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Das Leben schreibt schöne Geschichten! Ein Potpourri aus wahren Erzählungen, wie auch phantastischen Geschichten, die lediglich der Schöpferkraft entsprungen sind. Spannende und kuriose Handlungen entführen Sie in geheimnisvolle und leidenschaftliche Begegnungen. Sie erleben hautnah einen Jungfernflug über den Bergen Andalusiens, sitzen im Kino, an der Bar oder liegen am Strand und fühlen die Leidenschaft der Protagonisten. Kriminalgeschichten lassen Sie rätseln und staunen, wer denn nun der Mörder ist. Ein Hauch von Erotik wird Sie verzaubern und Sie vom Süden träumen lassen. Spannende Erzählungen über die Liebe, das Leben wie auch über den Sinn des Seins werden Sie verblüffen, oder auch zum Nachdenken anregen. Aha Effekte und Gänsehaut lässt uns spüren, dass wir uns vielleicht in der einen oder anderen Geschichte wiederfinden. Erleben Sie mit, wie Tobi den Weihnachtsmann trifft und lassen Sie sich zum Jahresende mit der letzten Geschichte im Buch verzaubern. Leidenschaftlicher können Begegnungen nicht sein!
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Seitenzahl: 191
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Das Leben schreibt viele Geschichten, manche sind wahre Begebenheiten…, einige entspringen scheinbar nur dem Wunschdenken oder sind uns im Traum erschienen. So bunt wie das Leben ist, so vielfältig werden einfach auch nur Phantasien für die Leser lebendig und für einen Augenblick zur Wahrheit. Vielleicht finden Sie sich in der einen oder anderen Geschichte wieder…, vielleicht kann ich Ihnen auch ein Lächeln oder ein Stirnrunzeln entlocken, oder Sie nur für einen Moment aus dem Alltag entführen…, um Ihre Seele baumeln zu lassen. Eins kann ich Ihnen versichern, sie sind alle mit Hirn und Herz für Sie geschrieben worden. Es erwartet Sie ein Potpourri aus Kriminalgeschichten, Erzählungen, Phantasy, Lovestorys, Erotik und Märchen, die ich Ihnen in dieser Sonderedition liebevoll zusammengestellt habe.
Nun wünsche ich Ihnen beim Lesen ganz viel Spaß, Spannung, ein gutes Gefühl und Gänsehaut.
Ihre Autorin
Beate Schmidt
Glühendes Feuer im ewigen Eis
Dich schickt der Himmel
Rendezvous um Mitternacht
Tanz der Götter
Wer mit dem Teufel tanzt…, braucht den Engel nicht zu fürchten
Spuren einer Leidenschaft
Spiel mit mir, wenn du dich traust
Eine Mozartkugel für die Leiche
Eine Leiche killt man nicht
Papa Pepe
Gesichter der Vergangenheit
Ein Alibi für Bummelbiene
Una vida por el momento…, ein Leben für den Augenblick
Seelen reisen nie allein
Vier Pfoten für ein Hallejulia
Spiegel der Gedanken
Verfolgung um Mitternacht
Auch der schönste Apfel hat oft einen Wurm
Wenn der Himmel weint
Alter Falter
Das Geheimnis des goldenen Buches
In dieser Edition möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken…, die mich stets in all meinen Projekten unterstützt und inspiriert haben. Durch sie durfte ich Erfahrungen sammeln und meinen Gefühlen das nötige Gehör schenken. Somit erlangte ich die Chance für Sie verschiedene Themen, Emotionen und Spannungen in den Geschichten einzuarbeiten. Da einige Erzählungen auf wahren Erlebnissen beruhen, zählt mein besonderer Dank den Protagonisten, die diese Geschichte für Sie überhaupt möglich gemacht haben. Die wahre Geschichte…, „Ein Alibi für Bummelbiene“…, liegt mir besonders am Herzen! Meiner Freundin Melli zu Ehren habe ich diese Erzählung, Veröffentlichung aus dem Jahr 2012 in „Seelenfeuer“, einen besonderen Platz in dieser Sonderedition eingeräumt, da sie leider sehr jung vor ein paar Jahren von uns gehen musste. Danke Melli…, ich werde nie vergessen, wie wir - Deine Geschichte - als Geschenk für Markus, meinen langjährigen Freund, deinem Mann…, gemeinsam beim spanischen Essen in Kempen erarbeitet haben. Deine Stimme auf den Aufnahmebändern werde ich in Ehren halten!
Ich stand an der Reling meiner Arche Noah und schaute auf die Zwanzigmeter dicke Eisscholle, die es zu brechen galt. Fröstelnd wickelte ich mich immer tiefer in meinem Mantel, schlug den Kragen hoch und verschränkte die Arme vor meinem Herzen, so als wollte ich die Kälte nicht hineinlassen. Der Hauch meines Atems hinterließ dichte Nebelspuren in der eisigen Luft und zeigte mir, dass in meinem Körper noch Leben steckte. Vor meinen Augen tänzelten Millionen von winzigen, glitzernden Kristallen und brachten die stockfinstere, klare Nacht zum Glänzen. Ein sanfter Wind pfiff durch das Packeis, ich lauschte seinen Klängen, es war als würde er…“ My Way“… singen.
Wie festgefroren stand ich auf dem Deck und starrte immer wieder diese riesigen, weißen, um herschwimmenden Eisriesen an und spürte die geballte Kraft, die von ihnen ausging. Ich hatte das Gefühl als hätte die klirrende Kälte meinen zarten Körper von Jahr zu Jahr fester umschlossen und mir die Luft zum Atmen genommen. Ich wünschte mir, dass sich die Frostigkeit, wie ein Dieb in der Nacht davonstehlen würde und mir ein loderndes Feuer, mein verlorenes Vertrauen, zurück schenkte.
Gestrauchelt beschloss ich vor Jahren, in Zukunft auf meiner Arche Noah, allein durch die friedlichen Weltmeere zu schippern. Auf meinem Weg wollte ich nur noch außergewöhnlichen Menschen, die Liebe und Freundschaft schätzen, die Hand reichen und ihnen einen Platz in meinem Herzen sichern. Auf meiner tollkühnen Reise ist es mir hin und wieder gelungen, ein Stück aus meinem riesigen Eisberg hinaus zu brechen. Viele kleine dünne Risse durchzogen den Frostteppich, der mich umgab und bildeten scharfe Ecken und Kanten. Manchmal viel ein kleiner Eisklumpen über die Reling, zerschmetterte auf dem Schiffsboden und schmolz dahin. Wenn ich am falschen Platz stand und aus Reflex nach einem Eisklumpen griff, hinterließ er nichts als ein paar tiefe Schnittwunden, bevor er sich als Wasserlache über den Boden verteilte. Tausendmal hatte ich in meinen Gedanken den weißen Giganten des Frostes in kleinste Moleküle zerlegt und ihn zum Schmelzen gebracht. Doch wie aus dem Nichts, stand der weiße Riese wieder vor mir, umhüllte meinen Körper mit seiner Kälte, hauchte mir seine kalte, flirrende Luft ins Gesicht und umschloss mein Herz mit einer eisigen Faust.
Frierend, in Gedanken versunken, blickte ich über die Reling in die Ferne und hörte ein dumpfes Motorengeräusch, dann ein Klirren, als würde jemand Eiswürfel in ein Glas werfen. Der Wind sang immer noch: “My Way.“
Plötzlich sah ich in zwei leuchtende Scheinwerfer, sie strahlten in der finsteren Nacht, wie zwei Polarsterne. Ihre energiegeladenen Strahlen durchfluteten meinen Körper und schienen durch mich durch zu gehen. Ich kannte den Kapitän des Schiffes, ein paar Mal hatten wir uns schon getroffen. Bei unserer ersten Begegnung trug er einen dicken, wollenen knielangen schwarzen Mantel. In seinem rechten Mundwinkel steckte ein Zigarrenstummel, der sein harmonisches Gesicht durch den Rauch etwas herber wirken ließ. Er war völlig vertieft in seiner musikalischen Welt aus längst vergessenden Tagen. Feierlich sang er das Lied des Windes aus vollster Kehle, schloss zwischendurch seine Augenlider und schien in dieser guten alten Zeit versunken zu sein. Seine Welt glitzerte in diesem Moment wie dieser Eisberg, diese endlose Scholle mit ihren vielen winzigen Kristallgittern. Interessiert schaute ich ihm eine Zeitlang zu, lauschte seiner wohligen Stimme und genoss seinen Auftritt. Es sah nicht danach aus, als wollte dieser hochgewachsene Mann mit seinen sanftmütigen Tönen, seine Bühne so schnell verlassen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er wirkte auf mich, als wäre er mit seiner Welt im Einklang, als könnten ihm nur die Eiswürfel in seinem Drink gefährlich werden. Unter seinem schwarzen Hut lugten ein paar dunkelblonde Strähnen hervor, seine hellgrauen Augen funkelten, wie die einer Katze. Je länger ich hinsah, umso mehr erzeugte er in mir das Bild eines schnurrenden, liebevollen, verschmusten schwarzen Katers, der sich auf dem Sofa lümmelte und nach seinem Frauchen Ausschau hielt.
Jedoch heute, ein paar Monate waren seit der ersten Begegnung vergangen, stand er plötzlich auf dem Schiffsdeck der „Manhattan“ und manövrierte den Eisbrecher galant durch die raue See. Präzise lenkte er seinen Tanker durch den schmalen Pfad der rechts und links liegenden kalten, weißen, glitzernden Wänden, die jedem Seemann Respekt und Furcht einflößten. Unbeirrt, ohne die Geschwindigkeit zu drosseln räumte er mutig für die Arche Noah den Weg frei. Er sah nur seinen schwarzen Tanker und das weiße Eis vor sich. Seine Route war durchdacht, denn er wollte sich in der Finsternis nicht verfahren. Seine Seekarte hatte er genau im Kopf, immer wieder warf er einen Blick darauf, in der Hoffnung, sich selbst zu finden.
Es krachte und knirschte als würde sich altes, morsches Holz gegen den Wind auflehnen. Es wütete, schepperte…rumpelte in der Dunkelheit. Die „Manhattan“ rammte die riesige Eisscholle und zerbrach sie in mehrere kleinen, schwimmenden Platten, die meiner Arche Noah freie Fahrt bot. Das Packeis hatte sich wie von Geisterhand in einen warmen Strom verwandelt, der mich auf meiner neuen abenteuerlichen Reise begleitete. Der Wind hatte seine Melodie geändert, nun sang er, „Strangers in the Night“.
Wie einst Kolumbus schipperte ich wagemutig, ohne Navigationsgerät und ohne Rettungsboot, der Kälte davon. Ich wusste, er war der Supertanker, der größte Eisbrecher der Welt, der mit dreiundvierzigtausend PS und einem Tempo von zehn Knoten zielstrebig in mein Leben steuerte und mich aus dem ewigen Eis befreite. Ich spürte sofort, dass nur er in der Lage war, dass zwanzig Meter dicke Eis zu durchbrechen. Nachdem die letzten Eisschollen im Meer geschmolzen waren, die klirrende Kälte der Vergangenheit angehörte, die eiserne Faust mein Herz frei gab, streckte ich neugierig und dankbar dem Kapitän meine Hand entgegen. Mit bedächtigen Schritten stieg er Stufe für Stufe die Schiffsleiter empor und lächelte mir zu. Ich erkannte an seinem Hut und seinem schwarzen, knielangen wollenen Mantel, dass er fror und sich nach einem warmen Plätzchen sehnte. Leise sang der Wind das Lied aus längst vergessenden Zeiten: „Strangers in the Night“ la, la, la...lala. Strangers in the Night.
Ich hängte seinen Mantel an meiner Garderobe, bat ihn vor meinem Kamin Platz zu nehmen und schenkte ihm einen Cognac ein. Still saß er da und schaute ins Feuer, wohl in der Hoffnung, dass gänzlich alle Eisberge in seinem Leben in den lodernden Flammen da hinschmelzen würden. Er sah müde aus, abgekämpft, nichts erinnerte an seine glitzernde, musikalische Bühne, an seine Steppschuhe, die er so gerne trug. Das ewige Eis hielt auch sein Herz gefangen. Er traute niemanden, am wenigsten sich selbst. Interessiert schaute ich ihm zu, wie er das Mundstück seines Zigarrenstummels in den Cognac tauchte, sie zärtlich zwischen den Fingern rollte, bevor er sie zum Glühen brachte. Ich setzte mich zu ihm, meine Blicke wanderten über sein glattrasiertes Gesicht und suchten ein Lächeln. Das Meer wurde ruhig, der Wind schwieg, kein Lüftchen wehte. Für die zwei Seelen an Bord der Arche Noah war es schwierig, Eisberge zu erkennen, wenn sich an ihnen keine Wellen brachen.
Er streifte seine Schuhe ab, tauchte erneut seinen Zigarrenstummel in den Cognac, nahm einen tiefen Zug und genoss den Augenblick der Geborgenheit. Das Lied des Windes verstummte und ich lauschte seiner Stimme. Mit jedem seiner Worte kam er mir ein Schritt näher, bohrte sich in mein Herz und ich war mir sicher, dass es richtig war, ihm auf meiner Arche Noah einen erholsamen Platz vor meinem Kamin zu sichern. Aufmunternd lächelte ich ihm zu und wollte alles über ihn erfahren. Bedächtig fing er zu erzählen an, als hätten die lodernden Flammen seine Furcht vor der Wahrheit verbrannt. Der Cognac löste seine Zunge und nahm ihm seine Schweigsamkeit. Vertrauensvoll erzählte er mir von seiner kalten Welt im ewigen Eis. Von seinen Irrfahrten und seinen bizarren Erlebnissen. Aber auch von seinen Wünschen, Träumen und Ängsten. Seine größte Angst war, für diese Welt nicht gut genug zu sein. Das stimmt nicht, schrie ich auf, du bist doch der Kapitän der „Manhattan“, du hast mich aus der Kälte befreit und mich gerettet. Ohne dich würde das Feuer nicht lodern, ohne dich kann die Welt nicht sein.
Seine Worte stimmten mich traurig, immer wieder fragte ich mich was könnte ich für ihn tun? Nicht etwa, weil ich ihm zu Dank verpflichtete war, nein…, ich fühlte irgendwie, dass hier liebevoll zwei Seelen Hand in Hand spazieren gehen. Sie wollten der Kälte entfliehen und dennoch hatten sie Angst vor den Flammen des Feuers, das in ihren Herzen brannte. Ich genoss seine Anwesenheit, seinen Charme und seine Ruhe die er ausstrahlte. In seiner Nähe brauchte ich mich vor dem Eis nicht mehr zu fürchten, konnte die Wärme genießen und fühlte, dass ich angekommen war. Wie konnte er bloß glauben, dass ihn keiner braucht, wie konnte er bloß glauben, dass er es nicht wert sei, geliebt zu werden? Wie ein wütendes Tier aus dem Hinterhalt packte mich die Verzweiflung und lies mich nicht mehr los. Unbändige Angst stand in meinen Augen, meine Arche Noah hatte zwar den Weg aus dem Packeis gefunden, dafür war sie jetzt in einen Sturm geraten. Riesige Wellen ließen mein Schiff auf dem Meer tanzen, schlugen gegen den Rumpf, fast hörte es sich an, als würde jemand mit den Fäusten, mit voller Wucht gegen die Tür trommeln und ihr Holz würde zersplittern. Die Eiswürfel in meinem Drink klirrten, der Cognac schwappte über den Rand des Glases und hinterließ einen Fleck auf seiner Weste. Das Beben, Vibrieren und Zittern zerstörten die Idylle. Die Flammen im Kamin drohten unter den eintretenden Wassermassen zu ersticken.
Mein Kapitän zog seine Schuhe an, griff nach seinem dicken, wollenen knielangen schwarzen Mantel, setzte seinen Hut auf und ging von Bord, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er wollte dem Sturm entfliehen, wollte sich nicht von den riesigen Springfluten auf das offene Meer reißen lassen und hilflos in ihnen ertrinken. Er fühlte sich nur auf seiner Kapitänsbrücke sicher, dort konnte er den auflauernden Gefahren mutig ins Auge blicken und notfalls das Ruder herumreißen, um dem Orkan zu entkommen. Lieber würde er in seiner Eisriesenwelt erfrieren, als den Sturm gemeinsam mit ihr auf der Arche Noah zu bekämpfen.
Er hielt die Arche Noah, die aus einfachem Holz gebaut wurde, für zu zerbrechlich und den Kapitän für zu wagemutig. Er hatte Furcht die Arche würde am nächsten Felsen zerbrechen und wie ein Stück moderndes Treibholz nur eine Erinnerung an schöne Zeiten zurücklassen. Wieder hörte ich das Motorengeräusch, es entfernte sich mehr und mehr. Hilflos klammerte ich mich mit beiden Händen an die Reling und wünschte mir, dem Sturm zu entkommen. Mein Mantel flackerte wie eine Fahne im Wind, als wollte er zum Abschied winken. Traurig blickte ich der „Manhattan“ hinterher, bis sie in der finsteren Nacht verschwand. Der Wind hatte sich gedreht, es wurde still, ganz leise hörte ich das Knistern des Feuers, das immer noch in meinem Kamin brannte. Erschöpft ließ ich mich in den Sessel fallen, schenkte mir einen Cognac ein und zündelte mir eine Zigarre an. Zärtlich rollte ich sie zwischen meinen Fingern und tauchte sie mit dem Mundstück in den Cognac. Ihr herber würziger Geruch erinnerte mich an die Ruhe vor dem Sturm. Der Cognac betäubte meine Zunge, als würde er mich zum Schweigen bringen wollen. Ich wusste, er wollte die Wahrheit von mir nicht hören, dennoch zwang er mich dazu, sie ihm zu sagen. Ich wusste, ich würde ihn damit im ewigen Eis verlieren, aber mir war es wichtiger ihn aus seinen selbstquälerischen Gedanken zu reißen. Es war seine Welt, in der er sich nicht zu Hause fühlte. Er hatte so lange in der Kälte gelebt, dass er dem lodernden Feuer und der Wärme nicht mehr traute. Er wollte nicht da hinschmelzen wie ein Eisklumpen und als Wasserlache auf dem Deck der Arche Noah zerfließen.
Morgen würde er sich an den wärmenden Cognac, dem lodernden Feuer und an meine Worte nicht mehr erinnern wollen. Zu schmerzhaft war die Wahrheit, die sein Bild zerstörte. Er wollte es nicht glauben, dass es einen Menschen gab, der es ehrlich mit ihm meinte, der ihm einen molligen, sicheren, warmen Platz auf der Arche Noah bot, und ihm sagte: „Ich mag Dich!“ Zu groß war die Angst zu versagen, lieber schlich er sich, wie eine herrenlose Katze davon, um sich dem Glanz und Glitzer der mächtigen Eislandschaft auszuliefern. Lieber fror er in der Nacht, zitterte und bibberte in der Kälte und wollte für immer schweigen, in der Hoffnung sich selbst zu finden. Leise summte er das Lied des Windes: „Yes, it was my Way“
Endlich Wochenende! Mein Flug geht in zwanzig Minuten und in ein paar Stunden bin ich in Málaga.
Ich zupfte an meiner Uniform und rückte meine Flugkapitänsmütze zu Recht. Eigentlich konnte ich mit meinem Leben mehr als zufrieden sein, immerhin hatte ich es mit dreißig Jahren geschafft meine Lizenz als CPL unter Dach und Fach zu kriegen. Und heute geht mein Jungfernflug als Kapitän in den sonnigen Süden, mit knapp zweihundert Passagieren an Bord. Wir haben Hauptsaison und der Düsseldorfer Airport platzte fast aus allen Nähten. Tausende tummelnde Menschen, Koffer, schreiende Kinder und ein paar Haustiere zeichnen das Bild. „Kinder, hätte ich auch gerne!“ Ich glaube meine biologische Uhr fängt langsam an zu ticken. Aber da ist mein Job, ewig unterwegs, Hotels in fremden Ländern und richtig, richtig schwer verliebt, hatte ich mich auch noch nicht. Eilig suchte ich vorher noch den Waschraum auf. Ein Blick in den Spiegel zeichnete meine Anspannung.
Bedächtig zog ich mir die Lippen nach und sprach mir Mut zu. „Karin, du schaffst das schon!“ Immerhin fliege ich ja nicht zum ersten Mal. „Ich werde meiner Verantwortung schon gerecht, so wahr mir Gott helfe! „Wie heißt es so schön, lieber Bitten, als Blech biegen!“ „Ach, wird schon schief gehen!“ Zuversichtlich griff ich meinen Trolli und durchquerte gelassen den Airport bis zur Maschine.
Rene`, mein Kopilot saß schon auf seinem Platz, überprüfte die Armaturen und lächelte mir zu.
„Guten Morgen Karin, schon aufgeregt?“ „Ein wenig, ich glaube ich brauche erstmal einen Kaffee!“ Ich holte tief Luft, ließ mich in den Sitz fallen und versuchte die Ruhe zu bewahren. Das
Boarding lief, ein paar Minuten hatte ich noch, um mich von meiner erneuten inneren Unruhe zu befreien, die Anspannung wuchs. Die letzten Jahre liefen vor mir ab, wie im Film, alles was ich gelernt hatte, alles was ich wollte, war auf diesem Platz sitzen. Und nun habe ich ein wenig Furcht vor dem Start. Rene` ergriff meine Hand, schaute mir tief in die Augen, als könnte er meine Gedanken lesen. Es fühlte sich gut an, ich weiß schon lange, dass er ein Auge auf mich geworfen hat und die Frauen laufen ihm nach, aber bei mir muss es Funken. Er sieht verdammt gut aus, ist humorvoll, er hat immer einen kleinen Witz parat und wunderschöne romantische Augen. Bisher hatte ich für eine Beziehung nicht die Zeit, aber so langsam sehne ich mich nach einer Familie, Kinder, Kuscheln und einen geregelten Ablauf. Ich werde mir an diesem Wochenende in Málaga ein Strandbad gönnen und sorgfältig über meine Zukunft nachdenken.
„Rene`, wo bleibt denn der Tankwagen, wir haben nicht genug Kerosin!“
„Ich weiß auch nicht, aber damit kommen wir nicht weit, wir sollten den Tower rufen.“
„Tower, bitte kommen, hier spricht Airbus A 320 wir haben zu wenig Treibstoff. Erbitten um Anweisung.“
„Hier Tower, bitte geben sie uns ihre Position an, wir haben sie nicht auf dem Radarschirm!“
„Airbus A 320, Flugkapitän Karin Taube, soll das ein Scherz sein? Wir stehen auf Position zwei und möchten endlich wissen, wann der Tankwagen kommt!“
„Hier Tower, sorry, ist schon unterwegs!“
Einen letzten Blick zur Uhr, mit zwanzig Minuten Verspätung, rolle ich von der „Zwei“ Richtung Startbahn. Über Funk begrüße ich meine Gäste.
„Hier spricht ihr Flugkapitän Karin Taube und heiße sie im Namen der Air - Berlin an Bord herzlich willkommen, unsere Flugzeit beträgt voraussichtlich zwei Stunden und fünfundvierzig Minuten…, schneller also, als eine Taube!“ Geschafft, jetzt heißt es nur noch den Vogel, schlappe siebenundsiebzig Tonnen mit einer Geschwindigkeit von knapp dreihundert Stundenkilometer auf eine Höhe von erstmal fünftausend Fuß zu kriegen.
Aalglatt, geschmeidig, wie an der Schnur gezogen sind wir auch schon in den Wolken. Die Anspannung verfliegt mit der Zeit und nach knapp zwei Stunden Flugzeit können wir den Wolkenteppich und den Sonnenuntergang genießen. Rene` schenkt mir sein Lächeln, mit einem Augenzwinkern überreicht er mir Stolz ein kleines Präsent. „Karin, ich weiß, du magst keine Überraschungen, aber einen kleinen Glückbringer wirst du mir doch nicht abschlagen können?“
Neugierig öffne ich die kleine rote Schatulle. Ein kleiner Swarowski Glasengel funkelte mich an und ließ mir die Röte ins Gesicht steigen.
„Rene`, er ist wunderschön, und einen Schutzengel können wir bei diesem Job immer gebrauchen Danke, du bist wirklich ein Schatz!“
Ich hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da gerieten wir in ein tiefes Luftloch. Ruckartig verloren wir an Höhe, starke Windböen schienen den Airbus zu packen und wie eine Feder davonzutragen. „Rene`, schalte den Autopiloten aus, wir müssen versuchen, die Maschine wieder in den Griff zu kriegen!“
„Hier spricht ihr Flugkapitän, ich möchte sie nun bitten ihre Gurte wieder anzulegen, da wir mit starkem Unwetter zu rechnen haben!“
Es ruckelte, schuckelte, ich kämpfte gegen den Wind, es war alles andere als ein ruhiger Flug und das Gewitter kam immer näher und näher. Regen prasselte gegen die Scheibe, ich konnte kaum noch etwas sehen, die Scheibenwischer quietschten und ich hatte Schweiß auf meiner Stirn stehen. Ich dachte an das Wochenende in Málaga, das Wetter sollte schön sein. Ein wenig Sonne, Strand und Meer und wir fliegen durch eine Schlechtwetterfront. Rene` starte mich fragend an und murmelte vor sich hin. „Wir müssen runter, wir sind zu hoch, der Blitz wird uns noch treffen!“
„Rene`, ich weiß, lass uns auf zehntausend Fuß gehen! Schauen wir mal, ob das Wetter dort besser ist!“
„Karin, bitte keine Scherze!“
„Ich mache keine Scherze, das ist mein voller Ernst!“
Die Sicht wurde immer schlechter und Blitze durchzogen die Wolkendecke, gefolgt von einem Donnerschlag, bong, peng. Da war es auch schon passiert. Ein Blitz hatte unser rechtes Triebwerk getroffen, wir sackten ab, blitzschnell fielen die Atemmasken aus ihrem Schlupfwinkel. Fieberhaft griff ich nach ihr, ich konnte es noch gar nicht fassen, aber wir waren in einer brenzligen Situation. Die Passagiere wurden unruhig und kreischten laut umher. Einige fingen an zu beten. Die Stewardessen gaben ihr Beste, aber die Situation war schwierig, das Holpern und Stolpern der Maschine wurde immer schlimmer.
„Tower, bitte kommen, hier spricht der Airbus A 320, wir befinden uns in einer Notlage. Unser rechtes Triebwerk ist ausgefallen, wir sind vom Blitz getroffen worden. Wir verlieren an Höhe. Bitte kommen!“
„Tower, hier ist der Airbus A320, können sie uns hören?“
Hier ist ihr Tower in Málaga, habe verstanden Airbus A320, habe sie auf dem Radar! Mein Name ist Tom Sievert, welches Problem haben sie?“
„A 320, Karin Taube, unser rechtes Triebwerk ist ausgefallen, wir verlieren an Höhe. Befinden uns auf fünftausendzweihundert Fuß!“
„Karin, es tut mir sehr leid, kann ihnen kein besseres Wetter schicken. Es wird kritisch bei der Landung, aber wir werden das Kind schon schaukeln, darauf können sie sich verlassen, sie kriegen das schon hin!“
„Schön, dass sie mir Mut machen Tom, aber momentan sieht es nicht so aus!“
„Wie viel Kerosin haben sie an Bord? Können sie einen Umweg fliegen?“
„A 320, viertausendzweihundert Liter, gibt es einen Weg, die Berge zu umfliegen?“
„Uns bleibt keine andere Wahl, bevor ein zweiter Blitz durch die Maschine fliegt und ihr letztes Triebwerk außer Kraft setzt. Karin, deshalb hören sie mir jetzt genau zu, keine Angst, ich hol sie runter. Halten sie die fünftausend Fuß und drehen sie leicht nach rechts. Dann halten sie den Kurs bei 180!“ Ich befolgte alle seine Anweisungen, seine Stimme wirkte so beruhigend auf mich. Es vibrierte immer noch heftig und zwischendurch glaubte ich die Kontrolle zu verlieren. Der Regen und die Sicht wurden immer schlimmer, und ich sollte die Berge umfliegen. Tom, deine Stimme ist mehr als sympathisch und ich brauche dich, aber Berge umfliegen, jetzt hier und heute?“ „Das ist mehr als ein Wagnis, obwohl ich dich nicht kenne, muss ich dir blind vertrauen, wenn ich meine Passagiere sicher ans Ziel bringen möchte?“ Die Dunkelheit und schlechte Aussicht machten mir Angst. Es knackte in der Leitung und ein erleichtertes Lächeln huschte durch das Funkgerät.
„Tower an A 320, Karin, bist du bereit?“ „A 320 ja, bitte um Anweisung!“
„Karin, wichtig ist jetzt, dass du die Höhe beibehältst. Vor dir sind die Berge von Andalusien, wenn du die geschafft hast, holen wir das Baby runter!“