Kozlowski kommt! - Karsten Klein - E-Book

Kozlowski kommt! E-Book

Karsten Klein

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Beschreibung

Es gab Fragen, auf die es einfach keine Antwort gab. Ich akzeptierte das und drehte mir eine Kippe. Dazu ein kühles Bier, immer noch der perfekte Feierabend. Man musste sich seine Tage einfach angenehm gestalten, dann brauchte man nicht viel für ein erfülltes Leben. Wozu große Träume? Wozu immer mehr? Ich sah dem Wasser zu, wie es vor meinen Augen vorbeitrieb, immer weiter bis zum Meer, einfach so. Simpel und genial. Auch das Leben war einfach, wenn man sich keinen Kopf darüber machte. War das Zen? Ich erhob die Dose und trank einen Schluck auf Buddhas Kosten. Das Leben war wirklich einfach, man brauchte nur den Plan für das ganz große Ding. Kozlowski war dieser Plan. Ich wusste, was ich zu tun hatte, machte deswegen aber keinen Stress. Meine Zeit würde kommen, auch ich würde eines Tages das Meer erblicken und darin baden gehen. Ich musste nur genügend abgedrehtes Zeug schreiben, die Leser würden es mir dann schon aus der Hand reißen. Die Verleger würden sich gegenseitig übertrumpfen, nur um sich die Rechte für die Fortsetzung zu sichern. Das ganz große Spiel würde bald beginnen. Ich leerte die Dose genüsslich und machte mich auf den Heimweg.

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Titelbild: Sufian Khir Hnidigreat picture - thank you very much!

Am Anfang war die Idee, erst dann folgten die Worte.

Kozlowski betrachtete wie hypnotisiert das Loch in seinem Pullover. Keiner konnte wissen, wie er gestrickt war

Inhaltsverzeichnis

Kapitel

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1.

Trotz der vielen Neonröhren herrschte eine eher trübe Stimmung im Büro. Andreas war froh, dass in einer Viertelstunde die Besprechung war und er schnell noch eine rauchen gehen konnte. Er ging den schmalen Gang bis zum Treppenhaus und öffnete die Tür zum Balkon. Am Aschenbecher stand Albert, ein etwas älterer Kollege aus der Gedankenabteilung.

„Hi, bist du nachher auch bei der Besprechung?" Andreas zündete sich eine Kippe an. Er inhalierte tief und lang.

„Ich mach nachher Bereitschaft, aber es kommen schon ein paar von uns."

Die Abteilung für Tagträume, in der Andreas erst seit kurzem tätig war, war aus der Gedankenabteilung hervorgegangen, im Zuge des großen Projekts waren viele neue Abteilungen gegründet worden, andere waren zusammengelegt und neu strukturiert worden. Bis jetzt lief alles nach Plan, wenn man den täglichen Berichten der obersten Führungsebene glauben wollte. Andreas war da etwas skeptisch und würde nachher die Besprechung zur aktuellen Lage mit hoher Aufmerksamkeit verfolgen. Bei so einem Wahnsinnsprojekt ging immer etwas schief, das war seine Meinung. Und unten in den Abteilungen musste man dann wieder alles richten. Er war auch auf die neuen Vorgaben für Tagträume gespannt, sein Budget würde sich wahrscheinlich erhöhen.

„Ich muss wieder...“ Albert drückte hastig seine Zigarette aus.

„Kozlowski kommt!"

Das war die neueste Parole, die von der Propagandaabteilung kam.

„Kozlowski kommt!"

Andreas ging das eine Stockwerk runter in die Cafeteria. Er wollte schnell noch etwas essen vor der Besprechung, die konnte heute etwas länger gehen. Er hatte noch genügend Kleingeld für den Süßigkeitenautomaten.

„Wir müssen..." Karla klang mal wieder gereizt. Karla war seine Kollegin aus der Abteilung für Tagträume, sie kam von der Damentoilette und hatte offenbar wenig Lust auf stundenlange Vorträge.

„Auf die neuen Vorgaben bin ich ja schon gespannt." Andreas schnappte seinen Schokoriegel und lief seiner Kollegin hinterher zum Sitzungssaal. Andreas wurde dieses Jahr fünfzig, Karla war fast zehn Jahre jünger als er.

„Ein alter Mann ist doch kein D-Zug, Mensch…“

Es herrschte schon ein Gedränge in dem Saal, alle wollten ganz vorne sitzen. Karla und Andreas nahmen etwas weiter hinten Platz. „Heute kommt sogar einer von ganz oben, weiß nur nicht, welcher von den Vorständen sich Zeit für uns nimmt." Karla war schon jetzt genervt.

„Ich bekomme wahrscheinlich den aktuellen Lottojackpot als Vorgabe, Kozlowski hat angefangen zu spielen." Andreas klang sehr optimistisch.

„Das ist ja cool, hat er dann auch die Lottozahlen abgefragt?"

„Er hatte gleich einen Lottoschein für drei Wochen, die ersten beiden Male hat er auch nach den Gewinnzahlen geschaut, ja."

„Immerhin, doch noch nicht ganz verplant der Herr." Karla hielt nicht viel von dem Riesenprojekt.

„Ich bin ja immer noch der Meinung, dass man das Geld sinnvoller investieren könnte. Ein Jahr Lotto spielen wäre schon ein kleiner Urlaub." Man hörte heraus, dass Karla gerne an machbaren Tagträumen arbeitete.

Andreas hingegen fand die Lottofantasien genial um damit zu arbeiten, man konnte sich so richtig austoben. Und der ganze Plan sah ja noch viel mehr vor, es könnte schon alles funktionieren. Dann wäre der Jahreseinsatz für Lotto ein Witz. Egal.

Auf der Bühne nahmen jetzt die wichtigen Herren Platz. Zur Begrüßung sprach der Betriebsrat und ein Vertrauter von Kai Kozlowski kam ans Mikrofon.

„Gestern erst habe ich mit Kozlowski gesprochen, er hat jetzt ein paar Tage Urlaub und fängt endlich an zu schreiben. Das mal als gute Nachricht vorweg. Der Plan nimmt Gestalt an. Umso wichtiger ist jetzt, dass wir alle zusammen arbeiten. Die Vorstandsebene informiert sie täglich über den aktuellen Stand der Dinge, wir arbeiten alle mit der gewünschten Transparenz und wie gesagt, ein Anfang ist gemacht. In diesem Augenblick sitzt Kozlowski am Rechner und tippt alles ab. Es wird alles protokolliert, der ganze Plan wird dargestellt und interessant verpackt, das hat er mir versprochen. Ich habe mit ihm über die Arbeit der einzelnen Abteilungen gesprochen, einiges wird sich ändern, vieles optimiert. Kozlowski ist derzeit voll von seiner Genialität überzeugt und wünscht sich eine Mannschaft, die ihm dabei hilft, die großen Ziele zu erreichen. Im Raum stehen derzeit zehntausend Euro, die bald machbar sind und die für weitere, noch größere Projekte bereits verplant sind. Zeitraum für diesen ersten Abschnitt ist ungefähr ein Jahr. Kai Kozlowski verspricht allen Mitarbeitern einen baldigen Ausgleich für manchmal schwierige Zeiten, die aber bereits hinter uns liegen. Neben dem Hauptprojekt werden andere Ziele verfolgt, die alle dem materiellen Wohlstand unserer Gemeinschaft dienen. Es geht voran, es geht nach oben, das soll die zentrale Botschaft von der vordersten Front sein. Zudem kommt bald der Frühling, der ist auf nächste Woche angekündigt, das wird sich auch positiv auf das ganze Arbeitsklima auswirken. Kai Kozlowski bedankt sich für die gute Zusammenarbeit und das Vertrauen, welches ihm von Seiten der Belegschaft entgegengebracht wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

Es folgte viel Jubel, die meisten glaubten an den Erfolg des Projekts und sogen die frohen Botschaften förmlich in sich auf.

„Dann läuft ja alles super, hätte ich dir vorher schon sagen können." Karla schnaubte bei diesem Satz, sie stand auf und nahm sich zwei Ausgaben der Arbeitspapiere.

„Jetzt wird es spannend“, meinte sie und gab Andreas auch eine Ausgabe. Sie schlug die dicke Mappe auf und gemeinsam gingen sie das Inhaltsverzeichnis durch, das fast sämtliche Abteilungen mit neuen Änderungen bedachte.

„Da, Seite →, Änderungen für die Arbeit in der Abteilung für Tagträume, Stand 03/15."

Sie überflogen, was da zu lesen war. Das Lottoprojekt lief weiter, dafür bekam Karla ein neues Budget, mit dem man auf den ersten Blick gut arbeiten konnte.

„Die tun zusätzlich was auf die Seite." Karla las weiter.

„Genau den Betrag, den Kozlowski für Lottospielen ausgibt, den bekommst du nach einem Jahr. Da werden doch Träume wahr."

Andreas freute sich für seine Kollegin.

„Und du darfst dich jetzt immer am aktuellen Lottojackpot orientieren."

„Das war fast schon sicher, das war schon länger im Gespräch."

Es folgten noch Vorträge aus den anderen Abteilungen, die anderen hatten manchmal auch ganz schön zu kämpfen, das hörte sich schon nicht mehr so optimistisch an. Andreas war froh, dass sie heute nicht berichten mussten und er einfach nur zuhören konnte. Das Projekt war angelaufen, das stand fest. Wie das alles enden würde, konnte aber noch niemand sagen. Andreas hatte wie Karla seine Bedenken. Kozlowski hatte in der Vergangenheit immer im Untergrund gewirkt und selbst das nicht immer mit Erfolg. Zu speziell, zu abgefahren war seine Kunst. Warum sollte es ausgerechnet dieses Mal anders laufen? Die Welt da draußen kam bis jetzt ganz gut ohne Kozlowski zurecht.

2.

Nach der Besprechung war es bereits nach 16 Uhr.

„Das reicht für heute." Andreas ging an seinen Rechner und schaltete ihn aus.

„Wir könnten noch ein Feierabendbier trinken." Karla kam aus der kleinen Teeküche mit zwei Flaschen Bier.

„Die sind noch von Freitag, wäre doch schade."

Andreas stimmte dem zu und öffnete die Flaschen mit seinem Feuerzeug. Sie prosteten sich zu. Es war Donnerstag und Andreas schaute auf seinem Smartphone nach dem Jackpot von Samstag. „Drei Millionen, immerhin."

„Das kann auch mal mehr werden."

„Ich finde drei Millionen schon geil, da kann ich viel träumen."

„Ich dachte, du machst jetzt Feierabend."

„Das ist ein Job, den nimmt man mit nach Hause, das geht dir bestimmt auch so."

Sie unterhielten sich noch eine Weile über eher private Dinge, dann räumten sie die leeren Flaschen auf und löschten das Licht.

„Bis morgen."

„Ja, mach´s gut, tschüss."

Andreas benutzte den Fahrstuhl bis zur Tiefgarage. Er fuhr einen alten Audi Kombi, für mehr hatte es nicht gereicht. Doch die mageren Zeiten sind ja bald vorbei, er hatte noch immer die Stimme des Vorstandes im Ohr. Alles wird gut. Andreas schüttelte den Kopf und öffnete die Fahrertür. Jetzt erst mal nach Hause, schön in die Badewanne liegen und dann ein Bierchen trinken. Alles realistische Ziele, kein so millionenschwerer Scheiß. Er ließ den Motor an und die Tankanzeige blinkte ihm entgegen. Der Alltag und das tägliche Leben hatten ihn wieder. Er bremste noch beim Supermarkt und holte sich ein Sixpack und Zigaretten. Bis zum nächsten Gehalt waren es noch ein paar Tage und das Geld wurde schon wieder knapp. Und dann noch tanken, Andreas seufzte leise. Ein System, von dem alle profitieren, sehr schön. Zum Glück war an der Kasse keine Schlange und er war schnell zuhause. Auch gut, dachte er, endlich Feierabend, nur noch morgen. Dann war schon wieder Wochenende, alles ganz entspannt. Und in der Freizeit neue Tagträume schmieden. Es gab in diesem Betrieb sehr viele 60-Stunden-Jobs, es herrschte eine Art Aufbruchsstimmung, das schon. Der Wille, etwas zu ändern, war da. Seit vieles gut lief bei den anderen Projekten der Kunstfabrik herrschte diese Aufbruchsstimmung. Doch so toll, wie heute vom Vorstand gehört, war es dann wahrscheinlich doch nicht.

Andreas machte es sich auf seinem Sofa bequem und öffnete ein Bier. Er überlegte. Rund drei Millionen in kleinen Scheinen, was könnte man damit machen? Andreas tendierte zu alles, wenn nur nicht die Ansprüche zu hoch waren, das wusste er. Er musste das immer im Blick behalten, das war klar. Bei 20 Millionen gab es für drei Millionen auch mal ein Schiff, eine Yacht, eigentlich völliger Quatsch, eben, drei Millionen waren schon gut, was war das Erste? Andreas machte Brainstorming und nebenher Notizen. Seit er aus der Abteilung für Schlafträume in die neue Abteilung gewechselt hatte, musste er sich doch ganz anders mit der Realität auseinandersetzen. Kai Kozlowski war jetzt seit fast einem Jahr an der Spitze, viele Hoffnungen ruhten auf ihm und es brauchte ganz viele Leute, die ihn auf seinem Weg nach ganz oben unterstützen. Andreas gab sich auch viel Mühe in seinem neuen Job, das musste man sagen. Kleinere Tagträume wurden auch mal in die Tat umgesetzt, das war das Schöne an seinem Job jetzt, Schlafträume waren grundsätzlich illusionär. Kai Kozlowski würde das ganze Geld bar abheben, das war klar. Er würde einen Wagen brauchen mit Garage, ein Haus, ein Büro, der Rest? Wie viel? Oh je, und jetzt Träume schmieden mit sagen wir mal 500 000 Euro, okay, immer noch alles in bar, okay, und dann? Prost Mahlzeit! Andreas nahm einen großen Schluck Bier und rülpste. Alles klar, ein einfacher Traum. Ein altes Steinhaus auf einer schönen Insel irgendwo im Mittelmeer, renovierungsbedürftig, ein paar Olivenbäume, Weintrauben am Haus waren ganz wichtig, gleich mal 100 000 weniger, bleiben 400 000 übrig, nochmal 20 000 für eine Harley, das war alles, bleiben 380 000, das reicht für ein paar gemütliche Jahre. In der Zeit dann noch als Schriftsteller bekannt werden und bis zum Ende auf der schönen Insel leben. Das war doch der perfekte Tagtraum, noch ein bisschen ausschmücken, das Übliche. Andreas notierte alles bevor er in die Badewanne stieg, das war alles ganz nach Kozlowskis Geschmack, das wusste er.

3.

Die ersten Seiten waren geschrieben, Kozlowski war stolz auf sich. Nicht, dass es sein erstes Projekt gewesen wäre, bei dem am Ende ein ganzes Buch dabei herauskommen sollte, nein, das hatte er schon gehabt. Aber die Dimensionen waren dieses Mal schon beeindruckend. Nägel mit Köpfen, das war das Motto. Das Leben war im Allgemeinen anstrengend, daran wollte er etwas ändern. Wort für Wort, Satz für Satz arbeitete er sich weiter voran, immer Richtung Süden, Richtung Meer und Strand. Kühle Drinks schlürfend sah er sich in einem riesigen Pool auf einer Luftmatratze treiben, unter Palmen, alles war perfekt. Eine Stunde blieb ihm heute noch zum Schreiben, dann musste er wieder los in den Getränkeladen. Er wollte wieder Lotto spielen, vielleicht konnte er so ja ein bisschen abkürzen, das wäre auch nicht schlecht. Kozlowski machte sich noch eine Tasse Tee und rauchte eine Kippe. Der Frühling kehrte langsam ein, das war auch gut so. Den ganzen Winter über hatte Kozlowski keine Motivation zum Schreiben gehabt, das wurde jetzt langsam wieder besser. Er hatte das Zeug dazu, davon war er überzeugt. Es gab eine Menge Müll in Buchform, bei anderen funktionierte das ja auch irgendwie. Er hatte eine Chance und die wollte er nutzen. Und Müll schrieb er nicht, er beschrieb lediglich den steinigen Weg von ganz unten nach ganz oben. Das war alles. Eine schöne Geschichte, wie er fand. Kozlowski stellte sich all die Leser vor, wie sie es sich abends auf dem Sofa gemütlich machten um noch ein paar Seiten von seinem Roman zu verschlingen. Seiten, die er jetzt erst einmal im Schweiße seines Angesichts in den PC hämmern musste. Eine halbe Stunde hatte er noch zum Schreiben, doch der Kopf war nicht frei, der war schon halb auf Arbeit und überhaupt. Kai Kozlowski beschloss, für heute Schluss zu machen. Ein Anfang war gemacht, dieser Anfang war gut, lieber früher los und noch Lotto spielen. Der aktuelle Lottojackpot lag mittlerweile bei vier Millionen Euro, das klang alles sehr verlockend.

4.

Was für ein Reinfall. Kozlowski war extra früher losgelaufen zur Arbeit, damit er noch schnell einen Lottoschein ausfüllen konnte, doch ganz so einfach war das nicht. In der Nähe des Getränkeladens war zwar ein Kiosk, wo er ab und zu seinen Tabak kaufte, doch Lotto spielen konnte man dort nicht. Jetzt wusste er das. Das nächste Mal musste er am Bahnhof vorbei oder in das große Einkaufscenter gehen, dort gab es einen Laden, wo man Lotto spielen konnte. Heute würde es ihm dafür nicht mehr reichen. Vorbei war der Traum von den vier Millionen. Morgen war Samstag, da kam er nicht in die Stadt. Nächste Woche dann, er musste alles besser planen, dann würde das schon klappen. Bis er heute fertig war mit arbeiten, konnte er nicht mehr spielen. Egal, dann eben ein anderes Mal. Viel mehr freute es Kozlowski, dass er an seinen freien Tagen endlich einmal Zeit gefunden hatte was zu schreiben. Die Trägheit des Winters war besiegt und heute sprühte er fast vor positiver Energie. Wenn er jetzt nicht arbeiten müsste, könnte er die nächsten Zeilen seiner Erfolgsgeschichte in den Computer hacken. Doch er hatte da schon eine Idee. Das Warten auf Kundschaft vertrieb sich Kozlowski normalerweise mit vielen Gedanken, die er sich zu allen möglichen Dingen machte, mit Träumen, die geträumt werden wollten und die nicht viel mit der Realität zu tun hatten. Dabei rauchte er eine Menge Zigaretten, die in unregelmäßigen Abständen schließlich in einer Flasche beim Leergut ihre letzte Ruhestätte fanden. Alles sinnlose Zeitverschwendung. Kai Kozlowski hatte noch viel vor und nachdem sich sein Kollege von der Frühschicht verabschiedet hatte, schnappte er sich das alte Klemmbrett und einen Kugelschreiber, Papier nahm er aus dem Faxgerät und schon konnte er seiner Kreativität wieder freien Lauf lassen. Er setzte sich auf das Fensterbrett bei der Heizung, bis sechzehn Uhr war nicht viel Kundschaft zu erwarten.

Wenn er es wirklich schaffen würde, während der Arbeit zu schreiben, wäre das ja genial. Es kam jetzt in der Startphase des Projekts darauf an, dass man schnell Erfolge hatte und etwas liefern konnte. Kozlowski wusste, wie wichtig das für die ganze Mannschaft war, die an anderer Stelle jeden Tag für ihn und das Projekt kämpfte.

Er wollte mit gutem Beispiel und vollem Einsatz vorangehen. Und das Beste kam ja noch, er hatte die nächsten zwei Tage frei, da konnte er alles abtippen und am Computer einfach weiter schreiben.

Am Montag dann Mittwochslotto spielen und nächste Woche bei der Aufsichtsratsversammlung dann positiv berichtet, das war der Plan.

Er verlangte das Maximum an Motivation für dieses Projekt, auch wenn er wusste, wie schwierig das manchmal sein konnte. Ein paar gute Nachrichten konnten da nicht schaden.

5.

„Oh Mann, ist das geil, Mann."

Günther blinzelte bei diesem Satz in die Sonne und musste nießen.

Er und Karl waren sich einig, der Winter war jetzt bald vorbei, die Sonne schien am blauen Himmel und alles würde bald wieder blühen und gedeihen. Zwischen den bunten Bauwagen tobten die Hunde und die beiden Altpunks saßen am Lagerfeuer.

„Suliver will uns heute besuchen, er meint es gibt Neuigkeiten." Karl schob sich die halblangen und grün gefärbten Haare aus dem Gesicht.

„Bestimmt dieser Kozlowskiquatsch, das geht mir am Arsch vorbei."

Günther suchte ein paar letzte Tabakkrümel zusammen und drehte sich eine Kippe

„Das Projekt hat ja jetzt begonnen, es gibt erste Erfolge, meint Suliver."

„Erfolge, ja. Die verkaufen einem doch alles als Erfolg. Glaubst du wirklich, dass diese Spinner damit durchkommen?"

„Keine Ahnung, ein kleines Wirtschaftswunder könnte nicht schaden. Davon profitieren alle."

„Davon profitieren die, die sowieso schon genug haben. Uns geht es doch nicht schlecht. Was brauchen wir da noch den Megaaufschwung?"

„Der Betrieb ist schuldenfrei, aber im Wohlstand leben wir ja nicht gerade." Die beiden Bauwagen standen auf dem weitläufigen Gelände, das zur Kunstfabrik gehörte.

„Also, ich brauch nicht viel zum Leben und du ja wohl auch nicht."

„Wir nicht, aber die große Mehrheit träumt vom großen Glück."

„Das ist nicht mein Problem, sondern deren Problem. Ich habe keine teuren Träume."

„Die schuften sich jetzt alle ab, da geht es uns hier draußen wirklich gut. Bin trotzdem mal gespannt, was Suliver zu berichten hat."

Karl stand auf und legte noch ein wenig Holz nach. Günther schnappte sich die Gitarre und spielte den Blues.

„Sei lieber froh, dass es bald wieder warm wird. Glaubst du, die ganzen Typen, die an dem Projekt mitarbeiten, haben Zeit, den Sommer zu genießen?"

„Glaub ich nicht. Kann uns aber egal sein."

Der weiße Border Collie fing an zu jaulen, er mochte keine Gitarrenmusik. Günther unterbrach sein Gitarrenspiel.

„Schnauze, lay down!"

6.

Karla zupfte an ihren langen schwarzen Haaren und hatte gute Laune, das lag auch mit an dem herrlichen Frühlingswetter draußen.

Pfeifend erhob sie sich von ihrem Arbeitsplatz.

„Ich geh einkaufen, brauch noch Hasenfutter." Karla hatte einen Hund und drei Hasen, die bei ihr zuhause in einem riesigen Stall lebten.

Andreas schaute auf die Uhr.

"Schon halb eins. Dann mach ich jetzt auch Pause."

Karla schnappte ihren großen Rucksack, das war ihre Damenhandtasche, wie sie immer betonte.

„Dann bis später. Du musst auch raus und die Sonne genießen."

„Mach ich." Andreas hatte Hunger, er wollte etwas in der Kantine essen gehen. Schnell schrieb er den angefangen Absatz zu Ende, es ging um Details für einen neuen Tagtraum. Er stand auf und schnappte seine Jacke.

„Die brauch ich heute wohl nicht“, sagte er zu sich selbst und hängte die Jacke zurück über den Drehstuhl. Es hatte über fünfzehn Grad draußen, geniales Wetter. Erst mal eine Zigarette rauchen. Auf dem Raucherbalkon war es schattig und noch recht kühl, doch in der Kantine heizte die Sonne, die durch die großen Fenster schien, den Raum gut auf. Im Sommer würden sie wieder alle draußen auf der großen Terrasse sitzen. Andreas bestellte sich das vegetarische Gericht, er wollte nicht jeden Tag Fleisch essen. Es gab einen Auflauf mit Nudeln und Gemüse. Über das Essen hier im Betrieb konnte man sich eigentlich nicht beklagen. Mit seinem Tablett in der Hand ging er zu einem der großen Tische.

„Hallo Kollege, was macht die Kunst?" Albert und noch ein paar andere von der Gedankenabteilung saßen schon beim Nachtisch und signalisierten ihm, dass er sich zu ihnen setzen solle.

„Mahlzeit!" Andreas stellte sein Tablett auf dem Tisch ab und setzte sich.

„Na ja, geht so. Kozlowski spielt ja jetzt ab und zu Lotto. Aber am Samstag hat er es wieder nicht geschafft." Andreas klang nicht gerade optimistisch.

„Wir haben auch zu kämpfen“, meinte einer der Kollegen.

„Kozlowski versucht jetzt, das Rauchen aufzuhören."

„Wie habt ihr das denn hingekriegt?" Es war allgemein bekannt, dass Kozlowski ein starker Raucher war.

„Er versucht es, wie gesagt. Wir haben ihm klargemacht, dass das die einzige Möglichkeit ist Geld zu sparen im Moment. Aber das ist natürlich eine ganz große Sucht."

„Das kenne ich“, gab Andreas zu.

„Und wie lange hält er es ohne Zigaretten aus?"

„Gestern war der erste Tag, da waren es immerhin fünf Stunden. Wir haben in der Abteilung alle gewettet, dass er es nicht länger als eine Stunde durchhält."

„Dann gibt er sich Mühe?"

„Sieht so aus. Heute raucht er schon seit acht Uhr nicht mehr."

„Das heißt morgens raucht er noch?"

„Ja, Kaffe ohne Kippen geht noch nicht. Aber wir bleiben dran."

„Okay, ihr könnt mir ja mal das aktuelle Sparpotential schicken, dann berechne ich den wirtschaftlichen Anreiz und bau das mit in die Tagträume ein."

"Machen wir..." Albert hob den Daumen nach oben und die anderen von der Gedankenabteilung nickten.

Der Gemüseauflauf war wirklich lecker, nur noch etwas zu heiß.

Kozlowski konnte durch Nichtrauchen bestimmt zwei- bis dreihundert Euro im Monat einsparen, das über einen Zeitraum von einem halben Jahr und die Realisierung eines kleineren Traums war drin. Nicht schlecht. Andreas war zufrieden mit dieser Neuigkeit.

„Wir müssen“, sagte Albert und Andreas wünschte ihnen noch einen schönen Tag.

7.

Die Hunde liefen bellend in Richtung Wald. Man hörte, wie sich ein Auto mit hoher Geschwindigkeit näherte.

„Das wird Suliver sein." Günther erhob sich von der Feuerstelle und erkannte den schwarzen Ford Ka seines Freundes.

„Der hat es aber eilig."

Karl kletterte aus seinem Bauwagen und hob die Hand zum Gruß.

Suliver hupte kurz und parkte den Wagen etwas abseits.

„Hey, ihr Penner!"

„Sei gegrüßt, Meister Suliver!"

Die Begrüßung war kurz aber herzlich. Suliver war für die beiden Aussteiger die einzige Verbindung zur sogenannten allgemeinen Realität, sie lebten zurückgezogen in ihrer eigenen Welt hier draußen und hielten sich wenn dann an ganz eigene Gesetze. Suliver besuchte sie regelmäßig, versorgte sie mit dem Nötigsten und erzählte ihnen, was so abging in der Welt.

„Hast du Tabak dabei?" fragte Günther als erstes.

„Ich dachte, ihr baut jetzt euren eigenen Ökotabak an." Suliver machte es spannend.

„Den können wir doch erst im Herbst ernten, ich habe vorher die letzten Krümel weggeraucht." Günther machte sich sichtbar Sorgen um den Nachschub.

„Dann geht es eben mal einen Sommer lang ohne Tabak, ist sowieso viel gesünder."

„Verarschen kann ich mich selbst." Wenn es um Tabak und Bier ging, verstand Günther keinen Spaß.

„Tabak war ausverkauft." Suliver hörte nicht auf mit dem Spiel.

Günther rüttelte an dem verschlossenen Kofferraum.

„Ist ja gut." Suliver wusste, dass er überreizt hatte und dass Günther gleich seine Axt holen würde, um den Kofferraum gewaltsam zu öffnen.

„Das war ein Spaß!"

„Scheiß Spaß, ich lach mich tot."

Suliver öffnete den Kofferraum. Dort stapelten sich jede Menge Bierdosen und einige Päckchen Tabak.

„Aldi hat jetzt Dosenbier im Sortiment."

„Das ist ja genial, wie früher."

„Aber schön die leeren Dosen sammeln, da ist Pfand drauf."

Günther schnappte sich ein Päckchen Tabak und kramte seine Blättchen aus der Hosentasche.

„Ich war schon voll auf Entzug“, entschuldigte er sich bei seinem Freund.

„Schon gut, Papa lässt euch doch nicht im Stich."

Als Günther endlich eine brennende Kippe zwischen den Lippen hatte, war für ihn die Welt wieder in Ordnung.

„Was sagst du zu dem genialen Wetter?" wollte er von Suliver wissen.

„Fast schon Frühling, das ist gut."

„Das gibt einen Sommer wie aus dem Bilderbuch." Günther blies den Rauch aus der Lunge und klang sehr optimistisch.

„Kozlowski will jetzt mit dem Rauchen aufhören." Das war die erste Neuigkeit, die Suliver zu berichten hatte.

„Ich nicht."

Suliver musste lachen. Alles andere hätte ihn auch gewundert.

„Ich hab euch noch ein paar Dosen Ravioli mitgebracht und das Übliche."

„Du bist einfach der Beste." Gemeinsam trugen sie die Vorräte zu den Bauwagen. Günther öffnete sich ein Dosenbier.

„Auf Suliver!"

Karl machte es ihm nach.

„Auf Suliver!"

Sie setzten sich alle an die Feuerstelle und feierten das Leben.

Suliver hatte sich wie immer auch etwas zu trinken mitgebracht, er stand nicht so auf Bier.

„Ihr könntet jederzeit einen Job anfangen, Kozlowski braucht alle verfügbaren Kräfte."

„Wir sind nicht verfügbar, das kannst du ihm ausrichten."

Suliver war gut mit Kozlowski bekannt und traf ihn ab und zu in der Stadt. Sie hatten schon das eine oder andere Projekt zusammen durchgezogen, doch nun machte Kozlowski sein eigenes Ding. Viel zu Mainstream, wie Suliver fand. Da machte er es doch lieber wie Günther und Karl, die sich aus allem heraushielten, so gut es eben ging. Es wurde ein schöner Abend am Lagerfeuer, es wurde eine lange Nacht. Suliver legte sich irgendwann in Günthers Bauwagen, die beiden Anarchisten spielten noch lange ihre Freiheitslieder und andere Gassenhauer auf der Gitarre und irgendwie endete alles friedlich im Nebel der immer noch sehr frischen Nacht.

8.

Ein neuer Tag brach über der verschlafenen Vorstadt an. Immerhin war es jetzt um sechs Uhr morgens schon dämmrig. Kozlowski hatte das Gefühl, dass mit dem anbrechenden Frühling alles besser wurde.

Er verzichtete bewusst auf die erste Kippe am Morgen, statt dessen nutzte er die Zeit, in der die verkalkte Kaffeemaschine laute Geräusche von sich gab und einen starken Kaffee produzierte, um Pläne zu schmieden. Das machte er sonst zwar auch, doch es ging eben auch ohne Zigarette. Als der Kaffee nach circa zehn Minuten durch war, setzte er sich mit der dampfenden Tasse auf sein altes Sofa und rechnete sich aus, wie viel Geld er durch Nichtrauchen jeden Monat sparen konnte. Er wusste aber auch, dass es sehr schwierig werden würde. Ein Päckchen Tabak am Tag anstatt zwei, das wäre schon mal ein guter Anfang. Kozlowski kam ins Grübeln und schweifte mit seinen Gedanken ab. Es war mal wieder Mittwoch und er wollte heute unbedingt Lotto spielen. Ganz automatisch drehte er sich eine Zigarette und zündete sie ohne Umschweife an.

Zum Kaffe war das in Ordnung, wenn er dann bis zum Mittag keine mehr rauchen würde. Ein paar Mal hatte es schon ganz gut funktioniert, Kozlowski war zufrieden. Und auf alle unnötigen Ausgaben verzichten, das Konto schonen, das war auch ein guter Plan. Er schaute auf die Funkuhr. Um sieben Uhr musste er los zur Arbeit. Wenn es das Wetter zuließ, ging er zu Fuß. Kozlowski fuhr sowieso nicht gerne Bus. Das hatte verschiedene Gründe: zu oft unpünktlich, zu teuer, immer überfüllt. Ein eigenes Auto wäre da natürlich die perfekte Lösung, doch dafür musste er erst einmal das nötige Kleingeld zusammensparen. Mit einem klaren Ziel vor Augen hatte man auch die nötige Motivation, das war seine Meinung. Doch war es nicht sowieso alles Kleinkram, um den er sich hier kümmern musste? Vergaß er schon wieder, was für einen genialen Plan er eigentlich hatte? Schreiben musste er, sonst nichts. Dann würde er irgendwann schmunzelnd an die mageren Jahre in seiner verrauchten Bude denken, während ihm gerade eine braungebrannte Bikinischönheit den dritten Drink in Folge an den Pool brachte. Ja, Kozlowski kommt! Das war die Parole, das war der Plan. Er war dabei, einen Bestseller zu schreiben und die ganze Kunstfabrik unterstützte ihn dabei. Er sah wieder auf die Uhr und seufzte leise.

Noch war es nicht soweit. Er musste sich beeilen. In Windeseile leerte er seinen Kaffeebecher und zog sich die Winterjacke an. Noch war es sehr kalt morgens, zum Teil gab es noch Nachtfrost. Mit warmen Gedanken an den bevorstehenden Sommer ging er los zum Getränkeladen.

9.

Schon wieder waren einige Tage vergangen, in denen Kozlowski hätte schreiben können. Lotto hatte er zwar gespielt, letzten Mittwoch und zuletzt am Samstag, doch leider waren nur zwei Richtige ohne Superzahl dabei. Dafür gab es nicht einmal einen Trostpreis. Wenn das so weiter ginge, wäre alles eher ein einziges riesiges Verlustgeschäft. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Sechser im Lotto wollte Kozlowski im Moment jedenfalls nicht berechnen.

Hatte er etwa schlechte Laune? Bei diesem genialen Wetter? Draußen schien die Sonne am blauen Himmel, es war Dienstag und er hatte frei. Keine Getränkekisten schleppen, kein Leergut sortieren, keine Flaschenregale abstauben. Eigentlich war es der perfekte Tag.

Kozlowski wollte ihn nutzen um endlich einmal wieder ein paar Zeilen zu schreiben. Er schaltete den Computer an und holte sich ein abgelaufenes Naturradler. Abgelaufene Getränke durfte Kozlowski immer mit nach Hause nehmen, das machte den Job im Getränkeladen durchaus interessant. Er setzte sich an den Computer und las sich das letzte Kapitel noch einmal durch. Dazu rauchte er eine Kippe. Der Plan mit dem Nichtrauchen war bis auf weiteres verschoben, an freien Tagen wollte Kozlowski sowieso nicht auf das Befriedigen seiner Sucht verzichten. Genüsslich nahm er einen tiefen Zug, behielt den Rauch lange in der Lunge und blies ihn dann schließlich in kleinen Ringen zur Decke. Dann nahm er einen Schluck kaltem Radler, alles war perfekt. Auch die Geschichte gefiel Kozlowski bis jetzt ganz gut. Er musste sich jetzt nur aufraffen und weiter schreiben. Kozlowski drehte sich noch eine Zigarette und nahm noch einen Schluck Bier.

10.

Und ich erzähle euch jetzt, wie dieser Tag dann geendet hat. Kozlowski leerte die ganze Kiste Bier, die ersten drei Flaschen trank er noch mit dem guten Vorsatz etwas schreiben zu wollen auf dem klapprigen Drehstuhl vor seinem Computerbildschirm, hin und wieder tippte er einzelne Wörter auf das schrecklich weiße Blatt vor ihm, Wörter, die er dann bald darauf auch wieder löschte. Nach dem dritten Radler wurde ihm das Ganze zu blöd, außerdem war dieser Drehstuhl wirklich nicht bequem und so beschloss er, die nächsten Stunden auf dem Sofa zu verbringen. Sehr viel mehr ist dann auch nicht mehr passiert an Kozlowskis freiem Tag, Günther bepisste sich derweil vor Lachen und der ganze Laden fiel irgendwie auseinander.

Ich sitze jetzt hier an Kozlowskis Stelle auf dem klapprigen Drehstuhl und übernehme das Schreiben. Ob ihm das gefällt oder nicht ist mir egal. Ich bin schon oft eingesprungen und werde wohl auch heute wieder versuchen, den Schaden in Grenzen zu halten. Mir gefällt die Geschichte bis hier her auch ganz gut, ich erkenne das Großartige und vielleicht schon Geniale an der Sache und helfe Kozlowski mal eben, sein großes Ding auch durchzuziehen. Doch ich muss an dieser Stelle auch mal einiges klarstellen, die Gelegenheit dazu ist günstig. Kozlowski ist der Chef einer großen Firma, man nennt sie auch die Kunstfabrik. Sie deckt viele Bereiche ab, unter anderem entsteht gerade ein Film, eine Art abgedrehter Kunstfilm, der die Musik der Band Belladonna visualisieren soll.

Kozlowski machte seit Jahren mit befreundeten Musikern CDs, ob es sich dabei um echte Musik handelte, war allerdings umstritten. Viele konnten mit den hemmungslosen Sound- und Lärmkollagen nichts anfangen. Alles, was in Kozlowskis Kunstfabrik unter seiner Führung entsteht, ist irgendwie sehr abgedreht, dieses Buch übrigens auch. Dieses anders sein als alles andere ist wohl das Markenzeichen dieser Firma, die in Zusammenarbeit mit diversen unbekannten Künstlern schon einiges zustande gebracht hat. Erfolge wurden bisher jedoch meistens im Untergrund gefeiert. Kozlowski will das nun ändern, er scheut nicht das grelle Rampenlicht und verfügt aufgrund einer psychischen Deformation über ein gesteigertes Maß an Kreativität. Er selbst nennt das Genialität, darüber lässt sich gewiss streiten, doch seinen Plan, als Schriftsteller erfolgreich zu werden, unterstütze ich gerne. Nur vergisst Kozlowski leider, dass seine Kunstfabrik nur ein Tochterunternehmen eines noch viel größeren und sehr komplexen Konzerns ist, dessen Manager ich bin.