Mein Geschäft... - Franz Kafka - E-Book

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Kafka Franz

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Phantastisches und Unheimliches, Paradoxes und Absurdes: Kafka beschreibt die unglaublichsten Sachverhalte nüchtern und minutiös. Grenzbereiche werden ausgeleuchtet, existenzielle Grund- oder Ausnahmesituationen in unvergessliche Bilder gefasst. Seine Texte haben die gleiche Intensität wie Träume. »Es ist das Schicksal und vielleicht auch die Größe dieses Werks, dass es alle Möglichkeiten darbietet und keine bestätigt« (Albert Camus).

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Seitenzahl: 42

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Franz Kafka

[Mein Geschäft …]

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

[Mein Geschäft …]

Mein Geschäft ruht ganz auf meinen Schultern. Zwei Fräulein mit Schreibmaschinen und Geschäftsbüchern im Vorzimmer, mein Zimmer mit Schreibtisch, Kassa, Beratungstisch, Klubsessel und Telephon, das ist mein ganzer Arbeitsapparat. So einfach zu überblicken, so leicht zu führen. Ich bin jung und die Geschäfte rollen vor mir her, ich klage nicht. Ich klage nicht. Seit Neujahr hat ein junger Mann die kleine leerstehende Nebenwohnung, die ich ungeschickter Weise so lange zu mieten gezögert habe, frischweg gemietet. Auch ein Zimmer mit Vorzimmer, außerdem aber noch eine Küche. Zimmer und Vorzimmer hätte ich wohl brauchen können, meine zwei Fräulein fühlen sich schon manchmal überlastet, – aber wozu hätte mir die Küche gedient. Dieses kleinliche Bedenken war daran schuld, daß ich mir die Wohnung habe wegnehmen lassen. Nun sitzt dort dieser junge Mann. Harras heißt er. Was er dort eigentlich macht weiß ich nicht. Auf der Tür steht nur »Harras, Bureau«. Ich habe Erkundigungen eingezogen, man hat mir mitgeteilt es sei ein Geschäft ähnlich dem meinigen, vor Kreditgewährung könne man nicht geradezu warnen, denn es handle sich doch um einen jungen aufstrebenden Mann, dessen Sache vielleicht Zukunft habe, doch könne man zum Kredit auch nicht geradezu raten, denn gegenwärtig sei allem Anschein nach kein Vermögen vorhanden. Die übliche Auskunft, die man gibt, wenn man nichts weiß. Manchmal treffe ich Harras auf der Treppe, er muß es immer außerordentlich eilig haben, er huscht förmlich an mir vorüber, genau gesehn habe ich ihn noch gar nicht, den Bureauschlüssel hält er schon vorbereitet in der Hand, im Augenblick hat er die Tür geöffnet, wie der Schwanz einer Ratte ist er hineingeglitten, und ich stehe nur wieder vor der Tafel »Harras, Bureau«, die ich schon viel öfter gelesen habe, als sie es verdient. Die elend dünnen Wände, die den ehrlich tätigen Mann verraten, den Unehrlichen aber decken. Mein Telephon ist an der Zimmerwand angebracht die mich von meinem Nachbar trennt, doch hebe ich das bloß als besonders ironische Tatsache hervor, selbst wenn es an der entgegengesetzten Wand hieng, würde man in der Nebenwohnung alles hören. Ich habe mir abgewöhnt, den Namen der Kunden beim Telephon zu nennen, aber es gehört natürlich nicht viel Schlauheit dazu, aus charakteristischen aber unvermeidlichen Wendungen des Gesprächs die Namen zu erraten. Manchmal umtanze ich, die Hörmuschel am Ohr, von Unruhe gestachelt, auf den Fußspitzen den Apparat, und kann es doch nicht verhüten daß Geheimnisse preisgegeben werden. Natürlich werden dadurch beim Telephonieren auch meine geschäftlichen Entscheidungen unsicherer, meine Stimme zittrig. Was macht Harras, während ich telephoniere? Wollte ich sehr übertreiben, aber das muß man oft, um sich Klarheit zu verschaffen, so könnte ich sagen: Harras braucht kein Telephon, er benutzt meines, er hat sein Kanapee an die Wand gerückt und horcht, ich dagegen muß, wenn geläutet wird zum Telephon laufen, die Wünsche des Kunden entgegennehmen, schwerwiegende Entschlüsse fassen, großangelegte Überredungen ausführen, vor allem aber während des Ganzen unwillkürlich durch die Zimmerwand Harras Bericht erstatten. Vielleicht wartet er gar nicht das Ende des Gespräches ab, sondern erhebt sich nach der Gesprächsstelle die ihn über den Fall genügend aufgeklärt hat, huscht nach seiner Gewohnheit durch die Stadt und ehe ich die Hörmuschel aufgehängt habe, ist er vielleicht schon daran, mir entgegenzuarbeiten.

Anhang

Editorische Notiz

Textgrundlage: Franz Kafka, ›Schriften, Tagebücher, Briefe‹, Kritische Ausgabe, herausgegeben von Jürgen Born, Gerhard Neumann, Malcolm Pasley, Jost Schillemeit und Gerhard Kurz, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1982ff. Entstehung: März 1917. Druckvorlage: Handschrift.

Daten zu Leben und Werk

1883

3. Juli: Franz Kafka wird in Prag als ältestes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka und seiner Frau Julie, geborene Löwy, geboren.

 

1889–1893

Besuch der Deutschen Volks- und Bürgerschule am Fleischmarkt in Prag.

 

1893–1901

Besuch des humanistischen Deutschen Gymnasiums in der Prager Altstadt. Abschluss mit dem Abitur.

 

1901

Im Herbst Beginn des Studiums an der Deutschen Universität Prag, zunächst kurz Chemie, dann Jura; nebenbei kunstgeschichtliche Studien.

 

1902

Sommersemester: Studium der Germanistik, Wintersemester: Fortsetzung des Jurastudiums. Erste Begegnung mit Max Brod.

 

1903

Im Sommer: Staatsprüfung in Rechtsgeschichte, anschließend Sanatoriumsaufenthalt zunächst bei Dresden, dann in Südböhmen.

 

1904

Beginn der Arbeit an Beschreibung eines Kampfes.

 

1905

Im Sommer Sanatoriumsaufenthalt in Zuckmantel, ab Winter regelmäßige Zusammenkünfte mit den Freunden Max Brod, Oskar Baum und Felix Weltsch.

 

1906

Volontariat in einem Rechtsanwaltsbüro. 18. Juni: Promotion zum Dr. juris.

Ferien in Zuckmantel, ab Herbst einjährige Rechtspraxis, zunächst am Land-, danach am Strafgericht.

 

1907

Arbeit an Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. Ab Herbst Aushilfskraft in den »Assicurazioni Generali« in Prag.

 

1908

Juli: Eintritt als Aushilfsbeamter in die »Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag«. Engere Freundschaft mit Max Brod. Erste Publikation von acht Prosastücken (aus dem späteren Band Betrachtung) in der von Franz Blei herausgegebenen Zeitschrift ›Hyperion‹.

 

1909

Zahlreiche Dienstreisen und Ferienreise mit Max und Otto Brod an den Gardasee. Arbeit an