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Im Zentrum des Dramas steht der schwedische Reformator Olaf Pettersson, bekannt unter dem Namen Olaus Petri. Im 16. Jahrhundert, einer Zeit unerbittlicher Haltungen und und strenger Herrschaft, kämpft er für die Freiheit des Volkes und die Demokratisierung der Kirche. In seinem Streben wird er gehasst und ausgebeutet. Seine eigene Mutter verfluch ihn und der König benutzt ihn als Bauern im herrschaftlichen Ränkespiel. Die einzigen, die ihn von ganzem Herzen unterstützen, sind seine Frau Christina und der Buchdrucker Gert. Olafs Kampf um die Erneuerung des Alten nimmt eine unerwartete Wendung, als er von einer Verschwörung erfährt und sich entscheiden muss, wie er sich verhält... -
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Seitenzahl: 162
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August Strindberg
Schauspiel in fünf Aufzügen
Übersezt von Ernst Brausewetter
Saga
Meister Olaf
Übersezt von Ernst Brausewetter
Titel der Originalausgabe: Mäster Olof
Originalsprache: Schwedisch
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1895, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788728137918
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Der erste Aufzug spielt in Strengnaes, die folgenden in Stockholm.
Zeit: Zwischen 1519–1540.
Rechts und links vom Zuschauer aus angenommen.
In Strengnaes.
Ein Kreuzgang vor der Universität mit Baumanpflanzungen. Im Hintergrunde eine Mauer, über der blühende Fruchtbäume von hinten emporragen.
Olaf sitzt auf einer Steinbank; vor ihm zwei Schüler, die ihre Rollen zu »Tobiae Comödia« studieren. Dann Laurentius Petri.
Erster Schüler. »In unsrer Feinde Macht wir nun stehn;
Wie wird es doch Israels Kindern gehn!«
Zweiter Schüler. »Ach lieber Bruder, was sollen wir klagen,
Da mitten wir sind in des Jammers Tagen –
Fort sind unsre Äcker und was wir ersparten,
Jetzt haben nichts Gutes wir mehr zu erwarten.
Schon lange hab' ich es gesagt und gefunden,
Daß Abrahams Gelübd' dem Gedächtnis entschwunden!«
Laurentius Petri(der inzwischen hinzugekommen ist, zu Olaf). Was treibst du da?
Olaf. Ich spiele!
Laurentius Petri. Du spielst?
Olaf. Ja, ich spiele eine kleine Comödia von den Kindern Israel und der babylonischen Gefangenschaft!
Laurentius Petri. Hast du nichts Besseres zu tun? Größere Arbeit liegt dir ob.
Olaf. Ich bin noch zu jung!
Laurentius Petri. Sage nicht, ich bin zu jung!
Olaf. Ja, denn es gibt noch viele andere, die dasselbe sagen!
Laurentius Petri(entrollt ein Papier, das er hervorgezogen hat; blickt Olaf eine Weile an und liest dann vor): »Und des Herrn Wort geschah zu Jeremias und sprach: Ich kannte dich, ehe denn ich dich im Mutterleibe bereitete; und sonderte dich aus, ehe denn du von der Mutter geboren wurdest; und stellte dich zum Propheten unter die Völker. Jeremias aber sprach: Ach Herr, Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der Herr aber sprach: Sage nicht, ich bin zu jung; sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, was ich dir heiße. Denn ich will dich heute zur festen Stadt, zur eisernen Säule und zur ehernen Mauer machen im ganzen Lande wider die Könige Judas, wider ihre Fürsten, wider ihre Priester, wider das Volk im Lande, daß, wenn sie gleich wider dich streiten, dennoch nicht sollen wider dich siegen: denn ich bin bei dir, spricht der Herr, daß ich dich errette!«
Olaf(springt auf). Sagte das der Herr?
Laurentius Petri(liest weiter). »So begürte nun deine Lenden und mache dich auf; und predige ihnen alles, was ich dir heiße.«
Olaf. Warum gehst du nicht selbst?
Laurentius Petri. Ich bin zu alt!
Olaf. Du bist feig!
Laurentius Petri. Ja, denn mir fehlt die Kraft; aber du hast sie – verleihe Gott dir nun auch den Glauben.
Olaf. O ja, ich besaß einmal die Lohe des Glaubens, und sie brannte herrlich, aber die Mönchssippschaft löschte sie aus mit ihrem Weihwasser, da sie den Teufel aus meinem Körper vertreiben wollten.
Laurentius Petri. Es war Strohfeuer, welches erst verflackern mußte; aber nun wird der Herr in dir ein beständiges Feuer entzünden, das die Wohnstätten der Philister verzehren wird. Weißt du, was du willst, Olaf?
Olaf. Nein, aber mir ist, als sollte ich ersticken, wenn ich an dies arme Volk denke, welches nach Erlösung seufzt. Sie rufen nach Wasser, nach dem Wasser des Lebens, aber es ist niemand da, der welches zu geben hätte.
Laurentius Petri. Reiße erst das alte, morsche Haus nieder, das kannst du! Der Herr selbst wird ihnen dann ein neues bauen.
Olaf. Aber dann bleiben sie eine Zeitlang ohne Dach über ihrem Haupte!
Laurentius Petri. So bekommen sie wenigstens frische Luft!
Olaf. Aber einem ganzen Volke seinen Glauben rauben! Sie werden verzweifeln!
Laurentius Petri. Ja, sie werden verzweifeln!
Olaf. Und man wird Weh über mich rufen und mich schelten und vor die Obersten schleppen.
Laurentius Petri. Fürchtest du dich?
Olaf. Nein – aber das Ärgernis –
Laurentius Petri. Olaf! Du bist zum Ärgernis geboren; du bist geboren, um zu verwunden. Der Herr wird schon heilen.
Olaf. Ich fühle, welche Richtung der Strom nimmt; noch halte ich mich am Bollwerk fest, lasse ich es aber los, dann reißt der Strom mich mit sich fort.
Laurentius Petri. Laß nur los; es wird nicht an Leuten fehlen, die dich aufhalten!
Olaf. Reich mir deine Hand, Laurentius, wenn ich zu tief in den Strudel hineingerate.
Laurentius Petri. Das steht nicht in meiner Macht, und du mußt in den Strudel hinein, wenn du auch untergehen solltest.
Olaf. Welchen Sturm hast du in meiner Seele erregt! Soeben noch saß ich im Schatten der Bäume und spielte, und es war Pfingstabend und Lenz und Frieden. Und nun – warum wanken nicht die Bäume, warum umdüstert sich nicht der Himmel? Leg deine Hand auf meine Stirn und fühle, wie das Blut darin zu wallen beginnt! Verlasse mich nicht, Laurentius; ich sehe einen Engel mir entgegenkommen mit einem Kelch; dort auf der Abendwolke wandelt er dahin, blutrot ist sein Weg, und in der Hand trägt er ein Kreuz. – Nein, ich vermag es nicht, ich kehre zurück zu dem stillen Tal; laß andere kämpfen; ich will zusehen! – Nein, das doch nicht, aber ich will nachfolgen und den Verwundeten Heilung bringen und den Sterbenden Frieden ins Ohr flüstern. Frieden! – Nein, nein, ich will mitkämpfen, aber in den letzten Reihen; warum soll ich vorangehen?
Laurentius Petri. Weil du der Mutigste bist!
Olaf. Nicht der Stärkste?
Laurentius Petri. Die Starken folgen nach – und den Stärksten hast du an deiner Seite: das ist er, der dich zum Kampfe ruft!
Olaf. Hilf mir, Gott! Nun gehe ich!
Laurentius Petri. Amen!
Olaf. Und du folgst mir?
Laurentius Petri. Allein sollst du gehen mit Gott!
Olaf. Warum ziehst du dich zurück?
Laurentius Petri. Ich bin nicht zum Streiten geboren; nur dein Waffenschmied will ich sein! Gottes reines Wort soll deine Waffe werden, und du sollst sie dem Volke in die Hände geben; denn nun ist die Türe zur päpstlichen Rüstkammer eingeschlagen, und jeder, der den Namen Mensch trägt, soll selbst für die Freiheit seines Geistes kämpfen!
Olaf. Aber wo sind meine Feinde? Ich brenne vor Kampfbegierde, aber ich sehe niemand, mit dem ich kämpfen könnte.
Laurentius Petri. Du brauchst sie nicht zu rufen, sie kommen schon von selbst! Lebe wohl! Du kannst beginnen, wenn du willst! Gott sei mit dir!
Olaf. Geh nicht von mir, ich muß noch länger mit dir reden!
Laurentius Petri. Hier kommt der Vortrab – rüste dich nun. (Er geht ab.)
Die Vorigen ohne Laurentius Petri. Gert. Bürger. Weiber. Kinder. Gert und eine Schar Bürger mit Weibern und Kindern kommen zur Kirchentür rechts. Dort bleiben sie stehen, entblößen die Häupter und machen das Zeichen des Kreuzes.
Gert(in gewöhnlicher Bürgertracht). Es ist heute am Pfingstabend nicht zur Abendmesse geläutet worden – das ist sehr sonderbar!
Ein Bürger. Und die Kirchentür ist geschlossen! Vielleicht ist der Priester krank.
Gert. Oder er ist noch nicht aufgestanden!
Der Bürger. Was sagt Ihr?
Gert. Ich meine, wenn er krank ist.
Der Bürger. Aber in solchem Fall hat er doch Meßgehilfen, so daß einer von ihnen an seiner Stelle uns eine Messe lesen könnte.
Gert. Sie sind wahrscheinlich zu sehr in Anspruch genommen!
Bürger. Wodurch?
Gert. Ja, das kann man nicht gut wissen!
Bürger. Hütet Euch wohl, mein Lieber! Ihr scheint mir ein wenig zu den Lutherischen hinzuneigen! Bischof Hans Brask von Linköping ist hier in der Stadt und der König auch!
Gert. Ist Brask hier in der Stadt?
Bürger. Gewiß. Aber wir müssen doch erst an der Tür selbst versuchen, ob die Kirche wirklich verschlossen ist.
Gert(springt auf die Treppe und schlägt an die Pforte). Gottes Haus am Pfingstabend geschlossen! Die hochehrwürdige Geistlichkeit erteilt heilte bei Gott nicht Audienz, folglich muß die ehrsame Bürgerschaft nach Hause gehen und sich ohne Messe zu Bett legen. Seht her, gute Leute – hier ist eine Tür, die sicherlich nur von Holz ist, aber das macht nichts, denn sie ist mit Kupfer beschlagen – betrachtet nun einmal die Tür! Wenn ich nun sage, Gott wohnt hier drinnen, so ist es sein Haus, und wenn ich weiter sage, daß des Bischofs Diakonus oder Sekretarius oder Kanonikus oder irgendein anderer -us, denn nur die Männer des Geistes endigen auf us, wenn ich aber weiter sage, ein solcher Mann hat den Schlüssel zu dieser Tür an einem Nagel in seinem Schlafzimmer aufgehängt, dann sage ich damit nicht, daß er Gott für uns eingeschlossen und den Schlüssel auf einen Nagel in seinem Schlafzimmer aufgehängt hat, sondern ich sage nur, daß wir nicht hineinkommen können und heute abend Gottesdienst abhalten, wir, die wir die sechs Tage der Woche uns gemüht und geplagt haben, Schuhe und Wämser zu machen, und die wir gebraut und gebacken und geschlachtet haben die ganze Woche für die hochehrwürdige Geistlichkeit, auf daß sie sich herablassen möchte, am siebenten Tage für uns den Gottesdienst abzuhalten. Dies lege ich dem hochlöblichen Kapitel durchaus nicht zur Last, denn auch sie sind ja nur Menschen, und Gott allein ist imstande, sechs Tage zu arbeiten, und selbst er ruhte sich am siebenten.
Bürger. Ihr lästert Gott, Meister!
Gert. Wohl möglich, aber er kann es ja nicht hören, da die Türe verschlossen ist.
Ein Weib. Jesus Maria! Das ist ein Antichrist!
Gert(donnert an die Tür). Hört ihr, wie leer das tönt! – Es steht in der Bibel, der Vorhang zum Allerheiligsten riß einmal entzwei, und das mag wahr sein, aber ob die Hochehrwürdigen ihn später wieder zusammengenäht haben, davon steht nichts in der Bibel, und darum braucht es keine Lüge zu sein.
(Die Leute stürzen auf Gert zu, die Kinder schreien.)
Der Bürger. Wehe dir, du Lutheraner, denn ein solcher bist du. Wir haben uns versündigt, darum hat der Herr sein Haus uns verschlossen. Hörst du nicht, wie selbst die Kinder bei deinem Anblick schreien, du unreiner Geist!
Gert. Ja, weil ihr ihnen auf die Zehen tretet, lieben Freunde!
Das Weib. Rührt ihn nicht an, er ist vom Teufel besessen!
Der Bürger. Nieder mit ihm! Nieder mit ihm!
Gert. Rührt mich nicht an, denn auf diesem Platz stehe ich in Gottes Schutz!
Der Bürger. Gott schützt den abgefallenen Engel nicht!
Gert. Wenn Gott es nicht tut, so tut es die heilige Kirche, und ich stehe hier innerhalb ihrer geweihten Mauern.
Mehrere Bürger. Zieht ihn aus den Kirchenmauern heraus!
Gert. Fürchtet ihr nicht Gott, so fürchtet zum mindesten den Fluch des heiligen Vaters!
Das Weib. Schleppt ihn von der Türe fort; denn sein unreiner Geist ist es, der die Kirche behext hat!
Der Bürger. Ja, ja! Gott öffnet seine Kirche nicht dem Teufel!
(Sie stürzen auf Gert zu.)
Des Bischofs Sekretarius tritt im selben Augenblick herein; vor ihn: geht ein Diakonus, der Stille gebietet.
Die Vorigen. Der Sekretarius, ein Diakonus.
Sekretarius(liest). »Alldieweil unsere Stiftsstadt ihre Abgabe für den Bischofsstuhl nicht berichtigt hat und also die Stadt noch weiterhin sich widerspenstig gegen selbige Entrichtung erweist, hat das Domkapitel es für gut befunden, mit Bezugnahme auf seine Gerechtsame und die Bestätigung der Kurie, die Tür der Kirche zu schließen und mit Opfern und Messe aufzuhören, bis obengenanntes Mißverhältnis geordnet worden, und drohen einem jeden, so sich hiernach nicht richtet, mit unserer höchsten Ungnade.
Datum vigilia assumptionis Mariae.
Kapitel zu Strengnaes.«
(Er geht ab mit dem Diakonus.)
Die Vorigen ohne Sekretarius und Diakonus.
Gert. Was sagt ihr nun, gute Leute?
Der Bürger. Keine Messe am Pfingstabend! Das ist schändlich!
Gert. Nehmt Euch in acht und sagt nichts Böses von den Priestern; es ist wohl nicht ihre Schuld.
Der Bürger. Wessen denn?
Gert. Der Kirche! Der unsichtbaren, allmächtigen Kirche! Es ist die Kirche, seht Ihr, die die Kirche geschlossen hat!
(Das Volk äußert sein Mißfallen.)
Olaf(ist vorgetreten und läutet die Vesperglocke mit Hilfe eines Strickes, der vom Turm herniederhängt). Ist es euch Ernst mit eurem Gottesdienst, so werde ich euch eine Messe abhalten!
Der Bürger. Dank, Meister Olaf, aber wißt Ihr nicht, welche Folge das haben kann?
Olaf. Laßt uns Gott mehr fürchten als die Menschen.
(Die Anwesenden fallen auf die Knie.)
Olaf. Liebe Freunde, Brüder und Schwestern in Christo Jesu! Da wir nun versammelt sind –
Der Bürger. Meister Olaf ...
Olaf. Was gibt es?
Der Bürger. Wir wollen unsere richtige Messe haben und keine neue Menschenerfindung.
Gert. Lieber Meister Olaf, es muß natürlich auf Latein sein, sonst verstehen wir nicht, was Ihr sagt!
Der Bürger. In der heiligen Sprache muß es sein, sonst kann ja jeder Beliebige die Messe lesen.
Olaf. Ja, du, gerade so soll es werden. Jeder einzelne für sich und mit Gott!
Volk. Ein Lutherischer! Ein Lutherischer! Ein Antichrist!
Der Bürger. So! – Auch Ihr, Meister Olaf, der Ihr noch so jung seid und so voll Eifer, seid von dem deutschen Teufel angesteckt! Ich bin ein alter Mann und kenne die Welt, ich will Euer Wohl; kehret um, da Ihr noch so jung seid – fügt Euch uns und lest die alte Messe.
Olaf. Nein, nun ist's vorbei mit diesem Narrenspiel! – Im Geist und in der Wahrheit sollt ihr beten, und nicht mit Worten, die ihr nicht versteht.
Der Bürger. Glaubt Ihr nicht, mein junger Freund, daß Unser Herr Latein versteht?
Gert. Aber Schwedisch kann er nicht einen Muck!
Der Bürger. Meister Olaf, wollt Ihr das Volk von Euch gehen lassen ohne ein Wort der Erbauung – seht Ihr nicht, wie es sich nach seinem Gott sehnt? Bringt Euren eignen sündigen Willen zum Opfer und laßt das Volk nicht gehen, als wenn es keinen Hirten hätte!
Olaf. Ihr nennt meinen Willen sündig?
Der Bürger. Ihr seid ein harter Mann!
Olaf. Sagt das nicht! Wißt Ihr, was dieses Glockenläuten mich kostet?
Der Bürger. Eure Eitelkeit!
Gert. Und Euren Frieden! Denn es ist die Sturmglocke, die zum Kampfe läutete! Hei, nun beginnt er! Bald werden Stockholms Glocken Antwort geben, und dann wird Hussens, Ziskas, dann wird Tausender Bürger Blut über die Fürsten und Päpstlichen kommen.
Das Weib. Weh' uns, er rast!
Der Bürger. Kennt Ihr den Mann, Meister Olaf?
Olaf. Nein!
Gert. Olaf! Du kennst mich! Verleugne mich nicht! Fürchtest du diese elenden Bedauernswürdigen, die ihr eigenes Bestes nicht wollen – die niemals das Wort Freiheit gehört haben!
Olaf. Wie heißest du?
Gert. Wenn ich es sagte, würdet ihr erbeben! Ja, es ist wahr, erbeben müßt ihr, auf daß ihr aus eurem Schlafe erwachet! Ich heiße der verworfene Engel, der tausend und aber tausendmal umgehen soll, ich heiße der Befreier, der zu früh kam, ich heiße der Satan, weil ich euch mehr liebte, als mein Leben, ich habe Luther geheißen, nun heiße ich Anabaptista!
Volk(fährt zusammen und bekreuzigt sich). Anabaptista!
Gert(wirft die Verkleidung ab und erscheint nun bedeutend älter). Kennst du mich nun, Olaf?
Olaf. Vater Gert!
Der Bürger. Er nennt ihn Vater!
Volk (zieht sich zurück). Anabaptista! Anabaptista!
Das Weib. Seht ihr nicht, das ist der verfluchte –
Der Bürger. Gert Bokprenter! Brasks Buchdrucker!
Zweiter Bürger. Er, der den Luther gedruckt hat.
Das Weib. Weh' uns und unserer Stadt! Weh' über unsere Priester, daß sie Umgang Pflegen mit dem Antichrist.
Der Bürger. Er verleugnet die Taufe!
Das Weib. Er verleugnet Gott!
Alle(gehen ab bis auf Olaf und Gert).
Olaf. Gert.
Olaf. Vater Gert, du führtest eine gefährliche Sprache!
Gert. Glaubst du, sie war gefährlich, Olaf? Gott segne dich dafür!
Olaf. Gefährlich für dich, meine ich!
Gert. Nicht auch für einen andern?
Olaf. Hoffen wir es!
Gert. Du hast Luther gekannt?
Olaf. Ja. Und nun will ich seine Tat in meinem Vaterland vollbringen.
Gert. Weiter nichts?
Olaf. Wie meinst du?
Gert. Das ist zu wenig! Luther ist tot! Er hat den Anfang gemacht! Wir müssen das Begonnene weiterführen!
Olaf. Wo willst du mich hinführen?
Gert. Weit, weit fort, Olaf!
Olaf. Ich fürchte mich vor dir, Vater Gert!
Gert