Liebe auf Schottisch - Karin Lindberg - E-Book
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Liebe auf Schottisch E-Book

Karin Lindberg

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Beschreibung

Die Suche nach ihrem Traummann hat Deirdre schon lange auf Eis gelegt. Am allerwenigsten rechnet sie damit, ihren Mr. Right in einem Dorf in den Highlands zu treffen. Doch genau dort begegnet sie dem charismatischem Stuart, einem attraktiven Womanizer, für den sie sofort Feuer fängt. Deirdre weiß, dass einer wie er nur ihr Herz brechen wird. Und für eine Frau, die gerade sehr viele Probleme zu lösen hat, ist Feuer sowieso eine brandgefährliche Idee….

Der Roman ist in sich abgeschlossen.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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LIEBE AUF SCHOTTISCH

LIEBE AM LOCH NESS

BUCH SECHS

KARIN LINDBERG

KLAPPENTEXT LIEBE AUF SCHOTTISCH

Die Suche nach ihrem Traummann hat Deirdre schon lange auf Eis gelegt. Am allerwenigsten rechnet sie damit, ihren Mr. Right in einem Dorf in den Highlands zu begegnen. Doch genau dort begegnet sie dem charismatischem Stuart, einem attraktiven Womanizer, für den sie sofort Feuer fängt. Deirdre weiß, dass einer wie er nur ihr Herz brechen wird. Und für eine Frau, die gerade sehr viele Probleme zu lösen hat, ist Feuer sowieso eine brandgefährliche Idee…

Jeder Roman der Reihe ist in sich abgeschlossen.

Band 1 Sommer auf Schottisch

Band 2 Winter auf Schottisch

Band 3 Frühling auf Schottisch

Band 4 Highlandhearts - Mr. Darcy auf Schottisch

Band 5 Herzklopfen auf Schottisch

Band 6 Liebe auf Schottisch

Copyright © 2024 by Karin Lindberg

All rights reserved.

Lektorat Dorothea Kenneweg

Korrektorat Ruth Löß

Covergestaltung Casandra Krammer

Covermotiv: © – depositphotos.com, lecoqdesigns, PictuLandra CreativeTrendz  – shutterstock.com, orchidart1

No part of this book may be reproduced in any form or by any electronic or mechanical means, including information storage and retrieval systems, without written permission from the author, except for the use of brief quotations in a book review.

Karin Baldvinsson

Am Petersberg 6a

21407 Deutsch Evern

Weitere Informationen unter www.karinlindberg.info.

Auf meiner Website könnt ihr den kostenlosen Newsletter abonnieren.

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Epilog

Hol dir dein Geschenk

Über die Autorin

KAPITEL1

Deirdres Blick war aus dem Fenster des Flugzeugs gerichtet, die kleine Maschine befand sich im Landeanflug. Deirdre presste die Stirn gegen die ovale Scheibe. Auf dem Turm von Inverness Castle konnte man bereits eine im Wind flatternde Schottlandflagge erkennen. Der Fluss Ness schlängelte sich durch die Stadt, Sonnenstrahlen glitzerten auf der Wasseroberfläche.

Deirdre stieß einen leisen Seufzer aus. Sie konnte nach wie vor nicht fassen, dass ihre beste Freundin Michelle in Schottland leben wollte. Für immer. Es war einfach so verdammt weit weg! Und provinziell. Obwohl Inverness die größte Stadt in den Highlands war, hatte Deirdre keineswegs das Gefühl, in Kürze in einer Metropole zu landen. Vor dem Abflug aus London hatte Deirdre gegoogelt und herausgefunden, dass hier nicht einmal fünfzigtausend Leute lebten. Und Kiltarff, das Dorf, in dem Michelle wohnte, war sogar noch kleiner als Inverness. Unglaublich, dass Michelle London gegen ein Kaff am Loch Ness eingetauscht hatte und auch noch zufrieden damit schien. Sie hatte Michelle sehr vermisst, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, in einer Gegend zu leben, in der wenig bis gar nichts los war. Sie wollte etwas erleben, Spaß haben und Menschen treffen.

Für ein paar Tage würde sie es Michelle zuliebe in Schottland aushalten, ihr Besuch war lange überfällig. Seit ihre Freundin Anfang des Jahres umgezogen war, hatten sie sich nicht mehr gesehen, und jetzt war es bereits Juni. Zudem war sie irrsinnig gespannt auf Michelles Freund Wallace. Sie hatten zwar öfter telefoniert, aber das war längst nicht dasselbe, wie einen Menschen persönlich kennenzulernen.

Die Landung in Inverness war hart. Das Flugzeug hoppelte ein paarmal auf dem Rollfeld, bis Deirdre durch die starke Bremsung im Sitz nach vorn geschleudert wurde. Sie verdrehte die Augen und begann damit ihren Kram einzupacken. Hoffentlich war die holprige Ankunft kein Omen für das bevorstehende Wochenende. Nein, bestimmt nicht. Sie schob den albernen Gedanken beiseite.

Auf dem kurzen Flug hatte Deirdre versucht, ein paar Dinge abzuarbeiten, aber sie hatte wenig bis gar nichts geschafft. Den Laptop würde sie für den Rest des Wochenendes ausnahmsweise im Rucksack lassen, sie wollte sich ganz auf das Wochenende mit Michelle konzentrieren. Aber viel geschafft hatte sie nicht. Dafür war sie zu aufgedreht und zu erschöpft. Beides gleichzeitig. Das war das Problem, wenn man unter einem Dauerjetlag litt. Sie war zu den falschen Zeiten müde und genau dann wach, wenn sie schlafen wollte.

Vielleicht würde es in Kiltarff ja anders werden. Dort gab es vermutlich kaum Ablenkungen, die sie wachhielten, und noch weniger Action. Deirdre grinste in sich hinein. Ganz bestimmt würde sie am Wochenende vor Langeweile einschlafen, da nützte nicht einmal Michelles Gesellschaft etwas. Tote Hose, das war alles, was Deirdre von einem kleinen schottischen Dorf am Loch Ness erwartete.

Während sie alles in den Rucksack stopfte, nahm sie sich vor, keine negativen Kommentare über Michelles neues Leben in den abgeschiedenen Highlands abzugeben. Michelle würde es ihr zwar nicht übelnehmen, trotzdem wollte sie sich beherrschen. Michelle wusste, warum Deirdre Kleinstädte nicht leiden konnte: zu viele schlechte Erfahrungen. Als Kind wäre sie durch ihren kleinen Schönheitsmakel vermutlich auch in größeren Städten eine Zielscheibe für Mobbing geworden. Kinder konnten fies sein. Sehr fies. Seit Deirdre ihren Geburtsort verlassen hatte, mied sie daher dörfliche Gemeinschaften und bevorzugte das bunte Leben in einer Metropole, wo man Andersartigkeiten jeglicher Art toleranter begegnete. Bei ihr war es ja auch nur eine Zahnlücke gewesen, mit der sie von ihren Mitschülern ständig aufgezogen worden war – trotzdem hatte es ihr seinerzeit zugesetzt.

Es dauerte eine Weile, bis Deirdre endlich aussteigen konnte, weil viele der Mitreisenden sich im Zeitlupentempo bewegten. Deirdre war Vielfliegerin und oft auf Reisen, manchmal führte ihr Job sie auch in abgelegene Landschaften. Trotzdem war es dieses Mal anders. Sie war in einer seltsam melancholischen Stimmung. Es kam Deirdre so vor, als hätte sie ihre Freundin an Schottland verloren, was natürlich albern war. Sie würde es nie zugeben, aber sie fühlte sich einsam ohne Michelle.

Deirdre schluckte und vertrieb damit den dicken Kloß in ihrem Hals. Dann stand sie auf, schulterte ihren cremefarbenen Designerrucksack und zog ihren Mini-Reisekoffer aus dem Gepäckfach über der Sitzreihe.

Die Absätze ihrer Schuhe hinterließen ein dumpfes Klackern auf dem Teppich des Flugzeugbodens, während Deirdre die Maschine im Gänseschritt zusammen mit den anderen Reisenden verließ.

Für den kurzen Aufenthalt hatte sie nicht viel eingepackt, sie führte nur Handgepäck mit sich. Glücklicherweise musste sie daher am Band nicht auf einen Koffer warten, sondern marschierte direkt auf den Ausgang zu. Die Flügeltüren öffneten sich nahezu geräuschlos, Deirdre schritt hindurch und sah sich schon beim Hinausgehen im Ankunftsbereich um. Sie entdeckte ihre Freundin sofort. Ein warmes Gefühl breitete sich in Deirdres Brust aus, während sie aufeinander zuliefen.

»Du kannst auf Neun-Zentimeter-Absätzen immer noch schneller rennen als ich in Turnschuhen«, begrüßte Michelle Deirdre lachend und umarmte sie fest.

Deirdre schloss die Augen und verdrückte ein paar Freudentränen. »Es tut so gut, dich zu sehen. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis ich endlich kommen konnte.«

»Die Hauptsache ist doch, dass du jetzt da bist. Kann ich dir was abnehmen?«

»Danke, es geht schon. Du siehst fantastisch aus. Der Schotte scheint dir gutzutun.« Michelles Teint war rosig, ihre Augen leuchteten. Das Outfit war zwar fragwürdig, aber Deirdre behielt ihre Meinung zu grünen Trekkinghosen, Wanderschuhen und Funktionsshirt für sich.

»Der Schotte hat einen Namen«, korrigierte Michelle mit einem Augenzwinkern.

»Weiß ich doch. Ich bin schon so gespannt, Wallace endlich persönlich kennenzulernen, obwohl ich ihn auch umbringen möchte, weil du seinetwegen nicht mehr nach London zurückkommen willst.«

Michelle zuckte die Schultern. »Schau dir die Gegend erst mal an, vielleicht verliebst du dich ja auch in die Landschaft und Kiltarff, so wie ich.«

»Ganz bestimmt nicht«, erwiderte Deirdre ein wenig zu nachdrücklich. Sie sah an Michelles Reaktion, dass sie sie damit gekränkt hatte. »Ich meine«, ruderte Deirdre zurück. »Es ist ganz sicher wundervoll in deinem schottischen Dörfchen, aber für mich ist das Landleben nichts, das weißt du doch. Ich brauche Action, das Pulsieren der Großstadt, Pubs, Restaurants, Clubs und viele Menschen um mich herum.«

»Ich hatte auch nicht vor, dich davon zu überzeugen, dass es hier schöner ist als in London. Aber gib Schottland mir zuliebe bitte eine Chance, zumindest für das Wochenende.«

»Logisch, klar. Schottland ist fantastisch. Du hast aber hoffentlich nicht vor, mit mir auf einen Hiking-Trip zu gehen, oder?«

Michelle prustete los. »Wenn du wüsstest, wie entsetzt du gerade guckst! Nein, Deirdre, keine Sorge, ich habe keine Wanderung geplant. Ich kann mir vorstellen, dass es mit deinen High Heels auch eher ein Himmelfahrtskommando werden würde. Und glaub mir, ich habe genügend Patienten. Ich will dich nicht auf meiner Liege sehen, weil du dir den Knöchel oder das Knie verdreht hast.«

Sie erreichten Michelles Auto nach wenigen Minuten, in London hätten sie bis zum Parkhaus sicher eine halbe Stunde laufen müssen. Immerhin ein Vorteil eines kleineren Flughafens.

Michelle öffnete den Kofferraum, und Deirdre schmiss ihr Gepäck schwungvoll hinein. »Wunderbar! Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Nachmittag? Sollen wir eine Kleinigkeit essen gehen, ehe wir nach Kiltarff fahren?«

»Um ehrlich zu sein, nein. Wallace kocht für uns, wenn das für dich okay ist.«

»Klar«, log Deirdre. Sie hätte Michelle lieber noch ein wenig für sich gehabt. Außerdem war die Wahrscheinlichkeit, in Inverness ein nettes Pub zu finden, ungleich höher als in diesem Kaff am Loch Ness.

So, jetzt ist Schluss damit, ermahnte sie sich. Deirdre mochte es vielleicht nicht gutheißen, dass Michelle dieses Leben gewählt hatte, aber sie würde die kurze Zeit mit ihrer Freundin nicht damit verderben, dass sie ständig über diese Entscheidung oder das Dorfleben herzog.

Während Deirdre den Wagen umrundete, merkte sie, dass die Luft hier anders war als in London. Irgendwie … frischer. Sie nahm einen tiefen Atemzug und merkte, wie etwas von der Anspannung von ihr abfiel.

Auf der Fahrt nach Kiltarff brachten sie sich gegenseitig auf den neusten Stand. Sie hatten sich zwar die letzten Monate regelmäßig angerufen, aber alles konnte man in Telefongesprächen eben auch nicht erzählen. Deirdre genoss es, dass sie sich in Michelles Gegenwart fallenlassen konnte. Es war so vertraut mit ihr, so schön. Deirdre berichtete von ihren Projekten und ihren Männer-Fehlgriffen, und Michelle schwärmte von ihrem Leben mit Wallace. Sie wirkte sehr glücklich, Deirdre freute sich für sie, auch wenn es gleichzeitig bedeutete, dass sie sich in Zukunft seltener treffen würden als früher. Dennoch war sie erleichtert, dass sie trotz der langen Zeit, in der sie sich nicht gesehen hatten, den Gesprächsfaden vollkommen unbeschwert einfach wieder aufnehmen konnten. Nicht mit jedem wäre das möglich. Gerade als sie diesen Gedanken mit Michelle teilen wollte, ruckelte das Auto und machte einen Satz. Deirdre schrie auf. »Was war das denn? Willst du uns umbringen?«

Michelle zuckte mit den Schultern. »Bestimmt nicht, Süße, ich hatte das schon auf der Hinfahrt ein paarmal. Der Wagen ist leider nicht mehr der neuste.«

Deirdre merkte, dass sie womöglich überreagiert hatte – es war wirklich nichts passiert, lediglich der Motor hatte ein wenig gezickt. Obwohl Deirdre es sich nicht eingestehen wollte, so wusste sie doch, dass sie überspannt und gestresst war.

Sie atmete leise aus und schaute aus dem Fenster. Die Landschaft hatte sich seit der Abfahrt stark verändert. Sie fuhren auf einer schmalen Straße, die sich durch sanfte Hügel und weite Heidelandschaften schlängelte. Die Abendsonne tauchte alles in ein goldenes Licht. Aus einem Baum flatterte ein Falke in die Höhe. Es kam Deirdre so vor, als wäre das dichte Laub hier grüner und satter, als sie es gewohnt war.

»Was ist los? Du bist auf einmal so schweigsam«, meinte Michelle. Dann muckte der Motor erneut. »Verdammt!«

»Das solltest du mal checken lassen«, riet Deirdre ihrer Freundin, ohne auf die Frage einzugehen. Ein Dorf war in dieser hügeligen Gegend malerischer als das andere. Ja, die Häuser waren teilweise in die Jahre gekommen, aber in überraschend vielen Gärten entdeckte sie Trampoline und Kinderspielzeug. Dabei lebten in Deirdres Vorstellung doch nur alte Menschen oder Einsiedler in den Highlands. Vermutlich musste man hier geboren sein, um das Leben in der Abgeschiedenheit zu mögen.

Auf der restlichen Fahrt wurde es mit dem Auto immer schlimmer. Die Freundinnen befürchteten kurzzeitig sogar, liegen zu bleiben. Aber sie schafften es wider Erwarten nach Kiltarff – nun waren es nur noch ein paar hundert Meter, und Deirdres Spannung wuchs.

Sie waren eine steile Straße hinabgefahren und kamen zuerst an Kiltarff Castle vorbei. »Das Schloss gehört Freunden von uns, sie haben einen Teil davon zu einem Hotel umgebaut. Es hat kürzlich eröffnet, die Feier war fantastisch. Das wäre eine Veranstaltung gewesen, die dir gefallen hätte! Ein richtiger Ball, total glamourös und besonders.«

»Ich muss zugeben, das Schloss hat wirklich Charme.«

»Du solltest es mal von innen sehen, nach dem Umbau ist es großartig geworden – und Ellie und Kenneth sind unfassbar nett.«

»Lass uns doch morgen dort einen Kaffee trinken gehen, oder ist es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, sondern nur für Hotelgäste?«

Michelle grinste und hatte einen seltsamen Ausdruck im Gesicht, den Deirdre nicht ganz zu deuten wusste. »Schätzchen, du weißt wirklich gar nichts über die Leute in Schottland, oder?«

Deirdre furchte die Stirn. »Nein, nicht im Geringsten. Aber ich werte das als ein Ja?«

»Genau, wir können uns dort einen Afternoon Tea servieren lassen. Das machen wir aber wirklich erst morgen, jetzt fahre ich direkt zur Werkstatt, Stuart muss sich das Auto ansehen.«

»Du kennst hier wirklich jeden, oder?« Deirdre war überrascht, wie gut Michelle bereits vernetzt war. In London hatte sie sich immer schwergetan, Bekanntschaften zu schließen – was für Deirdre überhaupt kein Problem darstellte. Sie hatte eine Menge Freunde, aber nur zu Michelle hatte sie so ein inniges Verhältnis.

»So ungefähr, ja. Anders geht es gar nicht. Viele sind meine Patienten, aber nicht nur.«

»Unglaublich. Wer hat meine verschlossene, schüchterne Michelle entführt und gegen dich eingetauscht?« Sie mussten beide lachen. »Nein, im Ernst, ich freue mich sehr, dass du dich hier so wohlfühlst.« Auch wenn ihr Herz beim Gedanken daran, Michelle an Schottland verloren zu haben, schwer wurde, war es gleichzeitig wundervoll, sie so von innen heraus strahlen zu sehen. Es war herzerwärmend. Michelle hatte in ihrem Leben bereits eine Menge durchgemacht. Dass sie endlich angekommen zu sein schien, hatte sie verdient. Mehr als das. Deirdre wünschte ihrer Freundin, dass sie für immer so glücklich und verliebt sein würde wie jetzt.

»Rechts geht’s über den Kanal, da ist das Cottage, in dem ich wohne, aber zu Stuarts Betrieb müssen wir links«, erklärte Michelle und riss Deirdre damit aus ihren Gedanken. Sie setzte den Blinker und bog auf eine größere Straße ab. Vor einem Laden, über dessen Eingang ein Schild mit der Aufschrift »Girvan’s Hardware« hing, bremste Michelle und fuhr durch eine schmale Gasse. Hinter dem Shop befand sich eine Werkstatt. Deirdre stellte sich unter dem Automechaniker einen alten Mann mit Halbglatze, Bierbauch und Zigarette im Mundwinkel vor.

Hier gab es zwei Gebäude, ein neueres, das blau angestrichen war, darüber hing ein Schild mit der Aufschrift »Conway Garage«. Die ältere Halle war aus sandfarbigen Steinen erbaut. Auf dem Hof standen einige Autos fein säuberlich aufgereiht. Daneben bildeten diverse Stapel aus Reifen, ein Müllcontainer und ein paar Ölfässer sowie einige Autowracks, die teilweise mit Planen abgedeckt waren, die Kulisse. Auf dem einen Dach saßen mehrere Tauben, deren lautes Gurren überdeutlich zu hören war.

»Sind die Viecher hier irgendwie … größer?«, fragte sich Deirdre mit einem Stirnrunzeln.

»Nein.«

»Wieso sind sie so laut?«

Michelle grinste. »Das kommt dir nur so vor, weil du den Londoner Lärm gewohnt bist.«

»Kann sein.« Es stimmte, hier war es erschreckend ruhig. Eigentlich sollte Deirdre nicht überrascht sein, aber es traf sie dennoch wie ein kleiner Schock.

Weiter kam sie nicht mit ihren Gedanken, denn die Tür zur Werkstatt ging auf, und ein breitschultriger Kerl im Blaumann trat in die Abendsonne.

Dem von ihr erdachten Klischee entsprach dieser Typ nicht. Er war viel jünger, als sie vermutet hatte. Höchstens ein, zwei Jahre älter als sie selbst. Stuart hieß er, erinnerte Deirdre sich.

Er hatte die Ärmel so weit aufgekrempelt, dass seine sehnigen Arme perfekt zur Geltung kamen. Seine Hände waren schmutzig, als hätte er eben die Arbeit an einem Motor beendet. Stuart hatte blondes, etwas zu langes Haar, ein kantiges Gesicht und blaue, ausdrucksstarke Augen. Sein Blick war offen, und er sah aus, als würde er oft lächeln.

Halleluja.

Der Kerl war der fleischgewordene Traum jeder Frau, die auf Handwerker stand. Deirdre hatte bis eben keine Ahnung gehabt, dass sie dazugehörte. Üblicherweise ließ sie sich eher auf Männer ein, die … ja, was eigentlich?

Apropos, wer sagte denn, dass sie sich auf ihn einlassen wollte? Dafür würde sie während ihres kurzen Aufenthaltes wohl kaum Gelegenheit haben. Zu schade, denn sie fand ihn tatsächlich sehr anziehend.

Deirdre hatte nichts gegen One-Night-Stands. Sie war eine moderne Frau und erlaubte sich, was ihr gefiel. Von Beziehungen hielt sie jedoch nichts, dafür war sie in ihrem zweiunddreißigjährigen Leben zu häufig belogen und betrogen worden.

Sie wunderte sich, in welche Richtung ihre Gedanken abdrifteten, und riss sich zusammen. Vorsichtshalber vergewisserte Deirdre sich, dass ihre Lippen geschlossen waren – nicht, dass sie ihn mit offenem Mund anglotzte. Sie war einfach nicht darauf vorbereitet gewesen, in einem Kaff wie Kiltarff auf einen sexy Mechaniker zu treffen.

»Hey, Michelle«, begrüßte Stuart Michelle mit einem Küsschen links und rechts, ohne sie dabei zu berühren, vermutlich, um sie nicht zu beschmutzen. Dann wandte er sich Deirdre zu. Er betrachtete sie mit forschendem Blick, seine Lippen formten ein wissendes Lächeln. Offensichtlich war ihm bewusst, dass er gut bei Frauen ankam. Deirdre stellte da keine Ausnahme dar – und er schien sich darüber im Klaren zu sein. Sie straffte ihren Rücken und wich seinem Starren nicht aus. Dass ihr Herz währenddessen höherschlug, konnte sie jedoch nicht verhindern.

»Das ist Deirdre«, erklärte Michelle.

Stuart zog einen Lappen aus der Hosentasche und wischte sich die Hände daran ab, wobei er Deirdre nicht aus den Augen ließ. Sie atmete flach.

O Mann. Sogar seine Finger waren schön. Und dreckig. Zum ersten Mal stellte sie fest, wie heiß ein Kerl sein konnte, der mit den Händen arbeitete. Stuart war ein Typ, der sein tägliches Brot nicht damit verdiente, in einem stickigen Büro zu hocken. Eine verräterische Hitze sammelte sich in ihrem Unterleib. Verdammt. Sie fand Stuart wirklich hot. Auf einer Skala von eins bis zehn würde sie ihm eine glatte Zwölf verpassen.

»Hallöchen«, trällerte Deirdre und hielt ihm reflexartig ihre Hand hin. »Freut mich, dich kennenzulernen.«

»Gleichfalls«, erwiderte er und schaute mit hochgezogener Augenbraue auf ihre manikürten Nägel.

Der Ausdruck, der dabei über sein Gesicht huschte, gefiel ihr gar nicht. Doch sofort strahlte er wieder und entblößte eine Reihe gerader, weißer Zähne. Sein breites Lächeln war einnehmend. Der Typ hatte sogar Grübchen in den Wangen. Ein blonder Bartschatten ließ ihn noch verwegener aussehen. Als Deirdre begriff, dass er ihr nicht die Hand schütteln würde, ließ sie sie wieder sinken. Natürlich, das Öl an seinen Fingern. Wie hatte sie das nur vergessen können? Sie ließ sich ihre Unsicherheit nicht anmerken.

»Wir wollen ja nicht, dass dein Designeroutfit mit Motoröl besudelt wird«, erklärte er daraufhin mit einem Augenzwinkern. »Gegen Berührungen habe ich nichts, im Gegenteil. Du darfst mich gern überall anfassen, wo du möchtest.«

Deirdre schnappte nach Luft. War es möglich, dass der Kerl es genauso meinte, wie er es sagte? So eine plumpe Anmache hatte sie schon lange nicht mehr erlebt.

Blöderweise bewirkte er damit nur eines: dass sie ihm die Kleider vom Leib reißen wollte, um zu sehen, ober er wirklich überall so gut gebaut war, wie es den Anschein machte.

Ihr Herz schlug schnell. Deirdre war jedoch geübt darin, sich nichts anmerken zu lassen. Sie lächelte süßlich, ohne seinen Spruch zu kommentieren.

Dafür verpasste Michelle Stuart einen spielerischen Boxhieb gegen den Oberarm. »Du kannst dir bei meiner Freundin die Aufreißersprüche sparen, Stuart.«

Er verzog seine Lippen zu einem sexy Grinsen und ließ seinen Blick erneut über Deirdres Körper wandern. Es kam ihr beinahe so vor, als stünde sie nackt vor ihm. Sie erkannte sexuelles Interesse, wenn sie es sah. Bei Stuart war es eindeutig.

Grundgütiger. Ihre Knie wurden weich.

Der Kerl war vielleicht unverschämt, aber dafür auch verdammt heiß. Superheiß.

Sie wusste, dass ihre Beine in diesem eng anliegenden Kleid endlos lang erschienen, zudem schmeichelte es ihren sanften Kurven. Mit ihrem Aussehen, vor allem mit ihrer Zahnlücke, hatte sie mittlerweile Frieden geschlossen und fühlte sich wohl in ihrer Haut. Sie war nicht mehr das eingeschüchterte Kind, das sich von anderen hänseln ließ.

»Deirdre«, wandte Michelle sich an sie. »Nimm es ihm nicht übel, er versucht es einfach bei jeder, aber im Grunde ist er harmlos.«

Stuart schnaubte empört. »Nicht bei jeder, nur bei Frauen, die so attraktiv sind wie deine Freundin.« Er hielt einen Augenblick inne und schenkte Deirdre erneut einen intensiven Blick, dann wandte er sich Michelle zu. »Michelle, was kann ich für dich tun? Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bist du nicht nur hergekommen, um mir Deirdre vorzustellen?«

Michelle grinste. »Nein, deswegen sind wir nicht hier. Tatsächlich würde ich dich bitten, dass du die Finger von ihr lässt.«

Deirdre schnappte nach Luft. »Hallo? Merkt eigentlich jemand, dass ich auch noch anwesend bin? Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, vielen Dank.« Sie hätte nämlich ganz und gar nichts dagegen, wenn Stuart sie näher kennenlernen wollte. Sehr viel näher.

Am Sonntag würde sie ohnehin wieder abreisen – und Stuart danach so schnell nicht wiedersehen und das war gut so. Wenn Deirdre auf eines keine Lust hatte, dann auf komplizierte Beziehungen. Gegen ein bisschen Spaß hatte sie jedoch nichts, und so wie Stuart aussah, versprach eine Nacht mit ihm eine Menge körperliche Freuden …

Michelle und Stuart richteten ihre Blicke auf sie. Deirdre wedelte mit der Hand, weil sie sich immer noch ein wenig darüber aufregte, dass Michelle sich wie eine Gouvernante aufführte. Dabei brauchte sie nun wirklich keine Aufpasserin. »Michelle ist hier, weil ihr Auto zickt. Es hört sich an, als würde der Motor demnächst das Zeitliche segnen«, erklärte Deirdre.

Stuart betrachtete sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Interesse, als hätte er nicht damit gerechnet, dass sie mehrere zusammenhängende Sätze herausbringen würde. Das wiederum war ein Fehler, den Männer häufig begingen. Stuart würde schon noch erkennen, dass sie kein Dummchen war, nur weil sie Wert auf ihr Äußeres legte.

Deirdre hob eine Braue. »Ja, stell dir mal vor, es gibt Frauen, die was im Kopf haben und schön sind. Und zwar genau in dieser Reihenfolge.«

Sie funkelte Stuart an und konnte nicht erkennen, was in ihm vor sich ging. Das arrogante Lächeln klebte jedenfalls weiter wie eine Maske in seinem Gesicht.

Die Spannung war förmlich greifbar. Michelle spürte das offenbar auch, denn sie trat zwischen Stuart und Deirdre, als wollte sie dafür sorgen, dass sich die Luft nicht noch mehr auflud.

Nun, es war gut möglich, dass die Situation eskalierte, jedoch nicht in Richtung Streit. Deirdre fand Stuart zwar ein wenig eingebildet, aber darüber könnte sie gut hinwegsehen … O Mann. Sie musste damit aufhören. Ihre Hormone spielten doch sonst nicht so verrückt. So heiß war er nun auch wieder nicht.

Okay, das war eine Lüge.

Trotzdem, sie konnte sich beherrschen, auch wenn sie es ein bisschen bedauerte.

»Niemand stellt das infrage«, lenkte Michelle ein und kam dann zum Wesentlichen. »Stuart, kannst du dir mein Auto mal ansehen?«

Für eine sehr lange Sekunde trafen sich Deirdres und Stuarts Blicke erneut. Sie bemerkte, dass auch in seinen Augen Begehren flackerte, dann atmete er tief durch und wandte sich Michelle zu.

Deirdre war versucht, sich Luft zuzufächeln, ließ es aber sein. Gerade war sie jedenfalls dankbar dafür, dass der schottische Abend angenehm kühl war.

»Klar, willst du es gleich hierlassen?«, bot er Michelle an.

Ein wohliger Schauer rann an Deirdres Wirbelsäule entlang. Stuart war nicht nur attraktiv, seine Stimme hatte auch einen rauen, sexy Unterton. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie er ihren Namen raunte, aber es war zu spät.

Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er ein guter Liebhaber war, und ein Teil von ihr hoffte darauf, dass sich während des Wochenendes eine Gelegenheit dazu bieten würde, diesen Eindruck zu bestätigen.

Andererseits, sie war nicht nach Kiltarff gekommen, um sich mit einem wildfremden Typen einzulassen, sondern weil sie ihre Freundin wiedersehen wollte. So oder so, der Trip würde sich spannender gestalten, als sie angenommen hatte. Das besserte ihre Laune schlagartig.

»Ich denke, das wäre am besten«, erklärte Michelle mit einem dankbaren Lächeln und übergab Stuart den Autoschlüssel. »Hier, den wirst du brauchen.«

»Soll ich das Gepäck deiner Freundin vorher zu dir bringen? Oder wo schläft sie?«

Ein bisschen plump war seine Frage, doch daran störte sich Deirdre nicht. Sie fühlte sich von seinem Interesse eher geschmeichelt. Es gefiel ihr, wie offensiv er an die Sache heranging. Wenn sie ernste Absichten hegen würde, fände sie es too much, aber so konnte sie es akzeptieren.

Deirdre fühlte sich von Männern angezogen, die genau wussten, wie attraktiv sie waren, und Stuart gehörte ohne Zweifel in diese Kategorie. Sie mochte selbstbewusste Kerle wie ihn, obwohl er auch irgendetwas an sich hatte, das sie auf die Palme brachte. Sein selbstgefälliges Grinsen war nicht zu übersehen. Deirdre überließ es Michelle, ihm zu antworten. Selbst ging sie davon aus, dass sie bei Michelle im Cottage übernachten würde.

Nachdem Michelle geantwortet hatte, erklärte Deirdre in Stuarts Richtung. »Ich kann mein Gepäck selbst tragen, es ist nicht viel, ich bin ja nur übers Wochenende hier. Selbst ist die Frau.«

»Deirdre«, brummte Michelle, der ihre spitzen Bemerkungen ganz offensichtlich unangenehm waren.

Aber Stuart zuckte nur mit den Schultern, als könnte er kein Wässerchen trüben. »Ganz wie du möchtest, Deirdre.« Dann wandte er sich an Michelle und ließ dabei den Schlüssel in seinen Fingern klimpern. »Ich schau es mir an und melde mich dann bei dir.«

»Danke, das ist lieb.« Sie gab ihm ein Küsschen. »Schönen Abend, Stuart. Musst du heute lange arbeiten? Hast du viel zu tun?«

Er schnalzte mit der Zunge. »Ich muss nicht, ich möchte. Gerade habe ich ein neues Schätzchen reinbekommen, das ich mir vorknöpfen werde. Aber erst mal schiebe ich dein Auto dazwischen, es geht ja nicht, dass du keinen fahrbaren Untersatz hast.«

Vielleicht war der Beruf Mechaniker nicht für jeden ein Traumjob, aber Stuart schien genau da zu sein, wo er sein wollte. Er wirkte kompetent und hilfsbereit. Deirdre stellte fest, dass ihn das sogar noch ein wenig interessanter machte.

Nachdem sich Michelle verabschiedet hatte, ließ Deirdre nur ein knappes »Tschüss« von sich hören. Sie trug ihren Rucksack, und Michelle zog den Trolley hinter sich her, was Deirdre nur nach leisem Protestieren akzeptiert hatte.

Gemeinsam verließen sie den Hof der Werkstatt, gingen die Hauptstraße entlang und überquerten danach den Kanal. Die Abendsonne spiegelte sich im Loch Ness. Es war so ruhig und friedlich, dass Deirdre gar nicht mehr aus dem Staunen herauskam. Sogar das Rascheln der Blätter in den Baumkronen erschien ihr laut, weil hier keine Alltagsgeräusche, wie sie sie aus London kannte, die Stille störten. Es war beinahe schon beängstigend, wie idyllisch es hier war.

»Wenn du ein Abenteuer suchst, dann ist Stuart garantiert der Richtige für dich. Aber ich muss dich warnen, er ist kein Typ für eine Beziehung. Er wechselt die Frauen so häufig wie seine Unterhosen«, erklärte Michelle, nachdem sie den Kanal hinter sich gelassen hatten.

Deirdre lachte. Wieso eigentlich nicht? Er hatte eine faszinierende Aura, der sie sich nicht entziehen konnte. Stuart war der Inbegriff purer Männlichkeit. Sein Bild hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Seine sehnigen Unterarme, das wilde Haar, die kantigen Wangen. Das Bemerkenswerteste an ihm war jedoch der intensive Blick gewesen. Sie war nie zuvor einem Mann begegnet, der sie durch bloßes Anstarren dazu gebracht hatte, sich so begehrenswert zu fühlen. Noch immer pulsierte Verlangen durch ihre Adern. Es war beinahe schon absurd. »Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Stuart mich aushalten könnte.«

»Das bist so typisch du!« Michelle kicherte. »Bei mir hat er es auch probiert, als ich hier angekommen bin.«

Das wiederum gefiel Deirdre überhaupt nicht. Warum konnte sie nicht sagen. Sie ließ es Michelle aber nicht spüren. »Keine Angst, ich werde deinem Freund nicht das Herz brechen«, scherzte sie stattdessen. »Und Sonntag bin ich ja auch schon wieder weg.«

»Glaub mir, an Stuarts Herz kommst du gar nicht erst ran, auch wenn du länger bleiben würdest. An seine Hose möglicherweise schon.«

»So krass ist mein sexueller Notstand nun auch wieder nicht«, verteidigte sie sich.

»Sorry, Deirdre, aber ich habe gesehen, wie ihr euch angestarrt habt. Wäre ich nicht dabei gewesen, hättet ihr euch die Klamotten vielleicht direkt vom Leib gerissen.«

Deirdre war überrascht, dass es so offensichtlich gewesen war. »Deine Fantasie kennt wohl keine Grenzen? Du übertreibst«, flunkerte sie, weil sie nicht zugeben wollte, dass Michelle recht hatte.

Deirdre hatte schon viele Männer kennengelernt, aber bei keinem war die Chemie so krass spürbar gewesen wie zwischen ihr und Stuart. Da spielte es nicht mal eine Rolle, dass er ein Weiberheld war. Sie wollte ihn ja nicht gleich heiraten, sondern nur ein bisschen Spaß mit ihm haben.

»Bist du sicher?«, holte Michelle sie aus ihren Überlegungen.

Diese Frage mochte Deirdre nicht beantworten. Glücklicherweise erreichten sie jetzt das Cottage, das Michelle von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden war. Das Häuschen war in die Jahre gekommen, aber es sah schnuckelig aus, das musste Deirdre zugeben. In den grünen Kästen, die auf den Fensterbrettern standen, hatte Michelle Geranien gepflanzt. Neben der Tür hing eine Blumenampel mit lila Stiefmütterchen. Auf dem Fußabtreter war zu lesen: »Herzlich willkommen.«

Obwohl alles ein wenig spießig wirkte, fand Deirdre es doch gemütlich. Dabei stand sie eigentlich mehr auf breite Fensterfronten, die einen Blick über die Dächer Londons gewährten. Es geht hier ja nicht um mich, versuchte sie sich zu beruhigen, sondern um Michelle.

Ihre Freundin schloss die Tür auf und bat Deirdre hinein. Ein verführerischer Duft stieg in ihre Nase. Es roch nach Kräutern, Knoblauch, Tomaten und gebratenem Fleisch.

Wallace stand hinter dem Herd und legte den Kochlöffel beiseite, als die beiden Frauen das Haus betraten. Er sah gut aus, nicht so heiß wie Stuart, aber Deirdre verstand, was Michelle an ihm gefiel. Wallace trug eine Jeans, die seine kräftigen Oberschenkel vorteilhaft zur Geltung brachte, und ein einfaches, weißes T-Shirt, das sich wie eine zweite Haut an seinen muskulösen Oberkörper schmiegte.

Er küsste zunächst Michelle, dann umarmte er Deirdre, als wären sie alte Freunde. Er roch nach einem würzigen Rasierwasser. Deirdre mochte ihn. Obwohl sie sauer sein wollte, dass er Michelle aus London weggelockt hatte, war das schlicht nicht möglich. Wallace hatte eine ehrliche und verbindliche Art, die es Deirdre einfach machte, ihn gern zu haben. Sie verstand, warum Michelle sich in ihn verliebt hatte. Er schien ein verlässlicher Kerl zu sein, und es war offensichtlich, dass er Michelle vergötterte.

»So, ihr beiden, das Essen ist fertig. Ich überlasse euch jetzt euch selbst«, verkündete er nach wenigen Minuten.

»Wie? Du willst nicht bleiben?«, wollte Deirdre wissen. Sie war überrascht, weil sie sich auf einen Abend zu dritt eingestellt hatte.

Er hob die Hände. »O nein, eure Mädelsgeschichten möchte ich lieber nicht mit anhören. Genießt die gemeinsame Zeit.«

»Das ist … nett. Wie geht es deiner Schwester?«, erkundigte Deirdre sich bei ihm.

Vor einigen Wochen hatten sie durch Zufall herausgefunden, dass Wallace’ Schwager seine Frau betrog. Manchmal war die Welt kleiner, als man dachte! Deirdre war noch schockiert darüber, obwohl sie Caitlins Mann nicht einmal persönlich kannte. Letztlich konnte sie sich sehr gut in die Ärmste hineinversetzen, weil sie selbst schon oft hintergangen worden war. Es war ein Scheißgefühl, auf das man gut verzichten konnte. In Caitlins Fall kam noch hinzu, dass sie zwei gemeinsame Kinder und ein Haus hatten.

»Es geht. Sie hält sich wacker. Aber es ist natürlich nicht leicht«, erklärte Wallace, dem man die Betroffenheit deutlich anmerkte.

»Das kann ich gut verstehen. Richte ihr bitte liebe Grüße aus. Es tut mir leid, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen mussten.«

»Ihr werdet euch bestimmt auch bald persönlich treffen«, meinte Michelle, drückte ihrem Liebsten einen Kuss auf den Mund und schob ihn dann sanft zur Tür hinaus.

Michelle kehrte mit einem seligen Grinsen in die Küche zurück und goss ihnen Wein nach. Dann stellte sie das Essen auf den Tisch. »Setz dich doch bitte.«

Deirdre fühlte sich für eine Sekunde befangen. Das Treffen war so anders als sonst. Es kam ihr vor, als wäre Michelle endlich erwachsen geworden. Sie führte eine richtige Beziehung. Eine, die ihr alles bedeutete. Womöglich standen bald Heirat und Kinder an. Michelle wäre bestimmt eine fantastische Mutter. Das alles waren Dinge, die Deirdre nicht in ihrer eigenen Zukunft sah. Sie führte ein unstetes Leben, war ständig unterwegs und lebte oft wochenlang aus dem Koffer.

Auf einmal hatte sie Angst, dass sie und Michelle sich auseinanderleben könnten. Ihre Kehle wurde eng. Gleichzeitig spürte sie ein seltsames Ziehen in ihrer Magengrube. Es war nicht so, dass sie Michelle beneidete. Deirdre konnte einfach nicht genau benennen, was in ihr vor sich ging, und das verunsicherte sie.

»Guten Appetit, Süße. Wallace ist ein begnadeter Koch«, schwärmte Michelle und hob ihr Glas an. Sie schien glücklicherweise nicht zu bemerken, dass Deirdre ein wenig neben sich stand.

»Und gut im Bett«, ergänzte Deirdre mit einem Augenzwinkern. Sie war froh, dass dieser kurze, verstörende Moment verflogen war. Sicher lag es am Jetlag und an ihrem allgemeinen Stresspegel.

»Mehr als gut.« Michelles Augen funkelten.

Sie tranken, lachten und schnatterten, während sie das von Wallace gekochte Abendessen verspeisten. Irgendwann war Deirdre so müde, dass ihr beinahe die Lider zufielen. Michelle machte ihr das Bett im Schlafzimmer fertig. »Hier kannst du dich ausbreiten. Das Cottage ist nicht besonders groß.«

»Gibt es kein zweites Zimmer?«

»Nicht wirklich.«

»Schnuckelig. Und auf jeden Fall deutlich mehr Platz als in London.«

»Aber auf Dauer zu klein. Wir suchen etwas Größeres für uns. Tatsächlich haben wir auch schon ein passendes Haus im Auge.«

»Wow, du machst wirklich Nägel mit Köpfen, oder?«

»Sieht so aus. Ich bin endlich angekommen.«

Deirdre betrachtete Michelle und konnte zum ersten Mal seit Jahren nicht nachvollziehen, was ihre Freundin fühlte. Sie hatte keine Ahnung, was es bedeutete, sich häuslich niederzulassen. Aber eines merkte sie ganz deutlich, nämlich, dass Michelles Platz nicht an ihrer, sondern an Wallace’ Seite war. »Willst du nicht bei ihm schlafen?«, schlug sie vor.

Michelle schüttelte den Kopf. »Unsinn, ich bleibe hier bei dir.«

Es war lieb von ihr, aber Deirdre wollte das nicht. Nicht, weil sie Michelle nicht gern bei sich hatte, sondern weil sie endlich begriffen hatte, dass ihre Freundin einen großen Schritt weitergekommen war im Leben. In ihrer Entwicklung. Sie wollte weder eine Bremse noch eine Belastung sein. »Liebes, ich werde sowieso ständig wach sein. Ich habe gerade mal wieder mit einem monstermäßigen Jetlag zu tun. Wie wäre es, du schläfst bei deinem Schätzchen, und wir treffen uns zum Frühstück?«

Michelle runzelte die Stirn. »Das ist aber schade.«

Deirdre umarmte sie. »Wenn es dich nicht stört, dass ich tausendmal wach bin, kannst du natürlich auch bleiben …«

»Es stört mich nicht. Was denkst du denn? Wir haben uns so lange nicht gesehen, es wäre bescheuert, wenn ich nicht bei dir übernachten würde.«

»Es ist deine Entscheidung, Liebes, aber ich warne dich nur, neben mir wird die Nacht bestimmt nicht sonderlich erholsam. Wenn ich du wäre, würde ich zu meinem heißen Schotten gehen und ihm unter den Kilt gucken, anstatt dich mit meiner Insomnia zu belasten.«

Michelle lachte. »Du bist unverbesserlich!«

»Na los, husch zu ihm, und wir sehen uns morgen früh. Du darfst mich sogar wecken, falls ich wirklich mal länger schlafen sollte. Das ist eine große Ehre, ich hoffe, du weißt das.« Deirdre war keine Frühaufsteherin, im Gegenteil. Vor dem ersten Kaffee sollte man sie nicht ansprechen – sie war ein ausgesprochener Morgenmuffel. Und mit dem permanenten Jetlag war es nicht besser geworden. Sie kam sich mittlerweile beinahe wie ein Zombie vor.

Michelle protestierte weiter, ließ sich dann aber doch noch davon überzeugen, dass es für alle am besten war, wenn sie die Nacht mit Wallace verbrachte. Tatsächlich war Deirdre unglaublich müde, sie ahnte jedoch, dass sie nicht so bald einschlafen würde. Nachdem sie sich abgeschminkt und die Zähne geputzt hatte, zog sie sich ihr dünnes Seidennegligé an und legte sich mit dem Handy ins Bett, um ein paar Mails und Nachrichten zu beantworten. Es war, wie immer, irrsinnig viel zu tun. Gerade managte Deirdre zwei Kampagnen aus der Ferne, aber sie war Profi genug, nichts durcheinanderzubringen. Das gelang ihr sogar im Halbschlaf. Sie regelte alles Mögliche, bis die Texte vor ihren Augen verschwammen. Irgendwann merkte sie, dass ihre Lider schwer wurden. Das Telefon glitt aus ihren Fingern, und sie döste weg.

KAPITEL2

Morgentau glitzerte im Gras, als die Sonne über die Berggipfel stieg und alles in ein goldenes Licht tauchte. Die Vögel zwitscherten um die Wette, eine sanfte Morgenbrise ließ das Rascheln der Blätter in den Baumkronen zu einem stetigen Rauschen anschwellen. Schweiß lief über Stuarts Schläfen und Rücken, während er in mittlerem Tempo seine Laufrunde absolvierte. Es war früh, sehr früh sogar, aber er hatte nicht gut geschlafen und war schon vor dem Wecker aufgewacht. Zu viel wirbelte momentan in seinem Kopf herum. Aus Erfahrung wusste er, dass er seine Gedanken am besten beim Sport sortieren konnte. Heute war Samstag, er hatte in der Werkstatt mehr als genug zu tun, trotzdem war er unzufrieden, was seine Arbeit betraf.

Ha! Das war eine absolute Untertreibung.

Der Hof stand voller Fahrzeuge, die Leute vertrauten ihm und seinen Fähigkeiten. Nur waren die modernen Pkws mittlerweile bloß noch elektronische Blechhaufen und keine richtigen Autos mehr. Mit dieser Art von Reparaturen konnte er zwar seine Rechnungen bezahlen, aber das war es dann auch schon. Das, was sein Herz höherschlagen ließ, war etwas anderes.

Ob sich damit Geld verdienen ließ, war fraglich. Aber andere machten ihr Hobby ebenfalls zum Beruf, warum sollte er nicht auch den nächsten Schritt wagen?

Stuart stolperte über einen Stein. Er stieß einen derben Fluch aus und konnte sich gerade noch davor retten, der Länge nach hinzufallen. Das besserte seine Laune natürlich nicht. Er beschleunigte das Tempo und bog nach rechts ab. Dort wartete die nächste Überraschung: Deirdre stand im cremefarbenen Seidenhemdchen auf den Stufen vor Michelles Cottage und streckte ihre Arme in die Luft, dabei bog sie ihren Rücken durch und legte den Kopf in den Nacken.

---ENDE DER LESEPROBE---