Meine Wahrheit 1 -  - E-Book

Meine Wahrheit 1 E-Book

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Beschreibung

Alle 14 Tage neu! Hier sind die dramatischen Geschichten aus dem wahren Leben, authentisch und voller Emotionen! Jede Menge ergreifende Schicksale und aufregende Bekenntnisse – aktuell, ehrlich und persönlich. Jetzt wird endlich mal deutlich Klartext geredet! Geschichte 1: Mein Vater hat einen Fehler gemacht, trotzdem stehe ich zu ihm Es war an einem Freitagabend. Ich war direkt von der Uni nach Hause zu meinem Vater gefahren. Denn ich hatte schon seit Tagen versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Aber sein Handy war abgeschaltet. Deshalb hatte ich mir Sorgen um ihn gemacht. Als ich versuchte, die Haustür aufzuschließen, stellte ich fest, dass mein Schlüssel nicht mehr passte. Völlig verdattert läutete ich und staunte nicht schlecht, als mir eine fremde Person öffnete. Zuerst dachte ich, Vater hätte eine Haushälterin eingestellt. Aber so sah sie nun wirklich nicht aus. Eher wie einem Modeheft entsprungen.

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Inhalt

Geschichte 1

Geschichte 2

Geschichte 3

Geschichte 4

Geschichte 5

Geschichte 6

Geschichte 7

Geschichte 8

Geschichte 9

Geschichte 10

Geschichte 11

Geschichte 12

Meine Wahrheit –1–

50 Seiten Private Bekenntnisse

Roman von Diverse Autoren

Geschichte 1

Mein Vater hat einen Fehler gemacht, trotzdem stehe ich zu ihm

Roman von Vanessa F.

Es war an einem Freitagabend. Ich war direkt von der Uni nach Hause zu meinem Vater gefahren. Denn ich hatte schon seit Tagen versucht,

ihn telefonisch zu erreichen. Aber sein Handy war abgeschaltet. Deshalb hatte ich mir Sorgen um ihn gemacht.

Als ich versuchte, die Haustür aufzuschließen, stellte ich fest, dass mein Schlüssel nicht mehr passte. Völlig verdattert läutete ich und staunte nicht schlecht, als mir eine fremde Person öffnete. Zuerst dachte ich, Vater hätte eine Haushälterin eingestellt. Aber so sah sie nun wirklich nicht aus. Eher wie einem Modeheft entsprungen.

Sie trug ein beigefarbenes Kaschmirkostüm, darunter eine rosa Seidenbluse. Um ihren Hals schmiegte sich eine dicke Perlenkette. Ihr Haar war kastanienrot gefärbt und unnatürlich auftoupiert. Ihre Nägel knallrot lackiert und so lang, dass sie damit garantiert keinen Finger im Haushalt rühren konnte. Außerdem roch sie so aufdringlich nach Parfüm, als käme sie direkt aus einem orientalischen Haremspalast.

Diese Frau war mir auf den ersten Blick unsympathisch. Ich wusste instinktiv, dass von ihr nichts Gutes ausging.

»Hallo, Vanessa. Ich bin Rebecca, die zukünftige Frau deines Vaters«, stellte sie sich ohne Umschweife vor.

»Die zukünftige Frau meines Vaters?«, wiederholte ich ungläubig.

Ihre Worte trafen mich wie ein Hammer. Denn ihr Ton war der eines Feldwebels und ihr Gesichtsausdruck wie in Stein gemeißelt. Nicht einmal der Anflug eines Lächelns war darin auszumachen.

»Ja, die zukünftige Frau deines Vater! Was ist daran so unglaublich?«, zischte sie.

Fassungslos starrte ich sie an. Ich konnte einfach nicht glauben, was sie da behauptete. Vater hatte doch immer zu mir gesagt, dass er sich nach dem Tod meiner Mutter nie wieder an eine andere Frau binden könnte.

Mama war gestorben, als ich gerade mal siebzehn Jahre alt gewesen war. Dass sie plötzlich nicht mehr da war, tat Vater und mir unglaublich weh. Denn sie war ein so liebevoller, sanfter und gütiger Mensch gewesen, wie man ihn nur selten fand. Es hatte lange gedauert, bis ich über ihren Tod hinweg war. Aber Vater war noch längst nicht so weit. Zumindest hatte es damals für mich den Anschein gehabt. Umso verblüffter war ich, dass er offenbar doch wieder an eine Heirat dachte.

»Tut mir leid! Aber ich bin etwas überrascht, Sie hier vorzufinden. Mein Vater hat mir gegenüber mit keinem Wort erwähnt, dass es wieder eine Frau in seinem Leben gibt. Wo ist er überhaupt? Und wieso passt mein Haustürschlüssel nicht mehr? Schließlich wohne ich immer noch hier«, sprudelte es aus mir heraus.

»Das ist mal wieder typisch für Manfred. Er hat eben keinen Hintern in der Hose, wenn es darum geht, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Sonst hätte er dir endlich von mir erzählt. Schließlich sind wir schon ein halbes Jahr zusammen. Deshalb bin ich auch hier eingezogen. Und darum wohnst du ab jetzt nicht mehr hier. Dein Zimmer gehört von nun an meiner Tochter. Den Rest solltest du dir von deinem Vater erklären lassen. Du findest ihn in der Firma. Er hat noch zu arbeiten«, fauchte sie und knallte mir die Tür vor der Nase zu.

Wie in Trance setzte ich mich wieder in mein Auto und fuhr zum Pharmaunternehmen meines Vaters.

*

Dad, das kann nicht dein Ernst sein, bei allem Verständnis für deine Situation! Keiner weiß besser als ich, wie einsam du dich gefühlt hast. Aber diese Frau muss es doch nun wirklich nicht sein. Die passt doch überhaupt nicht zu dir«, bestürmte ich ihn.

»Das verstehst du nicht, Vanessa«, wand er sich.

»Dann erklär es mir bitte!«, forderte ich.

»Rebecca ist eine starke Frau. Sie gibt mir wieder Halt. Und sie ist sehr geschäftstüchtig. Sie ist meine rechte Hand in der Firma«, erklärte er.

»Deine rechte Hand, was soll das bedeuten? Hast du ihr etwa eine Vollmacht erteilt? Die hatte nicht mal Mama«, überschlug sich meine Stimme fast.

»Schätzchen, jetzt beruhige dich doch! Ich hab das schon alles im Griff. Auf Rebecca ist Verlass. Ich habe ihr bereits die komplette Buchhaltung übertragen, und alles läuft wie geschmiert«, sagte er.

Verlass auf diese Frau? Wie konnte er ihr nur trauen? Man sah ihr die Verschlagenheit doch schon auf den ersten Blick an.

»Und nach unserer Hochzeit werde ich sie als Geschäftsmitinhaberin einsetzen«, gab er mir auch gleich noch zu verstehen.

Als ich das hörte, schien ich ins Bodenlose zu stürzen. »Aber Dad! Was wird dann aus mir? Ich bin deine Tochter. Solange ich denken kann, hast du dir gewünscht, dass ich irgendwann mit dir gemeinsam die Firma leite. Deshalb studiere ich Betriebswirtschaft und Management. Hast du das völlig vergessen?«, hielt ich ihm vor.

»Natürlich wirst du nach deinem Studienabschluss auch in der Firma mitarbeiten. Aber so weit ist es ja noch nicht. Und bis dahin wird mir Rebecca zur Seite stehen«, verkündete er.

Während er das sagte, sah ich ihm tief in die Augen. Ein nervöses Flackern lag in ihnen, was mich an seinen Worten zweifeln ließ.

»Und was sagst du dazu, dass deine Rebecca mich aus meinem Elternhaus hinausgeworfen hat? Du weißt ja bestimmt, dass sie das Türschloss hat austauschen lassen. Oder warst du es etwa selbst?«, fragte ich ihn.

»Ach, Vanessa! Ich…«, stammelte er und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Was denn, Dad?«, schluchzte ich nun.

»Rebecca ist… ein wenig kompliziert. Außerdem ist sie total auf ihre Tochter fixiert. Ina ist erst fünfzehn Jahre alt. Lass ihr Zeit, bitte!«, flehte er.

»Ich verstehe dich nicht, Dad. Ich dachte, du liebst mich«, brachte ich fast tonlos hervor.

»Das tue ich! Aber im Moment bin ich dabei, mein Leben neu zu ordnen. Das hast du auch getan, Vanessa. Seitdem du studierst, fühle ich mich einsamer denn je. Ich brauche wieder Halt, wieder eine Familie, um die ich mich kümmern kann. Du bist erwachsen und lebst doch schon längst dein eigenes Leben«, versuchte er eine Begründung.

»Und das bedeutet nach neustem Stand, dass ich keinen Zutritt mehr zu meinem Elternhaus habe?«, hakte ich empört nach.

»Wie ich schon sagte, lass Rebecca noch etwas Zeit. Es wird sich alles finden. Da bin ich mir sicher. Vorerst ist es aber besser, wenn du zurück nach Dortmund fährst. Ich habe schon einen Scheck für dich ausgestellt. Er ist so hoch, dass du dir eine nette kleine Wohnung kaufen und sie nach deinen Vorstellungen einrichten kannst. Darüber hinaus werde ich wie bisher für dein Studium und deinen Lebensunterhalt aufkommen. Es soll dir an nichts fehlen, mein Schatz. Wir werden in ständigem Kontakt bleiben. Und wenn du das Studium beendet hast, werden wir meine Firma gemeinsam leiten«, versicherte mein Vater mir noch einmal.

*

Nur wenige Wochen später heiratete er Rebecca. Ich war zur Hochzeit zwar eingeladen, aber von Rebecca nur ungern gesehen. Das hatte sie mich deutlich spüren lassen. Ina dagegen war ein nettes, aufgeschlossenes Mädchen. Sie schien so gar nicht nach ihrer Mutter zu kommen. Vater hatte sich erhofft, dass die Kleine es schaffen könnte, aus ihrer Mutter und mir doch noch Freundinnen zu machen.

Ich durfte von nun an sogar jeden zweiten Sonntag zu Besuch kommen. Doch Rebecca machte nur gute Miene zum bösen Spiel. Sie wollte mich jedes Mal so schnell wie möglich wieder loswerden. Aber das machte mir mit der Zeit kaum noch etwas aus. Ich hatte mich an diesen Zustand gewöhnt. Rebecca ständig zu begegnen, wäre mir ohnehin zuwider gewesen.

Egal, wie sehr sie mich hasste, mein Vater stand zu seinem Wort. Offensichtlich bewies er seiner Frau gegenüber doch mehr Rückgrat, als ich erwartet hatte. Ich erhielt weiterhin regelmäßig meinen monatlichen Unterhaltsscheck. Ich hatte eine schöne Wohnung, nette Freunde und die Aussicht auf einen glänzenden Hochschulabschluss. Und last, but not least, hatte ich das Versprechen meines Vaters, danach in die Firma einsteigen zu können.

Ich war inzwischen sogar so blauäugig, zu glauben, dass er mir eines Tages sein Unternehmen ganz und gar übergeben würde. Ich hatte meine Rechnung allerdings ohne Rebecca gemacht. Denn ich hatte ja keine Ahnung, dass Vater in seiner Firma schon längst nicht mehr das Sagen hatte. Er war nur noch eine Marionette, deren Fäden von dieser Teufelin gezogen wurden.

*

Im Anschluss an die Beendigung meines Studiums hoffte ich darauf, dass mein Vater sein Versprechen einlösen würde. Ich war voller Elan und freute mich unsagbar darauf, von nun an mit ihm zusammenzuarbeiten. Doch Vater wich mir aus.

»Manfred war also mal wieder zu feige, die Karten auf den Tisch zu legen. Nun, dann werde ich das für ihn erledigen müssen«, flötete Rebecca mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen.

So erfuhr ich schonungslos von ihr, dass mein Vater mich quasi enterbt hatte. Damit war mir der Eintritt in seine Firma, die ihm längst nur noch zu vierzig Prozent gehörte, verwehrt. Und falls ihm etwas zustoßen sollte, würde ich von seinem verbleibenden Anteil an der Firma nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten. Alles andere, wozu auch das Haus und sämtliche Bargeldanlagen und Wertpapiere gehörten, fielen Rebecca zu.

»Du bist doch auf das Vermögen deines Vaters gar nicht angewiesen, liebste Vanessa. Wenn man einen so großartigen Hochschulabschluss hat wie du, wird man in jedem Unternehmen mit offenen Armen empfangen«, hatte sie scheinheilig gesagt.

Nach der Unterhaltung mit ihr ersparte ich es mir, meinen Vater zur Rede zu stellen. Ich war mir sicher, dass er am Boden zerstört war. Dass er das alles nur getan hatte, weil diese Teufelin ihn unter Druck gesetzt hatte. Denn seit Mamas Tod, war mein Vater nie wieder der alte gewesen. Er war ein gebrochener Mann. Und Rebecca hatte das schamlos ausgenutzt, um an sein Vermögen zu kommen. Ich wusste nur noch nicht wie.

*

Da ich meinen Hochschulabschluss mit einer glatten Eins hingelegt hatte, standen mir tatsächlich viele Türen offen. Seit einem Jahr arbeitete ich in einer europaweit agierenden Unternehmensberatung. Ich hatte mich dort glänzend eingearbeitet und stieg die Karriereleiter zügig nach oben. Ich war viel unterwegs. Das kam mir sehr gelegen, denn es lenkte mich von meinem familiären Problem ab.

Der Kontakt zu meinem Vater war inzwischen gänzlich abgebrochen. Als wir das letzte Mal miteinander telefoniert hatten, war er nervlich total fertig gewesen. Am Ende hatte er sogar geweint, weil er sich dafür schämte, wie er mich ausgebootet hatte. Deshalb hatte er mich gebeten, ihn einfach zu vergessen. Das konnte ich natürlich nicht. Egal, was geschehen war, er war immer noch mein Vater. Und ich liebte ihn noch genauso wie früher. Denn ich wusste, dass Rebecca für die schlimmen Geschehnisse verantwortlich war.

Ich hatte schon lange den Gedanken, dass sie etwas gegen ihn in der Hand hatte, womit sie ihn erpresste. Auf die Art hatte sie ihn zur Hochzeit gezwungen und sich mein Erbe erschlichen. Ich hätte meinem Vater so gern geholfen, gegen Rebecca vorzugehen. Doch solange er meine Hilfe nicht suchte, waren mir die Hände gebunden. Also hoffte ich weiter, dass er sich doch noch auf mich besinnen würde.

*

Es vergingen einige Monate, in denen ich nichts von ihm hörte. Bis ich in der Zeitung von seinem schrecklichem Unfall las. Er war auf einer Landstraße frontal gegen einen Baum gefahren. Er war schwer verletzt. Aber Gott sei Dank lebte er noch.

Der Unfall war schon vor einigen Tagen geschehen. Doch Rebecca hatte mich nicht informiert. Erst im Krankenhaus erfuhr ich, dass man meinen Vater ins künstliche Koma versetzt hatte, um seinen Organismus zu entlasten. Darüber hinaus war er querschnittgelähmt und würde es auch bleiben. Das war ein solcher Hammer für mich, dass ich fast ohnmächtig vor Wut und Hass zu Rebecca fuhr.

»Wie konntest du es wagen, mir Dads Unfall zu verschweigen?«, schrie ich sie an.

Sie wollte mich nicht ins Haus lassen. Doch ich ließ mich nicht abweisen. Diesmal nicht! Ich war so aufgebracht, dass ich ihr am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Als sie meinen entschlossenen Gesichtsausdruck wahrnahm, ließ sie mich dann doch eintreten.

»Was regst du dich so auf? Du kannst ihm sowieso nicht helfen. Er wird ein Krüppel bleiben. Der Versager wollte sich tatsächlich das Leben nehmen. Aber nicht mal dazu ist er fähig. Jetzt habe ich neben der Firma auch noch einen Pflegefall an der Backe. Aber glaubt bloß nicht, dass ich das mitmache«, keifte sie.

In diesem Augenblick konnte ich nicht anders. Ich holte aus und schlug Rebecca mit voller Wucht ins Gesicht. Sie taumelte rückwärts, wäre fast gestürzt. Aber sie fing sich wieder und lachte mich aus.

»Willst du mich umbringen? Das schaffst du nicht. Denn du bist genauso feige wie dein Vater! Er hat mich nicht aus Liebe geheiratet, sondern aus Angst, dass ihn ein falsches Wort von mir in der Öffentlichkeit, ins Gefängnis bringen könnte«, giftete sie.

»Wie bitte? Was redest du denn da?« Meine Stimme überschlug sich.

»Dein Vater war in kriminelle Geschäfte verwickelt. Und ich habe es herausgefunden«, fauchte sie.

»Das glaube ich nicht! Mein Vater ist der ehrlichste Mensch, den ich kenne«, stieß ich hervor.

»Wie man sich doch täuschen kann. Ob du es wahrhaben willst oder nicht, dein Vater hat so einiges zu verbergen, meine Liebe«, behauptete sie.

»Wie ich schon sagte. Ich glaube dir kein Wort«, stieß ich hervor.

»Er hätte seine Leute besser kontrollieren sollen. Zwei von ihnen haben ihn um ganz schön viel Geld geprellt«, fuhr sie ungerührt fort.

»Was?«, keuchte ich.

»Ja. Ich kann das alles beweisen. Der Einkäufer machte nämlich hinter dem Rücken deines Vaters Geschäfte mit windigen Arzneimittelstoffhändlern aus dem Ausland. Er kaufte minderwertige Stoffe ein. Und der Buchhalter fälschte die Rechnungen, indem er einen wesentlich höheren Betrag einsetzte. Den Gewinn aus den faulen Geschäften teilten sich die beiden. Zu diesem Zweck hatte der Buchhalter extra ein Zwischenkonto eingerichtet, um die Buchungen zu verschleiern. So bin ich darauf gekommen. Wenn er nicht überraschend gestorben wäre, und Manfred mich nicht eingestellt hätte, wären die beiden noch ewig mit der Nummer durchgekommen«, brüstete sie sich.

»Und damit hast du meinen Vater erpresst?«, wollte ich von ihr wissen.

»Ich habe ihn lediglich über die Tatsachen informiert. Und ihn gleichzeitig an den Skandal mit den Billigbrustimplantaten erinnert. Da bekam er es mit der Angst zu tun. Denn die minderwertigen Stoffe wurden ja tatsächlich verarbeitet und die Medikamente in den Handel gebracht«, erklärte Rebecca.

»Ich glaube dir kein Wort. Dad hätte doch sofort Anzeige erstattet«, verteidigte ich ihn.

»Hat er eben nicht. Denn selbst wenn die minderwertigen Pillen keinen Schaden angerichtet haben sollten, hätte man deinem Vater die Erlaubnis zur Herstellung von Arzneimitteln entzogen. Dann hätte er von einem Tag auf den anderen ohne Existenzgrundlage dagestanden. Mehr noch. Man hätte ihn garantiert angeklagt«, stellte sie in den Raum.

»Aber er wusste doch nichts davon«, warf ich ein.

»Wie naiv bist du eigentlich? Das hätte ihm doch keiner abgenommen. Er ist der Firmenchef. Wer, wenn nicht er, sollte wissen, was seine Angestellten tun. In Fällen wie diesen kennt die Staatsanwaltschaft keine Gnade. Tja, Schätzchen, wenn die Bombe jetzt doch noch platzt, ist die Firma futsch und dein Vater wandert womöglich in den Knast. Wahrscheinlich würde ihn nicht mal der Rollstuhl davor schützen«, machte sie mir Angst.

»Was hast du vor? Willst du ihn ans Messer liefern, um ihn loszuwerden?«, schrie ich Rebecca an.

»Was hätte ich davon, deinen Vater anzuzeigen? Wie gesagt, mit der Firma wäre es vorbei. Warum sollte ich also eine Kuh schlachten, die noch Milch gibt? Nein. Ich werde mich lediglich von ihm zurückziehen. Ich habe ein Haus in der Toskana gekauft. Es ist wunderschön da. Ich wollte schon immer mit Ina dort leben«, schwärmte sie förmlich.

»Wer soll dann die Firma leiten? Du kannst meinen Dad doch nicht damit allein lassen«, krächzte ich.

»Was für eine Frage, Vanessa? Du bist doch da. Du solltest dich von nun an um deinen Vater kümmern, ihn pflegen. Und was die Firma anbetrifft, finden wir auch eine Lösung. Es war doch immer dein Traum, bei deinem Vater einzusteigen. Jetzt hast du die Möglichkeit dazu. Ich werde dich zur Geschäftsführerin ernennen. Du hast freie Hand, solange das Unternehmen gewinnbringend arbeitet«, sagte sie.

Rebecca nutzte wirklich jede Gelegenheit, um mich zu demütigen.

»Und wenn ich dein großzügiges Angebot ablehne?«, wollte ich von ihr wissen.

»Darüber solltest du gar nicht erst nachdenken. Denn dann müsste ich mich doch dafür entscheiden, zur Polizei zu gehen«, erpresste sie mich.

»Aber man könnte dich selbst belangen. Schließlich bist du seit Jahren Mitwisserin«, setzte ich ihr die Pistole auf die Brust.

»Dann werde ich behaupten, dass dein Vater mir gedroht hat, falls ich ihn anzeige. Ich hatte große Angst vor ihm. Doch jetzt, wo er im Rollstuhl sitzt und mir nicht mehr gefährlich werden kann, wage ich es, endlich die Wahrheit zu sagen«, antwortete sie mit dem unschuldigsten Gesichtsausdruck, den ich je bei ihr gesehen hatte.

*

Es war ein Schock für mich, von Rebecca zu erfahren, warum mein Vater sie geheiratet hatte. Denn was hatte er für sich dadurch wirklich gut gemacht? Er hatte seinem Ruf nicht schaden wollen, okay. Er selbst hatte sich ja auch nichts zuschulden kommen lassen. Er war kein Betrüger, der skrupellos Menschen in Gefahr brachte. Doch so hätte man ihn in der Öffentlichkeit mit Sicherheit hingestellt. Und Rebecca, diese Teufelin, hatte ihre Chance gesehen und genutzt. Dad hatte sich von ihr unter Druck setzen lassen und damit nicht nur den Großteil seiner Firma verloren, sondern auch noch sein Leben zerstört. Er musste völlig fertig gewesen sein, keinen Ausweg aus seiner schlimmen Situation mehr gesehen haben, sonst hätte er doch niemals versucht, sich das Leben zu nehmen.

Obwohl ich ihm böse bin, dass er mir nicht die Wahrheit gesagt hat, liebe ich ihn immer noch. Nein, ich werde meinen Vater nicht im Stich lassen! Besonders jetzt nicht, wo er mich mehr denn je braucht.

– ENDE –

Geschichte 2

Aus Neid und Missgunst vertrieb ich alle Freunde

Roman von Martina P.

Ich kann mich nicht rühmen, ein guter Mensch zu sein. Im Gegenteil: Mit meinem Neid habe ich alle meine Beziehungen zerstört, die mir jemals wichtig gewesen sind. Außerdem habe ich diverse Jobs verloren. Das konnte doch so nicht weiter gehen!

Nun war er also da, mein fünfzigster Geburtstag. Seufzend machte ich mich fein. Ich legte sogar vor dem Spiegel noch Lippenstift auf. Tja, und so saß ich in meinem Wohnzimmer, in roter Spitzenbluse und grauer Samthose auf dem cremefarbenen Sofa. Frisch frisiert, aber einsam und allein.

Vor mir standen eine Tasse Kaffee und ein Stück Erdbeertorte. Genießen konnte ich beides nicht. Bisher hatte ich trübsinnige Gedanken mit hektischer Betriebsamkeit verscheucht. Aber an diesem Tag, in der Mitte meines Lebens, tat sich ein gähnender Abgrund vor mir auf. Um mich herum war nichts als schwarze Leere.

Niemand würde mir gratulieren, kein Besucher war zu erwarten. Ich hatte alle meine Beziehungen zerstört. Das war die traurige Bilanz meines bisherigen Lebens. Wie sollte es nur weitergehen? Mich packte die nackte Angst.

*

Mein Leben lang bin ich Einzelkämpferin gewesen. Das fing schon ganz früh in der Kindheit an. Immer wollte ich die Allerbeste sein. So war ich schnell als Streberin bekannt. Und was noch schlimmer war: Ich konnte nicht ertragen, wenn jemand etwas Schönes besaß, das ich nicht hatte. Und das kam täglich vor, denn meinen Eltern ging es finanziell nicht gerade rosig.

Meine Mutter putzte in Arztpraxen, mein Vater hielt die Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Während die anderen Kinder im Schlaraffenland lebten, so erschien es mir jedenfalls, gab es bei uns immer nur Bratkartoffeln mit Spiegeleiern oder Eintopfgerichte.

Wenn eine Mitschülerin etwas besser konnte als ich, schaute ich neidisch zu, wie sie es machte. Mein Ehrgeiz zwang mich dann, so lange zu üben, bis ich ebenso gut war. Wenn mir das nicht gelang, schwärzte ich die Bessere bei den Lehrern an.

»Gunda hat meinen Ranzen ausgekippt«, habe ich zum Beispiel gejammert, obwohl ich selbst daran schuld war, dass alle Hefte und Bücher auf dem Boden lagen. Ich hatte ihn so hingestellt, dass er umkippen musste.

Aber meine Mitschülerin Gunda wurde ins Klassenbuch eingetragen, und ich verspürte klammheimliche Freude. Denn Gunda hatte nicht nur bessere Noten als ich, sie kam auch aus einer besonders reichen Familie.

Bei uns war das Geld immer knapp, sodass jeder Kauf genau überlegt werden musste.

Ich erinnere mich noch ganz genau an die Sache mit dem Federmäppchen. Ich war gerade in die dritte Klasse gekommen. Gunda zog ein Federmäppchen aus hellem Leder aus dem Schulranzen. Es sah so edel und fein aus, dass ich vor Neid glühte. Meine Stifte lagen in einem hässlichen abgegriffenen Mäppchen, das meine Mutter irgendwo gebraucht aufgetrieben hatte. Von Anfang an hatte ich es nicht gemocht. Aber jetzt, als ich Gundas Mäppchen sah, hasste ich mein eigenes noch mehr.

»Wo hast du das her?«, fragte ich Gunda und deutete auf ihr Mäppchen.

Sie nannte den Namen eines feinen Ledergeschäfts. Nervös kaute ich den Rest der Schulstunde auf meinen Nägeln und überlegte, wie ich ebenfalls so ein schönes Teil bekommen konnte. Leider wusste ich nur zu genau, welches Gesicht Mama bei meiner Bitte machen würde. Wie sie den Kopf schütteln und mir erklären würde, dass meine Stifte sehr gut in dem alten Ding lagen.