Lausbuben gibt's! - Manfred Bacher - E-Book

Lausbuben gibt's! E-Book

Manfred Bacher

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Beschreibung

So ein richtiger Lausbub war er, der Manfred Bacher. Der 1923 geborene Lehrer erzählt, wie er seinen eigenen Schulmeistern die Rohrstöcke anschnitzt, wie sich der Glaser Maxl und der Gerber Moritz vor dem Pauker Barbarossa in der Kohlenkiste verstecken und wie das Fräulein Froschhax den Dorfkindern die Kaulquappen und Frösche beibringt. Und als dem Blasius die Ringelnatter Susi auskommt ist das Chaos im Klassenzimmer komplett!

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LESEPROBE ZU

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2000

© 2016 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim

www.rosenheimer.com

Titelbild: G. Bri

Illustrationen im Innenteil von G. Bri („Immer bin ich’s gewesen“) und Tilman Michalski, München („Der Luk und ich“)

eISBN 978-3-475-54627-3 (epub)

Worum geht es im Buch?

Manfred Bacher

Lausbuben gibt’s!

So ein richtiger Lausbub war er, der Manfred Bacher. Der 1923 geborene Lehrer erzählt, wie er seinen eigenen Schulmeistern die Rohrstöcke anschnitzt, wie sich der Glaser Maxl und der Gerber Moritz vor dem Pauker Barbarossa in der Kohlenkiste verstecken und wie das Fräulein Froschhax den Dorfkindern die Kaulquappen und Frösche beibringt. Und als dem Blasius die Ringelnatter Susi auskommt, ist das Chaos im Klassenzimmer komplett!

Inhalt

Vorwort

Bubi

Potschamperl

Der fliegende Holländer

Großmutter

Großvater

Ein Gramm

Maxl und Moritz

Es knallt

Auf dem Fahnenmast

Susi

Maikäfer

Leopold

Wetten

Petersfeuer

Flugversuch

Reisen

Geigenspiel

Fahnenträger

Hochwasser

Die Prozession

Es stinkt

Gipfelstürmer

Der Stier

Extemporale

Schiffahrt

Glatzi

Schießereien

Herzbube

Inhalt

Schuleinschreibung

Auferstehung

Schuri

Hubert

Der Luk

Goldregen

Gummimanndl

O Tannenbaum

Der Gruber

Bienen

Nachtlichter

Es spukt

Schützenkönig

Bauernbrot

Steinpilze

Schnapsideen

Illustriert von

Vorwort

Irgend jemand hatte die Idee, alle ehemaligen Mitschüler des Gymnasiums zu einem Klassentreffen einzuladen. Das war keine neue Idee, neu aber war der Nachsatz: »Wenn Dir noch Geschichten aus der Schulzeit einfallen, an die Du besonders gern denkst, dann mach’ Dir Notizen, wir wollen alle davon hören.«

Ich begann, mir Notizen zu machen.

Sie wurden immer ausführlicher, immer wieder fiel mir etwas ein, was ich des Erinnerns wert fand – eine Geschichte reihte sich an die andre. Und weil ich schon am Schreiben war, schrieb ich auch gleich dazu, was ich aus meiner Volksschulzeit wußte und auch noch die wenigen Ereignisse, die aus der Zeit davor stammten.

Als meine Tochter diese Geschichten gelesen hatte, fragte sie mit einem Seitenblick auf ihren dreizehnjährigen Bruder:

„Ist das auch wirklich alles wahr, was du da geschrieben hast?“

„Ja freilich, bis in jede Einzelheit.“

„Du sagst das, als ob du sehr stolz darauf wärst.“

„Hm. Na ja.“

„Und was würdest du sagen, wenn dein Sohn so was anstellen würde, oder, besser gesagt, was würdest du tun?“

In diesem Augenblick läutete das Telefon und enthob mich einer Antwort.

Was hätte ich auch sagen sollen? Was würde ich tun?

Hoffentlich bleibt mir noch sehr viel Zeit, das zu überlegen!

Bubi

Meinen Namen habe ich an meinem vierzehnten Geburtstag erhalten.

Meine Mutter hat gesagt: „Nennen wir ihn halt Manfred.“

Da hat meine Schwester gesagt: „Manfred ist heute überhaupt kein Name mehr; außerdem sagst du immer Mampfred, und da lachen ihn ja die Hühner aus, ha, ha, ha!“

Mein Vater hat gar nichts gesagt. Er hat nie etwas gesagt, wenn’s nicht hat sein müssen.

Meine Mutter hat sich an ihn gewandt: „Sag doch, wie meinst du denn, daß wir ihn nennen sollen?“

Meine Schwester ist laut geworden. Sie ist immer laut geworden, wenn man nicht gleich auf sie gehört und ihr recht gegeben hat. Sie hat dann mit meiner Mutter zusammen zweistimmig gesprochen. Die Mutter hat ganz leise die Begleitstimme gemacht. Deshalb hat man auch nur meine Schwester gehört.

„Wir nennen ihn Mään. Das ist modern. Oder Freddy. Nein, Mään, es bleibt bei Mään. Was sagst du dazu, Bubi?“

So lange ich zurückdenken kann, ist meine Schwester immer um vier Jahre älter gewesen als ich. Sie ist schon vier Jahre vor mir auf die Welt gekommen, hat mir vier Jahre später ihre abgetragenen Windeln, Strampelhöschen, Babyschuhe und Leibröckchen vermacht, hat vier Jahre vor mir aufgehört, Geschirr abzutrocknen und die Schuhe zu putzen, und hat mir großzügig ihre Küchenschürzen und ihre Karl-May-Bände überlassen.

Weil sie unheimlich gern vorgelesen hat, habe ich in der Schule gleich alles gewußt, und weil sie der Mutter nie gern in der Küche geholfen hat, habe ich gut Geschirr abtrocknen und so was gelernt. Sie hat schon Geld verdient, lange bevor ich mir die erste Totenkopfpfeife habe kaufen können, das Stück zu 35 Pfennig, und sie ist schon ins Kino gegangen, wie ich nur die Filmbilder im Schaukasten habe anschauen dürfen.

Ich habe meine Schwester schon gern mögen, aber ich habe oft neidisch auf sie gesehen, weil sie mir immer und überall voraus gewesen ist, und ich bin ihr dankbar gewesen, aber nur manchmal, weil sie mir überhaupt alles gegeben hat, was sie nicht mehr hat brauchen können, weil sie zu alt dafür gewesen ist.

Potschamperl

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“

Meine Großmutter hat immer das richtige Sprichwort bei der Hand gehabt oder auf der Zunge. Damals hat sie sicher auch ein Verslein gewußt.

Wer das Fliegen erlernen will, muß einmal damit anfangen. Ich habe mir das aber nicht nur so gedacht, sondern gleich getan. Heute baut man Flugapparate, die sind so kompliziert, daß es gar niemand weiß, und ab und zu fällt trotzdem einer runter, daß es Scherben gibt und der Doktor nichts mehr zu tun hat.

Ich habe zum Fliegen nur ein Bettstatterl gebraucht und ein Potschamperl und etwas später einen Bader.

Was ein Bettstatterl ist, muß ich erklären, weil es in der hochdeutschen Sprache kein richtiges Wort dafür gibt. Ein Bettstatterl ist ein kleines Bett für kleine Kinder, ein Schlafkäfig, bei dem eine Gitterwand heruntergeklappt werden kann, damit der Schlafgefangene morgens leichter aus seiner Zelle kommt, wenn ihm sonst kein starker Arm hilft. Ein Potschamperl ist ein Nachttopf. Wir haben eines mit einem Goldrand gehabt, und es hat zur Waschschüssel gepaßt, die ist auch mit einem Goldrand verziert gewesen.

Bettstatterln haben wir zwei gehabt, die sind Kopf an Kopf in unserem kleinen Schlafzimmer gestanden. Eines hat mir gehört, und es ist mir zu groß gewesen, eines hat meiner Schwester gehört, ihr ist es zu klein gewesen. Mein Vater hat die Bettstatterln selber gebaut und alle zwei gleich, weil das Arbeit und Kosten erspart und auch schöner ausgesehen hat.

Das Potschamperl ist vor meinem Bettstatterl gestanden, denn ich habe es öfter benützt und darum immer gleich vor dem Bett stehen lassen, weil ich manchmal durch die Gitterstäbe hineingetroffen habe, wenn ich zu faul zum Aufstehen gewesen bin.

Obwohl ich später auf die Welt gekommen bin als meine Schwester, bin ich immer früher wach gewesen und habe meine Schwester geweckt. Die hat dann zur Mutter hinausgerufen, daß der ekelhafte Fratz schon wieder keine Ruhe gibt.

Manchmal hat mir meine Schwester auch bloß ein Kissen hinaufgeschmissen, wenn ich sie geweckt habe. Ich habe es dann wieder hinübergeworfen und sie wieder zurück.

Dabei ist es passiert.

Ich habe das Gleichgewicht verloren und bin aus dem Bettstatterl geflogen. Mit dem Kopf bin ich im Potschamperl gelandet. Weil aber das Potschamperl zu klein gewesen ist, ist es geplatzt und kaputt gewesen und ist ausgelaufen.

In meinem Kopf ist ein großes Loch gewesen. Ich habe furchtbar laut geschrien, aber meine Mutter hat mich nicht gehört, weil sie aus dem Haus gegangen war und meinem Vater die Brotzeit nachgetragen hat, die er immer liegenlassen hat.

Aber meine Großmutter hat mich gehört.

Sie hat mich gleich zum Bader gebracht. Der hat mir meine ganzen ersten Haare abgeschnitten und das Loch mit einem Pflaster zugepappt.

Das Pflaster hat mich gefreut.

Und meine Schwester ist geschimpft worden, das hat mich auch gefreut. Und wir haben ein neues Potschamperl bekommen, das ist aber bloß aus Blech gewesen und ohne Goldrand und hat gar nicht zur Waschschüssel gepaßt.

Der fliegende Holländer

Wie ich sechs Jahre alt gewesen bin, habe ich mit dem Kirmaier Lenz und dem Glaser Maxl in die Schule gehen müssen, und das ist schuld, daß ich nichts Gescheites geworden bin. Ich habe jeden Vormittag und oft auch am Nachmittag im Schulhaus sitzen und bei dem Fräulein Froschhax Auf-ab-auf, Tüpferl-drauf schreiben müssen. (Wir haben sie Froschhax genannt, obwohl sie anders geheißen hat, ich weiß aber nicht wie.) Darum habe ich meine Pläne nicht verwirklichen können, die ich vorgehabt habe. Ich habe einen Zirkus aufmachen wollen und Direktor werden, und ich habe schon Maikäfer dressiert und eirt Meerschweinchen. Ich habe auch ein Kaninchen gehabt, aber nicht lange, weil es mir immer ausgekommen ist, und die Mutter hat dann den Vater zum Suchen geschickt, und er ist unter die Holzlege gekrochen und hat geschimpft.

Wir haben im Bahnhof gewohnt, weil mein Vater ein Eisenbahner gewesen ist. Die Schule ist eine Gehstunde weit weg gelegen. Oben im Dorf auf dem Berg ist sie gestanden. Wenn es geregnet hat, habe ich immer viel länger gebraucht, weil wir das Regenwasser aus dem Straßengraben haben ableiten müssen. Das Wasser haben wir durch viele Kurven und Kanäle geschickt, und wir haben oben die Stöpsel von Bierfässern hineingeworfen und sind schnell nach unten gelaufen und haben geschaut, von wem der Stöpsel zuerst daherschwimmt.

Auf Weihnachten habe ich von der Großmutter einen Holländer bekommen. Eigentlich hätte ihn das Christkind bringen sollen, aber später ist mir eingefallen, daß der Holländer schon lange vor dem Heiligen Abend in der Schachtelkammer von der Großmutter ihrem Geschäft gestanden ist.

Um diesen Holländer sind mir die anderen neidisch gewesen, weil sonst niemand einen gehabt hat. Man hat sehr schnell damit fahren können, wenn man mit den Händen den Hebel fest vor- und zurückgeschoben hat.

Ich habe meinen Holländer oft in die Schule mitnehmen dürfen und habe ihn mühsam den Berg hinaufgeschoben. Anfangs hat mir der Glaser Maxl immer dabei geholfen, aber dann nicht mehr, weil er gemerkt hat, daß er immer nur hinaufschieben dürfen hat und nie hinunterfahren.

Heimwärts habe ich dann den Holländer mit Vollgas den Berg abwärts rasen lassen. Er ist unheimlich schnell gelaufen, und ich bin auf die Idee gekommen, daß ich den Holländer zu einem Flieger umbauen und damit fliegen kann, nämlich, wenn ich schnell den Berg hinunterfahre und abhebe und dann vor dem Bahnhof lande.

Im Frühjahr hat mein Vater Bretter gekauft für Bienenkästen, weil der andere Eisenbahner ein Bienenzüchter gewesen ist, und mein Vater hat auch einer werden wollen. Die Bienenkästen hat mein Vater selber machen wollen, und die Bretter sind sehr schön gehobelt und teuer gewesen.

Der Vater hat Dienst gehabt.

Seine Werkstatt ist in einer Holzlege gewesen, fünfzig Meter vom Bahnhof weg.

Der Glaser Maxl hat mir dabei geholfen.

Wir haben fast alle Bretter gebraucht und alle Nägel, und es ist sehr schwer gegangen, denn gleich zuerst haben wir mit der Säge einen Nagel erwischt und durchgeschnitten, und sie ist nicht mehr recht scharf gewesen. Die Flügel haben nicht halten wollen und sind immer wieder heruntergesunken. Am Schluß haben wir keine Nägel mehr gehabt und haben alles wieder abbauen müssen, weil irgend etwas nicht gestimmt hat und die Flügel einfach nicht gehalten haben.

Der Holländer ist also nicht geflogen und ich auch nicht, aber der Vater ist fast in die Luft gegangen, wie er die zerschnittenen Bretter gesehen hat und keine Nägel mehr.

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