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Luise Hensel war eine religiöse Dichterin. Ihre "Lieder", zuerst mit Gedichten ihrer Schwester Wilhelmine vereinigt zeichnen sich hauptsächlich durch den Geist milder, inniger und sehnsüchtiger Frömmigkeit aus; ihr Abendlied Müde bin ich, geh' zur Ruh' zählt zu den Perlen der deutschen religiösen Lyrik.
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Seitenzahl: 197
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Lieder
Luise Hensel
Inhalt:
Luise Hensel – Biografie und Bibliografie
Lieder
Sulamith
Krippenlieder
Sacrament
Maria
Die Heiligen
Erzählendes
Zwei schöne alte Dichtungen nebst treuer Umsetzung in's neue Deutsch1
Anhang
Nachlese
Fragmente
Blumen für meinen Wilhelm
Lieder aus dem Nachlaß
Gärtnerlieder
Die sieben Werbelieder
Die sieben Klagelieder
Einige Entwürfe
Naturlieder
Freundschaftslieder
Gelegenheitslieder
Religiöse Lieder
Rätsel
Lieder, L. Hensel
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849627591
www.jazzybee-verlag.de
Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.
Religiöse Dichterin, geb. 30. März 1798 zu Linum in Brandenburg, gest. 18. Dez. 1876 in Paderborn, siedelte nach dem Tode des Vaters mit ihrer Mutter 1809 nach Berlin über, wo sie 1816 die Bekanntschaft Klemens Brentanos machte, der in heftiger Leidenschaft für sie erglühte. Sie reichte ihm ihre Hand nicht, trug aber wesentlich zu der innern Wandlung des Dichters bei. Obgleich Protestantin, wußte sie doch Brentanos katholisches Bewußtsein wieder zu erwecken und trat auch selber 1818 zur katholischen Kirche über. 1819 ward sie Gesellschafterin bei einer Fürstin Salm, 1821 Lehrerin bei der Witwe des Grafen Friedrich Leopold von Stolberg; von 1833–37 lebte sie wieder in Berlin, danach bis 1840 zu Stift Neuburg im Hause der Gattin Fritz Schlossers, später in Köln, in Wiedenbrück bei Paderborn und zuletzt in Paderborn selbst. Ihre »Gedichte«, zuerst mit Gedichten ihrer Schwester Wilhelmine vereinigt (hrsg. von Kletke, Berl. 1858), zeichneten sich hauptsächlich durch den Geist milder, inniger und sehnsüchtiger Frömmigkeit aus; ihr Abendlied: »Müde bin ich, geh' zur Ruh'« zählt zu den Perlen der deutschen religiösen Lyrik. Einervollständigern Sammlung der »Lieder« (hrsg. von Schlüter, Paderb. 1869; 8. Aufl. 1898) folgten die »Briefe der Dichterin Luise H.« (das. 1878). Vgl. Reinkens, Luise H. und ihre Lieder (Bonn 1877, auf einer Selbstbiographie der Dichterin beruhend); Bartscher, Der innere Lebensgang der Dichterin Luise H. (Paderb. 1882); Binder, Luise H., ein Lebensbild (2. Aufl., Freiburg 1904). – Luisens jüngere Schwester, Wilhelmine H., geb. 13. Sept. 1802, gest. 4. Dez. 1893 in Charlottenburg, von 1851–76 Vorsteherin des Elisabethstifts in Pankow bei Berlin, seitdem in Charlottenburg wohnhaft, trat gleichfalls als Dichterin hervor, zuerst in der obenerwähnten, von Kletke herausgegebenen Sammlung, später mit »Gedichten« (hrsg. von Schlüter, Paderb. 1882).
(Ausgabe von 1879)
Ach, hätt' ich Engelzungen,
Ich hätt' euch wohl gesungen
Das süße, liebe Lied,
Das mir so still und selig
Im jungen Herzen glüht.
Ich weiß ja keine Weisen,
Den Herren so zu preisen,
Den Vater, treu und mild,
Wie meine ganze Seele
Ihm singt und jauchzt und spielt.
Ich muß mein Haupt Ihm neigen,
Kann weinen nur und schweigen
In Seligkeit und Schmerz;
Ach Kind, Er weiß dein Lieben,
Er sieht dir ja ins Herz.
Berlin 1814.
Was kündet ihr uns, Glocken?
Ihr läutet ernsten Klang.
»Den Flor um Brust und Locken!
Wir läuten Grabgesang.«
»Wir läuten Todtenfeier,
Wir läuten Klag' und Schmerz.
Heut weht ein schwarzer Schleier
Um manch zerriss'nes Herz.«
O weh! die Glocken melden
Uns treuer Kämpfer Tod.
Sie schliefen ein, die Helden,
Vom eignen Blute roth.
Ihr Herzen, treu und reine,
Ihr Herzen, fromm und kühn,
Nehmt hin die Thränen meine,
Nehmt meine Liebe hin!
Mein Danken, Weheklagen,
Mein tiefbewegtes Herz –
Ach, nehmt's: ihr sollt es tragen
Zum Vater himmelwärts.
Mit euerm Christenmuthe
Errangt ihr ew'gen Ruhm;
Aus euerm Herzensblute
Sprießt uns der Freiheit Blum'.
Ihr habt mit reinem Triebe,
Ihr Edlen, uns geliebt:
Das ist die echte Liebe,
Die Blut zum Opfer giebt.
Ihr seid uns nicht gestorben,
Ihr seid uns ewig nah,
Die Kron' habt ihr erworben;
Heil euch und Gloria!
Herbst 1814.
Der Erde rauhe Winde,
Sie thun dem armen Kinde,
O Vater! gar zu weh.
Dort oben ist es linde,
Da ist kein Sturm, kein Schnee.
Mich zieht ein stetes Sehnen
Nach jenen reinern Tönen,
Nach jenem hellern Licht;
Die schmerzenvollen Thränen
Versiegen ewig nicht.
Das kalte Erdenleben
Kann mir doch gar nicht geben,
Was dieses Sehnen hemmt.
O laß mich aufwärts schweben!
Hier wird mir's gar zu fremd.
Woll'st, Vater! Deinen Reinen
Die Müde bald vereinen;
Hier kann ich nichts mehr thun.
Die Augen, matt vom Weinen,
Die laß im Grabe ruhn!
Berlin, Decbr. 1813.
Immer muß ich wieder lesen
In dem alten, heil'gen Buch,
Wie der Herr so gut gewesen,
Ohne List und ohne Trug.
Wie Er hieß die Kindlein kommen,
Liebend hat auf sie geblickt
Und sie in den Arm genommen
Und an Seine Brust gedrückt.
Wie Er helfendes Erbarmen
Allen Kranken gern bewies
Und die Niedern und die Armen
Seine lieben Brüder hieß.
Wie Er keinem Sünder wehrte,
Der mit Reue zu Ihm kam,
Wie Er huldvoll ihn belehrte,
Ihm den Tod vom Herzen nahm.
Immer muß ich wieder lesen,
Les' und weine mich nicht satt,
Wie der Herr so treu gewesen,
Wie Er uns geliebet hat.
Hat die Heerde mild geleitet,
Die Sein Vater Ihm verliehn;
Hat die Arme ausgebreitet,
Alle an Sein Herz zu ziehn.
Laß mich knie'n zu Deinen Füßen,
Herr, die Liebe bricht mein Herz!
Laß in Thränen mich zerfließen,
Mich vergehn in Wonn' und Schmerz!
Berlin, 1815.
Ach Mutter! bleibst so lange,
Es wird uns Kindern bange,
Der Abend ist so kalt;
Die Winde schaurig wehen
Und lange Schatten gehen
Und Löwen brüllen durch den Wald.
Weit sind wir heut gegangen
Und tragen nun Verlangen
Nach unsrer Mutter Schooß;
Komm, trockne unsre Thränen,
Lös' auf dies bange Sehnen,
Mach' unsre müden Herzen los.
Du sagtest uns am Morgen:
Wir sollten ohne Sorgen
Von deiner Schwelle gehn;
Wenn wir den Berg erklommen
Und wenn die Nacht gekommen,
Dann würden wir dich wiedersehn.
Wir mußten mühsam wallen
Und viele sind gefallen
Und mancher ging voran.
Oft mußten wir auch weinen;
Durch Dornen und auf Steinen,
Durch Hitz' und Sturm ging unsre Bahn.
Nun geht der Tag zu Ende,
Drum heben wir die Hände
Und suchen deine Hand;
Thu' auf die traute Zelle!
Sind wieder an der Stelle,
Da du uns hast hinausgesandt.
Laß uns in grünen Wiegen
Im weißen Hemdlein liegen
So tief und still und dicht;
Laß Thränen uns befeuchten,
Laß auf uns niederleuchten
Dein ewig klares Mondgesicht.
Den Schleier, blau gewoben,
Den breite weit aus oben,
Drin laß uns hoffend ruhn.
Einst wird es wieder tagen,
Dann wird der Vater sagen:
»Steht auf, ihr Kindlein, alle nun!«
Berlin, 1815.
Kennst du den hohen Garten,
Drin weiße Rosen blühn?
Wer pfleget wohl die Zarten?
Wer mag die Röslein ziehn?
Sie wenden all' nach oben
Das stille Antlitz hin:
Sie möchten lieber droben
Im reinern Lichte blühn.
Nach dem sich Alle sehnen,
Der ist auf Erden nicht;
Drum hängt oft Thau wie Thränen
An ihrem Angesicht.
Der Garten ist so stille,
Kein Nord bricht da hinein;
Drin, ist des Herren Wille,
Soll ew'ger Frühling sein.
Will Eine nun erbleichen,
Fällt matt vom Stengel ab,
Da thun sich alle neigen,
Sehn fromm zu ihr hinab.
Die reinen Düfte schweben
Hinauf zum ew'gen Tag;
Da thun sich all' erheben,
Sehn froh der Schwester nach. –
O, dürft' ich aus der Ferne
In seine Schatten fliehn!
Wie möcht' ich, ach! so gerne
Im stillen Garten blühn.
Berlin, 1814.
O Sorge, die mich niederdrückt,
O Sorge, weiche fern:
Mein Vater, der die Blümlein schmückt,
Der kleidet mich auch gern.
Bin ich auch traurig und verwais't,
Ist Tisch und Kammer leer:
Mein Vater, der die Vöglein speist,
Der läßt mich nimmermehr.
Was ist denn noch, das mich betrübt
Diesseits der stillen Gruft?
Ich weiß, daß mich der Vater liebt
Und einst hinüber ruft.
Dort werd' ich meinen Heiland sehn,
Am Thron der Gnade knien;
Dort werd' ich mehr als hier verstehn,
Dort werd' ich frischer blühn.
Ein Stündlein noch, dann ist er aus,
Der Traum, der Leben heißt;
Dann schwingt sich in sein ewig Haus
Der Gott-versöhnte Geist.
Dann hab' ich, was kein Ohr gehört,
Kein Auge je gesehn.
Dort werd' ich selig und verklärt
Mit heil'gen Engeln gehn.
Wohlauf, mein Herz, und sei vergnügt
Und schwing' dich himmelan!
Wie Gott, der Herr, dein Leben fügt,
So ist es wohlgethan.
Berlin, 1815.
Herr! Deine Magd ist müde;
O, nimm sie ein zur Ruh'!
Hienieden ist kein Friede;
Herr Jesu! rufe Du.
Ich habe kein Gefallen
An Tand und eitlem Scherz,
Muß still und einsam wallen,
Kein Herz für dieses Herz.
Viel hat es wohl gelitten –
Ach, Herr! noch mehr gefehlt –
Manch heißen Kampf gestritten,
Die Wunden still verhehlt.
Das kann nun hier nichts halten,
Kein Glück, kein goldner Schein;
Es sucht bis zum Erkalten,
Herr Jesu! Dich allein.
Sein Schatz ist nicht hienieden,
Drum kann es hier nicht ruhn.
So nimm es ein zum Frieden –
O ja! Du wirst es thun.
Und wenn in treuem Sehnen
Dies arme Herz nun bricht,
Und wenn in heißen Thränen
Erlischt der Augen Licht:
Dann neigst Du Dich herüber,
Dann hab' ich abgebüßt,
Dann nimmst du mich hinüber,
Wo Heil und Gnade ist.
Herbst 1815.
Hienieden ward dem Lenze
Ein kurzes Sein verlieh'n:
Kaum wanden wir uns Kränze,
So ist er schon dahin.
Der Sommer währt nicht lange
Mit seiner Sicheln Schall:
Kaum röthet unsre Wange
Der wärm're Sonnenstrahl.
Bald wird der Himmel trüber,
Die Frucht entfällt dem Baum –
Schon ist der Herbst vorüber,
Wir freuten sein uns kaum.
Nun steigt der Winter nieder
Und schließt des Jahres Reih'n!
Es schweigen alle Lieder.
Er gräbt die Blumen ein.
So eilen unsre Freuden,
So endet alle Lust,
So schwinden auch die Leiden,
Kaum sind wir's uns bewußt.
Nur was nach oben ziehet,
Das kann nicht untergehn;
Was heilig in uns glühet,
Das wird kein Nord verwehn.
Und dort blühn andre Lenze,
Die nimmermehr entfliehn;
Dort werden ew'ge Kränze
Um unsre Scheitel blühn.
O, laßt dahin uns streben
Schon hier im Schattenland.
All unser Thun und Leben
Sei nur auf Gott gewandt.
Mein Herz, was schlägst du gleich so bange,
Wenn dir der Vater Trübsal schickt?
Sei ruhig, Herz, es währt nicht lange:
Bald endet Alles, was dich drückt.
Noch will in dir die Welt sich regen,
Die manches junge Herz bethört:
Die mußt du in ein Grabtuch legen,
Gesegnen all, was ihr gehört.
Bald lockt sie dich mit ihren Freuden,
Bald droht sie Leid und Kummer dir;
Sie will von deinem Gott dich scheiden,
Und stellt dir ihre Götzen für.
Du darfst dich nicht mit ihr vereinen;
Laß ihre vollen Rosen stehn,
Und siehe, wie die Lilien scheinen,
Und höre, wie die Palmen wehn.
So sei, mein Herz, o sei zufrieden
Mit Allem, was der Herr dir giebt,
Und denke, von der Welt geschieden,
Gott prüfet dich, weil Er dich liebt.
Ja, Vater! ich will still ergeben
Mit meiner Bürde weiter gehn,
Die Hände fromm zu Dir erheben
Und nicht auf diese Erde sehn.
Berlin, 1815.
»Es rinnen alle Bronnen
Zusammen in das Meer,
Und wenn sie hin geronnen,
So kehren sie daher.«
Die Sonne kommt und schwindet,
Ist stets dasselbe Licht,
Ob sie uns fröhlich findet,
Ob unser Auge bricht.
Dieselben Sterne scheinen
Uns wieder jede Nacht,
Ob wir in Jammer weinen,
Ob sel'ger Traum uns lacht.
Es führen uns die Jahre
Durch Freude und durch Graus;
Heut Wiege, morgen Bahre
Ist unser Schlummerhaus.
So laß uns heiter grüßen
Das Leben wie den Tod
Und fromm die Augen schließen
Im letzten Abendroth.
Wir werden auferstehen
Im neuen Morgenglanz
Und Ihn, den Vater, sehen
Im ew'gen Strahlenkranz.
Du liebst mich, weil durch braunes Haar
Sich schlingt der grüne Lebenskranz,
Weil frisch und voll der Wangen Paar
Und leicht der Fuß sich hebt im Tanz.
O, armer Jüngling! wisse, bald
Ist all das hin, was du geliebt,
Geknickt die blühende Gestalt,
Die jetzt den Zauber auf dich übt.
Denn eine Blume bin ich nur,
Und kurz ist alles Erdenblühn;
Drum suche ew'ger Schöne Spur,
Ihr weihe deines Herzens Glühn.
Sieh, wenig Lenze gehn in's Thal
Und hin ist dieser Augen Schein,
Gewelkt der Mund, die Wange fahl,
Man sargt die kalte Hülle ein.
Und nur das Kreuz am Hügelrand
Sagt, daß ein Leben hier geblüht,
Und betend faltet wohl die Hand
Der Pilger, der vorüberzieht.
Die Wahl des Liebsten
Es warten dein zwei Freier;
Schau her und wähle, Kind!
Nimm, den dein Herz getreuer
Und schöner, reicher find't.
Der Erste ist ein König,
Ein Fürst von dieser Welt.
»Er bietet mir zu wenig,
Nur eitel Pracht und Geld.«
Der Andre hat dort drüben
Sein ewig Königreich.
»Ja, diesen will ich lieben
Und mit ihm ziehen gleich.«
Der Erste will dir schenken
Viel Ehre, Schmuck und Reiz;
Noch kannst du dich bedenken:
Der Andre trägt ein Kreuz.
»Den Ersten laß ich stehen,
Er sucht und liebt nur sich;
Ich will zum Andern gehen,
Er trägt das Kreuz um mich.«
Halt! sieh erst noch die Krone,
Die dir der Erste reicht;
Dann sieh, was dir zum Lohne
Der Andre giebt vielleicht.
»Die Krone seh' ich prangen,
Doch ist es Feuerglanz.«
Der Andre kommt gegangen
Mit einem Dornenkranz.
»Zum Kranz die Hand ich neige,
Er soll mein Haupt umziehn:
Ich seh' aus jedem Zweige
Die schönste Ros' erblühn.«
Noch sieh, was in den Kelchen,
Die lockend vor dir stehn,
Und sage mir dann, welchen
Du dir hast ausersehn.
»Hier funkeln bunte Lügen,
Trüb schäumt der Lüste Fluth;
Im andern ruht verschwiegen
Das allerhöchste Gut.
Der erste mag wohl blinken,
Mir ist er nicht gesund;
Den andern will ich trinken
Bis auf den tiefsten Grund.«
Zuvor schau auf die Wege,
Noch winket dir das Glück;
Bedenke, überlege:
Du kannst nicht mehr zurück.
Der erste breit und linde,
Der andre rauh und steil.
»Ade denn, Welt, geschwinde!
Nun hab' ich freilich Eil'.«
»Ich seh' am Kreuz Ihn hangen,
Er streckt die Arme Sein;
Ich eil', Ihn zu umfangen,
Mit Schmerzen harrt Er mein.
Willkomm, mühselig Ringen!
Du Pfad, so steil und schmal,
Willst du zu Ihm mich bringen,
Dann Amen! Tausend Mal!«
Berlin, 1816.
Auch heut hab' ich Dich oft vergessen,
Nach meinem Heil nicht viel gefragt:
Getrunken hab' ich und gegessen
Und Dir, o Gott, nicht Dank gesagt.
Wie kann es sein, daß meine Seele,
O einzig Gut, Dich so vergißt?
O richte nicht, bis meine Seele
In Dir, o Gott, befestigt ist!
Du hast die Stimme mir gegeben,
Daß ich Dich preisen soll, mein Hort!
Und Andern auch das Herz erheben
Durch frommes und einfält'ges Wort.
Weh' mir, wenn ich zurücke zähle,
Was ich Unnützes heut gesagt!
O richte nicht, bis in der Seele
Der Wahrheit reiner Morgen tagt!
Doch nein, Du woll'st auch dann nicht richten!
O nein, Du mußt auch dann verzeih'n:
Gerechtigkeit wird mich vernichten,
Nur Gnade kann mein Leben sein.
Wie bald ist doch ein Wort gesprochen,
Das unser Mund nicht wieder fängt;
Wie leicht ein Vorsatz, ach! gebrochen,
An dem des Herzens Ruhe hängt!
Berlin, 1816.
Zu Dir, zu Dir, hinweg von mir
Will meine Seele fliehen;
Nur Dein allein, Dein soll sie sein,
Du mußt zu Dir sie ziehen!
Die Welt ist leer; ich will nicht mehr
Nach ihren Gütern fragen;
Für Dich, für Dich soll ewiglich
Dies Herz allein mehr schlagen.
Was Du nicht bist, Herr Jesu Christ,
Danach laß mich nicht streben!
Laß mich nicht mehr, o lieber Herr,
Ohn' Dich auf Erden leben!
Nur Du, nur Du, sonst keine Ruh',
Kein Auge! keine Ohren!
Was ist die Welt, wenn der mir fehlt,
Den ich allein erkoren?
Stirb hin, stirb hin, mein Eigensinn!
Scheid' ab, verworr'nes Streben!
Nimm hin, nimm hin den neuen Sinn,
Den Du, Herr, selbst gegeben!
Berlin, 1816.
Herr Gott! Dich will ich preisen,
So lang mein Odem weht;
O hör' auf meine Weisen,
O sieh auf mein Gebet!
Bin ich im Himmel oben,
Da lern' ich andern Sang,
Da will ich hoch Dich loben
Mein ewig Leben lang.
Jetzt laß Dir wohlgefallen
Mein treu einfältig Lied;
Muß doch ein Kindlein lallen,
Wenn es die Mutter sieht.
Nun hab' ich auch gesehen,
Wie Du so väterlich;
Will nun nichts mehr verstehen
Als Dich, mein Vater, Dich.
Ich saß in meiner Kammer,
Sah trüb' in's Leben hin,
Die Seele rang in Jammer,
Voll Sorge war mein Sinn:
Da floß ein heilig Sehnen
Mir in das öde Herz;
Da brach mein Blick in Thränen
Und hob sich himmelwärts.
Bald sucht' ich Dich von Herzen
Und bat um Trost und Ruh':
Da wichen alle Schmerzen,
Da kamst und halfest Du.
Dafür will ich Dir danken
Und immer harren Dein;
Herr! laß nur sonder Wanken
Mich ganz Dein eigen sein.
Du kennst, mein Gott, die Herzen,
Du siehst mich, wie ich bin;
Du weißt auch alle Schmerzen,
Die noch im Busen drin.
Du siehst die Sündentriebe,
Die mich zur Erde ziehn,
Siehst auch die treue Liebe,
Die auf zu Dir will fliehn.
O hilf die Sünde dämpfen!
So lang' ich lebe schon,
Hab' ich ein stetes Kämpfen
Und nimmer doch den Lohn.
Mich drücken schwere Ketten,
Die unerträglich sind.
Herr! willst Du mich nicht retten? –
Herr, ja, ich bin Dein Kind!
Berlin, 1816.
Bedenk' ich Deine große Treue,
Bedenk' ich meine tiefe Schuld,
Dann fühl' ich heiße Scham und Reue
Und preis' in Demuth Deine Huld.
Ich bin nur Staub, aus Staub geboren,
Bin irdisch und verweslich noch,
Und bin zur Herrlichkeit erkoren,
Bin himmlisch auch und ewig doch.
O Vater, Deine große Liebe,
Wie kann ein Mensch sie je verstehn!
Gieb, daß ich mich in Einfalt übe,
Den Weg, den Du mich führst, zu gehn.
Gieb, daß ich Dir nicht widerstrebe,
Wenn Dornen meinen Pfad umziehn,
Und daß ich Dir im Glauben lebe
Und nicht von dieser Erde bin.
Gieb, daß der Erde Eitelkeiten
Mir unbewußt vorüber wehn,
Und daß ich mag zu allen Zeiten
Auf Jesu Kreuz und Sterben sehn.
Gieb, daß ich nimmer möge schwanken,
Wenn mir der Erde Reichthum blinkt;
Laß mich von Deinem Weg nicht wanken,
Wo mir am Ziel die Krone winkt.
Gieb, daß ich dulden mag und hoffen,
Und gieb mir Deinen heil'gen Geist
Und zeige mir den Himmel offen,
Wenn mir der Tod das Herz zerreißt! Amen.
Berlin, 1816.
Ich habe einen Liebsten funden,
Derselb' ist nicht von dieser Welt,
Dem hab' ich einzig mich verbunden,
Ihm treu zu sein in allen Stunden;
Er ist's, der mir allein gefällt.
Früh stand Er schon an meiner Wiegen,
Sah lächelnd auf mein kindlich Spiel.
Ich that so gern mich an Ihn schmiegen
Und forschte nur in Seinen Zügen,
Ob auch mein Spiel Ihm wohlgefiel.
Er hatte mir von weißer Seiden
Ein feines Kleidchen angethan:
»O Lämmlein, komm zu Meiner Weiden;
Nun mußt Du Dich von Allem scheiden,
Was dies Gewand beflecken kann.«
O wär' ich doch mit Dir gegangen,
Du treuer Hirt, mit Dir allein!
Ein Andrer wies mir Glanz und Spangen; –
O weh! die goldnen Ketten schlangen
So fest sich um das Herze mein.
Da ging ich mit dem Fremden lieber
Und riß mich los von meinem Herrn;
Der sah noch oft zu mir herüber,
Ich sah wohl auch nach Ihm hinüber,
Doch immer schien Er mir zu fern.
Bald dreht' ich mich in bunten Tänzen
Und träumte nur von Tand und Scherz;
Ich that an schnöden Festen glänzen
Und war geschmückt mit eitlen Kränzen,
Und hatte doch kein ruhig Herz.
Da dacht' ich einst, welch' blut'ge Wunden
Für mich der treue Heiland trug;
Ich dacht' an frühe sel'ge Stunden –
Die ganze Welt war mir verschwunden –
Ich weint', und weinte nie genug.
Da sah ich meinen Heiland stehen,
Er war so ernst und war so mild;
Ich mußte immer nach Ihm sehen;
Mein Herze wollte fast vergehen
Und war mit Lieb' und Leid erfüllt.
Ich meint': Er würde mich nicht kennen,
Mein Kleid war nicht mehr weiß und rein.
Bang that ich Seinen Namen nennen,
Und wollte nie mich wieder trennen
Und ganz und gar Sein eigen sein.
Da sah Er meine Thränen fließen,
Da rief Er freundlich: »Lämmlein, komm!«
Froh eilt' ich hin zu Seinen Füßen;
Sein Blut that auf mich niederfließen,
Da war ich wieder rein und fromm.
So hab' ich meinen Liebsten funden,
Der besser ist denn diese Welt,
So hab' ich Ihm mich neu verbunden,
Ihm treu zu sein zu allen Stunden:
Er ist's, der einzig mir gefällt.
Berlin, 1816.
Was bist du denn so gar betrübt,
Du Herz im Kämmerlein?
Wer stille hofft und glaubt und liebt,
Kann nicht verlassen sein.
Mein Kind, umdunkelt Erdenweh
Dir so den hellen Blick,
Dann geh zu deinem Heiland, geh,
Da bleibt dein Schmerz zurück.
Vergiß doch nicht in deinem Leid
Sein Wort, so Trostes reich:
»Kommt her, die ihr mühselig seid,
Erquicken will ich euch!«
Und hat dir auch ein scharfer Dorn
Das arme Herz verwund't,
Eil' hin zu aller Freude Born
Und trink und sei gesund.
Sieh nur auf diese Erde nicht,
Sieh glaubend himmelwärts,
Dann legen kühle Palmen dicht
Sich um dein heißes Herz.
Dann wird's in dir so still und klar,
Ob's um dich trüb' auch ist;
Da macht dich aller Sorgen bar
Dein Bruder Jesus Christ.
Berlin, 1815.
Was verlangst du, warum bangst du,
Armes, unruhvolles Herz?
Sei zufrieden, denn hienieden
Ist nur eitel Gram und Schmerz.
Willst du Gaben gerne haben,
Die kein Wurm noch Rost verzehrt?
Laß die Erde, daß dir werde,
Was da unvergänglich währt.
Willst du lieben? Suche drüben
Den, der liebenswürdig ist;
Alles leide, alles meide,
Bis du Ihm einst ähnlich bist.
Ringe, meide, bis die Freude
Dieser Welt vorüber ist;
Schau zur Höhe, bis das Wehe
Dieser Welt dein Herz vergißt.
O der Schmerzen, bis im Herzen
Treu' und Demuth endlich siegt
Und die Taube, frommer Glaube,
Selig Ihm entgegenfliegt!
Stille, stille! Herr, Dein Wille,
Der geschehe auch an mir!
Amen, Amen! und Dein Namen
Sei gepriesen dort und hier!
Berlin, 1816.
Herr! Alles will ich leiden,
Was Deine Hand mir giebt,
Will alle Liebe meiden,
Die, Jesus! Dich nicht liebt.
Gieb Heiligkeit dem Herzen,
Gieb einen neuen Geist,
Der Dich in Lust und Schmerzen,
In Tod und Leben preist.
Herr! gieb, daß fest ich glaube,
Gieb Trost auf Erden schon,
Daß mir kein Zweifel raube
Der treuen Knechte Lohn.
Daß ich lobsingend dringe
Durch Nacht zum Morgenroth;
Daß ich den Tod bezwinge,
Stark durch Dein Lebensbrod.
Ich weiß, vor Deinem Throne