Mit dir kam das Glück zu mir - Toni Waidacher - E-Book

Mit dir kam das Glück zu mir E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sich auf dem Brucknerhof, unterhalb des Koglers, schon Leben regte. Bauer und Knecht waren damit beschäftigt, die Kühe zu melken und nach draußen zu treiben, die Schweine zu füttern und die Ställe auszumisten. Im Bauernhaus stand Maria Sonninger in der Küche und bereitete das Frühstück zu. Die alte Magd hatte den Tisch gedeckt, Brot aufgeschnitten und Wurst, Käse und Marmelade bereitgestellt. Der Kaffee duftete schon aus der Kanne, die sie, zum Warmhalten, auf ein Stövchen gestellt hatte, in dem ein Teelicht brannte. Maria setzte sich auf ihren Platz und wartete darauf, daß die beiden Männer zum Frühstück kamen. Dabei fiel ihr Blick auf das gerahmte Foto, das an der Wand, über der Eckbank, hing, gleich neben dem Holzkreuz. Das Bild zeigte Annelore Bruckner, die verstorbene Frau des jungen Bauern, die viel zu früh aus ihrem irdischen Leben abberufen worden war. Die Magd faltete die Hände und sprach ein Gebet für die Verstorbene, so wie sie es immer tat, wenn sie alleine am Tisch saß. Nach einer Weile hörte sie die Tür gehen, und Bauer und Knecht kamen herein. Wortlos setzten sie sich zu ihr. Maria schenkte Kaffee ein und bediente sich selber am Brotkorb. Wie beinahe jeden Morgen verlief das Frühstück in schweigsamer Atmosphäre, erst danach sprach man über die zu erledigende Arbeit. »Fährst nachher rauf, zum Bergwald«, sagte Tobias Bruckner, an seinen Knecht gewandt. »Ich hab' die Stämme gekennzeichnet, die geschlagen werden sollen.« »Ist recht«, nickte Vinzenz Unreuth. »Aber denk' dran, daß der Traktor nachgesehen werden muß.« »Ja, ich weiß«

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Der Bergpfarrer – 362 –

Mit dir kam das Glück zu mir

... habe ich es schon verspielt?

Toni Waidacher

Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sich auf dem Brucknerhof, unterhalb des Koglers, schon Leben regte. Bauer und Knecht waren damit beschäftigt, die Kühe zu melken und nach draußen zu treiben, die Schweine zu füttern und die Ställe auszumisten.

Im Bauernhaus stand Maria Sonninger in der Küche und bereitete das Frühstück zu. Die alte Magd hatte den Tisch gedeckt, Brot aufgeschnitten und Wurst, Käse und Marmelade bereitgestellt. Der Kaffee duftete schon aus der Kanne, die sie, zum Warmhalten, auf ein Stövchen gestellt hatte, in dem ein Teelicht brannte.

Maria setzte sich auf ihren Platz und wartete darauf, daß die beiden Männer zum Frühstück kamen. Dabei fiel ihr Blick auf das gerahmte Foto, das an der Wand, über der Eckbank, hing, gleich neben dem Holzkreuz. Das Bild zeigte Annelore Bruckner, die verstorbene Frau des jungen Bauern, die viel zu früh aus ihrem irdischen Leben abberufen worden war.

Die Magd faltete die Hände und sprach ein Gebet für die Verstorbene, so wie sie es immer tat, wenn sie alleine am Tisch saß.

Nach einer Weile hörte sie die Tür gehen, und Bauer und Knecht kamen herein. Wortlos setzten sie sich zu ihr. Maria schenkte Kaffee ein und bediente sich selber am Brotkorb. Wie beinahe jeden Morgen verlief das Frühstück in schweigsamer Atmosphäre, erst danach sprach man über die zu erledigende Arbeit.

»Fährst nachher rauf, zum Bergwald«, sagte Tobias Bruckner, an seinen Knecht gewandt. »Ich hab’ die Stämme gekennzeichnet, die geschlagen werden sollen.«

»Ist recht«, nickte Vinzenz Unreuth. »Aber denk’ dran, daß der Traktor nachgesehen werden muß.«

»Ja, ich weiß«, erwiderte der Bauer. »Allerdings hat das Zeit bis zum Nachmittag.«

Er kratzte sich am Kopf.

»Ich würd’ ja mitkommen. Aber ich muß nachher zum Steuerberater in die Stadt. Der Fünfzehnte war schon, und er hat mich schon zweimal angemahnt. Ich kann’s wirklich net weiter hinausschieben.«

»Net weiter schlimm«, meinte der Knecht, der schon unter dem Vater des jetzigen Bauern auf dem Hof geschafft hatte.

»Gut«, nickte Tobias zufrieden und sah die Magd an. »Brauchst was aus der Stadt? Dann schreib’s mir auf.«

Maria schüttelte den Kopf.

»An Vorräten ist alles da«, antwortete sie.

Zwei Stunden später stand der Brucknerbauer in der Diele, die Unterlagen für die landwirtschaft-liche Steuerberatungsgesellschaft unter dem Arm, und knöpfte seine Jacke zu. Maria Sonninger rumorte in der Küche. Tobias steckte seinen Kopf durch die Tür.

»Ich fahr’ dann. Zum Mittag bin ich wieder zurück.«

Maria, die den Küchenschrank ausgeräumt hatte und die Fächer mit einem Lappen säuberte, sah von ihrer Arbeit auf.

»Ich koch’ dir dein Leibgericht«, lächelte sie. »Kraut, mit Kartoffeln und Rauchfleisch.«

Tobias lächelte ebenfalls. Achtundzwanzig Jahre war er jetzt alt, und Maria und Vinzenz kannten ihn seit seiner Geburt. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie es einmal ohne die beiden sein würde.

»Du verwöhnst mich«, sagte er. »Also, bis später, ich bring’ dir eine Schachtel Cremehütchen mit.«

Die Augen der Magd leuchteten. Cremehütchen waren fürchterlich süß, und Maria naschte sie am liebsten!

Sie hörte den Bauern vom Hof fahren und setzte ihre Arbeit fort. Allerdings ging sie ihr nicht mehr so flott von der Hand wie früher. Immer öfter mußte Maria Sonninger eine Pause machen, immer öfter merkte sie, wie ihr die Luft weg blieb und sie nach Atem ringen mußte.

Auch jetzt war es wieder soweit. Dazu kam dieser stechende Schmerz in der Herzgegend.

Sie müsse sich schonen, hatte der Dr. Wiesinger bei der letzten Untersuchung gesagt. Aber Maria hatte keine Zeit, sich zu schonen, wenn sie zwei Männer versorgen mußte und auch sonst alle Arbeiten zu erledigen hatte, die eine Magd nun einmal verrichtete.

Was spielte es da schon für eine Rolle, daß sie langsam auf die Siebzig zuging. Natürlich hätte sie längst in Rente gehen können. Aber daran war nicht zu denken, und schon gar nicht nach dem frühen Tod der Bäuerin.

Was hätt’ der Tobias denn anfangen sollen, ohne sie?

Die Schmerzen in der Brust nahmen zu, strahlten auch in die Schulter und Arme aus. Maria spürte, wie ihr schwindlig wurde. Kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn, und das Frühstück machte sich unangenehm im Magen bemerkbar.

Ächzend rappelte sie sich auf und wankte zur Eckbank. Vor ihren Augen drehte sich alles, als sie sich darauf niederließ.

Ein Stöhnen entrang sich ihren Lippen, dann sank sie mit dem Kopf auf den Tisch.

*

In der Scheune saß Vinzenz Unreuth fluchend auf dem Traktor und versuchte, ihn zu starten. Seit einer halben Stunde wollte er bereits auf dem Weg zum Bergwald sein, doch das verflixte Ding sprang einfach nicht an.

Es war zum Verzweifeln! In der letzten Woche hatte der Traktor schon einmal solche Macken gezeigt. Der Bauer hatte daraufhin gemeint, die Maschine müsse mal durchgesehen werden. Allerdings war der Traktor dann doch angesprungen, und sie hatten aufs Feld fahren können.

Aber heute schien es aussichtslos zu sein.

Vinzenz blickte auf die Uhr. Kurz vor acht. In der Werkstatt würde bestimmt schon jemand sein, der heraufkommen konnte, um sich den Traktor mal anzusehen.

Der Knecht wischte sich die ölverschmierten Hände an seiner Arbeitshose ab und stapfte zum Haus hinüber. Einen ganz trockenen Hals hatte er bei dieser Arbeit bekommen. Er mußte erst einmal etwas trinken und öffnete die Tür zur Küche.

»Immer dieser Ärger mit dem Traktor«, schimpfte er, in der Annahme, Maria wäre in der Küche.

Da war sie auch. Allerdings konnte sie nicht hören, was Vinzenz sagte.

Verdutzt schaute er auf die Magd und faßte sie dann vorsichtig an die Schulter.

»Maria, was hast’ denn?« fragte er.

Statt eine Antwort zu geben, rutschte die schlaffe Gestalt ein Stück tiefer, der Kopf neigte sich zur Seite, und Vinzenz schaute auf das totenbleiche Antlitz der alten Frau.

»Maria, um Himmels willen!«

Der Knecht zögerte keinen Moment. Er lief durch die Diele in das Arbeitszimmer des Bauern, wo das Telefon stand. Die Nummer des Arztes hatte Tobias Bruckner auf eine Liste geschrieben, die gleich daneben lag. Auf ihr standen alle wichtigen Telefonnummern.

Vinzenz wählte mit fliegenden Fingern. Hoffentlich ist überhaupt schon jemand in der Praxis, dachte er angstvoll und atmete erleichtert auf, als nach dem dritten Klingeln abgehoben wude. Hastig nannte er seinen Namen.

»Bitte, schicken S’ den Doktor zum Brucknerhof«, flehte er die Arzthelferin an. »Es geht um Leben und Tod!«

»Wer ist denn verletzt?« wollte die Frau am anderen Ende der Leitung wissen.

»Die Maria«, rief der Knecht. »Unsre Magd. Ich glaub’, es ist das Herz.«

Eben war ihm eingefallen, daß Maria ihm vor einiger Zeit erzählt hatte, sie habe immer öfter Beschwerden in der Herzgegend. Bestimmt war das der Grund, warum sie so leblos in der Küche saß.

»Ich sag’ Doktor Wiesinger sofort Bescheid«, versprach die Arzt-helferin und legte auf.

Für Vinzenz Unreuth begannen nun bange Minuten des Wartens. Er war in die Küche zurückgekehrt, Maria hatte sich anscheinend immer noch nicht gerührt. Behutsam faßte er ihre Schulter und lehnte sie zurück.

Gott sei Dank, sie atmete noch!

Der Knecht sah sich um. Er überlegte, was er tun konnte, aber ihm fiel nichts Rechtes ein. Schließlich nahm er ein Geschirrtuch und wischte damit den Schweiß von Marias Stirn.

Endlich hörte er einen Wagen auf den Hof fahren. Das mußte der Arzt sein. Der Knecht eilte zur Tür.

»In der Küche, Herr Doktor«, rief er.

Toni Wiesinger hatte seine Tasche abgestellt und beugte sich über die Magd, über deren Lippen ein leises Stöhnen kam.

»Helfen S’ mir«, sagte er zu dem Knecht. »Wir müssen sie hinlegen.«

»Im Wohnzimmer steht ein Sofa«, schlug Vinzenz vor. »Hier, gleich durch die Tür.«

Gemeinsam betteten sie Maria Sonninger auf das Sofa, und dann untersuchte der Arzt die Frau.

»In der letzten Zeit hat sie manchmal über Herzbeschwerden geklagt«, sagte der Knecht noch, ehe er nach draußen ging und angstvoll abwartete.

Der Arzt untersuchte schnell und umsichtig. Der Blutdruck der Magd war viel zu hoch. Dies und alle anderen Umstände wiesen auf einen Herzinfarkt hin. Toni Wiesinger spritzte ein Mittel zur Blutverdünnung und eines, um den Blutdruck zu senken. Besorgt horchte er die Magd ab und nickte schließlich, als Maria die Augen aufschlug.

»Na, was machen S’ denn für Sachen?« sagte Dr. Wiesinger. »Ich hab’ Ihnen doch gesagt, daß Sie ein bissel kürzer treten solln.«

»Ich weiß auch net«, kam es matt über die Lippen der Magd. »Plötzlich wurd’ mir ganz schummrig.«

Dr. Wiesinger nickte, das hatte er schon oft gehört.

»Sie müssen ins Krankenhaus, Maria«, erklärte er und hob beschwichtigend die Hand, als er das entsetzte Gesicht sah. »Regen S’ sich net auf. Aber es kann sein, daß Sie einen Herzinfarkt hatten. Damit ist net zu spaßen, das muß untersucht werden. Sie haben Glück, daß der Vinzenz Sie rechtzeitig gefunden hat.

Ich geb’ Ihnen jetzt erst nochmal ein bissel Nitrospray. Das ist, damit die Gefäße sich weiten und das Blut besser fließen kann. Machen S’, bitt’ schön, mal den Mund auf.«

Der Arzt gab drei Stöße von dem Spray unter die Zunge der Frau, die wegen des Geschmacks das Gesicht verzog.

»Ich weiß, es gibt bestimmt etwas, was leckerer ist«, schmunzelte der Arzt. »Aber es hilft.«

Er sah sich um.

»Wo kann ich telefonieren?«

»Im Arbeitszimmer. Der Vinzenz kann es Ihnen zeigen.«

Kaum eine Viertelstunde später war der Rettungswagen da, und die Magd wurde auf der Krankentrage hineingeschoben. Dr. Wiesinger informierte den Notarzt und versprach Maria, sie in der Mittagspause im Krankenhaus zu besuchen.

»Wird sie wieder ganz gesund?« fragte der Knecht, als der Wagen abgefahren war.

Der Arzt sah den Knecht an und hob die Schultern.

»Wir wollen das Beste hoffen«, antwortete er. »Die Maria kann nur von Glück sagen, daß du sie gefunden hast. Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute.«

Er verabschiedete sich.

»Sobald ich was aus dem Krankenhaus weiß, ruf’ ich euch an. Der Bauer ist net da?«

»Nein, der mußte in die Stadt, zum Steuerberater.«

»Na, dann grüß ihn mal von mir. Wie gesagt, ich meld’ mich.«

Vinzenz Unreuth stand einsam auf dem Hof und sah dem davonfahrenden Arzt hinterher. Der alte Knecht schluckte. An die vierzig Jahre schafften er und Maria schon hier auf dem Hof.

Wenn sie nur wieder gesund wurde!

Der Alte fuhr sich über das Gesicht. Das Drama, das er eben miterlebt hatte, erinnerte ihn auf fatale Weise an den Tod der jungen Bäuerin...

Auch da war ein Notarztwagen vom Hof gefahren, doch die Kranke, die darin lag, war nicht wieder nach Hause zurückgekehrt!

*

Gut gelaunt schlenderte Tobias Bruckner durch die Stadt. Den ungeliebten Termin bei der Steuerberatungsgesellschaft hatte er hinter sich gebracht. Jetzt wollte er noch schnell die Cremehütchen für Maria kaufen, die es nur in einem bestimmten Geschäft gab, und dann zurückfahren. Vinzenz würde wahr-scheinlich bis zum Mittag im Bergwald fertig sein, und er, Tobias, freute sich schon auf das angekündigte Mittagessen. Danach wollte er mit dem Traktor in die Werkstatt fahren und ihn überholen lassen.

Das Schokoladengeschäft befand sich mitten in der Fußgängerzone. Neben edlen Pralinen, verschiedenen Nougatsorten und Schokoladentafeln gab es hier eben jene Cremehütchen, die Maria so gerne naschte. Tobias hatte einmal, eher zufällig, eine Schachtel davon mitgebracht, seither war es zur Pflicht geworden, jedes Mal, wenn er in der Stadt war, wieder welche zu besorgen.

Die junge Verkäuferin hinter dem Tresen schien ihn wiederzuerkennen, jedenfalls lächelte sie, als er eintrat.

»Na, sollen’s wieder die Cremehütchen sein?« fragte sie. Der Bauer nickte.

»Ja, bitt’ schön, und wenn S’ sie mir einpacken würden?«

Maria liebte das schöne Verpackungsmaterial beinahe noch mehr als den Inhalt. Sorgsam wurde das Papier gebügelt und zum Einpacken von Geburtstagsgeschenken und anderen Aufmerksamkeiten verwendet.

»Aber sehr gern«, sagte die Verkäuferin und band noch eine silberfarbene Kordel um das Päckchen.

Tobias bezahlte und bedankte sich.

»Bis zum nächsten Mal«, rief die junge Frau ihm nach.

Dem jungen Bauer lief ein Lächeln über das Gesicht. Unter anderen Umständen wäre er einem Flirt nicht abgeneigt gewesen, und es tat wirklich gut zu spüren, daß er für eine Frau immer noch attraktiv war.

Indes – für Tobias Bruckner würde es keine Liebe mehr geben, denn die war mit seiner Annelore gestorben.

Er schluckte, als er an seine Frau dachte. Bis zum letzten Atemzug hatte sie gekämpft und dann doch gegen die tückische Krankheit verloren. Auf dem Sterbebett hatte er ihr versichert, wie sehr er sie liebe und daß es keine andere Frau für ihn geben könne, als nur sie.

Annelore Bruckner hatte milde gelächelt. Ihr war wohl bewußt, daß sie nie mehr nach Hause würde zurückkehren und hatte ihren Mann beschworen, nicht für den Rest seines Lebens alleine zu bleiben.

Doch Tobias hatte seit damals keine Frau mehr an sich herangelassen. Regelrecht vergraben hatte er sich auf seinem Hof und war nicht mehr aus dem Haus gegangen, wenn es nicht unbedingt sein mußte.

Im Dorf sah man ihn nur, wenn er, mit Knecht und Magd, am Sonntag zur Messe ging oder zum Grab, den Tanzabend im Löwen hatte der Bauer nie wieder besucht.

Die Musik aus dem Autoradio lenkte ihn ein wenig von seinen trüben Gedanken ab. Tobias fuhr so schnell, wie es der Verkehr zuließ und erreichte seinen Hof kurz vor der Mittagszeit.

Erstaunt sah er, daß der Traktor in der Scheune stand.

War der Knecht so schnell im Bergwald fertig geworden?

Im selben Moment kam Vinzenz Unreuth aus dem Haus gelaufen und fuchtelte aufgeregt mit den Armen.

»Die Maria...«, rief er.

Tobias Bruckner war ausgestiegen. Ein heißer Blutstrom schoß jähe zu seinem Herzen, als er den Alten so aufgeregt aus dem Haus kommen sah. Irgend etwas war mit der Magd.

»Was ist mit der Maria?« fragte er, noch ehe er ganz ausgestiegen war.

»Ins Krankenhaus haben sie sie gefahren«, antwortete Vinzenz. »Ich hab’ sie gefunden, in der Küch’. Kreidebleich hat s’ ausgesehn, die Maria, und bewußtlos ist s’ gewesen!«

Tobias fuhr erschrocken zusammen.

»Was ist denn geschehen?« fragte er entsetzt.

»Wahrscheinlich ein Herzinfarkt, sagte der Doktor Wiesinger.«

Der Knecht stand da mit hängenden Schultern.

»Und der Traktor ist auch hinüber« fügte er hinzu. »Aber das war ein Segen, sagt der Doktor, weil ich deswegen ins Haus bin, um zu telefonieren, und da hab’ ich sie gefunden, die Maria.«

In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Über der Tür des Bauernhauses war eine Außenklingel angebracht, damit man es auch hören konnte, wenn jemand anrief und man draußen zu tun hatte. Tobias eilte hinein und lief in das Arbeitszimmer.

»Bruckner«, rief er atemlos, nachdem er den Hörer abgenommen hatte.

»Praxis Wiesinger«, hörte er eine Frauenstimme. »Ich verbinde mit dem Herrn Doktor.«

»Tobias, ich bin’s, Toni«, hörte er gleich darauf die Stimme des Arztes.

Während der Krankheit der Bäuerin hatte der Dorfarzt beinahe mehr Zeit auf dem Hof verbracht als zu Hause. Es ergab sich von selbst, daß die beiden Männer immer vertrauter miteinander wurden und sich schließlich duzten.

»Mensch, Toni, ich bin grad’ nach Haus’ gekommen und hör’ so eine Nachricht«, sagte der Bauer. »Wie geht’s Maria? Weißt’ schon was?«

»Ja, ich hab’ gerade mit dem Krankenhaus telefoniert. Es geht ihr, den Umständen entsprechend, einigermaßen gut. Es war ein Herzinfarkt, ein leichter zwar, aber immerhin.«

»Sie..., sie wird doch durchkommen?« fragte Tobias mit belegter Stimme.