Meine teuflisch gute Freundin - Hortense Ullrich - E-Book

Meine teuflisch gute Freundin E-Book

Hortense Ullrich

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Beschreibung

Eine turbulente Liebesgeschichte zwischen himmlischen Gefühlen und höllisch viel Stress! Es ist sterbenslangweilig in der Hölle! Lilith hat echt die Nase voll. Ihr Vater ist zwar der Teufel, der Meister des Bösen, aber ihr Alltag besteht nur aus Theorie. Ätzend! Also schließt sie mit ihrem Paps einen teuflischen Pakt: Sie hat eine Woche, auf der Erde einen Menschen zum Bösen zu bekehren. Klappt es, darf sie dortbleiben. Aber wenn sie scheitert, droht ihr ein Job in der höllischen Buchhaltung. Für immer! Zunächst läuft alles wie geschmiert. Bis Lilith sich verliebt. Verliebt?! Teufel können sich doch gar nicht verlieben! Oder? Plötzlich ist die Hölle los …

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Hortense Ullrich

Meine teuflisch gute Freundin

 

 

Über dieses Buch

 

 

Eine turbulente Liebesgeschichte zwischen himmlischen Gefühlen und höllisch viel Stress!

 

Es ist sterbenslangweilig in der Hölle! Lilith hat echt die Nase voll. Ihr Vater ist zwar der Teufel, der Meister des Bösen, aber ihr Alltag besteht nur aus Theorie. Ätzend! Also schließt sie mit ihrem Paps einen teuflischen Pakt: Sie hat eine Woche, auf der Erde einen Menschen zum Bösen zu bekehren. Klappt es, darf sie dortbleiben. Aber wenn sie scheitert, droht ihr ein Job in der höllischen Buchhaltung. Für immer! Zunächst läuft alles wie geschmiert. Bis Lilith sich verliebt. Verliebt?! Teufel können sich doch gar nicht verlieben! Oder?

Plötzlich ist die Hölle los …

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Hortense Ullrich hat über 70 Bücher für Kinder und Jugendliche geschrieben, von denen es 140 Übersetzungen in 25 Sprachen gibt. Mit einer Gesamtauflage von über 4 Millionen Exemplaren gehört sie zu den erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Sie hat als Journalistin gearbeitet und schreibt Drehbücher für Kinofilme. Hortense Ullrich ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebte acht Jahre in New York. Heute wohnt sie in Bremen.

Dank an Leandra Ullrich für die Mitarbeit

Willkommen in der Hölle!

Nein, kein Scherz, echt jetzt: Ich lebe in der Hölle.

Ich bin Lilith und mein Vater ist der Teufel. Wortwörtlich. Kein Spruch. Paps ist der Leibhaftige, der Fürst der Finsternis, der Meister des Bösen. Der Boss. Und: Er nervt.

Ständig nörgelt er an mir herum. Er nennt es ‹Erziehung›, ich nenne es ‹Einmischung in mein Privatleben›.

Etwa, wenn er mir wieder einen Vortrag hält: «Wenn du morgens dein Outfit zusammenstellst, häng die Kleider, die du nicht willst, zurück in den Schrank und wirf sie nicht einfach auf den Boden. Die bilden inzwischen eine Hügellandschaft in deinem Zimmer.»

Oder: «Es stehen immer mindestens fünf halb leergetrunkene Mineralwasserflaschen in deinem Zimmer herum. Wieso? Schmeckt dir nur die obere Hälfte des Wassers?»

Ja, so ist es! Aber er regt sich auch darüber auf, dass Teller mit Essensresten in meinem Zimmer rumstehen. Na und? Wen stört’s? Okay, einige Reste haben bereits einen Pelzüberzug, aber hey, solange sie nicht davonkriechen, kann es ihm doch egal sein. Ist schließlich mein Zimmer!

Also, ihr seht, selbst der Teufel hat so seine Schwierigkeiten mit seiner Teenager-Tochter. Und eins sag ich euch: Die Tochter des Teufels zu sein ist alles andere als cool! Und in der Hölle zu leben wird auch überbewertet.

Weiß nicht, wie ihr euch die Hölle vorstellt, aber wir leben im obersten Stockwerk eines riesigen Bürohochhauses mitten im Geschäftsviertel, mit spektakulärem Blick über die Stadt. Welche Stadt? Sorry, darf ich leider nicht sagen. Betriebsgeheimnis.

Mein Vater hat den Standort der Hölle in die Großstadt verlegt. Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist besser, das kulturelle Angebot attraktiver, die Einkaufsmöglichkeiten schier unendlich und – wir sind näher an unseren Kunden.

Unsere Firma hat sieben Abteilungen, für jede Todsünde eine. Unsere Mitarbeiter sind sehr fleißig, dafür sorgt mein Vater. Meist hält er sich in der Kommandozentrale auf. Das Herzstück der Hölle. Dort herrscht immer geschäftiges Treiben. Aktuelle Meldungen von Umweltkatastrophen und Verbrechen aus aller Welt erscheinen auf Monitoren, werden analysiert, und der Stand der globalen bösen Energie wird gemessen und notiert. Ungefähr so wie die Aktienkurse an der Börse. Mitarbeiter in dunklen Anzügen eilen umher, über Headphones nehmen sie Informationen entgegen und geben Anweisungen, immer hektisch und gestresst und ängstlich darauf bedacht, bloß keine Fehler zu machen. Ja, man kann die Angst, die sie vor meinem Vater haben, förmlich riechen. Aber er ist kein Unmensch, er legt Wert auf ein nettes Ambiente, auf ansprechende Atmosphäre in der Hölle.

Sein Innenarchitekt hat große und kleine Gefäße dekorativ überall im Raum verteilt. Aber nicht für Blumen oder so – es lodern Flammen heraus. Für Paps bedeutet ein nettes Ambiente halt, alle in Angst und Schrecken zu versetzen. Er ist schließlich der Teufel. Interesse daran, meinen Vater in Aktion zu sehen?

Mit einnehmenden Schritten durchquerte der Teufel die Kommandozentrale der Hölle.

«Und? Haben wir die Welt wieder ein bisschen böser gemacht?», erkundigte er sich mit dröhnender Stimme bei seinem Assistenten, der versuchte, mit ihm Schritt zu halten.

«Wir bemühen uns, Meister, wir bemühen uns …»

«Was macht der deutsche Markt? Wie sind die Zahlen?»

Der Assistent scrollte eiligst durch sein Tablet und berichtete: «Hervorragend! Plus 2,3 Prozent! Vor allem in den Großstädten sind unsere Mitarbeiter höllisch erfolgreich. In Frankfurt ist die böse Energie um 4 Prozent gestiegen!»

Der Teufel war nicht beeindruckt. «Was ist mit den kleineren Orten?»

«Auch nicht schlecht! Zum Beispiel in Villingen-Schwenningen: plus 0,3 Prozent! Oberursel: plus 0,7!»

Abrupt blieb der Teufel stehen, drehte sich empört zu seinem Angestellten und brüllte: «Wie mickrig ist das denn? Schicken Sie da sofort mehr Drogendealer hin!»

Der Assistent erwiderte: «Aber Meister, Politessen und Finanzbeamte, das reicht doch auch schon …»

Der Teufel riss ihm das Tablet aus der Hand und schaute nun selbst nach. «MINUS 1,5 Prozent in Birkenbrunn?!» Wütend hielt er seinem Assistenten das Tablet vor die Nase.

Der Mitarbeiter schluckte und stammelte: «Das, äh … ist einer unserer Problemfälle. Ein kleines Städtchen mit sehr friedlichen Einwohnern – ekelhaft! Wir tun aber alles, um die gute Stimmung zu vergiften.»

Der Teufel knallte ihm verärgert das Tablet vor die Brust. «Offenbar nicht genug!»

Der Assistent nahm das Tablet, schluckte betreten und schaute zu Boden.

«Bereiten Sie das Treffen mit den Nordkoreanern vor», herrschte der Teufel ihn an, drehte sich um und setzte seinen Weg Richtung Aufzug fort.

«Ja, Meister», murmelte der Assistent und schlich davon.

Der Teufel war alles andere als zufrieden.

 

Lilith, ein bildhübscher Teenager, saß an ihrem Schreibtisch. Die Blässe ihrer Haut wurde durch ihre knallroten Lippen noch hervorgehoben. Ihre Miene war unbewegt, nahezu eisig. Gelegentlich flackerten für Millisekunden kleine Flämmchen in ihren Augen auf.

Sie hatte sich über ihren Laptop gebeugt und wartete ungeduldig.

Pling. Eine neue Chatanfrage.

Unicorn13: Meine beste Freundin ist übelst sauer auf mich! Ist es okay, wenn ich über sie lästere???

Lilith verdrehte die Augen. Mann, wie lahm ist die denn?, dachte sie. Die braucht ja echt Nachhilfe im Bösesein!

Wieso nur lästern???, schrieb sie. Verbreite fiese Gerüchte über die Alte. Mach sie fertig!

Und: Senden.

Zufrieden mit ihrer Antwort, biss sie von einer Lakritzschlange ab und wartete auf die nächste Anfrage.

Liliths Gedanken wurden von gedämpften Lauten aus einer Ecke ihres Zimmers unterbrochen. Genervt wandte sie ihren Blick in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Dort saß ihr Privatlehrer. An einen Stuhl gefesselt, mit einem Klebeband über dem Mund. Liliths Werk.

Als sie ihn ansah, bemühte er sich um einen autoritären Gesichtsausdruck. Nun, so autoritär, wie es eben möglich ist, wenn man gerade von seiner Schülerin außer Gefecht gesetzt wurde. Als sie ihn unbeeindruckt und abschätzig betrachtete, wurde sein gebrummter Protest noch heftiger und empörter. Langsam ging er Lilith damit auf die Nerven. Was tun? Sie überlegte kurz, dann drehte sie die Musik lauter. Sehr viel lauter.

Pling, neue Chatanfrage. Lilith wandte sich wieder ihrem Laptop zu, arbeitete weiter. Teenager wurden schließlich nicht von alleine böse, da musste sie schon nachhelfen.

 

Währenddessen fuhr der Teufel übellaunig im Aufzug hoch in die Etage, in der seine Privaträume lagen. Seine Laune besserte sich nicht, als er ausstieg und bereits auf dem Flur von dröhnend lauter Musik empfangen wurde. Er knurrte und knirschte mit den Zähnen. Lilith!

Verärgert machte er sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Mit strenger Miene trat er ein, doch sein Auftritt blieb ohne Wirkung: Lilith saß mit dem Rücken zu ihm, war mit ihrem Laptop beschäftigt, und die Musik war hier drin schier unerträglich laut.

Als Liliths Lehrer den Teufel bemerkte, schöpfte er neue Hoffnung, sah den Teufel flehentlich an und begann wieder, verzweifelte Laute von sich zu geben.

Lilith quittierte den neu erwachten Protest ihres Lehrers nur mit einem «Halt die Fresse!».

Mit einer einzigen magischen Handbewegung ließ der Teufel Liliths Laptop zuknallen, und die Musik erstarb.

Lilith zuckte ertappt zusammen und drehte sich dann in ihrem Drehstuhl um.

«Paps!»

«Was soll das?», fuhr der Teufel seine Tochter an.

Lilith bemühte sich um ein unschuldiges Lächeln. «Ich mach ein Päuschen.»

«Und er?», erwiderte der Teufel und deutete mit dem Kopf auf den geknebelten Lehrer.

Lilith warf ihm nur einen kurzen Blick zu, zuckte mit den Schultern und antwortete lapidar: «Er wollte kein Päuschen machen.»

Der Lehrer fing wieder an zu rumoren.

«Er redet auch echt viel», kommentierte Lilith genervt.

«Das ist seine Aufgabe. Er ist dein Lehrer!»

Eine weitere magische Handbewegung des Teufels, und die Fesseln des verzweifelten Lehrers lösten sich. Der riss sich sofort das Klebeband vom Mund, sprang auf und bat den Teufel erschöpft: «Darf ich kündigen?»

Der Teufel blickte ihn nicht mal an. «Nein.»

«Bitte», flehte der Lehrer.

In keiner Stimmung, mit ihm zu diskutieren, entgegnete der Teufel: «Wo waren Sie stehengeblieben?»

Der Lehrer zögerte. Um seiner Frage Nachdruck zu verleihen, ließ der Teufel seine Augen kurz aufglühen. Eingeschüchtert drehte sich der Lehrer sofort zur Tafel, an der die sieben Todsünden aufgelistet waren, und deutete darauf.

«Wir waren bei den sieben Todsünden und wie man sie verwenden kann, um Menschen vom Pfad der Tugenden abzubringen.»

Lilith äffte ihn genervt nach.

Die Nervosität des Lehrers stieg, als der Teufel ihn eindringlich ansah.

«Fein», sagte der Teufel schließlich und wandte sich dann an Lilith. «Nenn mir ein Beispiel, wie du Neid einsetzen würdest!»

Lilith stöhnte, stand dann aber auf und durchquerte den Raum, während sie dozierte.

«Neid funktioniert bei vielen Menschen prima über materielle Güter. Nehmen wir zum Beispiel dieses Designerkleid …» Sie drehte sich um die eigene Achse, und – plopp – trug sie ein cooles schwarzes Kleid. «Das wollen ja alle haben! Aber kaum eine kann es sich leisten. Also geh ich mit ein paar Mädels shoppen, mach mich über ihre Klamotten lustig und animiere sie zum Klauen. Glaub mir, sie werden zuschlagen. Und wenn sie’s einmal getan haben, machen sie’s immer und immer wieder. Tadaa – böse!»

Sichtlich stolz auf Liliths Antwort, sah der Teufel den Lehrer an. Dann wandte er sich wieder streng an seine Tochter: «Was ist nicht erlaubt?»

Lilith seufzte. «Magie.» Mit einem Fingerschnipsen machte sie ihre Zauberei wieder rückgängig, das Designerkleid verschwand, und sie trug wieder ihr altes Outfit. Dann leierte sie die teuflischen Regeln runter: «Wir dürfen nur locken und verführen. Der Mensch muss sich freiwillig entscheiden, den Weg des Bösen zu gehen.»

Erneut zeigte sich väterlicher Stolz auf dem Gesicht des Teufels. Er sah den Lehrer an. «Prima, klappt doch.»

Lilith fauchte ihren Vater ärgerlich an: «Sag ich ja, ich kann das alles! Lass mich jetzt endlich zu den Menschen, Papa! Ich bin so weit!»

Liliths Ton ihm gegenüber war dem Teufel ein wenig peinlich vor dem Lehrer. Er versuchte es mit einem lässig dahingemurmelten «Teenager!» zu überspielen.

Der Lehrer stand noch neben der Tafel, seine Tasche umklammernd und auf weitere Befehle wartend.

«Sie können jetzt gehen», sagte der Teufel.

«Für immer?», fragte der Lehrer hoffnungsvoll.

Der Teufel sah ihn gereizt an. «Sie haben die Wahl! Sie unterrichten meine Tochter – oder Sie stauben im Keller Akten ab.»

Ohne zu zögern, antwortete der Lehrer: «Ich nehme die Akten!» und verließ fluchtartig das Zimmer.

Wenig beeindruckt von dem, was gerade passiert war, wandte sich Lilith an ihren Vater.

«Also, darf ich jetzt zu den Menschen?»

«Nein! Ich such dir jetzt einen neuen Privatlehrer, und zwar einen strengeren als diesen Hanswurst.»

Lilith protestierte: «Ich will aber keinen neuen Lehrer, ich brauch Action! Ich hab keine Lust, immer nur im Internet böse zu sein!»

Der Teufel sah seine Tochter streng an und ging drohend auf sie zu. «Lilith, das sage ich dir nun zum letzten Mal. Du bist zu jung für die Arbeit des Teufels! Wir reden darüber, wenn du 18 bist!»

«Nein!» Wütend stampfte Lilith mit dem Fuß auf. Das hatte eine Stichflamme zur Folge, die den Teppich in Brand setzte. Schnell trat Lilith das Feuer wieder aus, aber nun zierte ein schwarzes Brandloch den weißen Teppich.

Der Teufel schnappte nach Luft, es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen. Wütend blitzte er Lilith noch einmal an, fauchte ein verärgertes «Kinder!» und verließ das Zimmer.

Okay, ist jetzt irgendwie blöd mit dem Loch im Teppich. Tut mir auch ein bisschen leid, denn Paps liebt das Teil. Genaugenommen ist es auch kein Teppich, sondern das Fell des letzten Nepal-Mammuts. «Für das Ding habe ich Dschingis Khan die Herrschaft über die Mongolen gegeben!», erzählt er immer.

Ja, Paps, schon gut, du bist der Größte, machst ganz tolle Deals.

Aber: Wenn er so an dem Ding hängt, wieso hat er es dann in mein Zimmer gelegt und, noch entscheidender: Wieso macht er mich wütend, wenn ich gerade drauf stehe? Er weiß doch, was passiert, wenn ich mich aufrege. Feuer ist nun mal mein Element. Normalerweise lodern einfach nur kleine Flämmchen in meinen Augen auf, und okay, das Mit-dem-Fuß-Aufstampfen sollte ich mir eigentlich schon längst abgewöhnt haben, aber trotzdem: Er ist selber schuld! Wieso darf ich nicht zu den Menschen? Ich bin sehr wohl schon so weit! Ich habe ewig im Chat trainiert und dort bewiesen, dass ich unglaublich gut darin bin, Menschen dazu zu bringen, etwas Böses zu tun.

Aber er kann nicht loslassen, will sein «kleines Mädchen» einfach nicht aus dem Haus lassen. So ein Weichei! Dabei ist er doch der Teufel! Zu allem Überfluss außerdem ein ziemlich nerviger Pedant. Alles muss seine Ordnung haben. Selbst das Bösesein.

Geht es dabei nicht auch um Chaos? Chaos ist gut, es bringt Menschen aus der Balance. Guter Ansatzpunkt für uns. Aber er hält mir immer wieder denselben Vortrag:

«Wir haben Vorschriften und Regeln, an die wir uns halten. Wir sind ehrliche Leute.»

Damit meint er, dass wir den freien Willen der Menschen respektieren müssen.

Unsere Aufgabe ist es, die Schwachstellen der Leute zu finden und damit zu arbeiten: dem Hochmut, der Gier, dem Neid, dem Zorn, der Faulheit, der Wollust und der Völlerei. Den sieben Todsünden eben. Dafür braucht man Menschenkenntnis und Geduld. Seiner Meinung nach zumindest.

«Wir sind nicht an schnellen Erfolgen interessiert, sondern an langfristigen», betont er jedes Mal.

Ja, ja, ja! Weiß ich alles! Kenne ich alles! Habe ich alles schon auswendig gelernt. Es ist ätzend öde in der Hölle. Ich muss da endlich raus!

Ich brauche einen Plan!

Mitten in der Nacht hatte Lilith einen Geistesblitz. Schnurstracks marschierte sie in das Schlafzimmer ihres Vaters. Der lag im Bett und schlief tief und fest. Lilith setzte sich neben ihn und leuchtete ihm mit der Taschenlampe ihres Handys direkt ins Gesicht. Als der Teufel erwachte, erschrak er wie ein kleines Mädchen.

«Paps, ich bin’s», beruhigte ihn Lilith und fuhr gleich fort: «Folgendes: Du lässt mich für ein Jahr zu den Menschen, auf Probe. Ich such mir ein nettes Plätzchen, New York, L.A., was auch immer, und ich beweis dir, dass ich schon genauso böse bin wie du.» Erwartungsvoll sah sie ihren Vater an.

«Zur Hölle, Lilith, was soll das?»

Der Teufel war nicht bereit, ein solches Gespräch im Schlafanzug in seinem Bett zu führen, das war ja geradezu würdelos! Er klatschte zweimal in die Hände, und Lilith blickte nun auf ein leeres Kopfkissen. Das Licht war angegangen, Mozarts «Kleine Nachtmusik» erklang. Lilith sah sich suchend nach ihrem Vater um.

Der saß nun in einem Ledersessel am anderen Ende seines Schlafzimmers, in einen eleganten Morgenmantel gehüllt, mit einem Glas Whisky in der Hand, während er genüsslich an einer Zigarre zog. Nun fühlte er sich wieder wohl. Er war bereit für das Gespräch mit seiner Tochter.

Lilith stand vom Bett auf und marschierte zu ihm hinüber. «Also?»

Der Teufel überlegte kurz und antwortete dann: «Okay.»

Lilith war sichtlich verwirrt von seiner schnellen Zustimmung. «Wie jetzt?»

«Ich lass mich darauf ein.»

Freudig rannte Lilith die letzten Schritte auf ihren Vater zu und machte Anstalten, ihn zu umarmen. Der Teufel stoppte sie mit einem strengen Blick und bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung, sich in den Sessel ihm gegenüber zu setzen.

«Aber wir verkürzen das Jahr auf eine Woche, und ICH bestimme den Ort und die Person, die du dazu bringen sollst, Böses zu tun.» Lauernd sah er seine Tochter an.

Die fragte spöttisch: «Nur eine Person?»

Der Teufel nickte, und Lilith fing an, breit zu grinsen. Dann hielt sie plötzlich inne und sah ihren Vater misstrauisch an. «Wo ist der Haken?»

«Kein Haken», antwortete der Teufel. «Wenn du so gut bist, wie du denkst, darfst du im Außendienst bleiben. Und wenn nicht … arbeitest du zusammen mit deinem ehemaligen Lehrer im Aktenkeller. Für immer.»

«Das würdest du mir antun?!»

«Ich bin der Teufel, oder?»

Lilith zögerte kurz, dann streckte sie ihrem Vater entschlossen die Hand hin. «Deal.»

Der Teufel musterte seine Tochter und schlug ein.

Lilith strahlte: Ihr Plan war aufgegangen, yay! Das war sehr viel einfacher gewesen, als sie erwartet hatte.

Unmerklich lächelte aber auch ihr Vater. Der Teufel hatte ebenfalls einen Plan …

 

Bereits am nächsten Tag saßen Lilith und ihr Vater im Fond einer schwarzen Luxuslimousine mit dunkel getönten Scheiben und waren unterwegs zu dem Ort, an dem Lilith eine Woche lang Zeit haben würde, ihr teuflisches Können unter Beweis zu stellen. Der Teufel selbst hatte die Vorbereitungen getroffen. Der Chauffeur war instruiert, wohin er seinen Chef und dessen Tochter fahren sollte, doch Lilith wusste nicht, wohin die Reise ging; ihr Vater hatte Freude daran, sie im Ungewissen zu lassen. Er hatte ein paar Unterlagen für Lilith zusammengestellt, da sie eine falsche Identität annehmen musste. Denn davon abgesehen, dass bei den Menschen die Bereitschaft, die Tochter des Teufels bei sich aufzunehmen, nicht sehr groß gewesen wäre, sollte niemand wissen, wer Lilith wirklich war und dass sie aus der Hölle kam.

Während der Fahrt studierte Lilith die Unterlagen. Dann blickte sie verwirrt auf.

«Moment mal – ich komme aus Saarlouis? Was ist das denn?»