Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen - Welf Sundermann - E-Book

Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen E-Book

Welf Sundermann

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Beschreibung

Das Werk bietet den Teilnehmenden an Aus- und Fortbildungslehrgängen der Studieninstitute sowie den Studierenden der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung wertvolle Hilfe; die Darstellungen orientieren sich an den einschlägigen Stoffverteilungsplänen. Das Werk bietet einen hohen praktischen Anwendungswert.

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Welf Sundermann

Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen

 

Begründet vonJohannes Schwabe †

 

7. überarbeitete Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN 978-3-7869-0970-5

ISBN 978-3-7869-0763-3

© 2009 und 2013 by Maximilian-Verlag, Hamburg

Ein Unternehmen der Tamm Media

Alle Rechte vorbehalten

Produktion: Anita Krumbügel

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

A Geschichtliche Einführung

I.

Entstehung und Entwicklung der Gemeinden bis zum Dreißigjährigen Krieg

1.

Dorf

2.

Stadt

II.

Vom Westfälischen Frieden bis zu den Steinschen Reformen

III.

Reichsfreiherr vom Stein und die Idee der kommunalen Selbstverwaltung

IV.

Kommunalverfassungsrechtliche Entwicklung bis zur Entstehung des Landes Nordrhein-Westfalen

1.

Preußische Kommunalverfassungsgesetze

2.

Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935

3.

Kommunalverfassung nach 1945

B Verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlagen für die Gemeinden und Gemeindeverbände

I.

Einbettung der Selbstverwaltung in die Staatsverwaltung

II.

Begriff und Funktion der kommunalen Selbstverwaltung

III.

Kommunale Garantien nach dem Grundgesetz

1.

Existenzgarantie für Gemeinden und Kreise

2.

Garantie der Allzuständigkeit

3.

Selbstverwaltungsgarantie im engeren Sinne

3.1

Personalhoheit

3.2

Organisationshoheit

3.3

Finanzhoheit

3.4

Planungshoheit

4.

Garantie des Satzungsrechts

5.

Finanzgarantie

6.

Garantie der Garantien

IV.

Kommunale Garantien nach der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen

1.

Existenz-und Verwaltungsgarantie für die Gemeinden und Gemeindeverbände

2.

Garantie der Selbstverwaltung und der Allzuständigkeit

3.

Finanzgarantie

V.

Verfassungsrechtliche Schranken der kommunalen Selbstverwaltung

VI.

Kommunalverfassungsbeschwerde

VII.

Wichtige Rechtsquellen des Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-Westfalen

VIII.

Typen kommunaler Körperschaften in Nordrhein-Westfalen und ihre Rechtsstellung

1.

Typen kommunaler Körperschaften

2.

Rechtsstellung der kommunalen Körperschaften

2.1

Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband

2.2

Fähigkeiten der kommunalen Körperschaften

2.3

Name und Bezeichnung

2.4

Siegel, Wappen und Flaggen

C …Öffentliche Aufgaben im kommunalen Bereich

I.

Einführung und Einteilung

II.

Unterteilung nach der Rechtsnatur

1.

Selbstverwaltungsaufgaben

1.1

Freiwillige Aufgaben der Selbstverwaltung

1.2

Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung

1.3

Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung

2.

Staatliche Auftragsangelegenheiten

2.1

Auftragsangelegenheiten kraft Bundesrechts

2.2

Auftragsangelegenheiten des Landes

2.3

Auftragsangelegenheiten der Gemeindeverbände

3.

Aufgaben der Hauptverwaltungsbeamten als entliehenes Organ des Staates

III.

Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Stufen gemeindlicher Verwaltung

IV.

Neue Wege der Aufgabenerfüllung

D Rat der Gemeinde

I.

Wahl des Rates

II.

Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder

1.

Rechte der Ratsmitglieder

1.1

Rechte des einzelnen Ratsmitgliedes

1.2

Rechte einer Mehrzahl von Ratsmitgliedern

2.

Pflichten der Ratsmitglieder

2.1

Pflichten als »Ortsparlamentarier«

2.2

Treupflicht/Vertretungsverbot

2.3

Pflicht zur Verschwiegenheit

2.4

Mitwirkungsverbot

2.5

Haftung

III.

Ratsvorsitzender

1.

Allgemeines

2.

Wahl des Bürgermeisters

3.

Wahl der ehrenamtlichen Stellvertreter des Bürgermeisters

4.

Abwahl des Bürgermeisters Abberufung seiner ehrenamtlichen Stellvertreter

5.

Konstituierende Ratssitzung

6.

Aufgaben des Bürgermeisters als Ratsvorsitzender

6.1

Vorsitz im Rat

6.2

Vorsitz im Hauptausschuss Teilnahme an Sitzungen der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse

6.3

Vertretung und Repräsentation des Rates

IV.

Zuständigkeit des Rates

V.

Rechtsstellung des Rates

VI.

Fraktionen im Rat

1.

Begriff und Rechtsnatur

2.

Bildung, Auflösung

3.

Fraktionswechsel, -austritt, -ausschluss

4.

Fraktionsspaltung

5.

Aufgaben der Fraktionen

6.

Rechte der Fraktionen

7.

Zuwendungen an Fraktionen

E Ausschüsse

1.

Funktion der Ausschüsse

2.

Arten der Ausschüsse

3.

Bildung der Ausschüsse

3.1

Wahl der Ausschussmitglieder

3.2

Bestimmung der Ausschussvorsitzenden

4.

Verfahren in den Ausschüssen

4.1

Entsprechende Anwendung der Ratsvorschriften

4.2

Besonderheiten

4.3

Auslegungsfragen

5.

Zu den Ausschüssen nach Bedarf

6.

Zu den Pflichtausschüssen nach der GO

6.1

Hauptausschuss

6.2

Finanzausschuss

6.3

Rechnungsprüfungsausschuss

7.

Zu den bedingten Pflichtausschüssen

7.1

Bezirksausschuss

7.2

Betriebsausschuss

7.3

Krankenhausausschuss

8.

Zu den Pflichtausschüssen nach anderen gesetzlichen Bestimmungen

8.1

Allgemeines

8.2

»Echte« Ratsausschüsse

8.3

»Unechte« Ratsausschüsse

9.

Beiräte

9.1

Integrationsrat, Integrationsausschuss

9.2

Weitere Beiräte

10.

Andere Gremien, in die der Rat Vertreter entsendet

F Aufgaben und Stellung des Bürgermeisters Wahl, Aufgaben und Stellung der Beigeordneten

I.

Allgemeines

II.

Aufgaben des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsbeamter

1.

Funktionen bei der Wahrnehmung der kommunalen Aufgaben

2.

Verpflichtungen gegenüber Rat, Bezirksvertretungen und Ausschüssen

3.

Aufgaben als Inhaber der Organisations- und Personalhoheit

4.

Durchführung der Beschlüsse; gesetzliche Vertretung der Gemeinde

5.

Beanstandungspflicht

5.1

Beanstandung nach § 54 Abs. 2 und 3 GO

5.2

Beanstandung nach § 122 Abs. 1 GO

6.

Aufgaben in Organleihe

7.

Kontrolle des Bürgermeisters durch den Rat

III.

Wahl, Aufgaben und Stellung der Beigeordneten

1.

Allgemeines

2.

Wahl der Beigeordneten, Abberufung

3.

Funktionen und Rechtsstellung der Beigeordneten

G Satzungsrecht der Gemeinden

I.

Satzung als Rechtsquelle

1.

Satzungsbegriff

2.

Rechtsgrundlagen des Satzungsrechts

3.

Satzungsgewalt und Gewaltenteilung

II.

Bereiche des kommunalen Satzungsrechts

1.

Einführung und Katalog

2.

Hauptsatzung

3.

Haushaltssatzung

4.

Betriebssatzung

5.

Satzungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

6.

Satzungen nach Bedarf

III.

Zustandekommen von Satzungen

1.

Normalverfahren

2.

Sonderregelung des § 7 Abs. 6 GO

3.

Zustandekommen von Satzungen auf dem Dringlichkeitswege

IV.

Bewehrung von Satzungen

V.

Kommunale Satzung und Verwaltungsgerichtsbarkeit

VI.

Kommunale Satzung und Bürgerentscheid

H Einwohner und Bürger

I.

Allgemeines

II.

Rechte und Pflichten der Einwohner und Bürger

III.

Besondere Mitgestaltungsrechte

1.

Einwohnerantrag

2.

Bürgerbegehren, Bürgerentscheid

2.1

Bürgerbegehren, Ratsbegehren

2.2

Bürgerentscheid, Ratsbürgerentscheid

I Gemeindegebiet

I.

Gebietsbestand

II.

Gebietsänderungen

1.

Kommunale Neugliederung in Nordrhein-Westfalen

2.

Verfahren bei Gebietsänderungen

2.1

Initiative

2.2

Zulässigkeit

2.3

Gebietsänderungsverträge

2.4

Recht auf Anhörung

2.5

Vollzug und Wirkungen der Gebietsänderung

2.6

Rechtsschutz

III.

Gebietsgliederung

1.

In kreisfreien Städten

1.1

Bezirksvertretungen

1.1.1

Bildung der Bezirksvertretungen

1.1.2

Verfahren in der Bezirksvertretung

1.1.3

Aufgaben der Bezirksvertretungen

1.2

Bezirksverwaltungsstellen

2.

In kreisangehörigen Gemeinden

2.1

Bezirksausschüsse

2.2

Ortsvorsteher

J Staatsaufsicht

I.

Recht des Staates auf Aufsicht

II.

Aufsichtsbefugnis und Arten der Aufsicht

III.

Mittel der Aufsicht

1.

Präventiv-(vorbeugende) Aufsicht

2.

Repressiv-(beugende) Aufsicht

IV.

Anfechtung von Aufsichtsmaßnahmen

V.

Schlussbemerkungen zur Staatsaufsicht

K Kreise

I.

Allgemeines und Geschichtliches

II.

Personelle und territoriale Grundlagen des Kreises

1.

Rechte und Pflichten der Kreiseinwohner

2.

Kreisgebiet

III.

Aufgaben der Kreise

IV.

Wahl, Stellung und Funktionen der Kreisorgane

1.

Kreistag

2.

Kreisausschuss und sonstige Ausschüsse des Kreistages

3.

Landrat

3.1

Wahl, Abwahl

3.2

Aufgaben des Landrates als Vorsitzender des Kreistages

3.3

Aufgaben des Landrates als Hauptverwaltungsbeamter

3.4

Aufgaben des Landrates als untere staatliche Verwaltungsbehörde

L Landschaftsverbände

I.

Historische Entwicklung

II.

Rechtscharakter der Landschaftsverbände

III.

Aufgaben der Landschaftsverbände, Finanzierung

IV.

Organe der Landschaftsverbände

1.

Landschaftsversammlung

2.

Landschaftsausschuss, Fachausschüsse

3.

Direktor des Landschaftsverbandes

M Landesverband Lippe

I.

Rechtscharakter

II.

Aufgaben

III.

Organe

1.

Verbandsversammlung

2.

Verbandsvorsteher

3.

Hauptausschuss/Wirtschaftsausschuss

N Regionalverband Ruhr

I.

Rechtscharakter

II.

Aufgaben

III.

Organe

1.

Verbandsversammlung

2.

Verbandsausschuss

3.

Regionaldirektor

O Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit

I.

Arbeitsgemeinschaften

II.

Zweckverband

1.

Bildung

2.

Aufgaben

3.

Organe

3.1

Verbandsversammlung

3.2

Verbandsvorsteher

4.

Wirtschaftsführung, Finanzen

5.

Änderung der Verbandssatzung; Auflösung des Zweckverbandes

III.

Öffentlich-rechtliche Vereinbarung

P Kommunale Spitzenverbände

I.

Begriff

II.

Historische Entwicklung

III.

Supranationale Zusammenschlüsse

IV.

Rechtsform und Organisation

V.

Arbeit und Wirkungsweise

VI.

Rechtliche Verankerung der Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände am Gesetzgebungsverfahren

Q Kommunalverfassungsstreit

Aus dem Leben Steins

Gesetz zu der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung

Literaturhinweise

Abkürzungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorwort zur 7. Auflage

Die 7. Auflage wurde erforderlich, weil die Vorauflage seit längerer Zeit vergriffen war und durch das GO-Reformgesetz vom Oktober 2007 wichtige Änderungen im nordrheinwestfälischen Kommunalverfassungsrecht eingetreten sind.

Am 19. November 2008 jährte sich der Erlass der Preußischen Städteordnung des Freiherrn vom Stein zum 200. Male. Dieses Lehrbuch versteht sich als Unterstützung und Förderung der Idee der kommunalen Selbstverwaltung; ganz im Sinne auch seines Begründers Johannes Schwabe, von dessen Ableben im September 2007 ich der Leserschaft mit tiefem Bedauern Kenntnis zu geben habe.

Der Autor hofft, dass sein Buch dem Verwaltungsnachwuchs nützlich und allen anderen, die einen Überblick über das Kommunalverfassungsrecht in Nordrhein-Westfalen erhalten möchten, dienlich sein kann.

Gütersloh, im August 2009

Welf Sundermann

Vorwort zur 4. Auflage

Die 4. Auflage des Leitfadens wurde aus mehreren Gründen notwendig. Zum einen war die 3. Auflage in der Fassung des Ergänzungsheftes seit einiger Zeit vergriffen. Zum anderen haben zahlreiche und z.T. umfangreiche Gesetzesänderungen im Kommunalverfassungsrecht eine inhaltliche Gesamtüberarbeitung des Lehrbuches unumgänglich gemacht.

Eine einschneidende Änderung hat sich aber auch dadurch ergeben, dass Johannes Schwabe, der Begründer dieses Leitfadens, aus Altersgründen auf die weitere aktive Mitgestaltung des Werkes verzichtet hat.

Mit dem Dank fürs eine über drei Auflagen hinweg geleistete Arbeit an »seinem« Buch und damit für die Sache der kommunalen Selbstverwaltung verbinde ich den Wunsch, dass er auch in Zukunft unser Werk mit kritischem Interesse und hilfreichem Rat begleiten möge.

Der 4. Auflage wünsche ich weitere Bewährung als nützliche Hilfe für alle Leser des Leitfadens.

Gütersloh, im Februar 1990

Welf Sundermann

Vorwort zur 1. Auflage

Durch die Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung vom 1. Oktober 1969 wurden insbesondere die Gemeindeordnung und die (Land-)Kreisordnung novelliert. Diese beiden Gesetze sind in der Neufassung unter dem 11. August 1969 bekannt gemacht worden (SVG. NRW.2020/2021).

Bisher hat es an einem geeigneten Leitfaden gefehlt, der die Änderungen des Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-Westfalen einbezieht. Diese Lücke will die vorliegende Neuerscheinung schließen.

Das Buch ist hauptsächlich für die Lehrgänge an den Studieninstituten für kommunale Verwaltung (bisher Gemeindeverwaltungsschulen) gedacht. Es soll aber allen Ausbildern und Auszubildenden und überhaupt den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die mit dem Kommunalverfassungsrecht befasst sind, im Unterricht und Praxis eine Hilfe sein. Als Informationsquelle für die Mitarbeit in Rat und Ausschüssen wird das Buch darüber hinaus die Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften interessieren.

An dieser Stelle möchte ich meinem verehrten Lehrer Oberbürgermeister a.D. Ernst Althaus, Herford, danken, der in den Jahren 1954/55 mein Interesse am kommunalen Verfassungsrecht weckte und dessen Unterricht mir für meine spätere Tätigkeit als Schriftführer des Rates der Stadt Bielefeld und für mein jetziges Lehramt viel bedeutet hat.

Meinem Kollegen Dipl.-Komm. Werner Finke danke ich für die kritische Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Anregungen; Stadtoberinspektor Horst Bohnenkamp für das Stichwortverzeichnis, die Liste der Satzungen und andere Hilfen.

Dem Maximilian-Verlag sei Dank gesagt für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und große Sorgfalt bei der Vorbereitung dieser Neuerscheinung.

Bielefeld, im April 1972

Johannes Schwabe

8

Von jeher hat es Bemühungen gegeben, Dörfer zur Hebung ihrer Leistungskraft zusammenzuschließen. So sind die Kirchspiele entstanden, die in gewisser Weise Vorläufer unserer Ämter sind, die inzwischen zugunsten von Großgemeinden aufgegeben worden sind. Die Dorfgemeinschaften sind bisweilen auch im Einzelnen für die Erlangung städtischer Rechte eingetreten. Sie haben sich »freien« lassen. Viele trotzten dem Landesherrn das Marktrecht ab. Die so genannte Wik2, eine Handels-und Kaufmannssiedlung, entstand in der Karolingerzeit als Marktgründung, ohne dass diese »Weichbilder« damit zu Städten erhoben wurden, allerdings schloss das die spätere Stadterhebung nicht aus (ähnlich in Süddeutschland die Marktflecken). Vielfach fehlte diesen Gemeinwesen nur noch die Bezeichnung Stadt. Es kann daher nicht pauschal von Macht und Reichtum der Städte und Ohnmacht und Elend des Dorfes im Mittelalter gesprochen werden.

9

Dennoch darf nicht übersehen werden, dass mit dem Aufkommen der Partikulargewalten die eigenständige Aufgabenerfüllung des Dorfes durch den Grundherrn, später durch den Landesfürsten, so eingeschränkt wurde, dass sie in einigen Gebieten nahezu beseitigt war. In einem langwierigen Prozess hatte ohnehin die ländliche Bevölkerung fortschreitend auch die individuellen Freiheitsrechte eingebüßt, und bis in das 19. Jahrhundert hinein schleppte sich die »neuzeitliche« Version der Leibeigenschaft, die so genannte Gutsuntertänigkeit (s.a. A 29). Gerade hier sind jedoch die unterschiedlichen landschaftlichen und örtlichen Gegebenheiten zu werten. Auch rückläufige Entwicklungen dürfen nicht übersehen werden. Zwar war im Jahre 1000 die überwiegende Zahl der deutschen Bauern hörig, die Kreuzzüge und die wirtschaftliche Entwicklung im 12. und 13. Jahrhundert zwangen aber die Grundherren vielfach zu erheblichen Zugeständnissen, so dass sich der Bauer oft freikaufen konnte und es zu einer »mittelalterlichen Bauernbefreiung« kam. Erst mit der Rückkehr des durch den Landsknecht ersetzten Ritters zur Landwirtschaft begann der Niedergang bäuerlicher Freiheiten, der dann in den Bauernkriegen ein

 

erschütterndes Aufbegehren dieses Standes brachte.3 Die Abhängigkeit der Landbevölkerung führte unter dem System der Gutsherrschaft zu einem Höchstmaß an Entrechtung. Hatte die Grundherrschaft im Wesentlichen privatrechtliche Züge, so besaß die Gutsherrschaft in den östlichen Besiedlungs-und Kolonisationsräumen öffentlich-rechtlichen Charakter.

10

Mit dem angelegten Gut verband sich für den Edelherrn erblich das Schulzenamt über das Dorf. Das preußische Allg. Landrecht von 1794 (Teil II Tit. 7 §§ 18-86) regelte die Rechtsverhältnisse der preußischen Dorgemeinden. § 47 schrieb die Ernennung des Dorfschulzens durch den Gutsherrnvor. § 91 gab Rittergutsbesitzern das Recht, Untertanen zu haben »und herrschaftliche Rechte über dergleichen Leute auszuüben« (Erbuntertänigkeit)4 Wenn man dazu den armseligen Bildungsstand einer so gehaltenen Bevölkerung berücksichtigt, so wird der Ausschluss der Landbewohner von der Betätigung für ihr Gemeinwesen offenbar. – Nachdem die Französische Revolution die Bauern in Frankreich befreit hatte und ihre Auswirkungen das übrige Deutschland erfassten, gelangte in der Folge auch die deutsche Landbevölkerung in einem mühevollen Prozess zur Wiedererlangung ihrer Freiheiten. Die Kommunalverfassung der Landgemeinden so zu verbessern, dass Stadt und Land ihren Bürgern in angemessenem Standard öffentliche Einrichtungen anbieten können, ist erst in unseren Tagen eingeleitet worden. Hier hatte die Amtsverfassung, wo sie im Lande NRW errichtet war, in unserem Bereich seit langem viel dazu beigetragen, die Kluft

 

Stadt und Land zu überbrücken und – wie es ihre Bestimmung war – die Verwaltungskraft des flachen Landes gehoben.

2. Stadt

 

Die ersten Städte im germanischen Raum wurden von den Römern gegründet. Sie gelangten bald zu einer beachtlichen Blüte. Waren Sie auch im Vergleich zu der Millionenstadt Rom Provinzstädte, so zählte doch z.B. Trier im 4. Jahrhundert mehr als 80.000 Einwohner. Auch Köln hatte damals 50.000 Einwohner, Zahlen, die die deutschen Städte des Mittelalters nie erreicht haben. Andere römische Gründungen, wie Bonn, Worms, Straßburg, Regensburg, Augsburg und Wien blieben demgegenüber klein. Rom war auch in der Anlage Vorbild für diese Städte. In einer Folge von Eroberungen und Brandschatzungen durch Franken, Hunnen, Normannen, Sarazenen und Magyaren sind die Zeugen römischer Vergangenheit in vielen Städten untergegangen. Mit dem Abzug der Römer verloren diese urbanen Zentren außerdem ihre wirtschaftliche Grundlage als Verwaltungssitz und Handelsplatz. Es wird daher zutreffend vom 9. Jahrhundert als der »städtelosen Zeit« gesprochen.5 Eine Kontinuität der Stadtkultur nördlich der Alpen lässt sich nur mit erheblichen Abstrichen im Einzelfall nachweisen. Einige Römerstädte blieben erhalten, weil sie es zum Bischofssitz brachten. Derartige religiöse Mittelpunkte führten sogar zur Entstehung weiterer Städte (z.B. Paderborn, Münster, Magdeburg).

 

Außerdem entwickelten sich städtische Siedlungen an günstigen Verkehrsknotenpunkten (z.B. so genannte Brückenstädte an Handelswegen), im Anschluss an königliche Pfalzen (z.B. Frankfurt, Nürnberg), an herzogliche oder gräfliche Burgen (z.B. München, Braunschweig); in Sachsen und Thüringen besonders unter Heinrich I. (z.B. Quedlinburg, Merseburg, Goslar). In diesen Städten kam es nach und nach zu einer städtischen Verfassung, die sich vom offenen Lande unterschied und den besonderen Verhältnissen einer Stadt Rechnung trug. Die Mehrzahl der deutschen Städte ist allerdings nicht auf diese allmähliche und vielgestaltige Weise entstanden, sondern verdankt ihre Entstehung und ihren planmäßigen Grundriss mit den sich rechtwinklig

11

schneidenden Straßen einem ausdrücklichen Gründungsentschluss.6 Diese planmäßigen Städtegründungen häuften sich im 12. und 13. Jahrhundert und wurden durch königlichen und später auch durch landesherrlichen Willen bewirkt.

12

Sie unterscheiden sich von der Stadterhebung (Verleihung von Stadtrechten an bestehende Ortschaften) dadurch, dass hier »der Gründungsgedanke als einmalige schöpferische Tat zutage trat; schöpferisch planvoll in der städtebaulichen Gestaltung, neubildend in der Setzung eines neuen Gemeinwesens und vorausschauend in seiner Zweckbestimmung.« Während in unserem Raume die Bischöfe mehr zu Stadterhebung neigten (Lübbecke 1279),

13

sind die Grafen von Lippe, von der Mark und etwa gleichzeitig auch die Grafen von Ravensberg hauptsächlich als Stadtgründer aufgetreten. Von den fünf Stadtgründungsplänen der Grafen von Ravensberg (später wurde noch eine Sechste versucht) hat allerdings »allein Bielefeld den Erwartungen entsprochen« (1214 von Graf Hermann von Ravensberg gegründet und mit Münsterschem Stadtrecht »bewidmet«). Zu den »alten« Städten zwischen »Rhein und Weser« – Soest und Dortmund, den Reichsstiftsstädten Minden, Münster und Paderborn und den abteilichen Stiftstädten Essen, Herford und Höxter – trat nun die gegründete und die erhobene Landstadt.7

 

So wie es Dörfern in günstigen politischen Situationen oft gelang, dem Landesherrn städtische Freiheiten abzuringen, so gewann eine Anzahl von Städten ausreichend Macht und Bedeutung, um die Teilnahme am Reichsregiment durchzusetzen. Gemeint sind hier die Reichsstädte, von denen Hermann Conrad8 sagt, dass es sich dabei um »eigenartige Staatswesen im Rahmen der Verfassung des alten Reiches« gehandelt habe. Demnach sind zunächst die dem König gehörenden Städte zu Reichsstädten geworden, dazu traten solche Bischofs- und landesherrlichen Städte, die sich die Freiheit von ihrem Stadtherrn errungen hatten. So wurden auch die Bischofsstädte Augsburg, Köln, Regensburg und Straßburg freie Städte. Später entfiel die Unterscheidung in freie und in Reichsstädte.

17

Diese Städte erschienen im Spätmittelalter auf den Reichstagen und erlangten schließlich die Reichsstandschaft (Regimentsordnung von 1500 und 1521). Der Westfälische Friede erkannte das 1582 vom Reichstag den Reichsstädten zugestandene Votum als gleichberechtigt neben dem Votum der anderen Reichskollegien (Kurfürstenkollegium und Reichsfürstenrat) an, wenn auch weiterhin das Städtekollegium von der Entscheidung in etlichen Reichsangelegenheiten ausgeschlossen blieb. Die Reichsstandschaft wurde vom Rat der reichsunmittelbaren Stadt ausgeübt. Ende des 18. Jahrhunderts hatten 51 Städte Sitz und (je eine) Stimme im reichsstädtischen Kollegium, dessen Vorsitz die Stadt innehatte, in der der Reichstag jeweils tagte. Die Zahl der Reichsstädte sank nach der Auflösung des Reiches (1806) erheblich. Der Deutsche Bund erkannte 1815 als Reichsstädte nur noch Bremen, Hamburg, Lübeck und Frankfurt a.M. an; Frankfurt kam 1866, Lübeck 1937 zu Preußen. Die Reichsstädte besaßen wie die anderen Reichsstände die Landeshoheit (ius territorii et superioritatis), wenn auch mit gewissen Einschränkungen.9 Das verführte später die Städte dazu, in Nachbildung absolutistischer fürstlicher Gewohnheiten sich als Herrschaft über die Bürger zu

 

betrachten. Besonders schlecht schnitt hier die außerhalb der Stadtmark, im Umland wohnende Landbevölkerung ab, die der Botmäßigkeit der über sie regierenden Stadt ausgesetzt war. Ein kaiserliches Reskript an den Rat der Stadt Frankfurt a.M. vom 11. Oktober 1746 erklärte demgegenüber, dass der Rat nicht die Vorrechte der Fürsten und Stände des Reiches genieße, sondern Verwalter des gemeinen Weisens sei, der Kraft kaiserlicher Ermächtigung von der Bürgerschaft gewählt werde.

 

Die Bürger sollten demnach nicht als Untertanen des Rates behandelt werden. Dennoch hat sich vielfach ein obrigkeitliches Regiment durchgesetzt. Die Bedeutung der Reichsstädte war von Anbeginn mit der kaiserlichen Macht verknüpft, mit deren Niedergang sich auch ihr Schicksal erfüllte. Die zur Aufrechterhaltung der Macht der Städte von ihnen gegründeten Städtebünde konnten auf die Dauer den Schutz des Reiches nicht ersetzen.

 

Die Einwohnerzahl der Reichsstädte wird vielfach überschätzt. Selbst die größeren unter ihnen haben römische Vorbilder nicht erreicht. Im 15. Jahrhundert zählte Köln 40.000, Nürnberg 16.000 bis 17.000, Straßburg 20.000 Einwohner.

 

18

Die engmaschige Bebauung der ummauerten Stadt führte oft zu verheerenden Bränden und der Unrat in den Straßen zu Epidemien, die – besonders nach Auftreten der Pest – viele dahinrafften, so dass »Stadtluft« auch damals schon sehr gefährlich werden konnte. Doch auch das Wort »Stadtluft macht frei« hatte seine Bedeutung. Während über lange Phasen in den Städten ein Zugewinn an Freiheit zu verzeichnen war, hatte sich auf dem Lande die persönliche Abhängigkeit bis hin zur Leibeigenschaft durchgesetzt. – Wenn ein seinem Grundherrn entflohener Leibeigener mit erhobenen Armen durch das Holstentor in Lübeck schritt, um in der Freien Reichs-und Hansestadt Aufnahme zu suchen, so wurde er zum freien Mann, wenn es seinem Herrn nicht gelang, ihn »innerhalb von Jahr und Tag« zurückzufordern.

Êberzeugend muss auch der Eindruck der deutschen Stadt auf den Beschauer gewesen sein. So berichtet der Geschichtsschreiber Äneas Sylvius de Piccolomini 1458 bis 1464 (1442 Geheimsekretär Kaiser Friedrichs III. in Wien, 1455 Kardinal, 1458 bis 1464 Papst Pius II.):

 

Wir sagen es frei heraus, Deutschland war niemals reicher, niemals glänzender als heutzutage …

Kein Land in Europa hat bessere und freundlichere Städte als Deutschland. Ihr Äußeres ist so frisch und neu, es ist, als wären sie erst vorgestern fertig geworden …

In Österreich ist Wien die vorzüglichste Stadt mit wahrhaft königlichen Palästen und Kirchen, die Italien bewundern könnte. Gesandte aus Bosnien, die den Turm der Stephanskirche angestaunt, brachen endlich in die Worte aus: Der Turm hat mehr gekostet, als man für das ganze Königreich Bosnien bekäme. Die Schönheit und Größe der hochgegiebelten Privathäuser soll hier nicht einmal erwähnt werden …

Die Könige von Schottland würden wünschen, so gut zu wohnen wie die minderbemittelten Bürger von Nürnberg …

 

Nirgends unter allen Völkern gibt es so viel Freiheit als in deutschen Städten, darum ist bei den Deutschen alles heiter und fröhlich. Niemand wird seines Vermögens beraubt, jedem bleibt sein Erbe, und die Obrigkeit schadet keinem als dem, welcher anderen schadet …10

 

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass am 23. August 1971 das 450-jährige Bestehen der »Fuggerei« in Augsburg begangen wurde. Diese älteste Sozialsiedlung der Welt war von den Kaufherrn Fugger mit Stiftungsbrief vom 23. August 1521 begründet worden. »Unverschuldet in Not geratene katholische Bürger der Stadt Augsburg« sollten hier Aufnahme finden. Diese Einrichtung hat allen Stürmen der Zeit getrotzt. Am Jubiläumstage lebten hier 250 Mitbürger zwischen 60 und 94 Jahren für eine symbolische Jahresmiete von 1,72 DM (Umrechnungskurs des »rheinischen Talers« von einst).

II. Vom Westfälischen Frieden bis zu den Steinschen Reformen

 

Der Untergang der »Städteherrlichkeit« ist nun – wie bereits mehrfach anklang – im Wesentlichen dem Erstarken der Territorialgewalten besonders im Verlauf und infolge des 30-jährigen Krieges zuzuschreiben. Fast alle Städte waren vom Kriege verheert, ihre Befestigungswerke geschleift, Ratsschatz und Hab und Gut der Bürger geraubt. Heinrich Beurhaus, Prorektor des Archigymnasiums in Dortmund, beschreibt den Zustand der freien Reichs- und Hansestadt nach dem Abzug der letzten kaiserlichen Truppen am 27. Juli 1650:

»Kaum noch der dritte Teil unserer einst so sehr wohlhabenden, so sehr zahlreichen Bürgerschaft möchte übrig seyn. So stark minderte dieses drangvollen Krieges Dauer unserer Bürger Zahl! Viele wurden von Barberey und Gram, zu früh für uns, einem unzeitigen Tode geopfert; viele gab der Mangel dem Grabe hin; viele wanderten aus und zogen ein freywilliges Exil ferneren Leiden durch Soldatenraserey vor. Leere Häuser, verhungerte Kinder, hinwelkende Körper ließen Execution und Contribution uns zurück.«11

19

Dazu kamen die Auseinandersetzungen um die innere Kommunalverfassung, die zu einer Entrechtung der breiten Masse der Bürgerschaft führte. Die Ohnmacht, die städtische Finanzwirtschaft zu ordnen, vollendete den Ruin, so dass die Landesfürsten nunmehr mit den Städten nicht viel anders umgingen, als es mit den Landgemeinden ohnehin üblich war. Es darf aber nicht übersehen werden, dass auch dieser Prozess unterschiedlich verlief. In einzelnen Städten und Landgemeinden – das gilt insbesondere für landesherrliche Residenzstädte und solche Gemeinden, wo gewerblicher Fleiß fürstliche Anerkennung fand – hielt eine positive Entwicklung an. Durch die Ansiedlung neuer Gewerbezweige kam auch das Wirtschaftsleben in Gang.

20

Am konsequentesten wurde die Beseitigung des Selbstverwaltungsrechts in Brandenburg-Preußen durchgeführt. Preuß12 berichtet darüber, dass nunmehr die Stadtverwaltung unterstes Organ der Staatsverwaltung wurde; entsprechend gehörte auch die Verfügung über städtisches Vermögen dazu. Rat und Beamte waren nachgeordnete fürstliche Diener. Der Entwurf eines »rathäuslichen Regiments für Berlin« aus dem Jahre 1736 ist hierfür beispielhaft; hier heißt es:

21

»Principia republicana bringen dem Publico mehr Schaden als Nutzen, sind schon längst wohlbedächtlich supprimiert und abgeschafft und können infolglich ohne Verletzung der königlichen Autorität nicht von neuem eingeführt werden; sondern es werden Seine Königliche Majestät und dero geordnete hohe Collegia besser als der Magistrat urteilen und wissen, wie das Rathaus besetzet, die Stadt regieret und das gemeine Beste gehandhabt werden müsse.«13

 

22

Noch sichtbarer wird der Zugriff des Staates durch die »Instruktion von 1766«, durch die den Gemeinden der königlich preußische Steuerrat zugeteilt wurde. Er mischte sich praktisch in alle kommunalen Angelegenheiten ein, insbesondere auch in den Geschäftsgang der Verwaltung durch Kontrolle des Haushalts, Zwangsmaßnahmen gegen Beamte u.a. Die eingeengte Befugnis der kommunalen Organe wird deutlich in der Vorschrift des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794; »Übrigens genießen Stadtgemeinden in Ansehung ihres Cämmereyvermögens die Rechte der Minderjährigen.«14 Das preußische ALR besaß insofern auch für die Gemeinden große Bedeutung, weil es erstmalig für ganz Preußen einheitliches Städterecht geschaffen hat, das rathäusliche Instruktionen zuließ, die aber genehmigungspflichtig waren; zudem war dem Staat erlaubt, mit Weisungen unmittelbar in das Verwaltungsgeschehen einzugreifen. Die Bevormundung führte zum Desinteresse der Bürgerschaft an ihrer Gemeinde, und da sowohl Bayern als auch Württemberg Vorschriften erließen, die den gleichen Geist atmeten, kam die Mitwirkung der Bürgerschaft an der Gestaltung kommunalen Lebens in weiten

 

Teilen Deutschlands zum Erliegen. Erst der Zusammenbruch der mitteleuropäischen Staaten in Auswirkung der Napoleonischen Siege, insbesondere auf Grund der preußischen Niederlage gegen den französischen Kaiser bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, führte zu einer Rückbesinnung auf die entrissenen gemeindlichen Freiheiten unter der Ägide des Reichsfreiherrn vom Stein.

 

III. Reichsfreiherr vom Stein und die Idee der kommunalen Selbstverwaltung

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Wirken und Persönlichkeit des Freiherrn vom Stein haben seit eh und je im Kreuzfeuer der Kritik gestanden. Revolutionäre klagen ihn an, weil er die Zerstörung der reaktionären Strukturen verhindert habe. Die Kräfte der Restauration haben ihn verdächtigt, auf einen sozialpolitischen Umschwung ausgewesen zu sein.

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Zu beiden Vorwürfen ist zu sagen, dass Stein sich zwar auf systemimmanente Veränderungen im Sozialgefüge beschränkte, innerhalb dieses Rahmens jedoch konsequent eine immer breiter werdende Schicht von Bürgern auf die Förderung des Gemeinwohls verpflichten wollte. Die umfangreiche Literatur zur Würdigung seiner Persönlichkeit hat eine weitere Bereicherung erfahren durch das Werk von Dieter Schwab: Die »Selbstverwaltungsidee« des Freiherrn vom Stein und ihre geistigen Grundlagen.15 In dieser Schrift wird überzeugend die Auffassung widerlegt, als habe Stein als Pragmatiker der Macht aus staatspolitischen Gründen allein die Teilhabe der Nation an den öffentlichen Aufgaben gefordert. Die Reformen seien auch bei Stein nicht allein im »Gemüthaften« verankert gewesen, und er habe nicht den Ton angebenden Zeitgenossen bei der Ausformung der Selbstverwaltung das Wesentliche zu danken, sondern vielmehr bestimmten Denktraditionen des 18. Jahrhunderts. Für jede wesentliche Position seiner »Selbstverwaltungsidee« lasse sich eine gewichtige

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Denktradition des 18. Jahrhunderts nachweisen. Einer Reihe von Einflüssen von Montesquieu, Shaftesbury, John Locke, Rousseau u.a. geht Schwab nach. Für das Kommunalrecht ist der Hinweis besonders bedeutsam, dass sich Stein offenbar in seinem Glauben an die Überlegenheit der freien Tätigkeit der Gesellschaft über die Beamtenhierarchie zur Verwirklichung des Gemeinwohls an den Liberalismus Adam Smith’s anlehnt. Stein glaubte

an den Erfolg eines Erziehungsprozesses, der schließlich zur Hingabe an das Gemeinwohl führen müsse. – Heinrich Karl Friedrich vom und zum Stein entstammte einem reichsunmittelbaren Geschlecht, das bei Nassau an der Lahn begütert war (s. persönliche Daten im Anhang). Nach dem Studium der Rechts-und Staatswissenschaften und einer Tätigkeit beim Reichskammergericht in Wetzlar und beim Reichshofrat in Wien trat Stein teils aus Bewunderung für Friedrich den Großen, vor allem aber wegen der Karrierechancen, in den preußischen Staatsdienst ein. Als der Minister von Heinitz 1782 den damals 25-jährigen Referendar Stein zur Beförderung zum Oberbergrat vorschlug, antwortete der König zunächst: »... Aber gleich Ober Berg Rath zu werden, das ist ein bisgen viel, was hat er denn gethan, womit er das verdienet, und um das zu werden, muß einer sich doch ein bisgen distinguieret haben.«16 Ein »Immediat-Bericht« des Ministers überzeugte den König jedoch, und Stein erhielt 1782 seine Bestallung als Oberbergrat. Steins Karriere führte 1804 bis zum

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Ministeramt; seine kritische Haltung, die oft zum Jähzorn gedieh (wie Ernst M. Arndt über ihn schreibt), trug ihm das Misstrauen vieler und schließlich die Ungnade König Friedrich

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Wilhelms III. ein. Als »widerspenstiger, trotziger, hartnäckiger und ungehorsamer Staatsdiener, der auf sein Genie und seine Talente pochend, weit entfernt, das Beste des Staates vor Augen zu haben … aus Leidenschaft und persönlichem Hass handelnd …«, wurde Stein entlassen. Nach dem Tilsiter Frieden rief ihn der König zurück. In der Zwischenzeit hatte Stein seine Reformpläne in der »Nassauer Denkschrift« dargelegt. Stein nahm die Wiederberufung an. Er antwortete u.a.: »…in diesem Augenblick des allgemeinen Unglücks wäre

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es sehr unmoralisch, seine eigene Person in Ansehung zu bringen.« Im Verlaufe eines einzigen Jahres, das ihm bis zur Ächtung durch Napoleon gegeben war, bewirkte Stein drei entscheidende Reformen. Sein erstes Werk war die Bauernbefreiung. Durch das »Edikt vom 9. Oktober 1807 über den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend« wurde die Erbuntertänigkeit abgeschafft. § 12 des Edikts bestimmte: »Mit dem Martinitage 1810 hört alle Gutsuntertänigkeit in Unseren sämtlichen Staaten auf. Nach dem Martinitage 1810 gibt es nur freie Leute.« Es darf nicht übersehen werden, dass mit der Gutsuntertänigkeit auch der staatliche Bauernschutz fiel. Oft wurden nun die Bauern durch den kapitalkräftigen Gutsbesitzer von ihrer Scholle verdrängt. Andererseits empfanden viele Edelleute das Gesetz, wie General von Yorck es ausdrückte, als »eine eigentliche Abschaffung, man möchte sagen, Verhöhnung des Adels«.

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Das nächste Edikt befasste sich mit der »veränderten Verfassung der obersten Staatsbehörden«. Damit wurde u.a. ein Staatsministerium, d.h. eine Regierung eingerichtet, deren Zuständigkeit sich auf das gesamte Staatsgebiet erstreckte und die aus den fünf »klassischen« Ressorts bestand: Inneres, Finanz, Justiz, Auswärtiges, Krieg.

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Für die kommunale Kompetenz hatte das dritte Reformwerk, die Städteordnung vom 19. November 1808, grundlegende Bedeutung. 1786 hatte Stein während seines Englandaufenthaltes »local selfgovernment« kennen gelernt, und er wollte – begrenzt zunächst auf die Städte – die kommunale Selbstverwaltung einführen, die sich seither mit seinem Namen verbindet, obwohl er selbst diese Bezeichnung nur wenige Male gebraucht hat.17 Nach der Städteordnung erhielten die Städte in den Preußen nach dem Frieden von Tilsit

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verbliebenen Gebieten die Magistratsverfassung. Die Bürger wählten die Stadtverordnetenversammlung als willensbildendes Organ, die den Magistrat als ausführendes Organ einsetzte. Der Magistrat bestand je zur Hälfte aus unbesoldeten und besoldeten Mitgliedern. Die ersteren wurden auf sechs, die letzteren auf zwölf Jahre gewählt. Stadtsyndikus, Kämmerer und Baurat waren besoldete Magistratsmitglieder. Zur Struktur seiner Städteordnung sagt Stein selbst:

 

»Die Bürgerschaft bekommt die ungeteilte Verwaltung ihres Gemeinwesens. Die ganze Einwirkung des Staates beschränkt sich auf die bloße Aufsicht, dass nichts gegen den Zweck des Staates vorgenommen werden und die bestehenden Gesetze befolgt werden. Er … nimmt im Allgemeinen Kenntnis vom Zustand des Gemeinwesens, bestätigt die Magistratsmitglieder und entscheidet die Streitigkeiten der Bürgerschaft. Zu Stadtverordneten werden von der gesamten Bürgergemeinde Männer, die ihr Vertrauen besitzen, aus ihrer Mitte auf drei Jahre gewählt. Diese setzen in ihren Versammlungen die Regeln der Verwaltung des Gemeinwesens fest und beaufsichtigten die Tätigkeit der von ihnen gewählten Behörden (d.h. des Magistrats).«

 

Stein realisierte damit seine Auffassung, dass es »kein Akt der Güte, sondern der Gerechtigkeit sei, der Bürgerschaft die einst entrissenen Rechte zurückzugeben.«18 Nach Heinrich v. Treitschke19 »… wurde die Steinsche Städteordnung zum Ausgangspunkt für die deutsche Selbstverwaltung. Auf ihr fußten alle die neuen Gemeindegesetze, welche durch zwei Menschenalter, solange der Parlamentarismus noch unreif und unfertig dastand, den bewährtesten, den bestgesichertsten Teil deutscher Volksfreiheit gebildet haben.«

IV. Kommunalverfassungsrechtliche Entwicklung bis zur Entstehung des Landes Nordrhein-Westfalen

 

1. Preußische Kommunalverfassungsgesetze

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Da Preußen seine westelbischen Gebiete an Frankreich verloren hatte, galt hier französisches Kommunalrecht bis zur Rückgabe dieser Provinzen auf Grund der Beschlüsse des Wiener Kongresses. Die Steinsche Städteordnung, die den restaurativen Kräften zu fortschrittlich war, wurde hier nicht eingeführt.20 Es wurde die revidierte Städteordnung vom 13. März 1831 erlassen, die weniger auf die Selbstverwaltung ausgerichtet war und

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die Aufsicht erneut zur staatlichen Vormundschaft ausbaute. In Westfalen wurde diese Städteordnung zunächst den größeren Städten, später (31. Oktober 1841) allen Gemeinden über 2500 Einwohnern verliehen. Im Rheinland konnten die Städte anfänglich ihre bisherige Kommunalverfassung beibehalten. Essen und Mülheim bekamen die revidierte Städteordnung. Schließlich wurde für die rheinischen Gemeinden am 23. Juli 1845 eine GO nach französischem Vorbild erlassen. Damit war die Aufsplitterung des Kommunalverfassungsrechts in Preußen perfekt.

Die Revolution von 1848 führte zu einem neuen Anlauf, dieses Rechtsgebiet zu vereinheitlichen. Die preußische Gemeindeordnung vom 11. März 1850 galt für das gesamte preußische Staatsgebiet und beseitigte den bisherigen Unterschied zwischen Städten und Landgemeinden. Doch wurde sehr bald (19. Juni 1852) diese Gemeindeordnung nach Niederschlagung der Revolution außer Kraft gesetzt und schließlich ganz aufgehoben. Im Rheinland bzw. in Westfalen galten bis zur »Gleichschaltung« im Hitlerstaat die Landgemeinde-

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und Städteordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856, die rheinische Städteordnung vom 15. Mai 1856. Für die rheinischen Landgemeinden blieb es bei der o.a. Regelung mit Novellierung vom 15. Mai 1856. Im lippischen Teil des heutigen Landes Nordrhein-Westfalen erließ der Fürst die Landgemeindeordnung vom 2. März 1841 und die Städteordnung vom 16. März 1843. Die Landgemeindeordnung wurde am 23. Juli 1879 novelliert.21 Wenn auch die nun rechtswirksame Kommunalverfassung den Steinschen Vorstellungen kaum noch entsprach (dabei waren Rheinland und Westfalen noch im Vorteil gegenüber den östlichen preußischen Provinzen, die erst am 3. Juli 1891 eine vergleichbare Kommunalverfassung erhielten), so war doch eben genug Freiheitsraum geblieben, um die staatliche Vormundschaft zu dämpfen. Es ist somit sicherlich seit Stein – wesentlich gestützt durch das liberale Bürgertum – ein fortgesetztes Zurückdrängen der staatlichen Gewalt von der kommunalen Stufe zu verfolgen. Im weiteren Verlauf der Entwicklung brachten die so genannten »fruchtbaren 80er Jahre« einen Fortschritt für die Gemeinden durch den Erlass eines Landesverwaltungsgesetzes (30. Juli 1883) und

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des Zuständigkeitsgesetzes (1. August 1883).

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Hinsichtlich des Gemeindeverbandsrechtes ist zur Rechtsentwicklung der Samtgemeinde, die in Westfalen Amt und im Rheinland Bürgermeisterei hieß, ebenfalls eine zunehmende Tendenz zur Selbstverwaltung zu spüren, wenn auch staatliche Aufgaben weiterhin eine Rolle spielten. Die o.a. Landgemeindeordnungen waren die wichtigste Rechtsgrundlage, doch auch andere Vorschriften gewannen Bedeutung. So wurde z.B. durch ein Gesetz vom 27. Dezember 1927 die Bezeichnung Amt auch für die Rheinprovinz eingeführt. Der westfälische Amtmann bekam die Bezeichnung Bürgermeister.

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Die Landkreise, die ihren Ursprung als ständische Bezirke auf das 17./18. Jahrhundert zurückführen können, entwickelten sich zu einer Mischform staatlicher und kommunaler Aufgaben. Für Westfalen und die Rheinprovinz ergingen die ersten Kreisordnungen 1827 und in der Folgezeit vom 31. Juli 1886 (Westfalen) und 30. Mai 1887 (Rheinprovinz).22 Die 1841/43 im Fürstentum Lippe geschaffenen 13 Amtsverbände waren durch die Landgemeindeordnung vom 23. Juli 1879 auf vier verringert worden. 1927/31 wurden je zwei dieser vier Ämter in die neu gegründeten Landkreise Detmold und Lemgo integriert.

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Durch die Provinzialordnung für Westfalen vom 1. August 1886 und für die Rheinprovinz vom 1. Juni 1887 wurden die preußischen Provinzialverbände von einer ständischen Einrichtung zu Verbänden der Kreise umgewandelt. Es besteht somit die besondere Tradition in unserem Lande, dass regionale Kommunalverbände auf einer Stufe des Verwaltungsaufbaus angesiedelt sind, die oberhalb derjenigen der staatlichen Regierungsbezirke liegt und die als Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland bis heute wichtige Funktionen erfüllen.

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2. Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935

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Der Prozess der Unitarisierung, der in der Weimarer Republik vorangetrieben wurde und der vor allem durch die verfassungsrechtliche Sicherung der Selbstverwaltung in Art. 127 und die Verpflichtung auf demokratische Wahlrechtsgrundsätze in Art. 17 Abs. 2 alle Länder gegenüber den Gemeinden band, führte leider nicht zu der gewünschten Vereinheitlichung des Kommunalrechts auf demokratische Weise, wenn auch die getroffenen Vorbereitungen weit gediehen waren. Die Würdigung dieser Epoche beschränkt sich meist auf die Anerkennung für Persönlichkeiten, wie Adenauer, Geordeler, Lehr: Oberbürgermeister von Köln, Leipzig, Düsseldorf u.a. Sie sollte jedoch den Dank an die Mitglieder der Selbstverwaltungs-Körperschaften einschließen, die um Vereinheitlichung bemüht waren und die nun in der Folge von der entscheidenden Mitwirkung ausgeschlossen wurden. Die Zersplitterung

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auf diesem Rechtsgebiet wurde in der Tat mit der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 beseitigt. Einheitliches Gemeinderecht für ganz Deutschland und für alle Gemeinden, gleichviel welcher Größe, war die verlockende Grundidee dieses Kommunalverfassungswerkes! Die Prinzipien, die diese »neue Ordnung« beherrschten, sollten jedoch nicht übersehen werden. Adolf Hitler hatte in seinem Buch »Mein Kampf« eindeutig die Mehrheitsentscheidung für alle Ebenen öffentlicher Gewalt abgelehnt und ausdrücklich erklärt: Der Staat muss in seiner Organisation, bei der kleinsten Zelle, der Gemeinde, angefangen bis zur obersten Leitung des gesamten Reiches, das Persönlichkeitsprinzip verankert haben. Es gibt keine Majoritätsentscheidungen, sondern nur verantwortliche Personen, und das Wort »Rat« wird wieder zurückgeführt auf seine ursprüngliche Bedeutung. Jedem Manne stehen wohl Berater zur Seite. Allein die Entscheidung trifft ein Mann … Der völkische Staat hat, angefangen bei der Gemeinde bis hinauf zur Leitung des Reiches, keinen Vertretungskörper,

 

der etwas durch Majorität beschließt, sondern nur Beratungskörper, die dem jeweilig gewählten Führer zur Seite stehen und von ihm in die Arbeit eingeteilt werden…23

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Das Buch enthielt Hitlers strategisches Programm, und er hat in der Tat das hier erläuterte »Führerprinzip« konsequent auch auf kommunaler Ebene verwirklicht. Die gewählten Vertretungskörperschaften verschwanden und an ihre Stelle traten die durch das »Zusammenwirken von Partei und Staat« ernannten Amtsträger. Damit war die politische Selbstverwaltung aus diesem Gesetz, das noch im Entwurf anders ausgesehen hatte, beseitigt. Wenn auch die »unpolitischen Teile« dieses Gesetzes und die dazu ergangenen Verordnungen (GemHVO, KuRVO, EigBetr VO) bis in unsere Tage erheblichen Einfluss auf das Kommunalverfassungsrecht genommen haben, so war doch von der Struktur her (Berufung des Bürgermeisters, der Beigeordneten und Gemeinderäte im Zusammenwirken mit der NSDAP) die verfassungsmäßige Ordnung der Weimarer Republik ausgehöhlt, und die Beschwörung Steins und des Geistes der Selbstverwaltung klingt absurd.

3. Kommunalverfassung nach 1945

 

Da mit der bedingungslosen Kapitulation alle öffentliche Gewalt auf die Siegermächte überging, war den Alliierten auch die Neuordnung des Kommunalverfassungsrechts überlassen. Sie gingen dabei allerdings unterschiedliche Wege.

 

In der britischen Besatzungszone beschäftigte sich die Militärregierung intensiv mit der Neugestaltung. Schließlich wurde mit der MVO Nr. 21 (ohne Datum) – in Kraft getreten am 1. April 1946 – die so genannte revidierte Deutsche Gemeindeordnung – eine geänderte Rechtsgrundlage – geschaffen. Die Neufassung war vom »Führerprinzip« befreit und enthielt außerdem einen britischen Beitrag. Tatsächlich wurden deutsche und

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britische Rechtsvorstellungen miteinander vermischt. Die so genannte »doppelte Ver waltungsspitze« – Rat und Bürgermeister einerseits, Gemeindedirektor und Mitarbeiter andererseits – kam aus der englischen Tradition; doch im englischen Recht mit stärkerer

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Stellung des Rates und der Ausschüsse, als die Struktur der revidierten Gemeindeordnung vorsah. Hingegen wurden das Universalitätsprinzip und der gemeindewirtschaftliche Teil aus dem deutschen Kommunalrecht hergeleitet.

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Beschränkungen zugunsten der Besatzungsmacht setzten der Selbstverwaltung jedoch enge Grenzen, so hieß es z.B.

§ 1     Die Gemeinden sind in Einklang mit den von der Militärregierung verkündeten Zielen zu verwalten.

§ 106 Die Gemeinden unterliegen der Staatsaufsicht. Die Aufsicht ist so zu handhaben, wie es die Militärregierung bestimmt.

 

Hier wird der in der Präambel zur revidierten DGO ausgesprochene Leitsatz deutlich, dass die Schaffung völlig demokratischer Einrichtungen, die auf den Wahlprinzipien beruhen, in Stadien vor sich gehen müsse.

 

Da die übrigen Besatzungsmächte anderen Vorstellungen gefolgt waren, ergab sich eine Zersplitterung des Kommunalverfassungsrechts, die allgemein bedauert wurde, so dass es an Versuchen nicht fehlte, wieder zur Einheit zurückzufinden. Tatsächlich konnten sich die kommunalen Spitzenverbände mit den Innenministern der Länder auf den so genannten »Weinheimer Entwurf« für eine neue Deutsche Gemeindeordnung einigen. Die staatsrechtliche Neuordnung im Westen Deutschlands durch den politischen Zusammenschluss zur Bundesrepublik Deutschland führte nunmehr nach dem Grundgesetz auf dem Gebiet des Kommunalverfassungsrechts zur Kompetenz der Länder und machte somit den Weg

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zur landesrechtlichen Betonierung der Zersplitterung frei. Die Zuständigkeit der Bundesländer ergibt sich aus dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG i.V.m. der Tatsache, dass das GG dem Bund keine Zuständigkeit für das Kommunalverfassungsrecht zuweist.

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In der sowjetischen Besatzungszone läutete die Gründung der DDR (7. Oktober 1949) das Ende der kommunalen Selbstverwaltung ein. Erst hob das Demokratisierungsgesetz vom 23. Juli 195224 die Landesregierungen und Landtage auf und teilte das Territorium der Länder in 14 Bezirke auf (was de facto eine Auflösung der Länder bedeutete), dann lösten Verordnungen zur Lokalverwaltung25 die demokratische Gemeindeordnung ab.

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Mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 17. Januar 1957 war die Einbindung der Gemeinden und Kreise in den vom »demokratischen Zentralismus« geprägten Staats-und Verwaltungsaufbau der DDR vollzogen. Dieses Gesetz erfuhr eine Neufassung unter der Bezeichnung »Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der DDR« (12. Juli 1973), dem am 4. Juli 1985 unter gleicher Bezeichnung ein neues Gesetz folgte, das dann bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 Geltung behielt.

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Durch das Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik – Ländereinführungsgesetz – vom 22. Juli 1990 erhielt die DDR den Status eines Bundesstaates. Als dann die Volkskammer am 23. August 1990 den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erklärt hatte, setzten Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 des Einigungsvertrages das Grundgesetz in den beigetretenen Teilen in Kraft. Der Einigungsvertrag regelte gleichzeitig, dass die Kommunalverfassung vom 17.5.1990 als Landesrecht in jedem der fünf Länder weitergalt.

 

In der Folgezeit haben die neuen Bundesländer mit dem Erlass eigener Kommunalverfassungen die kommunalrechtliche Entwicklung zu einem Abschluss gebracht.26

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Im Zusammenhang mit der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung nach 1945 darf ein kurzer Blick über die nationalen Grenzen hinaus nicht fehlen. Die Mitgliedstaaten des Europarates haben am 15.10.1985 die Charta der kommunalen Selbstverwaltung unterzeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Charta durch Vertragsgesetz vom 22.1.1987 (BGBl. II S. 65) ratifiziert, ihren Anwendungsbereich den nationalen Gegebenheiten gemäß aber auf Gemeinden und Kreise beschränkt und die Kreise von der kommunalen Steuerhoheit des Art. 9. Abs. 3 der Charta ausgenommen.

Der Text der Charta ist als Anlage im Anhang abgedruckt.

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In den Prozess der europäischen Einigung sind auch die Gemeinden und Kreise einbezogen:

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Für Nordrhein-Westfalen war die Gemeindeordnung vom 28.10.1952 der Beginn einer eigenständigen landesrechtlichen Entwicklung. Diese Gemeindeordnung blieb in ihren Grundstrukturen, insbesondere mit ihrer sog. doppelten Verwaltungsspitze, bestehend aus dem ehrenamtlichen, vom Rat gewählten Bürgermeister und dem hauptamtlichen, vom Rat auf Zeit gewählten Gemeindedirektor, bis 1994 erhalten. Dann wurde dieses seinerzeit von der britischen Besatzungsmacht beeinflusste System durch die Einführung der monokratischen Verwaltungsspitze abgelöst. Ein auf fünf Jahre zeitgleich mit dem Rat gewählter Bürgermeister, der sowohl Vorsitzender des Rates als auch Chef der Verwaltung ist, war schon ein deutlicher Paradigmenwechsel, wenn damit auch an die deutsche Kommunalrechtstradition der Zeit vor 1935 angeknüpft wurde. Die im Vergleich mit den anderen Flächenländern in der Bundesrepublik Deutschland kürzeste Wahlzeit eines Hauptverwaltungsbeamten war allerdings politisch von Anfang an umstritten. Mit dem Wechsel der politischen Mehrheiten im Landtag durch die Landtagswahl 2005 koppelte das GO-Reformgesetz 2007 die Wahl des Bürgermeisters von der allgemeinen Kommunalwahl ab und verlängerte

 

seine Wahlzeit auf 6 Jahre. Der Verzicht auf eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang und damit der Wegfall einer Stichwahl bedeutete gleichzeitig eine Premiere im Kommunalrecht der deutschen Länder.

1v. Unruh in Handbuch der Kommunalen Wissenschaft und Praxis, 2. Auflage, Band I, S. 60.

3Sundermann, Vergangenheit und Gegenwart, Frankfurt 1966, S. 3.

4Pagenkopf, Einführung a.a.O., S. 19, s.a. Hattenhauer, ALR für die pr. Staaten, Textausgabe, Frankfurt 1970, S. 433 ff.

5Kimminich, Deutsche Verfassungsgeschichte, Frankfurt 1970, S. 89 ff.

6Schiefer, Geschichte des Abendlandes, Frankfurt 1957, S. 22 ff.

7 Wortzitat und Darstellung aus Engel, Die Stadtgründung im Bielefelde, Bielefeld 1952, S. 33 ff.

8 Wortzitat und folgende Darstellung nach Conrad, Der deutsche Staat, Frankfurt 1969, S. 86.

9 Weiterhin Conrad, s. FN 8, S. 87/88.

10 zitiert nach Rehkopp, Die Stadt und ihre Bürger, Köln 1957, S. 24.

11 zitiert in »Aufbruch ins Revier – Aufbruch nach Europa« (Jubiläumsschrift der Hoesch AG Dortmund) München 1971, S. 134.

12Preuß, Die Entwicklung des deutschen Städtewesens I, Leipzig 1906, S. 157.

13 zitiert bei Pagenkopf, »Einführung« a.a.O., S. 35.

14Hattenhauer, s. FN 4, Textausgabe ALR, Teil II, Tit. 8 § 157.

15 Frankfurt 1971, hervorgegangen aus der Dissertation des Verfassers aus dem Jahre 1960; vgl. aber auch Schwabe »Englischer Einfluss auf die Reformideen des Freiherrn vom Stein«, DVP 1987, S. 341 ff.

16 zitiert (auch die weiteren Wortzitate) nach Botzenhart, Freiherr vom Stein, Bd. I, Stuttgart 1957, S. 138 ff.

17Schwab, s. FN 15, S. 12.

18Botzenhart, s. FN 16, Band II/2, S. 931.

19 in: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Leipzig 1904, Bd. I, S. 256

20 Die Städteordnung vom 19. November 1808 offenbarte in der Praxis auch echte Mängel, die Stein selbst erkannt hatte (s.a. Pagenkopf, »Einführung« a.a.O., S. 42 ff.).

21Odenbreit, a.a.O., S. 214.

22Pagenkopf, »Einführung« a.a.O., S. 68.

23 Wortzitat aus Schätzel, Der Staat, Berlin 1963, S. 470/71.

24 Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR v. 23. 7.1952 (GBl. S. 613)

25 Ordnungen über den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke, Kreise, Städte und Stadtbezirke v. 24.7.1952/8.1.1953.

26 Vgl. dazu auch Sundermann/Miltkau »Kommunalverfassung in Brandenburg« S. 26.

 

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Die grundgesetzliche Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung findet sich in Art. 28 GG. In Art. 28 Abs. 1 wird die Verklammerung mit den Verfassungsgrundentscheidungen des Art. 20 GG hergestellt (Volkssouveränität, repräsentative Demokratie, demokratische Wahlverfahren) und auf diese Weise die Homogenität des politischen Grundbestandes in Bund, Ländern und Gemeinden gewährleistet.

Homogenität bedeutet dabei nicht Identität, Konformität oder Uniformität. Zugleich erhellt hieraus die Entscheidung der Verfassung für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute »gegliederte Demokratie«. Die Ausprägung der in Art. 28 GG verankerten Grundsätze bleibt Sache der Länder. Daneben enthält Art. 28 GG aber auch besondere kommunale Garantien, die der Bund notfalls zu erzwingen hat.

II. Begriff und Funktion der kommunalen Selbstverwaltung

 

Die inhaltliche Bestimmung des Begriffs »Kommunale Selbstverwaltung« ist auch nach fast 200 Jahren immer noch nicht überzeugend gelungen. Wie sollte es auch, wo sich doch schon der Begriff »Verwaltung« einer Definition entzieht. Hendlers grundlegender Untersuchung1 zu diesem Thema sind die nachstehend unkommentiert wiedergegebenen Versuche einer Begriffsbestimmung entnommen:

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• Selbstverwaltung im Rechtssinne ist die selbstständige, fachweisungsfreie Wahrnehmung enumerativ oder global überlassener oder zugewiesener eigener öffentlicher Angelegenheiten durch unterstaatliche Träger oder Subjekte öffentlicher Verwaltung in eigenem Namen (Hans Julius Wolff).

• Selbstverwaltung ist die Wahrnehmung an sich staatlicher Aufgaben durch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Ernst Forsthoff).

• Der Rechtsbegriff der Selbstverwaltung im formalen Sinn besteht in der öffentlichen Verwaltung durch juristische Personen, die dem Staat eingegliedert sind; der Rechtsbegriff der Selbstverwaltung im materiellen Sinn überhöht die Selbstverwaltung als Verwaltungsform durch die Zweckbestimmung eigenverantwortlicher Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben (mittels Dezentralisation) (Erich Becker).

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• Selbstverwaltung ist eine Organisationsform der öffentlichen Verwaltung, bei der vom Staat verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts aufgrund gesetzlicher Gewährung des Selbstverwaltungsstatus eigene Aufgaben mit eigenen Organen in eigenem Namen und im Rahmen der Gesetze auch in eigener administrativer und finanzieller Verantwortung erfüllen (Jürgen Salzwedel):

• Schließlich Hendler selbst:

Bei der Selbstverwaltung handelt es sich um öffentlich-rechtliche Organisationseinheiten, die gegenüber dem staatsunmittelbaren Behördensystem institutionell verselbstständigt, aber gleichwohl dem Staatsverband eingegliedert sind und sich dadurch auszeichnen, dass bestimmte öffentliche Angelegenheiten von den davon besonders berührten Personen, den Betroffenen, eigenverantwortlich (d.h. höchstens unter staatlicher Rechtsaufsicht) verwaltet werden.

 

Trotz all dieser neueren Bemühungen behält die in den Vorauflagen unter Berufung auf Althaus2 vertretene Trennung in einen bürgerschaftlichen und einen körperschaftlichen Selbstverwaltungsbegriff ihre Bedeutung.

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Selbstverwaltung im politischen Sinne oder bürgerschaftliche Selbstverwaltung ist die entscheidende Mitwirkung ehrenamtlicher Kräfte aus der Bevölkerung an der Verwaltung.

 

Ihr Gegenstück besteht in der Verwaltung durch hauptamtliche Kräfte (Berufsbeamtentum). Die bürgerschaftliche Selbstverwaltung findet ihren Ausdruck in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG. Die Verpflichtung auf die auch für die Wahl zum Bundestag in Art. 38 GG festgelegten Wahlrechtsgrundsätze schafft gleichlautende Prinzipien von der kommunalen Stufe bis zur Ebene des Bundes (hier: Grundsatz der repräsentativen Demokratie). Daneben räumt Art. 28 Abs. 1 S. 4 die Möglichkeit der »direkten« Demokratie ein, die allerdings nur in Kleinstgemeinden zu verwirklichen ist. Die wiederum sind im Zuge der Gebietsreform in NRW aufgelöst worden, so dass sich die Bestimmung in NRW nicht mehr auswirkt.

 

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Selbstverwaltung im juristischen Sinne oder körperschaftliche Selbstverwaltung ist die Verwaltung der Gemeinde durch ihre eigenen Organe und unter eigener Willensbildung.

Das Gegenstück dazu wäre die Verwaltung gemeindlicher Angelegenheiten durch staatliche Verwaltungsbehörden. Der körperschaftliche Selbstverwaltungsbegriff wurzelt in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Der Hinweis »auch« in Satz 2 lässt darauf schließen, dass der erste Satz eine Inhaltsbeschreibung für diese Form der Selbstverwaltung sein soll.

 

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geschützten Kernbereich der Selbstverwaltung auch ein begrenzter Bestandsschutz gehöre.

»Dieses ergibt sich daraus, dass das Recht des Staates im Rahmen des ihm zustehenden Staatsorganisationsrechtes, Gemeinden aufzulösen und ihre Grenzen zu ändern, beschränkt

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ist … Die von jeher in den Gemeindegesetzen und Gemeindeordnungen vorgeschriebenen Bindungen des Eingriffs in den Bestand einer Gemeinde an Gründe des öffentlichen Wohls bedeuten mehr als eine rechtlich unverbindliche Leitlinie für ein zweckmäßiges staatliches Handeln. Sie ist Ausdruck eines Grundsatzes, der zum historisch überkommenen Bild der Selbstverwaltung gehört, ihrem Kernbereich zuzurechnen ist und damit von der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 78 LV umfasst wird. Wenn in der GO und in der KrO bestimmt ist, dass aus Gründen des öffentlichen Wohls kommunale Grenzen geändert, Gebietskörperschaften aufgelöst oder neu gebildet werden können, so wird damit nur wiederholt, was verfassungsrechtlicher Grundsatz ist.« (OVGE 26, 270 ff.)

 

2. Garantie der Allzuständigkeit

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Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantiert den Gemeinden die eigenverantwortliche Erledigung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Mit dieser »Generalklausel« wird auf einen gegenständlich bestimmten oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbaren Aufgabenkatalog verzichtet. Das entspricht der deutschen Kommunalrechtstradition. Schon in der Preuß. Städteordnung vom 19.11.1808 ist in den §§ 108 und 169 von »allen das Gemeinwesen betreffenden Angelegenheiten« die Rede. Das Pr. OVG verstand darunter alles,

– »was die Wohlfahrt des Ganzen, die materiellen Interessen und die geistige Entwicklung des Einzelnen fördert« (Pr. OVGE 2, 186/189).

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Die »Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises« steht im Gegensatz zur Spezialität der Aufgaben anderer Selbstverwaltungsträger.

Um die nähere inhaltliche Festlegung der Allzuständigkeitsklausel hat sich eine Vielzahl von Publikationen bemüht. Mit der so genannten »Rastede-Entscheidung« (BVerfGE 79, 127) hat das Bundesverfassungsgericht einige Klarstellungen getroffen. So definiert das Gericht unter An-

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knüpfung an frühere Entscheidungen die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft als

– »diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben …, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfürnicht an«.

Der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 enthaltene Gesetzesvorbehalt (»im Rahmen der Gesetze«) erlaubt dem Gesetzgeber allerdings, sowohl die Art und Weise der Erledigung dieser Angelegenheiten als auch die gemeindliche Zuständigkeit dafür zu regeln.

– »Bei der Einschätzung der örtlichen Bezüge einer Aufgabe und ihres Gewichts kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Hierbei darf nicht übersehen werden, dass sich eine Aufgabe nicht hinsichtlich all ihrer Teilaspekte und nicht für alle Gemeinden gleichermaßen als eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft darstellen