König des Schicksals - Robyn Young - E-Book

König des Schicksals E-Book

Robyn Young

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Beschreibung

Wenn Menschen zu Legenden werden, wird Geschichte neu geschrieben

Robert Bruce hat sein Ziel erreicht: Er ist der gekrönte König Schottlands. Doch er hat den Zorn Edwards von England auf sich gezogen. Unter dem gefürchteten Drachenbanner zieht Edward in den Norden, entschlossen, Schottland zurückzuerobern. Die Engländer sind nicht Roberts einzige Feinde. Nach dem Mord an seinem Rivalen John Comyn hat sich das Reich geteilt, seine Truppen sind erschöpft und viele seiner Männer haben sich gegen ihn gestellt. Bruce hat die Krone, doch er hat kein Reich, er hat den Willen, ein Anführer zu sein, doch er hat keine Autorität mehr. Sein Ziel ist es nun, sich den Respekt seiner Nation zurückzuverdienen …

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Buch

Robert Bruce hat sein Ziel erreicht: Er ist der gekrönte König Schottlands. Doch er hat den Zorn Edwards von England auf sich gezogen, der sich von seinem einstigen Ritter und Vasallen hintergangen fühlt. Robert hingegen weiß um Edwards Lügen und Intrigen zur Thronerkämpfung – denn deshalb hat er sich von ihm losgesagt. Unter dem gefürchteten Drachenbanner zieht Edward schließlich in den Norden, entschlossen, Schottland zurückzuerobern.

Die Engländer sind jedoch nicht Roberts einzige Feinde. Nach dem Mord an seinem Rivalen John Comyn hat sich das Reich geteilt, seine Truppen sind erschöpft, und viele seiner Männer haben sich gegen ihn gestellt. Bruce hat die Krone, doch er hat kein Reich, er hat den Willen, ein Anführer zu sein, doch er hat keine Autorität mehr. Sein Ziel ist es nun, sich den Respekt seiner Nation zurückzuverdienen.

Mit einigen wenigen tapferen Männern zieht Robert nach Bannockburn für eine letzte, alles entscheidende Schlacht, die über die Zukunft Schottlands entscheiden wird …

Autorin

Mit ihrem Debüt Die Blutschrift gelang der Britin Robyn Young in Großbritannien und den USA ein großartiger Durchbruch, der sie auf die Bestsellerlisten schnellen ließ. Geboren 1975 in Oxford, begann sie schon früh, Gedichte und Kurzgeschichten zu schreiben. Aber erst während eines Seminars in Kreativem Schreiben fand sie den Mut, ihre Ideen zu Die Blutschrift zu Papier zu bringen. Heute lebt Robyn Young in Brighton, und wenn sie nicht gerade an einer historischen Trilogie schreibt, unterrichtet sie Kreatives Schreiben an verschiedenen Colleges.

Bei Blanvalet von Robyn Young bereits erschienen:

Die Blutschrift · Die Blutritter · Die BlutsfeindeRebell der Krone · Krieger des Friedens

Robyn Young

König desSchicksals

Roman

Aus dem Englischenvon Nina Bader

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »Kingdom«bei Hodder & Stoughton, an Hachette UK company, London.

1. AuflageDeutsche Erstausgabe Januar 2016 bei Blanvalet,einem Unternehmen derVerlagsgruppe Random House GmbH, MünchenCopyright © by Robyn Young 2014Karte © Sandra OakinsCopyright © für die deutsche Ausgabe 2016by Blanvalet Verlag, in derVerlagsgruppe Random House GmbH, MünchenUmschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign,unter Verwendung von Motiven von akg-images/British Library und Shutterstock.comRedaktion: Werner BauerLH · Herstellung: samSatz: DTP Service Apel, HannoverISBN: 978-3-641-17392-0www.blanvalet.de

Karte Britannien 1306

Denn wir kämpfen nicht nur für Ruhm, nicht fürReichtümer oder Ehren, sondern wir kämpfeneinzig für die Freiheit, die kein ehrenhafterMann aufgibt, wenn nicht zugleich mit seinemLeben.

»Die Erklärung von Arbroath, A.D. 1320«

PROLOG

A.D. 1292

Nach diesem werden sich zwei Drachen durchsetzen, von denen der eine sterben wird durch den Stachel des Neides, der andere hingegen wird im Schatten eines Mannes zurückkehren.

Geoffrey of Monmouth,»Die Geschichte der Könige Britanniens«

Lochmaben, Schottland,(A.D. 1292)

Sie brachen auf, während die Abenddämmerung den Tag des letzten Lichts beraubte. In der trüben Novemberdüsterkeit wirkten die von Kapuzen beschatteten Gesichter der Männer bleich. Nur wenige sprachen bei der Arbeit, Träger wuchteten Truhen auf Karren, Knappen überprüften die Geschirre der Zugpferde, huschten zwischen den Rittern umher, die bereits auf ihren Pferden saßen, zurrten Sattelgurte fest und rückten Steigbügel zurecht. Ihre durch die Kälte starr gewordenen Finger kämpften mit den Schnallen. Die Luft war regenverhangen, verdunkelte die Strohdächer der hölzernen Gebäude, die sich im Burghof drängten, und verwandelten den Hof in einen glitschigen Morast aus Pferdemist, Erde und verrottenden Blättern.

Robert, der sich Uathachs Leine um die zur Faust geballte Hand geschlungen hatte, verfolgte die Vorbereitungen. Vor einer Woche hatte es hier von Lords und ihren Gefolgen gewimmelt, die sich zu dem Fest einfanden, der Hof war von Stimmen und Gelächter erfüllt gewesen, und aus der Halle seines Großvaters war Musik und Feuerschein geströmt. Vor einer Woche hatte er diesen Hof mit Eva durchquert, ihre Röcke hatten an seiner Seite geraschelt, und die eisige Kälte hatte die weinselige Röte aus seinem Gesicht vertrieben. Doch dann war die Nachricht eingetroffen, angekündigt vom Klirren der eisenbeschlagenen Hufe und ausgespien von den Mündern der Boten; vier Worte, die alles verändert hatten.

John Balliol wird König.

War das erst eine Woche her? Es kam ihm viel länger vor.

Robert blickte sich um, als zwei mit einem Weidenkorb, aus dem hastig zusammengepackte Kleidungsstücke heraushingen, beladene Diener aus dem Gebäude hinter ihm stolperten. Uathach sprang bellend auf sie zu, wurde jedoch durch einen scharfen Ruck an der Leine zurückgezogen. Der Welpe lehnte sich gegen Roberts Stiefel und blickte fragend zu seinem ausdruckslosen Gesicht auf. Als die Diener auf den Karren zusteuerten, bemerkte Robert, dass etwas aus dem Korb gefallen war, etwas Weißes, das zerknüllt auf dem dunklen Boden lag. Er ging hinüber und hob es auf. Es war ein jetzt schlammverschmierter Schleier seiner Mutter. Als er hinter sich eine sanfte, über das Krachen und Kratzen der Truhen, die verladen wurden, hinweg kaum vernehmbare Stimme hörte, drehte er sich um.

Gräfin Marjorie lächelte, als sie auf ihn zutrat und eine kühle Hand über die seine mit dem schmutzigen Schleier darin legte. »Agnes wird sich darum kümmern.«

Im vergangenen Jahr war Robert in die Höhe geschossen und überragte dank dieses plötzlichen Wachstumsschubs seine einst so imposante Mutter, die zur selben Zeit geschrumpft zu sein schien. Sie versank förmlich in ihrem pelzbesetzten Reiseumhang, und als er jetzt auf sie hinunterschaute, kam er sich vor wie ein Riese; seine vom Umgang mit dem Schwert schwieligen Hände ließen die ihren fast zwergenhaft erscheinen, und seine muskelbepackten Arme vermochten ihre schmale Gestalt zu zermalmen. Er dachte an die wässrigen Blutflecken auf den Laken, die er Agnes, ihre Wäscherin, früher am Nachmittag aus der Kammer hatte tragen sehen. »Das ist Wahnsinn«, murmelte er. »Bleib hier. Wenigstens über Nacht.«

Marjories Lächeln verblasste. Ihre Brauen zogen sich zusammen, als sie den Blick abwandte. »Dein Vater hat vereinbart, dass wir heute Nacht bei einem der Vasallen deines Großvaters unterkommen. Seine Halle liegt auf unserem Heimweg.«

»Dann bleib dort. Großvater kann dich doch sicherlich nach Turnberry eskortieren lassen, wenn es dir besser geht.«

»Er hat seine Entscheidung getroffen.« Marjories Blick wanderte zu ihm zurück. Ihre Augen wirkten härter und entschlossener, etwas von ihrer alten Kraft funkelte darin. »Mein Platz ist an seiner Seite.«

Robert fragte sich, ob ein anklagender Unterton in der Stimme seiner Mutter mitschwang. Gab sie ihm die Schuld an der Entscheidung seines Großvaters?

Sie schien seine unausgesprochene Frage zu spüren, denn sie drückte seine Hand. »Dein Vater hat das Urteil des Lords akzeptiert. Kraft seines Siegels gehört Carrick dir. Jetzt muss er nach Hause zurückkehren, um seine Angelegenheiten zu regeln. Gib ihm Zeit, Robert. Er wird es auch in seinem Herzen akzeptieren.«

Er hätte ihr gern gesagt, wie sehr sie doch beide wussten, dass dies nicht zutraf, aber just in diesem Augenblick kamen seine Schwestern aus ihren Unterkünften, und Isabel rief der Gräfin etwas zu.

»Unsere Kammern sind ausgeräumt, Mutter. Wir können aufbrechen.« Beim Sprechen schielte sie zu Robert hinüber.

Marjorie nickte ihrer ältesten Tochter zu. »Bring deine Schwestern zu der Kutsche.«

Gehorsam führte Isabel Bruce ihre drei jüngeren Geschwister über den schlammigen Hof, dabei schlug sie zum Schutz vor dem Regen ihre Kapuze hoch. Er fiel jetzt heftiger, trommelte laut auf die gewachste Leinwand, die über die Karren gespannt war. Christina ging neben Isabel und warf Robert einen Blick zu, als sie an ihm vorbeikam. Er schenkte seiner flachshaarigen Schwester ein aufmunterndes Lächeln, das sie jedoch nur flüchtig erwiderte. Unübersehbare Angst spiegelte sich in ihrem Gesicht wider. Die Gouvernante der Mädchen folgte ihr mit Matilda an der Hand, die mit vom Weinen geröteten Augen widerstrebend vorwärtsstolperte. Die siebenjährige Mary kam als Letzte, sie hatte die Arme fest vor der Brust verschränkt und weigerte sich, sich führen zu lassen. Sie wirkten alle bedrückt, die beiden jüngeren Mädchen begriffen noch nicht, was geschehen war, spürten aber die Anspannung der Erwachsenen; die älteren waren sich bewusst, dass diese Flucht aus Lochmaben für die Familie Bruce mehr als nur das bittere Ende eines langen Kampfes bedeutete – dass sie vielleicht sogar das Ende der Familie selbst war.

Eine barsche Stimme durchschnitt das Gemurmel der Männer, die alles für die Abreise vorbereiteten. Robert sah, dass sein Vater auf den Hof getreten war und den Dienern befahl, Fackeln zu bringen. Seine mächtige Gestalt wirkte durch einen schweren schwarzen Umhang, der sich um seinen Körper bauschte, als er seinem Knappen schroff bedeutete, sein Pferd zu bringen, noch massiger. Robert empfand das Fehlen seines weißen Mantels mit dem roten Sparren von Carrick als befremdlich. Er sah wie ein völlig anderer Mensch aus. Die Kapuze des Umhangs war zurückgeschlagen, aus dem schütteren Haar seines Vaters rann der Regen. Edward Bruce hielt sich an seiner Seite, ein nachdenklicher Ausdruck lag auf seinem jungenhaften Gesicht. Da Niall und Thomas sich in der Obhut von Zieheltern in Antrim befanden und Alexander eine Priesterausbildung durchlief, war Edward als Einziger von Roberts Brüdern bei diesem Anlass anwesend.

Der ältere Bruce erspähte seine Frau und ging zu ihr hinüber. »Es wird Zeit«, bemerkte er brüsk, ohne den Blick von der Gräfin abzuwenden.

Marjorie wandte sich an Robert. »Leb wohl«, murmelte sie, wobei sie seine Wange mit ihrer Hand umschloss. »Wenn du morgen das Schwert und die Sporen überreicht bekommst, werde ich für dich beten.«

Sie löste sich von ihm, um Edward zu küssen, bevor sie zu der Kutsche trat, in der ihre Töchter bereits saßen. Das Gefährt war für eine Gräfin nicht passend, aber sie fühlte sich jetzt zu schwach zum Reiten. Während die Träger ihr beim Einsteigen behilflich waren, reichten Diener den Knappen Fackeln. Die Flammen flackerten und zischten in der Nässe.

Robert sah seinen Vater an. Er wollte ihn zur Rede stellen, ihn fragen, warum er seine Frau und seine Töchter in Regen und Dunkelheit hinausschleifte, aber angesichts der Miene seines Vaters blieben ihm die Worte im Halse stecken. Der starre Gesichtsausdruck war Antwort genug. In Robert wallte Zorn auf – nicht auf seinen Vater, sondern auf seinen Großvater, dessen Handlungsweise an diesem Tag die Kluft zwischen ihnen noch verstärkt hatte, vielleicht bis zu einem Punkt, wo sie sich jetzt nicht mehr überbrücken ließ. Der alte Mann war noch nicht einmal hier, um dem ganzen Geschehen beizuwohnen.

»Ich werde die Bewohner von Carrick gerecht behandeln«, entfuhr es Robert, der den Drang verspürte, sich zu rechtfertigen, plötzlich. »Ich werde sie nach deinem Vorbild regieren.«

Sein Vater zuckte zusammen. Sein vom Wein, der seinen Atem säuerlich riechen ließ, fleckiges Gesicht lief dunkelrot an. »Wenn sich deine Mutter wieder erholt hat, werde ich Isabel nach Norwegen bringen. König Erik hat nach Ablauf der Trauerzeit schon zu lange keine Königin mehr an seiner Seite. Deine Schwester dürfte eine angemessene Partie für ihn sein. Herrsch du über deine neue Grafschaft, wie du es für richtig hältst, Robert. Aber du kannst sicher sein, dass ich nicht bleiben werde, um das mit anzusehen.«

Mit diesen Worten stapfte er zu seinem Pferd.

Robert hatte schon Enttäuschung, Zorn und Niedergeschlagenheit in den eisigen Augen seines Vaters gesehen, aber noch nie einen so kalten Groll. Er erschütterte ihn.

Als die Ritter und Knappen sich formierten und ihre Pferde zu tänzeln begannen, gesellte Edward sich zu Robert. Gemeinsam sahen die Brüder zu, wie die Karren und Kutschen auf die im Schatten der von dem steinernen Bergfried gekrönten Motte, die sich über dem Burghof erhob, liegenden Tore zurollten. Die Wachposten bei der Palisade öffneten sie, und die Truppe strömte hindurch. Der flackernde Fackelschein verebbte zusammen mit dem Hufgetrommel.

Als Uathach an ihrer Leine zerrte, blickte Robert nach unten und stellte fest, dass er noch immer den zerknüllten Schleier seiner Mutter in der Hand hielt. »Wo ist er?«

Edward drehte sich angesichts der scharfen Frage um und forschte im Gesicht seines Bruders. »Mit Scáthach unten am See, denke ich.«

Robert drückte Edward den Schleier in die Hand und verschwand zwischen den Gebäuden. Er passierte die Kapelle und die Küchen und steuerte auf ein kleineres Tor in der Palisade zu.

Das letzte Licht erstarb, als er den morastigen Pfad zwischen den Bäumen hindurch einschlug, der zum Kirk Loch hinunterführte. Uathach, die er jetzt, wo die Pferde fort waren, von der Leine gelassen hatte, trottete neben ihm her, während er seine Schritte beschleunigte. Der Regen prasselte noch immer laut auf den Baldachin aus Zweigen. Nach kurzer Zeit öffneten sich die Bäume zu einem Damm hin, der zum Ufer eines kleinen Sees abfiel. Er erstreckte sich wie ein fahler Spiegel des regenschwangeren Himmels vor ihm. An dem mit Schilfgras gesäumten Ufer stand ein hoch gewachsener Mann in einem Umhang mit Kapuze und blickte über das Wasser hinweg.

Als Robert auf ihn zutrat, erklang ein lautes Knurren, und ein sehniger Schatten löste sich aus dem Dunkel. Er blieb stehen, damit Scáthach seine Witterung aufnehmen konnte, dann ging er zum Ufer hinunter, während Uathach ihre Mutter mit lautem Gebell begrüßte.

Der Lord of Annandale drehte sich bei dem Geräusch weder um, noch blickte er Robert an, der neben ihm stehen blieb. »Sie sind fort?«

Robert starrte seinen Großvater an, dessen Gesicht halb von der Kapuze verdeckt wurde, sodass nur seine Adlernase im Profil sichtbar war. Trotz seiner siebzig Jahre war er immer noch breitschultrig und hielt sich sehr gerade. Ein bislang unbekanntes Gefühl stieg in Robert auf, als er den Mann musterte, der ihn wie einen Sohn großgezogen, ihn das Jagen und Kämpfen gelehrt und in ihm einen unbeugsamen Stolz auf sein Familienerbe verwurzelt hatte. Es war Argwohn. Unvertraut und unwillkommen krampfte er sich in seiner Brust zusammen, als er daran dachte, wie er zu einer Schachfigur geworden war, die sein Großvater in einem Zug gegen seinen Vater über das Brett schob. Er stand jetzt allein da, ein Bauer im Spiel zweier Männer, die beide König werden wollten.

»Du hast etwas zu sagen, Robert?« Jetzt wandte sich der Lord zu ihm um und fixierte ihn scharf. Seine unter der Kapuze gefangene Haarmähne umrahmte den Rand seines harten, zerfurchten Gesichts.

Robert nahm die Herausforderung in den dunklen Augen an. »Er gibt mir die Schuld.«

»Ich weiß.«

Robert biss die Zähne zusammen und blickte über den See. Regen sprenkelte die Wasseroberfläche. Er dachte an Affraig, deren Erscheinen an diesem Nachmittag der Vorbote der darauf folgenden Ereignisse gewesen war. Er fragte sich, ob die Hexe sich noch immer in Lochmaben aufhielt oder ob sie schon aufgebrochen war und über dieselbe Straße, die seine Familie nahm, heim nach Turnberry reiste. Er dachte an ihre verwitterte Hand, die fast liebevoll das Gesicht seines Großvaters berührt hatte. Dieselben Hände hatten ihn vor achtzehn Jahren auf die Welt geholt und aus Kräutern, Zweigen und Knochen Menschenschicksale geflochten, die wie Netze in den Baum vor ihrer Hütte gehängt wurden. »Hast du es getan, weil Affraig dich darum gebeten hat? War es ein Racheakt gegen meinen Vater? Wegen dem, was einer seiner Männer ihr angetan hat?«

»Rache? Nein, Junge, ich habe dir diese Ehre zuteilwerden lassen, weil ich dich ihrer für würdig halte. Affraig kam zu mir, weil sie genau wie ich glaubt, dass die Kraft meiner Blutlinie in dir fließt – nicht in meinem Sohn. Seine Zeit neigt sich dem Ende zu, so wie die meine. Wir haben versucht, den Anspruch aufrechtzuerhalten, und wir haben versagt.«

Robert lauschte, unfähig, diese Worte mit dem Optimismus auf dem Fest vor einer Woche zu vereinbaren, wo sie alle noch zuversichtlich darauf gebaut hatten, dass König Edward von England den seit dem tragischen Tod von König Alexander verwaisten Thron Schottlands dem alten Lord zusprechen würde. In diesem vergangenen Jahr hatte Robert während des Prozesses der Wahl eines Nachfolgers für Alexander stolz verfolgt, wie sein Großvater, seit sechzig Jahren ein exzellenter Spieler auf der Bühne Britanniens, sich die bedingungslose Unterstützung einiger der mächtigsten Barone des Reiches gesichert hatte. Jetzt war dieser Löwe in Menschengestalt, der in der Wüste Palästinas gegen die Ungläubigen gekämpft und der vier Königen gedient hatte, beiseitegeschoben und er, Robert, dazu bestimmt worden, seinen Platz einzunehmen. Morgen würde er zum Ritter geschlagen und dadurch, dass er Carrick von seinem Vater übernahm, einer der dreizehn Earls von Schottland werden.

»Am Andreastag wird John Balliol auf den Krönungsstein gesetzt werden.« Der Lord schloss die Augen und holte tief Atem. Seine Brust blähte sich unter den feuchten Falten seines Umhangs. »Sie werden den Moot Hill schon für die Zeremonie vorbereiten. Die Männer des Reiches werden sich bald auf den Weg nach Scone machen.« Er verzog das Gesicht, seine Brauen zogen sich zusammen. »Die Comyns werden zweifellos unter den Ersten sein und ihren Sieg laut herauskrähen. Balliol wird seinen Verbündeten alle Ämter zuschanzen, die sie sich wünschen. Unsere Tage am königlichen Hof sind vorüber.« Als er weitersprach, klang seine Stimme gedämpft. »Aber das Rad dreht sich. Es dreht sich immer.«

»Das Rad?« Als er keine Antwort erhielt, drängte Robert: »Großvater?«

»Auf dem Rad des Schicksals kann ein Mann aus dem Nichts zu Größe aufsteigen, aber morgen, wenn sich dasselbe Rad dreht, kann er auch wieder zu Boden stürzen.« Die Augen des Lords wurden schmal, als er über den See hinwegstarrte. »Es dreht sich für uns alle.«

»Sind unsere Ländereien sicher?«, fragte Robert ihn nach einer Pause. »Werden Balliol und die Comyns uns unseren Angriff auf ihre Festungen heimzahlen? Und die Toten von Buittle Castle rächen?«

»Das glaube ich nicht. Aber es ist ein weiterer Grund dafür, den Anspruch unserer Familie auf dich zu übertragen. Du hast an diesem Feldzug nicht teilgenommen. Das Blut ihrer Leute klebt nicht an deinen Händen.« Er musterte Robert forschend. »Du hast geschworen, die Last auf dich zu nehmen – den Anspruch unserer Familie auf den Thron von Schottland aufrechtzuerhalten, egal welche Prätendenten unserem Recht zum Trotz darauf sitzen. Dein Gesicht spricht jetzt eine andere Sprache.«

Robert spürte, wie der Regen kalt an seinem Nacken herabrann. Als sein Großvater ihm an diesem Nachmittag mitgeteilt hatte, dass er sowohl die Grafschaft Carrick als auch den Thronanspruch der Bruces erben würde, war er so verblüfft gewesen, dass er den Eid, den sein Großvater ihm abverlangt hatte, geschworen hatte, ohne Fragen zu stellen. Jetzt spürte er, dass alle Hoffnungen der Bruce-Blutlinie – von seinem Vater und Großvater bis zurück zu seinen Vorfahren aus dem Königshaus Canmore – auf seinen Schultern ruhten. Als ältester Sohn hatte er gewusst, dass diese Zeit kommen würde; er war von klein auf dafür ausgebildet worden, aber er hatte damit gerechnet, den Titel des Earls erst nach dem Tod seines Vaters zu erhalten. Jetzt, wo dieser Titel in unmittelbarer Reichweite lag, zögerte er. Es widerstrebte ihm, sich diese Bürde aufzuladen, da er wusste, dass ihr Gewicht den letzten Rest seiner Jugend erdrücken würde. »Bin ich dafür bereit?«, fragte er sich laut.

»Ich war in deinem Alter, als König Alexander mich zu seinem Präsumtiverben einsetzte. Hatte ich Angst, der Erwartung nicht gerecht zu werden? Natürlich. Nur die Stolzen und die Narren zweifeln nicht an sich. Fürchte dich nicht dafür, deine Bereitschaft in Frage zu stellen, Robert. Ein weiser Mann prüft den Weg, der vor ihm liegt, und sorgt dafür, dass er ihn nicht unvorbereitet antritt. Der Narr stürmt übereilt los.«

In Robert stieg die Erinnerung daran auf, wie sein Vater und sein Großvater vor sechs Jahren von dem Feldzug in Galloway zurückgekehrt waren. Nachdem sie herausgefunden hatten, dass John Balliol danach trachtete, den nach Alexanders Tod leer stehenden Thron an sich zu reißen, waren sie mit ihren Vasallen in sein Herrschaftsgebiet eingefallen und hatten Landsitze niedergebrannt und Burgen dem Erdboden gleichgemacht. Es war ihnen gelungen, Balliols ersten Versuch, sich zum König zu krönen, zu vereiteln, und seine Familie war siegreich nach Turnberry Castle heimgekehrt, aber sie hatten einen Preis dafür zahlen müssen. Er dachte an den mit Verwundeten gefüllten Karren, der seinem Großvater und Vater gefolgt war, und wählte seine nächsten Worte sehr sorgfältig, da er nicht wollte, dass sein Großvater ihn für einen Feigling hielt. »Ich bin bereit, den Ritterschlag zu empfangen und die Grafschaft zu regieren. Aber gegen John Balliol kämpfen, so wie du und Vater es getan habt? Ich weiß nicht, wie ich …«

»Kämpfen?« Der Lord drehte sich um. Sein Gesicht war eine zerklüftete Landschaft aus Schatten. Der Regen ließ nach, wurde zu Dunst. »Du sollst nicht gegen sie kämpfen, Robert. Diese Schlacht wird jetzt nicht mit dem Schwert gewonnen werden. Die Zeit dafür ist vorbei. Ich – und alle anderen Anwärter – haben uns König Edwards Urteil unterworfen, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Balliol wurde mit der Zustimmung der Höflinge des Reiches gewählt. Unsere Leute haben entschieden. Das anzufechten könnte unser Königreich spalten.«

Robert schüttelte den Kopf. »Aber unser Thronanspruch? Wie soll ich ihn wahren, ohne John Balliol herauszufordern? Nach seinem Tod wird sein Sohn und Erbe König sein. Die Blutlinie ist festgelegt. Wenn wir ihn nicht gewaltsam aus dem Weg schaffen, wie soll dann …?«

»Du wahrst den Anspruch durch deine Worte und dein Verhalten. Du hältst ihn in dir und deinen Verbündeten am Leben. Unser Thronanspruch ist eine Fackel. Ich habe sie jahrelang in die Höhe gehalten, durch sie Männer um mich geschart und einen Weg für meine Erben bereitet. Jetzt ist es an dir, diese Fackel am Brennen zu halten, so wie es eines Tages die Aufgabe deiner Söhne sein wird. Es mag hundert Jahre dauern, aber wenn Gott will, wird, wenn wir die Fackel nicht erlöschen lassen, ein Bruce auf Schottlands Thron sitzen.«

Robert spürte, wie die Anspannung in Form eines Erschauerns aus seinem Körper wich. Fast hätte er gelacht. »Ich dachte, du wolltest, dass ich eine Armee gegen ihn in den Kampf führe.«

»Wir leben nicht mehr in den dunklen Tagen unserer Vorfahren. Wir werden den Thron nicht durch einen Bürgerkrieg an uns bringen.« Sein Großvater fasste ihn bei der Schulter. »Die oberste Pflicht eines Königs besteht darin, das Königreich zusammenzuhalten, Robert. Denke immer daran.«

ERSTER TEIL

A.D. 1306

Ich werde im Vertrauen auf Gott mit aller Kraft danach streben, für das an diesem Tag vergossene Blut meiner Landsleute Rache zu nehmen. Zu den Waffen, Soldaten, zu den Waffen, und greift tapfer die perfiden Schurken an, über die wir mit Christi Hilfe zweifellos den Sieg davontragen werden.

Geoffrey of Monmouth,»Die Geschichte der Könige Britanniens«

1

Perth, Schottland, A.D. 1306(14 Jahre später)

ES WAR MITTAG, als die Armee in die Stadt einfiel. Über zweihundert Mann stark, füllte sie die breite Hauptstraße, die zum Marktplatz führte. Die Hufe der Schlachtrösser der Ritter wirbelten schmutzigen Staub auf. Hinter ihnen marschierten Fußsoldaten, deren Stiefel auf dem Boden knirschten, und die Räder der Vorratskarren ächzten unter dem Gewicht ihrer Ladung. Die von der Infanterie getragenen Fackeln glichen in der Mittagssonne fahlen Flammenzungen.

Unter den reichen Brokatfalten von Mänteln und Überwürfen schimmerte Kettengeflecht wie Fischschuppen. Erhobene Speere bildeten einen dichten Wald; sie waren mit Wimpeln geschmückt, die gegen die von den Bannerträgern getragenen weitläufigen Farbflächen flatterten. Auf den karminrot, violett, golden und azurblau gefärbten Stoffbahnen prangten Adler mit schwarzen Schwingen, zähnefletschende Leoparden und Bullen mit kantigen Schädeln. Breitschwerter hingen in verzierten Scheiden an den Hüften der Ritter, während die Knappen und Fußsoldaten hackmesserähnliche Krummschwerter, dornenbesetzte Äxte und Hämmer schwangen: all die Instrumente des Krieges, dazu bestimmt, Fleisch zu zerfetzen.

Die Männer und Frauen von Perth drängten sich in den Eingängen von Häusern und Werkstätten und beobachteten die vorüberziehende Prozession. Frauen klammerten sich an die Arme ihrer Männer oder schoben neugierige Kinder hinter ihren Rücken, während Schmiede und Lederhandwerker unsicher ihre Werkzeuge in den Händen wogen und sich fragten, ob sie diese würden einsetzen müssen, um ihre Familie zu verteidigen.

Die Einwohner von Perth waren mit den Gräueltaten, die eine englische Armee verübte, durchaus vertraut. Seit der Krieg zehn Jahre zuvor begonnen hatte, war die königliche Burg geplündert, überfallen und besetzt worden. Sie hatten Schiffe mit Holz für den Bau von Belagerungsgeräten den Tay hochkommen und mit Fleisch und Getreide für die Verpflegung der Armee beladene Karren durch ihre Straßen rollen sehen, und sie waren aus ihren Häusern vertrieben worden, um Platz für die Männer des Königs zu schaffen, die ihre Vorratskeller leerräumten und Kornfelder verwüsteten, um ihre Turniere zu veranstalten. Aber an diesem kühlen Tag Anfang Juni, als eine salzige Brise von der Nordsee herüberwehte, schien die Stimmung der Invasoren anders zu sein als sonst – sie wirkten weniger arrogant und aggressiv als vielmehr grimmig entschlossen. An der Spitze des Heeres wehte eine große Standarte, die die Bewohner von Perth nie zuvor gesehen hatten. Sie war größer als die anderen Banner, der Stoff vom Alter ausgebleicht und stellenweise geflickt, und auf dem blutroten Untergrund bäumte sich ein in Feuer gehüllter Drache auf.

Aymer de Valence, Earl of Pembroke und Vetter von König Edward von England, ritt unter dem roten Schatten der Standarte. Der beißende Gestank von Perths Gerbereien und Schlachthäusern, deren Häute und Blut der Stadt einen blühenden Leder- und Wollhandel mit den Niederlanden beschert hatte, erfüllte seine Nase. Die muskulöse Gestalt des Earls wurde durch den Schuppenpanzer und das Kettenhemd betont, das er unter seinem blau und weiß gestreiften, mit roten Vögeln verzierten Überwurf und Mantel trug. Das Pembroke-Wappen fand sich auch auf seinem Schild und der seidenen Schabracke seines Pferdes. Sein Helm, dessen Visier er hochgeklappt hatte, war mit einem Büschel blau gefärbter Gänsefedern geschmückt.

Von der Höhe seines Schlachtrosses aus ließ Aymer den Blick über die verängstigten Stadtbewohner schweifen, die sich wie Kaninchen in den dunklen Eingängen ihrer Häuser aus lehmverputztem Flechtwerk zusammendrängten. Die Glocke der St.-John’s-Kirche läutete wie wild und übertönte das Hufgetrommel und Gerumpel der Karrenräder, aber es klang eher wie eine Warnung denn wie ein Ruf zu den Waffen und ließ diejenigen, die sich noch auf der Straße aufhielten, eilends in die vermeintliche Sicherheit ihrer Häuser flüchten. Die Bewohner von Perth trafen keine Maßnahmen zu ihrer Verteidigung. Das sollten sie auch nicht, denn trotz der Ereignisse der letzten Monate stand Schottland auch weiterhin unter der Herrschaft von König Edward, so wie es der Fall war, seit sich die Edelleute des Reiches vor zwei Jahren in St. Andrew’s seiner Autorität unterworfen hatten. Dennoch blieb Aymer auf der Hut, wohl wissend, dass das Feuer der Rebellion die Herzen der Schotten in Brand gesetzt hatte und dass es innerhalb dieser eng beieinanderstehenden, durch ein Gewirr von Gassen verbundenen Gebäuden viele geben konnte, die bereit und willens waren, für ihren neu gekrönten Rebellenkönig zu kämpfen und zu sterben.

»Glaubt Ihr, er wird kommen?«

Prüfend sah Aymer den Mann an, der auf einem niedrigen, zottigen weißen Pferd neben ihm ritt. Er brauchte einen Moment, um zu entschlüsseln, was der Mann gesagt hatte; das Hufgedröhne erschwerte es ihm, das stark mit dem Akzent seiner gälischen Muttersprache behaftete Französisch des Hauptmanns zu verstehen. »Er wird kommen.« Aymer blickte über seine Schulter hinweg zu den sechs Männern in der Mitte seiner Truppe, die an Seilen hinter den Pferden seiner Ritter hergeschleift wurden. Ihre Hände waren gefesselt, ihre Kleider von dem Schotter, der den festgetretenen Unrat auf der Straße bedeckte, zerrissen. »Ich werde ihm keine andere Wahl lassen.«

Aymer fuhr mit der Zunge über die kalten Silberdrahtfäden, die seine dem Mund eines anderen Mannes entnommenen Schneidezähne an ihrem Platz hielten. Je tiefer er und seine Männer in das Innere Schottlands vorgedrungen waren, desto stärker brodelte der Gedanke an seinen Feind und die Rache, die er endlich an ihm würde nehmen können, in seinem Kopf. Hier, nur wenige Meilen von Scone entfernt, wo Robert Bruce sich vor drei Monaten zum König gekrönt hatte, konnte Aymer die Gegenwart dieses Bastards förmlich spüren.

Vor ihm verbreiterte sich die Hauptstraße zu einem Marktplatz mit grünen Gärten und hölzernen Verkaufsständen; er war von den steinernen Hallen der wohlhabendsten Stadtbewohner umgeben. Einige der Gebäude hatten ein zweites Stockwerk aus Holz und mit Keramikfliesen gedeckte Dächer.Die Stahlplättchen auf Aymers Handschuh funkelten, als er sein Pferd zum Stehen brachte. »Das ist genau das Richtige für uns.« Er wandte sich an seine Ritter und deutete auf die Hallen, an deren Fenstern Gesichter zu sehen waren. »Beschlagnahmt sie.«

Während Befehle gebrüllt wurden und Männer sich beeilten, sie zu befolgen, strömte der Rest der Armee auf den Platz. Karrenräder wühlten die Erde der Marktgärten auf, und Soldaten benutzten die leeren Stände, um dort Taschen und Ausrüstungsgegenstände abzulegen. Sobald er und seine Ritter sich eingerichtet hatten, würde Aymer die Infanterie außerhalb der Mauern lagern lassen, doch vorerst wollte er sie in seiner Nähe haben, um seine Macht zu demonstrieren.

»Was kann ich tun?«

Aymer sah den Hauptmann an; sein Blick wanderte zu der über ihm gehissten blauen Standarte. Der weiße Löwe in ihrer Mitte befand sich auch auf den Schilden der Masse der Soldaten, die über fünfhundert Mann zählten und sich jetzt um ihren Kommandanten scharten. Es war eine raue, in auf dem Schlachtfeld erbeutete Rüstungsteile gekleidete Horde. Auf den meisten ihrer Schilde – von kleinen Rundschilden bis hin zu den großen rautenförmigen Schilden, die die englischen Ritter bevorzugten – war das Originalwappen grob mit dem Löwen übermalt worden; die alten Farben schimmerten durch die neue durch. Aymer fragte sich, wie viele davon toten und sterbenden Kameraden von ihm abgenommen worden waren. Bislang zögerte er, diese Truppe zum Einsatz zu bringen, da er ihrem Treueeid, den sie im Frühjahr an der Grenze geschworen hatten, nicht ganz traute. Er richtete den Blick wieder auf den Hauptmann, der sich die Zügel seines Pferdes um seine behandschuhte rechte Hand geschlungen hatte. Sein linker Arm endete am Handgelenk, der vernarbte Stumpf ragte aus dem Ärmel seines gefütterten Wamses heraus. Der Hauptmann mochte ein verhasster Schotte sein, aber sie hatten einen gemeinsamen Feind. Aymer berührte erneut mit der Zunge den Draht, der seine Zähne hielt. Bruce hatte ihnen beiden etwas genommen. »Kennen Eure Männer diese Gegend?«

»Einer der Landsitze meines Herrn liegt hier in der Nähe. Einige seiner Leute kennen sich hier gut aus.«

»Sucht ein paar vertrauenswürdige Männer aus – die, die die Gegend am besten kennen. Ich habe eine Aufgabe für sie. Und lasst die restlichen Leute durch die Straßen patrouillieren und Ärger verhindern, bevor er beginnt. Sorgt dafür, dass sie Stärke zeigen, Hauptmann. Ich will, dass die Bevölkerung von Perth weiß, wer ihr Herr ist.«

Als der Hauptmann sich abwandte, um den Befehl an seine bunt zusammengewürfelte Truppe weiterzugeben, bemerkte Aymer, dass sich von einer der Hallen her, vor der sich eine Menschenmenge zu versammeln begann, drei Männer näherten. Da sie besser gekleidet waren als die meisten Stadtbewohner, die er bislang gesehen hatte, und ihre Umhänge von juwelenbesetzten Broschen zusammengehalten wurden, hielt er sie für Bürger oder städtische Beamte. Ein paar seiner Ritter fassten sie ins Auge und legten die Hände an die Knäufe ihrer Schwerter. Mit einem leichten Stoß seines Knies wendete Aymer das Schlachtross. Das Tier schnaubte tief und stampfte mit einem eisenbeschlagenen Huf auf.

Die drei Männer blieben vor dem mit einer Eisenmaske geschützten Kopf des Streitrosses stehen. Unter seiner seidenen Schabracke schwang ein schwerer Kettenüberwurf. Solche Pferde waren auf das Töten abgerichtet.

Einer der drei trat zögernd vor. »Sir Aymer, ich bin hier der Sheriff. Es ist mir eine Ehre, Euch willkommen zu heißen, aber darf ich fragen, in welcher Angelegenheit Ihr nach Perth gekommen seid?«

Aymers Augen wurden schmal. »Ihr wisst genau, was mich in dieses gottverlassene Nest führt, Sheriff. Ich bin wegen des Verräters Robert Bruce und all derer hier, die ihn unterstützen.« Sein gebieterischer Ton war laut genug, dass die hinter den Männern versammelten Schotten ihn hören konnten. »Meine Leute werden Eure Stadt so lange besetzt halten, bis der Halunke vor mir erscheint, um sein Urteil entgegenzunehmen.«

Als die Ritter mit gezückten Schwertern in die Hallen einzudringen begannen und Frauen, Kinder und Diener unsanft hinaustrieben, machte einer der Begleiter des Sheriffs Anstalten vorzutreten. Sein Kamerad packte ihn am Arm, um ihn zurückzuhalten.

Der Sheriff schickte sich an, Einwände zu erheben, ließ aber davon ab, als sein Blick auf die sechs wie Hunde an den Schwanzriemen der Pferde der Ritter gebundenen Männer fiel. Zwei lagen der Länge nach auf dem Boden. Einer stöhnte; sein Arm war während des brutalen Zerrens über die Straße ausgekugelt worden. Die anderen hatten sich auf die Knie gezogen und die gefesselten Hände wie zum Gebet gefaltet. »Meine Männer!«

»Eure Männer, Sheriff, wurden dabei ertappt, wie sie uns verfolgten, als wir uns der Stadt näherten. Im Verhör gestanden sie, Bruce’ Spione zu sein.«

»Das ist eine Lüge, Sir!«, rief einer der festgebundenen Männer. Die in einem Kettenhandschuh steckende Faust eines der Ritter brachte ihn zum Schweigen.

Der Sheriff erbleichte. Er wandte sich zu Aymer und hob die Hände. »Ich schwöre, dass das meine Männer sind und nicht die von Robert Bruce, Sir Aymer! Ich kann mich persönlich für sie verbürgen. Als wir Gerüchte hörten, dass Ihr Euch der Stadt nähert, habe ich sie lediglich ausgeschickt, um Eure Ankunft zu bestätigen. Sie sind keine Spione.«

»Wir sollten Euch und Euresgleichen eigentlich nicht daran erinnern müssen, welcher Preis auf Rebellion steht«, fuhr Aymer fort. Seine dunklen Augen ruhten unverwandt auf dem Sheriff. »Nicht wenn ein verrotteter Körperteil dieses verräterischen Hurensohns William Wallace noch immer an Eurem Torhausturm hängt. Aber hier ist eindeutig eine weitere Lektion vonnöten.« Er drehte sich um und winkte seinen Rittern. »Knüpft sie auf. An den Marktbuden.«

Die sechs Männer begannen sich brüllend zur Wehr zu setzen, als Aymers Ritter sie auf die Füße zerrten. Der mit dem verletzten Arm sandte schrille Schreie gen Himmel. Diejenigen, die ihren Häschern Widerstand leisteten, wurden mit voller Wucht in die Magengrube geschlagen. Vornübergebeugt und nach Luft ringend, wurden sie zu den Ständen geschleift; ihre Füße hinterließen Linien im Staub.

»Tut das nicht! Ich flehe Euch an!« Der Sheriff wollte zu seinen Männern eilen, fand jedoch den Weg von den Schwertern englischer Ritter versperrt. »Um Christi willen, habt doch Erbarmen!«

»Diejenigen, die sich König Edward widersetzen, entrinnen ihrer gerechten Strafe nicht«, sagte Aymer, als seine Ritter die Seile, an denen die Männer des Sheriffs durch die Stadt gezogen worden waren, über die Balken der Stände warfen, über die an Markttagen Planen gespannt wurden. »Das Drachenbanner ist gehisst worden. Sagt Euren Leuten, dass es unter seinem Schatten keine Gnade gibt.«

Der Sheriff starrte zu der Standarte mit der von golden im Sonnenlicht glitzernden Flammen umgebenen wilden geflügelten Schlange empor. Er wollte etwas erwidern, verfiel dann aber in ohnmächtiges Schweigen.

Aymer sah zu, wie seine Männer die Enden der Seile zu Schlingen knüpften und daran zogen, um die Festigkeit der Knoten zu überprüfen. Der Marktplatz füllte sich mit weiteren Stadtbewohnern, die aus ihren Häusern gejagt und wie Schafe zusammengetrieben wurden. Aymer ließ den Blick zufrieden über ihre entsetzten Gesichter schweifen. Für dieses Schauspiel brauchte er ein Publikum.

Ein schriller Schrei ertönte, und eine Frau löste sich aus der Menge und rannte auf die dem Tod geweihten Männer zu. »Alan!«, kreischte sie. »O Gott, mein Sohn!«

Einer der jüngeren Männer, der sich auf der Straße das Kinn aufgeschürft hatte, fuhr zu ihr herum. Sein Gesicht verzerrte sich, sein Mund arbeitete und versuchte Worte zu formen, als ihm die Schlinge über den Kopf geworfen wurde. Zwei von Aymers Männern packten die Frau, bevor sie ihren Sohn erreichen konnte. Sie setzte sich erbittert gegen sie zur Wehr, schlug um sich und kratzte, hatte aber gegen ihre Gegner keine Chance. Der junge Mann schloss die Augen, seine Lippen bewegten sich immer noch stumm.

Einer seiner Gefährten, ein älterer Mann mit einem groben roten Gesicht, verfluchte seine Henker lautstark. Speichel spritzte von seinem Mund, als er Hölle und Verdammnis auf sie herabbeschwor. Er sträubte sich, als sie die Schlinge um seinen Hals festzogen, aber da seine Hände noch immer gefesselt waren, fruchtete sein Widerstand nichts. Er fuhr fort, sich zu wehren, als die Ritter an dem Seil zogen, das langsam über den Balken des Standes schabte, bis er den Boden unter den Füßen verlor. Einen Moment lang schien er die Luft anzuhalten, stieß sie dann aber heftig wieder aus. Sein Adamsapfel hüpfte unter dem sich zuziehenden Seil wie wild. Einer nach dem anderen wurden die anderen in die Höhe gezogen. Zwei flehten um ihr Leben, bis die würgende Schlinge ihnen die Worte abschnitt. Der junge Mann baumelte in die Luft tretend stumm an seinem provisorischen Galgen, während die abgehackten Schreie seiner Mutter seinem Tod eine Stimme verliehen.

Aymer wendete sein Pferd und wandte sich von den Männern ab, die noch einige Zeit brauchen würden, bis sie erstickten. Er hatte kein Interesse daran, ihre letzten Atemzüge mitzuerleben, den endgültigen Todeskampf, in dessen Verlauf sich jeder Mann beschmutzen würde. Der Plan war ausgeführt, die Tat, was ihn betraf, bereits vorüber. Der Köder war ausgelegt, jetzt musste der Wolf angelockt werden. Einen weiten Bogen reitend, wandte er sich an die Stadtbewohner. Seine Stimme übertönte den Lärm der Armee, als er verkündete: »Dies hier ist der Preis, den ihr für den Verrat eures falschen Königs bezahlt. Verbreitet unter euren Landsleuten die Botschaft, dass ich so lange weitere Menschen hinrichten lassen werde, bis Robert Bruce zu mir kommt, um sein Urteil entgegenzunehmen. Alle, denen ihr Leben und das ihrer Angehörigen lieb ist, werden dafür sorgen, dass die Kunde hiervon bis in den entferntesten Winkel dieses Landes dringt, wenn sie nicht selbst am Ende eines Seils hängen wollen.«

Die Wälder von Methven, Schottland, A.D. 1306

Die sich hinter den Gerstenfeldern und Wiesen von Perth über einem dunklen Graben erhebenden Stadtmauern wurden von den letzten Sonnenstrahlen in einen roten Schein getaucht. Einige Meilen westlich davon behielt Robert Bruce von einem moosbewachsenen Felsvorsprung aus, der aus dem Hügel herausragte, die Stadt im Auge.

Auf den ersten Blick machte Perth, von seinen Verteidigungsanlagen zu einem engen Labyrinth aus Straßen und Häusern, das von dem Turm der Kirche St. John beherrscht wurde, zusammengepfercht, an diesem Sommerabend einen friedlichen Eindruck. Der von Kochfeuern aufsteigende Rauch bildete über den Dächern gazeartige Banner, und drei von Möwen umkreiste Fischerboote glitten die breite Wasserstraße des Tay hinauf. Doch wenn man in Richtung der Mauer blickte, wurde das Trugbild des Friedens von dem weitläufigen Lager zunichtegemacht, das in der Nähe einer Wiese, auf der Dutzende von Pferden grasten, vor dem Westtor aufgeschlagen worden war. Roberts scharfe Augen machten die Gestalten von Männern aus, die zwischen den Zelten, Karren und vereinzelten bernsteinfarbenen Lagerfeuern umherhuschten. Hoch über dem Lager thronte eine Steinschleuder auf dem Torhausturm, eine von vier Belagerungsmaschinen, die rings um die Brustwehr der Stadt positioniert worden waren. Auf den Mauern von Perth patrouillierten weitere Männer.

Robert war tief in Galloway gewesen und hatte die letzten Anhänger John Balliols gejagt, als die Nachricht, dass Aymer de Valence die Stadt eingenommen hatte, zu ihm gelangt war. Die Gerüchte, die sich wie ein Lauffeuer verbreiteten und immer widersprüchlicher wurden, je weiter sie reisten, strotzten von Berichten von Vergewaltigung, Folter und auf dem Marktplatz durchgeführten Exekutionen von Einwohnern der Stadt, deren Leichen sich jetzt in der Hitze aufblähten. Der Galloway-Feldzug hatte sich als fruchtlos erwiesen, die Ländereien waren nur von brütender Stille erfüllt gewesen, und Robert hatte sich gezwungen gesehen, sich damit zu begnügen, unbedeutendere Festungen der Familien Balliol und Comyn bis auf die Grundmauern niederzubrennen – wohl wissend, dass dies belanglose Siege waren. In gewisser Weise bot ihm die Herausforderung, die die englische Besetzung von Perth darstellte, eine willkommene Abwechslung, und er hatte seine Armee mit neu erwachter Entschlossenheit gen Osten in Marsch gesetzt, um sich ihr zu stellen.

Als er Schritte auf dem felsigen Untergrund hörte, drehte Robert sich um und sah Edward zu ihm hochklettern. Der Saum seines Kettenmantels schleifte über den Stein. Der Rest der Truppe blieb am Hang des Hügels und behielt die Stadt im Blick. Unter dem Dutzend Ritter aus Carrick und Annandale befanden sich Earl John of Atholl und sein Sohn David. Sie unterhielten sich leise miteinander, ließen Weinschläuche kreisen und lockerten ihre vom Reiten verkrampften Muskeln. Hinter ihnen, am Waldrand, wo das feurige Licht der sinkenden Sonne zwischen den Ästen hindurchfiel, warteten die Knappen mit den Pferden.

»Sind sie schon zu sehen?«, fragte Edward, der neben Robert auf dem Felsvorsprung stehen blieb.

»Noch nicht.«

»So nah«, murmelte Edward.

Robert musterte seinen Bruder verstohlen. In ihrer Jugend war der nur ein Jahr jüngere Edward sein Ebenbild gewesen – dieselben markanten, von demselben kurz geschnittenen schwarzen Haar eingerahmten Züge –, aber im Lauf der letzten zehn Jahre hatte der Krieg eine unterschiedliche Geschichte in ihre Gesichter gebrannt und die Ähnlichkeit ausgelöscht. Jetzt, mit einunddreißig, war das von Edward hagerer und härter, Kampfnarben hatten neue Linien hineingegraben, Bartstoppeln bedeckten sein Kinn, und dunkler Staub klebte in den Falten an den Winkeln seiner hellblauen Augen. In diesen Augen flackerte ein wilder Hunger auf, als er das englische Lager musterte.

»Scheint ihre Anzahl geringer zu sein, als wir erwartet haben?«

Robert war das auch so vorgekommen, aber er wollte keine falschen Hoffnungen wecken. »Schwer zu sagen. Lass uns auf Nachricht warten.«

»Noch weiter warten?« Edward rang sich ein Lächeln ab, als er Robert ansah. »Der Himmel weiß, dass wir uns darin schon mehr als genug geübt haben.« Er packte das Heft seines Schwerts, das in einer mit weißen Emaillekreuzen beschlagenen Lederscheide an seiner Seite hing. Sein Lächeln verblasste. »Wenn Gott will, ist es bald Zeit zum Handeln.«

In Edwards Gesicht las Robert die bittere Erinnerung an die Jahre, die sie im Dienst des englischen Königs unter Engländern verbracht und Loyalität vorgetäuscht hatten, während sie auf den Moment warteten, wo sie sich von den verhassten Fesseln befreien konnten. Seit sie auf der Flucht vor dem Zorn des Königs, der Roberts geheime Absicht, den Thron an sich zu bringen, entdeckt hatte, im Herbst nach Schottland zurückgekehrt waren, hatte sein Bruder oft von der grausamen Hinrichtung von William Wallace gesprochen, der er als Ritter des Haushalts des Prinzen hatte beiwohnen müssen. Robert war die Erinnerung an den entsetzlichen Tod des Rebellenführers gleichfalls lebhaft im Gedächtnis geblieben, obwohl er im Lauf der Jahre so viel Blut hatte fließen sehen. Er lechzte genauso nach einem Sieg über Wallace’ Henker wie sein Bruder, aber ihn hatte mehr ein inneres Bedürfnis als der Wunsch nach Vergeltung auf seinem Weg, dieses Ziel zu erreichen, auf diesen Hügelhang geführt.

Die Worte, die Elizabeth bei seiner Krönung vor drei Monaten, als das Gewicht der Krone auf seinem Kopf noch ungewohnt gewesen war, gesprochen hatte, hallten in seinem Kopf wider.

»Du bist nicht rechtmäßig hier. Mord und Revolution haben dich hierhergebracht. Glaubst du, der Rest des Reiches wird dir folgen, wenn bekannt wird, welche Schuld du auf dich geladen hast?«

Er hatte seiner Frau und Königin versichert, dass sie genau das tun würden, wenn sie den Kampf überleben wollten, der ihnen bevorstand, aber seine Truppen reichten, obwohl sie nach seiner Inthronisation zahlenmäßig angewachsen waren, immer noch nicht aus, um sich der geballten Macht Englands entgegenzustellen. Aymer de Valence’ Kompanie, die sie im Frühjahr gesichtet hatten, war nur die Vorhut. Der Hauptteil der englischen Armee würde noch kommen, und das schon bald. Robert wusste, dass ein Sieg hier in Perth weitere Männer dazu bewegen würde, sich ihm anzuschließen; er wäre ein Beweis für seine Stärke und feste Überzeugung. Nur dann, wenn das gesamte Reich vereint hinter ihm stand, konnte er dem englischen König die Stirn bieten und ihn und seine Männer ein für alle Mal aus Schottland verjagen.

»Da.« Edward deutete hügelabwärts.

Robert folgte seinem Finger mit dem Blick und sah zwei Gestalten den Hang erklimmen. Hinter ihm ertönte das kratzende Geräusch, mit dem Schwerter aus den Scheiden gezogen wurden. Das Knacken im Unterholz hatte seine Männer alarmiert. »Sie sind es«, rief er und sprang von dem Felsvorsprung, um sich der Gruppe anzuschließen. Sein Bruder folgte ihm eilig.

Kurz darauf kletterten zwei Männer zum Hügelkamm herauf. Einer war klein und drahtig, der andere groß und breitschultrig. Beide trugen fadenscheinige Umhänge über mit Staub von den Gerstenfeldern bedeckten Tuniken und Hosen. Als Robert auf sie zuging, trat John of Atholl neben ihn. Das an der Kettenhaube des Earls befestige Visier war offen und zeigte seine zusammengepressten Lippen. Robert bemerkte, dass die Hand seines Schwagers auf dem Griff seines Schwerts lag. John entspannte sich erst, als die Gestalten die Kapuzen ihrer Umhänge zurückschlugen und er ihre Gesichter erkennen konnte. Beide Männer keuchten vor Anstrengung.

Neil Campbell nickte Robert zu. »Mylord«, grüßte der Ritter aus Argyll zwischen abgehackten Atemzügen.

Gilbert de la Hay verneigte sich ebenfalls, verharrte aber einen Moment länger in dieser gebeugten Haltung und stützte die Hände auf die Oberschenkel. Schweiß tropfte von ihrer Nase. Robert war es gewohnt, den kräftig gebauten Lord of Erroll in Kettenhemd und Überwurf zu sehen. In der schlecht sitzenden, von einem der Viehtreiber in der Armee ausgeborgten Bauernkleidung bot Gilbert einen fast komischen Anblick.

»Was habt ihr herausgefunden?«, drängte Robert; dabei winkte er David of Atholl zu sich, der einen Weinschlauch in der Hand hielt.

Der junge Mann trat vor und reichte Neil den Schlauch. Dieser trank dankbar einen Schluck, bevor er ihn an Gilbert weitergab.

»Es sind wirklich Valence’ Männer da unten.«

»Habt ihr Valence selbst gesehen?«, fragte Robert scharf.

Neil schüttelte den Kopf. »Aber seine Standarte wehte im Lager, und einige Männer, die wir gesehen haben, trugen seine Farben. Die meisten anderen hatten Stoffbänder mit dem Georgskreuz umgebunden. Hier«, fügte er hinzu und umfasste dabei seinen Oberarm.

»Wie bei Falkirk«, murmelte John of Atholl düster. »Infanterie«, stellte er dann an Robert gewandt fest.

»Wie viele Mann umfasst ihre Truppe ungefähr?«, erkundigte sich Robert.

»Ich schätze, es sind ungefähr tausend Mann.«

»Unsere Kundschafter meinten, die Kompanie, die sie im April die Grenze überqueren sahen, könnte vielleicht zweitausend Mann stark gewesen sein«, bemerkte Edward, der neben Robert stand. »Wo ist der Rest geblieben?«

»Innerhalb der Mauern«, erwiderte Neil.

Robert runzelte die Stirn. »Ihr konntet euch in die Stadt schleichen?«

»Nein, Mylord.« Gilbert richtete sich auf und fuhr sich mit der Hand durch seinen schweißnassen blonden Haarschopf. »Sie haben eine Ausgangssperre verhängt, die Tore waren geschlossen, und die wenigen Leute, die wir auf der Straße davor gesehen haben, wurden von englischen Soldaten verhört. Wir konnten es nicht riskieren, uns zu nah heranzuwagen.«

»Wir haben mit einem Kuhhirten draußen auf den Weiden gesprochen«, erklärte Neil. »Er sagte uns, die Engländer hätten noch mehr Männer in Perth stationiert. Sie haben die Häuser der Bürger beschlagnahmt.«

»Konnte er sagen, wie viele?«

»Der konnte noch nicht einmal seine Kühe zählen, Mylord«, entgegnete Neil trocken.

»Aber er hat bestätigt, dass Stadtbewohner getötet werden«, sagte Gilbert. »Valence verbreitet überall, dass er jeden Tag noch mehr hängen lassen wird, bis Ihr zu ihm kommt, um für – in seinen Worten, Mylord – Euren Verrat und den Mord an seinem geliebten Bruder verurteilt zu werden.«

»Geliebter Bruder.« Roberts hartes Lachen entbehrte jeglicher Fröhlichkeit. Aymer de Valence und John Comyn waren nur durch Heirat zu Brüdern geworden. Die beiden Männer hatten sich in ihrer Jugend eine Zeit lang nahgestanden, hauptsächlich, dachte er, weil sie eine gemeinsame Abneigung gegen ihn hegten, aber diese frühe Freundschaft hatte den Krieg nicht überlebt. »Habt ihr sonst noch etwas herausgefunden?«

»Nur eines.« Neils narbiges Gesicht war ernst. »Der Kuhhirte erwähnte ein auf dem Marktplatz gehisstes Banner. Er sagte, es wäre mit einem goldenen Drachen bestickt.«

Vor Roberts geistigem Auge entstand das Bild einer großen blutroten Standarte mit einer in Flammen gehüllten geflügelten Schlange in der Mitte. Das Emblem war ihm so vertraut wie sein eigenes Wappen; er hatte es einst geliebt und dann begonnen, es zu verabscheuen. In seiner Jugend hatte er es über Turnierplätzen wehen sehen, ein Symbol von Pomp und Stolz. Später war es wie eine Faust über Schlachtfeldern gehisst worden, ein Zeichen des Schreckens und des Entsetzens. Es war das Drachenbanner von König Edward von England, und es verkündete, dass keine Gnade gewährt werden würde.

Die Männer um ihn herum trugen grimmige Mienen zur Schau. Sie alle kannten die Bedeutung dieses Banners. Ritter folgten ihm auf dem Fuße. Roberts Blick wanderte zu den Brustwehren von Perth, wo die Lagerfeuer der Engländer in der einsetzenden Dämmerung immer heller leuchteten. Obwohl er seit Monaten damit gerechnet und sein Bestes getan hatte, um sich darauf vorzubereiten, war ihm der bevorstehende Kampf weit entfernt und fast unwirklich erschienen. Jetzt stand er ihm unmittelbar bevor, greifbar deutlich in Form des weitläufigen Lagers und aufgrund der roten Bedrohung durch diese Standarte nur allzu real.

Der Krieg hatte ihn letztendlich erreicht.

2

Die Wälder von Methven, Schottland, A.D. 1306

ROBERT RITT AN DER SPITZEder Truppe durch den Wald. Abgestorbene Äste und Kiefernzapfen zersplitterten unter den Hufen seines grauen Hengstes Ghost. Die Bäume, mit denen der Hügel bewachsen war, wurden zur rechten Seite hin lichter, wo das Land steil zu dem von dem Fluss Almond durchschnittenen Tal abfiel. Dahinter hoben sich in der Ferne die Berge von Breadalbane von dem weindunklen Himmel ab.

Während er Perth ausgekundschaftet hatte, hatte sich der größere Teil seiner Armee zwischen den Bäumen auf der anderen Seite der Hügelkette verteilt. Sie zählte fast tausend Mann, ein buntgemischter Trupp aus mit Speeren und Keulen bewaffneten Viehtreibern, Schäfern, Bauern und Händlern, jungen Knappen, die sich scharf geschliffene Schwerter umgeschnallt hatten, und Bogenschützen aus dem Selkirk Forest in grünen wollenen Umhängen. Es gab auch eine Anzahl von Highlandern, die Äxte mit langen Stielen und ihre üblichen kurzen Tuniken trugen und deren bloße Beine mit Insektenstichen übersät waren, weil die Mittsommerwinde stets Insektenplagen mit sich brachten. Mitten unter diesen gemeinen Soldaten befanden sich auch einige Männer aus den edelsten Familien des Reiches, in Überwürfe und Kettenhemden gekleidet und von aus Rittern und Dienern bestehenden Gefolgen umgeben. Viele hatten ihre Helme und Schilde neben sich gelegt und ruhten sich im Gras aus. Der bernsteinfarbene Schein von Fackeln beleuchtete ihre Gesichter, die einen fragenden und erwartungsvollen Ausdruck annahmen, als ihr König auf sie zuritt. Sein goldener, mit dem roten Löwen Schottlands verzierter Mantel floss über die Kruppe seines Pferdes.

Nachdem er John of Atholl befohlen hatte, den Rest seiner Kommandanten zu einem Kriegsrat zusammenzurufen, lenkte Robert Ghost auf eine Lichtung, wo Nes zwei Diener überwachte, die ein Zelt aufstellten. Ein kleines Feuer war entfacht worden, über dem ein eiserner Topf hing. Der würzige Duft von Fleisch vermischte sich mit dem Geruch nach Rauch und Kiefernharz.

»Ich habe Patrick angewiesen, das Lager aufzuschlagen.« Nes griff nach den Zügeln des Pferdes. Er war jahrelang Roberts Knappe gewesen, und obwohl er vor Kurzem zum Ritter geschlagen worden war, vollführte er diese Geste wie im Schlaf.

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