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Folge 3: Auf dem leerstehenden Gelände einer alten Farm am Rand von Lower Foxdale siedelt sich die Kultgemeinschaft "Kinder Avalons" an. Die Neuankömmlinge erregen die Gemüter, und im Ort regt sich Widerstand gegen die selbsternannten Druiden. Als die stellvertretende Vorsitzende des Gemeinderats ermordet an einer alten heidnischen Kultstätte aufgefunden wird, eskaliert die Situation! Denn für die Bewohner von Foxdale ist klar, wo der Mörder zu suchen ist: bei den seltsamen Fremden. Pomona weigert sich, das zu glauben. Gemeinsam mit June beginnt sie, eigene Nachforschungen anzustellen und hofft, die Kultgemeinschaft von dem schlimmen Verdacht befreien zu können.
Über die Serie:
Traumhafte Gärten, eine wunderschöne Landschaft und mystische Orte - dafür steht die Grafschaft Somerset. Als die junge Londonerin June das Cottage und den Buchladen ihrer Tante erbt, beschließt sie, dort neu anzufangen. Doch auch in der südenglischen Idylle gibt es dunkle Schatten und Verbrechen ... Wie gut, dass ihr die quirlige Pomona mit ihrem Hang zu Tarot und Esoterik und der sympathische Antiquar Mr. Whalley bei ihren Ermittlungen zur Seite stehen. Und dann gibt es da den attraktiven Detective Seargeant Sean Darcy, der bei der Verbrecherjagd auch noch ein Wörtchen mitzureden hat ...
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Seitenzahl: 207
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Traumhafte Gärten, eine wunderschöne Landschaft und mystische Orte – dafür steht die Grafschaft Somerset. Als die junge Londonerin June das Cottage und den Buchladen ihrer Tante erbt, beschließt sie, dort neu anzufangen. Doch auch in der südenglischen Idylle gibt es dunkle Schatten und Verbrechen … Wie gut, dass ihr die quirlige Pomona mit ihrem Hang zu Tarot und Esoterik und der sympathische Antiquar Mr. Whalley bei ihren Ermittlungen zur Seite stehen. Und dann gibt es da den attraktiven Detective Seargeant Sean Darcy, der bei der Verbrecherjagd auch noch ein Wörtchen mitzureden hat …
Auf dem leerstehenden Gelände einer alten Farm am Rand von Lower Foxdale siedelt sich die Kultgemeinschaft »Kinder Avalons« an. Die Neuankömmlinge erregen die Gemüter, und im Ort regt sich Widerstand gegen die selbsternannten Druiden. Als die stellvertretende Vorsitzende des Gemeinderats ermordet an einer alten heidnischen Kultstätte aufgefunden wird, eskaliert die Situation! Denn für die Bewohner von Foxdale ist klar, wo der Mörder zu suchen ist: bei den seltsamen Fremden. Pomona weigert sich, das zu glauben. Gemeinsam mit June beginnt sie, eigene Nachforschungen anzustellen und hofft, die Kultgemeinschaft von dem schlimmen Verdacht befreien zu können.
Juniper »June« Morgan (34) zieht aus London in den kleinen Ort Lower Foxdale in der Grafschaft Somerset. Von ihrer verstorbenen Tante Sheila hat sie ein hübsches kleines Cottage und einen Buchladen im nahegelegenem Glastonbury geerbt. Außerdem ein Päckchen Tarotkarten, dass June trotz ihrer Skepsis oft erstaunlich hilfreiche Hinweise zu liefern scheint. In der scheinbar heilen Welt des ländlichen Idylls möchte June die persönliche und berufliche Krise überwinden, in der sie gerade steckt. Doch kurz nach ihrer Ankunft kommt June einem Verbrechen auf die Spur und hat plötzlich ganz andere Probleme …
Pomona »Mona« Quimby (60) war die beste Freundin von Junes verstorbener Tante und ihre Geschäftspartnerin im Buchladen. Sie ist ein lebenslustiger Freigeist, Expertin für Tarot und Esoterik und beherrscht das kreative Chaos. Eine gute Tasse Tee und eine Kuscheleinheit mit ihren Katzen ist für sie ein Allheilmittel.
Rufus Whalley (55) ist der Inhaber des Antiquariats gegenüber dem Buchladen. Natürlich kennt er sich bestens mit Literatur, Geschichte und den Mythen und Legenden rund um Somerset aus. Er ist stets akkurat, sehr belesen, intelligent und heimlich in Pomona verliebt.
Detective Sergeant Sean Darcy (35) heißt nicht nur wie der Protagonist in Jane Austens Stolz und Vorurteil, sondern kann auf den ersten Blick auch ziemlich überheblich und arrogant wirken. Doch der erste Eindruck täuscht, denn eigentlich ist er ganz umgänglich …
Das Rätsel der Druiden
June fröstelte und rieb sich die Oberarme. Aufgrund der hohen Energiekosten wurde der Gemeindesaal nicht mehr durchgängig beheizt, und offenbar war die Heizung erst kurz vor der Gemeinderatssitzung aufgedreht worden. »Erklär es mir doch noch einmal«, flüsterte June. »Warum genau bin ich hier und friere mir den Hintern ab?«
»Weil du meine Freundin bist, du mich liebst und es mir wichtig ist«, erwiderte Pomona ungerührt.
»Bisher hast du dich nicht sonderlich für Lokalpolitik interessiert«, raunte June. »Und wegen deiner komischen Sekte …«
»Die Kinder Avalons sind keine Sekte, es ist eine spirituelle Gemeinschaft«, zischte Mona ärgerlich zurück.
»Schön, dann eben eine …«
»Pst!«, machte Mona. »Ich glaube, es geht los.«
»Ich wusste ja gar nicht, dass Thomas Grainger ebenfalls im Gemeinderat ist«, flüsterte June. »Das könnte natürlich auch dein plötzliches Interesse erklären.«
»Pst!«, zischte Pomona abermals, grinste aber verschmitzt und stieß June mit dem Ellenbogen sanft in die Seite.
Auf ein Hüsteln von Sharon Criddle, der ersten Vorsitzenden, folgte ein allgemeines Stühlerücken, dann legte sich eine erwartungsvolle Stille über den Saal. Sharon war eine rundliche, sommersprossige Frau mit kinnlangen roten Haaren und rosigen Wangen, die für June irgendwie etwas Frisches und Gesundes ausstrahlte wie ein Apfel.
»Liebe Ratsmitglieder, liebe Dorfgemeinde, ich begrüße euch alle zur ersten Gemeinderatssitzung im neuen Jahr, die aufgrund des allgemeinen Interesses in Bezug auf einige Tagesordnungspunkte ausnahmsweise in Teilen öffentlich stattfinden wird. Wie ihr der Tischvorlage entnehmen könnt, geht es unter Punkt eins des öffentlichen Teils um die Probleme mit der Beheizung des Gemeindesaals. Wie ihr alle wisst, eine etwas unglückliche Situation, die für viel Ärger und Unmut bei den Gruppen, die sich hier treffen und proben gesorgt hat. Wir hoffen, dass wir eine für alle zufriedenstellende und dennoch kostengünstige Lösung finden. Unter Punkt zwei wird es um den Verkauf des sich im Besitz der Gemeinde befindlichen Grundstücks der ehemaligen Twin Elm Farm gehen, das an den Hof der Familie Grainger angrenzt.«
Dieser Ankündigung folgte ein Gemurmel, und Sharon räusperte sich erneut. »Auch hier besteht seitens der Gemeinde offenbar Gesprächsbedarf. Ich habe die Ratsmitglieder gebeten, die Situation kurz zu umreißen und das Für und Wider zusammengefasst darzustellen. Anschließend möchten wir von euch noch einmal ein Stimmungsbild einholen, das wir dann mit in die anschließende geheime Abstimmung nehmen werden.«
June unterdrückte ein Gähnen, was ihr nicht besonders gut gelang. Mona schmunzelte. »Na, das fängt ja schon gut an mit dir.«
»Du kannst mich ja wecken, wenn wir bei Tagesordnungspunkt zwei sind«, wisperte June und grinste.
Nachdem der Chor, die Laienspielgruppe, der Literaturkreis sowie der Yoga-Kurs ihr Leid geklagt hatten, wie untragbar die derzeitige Heizungssituation war, einigte man sich recht schnell auf den Vorschlag, die Heizung jeweils eine Stunde früher anzuwerfen und Chor- und Theaterprobe zu verlegen, damit sie direkt hintereinander stattfinden könnten und der Saal auf diese Weise nur einmal geheizt werden müsste.
»Hoffentlich geht der Rest auch so schnell«, murmelte June.
»Das wage ich zu bezweifeln«, erwiderte Pomona. »Der Verkauf wurde schon im Vorfeld ziemlich kontrovers diskutiert.«
»Ich übersetze mal: Im Trout sind ordentlich die Fetzen geflogen.« June kicherte. »Ich war zufällig gerade mit Simon und Colin dort. Myriam Nightingale und Thomas Grainger sind ziemlich aneinandergeraten.«
»Ich glaube, die beiden waren sich noch nie besonders grün«, flüsterte Pomona hinter vorgehaltener Hand.
»Wirklich? Sind sie nicht Cousin und Cousine?«
»Pst!«, machte die Dame neben June und warf ihnen einen bösen Blick zu.
»Entschuldigung«, flüsterte June und strich sich verlegen eine Strähne ihres rötlich blonden Haars hinters Ohr.
»Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt zwei, den Verkauf des Geländes der ehemaligen Twin Elm Farm. Dafür übergebe ich das Wort Myriam Nightingale, unserer zweiten Vorsitzenden.« Sharon setzte sich, und die Frau mit den dunkelbraunen Haaren und dem akkurat geschnittenen Pony, die mit ernster Miene neben ihr gesessen hatte, erhob sich. Ihr Habitus und die bemerkenswert aufrechte Haltung passten irgendwie dazu, dass sie jeden Sonntag als Pfarrerin von der Kanzel zu ihrer Gemeinde sprach.
»Danke, Sharon. Kommen wir also gleich zum Punkt«, begann Myriam Nightingale ohne Umschweife. »Wie ihr sicher wisst, ist im vergangenen Jahr der alte Harold Davis im Alter von einundneunzig Jahren verstorben. Da er leider keine Kinder oder sonstige lebende Verwandte hatte, hat er den Resthof und das dazugehörige Land der Gemeinde vermacht. Vor einem halben Jahr fand sich mit der hier anwesenden Ms Eva Loxton dann eine Pächterin, die den Wunsch äußerte, gemeinsam mit einigen Bekannten dort einen Selbstversorgerbetrieb aufzubauen.«
Myriam richtete ihren Blick auf eine etwas eigentümlich gekleidete Frau, die zwei Reihen vor June und Pomona auf der rechten Seite saß.
»Das ist Ceridwen«, flüsterte Pomona. »Eine tolle Frau. Bei ihr habe ich das Kräuterseminar gemacht, von dem ich dir erzählt habe.«
»Ceridwen? Ich dachte, sie heißt Eva Loxton.«
»Ceridwen ist ihr avalonischer Name.«
Abermals fingen die beiden sich einen finsteren Blick von der Dame neben ihnen ein, und June beschloss, das Thema nicht weiter zu verfolgen. Wenn es um ihren Esoterikkram ging, warfen Pomonas Erklärungen für sie ohnehin meistens mehr Fragen auf, als sie beantworteten. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Myriam Nightingale, die zweite Gemeinderatsvorsitzende.
Die hatte inzwischen den aktuellen Status der Grundstücksangelegenheit erklärt, wie June mit halbem Ohr mitbekommen hatte. Ms Loxton und die Bewohner ihrer Selbstversorgergemeinschaft hatten offenbar Interesse daran, das Grundstück zu kaufen, um sich dauerhaft in Lower Foxdale niederzulassen, was im Gemeinderat für viel Wirbel gesorgt hatte.
»Nun, aufgrund der kontroversen Diskussion im Gemeinderat hat mich Thomas Grainger darum gebeten, vor der eigentlichen Abstimmung eine außerordentliche öffentliche Sitzung einzuberufen, um eure Meinung zu erfahren.« Sie warf dem attraktiven Obstbauern von der Frog Lane Farm, auf den Pomona schon länger ein Auge geworfen hatte, einen geringschätzigen Blick zu und fuhr fort:
»Viele von uns sind besorgt, denn Ms Loxton hat uns einige nicht ganz unwesentliche Details über ihre Selbstversorgergemeinschaft vorenthalten, als es um die Unterzeichnung des Pachtvertrages ging. Sie versäumte zu erwähnen, dass es sich bei dieser Gemeinschaft um eine pseudoreligiöse, okkulte Vereinigung handelt. Wie einige andere Ratsmitglieder mache ich mir, gerade in meiner Eigenschaft als Pfarrerin der Gemeinde, große Sorgen, dass eine dauerhafte Ansiedelung einer solchen Sekte in unserer Gemeinde eine große Gefahr darstellen könnte und …«
»Vielleicht lässt du Ms Loxton ihre spirituelle Gemeinschaft einmal in ihren eigenen Worten vorstellen, Myriam!«, rief Thomas Grainger dazwischen. Optisch war er mit seinen strubbelig wirkenden braunen Haaren, dem lässigen Henley-Shirt, den ausgebeulten Jeans und Bikerboots ein deutlicher Kontrast zu Myriam, die in ihrer weißen Schluppenbluse und der dunklen Marlenehose auch problemlos in den Vorstand einer Bank gepasst hätte. »Schließlich möchten wir, dass die Leute sich aufgrund von Tatsachen eine eigene Meinung bilden. Und die verdrehst du in deiner Darstellung einmal wieder ganz gewaltig!«
»Ich wüsste nicht, dass Sharon dir das Wort erteilt hat, Thomas«, giftete Myriam und betonte seinen Namen dabei auf eine Weise, als wolle sie etwas unangenehm Schmeckendes ausspucken. »Also unterbrich mich bitte nicht.«
William Harris, der am anderen Ende der langen Tischreihe zu Myriams Rechter saß, räusperte sich. »Also, in gewisser Weise muss ich Thomas durchaus zustimmen. Um zu beurteilen, inwieweit Ms Loxton und ihre Mitbewohnerinnen und Mitbewohner sich harmonisch in unsere Gemeinde einfügen und das Gemeindeleben aktiv mitgestalten könnten, wäre es doch ganz hilfreich, zu erfahren, um welche Art der Gemeinschaft es sich handelt. Und ich fände es nur fair, wenn wir Ms Loxton Gelegenheit gäben, das in ihren eigenen Worten zu tun.«
»Man merkt fast gar nicht, dass er einmal Lehrer war, was?«, flüsterte Pomona und kicherte.
»Also gut. Wenn ein allgemeines Interesse daran besteht«, gab Myriam etwas verschnupft zurück, »möchte ich Ms Loxton bitten, sich und ihre Kultgemeinschaft kurz vorzustellen.«
Myriam nahm Platz, die Angesprochene erhob sich und blickte einmal in die Runde. Sie war eine schöne Frau. Schlank und feingliedrig mit rehbraunem schulterlangem Haar, das fransig geschnitten, locker in ihr hübsches Gesicht fiel. June fand es schwierig, ihr Alter zu schätzen. Sie war nicht mehr ganz jung, vielleicht Ende vierzig, Anfang fünfzig? Um die Schultern trug sie eine Art Umhang aus grober Wolle, der vorn von einer goldenen Spange zusammengehalten wurde.
»Guten Abend.« Ihre Stimme war erstaunlich satt und tief für ihre zarte Gestalt. »Mein Name ist Eva Loxton, und das hier sind Zoe Coles und Alexander Elliott.« Sie deutete auf ihre Begleitung, eine junge Frau mit geduckter Haltung und mürrischem Gesichtsausdruck und ein dunkelhaariger Mann mit einem ordentlich gestutzten Kinnbart. »Wir leben und arbeiten nun seit einigen Monaten auf der ehemaligen Twin Elm Farm. Wir möchten uns dort eine Selbstversorgergemeinschaft aufbauen, geben Kurse und Workshops, veranstalten Kräuterwanderungen und so weiter. Ich muss Ms Nightingale widersprechen. Bei unserer Gemeinschaft handelt es sich keineswegs um eine Sekte oder eine okkulte Vereinigung. Die Kinder Avalons sind eine spirituelle Gemeinschaft. Am ehesten könnten Sie uns vielleicht als einen neodruidischen Orden bezeichnen. Wir glauben an die Kräfte der Natur, möchten mit ihr im Einklang leben und uraltes, verlorenes Wissen reaktivieren. Wie Sie sicher wissen, waren große Teile dieser Landschaft in früheren Zeiten von Wasser bedeckt. Diese Ortschaft lag etwas erhöht auf einem Hügel und war vermutlich einmal eine kleine Insel, und man hat Überreste von eisenzeitlichen Siedlungen gefunden, die diese Theorie untermauern. Dies war also vermutlich einmal die Heimat der sagenumwobenen Insel Avalon, ein mystischer Ort, um den sich viele Legenden ranken. Wir glauben, dass hier ganz besondere Energielinien zusammenlaufen, und in dieser Gegend der Schleier zwischen unserer diesseitigen, gegenständlichen Welt und der geistigen, jenseitigen besonders dünn ist. Für uns ist es ein ganz besonderer Kraftort, und wir würden uns gern dauerhaft hier niederlassen. Natürlich verstehe ich, dass einige eventuell Berührungsängste haben, doch seien Sie versichert, dass wir keinerlei Missionierungsdrang haben. Sie sind jederzeit herzlich eingeladen, uns zu besuchen und sich selbst ein Bild von unserer Arbeit auf dem Hof und auch unseren spirituellen Praktiken zu machen. Hauptsächlich verstehen wir uns als Heilende, die im Einklang mit den Kräften und den Rhythmen der Natur Körper und Geist zu heilen suchen. Es gibt überhaupt keinen Grund zur Besorgnis.«
»Ganz richtig, aber darum geht es der alten Giftspritze doch auch überhaupt nicht«, rief die dunkelhaarige junge Frau mit der finsteren Miene an Eva Loxtons Seite, die sie eben als Zoe Coles vorgestellt hatte. »Es passt halt nicht in ihr spießiges, bigottes Weltbild, wenn man nicht –«
»Morrígan!« Eva Loxton hob die Hand. Sie war nicht laut geworden, doch es lag Nachdruck in ihrer Stimme, und die junge Frau verstummte. »Bitte sei nicht ungerecht.«
Zoe wandte sich ab und schwieg, die Arme in einer trotzigen Geste vor der Brust verschränkt. Mit ihrer wilden blauschwarzen – wie June vermutete, gefärbten – Lockenmähne und dem blassen Teint hatte sie etwas von einer dunklen Fee, eine jüngere Version von Mutter Gothel aus Rapunzel, dachte June.
»Ich sehe eine Meldung«, verkündete Sharon Criddle, die Ratsvorsitzende, bemüht, die aufgeladene Situation zu entspannen. Mit hoffnungsvollem Blick und geröteten Wangen wandte sie sich an den etwas untersetzten grauhaarigen Herrn im Anzug zu ihrer Rechten. »Möchtest du etwas einwenden, Paul?«
Er räusperte sich und rückte die breite Krawatte zurecht. »Ich würde Ms Loxton gerne eine Frage stellen. Und zwar interessiert mich natürlich, wie Sie sich finanzieren. Nehmen Sie Spenden von Ihren Mitgliedern?«
Ms Loxton lächelte. »Sie denken an autoritär geführte Sekten, die Zugehörige kontrollieren und ausbeuten. Seien Sie unbesorgt. Bei uns gibt es weder Zwänge noch finanzielle Abhängigkeiten. Es steht allen offen, jederzeit die Gemeinschaft zu verlassen, die Einzelnen entscheiden frei nach ihren persönlichen Möglichkeiten, inwieweit sie sich über einen Unkostenbeitrag für Kost und Logis hinaus finanziell einbringen möchten. Über alle Zuwendungen führe ich genau Buch. Der Rat kann gern Einsicht in meine Buchführung nehmen.«
»Vielen Dank, Ms Loxton«, erwiderte Paul Goodland, der ältere Herr mit Krawatte, der die Frage nach den Finanzen gestellt hatte. »Auf das Angebot würde ich gern zurückkommen.«
»Selbstverständlich, wir können später einen Termin ausmachen.« Eva Loxton wirkte nicht im Geringsten verunsichert. »Dürfte ich im Gegenzug vielleicht auch eine Frage an Ms Nightingale stellen?«
»Nur zu, ich habe nichts zu verbergen.« Myriam verschränkte die Arme vor der Brust und sah Ms Loxton mit lauerndem Blick an.
»Was haben Sie eigentlich gegen uns? Was glauben Sie denn, was wir tun? Wie sollten wir der Gemeinde schaden?«
»Genau, das erklären Sie erst einmal. Sie haben doch nur etwas gegen uns, weil wir nicht so …«
Zoe Coles verstummte, als Eva Loxton ihr die Hand auf den Arm legte und sachte den Kopf schüttelte.
»Da fragen Sie noch?« Myriam zog die Augenbrauen zusammen. »Sie veranstalten fragwürdige heidnische Rituale und führen die Menschen in die sittliche Verwahrlosung. Dabei brauchen unsere jungen Menschen gerade in dieser Zeit den Halt durch eine feste Moral, die Kraft des Glaubens und christliche Werte. Kräuterwanderungen! Heiler! Wahrscheinlich setzen Sie Drogen ein, um Ihre Jünger gefügig zu machen. Gerade habe ich noch eine Dokumentation über eine solche Sekte gesehen. Die haben sich auch einfach in einer ländlichen Gegend breitgemacht, und die Einwohner waren vollkommen machtlos. Sie sind ihnen regelrecht auf der Nase herumgetanzt. Der Sektenführer hat die Frauen zur Prostitution gezwungen und sich an den Mitgliedern schamlos bereichert. Er hatte zahlreiche Luxuskarossen und –«
»Ich bitte Sie, Ms Nightingale, das hat doch rein gar nichts mit unserer spirituellen Gemeinschaft zu tun. Natürlich gibt es gefährliche Sekten, das möchte ich überhaupt nicht abstreiten, aber mit solchen Organisationen haben wir auch nicht das Geringste gemeinsam«, verteidigte sich Ms Loxton.
»Das behaupten Sie«, entgegnete Myriam. »Natürlich, Sie werden kaum herumlaufen und sagen: Wir machen unsere Anhänger hörig und nehmen sie aus.«
»Ms Nightingale, Sie sind bei uns stets willkommen, wenn Sie sich selbst ein Bild von unserer Arbeit machen möchten«, schlug Eva Loxton vor. »Vielleicht können Sie Ihre Vorurteile dann überwinden.«
»Das könnte Ihnen so passen«, keifte Myriam. »Womöglich setzen Sie mich unter Drogen.«
»Das könnte dir vielleicht gar nicht schaden, Myriam«, rief Thomas Grainger und erntete einige Lacher aus dem Publikum. »Dann würdest du vielleicht mal ein bisschen weniger verkniffen sein. Kein Wunder, dass Owen ständig in Bristol ist und kaum mehr nach Hause kommt.«
»Lass meinen Mann aus dem Spiel, Thomas!«, rief Myriam und stemmte die Hände in die Hüfte. »Er ist ein hart arbeitender und erfolgreicher Geschäftsmann. Von so etwas hast du natürlich keine Ahnung.«
Thomas Grainger sprang auf. »Da! Schon zeigt die ach so christliche Frau Pfarrerin ihr wahres Gesicht. Natürlich, die Barber-Seite der Familie hat sich ja immer schon für etwas Besseres gehalten. Einen Hof zu bewirtschaften, Obst anzubauen, wie es die Leute hier seit Jahr und Tag tun, das ist für dich natürlich keine Arbeit. Sich für irgendeinen Finanzriesen zu prostituieren, hingegen …«
»Thomas! Myriam, bitte!«, rief Sharon Criddle, und ihre Apfelwangen glühten nun förmlich. »Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr eure familiären Animositäten aus dieser Angelegenheit heraushalten könntet. Das hier ist eine Gemeindeversammlung und kein Stammtisch.«
»Ich nehme alles zurück«, flüsterte June hinter vorgehaltener Hand. »Anscheinend sind Gemeinderatssitzungen in Foxdale doch nicht so langweilig, wie ich dachte.«
Pomona musste lachen, wobei sie einen kleinen Grunzlaut ausstieß.
»Ich finde jedenfalls, wir sollten verkaufen«, sagte Thomas an die Allgemeinheit gewandt. »Die Gemeinde braucht dringend Geld. Auf die Weise könnten wir endlich den Umbau des Gemeindezentrums angehen.«
»Da muss ich Thomas zustimmen«, warf Sharon Criddle ein. »Dieser Saal ist viel zu groß, und es ist schrecklich teuer, ihn zu beheizen. Wir planen schon so lange, ihn in kleinere Einheiten aufzuteilen, aber dafür war bisher nie genug Geld da. Der Verkauf käme uns mehr als gelegen. Bis wir das Geld über die Pacht hereingeholt haben, vergehen doch Jahre.«
»Tja, kein Wunder, dass du dich auf seine Seite schlägst, Sharon«, erwiderte Myriam. »Du kennst dich ja damit aus, wie man schnell an Geld kommt, nicht wahr?«
»Also, das ist ja wohl die Höhe!«, rief Sharon, und auch auf ihrem Hals leuchteten nun rote Flecken. »Was willst du damit andeuten? Behauptest du etwa noch immer, ich hätte mich aus der Kollekte bedient? Schön, möchtest du deine haltlosen Vorwürfe hier vor allen Leuten noch einmal wiederholen? Ja? Das dachte ich mir. Dazu hast du nicht den Mumm.«
»Puh!«, stieß Pomona hervor. »Wenn die so weitermachen, endet das noch in einer Schlägerei.«
»Rrruuuhe!«, brüllte der rundliche Protokollführer Geoffrey Hobbs mit durchdringender Stimme, die June ein wenig an den legendären Parlamentssprecher John Bercow erinnerte, der so immer die Abgeordneten im Unterhaus zur Ordnung gerufen hatte. Dabei schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich bitte um Ruhe! Reißt euch zusammen, und setzt euch wieder hin!«
»Ich denke, wir sollten die Ratssitzung vertagen«, warf Paul Goodland ein. »Es hat an dieser Stelle wohl wenig Zweck, weiterzudiskutieren, wenn die Gemüter so erregt sind. Ich würde vorschlagen, dass wir einen Fragebogen erstellen, um eine anonyme Meinungsumfrage zu machen, bevor wir dann im Rat endgültig über den Verkauf abstimmen.«
»Tja, das könnt ihr gerne tun«, sagte Myriam kühl und zupfte die Schluppe an ihrer Bluse zurecht. »Aber wenn ich es richtig gezählt habe, haben wir vier Stimmen für und vier gegen den Verkauf. Und laut unserer Satzung ist die Stimme der zweiten Vorsitzenden im Falle einer Pattsituation die entscheidende. Ich werde niemals zulassen, dass die Twin Elm Farm an diese Sekte verkauft wird. Nur über meine Leiche!«
Zoe Coles sprang auf, murmelte etwas Unverständliches und zeichnete mit fahrigen Bewegungen Formen in die Luft, was den Eindruck noch verstärkte.
»Ich verfluche dich, Myriam Nightingale! Hüte dich, denn der Fluch Morrígans, der Geisterkönigin, wird dir folgen und dich deiner gerechten Strafe zuführen.«
»Morrígan!«, rief Eva Loxton. »Nein! Tu das nicht.«
»Die bigotte Kuh hat es mehr als verdient!«, rief Zoe, wandte sich um und stürmte hinaus. Eva Loxton erhob sich und ging ihr nach.
»Na, wenn das kein dramatisches Finale war«, flüsterte June. »Komm, wir machen uns besser aus dem Staub, bevor uns auch noch irgendjemand verflucht.«
»Und du warst wirklich noch nie auf einem Wassail?«, fragte Pomona ungläubig. »Ich dachte, du bist hier aufgewachsen.«
»Ich war ein Teenager, als ich bei meinen Großeltern und Sheila gewohnt habe«, erklärte June. »Das waren die späten Neunziger. Ich war viel zu beschäftigt damit, Buffy zu gucken, die Choreo von irgendwelchen Spice-Girls-Hits zu üben und mit meinen Schulfreunden Tamsin und Simon Wheeler heimlich hinter Lawsons Remise Mentholzigaretten zu rauchen und Alcopops zu trinken. Da wäre ich doch nicht auf so eine lahme Traditionsveranstaltung gegangen.«
»Von wegen lahm.« Pomona lachte. »Das hast du auch über die Gemeinderatssitzung gesagt, erinnerst du dich?«
»Apropos. Gibt es da Neuigkeiten?« June stellte zwei Tassen Tee auf den Tisch. »Es ging ja ziemlich hoch her.«
»Nein, soweit ich weiß, haben sich die Wogen etwas geglättet, aber eine Einigung ist noch nicht in Sicht.« Pomona rührte Milch in ihre Tasse. »Ich fürchte, Myriam wird sich durchsetzen und gegen den Verkauf stimmen.«
»Und dann?« June nippte an ihrem Tee.
»Dann werden die Kinder Avalons vor der Wahl stehen, weiterhin zu pachten oder sich anderswo niederzulassen.« Pomona seufzte. »Es wäre so schade. Sie haben schon so viel Arbeit hineingesteckt, aber solange sie nur pachten, müssen sie für jede kleine Veränderung erst die Zustimmung des Gemeinderats einholen. Das wäre auf die Dauer sehr lästig und würde einige Pläne und Vorhaben sicherlich gleich im Keim ersticken.«
»Ehrlich gesagt kann ich Myriams Skepsis ein wenig verstehen«, gestand June. »Mir sind solche Religionsgemeinschaften immer etwas suspekt.«
»Weil sie nicht so seriös und vertrauenswürdig sind wie … na ja, sagen wir mal wie die katholische Kirche?« Pomona sah sie an und klimperte mit den Wimpern.
»Da hast du natürlich auch irgendwie recht, aber bei etablierten Religionen gibt es doch noch ein bisschen mehr öffentliche Kontrolle und so«, wandte June ein. »Außerdem ist Myriam nicht katholisch. Sie gehört der anglikanischen Kirche an.«
»Die gegründet wurde, weil Heinrich VIII. seine Geliebte heiraten wollte, und der Papst einer Scheidung nicht zugestimmt hat.« Pomona grinste. »Das macht die Sache natürlich gleich viel besser. Wobei ich natürlich kein Fan der christlichen Sexualmoral bin und dem ganzen Bis-dass-der-Tod-euch-scheidet-Gedöns.«
»Was du nie müde wirst, zu betonen, ich weiß«, erwiderte June und grinste. »Ich meinte ja nur, dass es tatsächlich viele Sekten gibt, die ihre Mitglieder psychologisch und finanziell abhängig machen und so etwas. Das fand ich schon immer etwas unheimlich.«
»Schon, aber ich könnte mir keine Gemeinschaft vorstellen, auf die so etwas weniger zuträfe als auf die Kinder Avalons«, wandte Mona ein. »Ceridwen, also Eva Loxton, hat nach spiritueller Orientierung jenseits der traditionellen Religion gesucht. Und dabei hat sie sich unseren kulturellen Ursprüngen vor der Christianisierung Großbritanniens zugewandt und hat viel Weisheit und kluge Ansätze darin gefunden. Man nimmt zum Beispiel an, dass Männer und Frauen in der keltischen Gesellschaft relativ gleichberechtigt waren. Das Patriarchat haben uns erst die Römer und später dann die Christen eingebrockt. Den Kindern Avalons geht es um ein gerechtes, friedliches Miteinander und um ein Leben mit den Rhythmen der Natur.«
»Klingt wie eine Hippiekommune«, erklärte June.
»Wenn du so willst, ja. Damit kann man es vielleicht am ehesten vergleichen.«
»Was hat es überhaupt mit diesen Namen auf sich? Ceridwen, Morrígan und so?« June trank einen Schluck von ihrem Tee.
»Die Namen werden den Kindern bei ihrer druidischen Einweihung vom Merlin verliehen. Es ist eine Art Initiationsritual zur Aufnahme in die Gemeinschaft. Sie stammen aus der keltischen Götter- und Sagenwelt und aus der Artuslegende. Der Merlin gibt den Mitgliedern Namen, die Charakter und Persönlichkeit widerspiegeln sollen.«
»Aha. Morrígan? Ist das nicht eine Kriegsgöttin oder so?«, fragte June. »Das würde ja passen. Diese Zoe schien nicht die Ausgeglichenste zu sein.«