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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Es war ein ungutes Gefühl, mit dem Kathrin Bertram den Fahrstuhl bestieg, der sie in den achten Stock des Hochhauses bringen sollte, in dem ihr Verlobter, Tobias Marker, in einer kleinen Zweizimmerwohnung lebte. »Für mehr reicht's leider noch net«, hatte der angehende Arzt im Scherz gesagt. »Aber wenn ich erst einmal mit dem Studium fertig bin und Geld verdiene, dann baue ich uns ein Schloss!« »Ein kleines Häuschen im Grünen würd' mir schon reichen«, hatte die hübsche, junge Frau da schmunzelnd erwidert. Und dann hatten sie zusammengesessen und bei Käse und Rotwein von einer gemeinsamen Zukunft geträumt. Doch dieser Traum drohte zu platzen. Kathrin konnte es nicht sagen wieso, aber seit längerer Zeit schon wurde sie von einer bösen Ahnung verfolgt. Waren es wirklich Überstunden, die Tobias neben dem Studium in einem Altenheim machte? Oder steckte ganz was anderes dahinter? Grund an seiner Ehrlichkeit zu zweifeln, hatte sie bislang nicht gehabt. Corinna Desment, Kathrins Freundin, die sie seit dem Kindergarten kannte, hatte eine seltsame Bemerkung gemacht, als sie zusammen nach einem Kinobesuch noch in eine Kneipe gegangen waren. »Sag mal, stimmt das eigentlich?«, hatte sie gefragt und dabei ein bedeutungsvolles Gesicht gemacht. »Ich meine, das mit den vielen Überstunden?« Kathrin wusste zuerst nicht, worauf sie hinauswollte. »Wie meinst du das?«, hatte sie gefragt. Corinna zuckte die Schultern und fuhr sich durch das blonde kurz geschnittene Haar.
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Seitenzahl: 119
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Es war ein ungutes Gefühl, mit dem Kathrin Bertram den Fahrstuhl bestieg, der sie in den achten Stock des Hochhauses bringen sollte, in dem ihr Verlobter, Tobias Marker, in einer kleinen Zweizimmerwohnung lebte.
»Für mehr reicht’s leider noch net«, hatte der angehende Arzt im Scherz gesagt. »Aber wenn ich erst einmal mit dem Studium fertig bin und Geld verdiene, dann baue ich uns ein Schloss!«
»Ein kleines Häuschen im Grünen würd’ mir schon reichen«, hatte die hübsche, junge Frau da schmunzelnd erwidert.
Und dann hatten sie zusammengesessen und bei Käse und Rotwein von einer gemeinsamen Zukunft geträumt.
Doch dieser Traum drohte zu platzen. Kathrin konnte es nicht sagen wieso, aber seit längerer Zeit schon wurde sie von einer bösen Ahnung verfolgt.
Waren es wirklich Überstunden, die Tobias neben dem Studium in einem Altenheim machte? Oder steckte ganz was anderes dahinter?
Grund an seiner Ehrlichkeit zu zweifeln, hatte sie bislang nicht gehabt. Jedenfalls nicht bis zu jenem Tag, an dem Corinna ihr gegenüber Zweifel äußerte …
Corinna Desment, Kathrins Freundin, die sie seit dem Kindergarten kannte, hatte eine seltsame Bemerkung gemacht, als sie zusammen nach einem Kinobesuch noch in eine Kneipe gegangen waren.
»Sag mal, stimmt das eigentlich?«, hatte sie gefragt und dabei ein bedeutungsvolles Gesicht gemacht. »Ich meine, das mit den vielen Überstunden?«
Kathrin wusste zuerst nicht, worauf sie hinauswollte.
»Wie meinst du das?«, hatte sie gefragt.
Corinna zuckte die Schultern und fuhr sich durch das blonde kurz geschnittene Haar.
»Na ja, ich find’s halt komisch, dass Tobias so viel im Altenheim arbeitet«, antwortete sie. »Andere Studenten müssen es doch auch net.«
Kathi Bertram trank einen Schluck von ihrer Weinschorle. Sie und Tobias hatten sich vor einem halben Jahr kennen gelernt und ineinander verliebt. Während er Medizin studierte, wollte sie Rechtsanwältin werden. Bei der Größe der Uni war es eigentlich nicht verwunderlich, dass sie sich vorher noch nicht begegnet waren. Das Kennenlernen fand denn auch außerhalb des Unigeländes statt, auf einer Party, die irgendwer gab, und zu der jeder kommen konnte, der Lust hatte und bereit war, etwas für das Büffet oder die Getränke beizusteuern. Das Ganze sprach sich in der Uni herum, und just an dem Wochenende hatte Corinna eine Verabredung mit Kathi absagen müssen, weil ihre Mutter krank geworden war. Eigentlich hatten die Freundinnen gemeinsam zu dieser Party gehen wollen, nun stand Kathrin Bertram alleine in dem Trubel und kam sich sehr einsam vor.
Indes währte dieser Zustand nicht lange. Ein großer, schlanker Bursche trat auf sie zu und deutete auf die Schüssel in ihrer Hand.
»Nudelsalat?«, tippte er grinsend. »Das wäre dann, glaube ich, der siebte oder achte.«
Er hatte ein markantes, sympathisches Gesicht, mit dunklen Augen und einer wohlgeformten Nase. Die braunen Haare waren lockig und fielen ihm frech über die Stirn.
Kathrin verliebte sich auf der Stelle in ihn!
Sie schüttelte den Kopf.
»Exotischer Reissalat«, antwortete die Studentin.
»Echt? Zeig mal her.«
Ohne viel Federlesens nahm er ihr die Schüssel aus den Händen und öffnete den Deckel.
»Hm, riecht das lecker«, meinte er, nachdem er in die Schüssel geschaut und geschnüffelt hatte.
Er nickte ihr zu.
»Komm mal mit.«
Kathi folgte ihm durch das Gedränge. Die Party fand in einer Altbauwohnung statt. Wie sich herausstellte, zogen die Veranstalter, ein junges Paar, aus und gaben an diesem Abend ein Abschiedsfest. In dem bereits ausgeräumten Wohnzimmer waren zwei Tapeziertische für das Essen aufgebaut. Der Bursche stellte Kathis Salatschüssel zu den etlichen anderen, in denen zwar wirklich mehrere Nudelsalate waren, aber auch Pudding, Kräuterbutter und Quark mit Knoblauch. In einem großen Einwecktopf wurde »Chili con carne« warm gehalten, und ungefähr zwanzig Fladenbrote und Baguettes warteten darauf, verzehrt zu werden. Daneben stand auf einem Holzbock ein Bierfass, aus dem fleißig gezapft wurde, und an Rot- und Weißweinflaschen herrschte kein Mangel.
»Was magst’ denn trinken?«, fragte der Bursche, dessen Namen Kathrin immer noch nicht wusste.
»Ein Glas Wein.«
Er nickte.
»Rot oder Weiß?«
»Am liebsten Rotwein.«
Er nickte wieder.
»Kommt sofort.«
Damit war er verschwunden. Tauchte aber im nächsten Moment mit einer Flasche und zwei Gläsern wieder auf.
»Prost, ich heiße Tobias«, stellte er sich vor, nachdem er eingeschenkt hatte.
Sie nannte ihren Namen und prostete ihm zu.
»Na, dann bin ich ja mal auf deinen Salat gespannt«, meinte er und nahm sich einen Plastikteller von dem Stapel, der am Ende des Büffets stand.
Kathi hatte sich sehr viel Mühe mit dem Salat gegeben. Das Rezept stammte von ihrer Tante, einer Japanerin, die mit dem Onkel des Madels verheiratet war. Gespannt beobachtete sie Tobias’ Reaktion nach der ersten Gabel. Er kaute, leckte sich über die Lippen, dann weiteten sich seine Augen, und er schnappte nach Luft.
Um Gottes willen, hatte sie sich etwa mit den Gewürzen vertan?
»Nee«, grinste er, als er ihr Entsetzen sah, »der Salat ist ’ne Wucht!«
Kathi atmete erleichtert auf.
»Was ist denn da alles drin?«, wollte er wissen, während er Gabel um Gabel in sich hineinschaufelte.
Das war schnell erzählt, neben gekochtem Reis, als Hauptbestandteil, hatte die Studentin gebratene Shiitake-Pilze, Paprikaschoten, gekochtes Hühnchen und Salatgurke klein geschnitten und mit einer Marinade aus Reisessig, Sojasauce und Sesamöl vermengt und mit Salz, Pfeffer und Chilipulver gewürzt. Gerade mit Letzterem war sie aber sehr vorsichtig gewesen.
Eine Variante dieses Salates gab es auch mit Glasnudeln, aber Kathi hatte mit Recht befürchtet, dass es mehr als einen Nudelsalat auf der Party geben würde.
Irgendwie ergab es sich von selbst, dass Tobias an diesem Abend nicht mehr von ihrer Seite wich. Sie tanzten zusammen, aßen und tranken und unterhielten sich wunderbar. Kathi war selig, als er sich gleich am nächsten Nachmittag bei ihr meldete. Sie fuhren zum Schwimmen und waren von diesem Tag an fest zusammen.
*
All dies ging Katharina Bertram durch den Kopf, während der Aufzug nach oben fuhr. Corinnas immer wiederkehrenden Bemerkungen hatten sie allmählich fast verunsichert. Nicht einen Moment hatte sie wahrhaben wollen, dass Tobias sie belog und betrog.
Schließlich wollten sie in weniger als vier Wochen heiraten!
Der Medizinstudent hatte die letzte Prüfung mit Auszeichnung bestanden, in zwei Monaten würde er im Krankenhaus eine Praktikumsstelle antreten, und Kathis Eltern, der Vater war Rechtsanwalt und hielt einen Platz in der Kanzlei für die Tochter bereit, wollten Kathi und Tobias zur Hochzeit einen großen Zuschuss zum Hausbau schenken. Insofern konnten sie ihre Zukunft in rosigen Farben malen.
Und nun war sie auf dem Weg, ihrem Bräutigam hinterherzuspionieren – und ihn womöglich zu ertappen …
Eigentlich hatte Tobias heute seinen letzten Tag im Altenheim. Doch Corinna hatte vor zwanzig Minuten angerufen und behauptet, Tobias in Begleitung einer Frau gesehen zu haben. Die beiden hätten das Haus betreten, in dem Kathis Verlobter wohnte …
Die Studentin hatte erst gezögert, dann in dem Altenheim angerufen, in dem Tobias arbeitete.
Ihre Bestürzung war groß, als man ihr mitteilte, dass er das Heim vor gut einer Stunde verlassen habe …
Jetzt stand sie vor seiner Wohnungstür und zog den Schlüssel aus der Tasche, den er ihr überlassen hatte.
Kathi zögerte einen Moment, ehe sie ihn in das Schloss steckte.
Durfte sie das überhaupt?
Irgendwie fühlte sie sich schlecht bei dem Gedanken, dem Mann, den sie liebte und heiraten wollte, hinterherzuschnüffeln.
Schließlich war gegenseitiges Vertrauen ein wichtiger Baustein für die Basis einer guten Ehe!
Doch dann drehte Kathi den Schlüssel herum, und die Tür schwang geräuschlos auf. Indes hätte ohnehin niemand gehört, wie sie aufgegangen war. Kathi stand in dem kleinen Flur, und aus dem Wohnzimmer drang laute Musik …
Mit staksigen Schritten ging sie auf die Tür zu und öffnete sie einen Spalt. Was sie sah, ließ ihren Herzschlag stocken.
Tobias lag auf dem Sofa, über ihm eine Frau, von der Kathi im ersten Moment glaubte, es sei Corinna, die ihre Arme um ihn geschlungen hatte und ihn küsste.
Der Studentin stockte der Atem und ihr Puls raste. Rasch zog sie die Tür wieder zu und floh aus der Wohnung. Sie hatte genug gesehen. Genug um zu wissen, dass das das Ende ihrer Beziehung war, der kleine Traum war ausgeträumt.
Der Fahrstuhl war noch auf der Etage. Die Tür glitt auf, als sie den Knopf drückte. Kathi stieg ein und fuhr nach unten. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, stieg sie in ihren Wagen und startete den Motor.
Es war ein Wunder, dass sie heil zu Hause ankam!
Blind vor Tränen war die Studentin durch die Straßen gefahren, auf denen an diesem Samstagnachmittag zum Glück nur wenig Verkehr herrschte.
Von ihrer Wohnung aus rief sie Corinna an. Die Freundin musste unbedingt herkommen. Auf keinen Fall konnte sie jetzt alleine sein.
Enttäuscht legte Kathi auf, als sie nur die Ansage des Anrufbeantworters hörte. Sie wählte die Nummer des Mobiltelefons, aber auch da war nur die Mailbox zu hören.
»Corinna!«, rief sie verzweifelt. »Wo bist du?«
Dann sank sie in einen Sessel und ergab sich ihren Tränen.
Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Kathi erhob sich schwerfällig und wankte hin.
»Gott sei Dank!«, sagte sie und fiel Corinna Desment in die Arme.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte die junge blonde Frau und strich ihr das verschwitzte Haar aus dem verweinten Gesicht. »Tobias …?«
Kathi nickte stumm.
»Komm«, sagte die Freundin sanft und führte sie fürsorglich am Arm ins Wohnzimmer zurück. »Setz dich. Ich koch uns erst mal einen Tee.«
Kathi nickte nur teilnahmslos.
»Ich versteh’s einfach net!«, sagte sie, als sie wenig später zusammensaßen und Kräutertee tranken. »Warum, Corinna, warum?«
Die Blondine zuckte die Schultern. »Bei manchen Männern kommt so kurz vor der Ehe so etwas wie Torschlusspanik durch«, meinte sie.
»Du glaubst, Tobias hat Angst bekommen?«
»Möglich.«
Kathi schüttelte den Kopf.
»Das glaub’ ich net. Davon hätt’ ich doch was merken müssen.«
Corinna sah sie zweifelnd an.
»Von den anderen Sachen hast’ ja auch nix mitbekommen …«
Die Jurastudentin schluckte und nickte.
»Ja, du hast Recht. Du warst eigentliche diejenige, die gemerkt hat, dass da was net stimmen kann.«
Sie unterdrückte die Tränen, die ihr wieder in die Augen steigen wollten.
»Ich war ja so dumm! So dumm!«
Corinna legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm.
»Es war ja noch net zu spät«, sagte sie. »Wenn ihr erst verheiratet gewesen wäret …«
Kathi mochte es sich gar nicht ausmalen.
»Was willst’ denn jetzt machen?«, fragte die Freundin.
Hilflos breitete Kathi die Arme aus und ließ sie wieder fallen.
»Ich weiß net«, antwortete sie. »Am liebsten würd’ ich fortlaufen.«
Corinna nickte zustimmend.
»Das ist vielleicht keine schlechte Idee«, meinte sie lächelnd.
*
»Grüß Gott, Frau Bertram, haben S’ gut geschlafen?«, begrüßte Ria Stubler die junge Frau.
Kathi lächelte und nickte. Doch ihr blasses Gesicht, der traurige Ausdruck in den Augen straften sie Lügen.
»Es tut mir immer noch leid, dass ich Ihnen kein größeres Zimmer anbieten konnt’«, entschuldigte sich die Wirtin.
Es war gestern Abend nach einundzwanzig Uhr gewesen, als es an der Tür der Pension klingelte. Ria hatte geöffnet und eine junge, sehr verzweifelt dreinschauende junge Frau vor sich stehen sehen.
»Ein Zimmer? Das tut mir leid. Wir haben Saison, da ist alles ausgebucht.«
Das Gesicht der jungen Frau stimmte die Wirtin nachdenklich, und Ria ahnte, dass da jemand sehr verzweifelt war.
»Kann man denn da gar nix machen?«, hörte sie die enttäuschte Stimme.
»Na ja, es gibt da noch eine Kammer, gleich unterm Dach«, erklärte Ria. »Eigentlich vermiete ich sie gar net. Bloß in dringenden Fällen.«
Sie sah die junge Frau an.
»Mir scheint, das ist so ein dringender Fall«, setzte sie hinzu. »Also kommen S’ erst mal herein und schauen S’ sich die Kammer an.«
»Ich nehm’ sie«, erklärte Kathi sofort.
Es machte ihr nichts aus, dass außer einem Bett und einem Kleiderschrank sonst nichts in das winzige Gelass passte und dass sich das Bad auf dem Flur befand.
Noch am Abend hatte sie ein paar Sachen zusammengepackt und war in ihr Auto gestiegen.
Egal wohin, nur fort!
Während sie ziellos durch die Gegend fuhr und überlegte, wohin sie eigentlich wollte, erinnerte sich Kathi, vor Jahren einmal Urlaub mit den Eltern in Garmisch Partenkirchen gemacht zu haben. Damals hatten sie auch Ausflüge in die nähere Umgebung gemacht und waren unter anderem in einem hübschen, kleinen Dorf gewesen, wo sie im Garten des einzigen Hotels Kaffee getrunken hatten.
St. Johann hieß der Ort, fiel ihr wieder ein. Er war nicht sehr groß, aber sehr malerisch gelegen, und irgendwie hatte man das Gefühl, die Zeit sei dort stehen geblieben.
Genau das, was sie jetzt brauchte!
Kathi war rechts an den Straßenrand gefahren und hatte den Namen in ihr Navigationsgerät getippt. Mit einem wehmütigen Gedanken an Tobias ließ sie München hinter sich und war gut drei Stunden später angekommen.
»Schau’n S’, ich hab’ im Garten gedeckt«, erklärte die freundliche Wirtin am nächsten Morgen. »Das Wetter ist so herrlich, da wär’s geradezu eine Sünd’, drinnen zu hocken.«
Auf der Terrasse waren alle Tische gedeckt, an den meisten saßen noch Pensionsgäste und frühstückten. Kathi trat hinaus, grüßte in die Runde und setzte sich an den Tisch, auf dem nur ein einzelnes Gedeck stand.
»Mir reicht ein Kaffee«, hatte sie auf die Frage Ria Stublers nach ihren Frühstückswünschen geantwortet.
Die Wirtin sah sie daraufhin mit großen Augen an und schüttelte den Kopf.
»Sie müssen essen!«, erklärte sie kategorisch. »Ich weiß ja net, was Ihnen fehlt, aber mit leerem Magen löst man kein Problem.«
Und so standen, wenig später, zahlreiche Schüsselchen mit Marmelade, Honig, Quark und Joghurt auf dem Tisch. Dazu reichte sie einen Brotkorb mit frischen Semmeln, eine Platte, auf der Wurst und Käse hübsch angerichtet waren, und eine Kanne mit duftendem Kaffee.
»Das kann ich unmöglich alles essen!«, sagte Kathi, als die Wirtin schließlich auch noch ein gekochtes Ei brachte.
»Langen S’ nur tüchtig zu«, meinte die Wirtin mit einem Lächeln. »Der Appetit kommt beim Essen. Und unsre gute Bergluft, die macht hungrig.«
Ria beugte sich zur ihr.
»Und dann machen S’ sich noch ein, zwei belegte Brote oder Semmeln für später«, setzte sie hinzu. »Dann brauchen S’ net so oft zum Essen ins Wirtshaus geh’n und schonen Ihre Reisekasse.«
Sie nickte Kathi aufmunternd zu.
»Und jetzt guten Appetit!«
Der kam tatsächlich angesichts der vielen Köstlichkeiten auf dem Tisch. Kathi hatte seit dem gestrigen Mittag nichts mehr gegessen. In St. Johann angekommen, hatte sie die Kammer bezogen, sich auf das Bett gelegt und war nicht wieder aufgestanden.
Jetzt aß sie eine halbe Semmel, mit Butter und Marmelade bestrichen, und genoss dabei jeden Bissen.