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Hans Dominiks Buch 'Lebensstrahlen: Science-Fiction-Roman' entführt den Leser in eine futuristische Welt, in der Wissenschaft und Technologie im Mittelpunkt stehen. Der Roman ist in einem klaren und präzisen Stil geschrieben, der es dem Leser ermöglicht, sich leicht in die komplexe Handlung einzufinden. Dominik, ein Pionier des deutschen Science-Fiction-Genres, präsentiert in diesem Werk seine Vision einer Gesellschaft, die von Strahlenenergie geleitet wird. Durch die detaillierte Beschreibung von Technologie und gesellschaftlichen Strukturen schafft der Autor eine faszinierende Welt, die den Leser zum Nachdenken anregt. Mit 'Lebensstrahlen' knüpft Dominik an die Tradition der utopischen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts an, die durch ihre kühnen Visionen und wissenschaftlichen Spekulationen geprägt ist.
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Ein Wirtshaus am Wege, wie viele zwischen deutschen Bergen stehen. Schräg fielen die Strahlen der Abendsonne in den Gastraum und spielten über weißgescheuerte Tische. Hinter seiner Theke war der Wirt beschäftigt, Gläser auszuspülen, als die Tür aufging.
»’nen Abend, Schöne!« sagte ein älterer Mann, der mit einem ziemlich umfangreichen Einholekorb in der Rechten über die Schwelle schlurfte.
»’nen Abend, Michelmann!« erwiderte der Wirt den Gruß. Der Alte setzte seinen Korb ab, ließ sich auf einen Stuhl fallen und zog ein rotgeblümtes Tuch aus der Tasche, mit dem er sich die Stirn trocknete.
»Reichlich warm heute, Schöne«, meinte er, während der Wirt einen Schoppen Wein vor ihn hinstellte. »Will mein Rad hierlassen. Ist genug, wenn ich den Korb den Berg ’raufschleppe.«
»Recht so, Gustav. Kannst es in den Ziegenstall stellen«, sagte der Wirt und setzte sich zu ihm. Übrigens hör mal! Da waren vorhin ein paar Gäste hier, die schienen es mal wieder auf euch abgesehen zu haben.«
»Hm! … Wieso?« fragte Michelmann.
Schöne setzte eine überlegene Miene auf. »Stadtvolk, Automobilisten; kehren hier ein, tun so, als ob sie ihre Karte studierten, fragen mich allerlei, bringen dabei die Rede auf die Eulenburg und euren Doktor! Na, ich weiß doch Bescheid, Gustav.«
Michelmann nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Du meinst, Otto, die wollen wieder …«
»Glaube nicht, daß ich mich geirrt habe. Die vom Gut drüben spitzen sich doch immer noch auf euren Wald. Kann’s ihnen nicht mal verdenken; er springt verflucht unbequem in ihre Jagd ’rein.«
»Könnte denen so passen!« knurrte Michelmann vor sich hin. »Wird aber nichts draus, Otto. Ist uns gerade recht so, wie’s ist. Unser Doktor will bei seinen Arbeiten ungestört sein. Die sollen ihre Hasen sonstwo schießen.«
Schöne lachte. »Kann’s mir denken. War ein rechter Schabernack von dem alten Baron, dem Doktor Eisenlohr die Burg mit dem Bergwald zu vermachen, während die andern das Gut bekamen. Ließ sich aber nichts gegen machen, haben das Testament vergeblich angefochten. Na, da seht man zu, Gustav, daß ihr euch den neuen Besuch vom Halse schafft.«
»Was sagst du, Otto …?« Michelmann setzte das eben erhobene Glas wieder auf den Tisch. »Du meinst, die wollen unserm Doktor auf die Burg rücken?«
Schöne nickte. »Sahen mir ganz danach aus, als ob sie’s heut noch vorhätten. Schienen entschlossene Kerle zu sein. Agenten, weißt du, Gustav, von der Sorte, die so leicht nicht locker läßt. Würde mich nicht wundern, wenn sie schon auf dem Wege wären!«
»I der Dunner! Da soll doch –« Michelmann war aufgesprungen. »Da muß ich dem Doktor ja Bescheid sagen …«
»Wäre kein Fehler, Gustav. Tu’s man gleich.«
Während der Wirt es sagte, deutete er nach der Ecke, in der das Telephon hing. Michelmann nahm den Hörer ab, hatte ein kurzes Gespräch.
»Ist heut nicht viel bei dir los, Otto«, meinte er, während er sich wieder an den Tisch setzte.
»Erntewetter, Gustav. Ist alles draußen auf den Feldern. Wollen ihr Korn trocken ’reinkriegen.« Der Wirt deutete dabei auf ein Fenster, durch das hochbeladene Erntewagen zu sehen waren, die von den Äckern der Landstraße zustrebten, während allmählich die Dämmerung hereinbrach.
Michelmann nickte. »Na ja! Das holen sie später alles wieder nach, wenn das Erntebier bei dir ist …« Er fing an von früheren Erntefesten zu erzählen, doch Schöne hörte nur mit halbem Ohr zu.
»Eine Ruhe hast du, Gustav!« unterbrach er ihn schließlich. »Du sitzt hier so gemütlich bei deinem Schoppen, während die Brüder vielleicht schon im Anmarsch sind. Wär’s nicht besser, wenn du dich ein bißchen um sie kümmertest?«
Michelmann schüttelte den Kopf. »Überflüssige Sorge, Otto. Der Doktor ist gewarnt …«
»Trotzdem, Gustav«, fiel ihm Schöne ins Wort. »Ich sage dir, das ist eine zähe Gesellschaft; die läßt sich so leicht nicht abweisen.«
»Wird auch nicht nötig sein. Wenn der Doktor nicht will, kommt kein Mensch den Berg ’rauf. Die werden ihr blaues Wunder erleben, wenn sie’s trotzdem versuchen.«
»Na, na! Der Weg ist doch schließlich nicht zu verfehlen«, meinte Schöne zweifelnd. Er sprach und fragte noch weiter, aber seine Bemühungen, etwas Näheres zu erfahren, waren vergeblich. Michelmann wurde immer verschlossener und empfahl sich, nachdem er sein Glas geleert hatte. Es war bereits völlig dunkel, als er ins Freie trat.
»Halsundbeinbruch, Gustav!« rief ihm Schöne nach.
»Danke, danke, Otto!« Michelmann schlug einen von der Landstraße abgehenden Seitenweg ein, während er den Lichtkegel einer Taschenlampe vor sich hin spielen ließ. –
Der Gastwirt Schöne hatte sich eben wieder hinter seine Theke zurückgezogen, als ein neues Geräusch ihn aufhorchen ließ. Ein Kraftwagen hielt draußen.
Kommen die Brüder von vorhin schon wieder zurück? ging’s ihm durch den Kopf, als die Tür zur Gaststube geöffnet wurde. Zwei Männer kamen herein, aber die Leute, von denen er vor kurzem dem alten Michelmann berichtet hatte, waren es nicht. Auf Ausländer taxierte Schöne sie beim ersten Blick. Der eine, schmächtig, quecksilbrig, brünett, mochte wohl ein Südländer sein, Italiener oder Franzose; den andern, blondhaarig und lang, schätzte der Wirt als einen Engländer oder Amerikaner ein. In einem ziemlich glatten Deutsch bestellte der Dunkelhaarige für sich und seinen Gefährten etwas zu trinken. Schöne brachte das Gewünschte und machte sich danach hinter seiner Theke zu schaffen. Er war begierig, etwas über Nam’ und Art der neuen Gäste zu erlauschen, aber zu seinem Leidwesen führten sie die Unterhaltung unter sich in französischer Sprache.
»Wie gedenken Sie weiter zu disponieren, Monsieur Bigot?« fragte der Blonde.
»Ich will später versuchen, Mister Hartford, ob aus dem Gastwirt etwas Brauchbares herauszuholen ist«, antwortete der mit Bigot Angeredete. Und während er nun weiter sprach, spitzte Schöne doch die Ohren, denn es fielen Namen, die ihm wohlbekannt waren.
»Die Bekanntschaft mit dem jüngeren Assistenten Doktor Holthoff hilft uns nicht weiter«, sagte Bigot. »Der Mann ist der typische deutsche Wissenschaftler und für uns nicht zu haben. Ich habe es nicht mal riskiert, ihm Andeutungen zu machen.«
»Dumme Geschichte, Bigot!« warf der andere dazwischen. »Wir haben dadurch kostbare Zeit verloren.«
Mit einem Achselzucken ging Bigot über den Einwand hinweg.
»Um so mehr verspreche ich mir von einer Bekanntschaft mit Doktor Bruck, dem anderen Assistenten«, fuhr er fort, »nach dem, was ich über ihn hörte, könnte er der richtige Mann für uns sein.«
Wieso das der Fall wäre, wünschte Mr. Hartford zu hören. Bigot beugte sich näher zu ihm herüber und sprach gedämpft weiter: »Wissen Sie, Hartford, dieser Doktor Bruck war auf dem besten Wege, ein verbummeltes Genie zu werden. Eisenlohr, der ihn von der Universität her kannte, hat ihn vor einigen Jahren aufgegabelt und ihm eine anständig bezahlte Tätigkeit in seinem Laboratorium gegeben …«
»Und Sie meinen, der Mann würde trotzdem –?« unterbrach ihn Hartford.
»Ich meine in der Tat, Hartford. Ich habe andeutungsweise gehört, daß er unzufrieden ist. Er möchte die Forschung nicht nur um der Forschung willen betreiben, wie die beiden andern, sondern Geld damit verdienen. Verstehen Sie mich jetzt?«
Hartford pfiff vor sich hin. »So?! So ist das? Dann könnte es allerdings –«
»– glücken, Hartford; wenn es gelingt, mit ihm bekannt zu werden und ihn durch Versprechungen auf unsere Seite zu ziehen.«
Hartford lachte. »Das kann Ihnen ja nicht schwerfallen, Bigot. Darauf verstehen Sie sich doch meisterhaft.«
Der Franzose schüttelte den Kopf. »Es ist leider nicht so einfach, seine Bekanntschaft zu machen. Seit Monaten ist er von der Eulenburg nicht ’runtergekommen … Alles, was außerhalb zu besorgen ist, überträgt Eisenlohr dem anderen, dem Doktor Holthoff.«
»Hm! Ja?! Dann wird Ihnen doch nichts anderes übrigbleiben, Bigot – Sie werden sich selber in die Höhle des Löwen wagen müssen.«
»Ausgeschlossen, Hartford! Eisenlohr hat es abgelehnt, mich zu empfangen. Es wäre nur möglich, wenn er selbst einmal abwesend wäre.«
»Ja, zum Teufel, Bigot, dann schreiben Sie doch einfach einen Brief an diesen Doktor Bruck!«
Der Franzose machte eine abwehrende Bewegung. »Unter keinen Umständen, mein Lieber! Ein Brief kann in falsche Hände kommen. Es ist mein Grundsatz, in dieser Angelegenheit nichts Schriftliches zu geben.«
Die beiden sprachen noch eine Weile weiter, aber der Gastwirt Schöne verlor das Interesse an ihrer Unterhaltung, denn Namen, die er kannte, wurden nicht mehr genannt. Er horchte erst wieder auf, als sich Bigot in deutscher Sprache direkt an ihn wandte. Ebenso wie die früheren Gäste wünschte auch der Franzose jetzt allerlei über die Bewohner der Eulenburg zu erfahren, doch es war unverkennbar, daß ihn die Antworten des Wirtes nicht sonderlich befriedigten.
»Frag du und der Deubel!« knurrte Schöne vor sich hin, als Bigot schließlich mißmutig seine Zeche bezahlte und zusammen mit Hartford den Raum verließ.
Jene beiden Gäste, um die sich das Gespräch von Schöne und Michelmann gedreht hatte, waren auf der Landstraße eine Strecke weitergefahren, bis die Wirtschaft außer Sicht kam. Dann lenkten sie in eine Schneise ein und bogen ein Stückchen weiter nochmals seitwärts ab, bis der Wagen gut verborgen im Unterholz des Hochwaldes stand.
»Na, Walke, was halten Sie von der Sache?« fragte der Ältere, der am Steuer saß, seinen Begleiter.
Der zuckte die Achseln. »War nicht viel aus dem Wirt ’rauszukriegen, Herr Reinhard. Ein mißtrauischer Bursche. Weiß der Himmel, wofür er uns gehalten hat!«
»Jedenfalls nicht für das, was wir sind«, sagte der mit Reinhard Angeredete, während er sich gemächlich eine Zigarette anzündete.
»Wäre es nicht besser, wenn wir gleich losgingen?« fragte sein Begleiter.
»Ist mir noch zu hell, Walke. Unsere Sache erledigen wir besser bei Dunkelheit.«
Der andere nickte.
»Ist richtig, Herr Reinhard. Aber wenn der Wirt uns verpfiffen hat …«
»Können wir’s nicht ändern, Walke. Ich glaube es übrigens nicht. Er hat uns ja auf der Landstraße nach Ihlefeld wegfahren sehen. Eine Stunde etwa müssen wir hier noch warten. Dann wollen wir unser Glück versuchen.« –
Eine Turmuhr schlug aus der Ferne die neunte Abendstunde, als Reinhard und Walke ihren Wagen verließen.
»Na, denn los, Walke! Den Pfad hier müssen wir nehmen, er führt zu dem eigentlichen Burgweg hin.«