegesetz geführt werden (§ 8 IV KV).

Die Bezeichnungen sind in gleicher Weise wie die Namen geschützt, so dass auch die Verwendung der Bezeichnung wie »Stadtcafe, Stadtanzeiger, Stadtparfümerie, Stadtbäckerei, Stadtfleischerei« u.ä. erlaubnispflichtig ist. In der Regel wird die Verwendung solcher Bezeichnungen durch Private aber von den Städten geduldet.

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Nach § 9 KV sind die Gemeinden berechtigt, Wappen, Flaggen und Dienstsiegel zu führen.

Das Wappen der Gemeinde ist im Wesentlichen im Zusammenhang mit dem Dienstsiegel (§ 9 II KV) und der Gemeindeflagge zu sehen. Ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke wird aus Werbungsgründen sehr geschätzt. Eine allzu großzügige Erteilung der Genehmigungen, das gemeindliche Wappen zu führen, schadet der Bedeutung des Wappens als Hoheitszeichen der Gemeinde, als Gemeindesymbol.

II        AUFGABEN DER KOMMUNALEN KÖRPERSCHAFTEN

1         Grundlagen

1

Die Aufgabenzuständigkeiten eines Verwaltungsträgers werden mit dem Begriff »Verbandskompetenz« beschrieben.

Für die kommunalen Verwaltungsträger ergibt sich die Verbandskompetenz aus der Verfassung und/oder Gesetzen.

2

Die