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Nordische Heldensagen Mit Federzeichnungen von Paul Schondorff (nicht im e-book) Wieland der Schmied Helge, Jorwarts Sohn Helge der Hundingstöter Siegfried der Fafnirstöter Der Nibelungen Ende Beowulf Zum Geleit Der vorliegende Text "Nordische Sagen" erschien etwa 1900 im Verlag Hermann Schaffstein. Für mich ist es eine Ergänzung zum Buch "Die Nibelungen". Dies Buch erschien im Verlag Saphir im Stahl ebenfalls als Nachdruck. Denn die hier versammelten Sagen sind ein Ausgangspunkt für die Nibelungensage. Die alte Schriftsprache wurde beibehalten, was einen besonderen Reiz dieser Publikation ausmacht. Die aktuelle Rechtschreibung wurde angewendet. Jedoch mit der Vorgabe, bestimmte Worteigenschaften beizubehalten. Erik Schreiber Vorbemerkung Die "Nordischen Heldensagen" bilden den 2. Teil unserer "Eddasagen" (8. der Blauen Bändchen). Alle Sagen mit Ausnahme der Letzten sind der sog. älteren Edda entnommen. Bei ihrer Wiedergabe in Erzählform sind wir der vortrefflichen Übertragung durch die Brüder Grimm (Berlin 1815, neu herausgegeben im Insel-Verlag, Leipzig) gefolgt. Da aber leider nur der 1. Teil ihrer "Lieder der alten Edda" erschienen ist, so waren wir genöthigt, die Sage von "Der Nibelungen Ende" selbständig zu gestalten. Die Beowulfsage wurde unter Anlehnung an die Übertragung von Wolzogen (Reclam, Leipzig) und einige gute Prosadarstellungen (Bäßler, Dahn, Genthe u.a.) wiedergegeben. Hoffentlich ist es uns gelungen, das Ganze einheitlich und dem kindlichen Geiste gemäß zu gestalten, ohne auf die Schönheit des knappen Grimmschen Sagenstils zu verzichten.
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Seitenzahl: 109
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Herausgeber
Erik Schreiber
Märchen Sagen und Legenden
Saphir im Stahl
Märchen Sagen und Legenden
e-book 086
Erscheinungstermin 01.01.2021
© Saphir im Stahl Verlag
Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
www.saphir-im-stahl.de
Titelbild: Paul Schondorff
Lektorat Peter Heller
Vertrieb neobook
Nordische Heldensagen
Mit Federzeichnungen von Paul Schondorff (nicht im e-book)
Hermann Schaffstein Verlag in Köln
Achtunddreißigstes der Blauen Bändchen
Druck von Emil Herrmann sen., Leipzig
Inhalt
Herausgeber Erik Schreiber
Vorbemerkung
Wieland der Schmied
Helge, Jorwarts Sohn
Helge der Hundingstöter
Siegfried der Fafnirstöter
Der Nibelungen Ende
Beowulf
Zum Geleit
Der vorliegende Text „Nordische Sagen“ erschien etwa 1900 im Verlag Hermann Schaffstein. Für mich ist es eine Ergänzung zum Buch „Die Nibelungen“. Dies Buch erschien im Verlag Saphir im Stahl ebenfalls als Nachdruck. Denn die hier versammelten Sagen sind ein Ausgangspunkt für die Nibelungensage.
Die alte Schriftsprache wurde beibehalten, was einen besonderen Reiz dieser Publikation ausmacht. Die aktuelle Rechtschreibung wurde angewendet. Jedoch mit der Vorgabe, bestimmte Worteigenschaften beizubehalten.
Erik Schreiber
Vorbemerkung
Die „Nordischen Heldensagen“ bilden den 2. Teil unserer „Eddasagen“ (8. der Blauen Bändchen). Alle Sagen mit Ausnahme der Letzten sind der sog. älteren Edda entnommen. Bei ihrer Wiedergabe in Erzählform sind wir der vortrefflichen Übertragung durch die Brüder Grimm (Berlin 1815, neu herausgegeben im Insel-Verlag, Leipzig) gefolgt. Da aber leider nur der 1. Teil ihrer „Lieder der alten Edda“ erschienen ist, so waren wir genöthigt, die Sage von „Der Nibelungen Ende“ selbständig zu gestalten. Die Beowulfsage wurde unter Anlehnung an die Übertragung von Wolzogen (Reclam, Leipzig) und einige gute Prosadarstellungen (Bäßler, Dahn, Genthe u.a.) wiedergegeben. Hoffentlich ist es uns gelungen, das Ganze einheitlich und dem kindlichen Geiste gemäß zu gestalten, ohne auf die Schönheit des knappen Grimmschen Sagenstils zu verzichten.
Wieland der Schmied
In Schweden herrschte ein König namens Nidud; der hatte zwei Söhne und eine Tochter, die Bodwild genannt war.
Zu derselben Zeit lebten drei Brüder, Söhne eines Finnenkönigs, wovon der älteste Slagfid, der zweite Egil und der dritte Wieland hieß. Sie pflegten auf Schneeschuhen zu laufen und das Wild zu erjagen. Als sie einst wieder auf die Jagd auszogen, kamen sie in die Wolfstale, wo sie blieben und sich Häuser bauten. In der Nähe war ein Gewässer, der Wolfsee genannt. Eines Morgens in der Frühe trafen sie dort am Ufer des Sees drei Jungfrauen, die saßen da und spannen Flachs. Neben ihnen aber lagen ihre abgestreiften Schwanenhemden; denn es waren Walküren. Zwei von Ihnen waren Töchter des Königs Ludwig: Ladgund, die Schwanenweiße, und Herwara, die Allweise; die Dritte aber hieß Alrune und war die Tochter Kiars von Walland. Die drei Brüder führten nun die drei Jungfrauen heim in ihre Häuser, und sie wurden ihre Weiber; Egil nahm die Alrune, Slagfid die Ladgund und Wieland Herwara, die Allweise. So lebten sie sieben Jahre zusammen. Als aber das Achte kam, da hatten die Frauen ein heimliches Sehnen und Trachten, und im Neunten, da flogen sie fort, zu wählen in der Schlacht, welche da fallen sollten, und kamen nicht wieder.
Als die wegmüden Schützen abends von der Jagd heimkamen, da fanden sie ihre Häuser öd‘ und verlassen. Sie gingen ein, sie gingen aus, sie schauten sich um; aber fort waren ihre Frauen. Da zog Egil des Weges nach Osten, Alrunen aufzusuchen, und Slagfid gen Süden, Schwanweiß wiederzufinden. Wieland blieb allein zurück in den Wolfstalen, saß und arbeitete kunstreiches Geschmeide; Edelsteine faßte er in rotes Gold und zog Ringe auf Bastschnüre: So wartete er auf seine schöne Frau, ob sie vielleicht wiederkäme.
Als aber Nidud, der Niarenfürst, hörte, daß Wieland einsam in den Wolfstalen saß, da fuhren seine Männer in der Nacht gegen ihn aus; wohlbeschlagen waren ihre Panzer, und ihre Schilde blinkten im Scheine der Mondsichel. Sie schwangen sich vom Sattel, sie stiegen hinauf in den Saal; da sahen sie die Ringe auf Schnüre gezogen: siebenhundert waren’s in allem, so viel hatte Wieland geschmiedet. Sie zogen sie ab, sie schnürten sie wieder ein, bis auf einen einzigen, den nahmen sie mit zum Wahrzeichen.
Da kam Wieland heim von der Jagd, gar wegmüd; denn weit war er umhergezogen. Zum Feuer ging er, einer Bärin Fleisch zu braten; hoch loderte vor ihm das Reisig einer winddürren Tanne. Er setzte sich auf die Bärenhaut nieder zur Glut, nahm seine Ringe und zählte sie: einer war fort! Da sprach er im Herzen: „Wäre die junge Allweis wiedergekommen und hätte ihn abgezogen?“ So saß er lange nachsinnend, bis er einschlief.
Als er aufwachte war er freudlos: Schwere Bande fühlt‘ er an seinen Händen, in Fesseln seine Füße gespannte. „Wer“, rief er, „hat einem Königssohn Fesseln angelegt und ihn schimpflich gebunden?“ Nidud, der Niarenfürst, stand vor ihm und sprach: „Wie gewannst du meine Schätze in den Wolfstalen?“ Wieland antwortete: „Nicht Gold fand ich hier in deinen windkalten Bergen, und fern dünkt mich, ist dies Land dem Hort des Rheins. Wir besaßen wahrlich köstlichere Schätze, als unser Geschlecht noch unzerstreut in der Heimat war.“
König Nidud gab seiner Tochter Bodwild den Goldring, den er in Wielands Hause von der Bastschnur abgezogen; er selbst aber trug Wielands Schwert. Da sprach die Königin zu ihrem Gemahl: „Der Mund wird im wässern, wenn er bei dir das geraubte Schwert sieht und den Ring an Bodwild erkennt; denn gierig und scharf sind seine Augen wie die des schimmernden Lindwurms. Darum zerschneide man seine starken Sehnen und bringe ihn nach Seestadt!“
Und so geschah’s: man durchschnitt ihm die Sehnen in den Kniekehlen und setzte ihn auf eine Insel, die nicht weit vom Lande entfernt lag und Seestadt hieß. Dort schmiedete er dem König Kleinode mancherlei Art, und niemand durfte zu ihm gehen, als dieser allein.
Sprach Wieland: „Jetzt schimmert dem Nidud das Schwert am Gürtel, das ich so kunstreich schärfte und so wunderbar härtete; fern ist mir der glänzende Stahl, und nimmermehr wird er in meine Schmiede gebracht. Bodwild aber trägt meiner Frau goldenen Ring; nimmer wird mir das gebüßt!“
Aber nicht saß er und schlief; nein, er schlug mit dem Hammer und sann auf Rache. Wie bald tat er dem Nidud großes Leid an! Zuvor aber schmiedete er sich ein Flügelkleid, um entfliehen zu können, wenn er sich gerächt.
Die zwei jungen Knaben Niduds liefen nach Seestadt zu seiner Tür, ihm zuzusehen, wie er schmiedete. Sie gingen zu seiner Kiste und verlangten die Schlüssel dazu. Wie lachte ihr Herz, da sie hineinschauten! Da lagen Halsbänder in Menge, die schienen den Knaben rotes Gold und Kleinode zu sein. „Kommt morgen wieder, ihr beiden“, sprach Wieland; „aber kommt ganz allein! Dann schenk ich euch alles Gold, das ihr da seht. Sagt’s aber ja den Mägden nicht, auch nicht den Hausleuten; sagt’s ja keinem Menschen, dass ihr bei mir wart!“
Frühmorgens rief schon der eine Knabe dem andern zu: Komm, lass uns die Goldringe sehen!“ Sie liefen hin, sie gingen zur Kiste und verlangten von Wieland die Schlüssel. Aufgetan war die Verderbliche, als sie hineinschauten: Ab schlug er mit fallendem Deckel die Häupter der Kinder. Und unter den Herd warf er ihre Füße; aber von ihren Schädeln zog er ab die Haare, umschmiedete sie mit Silber und schickte sie als Becher dem Nidud. Aus den Augen machte er köstliche Edelsteine, die schickte er Niduds bösem Weibe. Und aus den Zähnen machte er Brustringe und schickte sie der Bodwild.
Bodwild schmückte sich mit dem Goldring, den ihr der Vater geschenkt hatte, bis er eines Tages zerbrach. Da trug sie ihn zu Wieland und sprach: „Niemand wage ich’s zu sagen, als dir allein.“ Er antwortete: „Sorge nicht; ich heile den Schaden so gut, dass der Ring deinem Vater schöner deucht als zuvor und deiner Mutter noch besser, dir selbst aber am allerbesten.“
Darauf betrog der Arglistige sie mit einem Zaubertrank, dass sie sich ihm in Liebe ergab und sein Weib ward. „Nun hab‘ ich gerächt all mein Leid“, sprach er, „und allen Trug bis auf einen! O, ständ‘ ich wieder auf meinen Sehnen, die mir Niduds Knechte zerschnitten haben!“ Lachend hob er sich mit seinem Flügelkleide in die Luft; weinend sah ihm Bodwild nach vom Eiland, sorgend um die Fahrt des Liebsten und den Zorn des Vaters.
Draußen stand Niduds böses Weib. Als sie den seltsamen Vogel gewahrte, ging sie zur Halle hinein und setzte sich an der Saalwand nieder, um zu ruhen. Sie sprach: „Wachst du, Nidud, Niarenfürst?“ Der König antwortete: „Ich wache immer, alles Schlaf flieht mich; stets muss ich meiner Söhne gedenken. Mein Haupt friert; grausig sind mir deine Ratschläge. Könnt‘ ich nur mit Wieland reden!“
Da hörte er hoch in der Luft ein Flügelschlagen, und er sah, wie Wieland sich niederließ auf den Zinnen seiner Burg. Da rief er zu ihm hinauf: „Sag mir Wieland, du Elfenkönig, was ist aus meinen frischen Knaben geworden?“ Wieland sprach: „Erst sollst du mir alle Eide schwören: bei Schiffes Bord, bei Schildes Rand, bei Rosses Bug und Schwertes Spitze, dass du nicht tötest mein Weib, und wäre es dir nahe verwandt!“ Und als der König solches geschworen, fuhr Wieland fort: „Geh hin zur Schmiede, die du mir bauen ließest; da findest du der Knaben Leiber blutbespritzt. Das Haupt schlug ich ihnen ab und warf ihre Füße unter den Herd. Von den Schädeln aber zog ich die Haare und schmiedete sie außen mit Silber; die sandte ich dir, Nidud, zu Bechern geformt. Aus den Augen machte ich köstliche Edelsteine, die sandte ich deinem bösen Weibe. Und aus den Zähnen machte ich Brustringe, die sandte ich der Bodwild. Die sitzt jetzt in meiner Hütte und ist mein Weib, eure einzige Tochter!“ Nidud sprach: „Nie hört‘ ich ein Wort, das mich schwerer drückte! Hart genug wollt‘ ich dich, Wieland strafen; aber kein Mann ist so groß, dass er dich herabhole, keiner so kräftig, dass er dich herabschieße, da, wo du zu den Wolken schwebst!“
Lachend schwang Wieland sich auf in die Luft; in tiefer Trauer sah Nidud ihm nach.
Helge, Jorwarts Sohn.
In Norwegen lebte ein König namens Jorwart. Der hatte drei Frauen: die Erste hieß Alfhild, und ihr Sohn, den sie dem Könige geboren, hieß Hedin; die Zweite war Säreid genannt und ihr Sohn Humlung; die Dritte hieß Sinriod und ihr Sohn Hymling. Jorwart hatte ein feierlich Gelübde getan, nur die schönste Frau auf Erden zu heiraten. Da hörte er, dass die Tochter des Königs Swafner, namens Siegelinde, die schönste sei unter allen Weibern. Nun hatte Jorwart einen Jarl, der Idmund hieß, und dieser einen Sohn namens Etzel. Den schickte der König ab, um für ihn um die schöne Siegelinde zu werben. Etzel zog also dahin und blieb bei Swafner ein ganzes Jahr. König Swafner aber hatte einen Jarl, der Freimar hieß, der hatte die Siegelinde zusammen mit seiner Tochter Alof erzogen. Und Freimar riet Swafner, dem König Jorwart seine Tochter zu verweigern. Also musste Etzel unverrichteter Sache wieder heimfahren.
Eines Tages stand Etzel in einem Walde. Da saß in den Zweigen über ihm ein Vogel, der hatte angehört, wie Etzels Mannen König Jorwarts Frauen als die schönsten der Welt priesen. Da fing er an zu zwitschern, und Etzel horchte und vernahm, dass der Vogel sprach: „Etzel, hast du auch Siegelinde, Swafners Tochter, gesehen? Die ist die schönste Jungfrau auf Erden.“ Etzel sprach: „Willst du, weiser Vogel, mir noch mehr sagen?“ Der Vogel erwiederte: „Ja, mehr noch will ich dir sagen, so mir König Jorwart Opfer gibt, wie ich sie aus seiner Burg erwähle.“ Etzel sprach: „Wähle nur nicht meines Herrn Söhne und nicht seine Frauen, die so lieblich sind; lass uns ehrlich verhandeln, wie Freunde tun.“ Der Vogel sagte: „So wähl‘ ich mir einen Tempel mit vielen Altären und goldgehörnte Kühe aus seiner Burg. Das soll er mir geben, sobald Siegelinde ihm willig folgt.“ Etzel versprach ihm solches und begab sich auf die Heimfahrt.
Als er zuhause anlangte, fragte der König, was er ausgerichtet habe. Etzel antwortete: „Mühe genug, aber kein Gelingen. Schwer stiegen unsere Rosse über mächtige Berge und wateten durch sumpfiges Gewässer. Als wir aber um Siegelinde freiten, ward uns die ringgeschmückte Jungfrau verweigert.“ Da sprach der König: „Noch einmal sollt ihr dahinziehen, und diesmal will ich selber mitfahren!“
Als sie nun hinauf ins Gebirge kamen und in Swafners Land hinabschauten, da sahen sie wie das Land durch Feuer verheert ward und reisige Scharen große Staubwolken aufwirbelten. Der König ritt vom Gebirge hinab ins Land und nahm sein Nachtlager an einem Flusse. Etzel hielt Wache und fuhr über den Strom. Da fand er ein Haus, und oben darauf saß ein mächtiger Vogel, das Haus zu hüten; er war aber dabei eingeschlafen. Da schleuderte Etzel seinen Spieß nach dem Vogel, dass er tot herabfiel. Dann trat er ins Haus und fand darinnen Siegelinde und Alof, des Jarls Tochter, und führte beide mit sich fort. Der Vogel aber war Freimar gewesen, der hatte eines Adlers Gestalt angenommen und die zwei Jungfrauen durch Zauberkünste vor dem Feindesheer bewahrt. Denn ein anderer König, namens Rodmar, hatte auch um Siegelinde geworben, und weil sie ihm gleichfalls abgeschlagen war, so hatte er König Swafner getötet und das Land verheert und verbrannt. Nun nahm Jorwart die Siegelinde und Etzel die Alof zur Frau.