Millionär gesucht Gesamtausgabe - Lily Taylor - E-Book

Millionär gesucht Gesamtausgabe E-Book

Lily Taylor

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Beschreibung

Die Gesamtausgabe der beliebten Millionär-gesucht-Reihe! Millionär gesucht: Monte Carlo Schluss mit Liebe – Millionär gesucht! Diesen Vorsatz haben die drei Freundinnen Alex, Jess und Miranda gefasst, um auch einmal auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. In Monte Carlo gibt sich Alex als reiche Gräfin aus, damit sie Eingang in die High Society findet. Ein charmanter Prinz verdreht ihr den Kopf. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, wer sie wirklich ist...? Millionär gesucht: Miami In Miami verfolgt Miranda ihren Traum von einer Karriere als Sängerin. Ein bekannter Musikproduzent nimmt sie unter seine Fittiche. Doch was verlangt er als Gegenleistung für seine Hilfe...? Millionär gesucht: Nizza In Nizza hat Jess einen dicken Fisch an der Angel. Wenn nur nicht dieser gutaussehende junge Mann wäre, der ständig ihren Weg kreuzt! Wie wird ihr Herz sich entscheiden...?

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Kurzbeschreibung:

Schluss mit Liebe – Millionär gesucht!

Diesen Vorsatz haben die drei Freundinnen Alex, Jess und Miranda gefasst, um auch einmal auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.

Millionär gesucht: Monte Carlo

In Monte Carlo gibt sich Alex als reiche Gräfin aus, damit sie Eingang in die High Society findet. Ein charmanter Prinz verdreht ihr den Kopf. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, wer sie wirklich ist...?

Millionär gesucht: Miami

In Miami verfolgt Miranda ihren Traum von einer Karriere als Sängerin. Ein bekannter Musikproduzent nimmt sie unter seine Fittiche. Doch was verlangt er als Gegenleistung für seine Hilfe...?

Millionär gesucht: Nizza

In Nizza hat Jess einen dicken Fisch an der Angel. Wenn nur nicht dieser gutaussehende junge Mann wäre, der ständig ihren Weg kreuzt! Wie wird ihr Herz sich entscheiden...?

Lily Taylor

Millionär gesucht Gesamtausgabe

Roman

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2020 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2020 by Lily Taylor

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-353-3

www.instagram.com

www.facebook.com

www.edelelements.de

Inhalt

Millionär gesucht: Monte Carlo

Kurzbeschreibung

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Millionär gesucht: Miami

Kurzbeschreibung

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Millionär gesucht: Nizza

Kurzbeschreibung

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kurzbeschreibung:

Schluss mit Liebe – Millionär gesucht!

Diesen Vorsatz haben die drei Freundinnen Alex, Jess und Miranda gefasst, um auch einmal auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.

In Monte Carlo gibt sich Alex als reiche Gräfin aus, damit sie Eingang in die High Society findet. Ein charmanter Prinz verdreht ihr den Kopf. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, wer sie wirklich ist...?

Lily Taylor

Millionär gesucht: Monte Carlo

Roman

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2018 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2018 by Lilly Taylor

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart

Lektorat: Sarah Heidelberger

Korrektorat: Mandy Kramer 

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-060-0

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

1

Nachdenklich lehnte Alex an der Kaimauer und blickte hinaus auf den Port Hercule, den größten Hafen von Monte Carlo.

Es war ein strahlender Frühsommertag Anfang Juni, die wundervollste Jahreszeit an der Côte d’Azur. Nicht zu heiß und nicht zu kalt, ohne diese drückende Schwüle, die die Sommerhitze oft mit sich brachte.

Ein wolkenloser, tiefblauer Himmel wölbte sich über der Bucht. Das Meer funkelte und glitzerte im Sonnenschein wie ein geschliffener Diamant. Weiße Segel und schlanke Jachten sprenkelten die Wasseroberfläche. Die Häuser und Villen, die sich an den Felsen von Monaco schmiegten, wirkten wie ein impressionistisches Gemälde.

Monte Carlo.

Die Stadt der Reichen und Schönen.

Hotspot des Jetsets.

Glamourmetropole am Mittelmeer.

Die Chancen, einem Millionär über den Weg zu laufen, standen hier vermutlich besser als an irgendeinem anderen Ort der Welt.

So weit, so gut.

Alex schoss ein Foto vom Hafen und postete es in ihrer Snapchat-Gruppe mit der Unterschrift: „Bin in Monte Carlo angekommen. Die Stadt ist wunderschön, meine Aussichten sind es weniger. Eine billige Unterkunft habe ich zwar gefunden, aber jetzt brauche ich einen Job, sonst wird es ein kurzer Aufenthalt.“

Die Snapchat-Gruppe trug den Namen „Millionär gesucht“, und genau das war Alex‘ Ziel. Das hatte sie sich gemeinsam mit ihren Freundinnen geschworen, damals in ihrer WG in East Croyden im nebelverhangenen London.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Zu dritt hatten sie den feierlichen Schwur geleistet: Alex Champion, Miranda Davis und Jessica Thompson. Drei Freundinnen und aufstrebende Schauspielschülerinnen, die sich vorgenommen hatten, mehr aus ihrem Leben zu machen als das, was es ihnen bisher geboten hatte. Alle drei kamen sie aus einfachen Verhältnissen. Und alle drei träumten sie den Traum von Luxus und Erfolg. Entweder in ihrem Beruf oder aber mit dem richtigen Mann an ihrer Seite.

Alex seufzte. Sie war es gewesen, die dieses Versprechen (und den dazugehörigen Spruch) initiiert hatte. Als Tochter eines Kneipenbesitzers aus Liverpool war ein Millionär für sie stets der Inbegriff eines wundervollen Lebens gewesen. Doch bis jetzt war sie der Erfüllung ihres Traumes noch nicht allzu nahegekommen, weder auf die eine noch auf die andere Art.

Nachdem sie die Camden School for Music and Dramatic Arts in London abgeschlossen hatte, wo ihre Freundschaft mit Jess und Miranda begann, war es ihr gelungen, ein Engagement bei einer jungen Theatertruppe zu ergattern. Gemeinsam waren sie mit einer modernen Fassung von Shakespeares Sommernachtstraum auf Tournee gegangen, erst in Großbritannien und dann in Frankreich. Ein halbes Jahr lang waren sie durch die französische Provinz getingelt, hatten in Schulen, Altenheimen und auf Dorffesten gespielt. Doch die Einnahmen deckten kaum ihre Ausgaben, und als vor vierzehn Tagen der letzte Cent für ein gemeinsames Abendessen ausgegeben worden war, hatte sich die Truppe aufgelöst.

Ganz auf sich allein gestellt, hatte Alex sich wieder an den alten Schwur erinnert.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Wenn man es nicht gerade schaffte, in Hollywood Karriere zu machen, war die Schauspielerei eine ziemlich brotlose Kunst, und von der Hand in den Mund hatte Alex lange genug gelebt. Mit ihren sechsundzwanzig Jahren wollte sie endlich auch einmal ein Stück vom großen Kuchen. Und wo waren die Kuchen größer und saftiger als in Monte Carlo? Wenn es ihr hier nicht gelang, sich einen Millionär zu angeln, wo dann?

Mit ihrem letzten Geld hatte sie sich in den Zug Richtung Monaco gesetzt. In einer kleinen Pension am Hafen fand sie ein Zimmer. Bevor sie sich auf die Jagd nach ihrem Millionär machen konnte, musste sie allerdings sehen, dass sie einen Job fand, um ihren Aufenthalt in Monte Carlo zu finanzieren. Die Stadt war ein teures Pflaster.

Ihre Freundin Jess schickte einen ironischen Kommentar zurück: „Wie wäre es mit Tellerwaschen? Kann ich sehr empfehlen!“

Dazu postete sie ein Foto von einem Tablett voll schmutzigen Geschirrs. Jess hatte sich vor ein paar Monaten in einen französischen Musiker verliebt und war ihm in seine Heimat gefolgt. Leider war die Beziehung zerbrochen, seitdem verdiente Jess sich ihren Lebensunterhalt als Kellnerin in einem Café in Nizza.

Miranda meldete sich ebenfalls zu Wort: „Wenn ich einen Nummer-Eins-Hit lande, stelle ich euch als meine persönlichen Assistentinnen an.“

Bevor Alex eine Antwort schicken konnte, fiepte ihr Handy erneut, um sie an den Termin für ihr Vorstellungsgespräch zu erinnern. Eine Bar in der Altstadt von Monaco-Ville suchte eine Sängerin. Das war zwar eher Mirandas Metier, aber auch Alex hatte eine ganz passable Stimme. Und ein paar Chansons zum Besten zu geben, war eindeutig besser, als schmutziges Geschirr zu spülen.

Zu Fuß machte Alex sich auf den Weg zum „Rocher“, wie der Fürstenfelsen von den Einheimischen genannt wurde. Die Altstadt von Monaco war ein charmantes Gewirr von engen Gässchen mit Gaststätten, Bars und Souvenirläden. Zwei Schilder hingen in der Auslage der Bar mit dem Namen „Rose Club“: Sängerin gesucht und Barkeeper gesucht.

Resolut drückte Alex die Klinke der Eingangstür nieder und trat ein. Im Inneren der Bar herrschte ein schummriges Zwielicht, das nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass der Laden ziemlich heruntergekommen wirkte. Die roten Plüschbezüge der Clubsessel waren abgewetzt und speckig, die Tische an den Kanten abgeschlagen und der große Spiegel, der über der Bar hing, war halb blind.

Dabei war die Lage des Lokals nicht schlecht. Allerdings brauchte es dringend ein paar Renovierungsarbeiten und eine deutliche Verjüngungskur, um das richtige Publikum anzulocken. Alex erfasste all das mit geübtem Blick. Als Tochter eines Kneipenbesitzers war sie in solchen Etablissements praktisch großgeworden.

Auf dem Tresen ihres Vaters hatte sie ihre ersten Auftritte absolviert. Als Fünfjährige hatte sie Gedichte vorgetragen und mit heller Kinderstimme alte Gassenhauer zum Besten gegeben, um dafür von den Gästen mit ein paar Pennys belohnt zu werden.

Damals war ihr klargeworden, dass die Bühne ihr Leben war. In verschiedene Rollen zu schlüpfen und so die Menschen zu unterhalten machte ihr mehr Spaß als irgendetwas sonst auf der Welt.

Als ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, bemerkte Alex, dass ein Mann ihr von der Bar zuwinkte. „Mademoiselle Champion? Kommen Sie nur! Kommen Sie!“

Der Mann schüttelte ihre Hand. „Ich bin Bertrand Noël, der Besitzer des Lokals. Aber sagen Sie Papa Noël zu mir! Das tun alle hier!“

Papa Noël – Weihnachtsmann! Alex konnte nur mit Mühe ein Kichern unterdrücken. Vor allem, weil der Mann, dem sie gegenüberstand, so gar keine Ähnlichkeit mit dem Weihnachtsmann hatte. Er war groß und hager, mit einem schmalen, eingefallen wirkenden Gesicht und tiefen Augenringen.

Offensichtlich fühlte Papa Noël sich nicht allzu wohl. Wie zur Bestätigung zog er ein schmales Tablettenröhrchen aus seiner Jackentasche und schüttelte eine kleine weiße Pille in seine Handfläche.

„Dieser verdammte Magen“, brummte er. „Ich sollte den Laden verpachten und mich auf Aruba zur Ruhe setzen. Aber wer will heutzutage noch ein Lokal führen? Ich kann ja nicht einmal einen anständigen Barkeeper finden. Einen, der nicht ständig seine Finger in der Kasse hat. Aber was soll’s. Plage ich mich eben noch eine Weile länger. Dann legen Sie mal los, Mademoiselle!“

Er deutete auf ein Klavier in der Ecke des Lokals. Alex hatte sich, nachdem ihr die Anzeige über den Weg gelaufen war (oder besser gesagt, sie der Anzeige), ein kleines Repertoire an französischen und amerikanischen Songs zurechtgelegt.

Nun gab sie La vie en rose zum Besten, einen Klassiker, der immer ankam. Ihr Französisch, das immer schon recht passabel gewesen war, hatte sie im letzten halben Jahr perfektioniert, sodass sie kaum von einer Einheimischen zu unterscheiden war.

Dementsprechend begeistert zeigte sich Papa Noël, als sie fertig war mit ihrem Vortrag. „Magnifique! Mit dem Timbre in der Stimme und dem Anblick …“, er ließ einen anerkennenden Blick über Alex‘ kurvige Figur in ihrer engen Jeans gleiten, „… werden unsere Gäste Sie lieben! Wenn Sie wollen, können Sie morgen Abend schon anfangen! Sie sind der Vorabend-Act mit einem halbstündigen Auftritt zwischen 20 und 21 Uhr. Einverstanden?“

„Einverstanden.“ Alex drückte seine Hand.

Nachdem sie den Vertrag unterschrieben hatte, überreichte Papa Noël ihr einen Stapel Noten. Am nächsten Morgen sollte sie sich mit dem Pianisten treffen, um das Programm festzulegen und zu proben. Als Alex wieder auf der Straße stand, schoss sie rasch noch ein Foto von dem Lokal. Dazu schrieb sie:

„Einen Job habe ich ergattert. Morgen fange ich an. Und heute Abend geht es ins Casino! Wünscht mir Glück!“

Der erste Schritt war geschafft.

Der Zweite benötigte noch ein wenig mehr Vorbereitung.

Wenn Alex in ihren sechsundzwanzig Lebensjahren eines gelernt hatte, dann, dass reiche Männer sich bevorzugt mit ebenso reichen Frauen umgaben (oder mit Pornostars, aber das war eine andere Geschichte). Das Märchen vom Aschenputtel, das sich einen waschechten Prinzen angelt, hatte sie schon mit fünf nicht mehr geglaubt. Millionäre blieben gerne unter sich, in ihren exklusiven Clubs und Discos, in die man nur mit einer entsprechend teuren Eintrittskarte Einlass fand.

Deshalb hatte Alex beschlossen, ihrem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen. Wozu war sie schließlich Schauspielerin? Sie war überzeugt davon, dass es ihr nicht schwerfallen würde, eine schwerreiche französische Gräfin darzustellen, um so Einlass in die High Society zu finden.

Aus dem Fundus der Theatertruppe hatte sie das Glitzerkostüm der Titania zurückbehalten, das sie mit etwas Geschick in ein passables Abendkleid umfunktionierte. Und der Ausschnitt, der bis knapp über den Bauchnabel reichte, sollte ja wohl ausreichen, um von allzu neugierigen Fragen nach ihrer adeligen Herkunft abzulenken.

Ihr Handy zeigte eine Snapchat-Nachricht an. Es war das Foto einer Rollbahn, darunter hatte Miranda geschrieben: „Alles Gute für heute Abend, Al! Ich steige gleich in den Flieger nach Miami. Drückt mir die Daumen, dass alles klappt!“

Mit einer Aufnahme ihres Abendkleides schickte Alex ein „Daumen hoch“-Zeichen zurück. Miranda war schon ein Stück weiter als sie. Sie flog auf Einladung eines bekannten Musikproduzenten, der sie in London auf der Bühne gesehen hatte, nach Miami. Ihr Traum von einer Musikkarriere schien sich tatsächlich zu erfüllen.

Trotzdem sollte Miranda vorsichtig sein, dachte Alex. Miranda war mit zweiundzwanzig das Nesthäkchen der Gruppe. Sie war die Stillste und Verträumteste der drei Freundinnen. Alles, was sie zu sagen hatte, sagte sie durch ihre Musik. Songs zu schreiben und zu singen war ihre große Leidenschaft. Doch das Musikgeschäft war vermutlich noch härter als die Schauspielerei. Alex machte sich Sorgen, ob Miranda ganz auf sich allein gestellt in den Staaten auch wirklich zurechtkommen würde.

„Gib auf dich acht!“, setzte sie mit einem Seufzen hinzu.

„Keine Bange, ich bin ein großes Mädchen“, schrieb Miranda zurück. Doch das Bild von ihrer Bordkarte war verwackelt, als würde ihre Hand zittern.

Alex seufzte. Da flog sie davon, ihre Kleine! Zumindest Jess war noch in ihrer Nähe. In Nizza, um genau zu sein. Alex hatte sie auf dem Weg nach Monte Carlo besucht. Es hatte gutgetan, wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen und in Erinnerungen zu schwelgen. Und natürlich hatten sie ihren Pakt erneuert.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Jess war allerdings genauso abgebrannt und ohne große Aussichten wie Alex. Sie jobbte als Serviererin in einem Café am Hafen. Auch wenn sie von diesem Mann geschwärmt hatte, den alle „Le Capitain“ nannten und der regelmäßig in ihr Café kam. Ein graumelierter Gentleman um die fünfzig, wie sie erzählte.

Alex rümpfte unmerklich die Nase. Das war ihr eindeutig zu alt. Aber Jess war immer schon wesentlich pragmatischer gewesen als sie. Oder zumindest etwas pragmatischer. Einem französischen Straßenmusiker, der keinen Cent in der Tasche hatte, nach Paris zu folgen, war nun auch nicht die allervernünftigste Entscheidung gewesen.

Aber offensichtlich hatte Jess aus diesen Erfahrungen gelernt und sich vorgenommen, in Zukunft auf Nummer sicher zu gehen. Und ein Gentleman mit eigener Jacht hatte ja durchaus seinen Reiz.

Prompt erschien eine Nachricht von Jess auf dem Display, zusammen mit einem Foto ihres Spinds. „Melde dich, sobald du angekommen bist. Ich will alles über Miami wissen!“ Offensichtlich teilte Jess Alex‘ Befürchtungen.

„Mach ich! Sobald ihr aufhört, mich wie ein Kleinkind zu behandeln!“, antwortete Miranda ein wenig beleidigt.

Jess konterte mit einem Selfie, auf dem sie ihnen die Zunge herausstreckte. „Du bist und bleibst eben unser Baby!“

Alex kicherte. Sie wünschte, die beiden wären bei ihr gewesen. Zu dritt schien alles halb so schwer zu sein. Aber wie Miranda gesagt hatte, sie waren jetzt große Mädchen und mussten ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Seufzend wandte sie sich wieder ihrer Näharbeit zu. Alles musste tipptopp sein. Und da war bei dem alten Kleid noch einiges zu tun. Trotzdem wanderten ihre Gedanken immer wieder zurück zu Miranda.

„Love you, baby, more than you will ever know“, summte sie unbewusst vor sich hin. Das war der Song, mit dem Miranda den großen Durchbruch in den Staaten schaffen wollte. Sie hatte ihn selbst getextet und komponiert.

Dieser Musikproduzent (wie war noch einmal sein Name? Randy? Andy?) wollte den Song für sie produzieren. Das war eine Riesenchance für Miranda. Trotzdem hatte Alex ein ungutes Gefühl bei der Sache. Sie hatte genug Erfahrungen mit Männern gesammelt, um zu wissen, dass kaum einer etwas umsonst tat …

Ein Blick auf ihre Uhr ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken. Gleich sieben Uhr! Sie musste sich beeilen. In Kürze würde sie ihren großen Auftritt haben! Wenn sie den verpatzte, bekam sie vielleicht keine zweite Chance mehr. Sie musste heute Abend einen erstklassigen Eindruck machen, wenn ihr Plan gelingen sollte!

2

Das Casino von Monte Carlo war hell erleuchtet. Beinahe im Sekundentakt stiegen elegante Paare aus dicken schwarzen Limousinen oder sündteuren Sportwagen und strebten dem Eingang zu, wo ein uniformierter Portier Wache hielt.

Im Casino fand an diesem Abend eine Wohltätigkeitsgala zugunsten notleidender Familien statt. Alles, was in der Stadt Rang und Namen hatte, hatte eine der mehrere hundert Euro teuren Eintrittskarten erworben, um den guten Zweck zu unterstützen – und um wieder einmal ganz unter sich zu sein. Alex konnte also damit rechnen, nur Millionäre anzutreffen – sobald sie erst einmal im Casino drin war!

Vorsichtig schlich sie zur Rückseite des Gebäudes und kletterte im Schutz der Dunkelheit auf die Terrasse, was angesichts ihrer schwindelerregenden High Heels und des knallengen Abendkleides keine geringe Leistung war. Sie wartete, bis sich ein neuer Schwung Besucher um den Portier drängte, und schlenderte dann gelassen zum Eingang. Natürlich bemerkte der Portier sie doch.

„Verzeihung, Madame, Ihre Eintrittskarte?“

Alex musterte ihn hochmütig von oben herab. Diesen Blick hatte sie eingehend vor dem Spiegel trainiert. „Meine Eintrittskarte befindet sich in Ihrer Jackentasche, wo denn sonst? Ich habe sie Ihnen vor fünfzehn Minuten gegeben. Und vor fünf Minuten bin ich an Ihnen vorbeigegangen, um etwas frische Luft zu schnappen.“

Sie sprach mit einer solchen Überzeugung, dass der Mann einen roten Kopf bekam. „Verzeihen Sie, Madame, aber ich erinnere mich nicht …“

„Dann sollten Sie schleunigst etwas dagegen tun“, erklärte Alex in schneidendem Tonfall und ging an ihm vorbei ins Casino. Nach diesem Auftritt würde es niemand mehr wagen, sie aufzuhalten. Das war geschafft!

Vielleicht hätte sie ja doch eine Chance, es als Schauspielerin zu etwas zu bringen. Aber die Karriere konnte warten. Jetzt wartete erst einmal ihr Millionär auf sie! Hoffte sie zumindest.

Sie wechselte für etwa zwanzig Euro Chips ein und klimperte demonstrativ damit herum, während sie durch die Säle schlenderte und das männliche Publikum einer eingehenden Begutachtung unterzog. Die anwesenden Männer waren fast ausnahmslos gutaussehend und in Smoking oder Abendanzug makellos gekleidet. Und sie waren fast ausnahmslos in Begleitung.

Die Frauen an ihrer Seite trugen atemberaubende Roben und glitzerten und funkelten mit den Kronleuchtern des Casinos um die Wette.

Alex seufzte. Das hatte sie sich eindeutig leichter vorgestellt, als es war! Sie hatte gedacht, sie würde den Raum betreten, alle Blicke auf sich gerichtet, und einfach auf den erstbesten Märchenprinzen zugehen, um sich von ihm zum Traualtar führen zu lassen. So schnell schien das aber doch nicht zu gehen!

Ihr Blick fiel schließlich auf einen blonden Hünen neben der Bar, der an seinem Champagnerglas nippte und gelangweilt vor sich hinstarrte. Eingehend musterte Alex ihn von oben bis unten. Er hatte ein kantiges Gesicht mit einer feingeschwungenen Nase und eisblauen Augen. Seine schmalen Lippen waren leicht zusammengepresst, so als wäre er jeden Augenblick zum Kampf bereit, was ihm ein leidenschaftliches, verwegenes Aussehen gab. Darüber konnte auch der elegante schwarze Smoking, der seine athletische Figur kaum verbarg, nicht hinwegtäuschen.

Alex spürte, wie ihr Herz bei seinem Anblick einen kleinen Sprung machte. Irgendetwas an diesem Mann zog sie geradezu magisch an. Ein rascher Blick auf seine Hände zeigte ihr, dass er zwar einen schweren Siegelring an der rechten Hand trug, aber keinen Ehering. Und auch eine Begleiterin war weit und breit nicht zu sehen! Er schien tatsächlich allein zu sein. Also genau das, was sie suchte!

Zielstrebig steuerte Alex auf die Bar zu und schwang sich neben ihn auf einen Hocker. Als sie die Beine übereinanderschlug, glitt ihr Paillettenkleid bis zu den Oberschenkeln auseinander und gewährte verführerische Einblicke. Aus dem Augenwinkel stellte sie befriedigt fest, dass ihr Auftritt seine Wirkung nicht verfehlt hatte.

Ihr Gegenüber unterzog sie einer unverhohlenen Musterung. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu ihrem schlanken Hals und glitt an ihrem glitzernden Abendkleid nach unten. Alex ließ die Begutachtung gelassen über sich ergehen. Sie wusste, dass sie sich für ihre Figur nicht zu schämen brauchte. Das kam vom vielen Treppensteigen und Kofferschleppen. Armut hielt fit!

„Verzeihung“, sprach der Hüne sie schließlich an. Seine Stimme klang tief und ein wenig rau. Ein angenehmes Kribbeln kroch über Alex‘ Wirbelsäule. „Kennen wir uns zufällig? Eine dumme Frage, ich weiß. Aber ich stehe Abend für Abend an dieser Bar und frage mich, was ich hier eigentlich tue. Ich bin sicher, Sie wären mir aufgefallen, wenn ich Sie schon einmal gesehen hätte. Andernfalls sollte ich vielleicht einen Augenarzt aufsuchen.“

Alex lächelte huldvoll und streckte ihm ihre Hand entgegen. „Gräfin Alexis du Champ. Ich kann Sie beruhigen. Ich bin erst seit gestern Abend in Monte Carlo.“

„Prinz Nikolas Wolteschewski“, stellte ihr Gegenüber sich vor. Galant beugte er sich tief über ihre Hand.

Alex‘ Herz setzte einen Schlag lang aus. Ein Prinz! Ein waschechter Prinz!

Eine aufgedonnerte Blondine mit Hochsteckfrisur und im wallenden roten Kleid berührte im Vorübergehen Nikolas‘ Arm. „Du vergisst doch nicht meine Party am Samstag, Nicki?“

„Das würde ich mir nie erlauben, Seraphine“, antwortete der Prinz mit einem charmanten Lächeln. „Darf ich dir übrigens die Gräfin du Champ vorstellen? Gräfin, das ist Seraphine le Duc!“

Natürlich! Alex erinnerte sich, das Bild der Blondine in diversen Klatschmagazinen gesehen zu haben. Seraphine war eine bekannte Gesellschaftslöwin, die vor allem für ihre zahllosen Affären berüchtigt war. Sie verschliss gutaussehende junge Männer wie andere Leute ihre Zahnbürsten.

An dem begehrlichen Blick, den sie Nikolas zuwarf, konnte Alex erkennen, dass der Prinz ganz oben auf ihrer Wunschliste stand. Dabei musste sie schon fast fünfzig sein, wie Alex konstatierte. Eine Tatsache, die Seraphine jedoch mit viel Make-up und teurem Schmuck zu kaschieren versuchte. Die überdimensionalen Klunker, die an ihrem Hals und ihren Fingern funkelten, waren zweifelsohne echt.

Madame le Duc bedachte Alex mit einem säuerlichen Blick. Offenbar schätzte sie keine Konkurrenz. „Gräfin!“

„Madame“, erwiderte Alex gelassen und schob ihren Rock noch ein Stück höher. Seraphine rauschte hocherhobenen Hauptes davon, sodass Alex sich wieder ihrem Prinzen widmen konnte.

„Wolteschewski?“, wiederholte sie fragend. „Ein interessanter Name. Woher kommen Sie?“

„Meinen Sie gerade eben oder grundsätzlich?“

Alex lachte. „Beides!“

„Nun, meine Familie stammt ursprünglich aus Polen. Wir leben aber in der Nähe von Marseille, wo wir unsere Güter haben. Die meiste Zeit über jedenfalls. Ich ziehe allerdings Paris vor. Ich finde, das Flair von Paris ist immer noch unübertroffen.“

„Wie recht Sie haben“, seufzte Alex mit dem gelangweilten Timbre der High Society in ihrer Stimme. „Leider komme ich von meinem Landsitz in der Provence viel zu selten nach Paris. Ich überlege, ob ich mir eine Wohnung kaufen soll. Es ist so lästig, während der Opernsaison ständig im Hotel wohnen zu müssen.“

„Ich wäre entzückt, Sie einmal in Paris ausführen zu dürfen“, erklärte Prinz Nikolas sofort. „Ein Glas Champagner?“

„Gerne.“ Alex warf einen Blick auf die Chips, die neben dem Prinzen auf der Bar lagen. Etwa hundert Euro, rechnete sie im Kopf nach. „Sie spielen?“

„Kaum. Die Einsätze sind so limitiert, dass jeder Anreiz verloren geht. Wissen Sie, ich sehne mich manchmal danach, einmal etwas ganz anderes zu tun. Irgendetwas - Verrücktes!“ Er sah Alex an und ein schelmisches Funkeln trat in seine eisblauen Augen. Ein Funkeln, bei dessen Anblick sich der feine Flaum auf Alex‘ Armen aufrichtete.

„Haben Sie Lust, mit mir etwas Verrücktes zu unternehmen?“

„Und was?“

Alex fühlte sich etwas überrumpelt. Sie hätte nicht gedacht, dass es so einfach sein würde, einen richtigen Prinzen kennenzulernen. Und dass er solch ein Interesse an ihr entwickeln würde, nach so kurzer Zeit. Aber in den Kreisen der oberen Zehntausend war eben alles möglich!

Nikolas überlegte. „Wir könnten uns davonschleichen und spazieren gehen. Wir könnten uns an einem Imbissstand einen Hot Dog kaufen. Haben Sie schon einmal einen Hot Dog gegessen?“

„Ich - glaube nicht“, log Alex.

„Ich auch noch nie.“ Nikolas sprang auf und griff nach ihrer Hand. „Kommen Sie, lassen Sie uns verrückt sein! Heute ist genau die richtige Nacht dafür!“

Alex nahm hastig einen letzten Schluck von ihrem Champagnercocktail und rutschte so elegant und lasziv wie möglich von ihrem Hocker. Spazieren zu gehen war nicht ganz das, was sie sich für diesen Abend vorgestellt hatte, aber was immer ihre Eroberung tun wollte, war ihr Befehl!

Schließlich bekam man nicht jeden Tag die Chance, mit einem waschechten Prinzen eine Verrücktheit anzustellen! Und zumindest brachte dieser Ausflug ihn aus dem Schussfeld der Konkurrenz. Alex konnte sehen, dass Seraphine le Duc sie aus der Ferne immer noch misstrauisch beäugte.

Ohne auf die indignierten Blicke mancher Casino-Besucher zu achten, zog Nikolas sie hinter sich her. Kichernd wie Kinder rannte sie die Stufen des Casinos hinunter.

„Nicht so schnell!“, rief Alex, die in ihren High Heels nur mit Mühe mit dem Prinzen Schritt halten konnte. Kurzentschlossen blieb sie stehen, bückte sich und zog die unbequemen Schuhe von ihren Füßen. „So ist es besser!“, erklärte sie entschieden.

Sie bemerkte den schelmischen Ausdruck in Nikolas‘ Augen, als sie die Heels über ihre Schulter schwang.

„Keine Angst, dir die zarten Füße zu ruinieren?“, bemerkte er ironisch. Das vertrauliche „Du“ schien ihm angesichts ihres gemeinsamen Abenteuers ganz selbstverständlich über die Lippen zu kommen.

Alex bedachte ihn mit einem herausfordernden Blick. „Ich denke, heute Nacht sind andere Körperteile in größerer Gefahr als meine Füße!“

Nikolas erlaubte sich ein verschmitztes Grinsen. „Da könntest du recht haben!“

Er griff wieder nach ihrer Hand und sandte mit der Berührung ein angenehmes Kribbeln durch Alex‘ Körper. Zu Fuß schlenderten sie durch die Altstadt, aßen heiße Würstchen an einer Würstchenbude und tranken dazu Bier aus der Dose. Prinz Nikolas amüsierte sich königlich über sein Abenteuer, und auch Alex war zufrieden, nachdem sie eine warme Mahlzeit im Magen hatte.

Zu guter Letzt setzten sie sich am Hafen auf die Kaimauer und blickten hinaus auf das nächtliche Meer. Sanfte Wellen reflektierten das Mondlicht und zauberten ein ständig wechselndes Muster aus Licht und Schatten auf die Wasseroberfläche, wie in einem überdimensionalen Kaleidoskop.

„Du – bist verheiratet?“, fragte Nikolas nach einer Weile zögernd. Alex seufzte.

„Geschieden. Eine Jugendsünde. Wir waren sehr verliebt, aber es hielt nur einen Sommer an. Zumindest bin ich durch die Ehe hier in Frankreich gelandet. Ich stamme ursprünglich aus dem nebligen England.“

Während sie ihre einstudierte Lebensgeschichte zum Besten gab, musterte Alex Nikolas verstohlen von der Seite. Aufmerksam studierte sie sein markantes Profil mit dem kantigen Kinn und den eindringlichen blauen Augen. Er sah wirklich gut aus! Mehr als gut!

„Und du?“

Nikolas zuckte die Achseln. „Ein paar lockere Beziehungen, aber nichts Ernstes. Ich fürchte, die große Liebe hat mich übersehen. Zumindest bis jetzt!“

Dabei sah er Alex so tief in die Augen, dass sich ihr Herzschlag unwillkürlich beschleunigte. Noch nie hatte ein Mann sie so angesehen, und noch nie hatte sie beim Blick eines Mannes so empfunden!

Dieser Nikolas Wolteschewski hatte etwas an sich, das sie den Prinzen in ihm vollkommen vergessen ließ. Er war einfach nur ein überaus charmanter, attraktiver Mann, und sie hatte das bestimmte Gefühl, dass sie ihn unter den richtigen Umständen sehr gern haben würde. Trotzdem sollte sie es ihm nicht zu leicht machen. Sie räusperte sich.

„Ich – fürchte, ich muss jetzt gehen. Ich habe morgen einige wichtige Termine.“

Der Vollmond tauchte sie beide in ein weiches, silbriges Licht, sodass sie wie entrückt von dieser Welt erschienen. Wie eine Prinzessin im Märchen, dachte Alex unwillkürlich. Sie betete, dass nicht irgendwo eine Turmuhr Mitternacht schlug und den Zauber beendete!

Nikolas griff nach ihrer Hand. „Wann sehe ich dich wieder?“

„Übermorgen bin ich frei“, erwiderte Alex. „Zumindest bis sechs Uhr abends. Dann – treffe ich mich mit meinem Anwalt. Ich möchte mein Weingut in Südfrankreich verkaufen. Ich habe einfach keine Zeit, mich darum zu kümmern.“

Sie improvisierte auf Teufel komm raus. Doch je mehr sie erzählte, desto realer erschien ihr das Ganze. Beinahe konnte sie das Weingut vor sich sehen, eingebettet in die malerische Landschaft der Champagne …

Ich darf nur nicht den Überblick über meine Lügen verlieren, ermahnte Alex sich selbst.

„Dann übermorgen!“, rief Nikolas erfreut. „Ich hole dich gegen zehn Uhr in deinem Hotel ab und wir machen einen Ausflug in die Berge. Einverstanden?“

„Einverstanden!“

Nikolas stand auf und klopfte sorgfältig den Staub von seinem Smoking. Dann zückte er sein Handy. „Gibst du mir deine Nummer? Falls ich Sehnsucht nach deiner Stimme bekomme!“

„Natürlich, gern“, erwiderte Alex lächelnd. Sie tippte ihre Handynummer in sein Gerät. „Aber ich hoffe, du bekommst nicht nur nach meiner Stimme Sehnsucht!“

Nikolas‘ sah sie mit einem schelmischen Funkeln in seinen Augen an. „Ganz bestimmt nicht!“ Ernsthaft fügte er hinzu: „Ich muss gestehen, dass ich mich noch nie zuvor so zu einer Frau hingezogen gefühlt habe wie zu dir. Du hast mich vollkommen verzaubert! Wie machst du das?“

„Das ist mein Geheimnis“, erwiderte Alex lächelnd.

Sie empfand ähnlich wie Nikolas. Natürlich hatte sie in erster Linie ihr Ziel vor Augen (oder zumindest sagte sie sich das selbst), aber das sie den Prinzen überaus sympathisch fand, war nicht unbedingt ein Hindernis dabei.

„Lass mich dich nach Hause bringen“, bot Nikolas ihr an. „In welchem Hotel wohnst du?“

„Im Grand Hotel. Aber es ist wirklich nicht nötig, dass du mich begleitest“, erklärte Alex hastig. „Ich nehme ein Taxi. Da drüben ist ein Standplatz.“

Sie ließ zu, dass Nikolas sie in seine Arme zog und zärtlich küsste. Erneut schoss ein erregtes Kribbeln durch ihren ganzen Körper, und in ihrem Bauch tanzte ein Schwarm von Schmetterlingen Samba, als er sie an sich drückte. Seine Hände streiften über ihren Körper, so als wollte er jeden Zentimeter davon erkunden. Heiße Leidenschaft überschwemmte Alex, ließ sie alles um sich herum vergessen.

Sie schob ihr Becken nach vor, genoss es, seine Erregung zu spüren. Sie wünschte, sie wären allein, irgendwo am Strand. In ihrem Kopf wälzten sich ihre beiden Körper eng umschlungen im warmen Sand, während Nikolas ihre nackte Haut mit Küssen übersäte.

Zu gern hätte sie sich seiner Zärtlichkeit noch länger hingegeben. Sie hätte es nie für möglich gehalten, dass man sich innerhalb so kurzer Zeit so gründlich verlieben konnte. Aber sie musste einen klaren Kopf bewahren. Liebe allein war schließlich nicht alles.

Sanft löste sie sich aus seiner Umarmung und stieg in das Taxi. Nikolas beugte sich noch einmal zu ihr und drückte ihr einen Abschiedskuss auf die Lippen. „Ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen“, flüsterte er. „Vielleicht hat mich die Liebe ja doch gefunden.“

„Das hoffe ich“, flüsterte Alex zurück. Ihr Herz hüpfte wie ein Pingpongball in ihrer Brust. Sie war unsagbar glücklich. Sie hatte einen Mann gefunden, der reich war und in den sie sich auf den ersten Blick verliebt hatte! Was wollte sie mehr?

„Zum Grand Hotel!“, rief sie dem Taxichauffeur zu. Aber kaum waren sie um die Ecke gebogen, befahl sie ihm, anzuhalten. „Ich habe es mir anders überlegt. Ich gehe doch lieber zu Fuß. Wie viel macht das?“

Der Taxichauffeur seufzte. „Nichts. Aber ich wünschte, ihr verrückten Reichen könntet euch endlich mal entscheiden, was ihr wollt!“

Mit einem Lächeln auf den Lippen stieg Alex aus. Sie hob den Saum ihres Abendkleides hoch und tanzte auf dem Kopfsteinpflaster zurück in ihre Pension. Was für eine Nacht!

Als Alex wieder in ihrem Pensionszimmer war, schrieb sie sofort eine Nachricht an ihre Freundinnen, zusammen mit einem Bild ihrer schmutzigen Füße.

„Tolle Neuigkeiten, meine Lieben! Ich habe jemanden kennengelernt! Er ist einfach süß und ich glaube, ich könnte mich in ihn verlieben! Ist das nicht wunderbar?“

Sie hatte vor, noch mehr zu schreiben, von Nikolas‘ blauen Augen und seiner tiefen Stimme zu schwärmen, aber dann ließ sie es lieber doch sein. Immer langsam mit den jungen Pferden, ermahnte sie sich selbst.

Im Moment gingen ihre Gefühle ziemlich mit ihr durch. Aber vielleicht sah die Sache morgen ja schon wieder ganz anders aus. Das Mondlicht hatte schon so manche Nacht verzaubert, aber der nächste Morgen brachte oft die Ernüchterung. Deshalb wollte sie Jess und Miranda gegenüber noch nicht zu viel preisgeben. Und sie versuchte, auch ihre eigenen Erwartungen herunterzuschrauben.

Mal sehen!

Trotzdem machte ihr Herz einen Sprung, als ihr Handy eine neue SMS anzeigte. Sie war von Nikolas!

„Schläfst du schon? Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken! Ich freue mich schon darauf, dich wiederzusehen!“

Alex lächelte glücklich. Sie freute sich auch, riesig sogar. Um genau zu sein, konnte sie es kaum erwarten. Dass sie morgen arbeiten musste, war mehr als ärgerlich, aber es ließ sich leider nicht ändern. Ihren neuen Job gleich wieder sausen lassen wollte sie dann doch nicht. Immerhin bezahlte er die Miete.

„Mir geht es genauso“, antwortete sie. „Wir sehen uns übermorgen!“

„Dann wünsche ich dir eine gute Nacht und süße Träume“, kam die Antwort. „Kuss, Nick!“

Nick! Gedankenverloren ließ Alex sich in die Polster ihres Bettes zurücksinken. Der Kosename passte zu ihm. Nicht dieses alberne „Nicki“, mit dem Seraphine le Duc ihn bedacht hatte, als sei er ein Cocker Spaniel!

„Nick“ dagegen klang verwegen und männlich. Mit klopfendem Herzen dachte sie an den übernächsten Tag. Ein Ausflug mit Nikolas in die Berge. Sie beide allein, umgeben von blühenden Wiesen und schattigen Wäldern, nur gestört durch das Summen der Bienen und das Zwitschern der Vögel. Das versprach ein heißer Tag zu werden, und nicht nur, was das Wetter betraf!

Alex schob das Handy unter ihr Kopfkissen, um nur ja keine Nachricht von Nick zu versäumen. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie die Szenerie in den Bergen beinahe vor sich sehen.

Und mit diesen angenehmen Gedanken schlief sie ein.

3

Der nächste Tag war ausgefüllt mit Proben für ihren ersten Auftritt. Jacques, der Pianist, war ein griesgrämiger Mann Mitte vierzig, der eine Gauloise nach der anderen rauchte, während er lustlos auf den Tasten herumklimperte. Offenbar hielt er sich für zu Höherem berufen, als eine unbekannte junge Sängerin auf dem Klavier zu begleiten.

Papa Noël sollte seine Personalpolitik überdenken, dachte Alex. Mit einem Musiker wie Jacques würde der Club nie das richtige Publikum anlocken. Da brauchte es etwas mehr Pep und Feuer! Aber vielleicht konnte sie mit ihrem Timbre in der Stimme, wie Papa Noël es genannt hatte, und mit dem Rest ihrer Persönlichkeit ja etwas daran ändern.

Obwohl sie ihre Karriereaussichten und das Publikum, das heute Abend auf sie wartete, im Moment kaum interessierten. Sie konnte nicht aufhören, an Nick zu denken. Immer noch spürte sie seine Hände auf ihrem Rücken, fühlte seinen Körper, der sich gegen ihren presste, hatte sein Aftershave in der Nase …

„Sind wir dann so weit?“, unterbrach Jacques übellaunig ihre Gedanken. „Womit wollen Sie beginnen, Mademoiselle?“

Alex überlegte einen Moment und entschied sich dann für La vie en rose. Es hatte ihr bei der Bewerbung Glück gebracht und es passte sehr gut zu ihrer momentanen Gefühlslage. La vie en rose! Auch sie fühlt sich wie auf Rosen gebettet, als würde sie das Leben durch die rosarote Brille sehen. Ob das Liebe war?

„Alors!“, forderte Jacques sie mit der Zigarette im Mundwinkel auf und schlug die ersten Takte des Liedes an.

Alex konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit. Aber sie wünschte, Miranda wäre bei ihr gewesen. Was hätten sie beide für eine Show auf die Beine stellen können! Deshalb entschied sie sich auch, eines von Mirandas Lieblingsliedern in ihr Repertoire aufzunehmen: These Boots Are Made for Walking von Nancy Sinatra.

Nur schade, dass sie keine Noten von Love You Baby dabeihatte. Dann hätte sie Mirandas Song gleich ein wenig unter die Leute bringen können. Aber das würde Miranda schon bald selbst schaffen, davon war Alex überzeugt. Wenn sich dieser amerikanische Produzent nicht von ihrem Talent überzeugen ließ, dann war ihm nicht zu helfen!

Alex seufzte. Hoffentlich ging es der Kleinen gut! Miranda hatte gegen sechs Uhr früh eine kurze Nachricht mit dem Inhalt „Bin gut angekommen! Melde mich wieder!“ geschickt, die Alex nach dem Aufstehen vorgefunden hatte. Von jetzt an würde es mit den gegenseitigen Benachrichtigungen ein wenig schwieriger werden, bei einem Zeitunterschied von sechs Stunden!

Bis zum Ende des Nachmittags hatte Alex schließlich ein hübsches kleines Programm zusammengestellt, mit dem auch Papa Noël zufrieden sein würde. Dabei stellte Alex fest, dass es ihr durchaus Spaß machte, zu singen, obwohl das früher nie ihre Leidenschaft gewesen war. Aber auch beim Singen konnte sie in eine Rolle schlüpfen, sich in eine andere Person verwandeln. In eine Frau von Welt, die das einfache Mädchen aus Liverpool vergessen ließ, das Alex im Grunde ihres Herzens immer noch war.

Nachdem sie wusste, was sie singen wollte, blieb noch die Frage nach ihrer Garderobe zu klären. Alex stöberte ein wenig im Fundus von Amelie Durant, dem Hauptact. Die meisten von Amelies Bühnenkostümen waren hochgeschlossen und wirkten ziemlich altbacken, aber in der hintersten Ecke des Schrankes entdeckte Alex ein kurzes schwarzes Kleid mit langen Fransen, die bis zum Boden reichten, im Stil der Zwanzigerjahre. Wenn sie sich in dem Kleid bewegte, schwangen die Fransen hin und her und gaben dabei sexy Einblicke auf ihre Beine frei. Das war genau das Richtige für sie!

Als sie zurück in ihre Pension kam und ihre Nachrichten abrief, fand sie eine neue SMS von Nick vor: „Wie geht es dir, chérie? Ich hoffe, ich störe dich nicht?“

Lächelnd antwortete Alex: „Du störst mich nie! Leider bin ich noch ziemlich eingespannt. Diese Vertragsverhandlungen ziehen sich endlos. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich zu viel an dich denke! Du hast mich ganz schön verwirrt!“

„Im positiven Sinn, hoffe ich“, schrieb Nick prompt zurück.

„Seeeeeeehr positiv“, gab Alex zur Antwort.

Eine Snapchat-Nachricht unterbrach die Unterhaltung. Es war Jess. Ein Foto einer Straßenszene, offensichtlich von ihrem Café aus geschossen, mit der Meldung: „Hab jemanden kennengelernt! Und er ist sehr nett!“

„Wer ist es?“, snapte Alex sofort zurück. Jetzt, wo sie selbst so glücklich war, lag ihr natürlich auch das Wohlergehen ihrer Freundinnen am Herzen. Und Jess hatte ein wenig Glück mehr als verdient. Aber wie üblich gab diese sich bedeckt.

„Lasst mir noch ein bisschen Zeit. Mal sehen, wie es sich entwickelt.“

Alex überlegte. Ob das wohl dieser „Capitain“ war, von dem Jess ihr bei ihrem Besuch erzählt hatte. Der Capitain war ein schwerreicher Geschäftsmann, der den Sommer auf seiner Jacht in Nizza verbrachte und gerne das Café frequentierte, in dem Jess arbeitete. Jess hatte schon lange ein Auge auf ihn geworfen, aber bisher noch nicht den Mut gehabt, ihn anzusprechen. Alex drückte ihr jedenfalls die Daumen!

Mehrere neue Nachrichten von Miranda waren ebenfalls gespeichert. Sie schickte Fotos von South Beach und aus dem berühmten Art-déco-Viertel von Miami, außerdem von jenem Hard Rock Café, in dem ihr Idol Mystery Jones gearbeitet hatte. Offensichtlich genoss sie ihre Reise!

Alex lächelte, dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr. Jetzt musste sie sich aber beeilen, damit sie nicht zu spät zu ihrem Auftritt kam! Allmählich stellte sich doch eine gewisse Nervosität ein, denn natürlich wollte sie Papa Noël und sein Publikum auf keinen Fall enttäuschen!

Das Lokal war bereits recht gut besucht, als sie eintraf. In erster Linie handelte es sich wohl um Angestellte aus den umliegenden Büros, die sich hier auf einen After-Work-Drink trafen. Die Gespräche waren angeregt, Gelächter erfüllte den Raum. Da würde sie es nicht leichthaben, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen!

Alex ging in die Garderobe und zog sich um. Nachdenklich betrachtete sie sich im Spiegel. Ihr üppiges dunkles Haar umrahmte in weichen Wellen ihr Gesicht und verlieh ihr ein südländisches, exotisches Aussehen. Trotzdem hielt Alex sich nicht für übertrieben hübsch. Ihre Nase war eine Spur zu groß und ihre Augen standen einen Tick zu eng zusammen, um zur klassischen Schönheit zu reichen. Aber sie verstand es, ihre dunklen Augen und ihre vollen Lippen so zu betonen, dass sie eine durchaus auffällige und interessante Erscheinung war.

Ihre kurvige Figur tat ein Übriges. Männer zu beeindrucken und für sich einzunehmen, war ihr nie schwergefallen. Das Problem war eher, dass es kaum Männer gab, die sie beeindrucken wollte. Alex‘ Gedanken wanderten wieder zu Nikolas. Er war da eine seltene Ausnahme! Interessant, charmant, gutaussehend. Was wollte sie mehr?

Trotzdem ließen sich ihre Zweifel nicht ganz vertreiben. Es schien, als hätte Nick nur auf sie gewartet. Aber war das wirklich so? Oder suchte er nur ein Abenteuer? Eine willkommene Abwechslung während seines Aufenthaltes hier in Monte Carlo? Was tat er überhaupt hier? Sicher, der Frühsommer an der Côte d’Azur war herrlich. Aber war das der einzige Grund? Und welche Rolle spielte diese Seraphine le Duc in seinem Leben?

Alex konnte sich zwar nicht so recht vorstellen, was Nick von einer Frau wollte, die um so vieles älter war als er (sie schätzte Nick auf Anfang dreißig), aber der Blick, mit dem er Seraphine im Casino bedachte, hatte eindeutig Interesse ausgedrückt. Vielleicht, überlegte Alex, stand er ja auf reife Frauen?

Wer konnte schon sagen, welche sexuellen Vorlieben ein fast Fremder hegte? Alex erschauderte leicht. Die Vorstellung, irgendeinem Freak in die Hände zu fallen, behagte ihr nicht sonderlich. Aber damit musste man bei Männern leider immer rechnen. Auch wenn Nick nicht wirklich diesen Eindruck machte. Seine Küsse und Berührungen hatten sich sehr echt und vor allen Dingen normal angefühlt.

Trotzdem sollte ich die Sache vielleicht etwas vorsichtiger angehen, dachte Alex. Und gleichzeitig diese Seraphine le Duc im Auge behalten. Falls Nikolas ein Dreiecksverhältnis plante, konnte er mit ihr nicht rechnen. Dafür war sie sich zu schade!

Irritiert hob sie den Kopf, als an ihre Tür geklopft wurde. Papa Noël steckte den Kopf herein. „Sie sind gleich dran, Mademoiselle Alex. Alles ok?“

Alex nickte. „Ich hoffe, ich blamiere mich nicht!“

„In dem Kostüm?“ Papa Noël ließ den Blick über ihre Beine gleiten, die im Sitzen nur sehr notdürftig von den Fransen bedeckt wurden. „Oh là là!“

Mit einem anerkennenden Grinsen und einem „Daumen hoch“ zog er sich wieder zurück. Der Nächste, der die Tür öffnete, war Jacques, der Pianist. Er tippte nur kurz mit dem Finger an seine Schirmmütze und murmelte, die Zigarette im Mundwinkel: „Dix minutes! Zehn Minuten!“

Alex nickte. Jetzt begann ihr Herz doch zu pochen und sie atmete tief durch. Keine Bange, sagte sie sich. Du schaffst das. Du hast schließlich schon oft genug auf einer Bühne gestanden.

Trotzdem ließ sich das Lampenfieber nicht ganz vertreiben.

Um die Lage zu sondieren und die Stimmung im Lokal abzuschätzen, schlich sie den schmalen Gang entlang, der zu ihrer Garderobe führte, und warf einen heimlichen Blick um die Ecke in den Bar-Raum.

Abrupt zuckte sie zurück. Ihr Herz schlug bis zum Hals, und zwar nicht mehr wegen des Lampenfiebers. Da drüben an der Theke stand Nick!

Alex‘ Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. Was er hier wollte, konnte sie sich nicht im Entferntesten vorstellen. Und es spielte auch nicht wirklich eine Rolle. Die Frage war vielmehr, was sie jetzt tun sollte. Er durfte sie auf keinen Fall sehen! Was etwas schwierig war, da sie in ein paar Minuten auf die kleine Bühne des Rose Clubs gehen und ihren Auftritt absolvieren musste!

Hastig lief Alex zurück in ihre Garderobe. Ihre Augen schweiften in Panik durch den kleinen Raum. Es gab nicht einmal ein Fenster, durch das sie hätte verschwinden können! Sollte sie Übelkeit oder irgendein anderes Leiden vortäuschen, um ihren Auftritt absagen zu können? Darüber würde Papa Noël wohl kaum erfreut sein – und ihren Vertrag vielleicht kündigen! Aber welche andere Möglichkeit hatte sie?

Plötzlich blieb ihr Blick an dem hellerleuchteten Spiegel über dem Schminktisch hängen. Die Garderobe war ein kleiner, überfüllter Raum, in dem neben den Kostümen für die Sängerinnen auch noch zahllose andere Dinge zwischengelagert waren, wie Stühle, eine Trommel, die offenbar nicht mehr gebraucht wurde, und eine Trittleiter. Als einziger Schmuck war über dem Spiegel eine venezianische Karnevalsmaske angebracht, die freundlich auf die Künstler herunterblickte, wenn sie vor dem Spiegel saßen, um sich für den Auftritt fertigzumachen.

Das brachte Alex auf eine Idee. Vorsichtig stieg sie auf den Garderobenstuhl und löste die Maske von ihrem Haken. Sie war aus festem, doppelt genähtem Stoff gefertigt und üppig mit Pailletten, Perlen und Federn verziert. Als Alex sie probeweise an ihr Gesicht hielt, stellte sie fest, dass dieses bis zum Mund verdeckt war. Das war die Lösung! Sie würde diese Maske tragen!

Ihre dunkle Mähne bändigte sie hastig zu einer lockeren Hochsteckfrisur, da Nick sie nur mit offenen Haaren kannte. Mit dieser Maskerade sollte die Täuschung gelingen. Zumindest wenn sie ein wenig Glück hatte und Nick der Bühne nicht allzu viel Beachtung schenkte.

Ihr kam noch eine andere Idee: Wie hieß doch gleich diese Sängerin, für die Miranda so schwärmte? Mystery Jones! Die trat auch häufig mit einer Maske auf, die ihr das Aussehen einer Katze gab, ähnlich Catwoman. Das könnte sie doch imitieren?

Zusätzlich zu dem praktischen Zweck, ihre Identität vor Nick zu verbergen, würde die Maske ihrem Auftritt das gewisse Etwas geben, das sie von anderen Sängerinnen unterschied. Dieser Effekt war auch nicht zu unterschätzen!

Als Alex die Garderobe verließ, stieß sie mit Papa Noël zusammen. Irritiert blieb er stehen und starrte sie an. Rasch erklärte Alex: „Ich habe mir einen kleinen Gag für meinen Auftritt einfallen lassen! Würden Sie mich als Madame Mystère ankündigen? Vielleicht wecke ich damit ja zusätzlich das Interesse der Gäste.“