Madita 1 - Astrid Lindgren - E-Book

Madita 1 E-Book

Astrid Lindgren

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Beschreibung

Madita heißt eigentlich Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selbst Madita. Jetzt ist sie fast sieben und heißt immer noch so. Nur wenn sie etwas angestellt hat, wird sie Margareta genannt. Und sie wird ziemlich oft so genannt, denn auf Birkenlund kann man jeden Tag neue Abenteuer erleben und dabei eine ganze Menge anstellen …

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Über dieses Buch

Madita heißt eigentlich Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selbst Madita. Jetzt ist sie fast sieben und heißt immer noch so. Nur wenn sie etwas angestellt hat, wird sie Margareta genannt. Und sie wird ziemlich oft so genannt, denn auf Birkenlund kann man jeden Tag neue Abenteuer erleben und dabei eine ganze Menge anstellen …

Ein Sommertag auf Birkenlund

In dem großen roten Haus unten am Fluss, da wohnt Madita. Dort wohnen auch Mama und Papa und die kleine Schwester Elisabet, ein schwarzer Pudel, der Sasso heißt, und das Kätzchen Gosan. Und dann noch Alva. Madita und Elisabet wohnen im Kinderzimmer, Alva in der Mädchenkammer, Sasso in einem Korb auf dem Flur und Gosan vor dem Herd in der Küche. Mama aber wohnt beinah überall im Haus und Papa auch, wenn er nicht gerade in der Stadt ist und für seine Zeitung schreibt, damit die Leute dort etwas zu lesen haben.

Madita heißt eigentlich Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selber Madita. Und obwohl sie jetzt schon groß ist, fast sieben Jahre alt, heißt sie noch immer so. Nur wenn sie etwas angestellt hat und gerügt werden muss, dann wird sie Margareta genannt. Und sie wird ziemlich oft so genannt. Elisabet darf immer Lisabet heißen, sie braucht nur selten gerügt zu werden. Madita aber hat so viele verdrehte Einfälle und sie überlegt nie – außer hinterher. Dann bedauert sie, was sie getan hat, und ist traurig. Sie möchte so gern lieb und brav sein, und es ist ein Jammer, dass ihr das nicht immer glücken will.

»Diesem Kind kommen die Einfälle so rasch, wie ’n Ferkel blinzelt«, sagt Linus-Ida. Und das stimmt.

Linus-Ida kommt jeden Freitag zum Waschen und Scheuern. Heute ist Freitag, und Madita sitzt auf dem Steg am Fluss und guckt zu, wie Linus-Ida Wäsche spült.

Madita ist froh. Sie hat die Schürzentasche voller süßer, gelber Pflaumen und ab und zu isst sie eine. Und dabei planscht sie mit den nackten Füßen im Wasser und singt Linus-Ida ein Lied vor.

»ABCD,

die Katze saß im Klee,

die Katze saß im Klee, oje,

Scheiden, ach, Scheiden tut weh.

EFGH,

sagte sie da,

sagte sie da, oje,

Scheiden, ach, Scheiden tut weh.«

Dieses Lied hat Madita ganz allein gemacht, jedenfalls beinah. Ein Teil stammt aus Mamas alter Fibel und ein anderer aus einem Lied, das Alva immer beim Abwaschen singt. Madita findet, es passt auch gut zum Wäschespülen und Pflaumenessen.

Aber Linus-Ida findet das nicht.

»Hu, was für  ’n Gejaule!«, sagt sie. »Kannst du denn kein schöneres Lied, Madita?«

»Ich finde es schön«, sagt Madita. »Aber deine sind natürlich viel schöner. Sing doch mal das von Jesu Eisenbahn zum Himmel. Bitte, Ida!«

Aber das will Linus-Ida nicht, jedenfalls nicht beim Wä-schespülen. Und das ist ein wahrer Segen. Denn wenn Madita das Lied von Jesu Eisenbahn auch immer wieder gern hört, so muss sie doch jedes Mal dabei weinen. Ja, sie braucht nur daran zu denken wie jetzt, dann wird sie ganz still und bekommt feuchte Augen. Das Lied ist so traurig, es handelt von einem kleinen Mädchen, das glaubt, es könne mit der Eisenbahn zum Himmel hinauffahren und dort die tote Mutter wiedersehen – nein, Madita darf gar nicht daran denken. Alle Lieder, die Linus-Ida singt, sind traurig, eins wie das andere. Die Mütter sterben in einem fort, und die Väter sitzen nur immer im Wirtshaus und trinken so lange, bis die Kinder auch sterben. Dann gehen die Väter nach Hause und weinen und bereuen alles ganz schrecklich und schwören, nie wieder einen Tropfen zu trinken – aber das hätten sie sich lieber früher überlegen sollen.

Madita seufzt, dann angelt sie sich wieder eine Pflaume aus der Schürzentasche. Ach, sie ist so froh, dass ihre Mama lebt, dass sie dort in dem roten Haus ist. Jeden Abend, wenn Madita im Bett liegt und ihr »Müde bin ich, geh zur Ruh« aufgesagt hat, dann bittet sie den lieben Gott noch darum, dass Lisabet und sie selbst und Mama und Papa und Alva und Linus-Ida und Abbe Nilsson in den Himmel kommen, alle zusammen auf einmal. Am besten wäre es natürlich, wenn sie überhaupt nicht dahin zu kommen brauchten, meint Madita, sie haben es ja so gut zu Hause. Aber darum wagt sie den lieben Gott nicht zu bitten, er könnte sonst traurig werden.

Linus-Ida findet es ganz in Ordnung, dass man bei ihren Liedern weint.

»Da kannst du mal sehen, Madita«, sagt Ida, »da kannst du mal sehen, wie erbärmlich es Armeleutekindern geht. Dank du nur deinem Herrgott, dass du es hast wie der Spatz im Hanf.«

Freilich hat Madita es wie der Spatz im Hanf. Sie hat Mama und Papa und Lisabet und Alva und Linus-Ida und Abbe Nilsson und sie wohnt auf Birkenlund und ein schöneres Fleckchen kann es gar nicht geben.

Falls jemand Madita fragte, wie es da aussieht, dann würde sie vielleicht so antworten: »Och, das ist ein ganz gewöhnliches, rotes Haus. Eben ein Haus. Am schönsten ist es in der Küche. Da spielen Lisabet und ich in der Holzkiste und dann helfen wir Alva auch beim Backen. Ach nein, am schönsten ist es doch auf dem Dachboden, da spielen wir Verstecken, und manchmal verkleiden wir uns als Menschenfresser und spielen, dass wir die Leute auffressen. Aber auf der Veranda sein macht auch Spaß, da klettern wir durch die Fenster raus und rein und spielen Seeräuber, die auf einem Schiff rumturnen. Um das Haus herum stehen lauter Birken, da klettere ich auch drin herum, aber Lisabet nicht, denn dazu ist sie noch zu klein, sie ist ja erst fünf. Manchmal klettere ich auch auf das Dach vom Schuppen. Der ist rot gestrichen und steht ganz dicht bei Nilssons Zaun und darin ist der Holzstall und die Werkstatt und die Waschküche und die Mangelstube. Wenn man da oben auf dem Dach sitzt, dann kann man Nilssons in die Küche gucken. Das macht Spaß. Aber oben auf der Mangel zu sitzen und hin- und herzufahren, wenn Alva und Linus-Ida Wäsche rollen, macht auch Spaß. Am allerschönsten aber ist es am Fluss. Wir dürfen auf dem Steg spielen, denn da ist das Wasser nicht tief. Aber ein Stück weiter draußen, da wird es tief. Auf der anderen Seite vom Haus ist die Straße. Da haben wir eine Fliederhecke, damit uns niemand zugucken kann. Aber wir können hinter der Hecke liegen, und dann hören wir alles, was die Leute, die vorbeigehen, reden, und das ist doch famos, nicht?«

So ungefähr würde Madita erzählen, wenn man sie fragte, wie es auf Birkenlund aussieht.

Und es kommt tatsächlich vor, dass sie hinter der Hecke versteckt liegt und die Leute belauscht, die dort vorübergehen.

Dann hört sie manchmal, wie sie sagen:

»Nein, schau doch bloß mal, was für ein niedliches Kind!«

Dann weiß Madita, dass sie Lisabet entdeckt haben, die hoch oben auf der Gartenpforte thront und über das ganze Gesicht strahlt. Sich selbst hält Madita nicht für niedlich, aber sie hört mit großer Genugtuung, wenn die Leute es von Lisabet sagen. Alle finden Lisabet niedlich, auch Linus-Ida.

»Ich sag’s ja, ich sag’s ja, das Kind ist schön wie die Sünde«, sagt Linus-Ida.

»Zum Anbeißen ist sie«, sagt Madita und beißt Lisabet in den Arm, aber nur ein bisschen. Und dann lacht Lisabet, als ob Madita sie gekitzelt hätte.

Beinah alles an Lisabet ist weich und sanft und niedlich, aber sie hat kleine, scharfe Zähne, und damit beißt sie Madita so fest, wie sie sich traut, in die Backe.

»In dich kann man reinbeißen wie in  ’ne Gurke«, sagt sie und lacht noch viel toller.

An Madita ist nichts weich und sanft und niedlich. Aber sie hat ein liebes, sonnengebräuntes Gesicht, blaue Augen und dichtes braunes Haar. Und rank und schlank ist sie und geschmeidig wie eine Katze.

»Dass du ein Mädchen geworden bist, das muss reineweg  ’n Versehen sein«, sagt Linus-Ida. »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, an dir ist ein Jung’ verloren gegangen, das ist gewisslich wahr.« Madita aber ist höchst zufrieden damit, dass sie so aussieht, wie sie aussieht.

»Ich bin Papa ähnlich«, sagt sie, »und das find ich famos. Denn dann krieg ich bestimmt mal einen Mann.«

Lisabet bekommt es sofort mit der Angst, denn ach je, wenn sie nun keinen Mann abkriegt, denn sie sieht ja aus wie Mama, das sagen doch alle. Eigentlich ist es ihr ziemlich egal, ob sie mal heiratet oder nicht, aber wenn Madita später mal einen Mann hat, dann will sie auch einen haben. Sie will immer haargenau das haben, was Madita hat.

»Um an so was zu denken, bist du noch viel zu klein«, sagt Madita und streichelt Lisabet den Kopf. »Wart’s ab, bis du groß bist und zur Schule gehst wie ich.«

Dass Madita schon zur Schule geht, stimmt zwar nicht ganz, aber sie ist doch angemeldet und bis zum Schulanfang dauert es nur noch eine Weile.

»Vielleicht heirate ich auch gar nicht«, sagt Madita, um Lisabet zu trösten. Was am Heiraten so Besonderes sein soll, kann sie sowieso nicht begreifen. Aber wenn es nun durchaus sein muss, dann heiratet sie Abbe Nilsson, das steht fest. Abbe freilich weiß noch gar nichts davon.

Jetzt hat Linus-Ida ihre Wäsche fertig gespült und Madita hat all ihre Pflaumen aufgegessen. Da kommt Lisabet zum Steg hinuntergestapft. Sie hat auf der Veranda mit Gosan gespielt, aber nun ist es ihr langweilig geworden, und sie will gucken, was Madita tut.

»Madita«, sagt Lisabet, »was machen wir jetzt?«

»Zuerst und zuletzt

nimm eine Katz,

mach eine Hatz«,

sagt Madita. So muss man antworten, so antwortet Abbe auch immer.

»Haha«, lacht Lisabet, »hab ich ja schon gemacht. Mit Gosan … eine Hatz auf der Veranda. Hab sie am Schwanz gepackt!«

»Dann hau ich dich«, sagt Madita. »Wenn du Gosan am Schwanz gezogen hast, dann hau ich dich, das weißt du genau.«

»Hab ich ja gar nicht«, ruft Lisabet. »Ich hab sie kein bisschen gezogen. Ich hab sie nur am Schwanz festgehalten. Sie selber hat ganz furchtbar doll gezogen.«

Sogar Linus-Ida sieht streng auf Lisabet hinab.

»Aber, Lisabet, du weißt doch, wenn Kinder Tiere quälen, dann weinen die Engel im Himmel, dass es nur so runterplätschert.«

»Aber wenn Engel weinen, dann regnet es doch«, sagt Lisabet. »Und jetzt regnet es kein bisschen.«

Nein, jetzt regnet es nicht. Die Sonne scheint so warm, von den Wicken im Beet weht der süßeste Duft herüber, die Hummeln surren über das Gras und sacht und still fließt der Fluss an Birkenlund vorüber.

Man spürt am ganzen Leib, dass es Sommer ist, denkt Madita und planscht mit den Füßen im lauwarmen Wasser.

»Ich sag’s ja, ich sag’s ja, diese Hitze ist reineweg unnatürlich«, stöhnt Linus-Ida und wischt sich den Schweiß von der Stirn. »Es ist grad, als ob man die Wäsche im Nil spült, da unten im schwarzen Afrika, und nicht hier zu Hause in Schweden.«

Mehr hat Linus-Ida nicht gesagt, und mehr ist auch gar nicht nötig, damit in Madita ein Gedanke auftaucht. Ihr kommen ja die Einfälle so rasch, wie ein Ferkel blinzelt.

»Lisabet!«, ruft Madita. »Jetzt weiß ich, was wir machen! Wir spielen Moses im Schilf.«

Lisabet hopst vor Entzücken in die Höhe.

»Und ich bin Moses, ja?«

Da lacht Linus-Ida. »Du bist mir ein schöner Moses!«

Doch dann muss Linus-Ida die Wäsche aufhängen gehen und Madita und Lisabet bleiben allein am Ufer des Nils zurück.

Abends, nachdem Mama im Kinderzimmer die Lampe ausgepustet hat und alles ganz still ist, erzählt Madita ihrer kleinen Schwester Geschichten. Manchmal erzählt sie ihr von Ge-spenstern und Mördern, aber dann kommt Lisabet immer zu Madita ins Bett gekrochen, denn sonst fürchtet sie sich. Manchmal erzählt Madita aber auch Geschichten aus der Bibel, die sie von Linus-Ida gehört hat. Und darum weiß Lisabet auch sehr gut, wer Moses ist. Sie weiß, dass er in einem Korb im Wasser gelegen hat, und dann ist Pharaos Tochter gekommen, die Prinzessin in Ägyptenland war, und hat ihn da gefunden.

Moses im Schilf spielen, das macht bestimmt mächtig viel Spaß. Am Flussufer steht ein leerer Waschzuber, genau das Richtige für Moses … Lisabet klettert sofort hinein.

»Nein«, ruft Madita, »der Zuber darf doch nicht auf dem Land stehen, dann ist es doch nicht Moses im Schilf! Los, steig wieder aus, Lisabet!«

Lisabet gehorcht und Madita wuchtet den Zuber ins Wasser. Der Zuber ist schwer, aber Madita ist stark. Viel Schilf gibt es ja nicht im Fluss, aber gerade vor dem Giebel der Waschküche wächst ein großes Büschel. Wenn es dort nicht stände, dann könnte man von dem Steg aus, der zu Birkenlund gehört, Nilssons Steg sehen, aber so kann man es nicht. Madita findet das schade, aber Mama findet es gut so. Mama findet wohl, je weniger man von Nilssons zu sehen bekommt, desto besser ist es; warum, weiß kein Mensch. Die Augen hat man doch wohl, um damit so viel wie möglich zu sehen. Aber jetzt passt es gut, dass dieses Schilfbüschel dort wächst, denn sonst hätte Moses kein Schilf, worin er liegen könnte.

Den Zuber dorthin zu schieben und zu zerren, ist anstrengend. Madita und Lisabet mühen sich ab, bis sie krebsrot im Gesicht sind, aber endlich ist es geschafft und der Zuber schwimmt mitten im Schilf.

Lisabet klettert sofort wieder hinein und setzt sich darin zurecht. Aber plötzlich wird sie ganz still und sieht recht bekümmert aus.

»Madita«, sagt sie, »weißt du was, Madita? Ich hab ganz nasse Hosen.«

»Ach, die trocknen gleich wieder«, sagt Madita, »sobald ich dich gerettet hab.«

»Dann rette mich schnell«, sagt Lisabet. Und das verspricht Madita ihr. Eigentlich könnte sie sofort damit anfangen, aber da guckt sie an ihrer gestreiften Schürze hinunter. Nein, so kann Pharaos Tochter unmöglich angezogen sein, so sieht doch keine richtige Prinzessin aus.

»Wart mal ein bisschen«, sagt Madita. »Ich bin gleich wieder da. Ich will bloß Mama was fragen.«

Aber Mama ist nicht zu Haus, sie ist zum Markt gegangen. Und Alva ist im Keller. Da bleibt Madita nichts anderes übrig, als sich selber ein Kleid zu suchen, wie es für eine Prinzessin passt. Sie schaut sich suchend um. Auf einem Haken im Schlafzimmer hängt Mamas Morgenrock. Er ist hellblau und aus Seide. Madita probiert ihn an, oh, er ist wunderschön. Vielleicht hatte Pharaos Tochter, als sie damals zum Fluss hinunterging, genauso einen an, aber einen Schleier hatte sie sicherlich auch …

Madita kramt im Wäscheschrank und findet dort eine weiße Tüllgardine, die sie sich über das Haar legt. Dann beguckt sie sich im Wandspiegel. Oh, sie ist schön, so schön, dass sie geradezu eine Gänsehaut kriegt. Genauso muss Pharaos Tochter ausgesehen haben!

Lisabet hat es in ihrem Waschzuber inzwischen ganz gemütlich gehabt, wenn auch ziemlich nass. Das Schilf wiegt sich im Wind, die Libellen flitzen blau zwischen den Stauden hindurch und rings um den Zuber schwimmen winzige Fischchen im Wasser. Lisabet lugt über die Kante zu ihnen hinunter.

Da kommt Madita in Mamas Morgenrock durchs Wasser gewatet. Sie hat ihn bis unter die Arme hochgerafft.

Auch Lisabet findet, dass Madita nun genauso aussieht wie Pharaos Tochter, und sie lacht vergnügt. Jetzt kann das Spiel beginnen.

»Hier liegst du also, kleiner Moses«, sagt Madita.

»Ja, hier lieg ich«, sagt Lisabet. »Kann ich nicht dein kleiner Junge sein?«

»Doch, das kannst du«, sagt Madita. »Aber erst muss ich dich aus diesem Zuber retten. Wer hat dich denn da reingelegt?«

»Ich mich selber«, antwortet Lisabet.

Aber da sieht Madita sie streng an und flüstert ihr zu: »Das hat meine Mama getan, damit Pharao mich nicht umbringt.«

Lisabet spricht es gehorsam nach.

»Dann freust du dich wohl, kleiner Moses, dass du jetzt bei mir sein darfst, wo ich doch so fein bin?«

»Ja, mächtig«, versichert Lisabet.

»Und du wirst jetzt auch fein werden und kriegst neue Sachen«, sagt Madita.

»Und trockene Hosen«, sagt Lisabet. »Weißt du was, Madita? Ich glaub, der Zuber hat ein Loch.«

»Psst, still«, sagt Madita. »Weißt du, Moses, gleich kommen die Krokodile und die fressen Kinder auf. Das Beste wird wohl sein, ich rette dich sofort.«

»Apselut«, sagt Lisabet.

Aber ein Kind aus dem Nil zu retten, ist ziemlich schwierig, das merkt Madita bald. Lisabet hängt wie ein schwerer Klumpen Blei auf ihrem Rücken und der Morgenrock rutscht und will dauernd ins Wasser tauchen.

»’ne Masse Krokodile gibt’s hier«, keucht Madita und wankt auf das Ufer zu. »Ich glaub, ich trag dich doch lieber zu Nilssons Steg, der ist näher.«

»Da steht Abbe«, sagt Lisabet.

Madita bleibt wie angewurzelt stehen.

»So?«, sagt sie. »Lass mich los, Lisabet, du kannst jetzt allein weitergehen.«

Doch das will Lisabet nicht.

»Aber das kann ich doch nicht. Ich bin doch Moses!«

Und sie klammert sich so fest, wie sie nur kann, an Maditas Hals.

»Ich trau mich nicht wegen der Krocketiere«, beteuert sie.

»Hier gibt’s keine Krokodile«, erklärt Madita. »Wir spielen nicht mehr. Los, runter mit dir!«

Aber Lisabet will trotzdem nicht und da wird Madita böse. Lisabet klammert sich nur noch fester an ihren Hals. Trotzdem wäre es für Madita leicht, sich zu befreien, wenn sie nur nicht auf Mamas Morgenrock achtgeben müsste. Der rutscht und rutscht und will dauernd ins Wasser tauchen und sie muss ihn mit beiden Händen hochhalten. Und darum kann sie nur ein paar wütende Hopser machen, um Lisabet abzuschütteln.

Und auf Nilssons Steg steht Abbe und feixt.

»Hopst bloß nicht ins Schlundloch«, sagt er und spuckt ins Wasser.

Madita weiß sehr gut, dass der Fluss an einer Stelle bei Nilssons Steg klaftertief ist, klar, sie kennt das Schlundloch. Aber jetzt ist sie wütend auf Lisabet und denkt nur daran, sie abzuschütteln. Darum hüpft sie und bockt und schlägt aus wie ein wildes Fohlen und achtet nicht darauf, wohin sie hopst.

»Aber ich trau mich doch nicht wegen der Krocketi…«, piepst Lisabet von Neuem. Weiter kommt sie nicht, dann hört man nur noch ein Plätschern. Madita und Lisabet sind im Schlundloch verschwunden.

Vielleicht wären sie für immer dort unten geblieben, vielleicht hätte es in Birkenlund keine kleinen Mädchen mehr gegeben, wenn nicht Abbe zufällig dort gestanden hätte.

Seelenruhig greift er nach dem Bootshaken, der auf dem Steg liegt, und schiebt ihn ins Wasser, dahin, wo das Schlundloch ist. Und Abbe hat Anglerglück. Als er den Haken wieder einholt, hängen zwei kleine pitschnasse Mädchen daran. So rasch es nur geht, krabbeln sie auf den Steg und Lisabet brüllt dabei wie am Spieß.

»Psst, still!«, sagt Madita. »Sei doch ruhig, Lisabet, sonst dürfen wir nie wieder am Fluss spielen.«