Most4tler G´schichten - Hermine Ebner - E-Book

Most4tler G´schichten E-Book

Hermine Ebner

0,0

Beschreibung

Most4tler G´schichten ist ein Sammelsurium autobiographischer und literarischer Prosa und Lyrik.

Das E-Book wird angeboten von und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 157

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Autobiographisches

Literarisches:

Eine alte Linde erzählt

Ein Leben lang

Fantasiereise in den Winter-Zauberwald

Gertrude lernt fliegen

Das kurze Leben der kleinen Raupe Cordula Grün

Der Fluss des Lebens

An Wunda glauben

70

Der alte Specht

Mei Schmerz

Da Schneewalzer

New York – Hommage an Udo Jürgens

Herbstwind

Liegt im Wein die Wahrheit?

Glück

Blumenwiese

Seelenfreunde

Mein Rosengarten

Mei Freindin

Summablues

Zug nach Nirgendwo

Sinn des Lebens

Des Erdeng´waund

Dunkle Nächte

Omas Advent

Kalter Mond

Herbstblätter

Neujahrsvorsätze

Wahre Freundschaft

Das Glück

Zeit, die mir gehört

Sonnenaufgang

Klimawandel

Märchen – einmal anders

Opernball

Der Fährmann

Lebensspuren

Mein Haus am See

Geheime Träume

Gefühle

Leuchtturm

Ein Licht auf deinem Weg

Lebenswünsche

Dahoam

Das weiße Klavier

Mutters Abschied

Seelenvogel

Allein

Böses Blut

Vorwort

Ein Buch zu schreiben hatte ich schon in meiner Jugend im Sinn, letztlich musste ich für dieses Projekt 70 Jahre alt werden!

Nun: „Gut Ding braucht Weile!“ sagt ein altes Sprichwort… Geschrieben hab ich schon in meiner Jugend, später dann auch bei diversen Familienfeiern so manches Gedicht, oder

G`stanzln zur Hochzeit. Nicht vieles davon hab ich aufgehoben, leider, manches war ja gar nicht schlecht! Die Liebe dazu hab ich wohl von meiner Mama geerbt, die das auch machte.

Nun, in meinem hohen Alter hab ich mich entschlossen, über meine Kindheit zu schreiben, auch weil die meisten Leute, über die ich erzähle, nicht mehr am Leben sind – und weil ich doch wahrheitsgemäß über so Manches berichten möchte, das nicht so schön war.

Meine Sicht der Dinge, meine Wahrheit, meine Empfindung! Meine Geschwister sehen es vielleicht ein bisschen anders, vor allem, was unseren Vater betrifft! Es ist wohl auch ein sehr persönliches, emotionales Buch!

Ein paar Geschichten und Gedichte sollen dieses Büchlein abrunden.

Ich widme dieses Buch meinen Kindern, Enkelkindern, meinen Geschwistern, Nichten und Neffen - und meinen Freunden.

Ich hoffe, dass ich damit allen einen Einblick in das Leben der 50-er und 60-er Jahre geben kann, das damalige Leben am Land, und dann auch meinen späteren Lebensweg in Kurzform.

Ich möchte ALLEN, die mich auf diesem, meinem Lebensweg begleitet und mich dabei unterstützt haben, mir ihre Freundschaft geschenkt haben, ein großes DANKE sagen! Auch durch euch bin ich zu dem Menschen geworden, der ich eben bin!

Hermine

MEINE KINDHEIT

Geboren wurde ich am 21. November 1951 in Habersdorf, einer kleinen Rotte in der Gemeinde Stift Ardagger, das liegt im westlichen Mostviertel zwischen Amstetten und Grein. Dieser kleine Ort bestand damals aus 12 Häusern, davon 6, für das Mostviertel so typischen Vierkanthöfen, und 6 normalen kleineren Häusern, das waren

Nebenerwerbsbauern, wo die Männer arbeiten gingen und die Frauen eine kleine Landwirtschaft betrieben.

Damals waren die meisten Straßen noch Schotterstraßen, es gab noch keine Autobahn, und es gab auch keine Brücke über die Donau nach Grein, es gab nur eine Fähre hinüber in den Strudengau. Die A1 wurde erst in den 60-er Jahren gebaut, der ganze Verkehr von Wien nach Salzburg führte über die Bundesstraße 1 mitten durch Amstetten.

Meine Heimat ist eine wunderschöne Hügellandschaft (ähnlich der Buckligen Welt), beherrscht vom Kollmitzberg mit seiner schönen Kirche, die der hl. Ottilie geweiht ist, Patronin der Blinden, ein schöner Aussichtsberg, von dem man bei gutem Wetter vom Ötscher bis ins oberöst.

Seengebiet sehen kann! Für uns Kinder war er vor allem wichtig, weil dort alljährlich im Herbst der große „Schusterkirtag“ stattfand. DAS Highlight für uns damals, es ist auch heute noch der größte Kirtag Österreichs! Unser Dorf wird bewacht von drei Kapellen, wovon eine unserer Familie gehört, der hl. Muttergottes geweiht, liebevoll gepflegt von meiner Schwester Maria und Schwager Josef, die auf diesem Grund ihr Haus gebaut haben. Unsere Eltern haben im Jänner 1951 geheiratet, es war eine Doppelhochzeit mit Vaters Schwester Poldi und Hans P., der war ein Kriegskamerad unseres Vaters und lernte dadurch seine Schwester kennen und lieben. Das muss eine große Liebe gewesen sein, denn Tante Poldi ist mit ihrem Mann ins obere Waldviertel gezogen. Ich glaube aber, dass sie zeitlebens an Heimweh gelitten hat! Nun, ich kam dann im November zur Welt. Die Waldviertler haben sich 3 Monate mehr Zeit gelassen, im Feber 52 kam ihre Tochter Elfi zur Welt.

In der Folge war unser Vater sehr fleißig in dieser Beziehung, entsprechend dem alten Lied „Olle Joahr zwoa Kinda“ kam am 5.10.52 mein Bruder Hans zur Welt (11 Monate nach mir), am 15.8.53 folgte dann Schwester Poldi (10 Monate später), dann noch meine jüngere Schwester Mitzi am 2.7.54 (11 Monate danach) - unsere Mama war also zwischen 1951 und 1954 dauernd schwanger - und das bei dieser schweren Arbeit am Bauernhof! Unser jüngster Bruder Franz kam dann am 8.4.1960 zur Welt, ein sogenannter Nachzügler …

Vater kam erst im Dez. 1949 von der Kriegsgefangenschaft im ehemaligen Jugoslawien nach Hause, als einer der letzten Kriegsheimkehrer. Bis dahin war sein Bruder, unser Onkel Franz am Hof, er hatte vor dem Krieg schon ein Priesterstudium begonnen, dann wurde auch er eingezogen, kam aber schon 1946 aus englischer Gefangenschaft zurück, aber die ehemaligen Ostblockländer und die Russen waren da nicht sehr human mit ihren Kriegsgefangenen! Nachdem man eigentlich von unserem Vater kein Lebenszeichen hatte, musste Onkel Franz den Hof übernehmen, obwohl ja auch noch unsere Tanten Poldi und Juli zu Hause waren, aber damals schien es nicht möglich, wenn ein männlicher Nachkomme da war, dass eine Frau, mochte sie auch noch so tüchtig sein, den Hof übernahm! Nun - sehr viele Männer waren aber gefallen, und da mussten dann doch auch die Töchter herhalten.

Nachdem dann unser Vater doch noch zurückkam, konnte Onkel Franz sein Studium wieder aufnehmen. Er musste wieder ganz von vorne anfangen, denn was vor dem Krieg war, wurde nicht mehr anerkannt. Onkel Franz studierte in Benediktbeuern, bei den Salesianern und in Wien. Ich kann mich noch gut an seine Primiz im Sommer 1957 erinnern, das war damals ja was ganz Besonderes für einen Ort, wenn da ein Priester hervorging! Es wurden Körbe voll Kekse gebacken, die ganzen Nachbarinnen brachten Unmengen davon, leider versperrte man sie in unserer Speis! Wir Kinder hatten somit keinen Zugriff darauf! Am Vorabend der Primiz waren so viele Menschen bei uns, im Garten, im Hof, es wimmelte nur so, alle wurden bewirtet mit Most, mit den vielen Keksen, mit den Bauernkrapfen, es gab Musik usw.

Natürlich war auch die Prominenz da, Bürgermeister von den umliegenden Ortschaften, diverse Geistliche, wichtige Leute halt, am Abend war in der Kirche eine Lichterprozession mit weißgekleideten Mädchen, die wie Engel aussahen, sehr feierlich!

Tags darauf die Primiz, da war das halbe Mostviertel auf den Beinen! Ich erinnere mich an Mama, unsere Tanten in ihren Kostümen, mit so kleinen Kopfbedeckungen mit kleinen Schleiern, wie es damals wohl Mode war, die Männer in schwarzen Anzügen natürlich!

Dann gab es eine Primiz-Braut, das war Herta, die Tochter einer Kusine von Vater. Sie war damals so um die 18 Jahre alt, hatte ein Brautkleid an und trug auf einem weißen Satinpolster die Priesterutensilien unseres Onkels. Vom Polster gingen vier Bänder weg, und vier weißgekleidete Mädchen trugen sie. Eines davon war ich, das zweite meine Kusine aus dem Waldviertel ,meine beste Freundin Elfi, leider haben sie uns nicht zusammengestellt, wohl aus Angst, dass wir zu viel tratschen würden, was mich zu ganz bösen Blicken verleitete! Es war ein beeindruckendes, großes Ereignis, mit der Blasmusik, der Feuerwehr, es gab noch einen Kameradschaftsbund, die Jungschar fuhr mit Motorrädern herein, überall wehten Fahnen … So lang ist´s her - und ich hab`s immer noch vor Augen! Unser Großvater, der hat geweint vor lauter Stolz und Rührung, das ist mir auch prägend im Herz geblieben.

Nun möchte ich ein bisschen was zur Verwandtschaft, zu Nachbarn und Freunden erzählen:

Unsere Mama stammte aus einem Nachbardorf, Kirchfeld, das ähnlich ist, wie unser Dörfchen, etwas kleiner, aber mit größeren Bauernhöfen. Sie war die älteste von sechs Kindern, wir hatten also jede Menge an Onkeln und Tanten mütterlicherseits, väterlicherseits gab es eben Franz-Onkel, den Priester, und die Tanten Juli und Poldi.

Als Kinder gingen wir oft zu Fuß zu unseren Großeltern nach Kirchfeld, sie waren sehr liebe und gütige Menschen. Auch in den Ferien durften wir manchmal bei Ihnen übernachten.

Es gab damals zu den Feiertagen viele gegenseitige Verwandtenbesuche, das haben wir sehr geliebt, weil wir da immer ein „Guatsl“ bekamen! Das heißt Süßigkeiten! Davon hatten wir ja nicht so viel damals!

Vaters Geschwister waren weiter weg, Franz-Onkel leitete in Wien ein Lehrlingsheim, Tante Poldi hatte ja ins Waldviertel geheiratet, das war damals ohne Auto eine sehr große Entfernung! Und unsere Tante Juli hatte nach Amstetten geheiratet, Onkel-Karl, einen Witwer mit 4 Söhnen! Das war wohl eine große Liebe, vier halbwüchsige Burschen. Sie bekamen zusammen noch eine Tochter, unsere Kusine Inge, der Liebling unseres Onkels, na klar, nach 4 Burschen!

Unsere Großeltern am Haus waren sehr eingebunden in die Arbeit, ich war ihr Liebling und durfte oft bei ihnen im Bett schlafen. Großmutter war Mama anfangs noch eine große Hilfe im Haus, ich kann mich gut erinnern, wie sie Nudeln machte, die wurden ja selbst per Hand gemacht! Großvater arbeitete noch voll mit in der Landwirtschaft, als wir noch zu klein dazu waren. Es gab damals für die Bauern keine Pension, es gab keine Krankenversicherung, alles musste selbst bezahlt werden! Und die Alten hatten ihr „AUSGEDINGE“, also sie mussten mit allem versorgt werden von den Kindern! Hans und ich gingen gerne mit Großvater am Sonntag in die Kirche, denn nachher ging`s zum Wirten, wo er sein schwarzes Bier trank, und wir bekamen einen Einspänner (ein Würstel) und ein Kracherl - einmal ich, einmal Hans, mehr konnte er sich nicht leisten!

Wir hatten von beiden Seiten sehr liebevolle und gütige Großeltern!

Unsere Großeltern und auch Eltern waren sehr gastfreundliche Menschen, es kamen immer viele Leute zu uns, die bewirtet wurden, aus Amstetten. Manche halfen auch ein bisschen bei der Arbeit mit, dafür bekamen sie dann halt Erdäpfel, Kraut, selbstgebackenes Brot und manchmal auch Speck mit. Es ging ja nicht allen gut zu dieser Zeit, speziell, weil meistens viele Kinder da waren. Wir erhielten dafür oft Kleider und Schuhe, darüber haben wir uns sehr gefreut, weil wir eh nie genug Geld hatten für Gewand!

Es gab natürlich auch welche, die diese Gastfreundschaft schamlos ausgenützt haben, Gendarmen(so hieß die Polizei am Land), die Vater immer einlud, damit ihm nichts passierte, wenn er betrunken mit seinem Roller oder Traktor unterwegs war. Die kreuzten beinahe jeden Sonntag auf und bekamen eine Jause - Bestechung gab es auch schon damals! Wie oft musste Mama einen großen Laib Brot mitgeben, oder den besten Speck, weil Vater ihr das anschaffte!

Es gab aber auch wirklich gute Freunde, ein Ehepaar aus Linz etwa, er war Südtiroler. Das war immer eine Freude, wenn die zu Besuch da waren, die hatten drei schon ein bisschen ältere Töchter, da bekamen wir Mädchen oft schöne Sachen zum Anziehen. Mit denen wurde viel gesungen, speziell Tirolerlieder, die ich zum Teil heute noch kann! Herr G. erzählte uns viel von seiner Heimat, auch Sagen aus den Dolomiten. Ich hab mir später so manche Bücher über Südtirol gekauft oder geliehen! Bücher vom Reimmichl kennt wohl heute kaum jemand mehr. Ich weiß noch, wenn sie das Lied „Dem Land Tirol zur Ehr“ gesungen haben, da ist er „Habt Acht“ gestanden, Herr G. war ein glühender Patriot! Es gab ja Anfang der 60-er Jahre einige Anschläge auf Strommasten in Südtirol - das hat er aber verurteilt, obwohl er gerne gesehen hätte, dass seine Heimat wieder zu Österreich gehört …

Mit den Nachbarn vertrug man sich so recht und schlecht, weil alle diese alten Bauern furchtbare „Sturschädeln“ waren, die manchmal um jeden Zentimeter Boden gestritten haben, da wurden oft schlimme Kämpfe ausgetragen.

Letztlich, wenn sie dann wieder miteinander gesoffen haben, haben sie sich eh wieder vertragen, aber ein bisserl was bleibt immer zurück, man merkte oft das Misstrauen untereinander! Die Frauen allerdings, die ja oft das tun mussten, was die Männer wollten, haben sich eigentlich gut verstanden, sich auch gegenseitig geholfen, vom Kinderkriegen bis zum Sterben! Wir Kinder gingen in jedes Haus, es gab damals keine verschlossenen Haustüren, und überall bekamen wir etwas - heute ist mir klar warum! Nicht, weil wir so schöne Tirolerlieder gesungen haben, oder so schöne Marienlieder, sondern weil wir denen leid getan haben, oder auch, weil sie immer weggeschaut und weggehört haben!

Lustig war es auch immer, wenn die Waldviertler zu Besuch kamen, meistens vor Silvester, da haben sie bei uns gefeiert, auch Juli-Tante und Karl-Onkel waren dabei, wir Kinder mussten halt dann früher ins Bett. Unsere Zimmer waren im ersten Stock, und die Tür zum Stiegenhaus wurde zugesperrt, damit wir nichts mitbekommen … Naja, die haben Strippoker gespielt, wir fanden schon Mittel und Wege, um zuzuschauen, haha!! Unser Vater, Tanten und Onkeln waren begnadete Sänger, Vater konnte Zither spielen, Franz-Onkel Geige, Poldi-Tante hatte eine Stimme wie die damals berühmte Sängerin Zarah Leander, tief und rauchig, sexy.

Juli-Tante wiederum konnte einen hohen Sopran singen. Es wurde immer wirklich viel gesungen bei uns, aber nur, wenn Besuch da war, ansonsten mussten wir still sein. Darum haben wir uns immer gefreut, wenn wir Besuch hatten! Auch Mamas Brüder waren tolle Sänger! Wir Mädels haben leider die Stimme von unserer Mama geerbt, etwas dünn und piepsig. Trotzdem haben wir gern und mit Leidenschaft gesungen, am Schulweg und auch zu Hause, aber nur, wenn Vater nicht da war, weil der immer schimpfte, was wir denn für schlechte Stimmen hätten … Wir haben dann mit Mama gesungen wenn ER im Wirtshaus war.

Das Leben am Land war damals ganz eng mit der Kirche verwurzelt, man ging jeden Sonntag in die Kirche am Vormittag, und nach dem Essen gab es dann den Segen, den wir Kinder auch noch besuchen mussten, wir gingen ja alles zu Fuß, Sommer wie Winter, Schnee oder Regen, da gab es keinen Pardon! So knapp drei Kilometer waren das in die Kirche, sowie auch in die Schule. Die Bauern damals durften am Sonntag nicht arbeiten – im Gegensatz zu den Heutigen - der Tag des Herrn war da noch heilig, naja saufen durften sie schon am Sonntag, nach der Messe gab`s das Wirtshaus! Tja, irgendwie versteh ich das heute, man hatte nur die schwere Arbeit, Vergnügungen gab es nicht viele.

Unser Vater ging selten in unsere schöne Stiftskirche in Ardagger: Er zog es vor, mit seinem Roller nach Amstetten in die Herz Jesu Kirche zu fahren, Tante Juli und Onkel Karl gingen auch da hin. Meistens durfte einer von uns Kindern mitfahren, Mama glaubte immer, dann würde er nicht so viel trinken, aber so viel Verantwortungsgefühl hatte er nicht! Trotzdem sind wir immer gerne mitgefahren, denn Vater ging dann mit Onkel Karl ins Wirtshaus, und wir konnten derweil bei unserer lieben Juli-Tante in der Wohnung mit Inge zusammen spielen. Ich hab mir immer so eine Wohnung gewünscht, in der Stadt. Manchmal durfte ich über Nacht bleiben, das war so schön!

Großteils fuhr Vater aber allein nach Amstetten, wir halfen dann Mama beim Kochen ,Tisch decken, haben im Radio den Frühschoppen angehört, durften lauthals mitsingen - ich höre heute noch jeden Sonntag den Frühschoppen … Es war ganz entspannt, Sonntagsgefühl! So gegen halb eins war immer alles gerichtet, dann haben wir auf Vater gewartet. Wenn es uns zu lange dauerte und wir schon gegessen haben, wenn er kam, schrie er, haben wir aber gewartet auf ihn, und nicht gegessen, schrie er auch! Es gab kaum einen Sonntag, außer vielleicht im tiefsten Winter, wenn er sich nicht zu fahren traute, wo wir einen ruhigen Sonntag hatten, irgendwas hatte er immer zu bekritteln. Nachmittags kamen dann meistens Juli-Tante und Karl-Onkel auf Besuch, das war gut, denn dann gab ER Ruhe. Vor dem Karl Onkel hatte er nämlich Respekt, der war ein kräftiger Mann, und er hätte es nie zugelassen, wie wir behandelt wurden. Manchmal sind sie eh aneinander geraten, aber mein Vater hätte den kürzeren gezogen, das wusste er!

Im Winter, wenn wir eingeschneit waren, und er nur den Most zum trinken hatte, hat er sogar mit uns Karten gespielt oder Mensch ärgere dich nicht. Wenn nicht allzu viel Alkohol im Spiel war, konnte er auch zu uns Kindern nett sein - leider viel zu selten!

Nun zu unseren Großeltern: Der Großvater war ein leidenschaftlicher Pfeifenraucher, ich glaube, seine Pfeife hatte er den ganzen Tag im Mund. Er hat seinen Tabak im Küchengarten selber angebaut, die Blätter getrocknet, ganz fein geschnitten und in „Saublasen“ am Dachboden, wo es natürlich sehr trocken war, aufbewahrt! Beim Schlachten der Schweine wurde früher alles verwertet, sogar die Blase, haha, die wurde geputzt, aufgeblasen wie ein Luftballon und zum Trocknen aufgehängt. Wenn sie ganz trocken waren, kam dann der Tabak hinein, die waren so fein wie Pergamentpapier! Sah lustig aus, wie sie da so am Dachboden herumhingen! Großvater half überall mit, so lange er konnte … In der Früh beim Futtermähen, da mussten wir schon mit, um das Gras zusammen zu rechnen, vor dem Besuch der Schule. Sie mähten noch mit der Sense! Mit dem Pferdewagen wurde es dann nach Hause gefahren, Mama musste ja melken, alles händisch. Die Milchwurde in Kannen gefüllt und musste um 7Uhr am Abholplatz stehen - kam man zu spät, musste man sie den Schweinen verfüttern. Es gab da noch keine Kühlung, und oft genug wurde im Sommer die gesamte Milch sauer, eine Katastrophe! Großmutter machte den Haushalt und fütterte die Schweine.

Die Pferde waren Vaters Angelegenheit, wir hatten zwei Haflinger und eine Noriker-Stute. Die Haflinger waren ein bisschen wild ... Damals wurde alles noch mit den Pferden gemacht, vom ackern bis zum Heu heimführen. Das war eine gefährliche Sache, das Heu heimführen, mit dem Leiterwagen, auf den wir das Heu mit den Gabeln hinauf schupften. Mama und sehr oft auch Juli-Tante waren am Wagen und schlichteten das Heu schön auf, damit der Wagen nicht aus dem Gleichgewicht kam und umfiel. Oben wurde ein sogenannter „Wiesbaum“ daraufgelegt und mit Stricken dann festgebunden. Trotzdem mussten wir Kinder, weil ja die Wiesen und Wege oft ganz schief waren, den Heuwagen mit den Gabeln seitlich abstützen, das war sehr gefährlich! Wäre der Wagen umgefallen, hätte es uns erschlagen! Sicher keine Kinderarbeit!

Unsere Großeltern starben beide innerhalb eines halben Jahres (1960), Großmutter hatte sieben Schlaganfälle, zwei Mal habe ich sie gefunden, einmal beim Schweinefüttern und einmal, weil sie in der Früh nicht aufstand. Da habe ich sie im Bett bewusstlos aufgefunden, das war ein schwerer Schlaganfall - davon hat sie sich nicht mehr erholt, musste gepflegt werden.

Großvater hatte ja auch schon längere Zeit Probleme mit dem Essen, er hatte Zungen- und Kehlkopfkrebs. Diese Pfeife und der grausliche Tabak haben ihn umgebracht - er konnte zum Schluss nur ein schwarzes Bier mit einem Ei drinnen aufgeschlagen zu sich nehmen!