Kurzgeschichten gegen Krebs -  - E-Book

Kurzgeschichten gegen Krebs E-Book

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Beschreibung

Krebs ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Früher oder später kommt jeder mit ihm in Berührung. Im schlimmsten Fall sind die Menschen betroffen, die uns nahestehen: die Eltern, der Partner, das eigene Kind - oder wir selbst. Sobald er sich festsetzt, bleibt nichts wie es war. Von einem Tag auf den anderen ist alles anders. Menschen, die an Krebs leiden, brauchen daher vor allem eines: Unterstützung! Kaufen Sie dieses Buch und unterstützen Sie Menschen, die mit aller Kraft gegen den Krebs kämpfen! 22 Autoren haben sich zusammengetan, um gemeinsam gegen Krebs zu schreiben. Nur wenige Beiträge nehmen direkt Bezug auf Krankheiten und Krebs. 32 Kurzgeschichten mit vielfältigen Themen laden Sie zum Schmunzeln, Staunen, Hoffen und Nachdenken ein. Jede dieser Geschichten ist eine lesenswerte Bereicherung. Das macht das Buch zu einem wunderbaren Begleiter im Alltag. Und das Beste daran? Die Autoren-Gewinne aus dem Verkauf des Buches werden zu 100 % an die Deutsche Krebshilfe gespendet. Mitwirkende Autoren: Sylvi Amthor, Katrin Arnast, Monika Augustin, Dr. Norbert Autenrieth, Margit Begiebing, Bruno Busch, Diana Busch, Tom Davids, Anke Elsner, Petra Embacher, Heidi Fischer, Margit Heumann, Michael Kleinherne, Magdalena Krauß, Ruth Lenz-Tichai, Hannah Lio Meyner, Herbert Mundschau, Anna Neder von der Goltz, Jonas Philipps, Christine Rieger, Lorenz Sebalder, Thomas Spyra

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Seitenzahl: 232

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Beteiligte Autoren:

Sylvi Amthor

Katrin Arnast

Monika Augustin

Dr. Norbert Autenrieth

Margit Begiebing

Bruno Busch

Diana Busch

Tom Davids

Anke Elsner

Petra Embacher

Heidi Fischer

Margit Heumann

Michael Kleinherne

Magdalena Krauß

Ruth Lenz-Tichai

Hannah Lio Meyner

Herbert Mundschau

Anna Neder von der Goltz

Jonas Philipps

Christine Rieger

Lorenz Sebalder

Thomas Spyra

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abschnitt 1: Zum Schmunzeln

Männerschnupfen

Modernes Praxismanagement

Monsieur Piet

Denkste!

Der Karl und das Klassentreffen

Faltentiefe

Die Odyssee der vom Winde verwehten Klöße

Sicilia – la prima volta

Wartezeit

Danebengegangen

Abschnitt 2: Spannung und Staunen

Ein fränkischer Bier-Thriller

Tod im Teufelsmoor

Haltet den Dieb!

Biergartenbeziehung

Die Gelbe Katze

Nur ein Paar Handschuhe

Abschnitt 3: Nachdenkliches

Der Maulwurf und der Rabe

Herr Neumann

Die Außenseiterin

Glam Girl

Freundschaft bis zum Tod

Rau-Nächte

Sternenhimmel

Kannst du dich erinnern?

Abschnitt 4: Hoffnung

Herr Meier und das seltsame Paket

Rauchfrei

Der Geschichtenerzähler – ein modernes Märchen

Der Weg aus dem Dunkel

Mädelstreff

Der Radrennfahrer

Erste Flugversuche

Erinnerungen an Opa

Nachwort

Unterstützung beim Kampf gegen den Krebs

Die Autoren

Danksagung

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie sich für den Kauf dieses Buches entschieden haben.

In den letzten beiden Jahren musste ich so viele Krebserkrankungen miterleben wie nie zuvor. Enge Verwandte, gute Freunde, nette Arbeitskollegen, alte Weggefährten … Ich möchte in einer derartigen Situation etwas Hilfreiches tun, aber leider sind für mich als Autor – wie für viele andere Menschen – die Möglichkeiten zu helfen begrenzt.

Deshalb habe ich das Projekt „Kurzgeschichten gegen Krebs“ gestartet.

Die Idee des Projekts war, möglichst viele Autorinnen und Autoren zu finden, die honorarfrei Texte für eine gemeinsame Geschichtensammlung beisteuern.

Die Gewinne aus dem Verkauf der Kurzgeschichtensammlung werden zu 100 % an die Deutsche Krebshilfe gespendet.

Jeder Euro zählt. Wenn Sie über den Kauf des Buchs hinaus den Kampf gegen den Krebs unterstützen möchten, können Sie gerne eine zusätzliche Spende überweisen:

IBAN: DE65 3705 0299 0000 9191 91

BIC: COKSDE33XXX

Verwendungszweck: Aktionsnummer 49008234

Kreissparkasse Köln

22 Autorinnen und Autoren haben sich bereiterklärt, eine oder mehrere Geschichten für dieses Buch beizutragen. Mein herzlicher Dank gilt allen Mitwirkenden, ohne die diese Anthologie nie möglich gewesen wäre!

Nicht alle Geschichten handeln von Leid und Krankheit. In schweren Zeiten kann schließlich auch eine Ablenkung vom herausfordernden Alltag ein besonderes Geschenk sein.

Und so wurden vielfältige Texte zusammengetragen, die sich in vier Kategorien unterteilen lassen:

1) Unterhaltsame Kurzgeschichten zum Schmunzeln

2) Spannende Geschichten zum Mitfiebern und Staunen

3) Nachdenkliche Kurzgeschichten

4) Hoffnung

Und nun möchte ich Sie nicht länger auf die Folter spannen und wünsche Ihnen viel Spaß und gute Unterhaltung!

Ihr Thomas Gengler

(im Namen meiner beiden Pseudonyme Jonas Philipps & Tom Davids)

Abschnitt 1: Zum Schmunzeln

Männerschnupfenvon Sylvi Amthor

Markus ist heute früher nach Hause gekommen. Er hat sich erkältet. Wie ein nasser Sack hängt er an mir und jammert: „Ich hab so Kopfweh. Das ist bestimmt die Kopfgrippe!“

Markus ist eigentlich hart im Nehmen. Schließlich ist er Handwerker. Es vergeht kein Monat, in dem er nicht entweder einen Metallsplitter im Auge oder irgendeine andere Verletzung hat. Vor kurzem zum Beispiel ist ihm die Bohrmaschine weggerutscht und er hat sich in den linken Mittelfinger gebohrt. Bis auf den Knochen, der weißlich-grau aus der Wunde hervorlugte. Auf einer Skala von 1 bis 10 wäre so etwas bei mir mindestens eine 8. Bei Markus vielleicht eine 2. Allerhöchstens. Nicht ganz alltäglich, aber weiß Gott kein Grund zur Aufregung. Nach einer Woche hat sich dann an besagter Stelle ein Wulst gebildet. Dieser wurde zunächst fachmännisch beäugt. Dann griff Markus zum Skalpell, das er sich eigentlich für den Modellbau besorgt hat, und desinfizierte es über einer Flamme. Er hat eindeutig zu viele Western gesehen. Mit einem schnellen, gekonnten Ruck ritzte Markus den Wulst ein. Nach intensivem Quetschen quoll eine gelbbraune, cremig-feuchte, stinkende Masse hervor. Wie viel, kann ich nicht sagen, weil ich mich zu diesem Zeitpunkt bereits im Bad kniend vor der Kloschüssel befand.

Zwei Wochen später hat Markus sich dann den Daumen böse gequetscht (eine 1 auf der Skala). Er sah wirklich schrecklich aus. Lila-schwarz und doppelt so dick angeschwollen. Markus verschwand mit Mia und der Bohrmaschine im Schlafzimmer. Eine Minute später kam Mia weinend angelaufen.

„Papa will sich in seinen Daumen bohren!“

Ich begab mich ins Schlafzimmer und kam gerade noch rechtzeitig, um das Bohrgeräusch zu hören und das Blut auf einer doppelten Lage Handtücher, die Markus vorsorglich untergelegt hatte, zu sehen. Sekunden später fand ich mich dann erneut vor der Kloschüssel wieder. Besorgt kam Markus mir nach.

„Was hast du? Das Blut musste raus. Hätte ich es nicht gemacht, hätte es der Arzt getan. Und du weißt, welchen Horror ich vor Ärzten habe.“

Sprach er und verband sich mit aller Seelenruhe seinen Daumen. So ist er, mein Markus. Abgebrüht und so hart wie der Stahl, mit dem er arbeitet. Außer er hat einen Schnupfen oder Husten. So wie heute.

„Ich sage dir, das ist die Kopfgrippe! Oder eine Angina“, klagt Markus. „Hol mir doch mal einen Spiegel und die Taschenlampe.“

Ich bringe ihm beides.

„Iiih, lauter weiße Stippchen! Ist total vereitert!“

Ich lege ihm den Arm um die Schulter. „Damit ist nicht zu spaßen. Du musst zum Arzt und dir ein Antibiotikum verschreiben lassen.“

„Erst morgen, heute geht es mir zu schlecht.“

Ich grinse. Diesmal haben Skalpell und Bohrmaschine schlechte Karten. „Komm, leg dich hin. Ich mach dir einen schönen, heißen Tee.“

Markus wankt ins Bett. Mia kommt herein. „Was ist denn los?“

„Papa ist krank.“

Als sie kurze Zeit später ihren sonst so kraftstrotzenden Vater mit Halswickel, weinerlichem Gesicht und glasigen Augen matt im Bett liegen sieht, blutet ihr das Herz.

„Ach, du Armer! Komm, ich lese dir etwas vor.“ Ungeachtet dessen, dass sie noch gar nicht lesen kann, nimmt sie mit Räuber Hotzenplotz am Bettrand Platz. „Das ist genau das Richtige für kranke Jungen.“

Ich muss mir das Lachen verkneifen. Mit weiblicher Intuition hat Mia sofort erfasst, dass ein grippekranker Vater vorübergehend wieder zu einem Jungen wird. Und zwar zu einem ganz armen!

Als ich den Tee bringe, ist Mia ganz zu ihrem Papa-Jungen ins Bett gekrabbelt, hält seinen Kopf in ihrem kleinen Arm und zeigt ihm, wie Hotzenplotz gerade Kasperl und Seppel gefangen nimmt. Markus kuschelt sich in die Armbeuge seiner Tochter und hat die Augen halb geschlossen. Ich bringe es nicht übers Herz, Mia hinauszuschicken, und hoffe einfach, dass sie sich nicht ansteckt. Ich stelle den Tee auf den Nachttisch. „Magst du etwas essen?“

Mia springt auf. „Ich mach dir einen Obstteller, der hat viele Bitamine!“ Eifrig läuft sie in die Küche.

Markus brummt: „Machst du mir später noch ein Brot?“ Er spitzt um die Ecke, ob Mia nicht vielleicht schon wieder kommt und murmelt dann leise: „Vielleicht mit Nutella? Aber erst, wenn Mia schläft.“

Lächelnd nicke ich und freue mich. Dass hinter dem kranken Jungen, der Nutella dafür geeignet hält, einer Angina entgegenzuwirken, der Vater noch hervorlugt.

Modernes Praxismanagementvon Norbert Autenrieth

Gott sei Dank bin ich nicht oft krank. Man könnte sogar sagen, ich bin ein ungewöhnlich gesunder Mensch. Deshalb habe ich keinen Hausarzt. Doch manchmal erwischt es auch mich. So wachte ich eines Morgens auf, weil ich in meiner Wade einen stechenden Schmerz verspürte. Ein großer, roter Fleck war da zu sehen, der sich heiß anfühlte. Sollte mich gestern Abend im Garten so ein geflügeltes Mistvieh gestochen haben? Zunächst schmierte ich eine Salbe gegen Insektenstiche darauf – das sollte wohl genügen. Leider nicht. Die Schwellung nahm zu, der Schmerz auch. Also entschloss ich mich am Nachmittag, als meine Wade bereits beachtliche Ausmaße angenommen hatte, einen Arzt anzurufen. Eine angenehme Damenstimme meldete sich:

„Hier ist die Praxis Dr. Leidel. Um Ihnen gezielt helfen zu können, bitten wir Sie, vorerst einige Fragen zu beantworten. Alle Angaben unterliegen dem Datenschutz und werden nicht an Dritte weitergegeben. Wenn es sich bei Ihrer Erkrankung um einen Unfall handelt, dann drücken Sie bitte die 1, handelt es sich um eine längerfristige Erkrankung, drücken Sie bitte die 2.“

Ich überlegte nicht lange. Doch eher ein Unfall. Außerdem kam man bei einem Unfall wohl eher zum Zug.

„Welches Körperteil ist von der Erkrankung betroffen? Wenn sich das Körperteil im Oberkörper, gerechnet bis zum Nabel, befindet, dann drücken Sie bitte die 1, wenn sich das Körperteil im Unterkörper, also unterhalb des Nabels befindet, dann drücken Sie bitte die 2.“ Das war einfach. Ich drückte die 2.

„Macht sich Ihre Erkrankung durch äußere Kennzeichen bemerkbar, z.B. Schwellung, Rötung, Blutung etc., dann drücken Sie bitte die 1. Wenn ihre Erkrankung äußerlich nicht bemerkbar ist, also innere Organe betrifft, dann drücken Sie bitte die 2.“ Auch klar. Eindeutig die 1.

„Handelt es sich um eine Blutung, dann drücken Sie bitte die 1. Handelt es sich um eine Schwellung, dann drücken Sie bitte die 2. Handelt es sich um eine Rötung, dann drücken Sie bitte die 3. Handelt es sich um eine Schwellung mit Rötung, dann drücken Sie bitte die 4. Handelt es sich um ein Hämatom, also um einen blauen Fleck, dann drücken Sie bitte die 5. Wenn Sie nicht in der Lage sind, die äußeren Kennzeichen zu beschreiben, dann drücken Sie bitte die 6.“

Wie war das jetzt gewesen? Welche Nummer? 3 oder 4 oder doch 2? Ich überlegte krampfhaft. Die Ansage begann erneut: „Handelt es sich um eine Blutung, dann drücken Sie bitte die 1.“ Jetzt hieß es aufpassen! „Handelt es sich um eine Schwellung, dann drücken Sie bitte die 2. Handelt es sich um eine Rötung, dann drücken Sie bitte die 3. Handelt es sich um eine Schwellung mit Rötung, dann drücken Sie bitte die 4 …“ Schnell drückte ich die vier. Man musste wirklich höllisch aufpassen.

„Befindet sich die befallene Stelle am Oberbauch, dann drücken Sie bitte die 1. Befindet sie sich am Gesäß, dann drücken Sie bitte die 2. Befindet sie sich am Oberschenkel, dann drücken Sie bitte die 3. Befindet sie sich am Unterschenkel, dann drücken Sie bitte die 4. Befindet sie sich am Fuß, dann drücken Sie bitte die 5.“ Wade war Unterschenkel. Ich drückte die 4.

„Wenn es sich um den rechten Unterschenkel handelt, dann drücken Sie bitte die 1. Handelt es sich um den linken Unterschenkel, dann drücken Sie bitte die 2.“ Rechts, also 1.

„Wenn Sie unter Schmerzen leiden, dann drücken Sie bitte die 1, wenn nicht, dann drücken Sie die 2.“ Blöde Frage. Hätte ich sonst angerufen, wenn mir nichts wehtäte?

„Handelt es sich um Schmerzen, die von einer Wunde verursacht werden, dann drücken Sie bitte die 1. Handelt sich um einen Druckschmerz, dann drücken Sie bitte die 2. Handelt es sich um einen stechenden Schmerz, dann drücken Sie bitte die 3.“ Verdammt. Es handelt sich um einen drückenden und stechenden Schmerz. Was nun? Die Ansage begann erneut:

„Handelt es sich um Schmerzen, die von einer Wunde …“ Ich wählte die 2.

„Bitte beurteilen Sie nun die Intensität Ihres Schmerzes auf einer Skala von 1 bis 9. 1 bedeutet: Nur geringe Schmerzen, 9 bedeutet unerträgliche Schmerzen. Geben Sie bitte jetzt eine Zahl ein.“ Man soll ja nicht übertreiben. Ich gab eine 4 ein.

„Sie haben am rechten Unterschenkel eine Schwellung mit Rötung, die einen Druckschmerz verursacht, den Sie mit Stufe 4 einschätzen. Wenn diese Beschreibung zutrifft, dann drücken Sie bitte die 1, trifft sie nicht zu, dann bitte die 2.“

Schnell die 1, nur nicht noch einmal von vorne!

„Nun benötigen wir noch einige persönliche Angaben. Wenn Sie unter 20 Jahre alt sind, dann drücken Sie bitte die 1. Wenn Sie unter 40 Jahre alt sind, bitte die 2. Wenn Sie unter 60 Jahre alt sind, die 3. Wenn Sie unter 80 Jahre alt sind, die 4. Wenn Sie über 80 Jahre alt sind, die 5.“ Also die 4.

„Sind Sie Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, dann drücken Sie bitte die 1. Sind Sie privat versichert oder Selbstzahler, dann drücken Sie bitte die 2.“ Leider 1.

„Sie sind Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Wählen Sie nun die Kasse, die für Sie zutrifft. Für die AOK drücken Sie bitte die 1, für die DAK die 2. Sind Sie Mitglied einer Ersatzkasse, bitte die 3. Sind Sie Mitglied einer Technikerversicherung, bitte die 4. Bei einer sonstigen Versicherung, die 5.“ DAK, also 2.

„Wenn Sie bereits unser Patient sind, dann drücken Sie bitte die 1, wenn nicht, die 2.“ Ich drückte die 2.

„Nach den von Ihnen gemachten Angaben kommt folgender Termin in Betracht: Donnerstag, 24.9. um 10.00 Uhr. Wenn Sie mit dieser Terminvereinbarung einverstanden sind, dann drücken Sie bitte die 1, wenn nicht, die 2.“

Immerhin, das war ein Termin in der nächsten Woche. Bis dahin ging es vielleicht doch noch mit der Salbe. Ich drückte die 1. „Wir freuen uns, Sie zur Untersuchung am 24.9. um 10.00 begrüßen zu dürfen. Notieren Sie sich bitte nun die Referenznummer, unter der wir Sie registriert haben und weisen Sie sich zum Behandlungstermin mit Hilfe dieser Nummer aus. Sie lautet: 08152021.“ Wo war mein Stift?

„Beenden Sie dann bitte das Gespräch durch Wählen der 1.“ Endlich, da war der Stift. Wie war die Nummer gewesen? Verdammt nochmal. Sollte jetzt alles umsonst gewesen sein?

„Wir freuen uns, Sie zur Untersuchung am 24.9. um 10.00 Uhr begrüßen zu dürfen …“

Gott sei Dank! Sie wiederholte die letzte Ansage! Ich notierte die Nummer. Geschafft. Nun konnte ja nichts mehr schief gehen. Ich lehnte mich entspannt zurück. Meine Wade tat mir beinahe nicht mehr weh. So funktionierte also das moderne Praxismanagement!

Nachtrag:

Ein Termin in acht Tagen. Naja. Ja, wenn ich privatversichert gewesen wäre. Was dann wohl passiert wäre? Das schien mir einen Versuch wert. Ich nahm mir also doch die Zeit und machte die ganze Prozedur ein zweites Mal durch. Bis es hieß: „Nun benötigen wir noch einige persönliche Angaben. Sind Sie Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, dann drücken Sie bitte die 1, sind Sie privat versichert oder Selbstzahler, dann drücken Sie bitte die 2.“ Ich drückte die 2.

„Wir machen Ihnen nun einige Behandlungsvorschläge. Wenn Sie heute, am 16.9., um 13.00 Uhr kommen möchten, dann drücken Sie bitte die 1, wenn Sie um 14.00 Uhr kommen möchten, dann drücken Sie bitte die 2, für 15.00 Uhr die 3, für 16.00 Uhr die 4, für 17.00 Uhr die 5. Wenn Sie einen anderen Termin wünschen, drücken Sie bitte die 6, wenn Sie einen Hausbesuch wünschen, die 7.“

Aha. Hatte ich es doch geahnt. Ich legte auf.

Monsieur Pietvon Magdalena Krauß

Vogelgezwitscher dringt durch das gekippte Fenster und die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die schmutzige Scheibe. Sie treffen mich genau in meinem Gesicht und kitzeln mich auf der Nase. Ich muss niesen! Mon dieu! Fast hätte ich das Kaninchen gehabt! Hätte die Sonne mich nicht fünf Minütchen später aus dem Schlaf reißen können? Schlafen ist mir die liebste Beschäftigung auf der ganzen Welt!

Genervt schüttle ich meinen Kopf, sodass meine Ohren mit einem schmatzenden Geräusch gegen mein Gesicht schlackern. Platsch. Platsch. Platsch. Wie spät es wohl ist? Ich schnuppere. Wenn mich nicht alles täuscht, müsste es so gegen sieben sein. Wann die anderen wohl wach werden? Ich räkle mich genussvoll und erschrecke vor mir selbst, während sich ein lauter Brüller aus meiner Kehle befreit. Oh seigneur! Manchmal klinge ich wirklich wie ein wildes Biest!

So, genug gestreckt. Ich springe von meinem Sofa und setze mich vor die Schlafzimmertür. Nichts. Sie schlafen wohl noch. Ich lasse einen betont genervten Seufzer von mir und lausche. Wieder nichts. Der war wohl nicht laut genug! Meine Blase drückt und mir ist langweilig. Das hasse ich. Langeweile ist wie ein Stachel im Po. Eigentlich nicht weiter schlimm. Keine echte Verletzung. Aber bei jeder Bewegung erinnert er dich daran, dass er da ist.

Ich atme tief ein, lege meinen Kopf in den Nacken und überlasse meinen Stimmbändern das Kommando. Ein ohrenbetäubender Heuler entrinnt mir. Ich spitze die Ohren. Im Schlafzimmer stöhnt Marie auf. Zufrieden schmatze ich.

„Piet! Es ist noch nicht mal sieben! Geh auf deinen Platz!“

Pardon? Es ist dringlich! Meine Blase! Mit meiner Pfote stoße ich die Schlafzimmertür weiter auf. Über Nacht lassen Marie und Ben sie immer einen Spalt breit geöffnet. Das weiß ich zu schätzen, weil sie es mir so sehr viel leichter machen, auf sie aufzupassen.

„Aargh! Beeeeen! Ich glaube, Piet muss raus.“

„Mhmfg?“

„Du hast mich schon gehört, Piet muss raus!“

„Piet, jetzt leg dich doch nochmal hin!“, ruft Ben mir mit verzweifelter Stimme entgegen.

Baaah! Nochmal hinlegen. Was denken die sich? Gerade Ben! Der steht nachts manchmal zwei Mal auf, um in dieses weiße Ding zu pinkeln, das mit Wasser gefüllt ist. Ich verstehe nicht, warum die Männchen da rein machen? Danach ist der schöne Geruch vom Pipi weg und das Ding rauscht auch noch so laut! Aber daraus trinken darf ich nicht. Das muss man sich mal vorstellen. Das steht da, ständig mit Wasser gefüllt, aber es soll nicht daraus getrunken werden. Menschen können manchmal ganz schön komisch sein.

Eh bien! Um meinem Leiden also nochmal gebührend Ausdruck zu verleihen, schmeiße ich mich mit einem laut gezogenen Heuler auf den Boden und werfe meinen Kopf auf meine Vorderpfoten. Jetzt muss ich mich konzentrieren, der nächste Moment entscheidet über Erfolg oder Versagen. Ich drücke meine Nase gezielt Richtung Boden und blicke nur mit meinen Augen nach oben. Ich versuche sie so groß und dringlich wirken zu lassen, wie ich nur kann. Das verlangt mir alles ab. Ein trauriges Wimmern entfährt meinem Maul. Ich höre Ben stöhnen. Er gibt auf, oui! Endlich kommt er zu mir! Und wir gehen raus! Raus! Aufregung schießt augenblicklich durch meinen Körper. Oh diese Freude, un banquet! Ich drehe mich im Kreis und lasse die Glücksgefühle durch mich hindurchströmen. Ein neuer Morgen! La vie est belle!

Draußen ist es genauso toll, wie ich es erwartet habe. Meine Lieblingsbäume sind immer noch da, was für ein Glück! Sie warten darauf, dass ich sie markiere, was ich natürlich genüsslich tue. Wenn ich aber den Haufen eines anderen Rüden am Wegrand finde, dann ärgert mich das. Die verströmen so einen starken Duft, das mag ich überhaupt nicht! Mein Duft hat hier Vorrang. Jeder soll wissen, dass ich, Monsieur Piet, hier wohne und dass dies mein Revier ist. Deswegen pinkle ich hastig über den fremden Haufen und suche mir einen guten Platz für meinen. Der Platz darf nicht direkt auf dem Weg sein, da sind zu viele Gerüche. Nein, er muss schon ein bisschen geschützt sein, damit mein Haufen seine volle Kraft entwickeln kann. Aber er muss auch zentral sein, sodass er seinen Duft weit verströmt. Das ist keine leichte Aufgabe! Ich nehme mir immer viel Zeit für die Wahl meines Haufen-Platzes. Manchmal sagt Ben dann Sachen wie „Ach komm Kumpel, mach jetzt! Ich sehe doch, dass du musst!“ Davon lasse ich mich aber nicht beeindrucken. Wie soll jemand, der seinen Haufen in eine Wasserschale macht und sie dann unter Rauschen verschwinden lässt, verstehen, worauf es beim Haufenmachen ankommt? Ben muss eindeutig mehr Zeit mit anderen Rüden verbringen, um sein Wissen in diesem Bereich aufzustocken.

Endlich finde ich den richtigen Platz und setze mich in Pose. Dabei lasse ich Ben nicht aus den Augen. Er soll gut zuschauen, wie das geht und etwas von mir lernen! Kaum bin ich fertig, scharre ich mit den Pfoten. Mon dieu, ich höre schon wieder dieses verräterische Rascheln, das mir ankündigt, dass Ben meinen Haufen gleich in diesen blöden Plastikbeutel packt. So eine Verschwendung meines Duftes!

Auf dem Weg nach Hause machen wir einen Halt beim Bäcker. Vor dem Eingang macht mich Ben an einer Säule fest: „Piet, leg dich hin und warte auf mich. Ich bin gleich wieder da.“

Gleich, baaah! Wenn er in dem Laden verschwindet, dann kann ich nicht mehr auf ihn aufpassen! Merde! Menschen sind so schutzlos! Die haben weder Krallen noch richtige Zähne! Diese weißen Stumpen in ihrem Maul kommen bestimmt davon, dass sie ständig auf Gemüse rumkauen. Meine ganze Konzentration gilt der Ladentür. Er ist ewig weg! Bestimmt schon fünf Minuten. Die Tür geht auf und heraus kommt … eine alte Dame! Merde!

„Oh Mama, schau mal. So ein süßer Hund!“, höre ich eine quietschige Stimme von der Seite.

Doch ich darf mich nicht ablenken lassen! Meine ganze Aufmerksamkeit gilt der Tür. Moment mal, ist das eine Hand auf meinem Kopf? Mon dieu! Kurz schaue ich auf. Ah, ein kleines Mädchen. Zu ihr gehört wohl die Stimme. Wie ärgerlich. Normalerweise liebe ich spontane Streicheleinheiten. Aber jetzt habe ich keine Zeit! Endlich geht die Tür wieder auf! Ben! Mein Ben! Schnell scanne ich ihn. Er hat noch alle Gliedmaßen und sieht unverwundet aus, sehr gut! Ich springe auf und will auf ihn loshechten, als mich die Leine zurückzieht. Merde!

Ich hänge ja an der Säule. Neben mir schreit etwas laut auf. Ben kommt auf mich zu, aber sein Gesicht sieht angespannt aus. Was ist los? Normalerweise lächelt er, wenn er mich hier abholt. Ich blicke zur Seite und sehe das kleine Mädchen auf dem Boden liegen. Sie kreischt und weint. Das Geräusch nervt. Ich lege meine Ohren zurück und seufze.

„Ihr Hund hat meine Tochter umgeschmissen!“

Eine verärgerte Frau blickt Ben böse an. Mon dieu, was soll das? Ich stelle mich auf die Hinterpfoten und versuche in ihr Gesicht zu schnuppern. Schließlich muss ich herausfinden, ob sie eine Bedrohung sein könnte.

Ben zieht mich an der Leine runter. „Piet, was soll das?! Mach sofort Sitz!“

Seine Stimme ist schneidend, er schimpft mich. Mich?! Ich habe ihn vor dieser giftigen Frau beschützt! Ich fühle mich geknickt.

„Hören Sie, es tut mir leid, dass ihre Tochter gefallen ist und sich erschrocken hat. Aber man geht nicht zu fremden Hunden, wenn der Besitzer nicht da ist.“

„Und Sie sollten ihren Hund besser erziehen!“ Die Frau schnappt sich das kreischende Mädchen und stürmt davon.

Sehr gut! Sie sind weg! Schwanzwedelnd wende ich mich Ben zu, um unseren gemeinsamen Triumph zu feiern. Doch Ben scheint nicht in Feierstimmung zu sein. Er wirkt eher – genervt? Ich muss ihn aufmuntern. Ich schmiege mich mit meinem ganzen Körper an ihn und wackle mit dem Po.

„Ach Piet“, sagt er sanfter. „Du musst ein bisschen besser aufpassen.“

Verständnislos mache ich die Augen groß. Wie soll ich denn noch besser auf ihn aufpassen? Ben scheint zu merken, dass ich mir Gedanken mache, und krault meinen Kopf.

„Manche Menschen verstehen einfach nichts von Hunden.“

Ich denke nach. Auch wenn Ben mir manchmal einfältig vorkommt. Er scheint wohl doch eines der klügsten Exemplare seines Schlages zu sein. Was habe ich nur für ein Glück, dass er ausgerechnet mein Mensch ist! La vie est belle!

Zuhause angekommen, schickt Ben mich los, damit ich Marie aus dem Bett hole. Ich renne zur Schlafzimmertür, bleibe dann aber abrupt vor ihr stehen. Ins Schlafzimmer darf ich nicht. Das ist eine der strengen Regeln bei uns. Ich setze mich also vor den Türspalt und gebe meine Gesangsstimme zum Besten.

„Seid ihr wieder da? Gibt’s Frühstück?“, murmelt sie im Halbschlaf.

Ich merke, dass sie eine Zugabe braucht, und jaule nochmal geräuschvoll auf. Frühstück holt Marie immer aus dem Bett. Das kann ich gut verstehen. Mir geht es mit meinem Fressen genauso. Moment mal! Fressen! Ich habe heute noch nichts zu fressen bekommen! Als Marie schließlich auf mich zukommt, riecht sie herrlich und krault mir die Ohren. Marie ist meine beste Freundin. Ein Tag ohne Marie ist ein verlorener Tag! Ich schlecke ihr über das Gesicht. Schließlich gehört ein sauberes Gesicht zur morgendlichen Hygiene. Sie lacht und wischt nach. Sehr gut. Marie begreift schnell. Deutlich schneller als Ben.

„Hast du Hunger? Willst du fressen?“

Aufgeregt starre ich sie an! Ich sage doch, sie versteht mich! Voller Freude drehe ich mich um die eigene Achse und belle kurz auf! Fressen, ich will fressen! Ja, ich will fressen! Marie lacht. Sie findet mich immer süß oder lustig. Aber mondieu, kein Wunder bei meinem Charme! Marie ist auch deutlich schneller als Ben. Wenn sie etwas sagt, dann geht sie zügig los und erledigt es. Das schätze ich an ihr. Schnell füllt Marie mein Futter in den Napf. Ich setze mich davor und warte – was mich fast umbringt! Aus meinen Lefzen spüre ich Sabber heraustropfen. Marie lächelt und sagt schließlich „Bitteschön“, während sie mit ihrer Hand auf den Napf deutet. Das ist mein Signal! Sofort stürze ich mich auf den Napf und haue meine Zähne in die saftigen, knackigen Fleischbrocken. Ich liebe es zu fressen! Fressen ist mir die liebste Beschäftigung auf der ganzen Welt! La vie est belle!

Am Rest vom Vormittag machen Ben und Marie Hausarbeiten. Da störe ich sie grundsätzlich nicht und döse derweil in meinem Korb. Denn dann sind sie schneller fertig, um sich danach ausgiebig mit mir zu beschäftigen, compris?

Nachmittags gehen Marie und Ben mit mir in den Wald. Wir sind noch nicht lange unterwegs, da bricht Ben mir ein Stück Birke von einem alten Ast ab, der auf dem Waldboden liegt. Aufgeregt springe ich Ben entgegen. Er bringt sich in Position, sieht mich herausfordernd an und schleudert den Stock so weit er kann von sich weg! Mon dieu, meine Beute! Ich renne so schnell ich kann los, um den Stock einzuholen bevor er sich in den Wald flüchtet. Ich erwische den Stock sofort und ramme meine Zähne in ihn hinein! Er kann mir nicht entkommen! Genau genommen ist mir noch nie ein Stock entkommen! Ich bin ein grandioser Jäger!

Schwanzwedelnd renne ich an Ben und Marie vorbei und suche mir weit vor ihnen ein Stückchen Wiese, um mich hinzulegen und meine Beute genüsslich zu zerfetzen. Birke zerfetzen ist meine liebste Beschäftigung auf der ganzen Welt! Nach dem Holz in meiner Schnauze könnte ich nun wirklich etwas Wasser vertragen. Mein Maul ist staubtrocken. Ich schnüffle und suche begierig nach Wasser. Meine Instinkte haben mich noch nie im Stich gelassen. Ich stamme vom Wolf ab, dem König des Waldes!

„Äh Piet?“ Ben stört mich bei meiner Arbeit! Genervt starre ich zu ihm und sehe, dass er einige Meter in die entgegengesetzte Richtung auf einen mit herrlich braunem Wasser gefüllten Graben zeigt. „Hier kannst du trinken.“

Merde! Welch ein Glück! Mein Schwanz rotiert vor Freude, ehe ich in das wunderbare, kühle Nass springe. Schlamm breitet sich über meinem Fell aus. Es fühlt sich herrlich an. Ich sollte mich hinlegen!

„Piet, nein!“, schreien Marie und Ben wie aus einem Mund.

Ich blicke ihnen entgegen, halte den Blick. Ich starre, sie starren. Langsam beuge ich meine Beine und nähere mich wieder dem schlammigen Wasser. Ben setzt zum Sprung an. Jetzt muss alles ganz schnell gehen! Mit einem Platsch lasse ich meinen Bauch in den Graben sacken und wälze mich im herrlich kühlen Nass!

„Piet! Wir schicken dich zurück ins Tierheim nach Frankreich, du Dreck…“

„Ben!“, höre ich Marie mahnen und er wird still.

Mon dieu, mich nach Frankreich zurückschicken! Dass ich nicht lache! Was würden diese Allemands nur ohne mich machen? Aufgeregt springe ich Ben entgegen. Er will mich sicher streicheln, um sich bei mir zu entschuldigen. Ich spüre, wie Wasser meine Ohrspitzen herabtropft. Das mag ich überhaupt nicht. Also schüttle ich mich beherzt und sehe, wie zig Schlammspritzer auf Bens beigefarbener Hose landen. Das sieht schön aus!

„Piet! Frankreich, morgen früh! Ich sag es dir!“

Beleidigt ziehe ich ab. Er hätte mir wenigstens mal über den Kopf streicheln können.

Zuhause angekommen, lege ich mich zufrieden in mein Bettchen. Es steht direkt vor dem Sofa, sodass sowohl Marie als auch Ben mich kraulen können, wenn sie darauf liegen. Mal wieder muss