Maddrax 563 - Lucy Guth - E-Book

Maddrax 563 E-Book

Lucy Guth

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Beschreibung

Als Androide in der Parallelwelt versuchte Matthew Drax, die Dunkle Stadt mit einer Gravitationsbombe zu zerstören. Er scheiterte nicht nur, sondern löste damit den Weltenwechsel erst aus. Geblieben ist von ihm nur der stark beschädigte Kopf - der nun gefunden wird! Ein Schamane der Dunklen hält ihn für ein Orakel mit einem direkten Draht zum "Herrn". Mit seiner Hilfe sollen die widerspenstigen Fischmenschen unterworfen werden, die sich an der Ostküste Afras gegen den Keim behaupten...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Das Orakel

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...

Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das in der Folge an besonderen Punkten aufbricht – dort wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückgereist sind, um Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Nun tauchen an den Bruchstellen Areale verschiedener Parallelwelten auf.

Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle kollabiert, die nicht auf die Archivare zurückgeht und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, hat den Austausch beobachtet – und dass das Luftschiff seines Sohnes Victorius darin verschwand, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Matt und Aruula stellen fest, dass die Menschen aus dem Areal einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim.

Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen, doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Sie vermuten Colonel Kormak dahinter, doch der kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls. In Wahrheit überlebt sie aber und sinnt auf Rache.

Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt mit einer Roziere. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein. Sie haben durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen und machten sich auf nach Afra.

Ira spürte unterwegs eine Präsenz des Wandlers, der sie nun nachgehen und auf einen Daa'muren treffen, der einen Kristall mit dem Geist seines Sohnes hütet. Beim Kampf mit einem Dunklen zerbricht der Kristall – und sie stellen fest, dass die Splitter den Keim aus einem Infizierten saugen können! Pilâtre will nun schnellstens hinüber in die Parallelwelt, doch er muss sich gedulden; erst gilt es, mehr Kristalle zu bergen. Dazu fliegen Matt, Aruula und die Daa'muren zum Kratersee. Mit etlichen Kristallen kehren sie zum Victoriasee zurück, wo de Rozier zwischenzeitlich versucht hat, seinen Sohn zurückzuholen, aber scheiterte.

Nun ist es Zeit zu handeln! Mit der Wolkenstadt Orleáns-à-l'Hauteur erobern sie Château zurück. Nur Shadar kann sich mit seiner Gefährtin Elloa absetzen. 25 Dunkle werden gefangen genommen, die infizierten Bewohner geheilt.

Das Orakel

von Lucy Guth

Nordlichter?, dachte Matthew Drax irritiert. Hier?

Dann versagten seine Schaltkreise, und sein Kopf, vor wenigen Augenblicken von der Explosion der Gravitationsbombe gewaltsam vom Körper des Androiden getrennt, stürzte in die Tiefe – dorthin, wo die gigantische Stadt im Chaos versank.

Der Kopf landete in einem kleinen Busch mit roten Blüten. Die erlöschenden Augen starrten zum Himmel empor zu den blauen und grünen Lichtern, nahmen sie jedoch nicht mehr wahr. Nur das rechte Auge flackerte hin und wieder rötlich auf, während auch die Schreie der Dunklen allmählich verstummten.

Das Erdferkel wühlte unter den Wurzeln eines Affenbrotbaums nach Würmern, nicht ahnend, dass es gleich einen qualvollen Tod sterben sollte.

Tayo lag auf dem Bauch und bewegte sich lautlos vorwärts, um in eine bessere Schussposition zu kommen. Er frohlockte bei der Aussicht auf die fette Beute. Dieses Erdferkel wird meine Familie drei Tage lang ernähren. Das war auch bitternötig, denn seit dem Weltentausch vor ein paar Tagen war die Nahrung knapp.

Tayos Dorf lag nicht weit vom Rand der Stadt entfernt, nahe der Grenze zu der unbekannten neuen Welt. In dem bizarren Dschungel im Außerhalb gab es monströse Wesen und Ungeheuer, die niemand je zuvor gesehen hatte – nicht einmal die erfahrensten Jäger. Sie hatten bislang noch keine Beute machen können; stattdessen hatten sie vier starke Jäger verloren.

Tayo konzentrierte sich und hob das Blasrohr an die Lippen. Das Aambe-Gift lähmte, ohne das Fleisch zu verderben. Das Erdferkel würde ersticken. Und er wäre ein Held – zumindest für kurze Zeit. Sein Vater würde ihm auf die Schulter klopfen, seine Schwestern würden ihn bewundernd ansehen, und ihre Freundinnen vielleicht auch. Und Mutter hätte endlich einmal nichts zu meckern.

Tayo seufzte leise bei dieser Vorstellung – vor allem bei dem Gedanken an die Mädchen. Das Schwein schreckte auf.

O nein! Hastig zielte Tayo und schoss seinen Pfeil ab. Doch es war zu spät: Das Erdferkel verschwand grunzend im Unterholz, der Pfeil ging daneben und blieb im Holz des Baobab-Baumes stecken.

Fluchend schleuderte Tayo das Blasrohr gegen den Baum. Es prallte von der Rinde ab und flog in hohem Bogen davon.

»Ich bin so ein Idiot!« Er hatte es vermasselt. Wieder einmal. Kein Wunder, dass ihn die anderen Jäger nicht dabei haben wollten, wenn er es nicht einmal schaffte, ein Erdferkel zu erlegen. Er sei zu ungeschickt und zu schwächlich, sagten sie. Gerade hatte er bewiesen, dass sie recht hatten.

Missmutig stand Tayo auf und machte sich daran, das Blasrohr zu suchen. Sein aufbrausendes Temperament machte ihm ebenso zu schaffen wie sein mickriger Körperbau. Denn sein Jähzorn war es, der ihm den zweiten Weg, den er gerne einschlagen wollte, verwehrte. Der Schamane des Dorfes, Omahuviso, lehnte es ab, ihn als Lehrling zu nehmen.

»Ein Schamane muss die Dunkelheit in sich kontrollieren können«, hatte er Tayo gesagt und den Kopf mit dem wirren grauen Haar geschüttelt. »Du bist viel zu ungezügelt, um mit den Geistern zu reden und Kontakt mit dem Herrn aufzunehmen.«

Dabei fühlte Tayo genau, dass es seine Bestimmung war, Großes zu leisten – als tapferer Jäger oder als Schamane. Nur leider erkannte niemand sein Talent.

Zum Wächter hatten sie ihn bestimmt – wie demütigend. Das Tor des Dorfes beschützen, stundenlang herumstehen und darauf warten, dass jemand kam, dem er dann ohnehin Einlass gewähren musste – das war nicht das, was Tayo mit seinem Leben anfangen wollte.

Außerdem glaubte er nicht, dass er auf diesem Weg jemals eine Frau finden würde. Die Mädchen im Dorf waren alberne Gänse, die ihn auslachten und nichts mit ihm zu tun haben wollten. Sie hatten nur Augen für die starken Krieger und Jäger, und für diejenigen, die Geisteskräfte besaßen. Tayo hatte weder Kraft noch besondere Fähigkeiten. Und er hasste sich selbst dafür genauso, wie er die dummen Mädchen hasste.

Unwirsch durchsuchte er das Unterholz nach dem Blasrohr, fand es aber nicht. Es musste weiter geflogen sein als gedacht.

»Das hat mir gerade noch gefehlt«, murmelte er verbittert. Immer passierten ihm solche Sachen. Nie hatte er Glück.

Er näherte sich dem Waldrand, von dem aus er die Stadt sehen konnte. Sie war von der Explosion in Mitleidenschaft gezogen worden, aber längst nicht so stark, wie der Feind es wohl geplant hatte.

Bei dem Anblick empfand Tayo teilweise Schadenfreude, teils Bedauern. Zwar geschah es den überheblichen Städtern recht, was ihnen zugestoßen war, aber in der Stadt hatte es immer außer Nahrung auch andere käufliche Freuden gegeben.

Egal. Er hatte ohnehin selten genug Geld besessen, um sich etwas leisten zu können.

Eine Bewegung in einem Blutstropfen-Busch erregte Tayos Aufmerksamkeit. Es war eine Meerkatze, die mit einem Gegenstand spielte, der dort lag. Der Affe flüchtete keckernd, als Tayo sich ihm näherte.

Als der junge Dunkle sah, was in dem Busch lag, erschrak er: Es war ein menschlicher Kopf! Kein Einheimischer, sondern ein Europäer oder Amerikaner, mit heller Haut und blonden Haaren. Allerdings war die helle Haut auf der rechten Hälfte des Gesichts weggerissen, und auch an der linken Schläfe fehlte ein Stück. Was darunter lag, war nicht menschlich. Metall schimmerte, kein weißer Knochen.

Vorsichtig ging Tayo näher heran. Er entdeckte kein Blut, auch nicht am Hals, wo der Kopf ursprünglich auf einem Körper gesessen haben musste. Statt Adern ragten bunte Kabel aus der Öffnung.

»Was bist du für ein seltsames Ding?«, murmelte Tayo. »Ob ich dich wohl anfassen kann?« Er streckte die Hand aus und berührte den Kopf, der ein wenig zur Seite rollte.

Das freiliegende künstliche Auge blinkte rot auf. Tayo zuckte zurück und stieß unabsichtlich wieder gegen den Kopf. »Im Namen des Herrn...«

Das Auge blinkte dreimal hektisch.

»Was soll das bedeuten?« Verblüfft wagte sich Tayo wieder näher heran. Das Auge blinkte nun nicht mehr; der Kopf lag wie tot da. Vorsichtig streckte Tayo die Hände aus und nahm ihn aus dem Strauch. Nichts passierte.

Neugierig betrachtete Tayo das Ding von allen Seiten. In der Stadt hatte es manch seltsame technische Relikte aus der westlichen Welt gegeben, aber so etwas hatte er noch nie gesehen.

»Wozu soll das gut sein?« Ratlos drehte Tayo das Gesicht des Kopfes wieder zu sich. »Hast du irgendeinen Nutzen? Kannst du mir vielleicht helfen, mein Blasrohr wiederzufinden?«

Das Auge blinkte einmal rot auf. Vor Schreck ließ Tayo den Kopf fallen. Er rollte über den leicht abschüssigen Dschungelboden und blieb einige Schritte entfernt vor einem kleinen Felsen liegen. Nachdem Tayo sich von seinem Schrecken erholt hatte, ging er zögernd hinterher. Er bückte sich, um den Kopf aufzuheben, und stellte fest, dass er in einer kleinen Kuhle lag – direkt neben dem Blasrohr!

Mit zitternden Fingern hob Tayo das Rohr auf und steckte es in den Beutel an seinem Gürtel. Dann sah er wieder zu dem zerstörten mechanischen Gesicht.

»Bist du... ein Zauberkopf?«, fragte er beeindruckt.

Das Auge blinkte einmal.

Tayo klemmte sich den Kopf unter den Arm und rannte zurück zu seinem Dorf, so schnell ihn die Beine trugen. Er würde Omahuviso den Zauberkopf bringen, und der Schamane würde endlich sein Talent erkennen. Immerhin hatten die Geister – oder gar der Herr selbst – Tayo auserwählt, dieses besondere Geschenk zu finden.

Er passierte den tropfenden Fels, eine auffällige steinerne Formation in der Nähe der Siedlung, von dem das Dorf seinen Namen hatte: Clan der Tropfen. Der Felsen selbst hatte die Gestalt eines fallenden Wassertropfens.

Der Legende nach sollte in früheren Zeiten Heilwasser aus dem Felsen gekommen sein. Doch das war schon lange her – Tayo konnte sich nicht daran erinnern, jemals etwas von diesem Heilwasser getrunken zu haben. Früher hatte man seinem Clan wegen des Heilwassers Bedeutung zugemessen. Aber auch das war schon lange her.

Natürlich zog Tayo erstaunte Blicke auf sich, als er mit dem Kopf unter dem Arm durch das Dorf rannte. Er achtete nicht darauf. Er fand Omahuviso vor seiner Hütte im Zentrum, wo der Schamane gerade an einem niedrigen Tisch damit beschäftigt war, irgendwelche Kräuter zu zerstampfen.

»Schau, was ich gefunden habe, Omahuviso – einen Zauberkopf!«

Der alte Schamane seufzte genervt, ohne den Blick zu heben. »Was schleppst du jetzt schon wieder an, Tayo? Ich habe keine Zeit für deine albernen Kindereien.«

»Es ist echt, großer Schamane. Es ist ein Zauberkopf, der Fragen beantwortet!«

Endlich sah Omahuviso auf – und stutzte. Er legte die Schale und den Stößel zur Seite und stand auf. »Wo hast du das gefunden?«

»In der Nähe der Stadt, in einem Blutstropfenstrauch. Der Zauberkopf hat mir geholfen, mein Blasrohr wiederzufinden, das ich verloren hatte.«

Der Schamane nahm Tayo den Kopf vorsichtig ab, drehte und wendete ihn. »Und du sagst, er kann sprechen?«

»Nein, es funktioniert anders. Man muss ihm eine Frage stellen, und dann antwortet sein Auge.«

Omahuviso zog die Augenbrauen hoch. »Sein Auge?«

»Ja, wirklich. Versuche es!« Tayo nickte eifrig. Mittlerweile hatte sich eine kleine Gruppe Neugieriger um sie geschart – Frauen und Kinder, denn die meisten Männer waren auf der Jagd.

Omahuviso blieb skeptisch. Er legte den Kopf vor sich auf den Tisch. »Also schön. Woran denke ich gerade, Kopf?«

»Nein, nein«, Tayo wedelte abwehrend mit der Hand, »so nicht. Du musst die Frage anders stellen. Wenn die Antwort Ja lautet, blinkt das Auge. Und du musst den Kopf dabei berühren, am besten in beide Hände nehmen.« Er machte es vor.

Ungeduldig schob Omahuviso die Unterlippe vor. »Ich habe keine Zeit für so einen Unsinn, im Namen des Herrn!«

Das Auge flackerte dreimal in rascher Folge. Alle Umstehenden keuchten erschreckt auf und wichen einen Schritt zurück.

»Das hat er schon mal gemacht, als ich den Herrn erwähnt habe!«, rief Tayo eifrig.

Ehrfurcht erfüllte plötzlich Omahuvisos Gesicht. Er nahm Tayo den Kopf wieder ab und hielt ihn genauso wie der junge Dunkle. »Bist du eine Gabe des Herrn?«

Das Auge flackerte einmal.

»Das heißt ›ja‹«, übersetzte Tayo hilfsbereit.

»Das weiß ich.« Unwillig wehrte Omahuviso die ausgestreckten Hände von Tayo ab, der den Kopf wieder an sich nehmen wollte. »Schließlich stehe ich als Schamane in Kontakt mit dem Herrn. Ich denke, dieser Kopf könnte ein Orakel sein, das auch jenen, die nicht von seinem Geist erfüllt sind, die Weisheit des Herrn zugänglich macht. Lasst mich versuchen, ob der Zauberkopf auch wirklich die Wahrheit spricht.« Er überlegte kurz, dann räusperte er sich. »Orakel, sage uns: Wird der Hunger im Dorf bald ein Ende haben?«

Alle hielten den Atem an. Diese Frage beschäftigte die Dörfler natürlich besonders.

Erst passierte nichts, dann flackerte das Auge einmal.

Erleichtertes Aufseufzen.

»Na schön.« Omahuviso war noch nicht überzeugt. »Dann warten wir ab, ob diese Prophezeiung auch –«

»Die Jäger sind zurück!«, rief ein kleiner Junge und wies aufgeregt zum Eingangstor. »Und sie haben reiche Beute dabei!«

Tatsächlich kehrte gerade ein Trupp Jäger heim, drei große Gazellenleiber an Stöcken mit sich tragend.

Jubel brach aus, von dem nicht ganz klar war, ob er der erfolgreichen Jagd oder dem Wunder des Orakels galt. Zahlreiche Hände reckten sich nach dem Kopf, den Omahuviso umklammert hielt. Alle wollten dem Orakel ihre Fragen stellen.

Omahuviso wies sie zurück. Er müsse sich zunächst mit dem Herrn darüber beraten, wie mit dem Kopf umzugehen sei, sagte er, ging in seine Hütte und nahm den Kopf mit. Die Leute verzogen sich murrend.

Tayo blieb vor der Hütte zurück. Er war unzufrieden.

Ich habe den Zauberkopf gefunden – und interessiert das jemanden? Ich habe herausgefunden, wie er funktioniert, und Omahuviso tut so, als wäre er ganz alleine darauf gekommen. Das ist nicht fair.

Am Abend verkündete Omahuviso, dass das Orakel fortan einen Platz in einer äußeren Wandnische des Dorftempels erhalten sollte – gut sichtbar vom Tempelvorplatz aus. Über ihn als Schamanen könnten künftig Fragen an das Orakel gestellt werden.

Damit waren alle zufrieden – außer Tayo. Nach der Versammlung, an deren Ende der Kopf feierlich an seinen neuen Platz gelegt worden war, trat er an Omahuviso heran.

»Was ist mit mir?«, fragte er trotzig. »Ich habe das Orakel gefunden. Zu mir hat es als Erstes gesprochen. Ich verlange, dem Orakel als Schamane dienen zu dürfen.«

Omahuviso sah ihn lange mit schrägem Kopf an. »Lass uns das Orakel dazu befragen.«

Sie gingen zu der Tempelnische. Mit einer großen Geste nahm der Schamane den Kopf in beide Hände. »O großes Orakel des Herrn – soll der junge Tayo dir als Schamane dienen?«

Nichts geschah. Das Auge blieb dunkel. Tayos Herz sank.

»Der Herr hat durch das Orakel verkündet, dass du eines Schamanen nicht würdig bist.« Omahuviso schüttelte bedauernd den Kopf. »Aber ich sehe, dass du dem Orakel dienen willst. Also sollst du künftig der Hüter des Orakels sein und seinen Schrein bewachen. Sorge dafür, dass sich niemand dem Zauberkopf nähert, der nicht würdig ist.«

Tayo strahlte. »Hüter des Orakels«, das klang gut. Besser zumindest als »Jäger«, wenn auch nicht so beeindruckend wie »Schamane«.

Omahuviso legte den Kopf sorgsam zurück, während Tayo zu seiner Familie eilte, um ihnen die frohe Botschaft zu verkünden. Er war der Einzige, der nicht bemerkte, dass er lediglich von einem Torwächter zu einem Tempelwächter geworden war.

Sechs Monate zuvor

Die Transportqualle glitt lautlos durch die Dunkelheit der Tiefsee. Normalerweise bevorzugte Quart'ol für die Reise mit dem bionetischen Gefährt eine Tiefe von etwa fünfzig Metern, um noch ausreichend Sonnenlicht zu erhaschen. Aber momentan hatte er das Bedürfnis, sich möglichst tief zu verstecken und in Dunkelheit zu hüllen. Er war froh, wenn sie nichts sahen – denn dann konnten auch sie selbst nicht gesehen werden.

Er warf dem Hydriten in dem goldenen Schulterharnisch an seiner Seite einen kurzen Blick zu. Ei'don wirkte nachdenklich und in sich gekehrt. Kein Wunder, schließlich hatte er kürzlich erst erfahren, dass er in seine Welt zurückgekehrt war – allerdings Jahrtausende nachdem ein Archivar ihn in eine Parallelwelt versetzt hatte.

Für Ei'don, der bei den Hydriten als Legende galt, hatte sich alles geändert.

Er hatte beschlossen, Hydriten und Mar'osianer zu vereinen und einen Friedensprozess einzuleiten. Allerdings waren sie sich einig, dass dieser Prozess nicht überstürzt werden durfte. Oder zumindest fast einig.

»Woran denkst du?«, fragte Quart'ol.

»Daran, dass viel Arbeit vor mir liegt.« Ei'don seufzte. »Und daran, dass unser Volk mich für eine Art Gott hält. Dieser Gedanke verursacht mir Unbehagen.«

»Verständlich. Das würde jedem so ergehen. Umso wichtiger, dass wir behutsam vorgehen, wenn wir dich dem Volk der Hydriten vorstellen.«