Last Exit: Poetry -  - E-Book

Last Exit: Poetry E-Book

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Beschreibung

Neue Lyrik und Fotografie von Margit Brunner bis Katrin Züger.

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Inhalt

POESIE

Brigitta Römer,

Zwischen den Zeilen

Johannes Witek,

Dem Baumgott ein Opfer bringen

Margrit Brunner,

und tage (fragmente)

Irena Habalik,

Was will das Gedicht

Ingeborg Kaiser,

vielleicht morgen

Gisela Hemau,

Ein Leben

Peter Salomon,

Lyrische Notate, Juli 2019

Brigitte Tobler,

eintrag

Margit Hanselmann,

Illusion

Nana Pernod,

Trommelklang

Gianni Kuhn,

life cuts

Kristian Rotter, Carte blanche

Margit Koemeda,

Schlüssel

Markus Stegmann,

Munitionsfabrik

Mara Kempter,

Kurze Gedichte

Sylvia Steiner,

invasion

Alrun Moll,

Eremiten im Transit

FOTOGRAFIE

Katrin Züger,

Die Poesie der Gräser

Klaus Isele,

Die Poesie der Eisberge

POESIE und FOTOGRAFIE

Tina Stroheker, Amerikanische Postkarten

25 Fragen zur Poesie, zur Zeit, zur Person: Elmar Schenkel

Brigitta Römer

Zwischen den Zeilen

Zwischen Eulenruf und Wörtern: Stille

Zwischen Leben und Tod: Ach und Krach

Zwischen Himmel und Erde: Heere und Meere

Zwischen Wasser und Stein: Rauschen

Zwischen Traum und Wirklichkeit: tausend Schmetterlinge

Zwischen Hoffen und Bangen: Gelassenheit

Zwischen Kopf und Hand: Herz

Zwischen Frau und Mann: manchmal Welten

Zwischen Fisch und Vogel: ein Reh

Zwischen Mensch und Affe: kaum ein Unterschied

Zwischen Tag und Nacht: nichts als Arbeit

Zwischen Tod und Geburt: Nirgendland

Gesunden

Mit den Zweigen grünen

Mit den Vögeln jubilieren

Mit den Schmetterlingen tanzen

Mit den Fischen schwimmen

Mit den Engeln weinen

Mit dem Herzen sehen

Schief mit dem Mond am Himmel hängen

Mitten in der Nacht

Die Angst in dir

Sagst du

Kommt nie zu keinem Ende

Im Finstern

Sagst du

Dichte sie

Unentwegt den Teufel an die Wand

Abschied

Ausser dem Tod ist nichts in Stein gemeisselt

Damit muss man leben

Bitterkeit

Beim Lesen Deiner schnöden Zeilen

Mein Lieber

Gerann mir das Blut

Mein Herz wurde klein

Ein Kieselstein

Sag mir

Wie man damit lebt

Häutungen

Darüber schreiben?

Schwierig

Davon sprechen?

Unmöglich

Alter

Was

Wenn

Mich

Keiner

Mehr

Auf den Mund

Geschweige denn

Meine Füsse küsst?

Jahreszeiten

Winter: Schlussstriche ziehen

Lautlos Nicken

Leise Sterben

Lenz: Neuanfänge wagen

Aufwachen

Blühen heisst, geküsst zu sein

Sommer: Schweigen im Farn

Mit den Moosen singen

Den Flechten flüstern

Herbst: Wer viel hat

Mit der Liebe aber spart

Erntet wenig

spuren kleiner vogelfüsschen

wenn ich die zeichen

auf meiner haut lese

spuren kleiner vogelfüsschen

auf faltigem gelände

da und dort ein brauner fleck

ein kratzer

ein verheilter riss …

so denk’ ich:

das wird mir nun doch langsam

des guten zu viel!

natürlich denk ich’s umsonst

denn:

die auf meinen leib gedichteten zeichen

mehren sich

das leben malt sich

unbeirrt weiter auf mir aus:

falte an falte

fleck an fleck

wunde punkte unter dünn gewordener haut

und dazu

ein ewig kind

das lacht

beisst

weint

tanzt

und

singt

vollmond

weit übers himmelszelt

glänzt heut’ nacht

dein liebes volles mondgesicht

und deine runde heiterkeit

lässt ganz entzückt

die sterne kichern

frau freud

nahe am wasser gebaut

ist das blaue haus

in dem ich heut’ nacht

aug’ in aug’

mit meinem schatten warte

wir sehen

frau freud und ihre kinder

mit wehenden fahnen

in richtung berge ziehn

Johannes Witek

Dem Baumgott ein Opfer bringen

Wir benutzen die Formulierung

»dem Baumgott ein Opfer bringen«

für überholte soziale Konventionen

die möglicherweise in der Vergangenheit Sinn gemacht haben

(weniger für das Individuum

mehr für die Gesellschaft)

aber heute dem

Individuum bestenfalls einen entscheidenden

Nachteil verschaffen,

schlimmstenfalls dein Leben komplett ficken

– was durch soziale Konditionierung,

Gossip und Peer Pressure

überdeckt werden soll.

Es ist, als müsste jeder 75% seines Geldes

jeden Monat vor einem Baum verbrennen

und als würde sich jeder dann permanent

darüber beklagen,

dass das Geld nicht reicht.

»Verbrenn es halt nicht vor

einem Baum?«

»Wir haben das immer so gemacht.

So macht man das.«

Alles, was es braucht,

ist aus der sozialen Konditionierung

rauszukommen, aber wie viele Menschen

schaffen das jemals wirklich?

Die, die einfach wirklich nicht innerhalb der

Konvention können, fallen vom Rand der Welt,

die anderen sammeln Rezepte für

Antidepressiva.

So oder so,

einen Weg raus gibt es,

und Menschen vor dir

sind ihn gegangen.

Es ist, wie es über Maya heißt,

die Göttin der Täuschung:

Sie zu erkennen, heißt sie zu

vernichten.

Aber wir alle leben

in ihrem Palast,

ob wir wollen oder

nicht.

Wittgensteins Wurst

Alles, was gesagt werden kann

kann so gesagt werden,

dass es vom durchschnittlichen

Burenwurstverkäufer verstanden werden kann,

nachdem man ihm mit einem Hammer auf

den Kopf geschlagen hat.

Es empfiehlt sich also,

es so zu sagen

wenn man was zu sagen hat

und/oder sein Geld eher

in die Wurst zu investieren

als in die Worte

wenn eines mehr Sinn macht

als das andere.

How to go about it

Wenn all deine Erfolge

in der externen Welt

passieren,

passiert gar nichts

außer dass alles,

was passiert,

irgendwann passiert ist.

Wenn all deine Erfolge

in der inneren Welt passieren,

passiert womöglich eine Menge

aber wer kann sagen,

ob du vielleicht nicht

einfach nur spinnst?

Wähle den mittleren Weg,

Arschloch.

Done (the ultimate Version)

… und nachdem man um

die letzte Ecke gebogen ist

und nur noch Ecken selbst

um Ecken biegen können

da kommt dann

die Stimme

die sagt:

Der menschliche Verstand

ist nicht für Frieden gemacht,

Mensch,

jedenfalls nicht dauerhaft.

Mach deinen Frieden

damit.

Wrong Turn

Wunderschöne Lügen

haben dir ein

Schloss gebaut

in dem du dich

nach Musik

aus Holz und Erde

sehnst

Der Prozess

Der verletzte alte Mann

der starrsinnig geradeaus blickt

und über sein Leben in einem anderen Jahrhundert sagt:

»Daran erinnere ich mich nicht«,

der aber von einer rechtschaffenen und vehementen

Jugend nicht in Ruhe gelassen

werden kann,

aus diversen berühmten Gründen:

Komm schon, alter Mann,

steh zu deiner Schuld.

Kein Mensch ist unschuldig auf dieser Welt

und einen alten Menschen

ohne Verbrechen hätte es

seit Beginn der Aufzeichnungen

überhaupt noch nie

gegeben:

Es erwischt schon

immer die Richtigen

wie falsch dir das

auch vorkommen mag.

Margit Brunner

und tage (fragmente)

1. januar notiz

das erste

wort noch

weiss es

steht unter

dem tor

es öffnet sich

4.5. notiz

viel grün wickelt

mich um seinen

finger

winkt mit

seltenen

möglichkeiten

mai

ich schaue mich um.

höre den himmel