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Gärtnerinnen und Gärtner, kommunale Beschäftigte und Interessierte finden in diesem Handbuch Informationen über Blühflächen, Blumenwiesen, Sickermulden oder Fassadenbegrünungen und Trockenmauern, Lebensraumholz und weitere naturnahe Elemente. Anschaulich und praxisnah wird für alle wichtigen öffentlichen und gewerblichen Flächen die Bodenvorbereitung, Anlage und Pflege beschrieben. Pflanzenlisten passend zu den jeweiligen Lebensräumen und Textbeispiele als Hilfestellung bei der Formulierung von Ausschreibungstexten zur Anlage und Pflege helfen bei der direkten Umsetzung. Somit kann dieses Handbuch schnell ein ständiger Begleiter auf der Baustelle werden. Herausgegeben wird dieses Handbuch von vier Organisationen, die ein Ziel verbindet: Biodiversität fördern. Dafür setzen sich die Heinz Sielmann Stiftung, der NaturGarten e.V., der Naturpark Our in Luxemburg und das Umweltzentrum Hannover e.V. seit vielen Jahren in ihren Wirkungsbereichen ein. Durch die Herausgabe dieses praxisnahen Leitfadens möchten sie Menschen für die nachhaltige Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im besiedelten Raum begeistern und dazu beitragen, dass öffentliche Grünflachen und Firmengelände auf Dauer zu Rückzugsgebieten für die lokale Flora und Fauna werden. Die Texte wurden von Experten des REWISA-Netzwerks und von Bioterra auf ihre Umsetzbarkeit auch in Österreich und in der Schweiz geprüft.
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Seitenzahl: 217
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Ulrike Aufderheide
Öffentlicheund gewerblicheGrünflächen naturnah
Praxishandbuch für dieAnlage und Pflege
Herausgegeben vonHeinz Sielmann Stiftung, NaturGarten e. V.,Naturpark Our, Umweltzentrum Hannover e. V.
Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden sorgfältig erstellt und überprüft. Dennoch muss jegliche Haftung seitens der Herausgeber, der Autorin oder des Verlags für Sach- und Personenschäden ausgeschlossen werden.
Ein Hinweis zu den Pflanzenlisten: Es sind nur diejenigen Pflanzen als giftig gekennzeichnet, die in dem Buch von L. Roth, M. Daunderer und K. Kormann »Giftpflanzen-Pflanzengifte« aus dem Nikol-Verlag als »stark giftig« oder »sehr stark giftig« eingestuft werden. Auch andere Pflanzen können giftige Inhaltsstoffe enthalten, die Dosis macht aber das Gift. Dass Pflanzen auf öffentlichen Grünflächen, die nicht als Nutzpflanzenbeete angelegt sind, nicht zum Verzehr gedacht sind, gehört zum Alltagswissen. Trotzdem können es bestimmte Nutzungssituationen erfordern, dass auf Pflanzen mit problematischen Inhaltsstoffen verzichtet wird.
1. Freude an lebendiger Vielfalt
2. Öffentliche und gewerbliche Flächen voller Leben
Koevolution als Grundprinzip der biodiversitätsfördernden Grünflächengestaltung
Wir können Tiere pflanzen
Von den Auerochsen lernen: naturnahe Pflege fördert die Biodiversität
Die Natur hat einen langsamen Pulsschlag: invasive Neophyten vermeiden
3. Besonderheiten naturnaher Vegetationstechnik
Schlechte Böden gibt es nicht
Steinreich werden
Mit Gehölzen einen Rahmen schaffen
Säen oder Pflanzen, das ist hier die Frage
Hilfe beim Eingewöhnen: Pflanzen in mineralische Vegetationstragschichten
Gute Bodenvorbereitung für erfolgreiche Einsaaten
Jetzt wird gesät
Im ersten Jahr das Mähen nicht vergessen
4. Biodiversitätsförderung auf repräsentativen Flächen
Gute Gestaltung schafft bewohnbare Räume
Gestaltung hat Vorrang
Profiwissen ist gefragt
5. Natürlich schön: gestalterisch anspruchsvolle Pflanzungen
Natürliche Schmuckstücke
Mager oder nicht mager, das macht bei der Anlage den Unterschied
Wissen, was bei der Pflege zu tun ist
6. Bäume und Sträucher als Rückgrat der Flächen
Sträucher schaffen Räume: Pflanzung einheimischer Wildsträucher
Bäume sind Freunde: biodiversitätsfördernde (Schatten-)Bäumen pflanzen
7. Blühende Wiesen und Säume
Weniger ist mehr: Pflegeumstellung bei Flächen mit hohem Potenzial
Das Bunt der Felder: Einsaat einjähriger Wildpflanzen als kurzzeitige Zwischenbegrünung
Natur auf Zeit: Einsaat kurzlebiger Wildstauden als mehrjährige Zwischenbegrünung
Bunte Inseln im Pflastermeer: Einsaat niedriger Wildstauden ohne Substrataustausch
Bunte Flächen und wenig Pflege: Einsaat niedriger Wildstauden mit Bodenaustausch
Alternative zum Einheitsteppich: Einsaat eines Blumenkräuterrasens (auch zum Spielen und Lagern)
Traumhaft schön: die standortgerechte Blumenwiese
An den Rändern tobt das Leben: Einsaat einer Saummischung ohne Substrataustausch
Besser Schafe als Mulcher: Beweidung zur Erhöhung der Biodiversität
Naturschutz im Kopf: wilde Ecken wertschätzen
Ans nächste Jahr denken: Frühblüher pflanzen
8. Funktionsflächen als Lebensräume
Der naturnahe Tausendsassa: Wildblumenschotterrasen auf Wegen und Plätzen
Grüne Wege: Pflaster- und Plattenbeläge mit Fugeneinsaat
Der Tiermagnet: Trockenmauer als Lebensraum und Gestaltungselement
Hoch hinaus: Dachbegrünungen
An der Wand entlang: Fassadenbegrünung
Essbare Stadt: Wildpflanzen und Nutzpflanzen zum Ernten
Lebendig schön, statt technisch: Sickermulde und Sickergraben
Wasser zieht an: Teiche und andere Kleingewässer
9. Biotopelemente ergänzen heimische Pflanzen
Verborgene Vielfalt: Lebensraumholz, nicht Totholz
Schöner wohnen: Asthaufen als Lebensraum nichtnurfür Igel
Wohnungen für viele: Biotopelement Steinhaufen
Wasserstellen: nicht nur für Vögel
Manchmal ist kahl besser: Rohbodenflächen für Wildbienen und Schwalben
10. Naturverträgliche Architektur mitdenken und umsetzen
Endstation Glasscheibe
Verlockende Feuchtigkeit und unüberwindliche Bordsteinkanten
Absturz in unentrinnbare Tiefen
Gefährliche Erleuchtung
Neuer Wohnraum für alle
11. Natur macht glücklich – Wünsche als Ressourcen nutzen
Begeisterung ist ansteckend: Information und Beteiligung als Voraussetzung
Für naturnahe Umgestaltungen entwickelt: das »Dillinger Modell«
Ein informierter Blick erhöht den Naturgenuss
Was darf’s denn sein?
12. Die Herausgeber
13. Gemeinsam Biodiversität fördern
14. Beispielhafte Beschreibung von naturnahen Bauweisen
Aufwand bei Anlage und Pflege
15. Anhang
Informationen zur Förderung der Biodiversität
Fortbildung oder Zertifizierung im naturnahen Gartenbau
Literaturauswahl zum Weiterlesen
Register der Pflanzennamen
Sachindex
Vier Institutionen, ein gemeinsames Ziel: Biodiversität fördern. Dafür setzen wir uns seit vielen Jahren in unseren Wirkungsbereichen ein. Insektenfreundliches und naturnahes Gärtnern ist besonders auf öffentlichen und gewerblichen Flächen aufgrund ihrer Größe und des Vorbildcharakters von besonderer Bedeutung. Um nachhaltig gegen den Verlust der biologischen Vielfalt aktiv zu werden und langfristig Freude an naturnahen Flächen zu haben, ist es jedoch wichtig, die entsprechenden Kenntnisse zu besitzen. Wie schade ist es, wenn die schöne Blumenwiese durch unpassendes Saatgut oder falsche Pflege nach wenigen Jahren keine Blüten mehr trägt, auf dem Fahrbahnteiler statt bunter Wildpflanzen vor allem Melde und Ampfer wachsen oder die Trockenmauer durch schlechte Bautechnik zusammenbricht. Besonders die Pflanzenauswahl ist zudem ein entscheidender Faktor für die Insektenfreundlichkeit der naturnahen Bepflanzung.
Damit im Siedlungsraum zukünftig immer mehr naturnahe Bereiche entstehen, welche die biologische Vielfalt nachhaltig fördern und schützen, geben wir mit vereinten Kompetenzen gemeinsam dieses Buch heraus. Durch fachgerechte und gebündelte Anleitungen, von der Planung bis zur Pflege von naturnahen Flächen, unterstützt es Sie direkt bei der praktischen Umsetzung.
Gärtnerinnen und Gärtner, in Betrieben und Kommunen Beschäftigte und Interessierte finden in diesem Handbuch Informationen über blühende Säume, Blumenwiesen, Sickermulden oder Fassadenbegrünungen und Trockenmauern, Lebensraumholz und weitere naturnahe Elemente. Anschaulich und praxisnah wird für alle wichtigen Flächen die Bodenvorbereitung, Bautechnik und Pflege beschrieben. Pflanzenlisten, passend zu den jeweiligen Lebensräumen, und Textbeispiele als Hilfestellung für die Formulierung von Leistungsverzeichnis-Texten zur Anlage und Pflege helfen bei der direkten Umsetzung. Somit kann dieses Handbuch schnell ein ständiger Begleiter auf der Baustelle werden.
Heinz SielmannStiftung
NaturGarten e. V.
Naturpark Our
Umweltzentrum Hannover e. V.
Margeriten auf der Blumenwiese oder blühender Liguster am Gehölzrand ziehen Schmetterlinge wie den Kleinen Fuchs (Bild oben) und den Kaisermantel (Bild unten) magisch an.
Natur macht gesund und glücklich, das zeigen viele Studien, die sich damit beschäftigen, wie Menschen Natur erleben und was sie ihnen bedeutet. Aber: Die Erde erlebt gerade ein Massenaussterben, das schneller abläuft und mehr Arten erfasst als das letzte Aussterbeereignis vor 65 Millionen Jahren, das die Dinosaurier verschwinden ließ. Gerade deshalb möchten viele etwas tun. Die gute Nachricht ist: Für jede noch so kleine Fläche auf unserem Planeten können diejenigen, die über diese eine Fläche Verfügungsgewalt haben, sich dafür entscheiden, hier die biologische Vielfalt zu fördern (oder weniger zu schädigen). Das gilt wirklich für alle Flächen, nicht nur in Wald und Feld und auf Grünflächen, sondern auch dort, wo das erst einmal abstrus erscheinen mag, wie auf Dächern, Wegen und Plätzen, an Wänden, Treppen und Mauern. Wie das genau geht, zeigt dieses Buch.
Aber warum werden wir mit den hier vorgestellten Möglichkeiten die biologische Vielfalt fördern, wodurch zeichnen sich Flächen aus, die die biologische Vielfalt verbessern? Im Grunde kann die Antwort in einem einzigen Begriff zusammengefasst werden: Koevolution, die gemeinsame Geschichte der Arten und des Ortes, an dem sie stattfand. Und das ist eine sehr, sehr lange Geschichte, denn Pflanzen- und Tierarten entstehen ja nicht von heute auf morgen, auch nicht in historischen Zeiträumen, sondern zumeist über Jahrmillionen. So braucht eine Pflanzenart durchschnittlich zehn Millionen Jahre, um zu entstehen. Die meisten Schmetterlingsarten bei uns sind in den letzten zwanzig Millionen Jahren entstanden, einige sind noch viel älter.
Insekten sind auf standortheimische Pflanzen in ihrem natürlichen Lebensraum angewiesen.
Wir können deshalb nicht erwarten, dass sich die Natur an die Welt, die wir Menschen so rasant ändern, so eben mal schnell anpassen kann. Viele Arten kommen einfach nicht mehr mit und verschwinden. Wenn wir dagegen etwas tun wollen, müssen wir der Artenvielfalt das bieten, an das sie sich im Laufe der Koevolution angepasst hat: die ökologischen Bedingungen und Partner in den Lebensräumen, in der sie entstand. Ein Schmetterling, der seine Futterpflanze nicht mehr findet, auf die seine Art spezialisiert ist, wird keine Nachkommen haben, genauso wie die Art verschwinden kann, wenn es die Nahrungspflanze zwar noch gibt, sie aber zu stark gedüngt wurde oder Pflanzen aufgrund starken Nährstoffangebots zu dicht stehen, wenn also die Lebensräume durch Überdüngung verändert werden.
Viele Tiere brauchen bestimmte Pflanzen, weil sich Pflanzen und Tiere im Laufe der Koevolution aneinander angepasst haben. Die Hälfte aller Insektenarten (in Deutschland allein schon 33 300) ernähren sich von lebenden Pflanzen und von diesen pflanzenfressenden Insektenarten sind mindestens 80 Prozent (manche Studien sprechen auch von 90 Prozent) auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Aber auch die andere Hälfte der Insekten ist zum großen Teil spezialisiert, nämlich auf bestimmte Tier- oder Pilzarten oder die abgestorbenen Teile bestimmter Arten. Mit den Pflanzen starten die Nahrungsketten, die Pflanzen fangen das Sonnenlicht ein und machen es über ihr Gewebe der lebendigen Natur als Lebensgrundlage verfügbar, Pflanzen speisen die Energie der Sonne in die Nahrungsnetze ein. Aufgrund der Spezialisierung vieler pflanzenfressender Tierarten können nur die Pflanzen, an die sich die Tiere angepasst haben, diese Aufgabe gut erfüllen. Das sind die Pflanzenarten, die mit den Tieren in Koevolution entstanden sind, die mit ihnen seit langer Zeit an einem Ort vorkommen. Wir nennen diese Pflanzen »einheimische Pflanzenarten«. Wo Pflanzenarten verschwinden, verlieren wir mit jeder Pflanzenart auch die an sie angepassten Tierarten. Kein Wunder, dass Biologen beobachten, dass bei uns die nicht spezialisierten Tierarten, sie werden »Generalisten« genannt, prozentual zunehmen und die Spezialisten verschwinden. Aber nicht nur die spezialisierten Arten gehen verloren, es gibt auch insgesamt weniger Insekten, die »Biomasse«, also das Gewicht aller Insekten in einem Lebensraum, schrumpft in großer Geschwindigkeit.
Kurz erklärt: Biodiversität
Biologische Vielfalt (Biodiversität) ist mehr als Artenvielfalt, sie bezeichnet:
•die Vielfalt der Arten,
•die genetische Vielfalt innerhalb einer Art,
•die Vielfalt der Lebensräume,
•die Vielfalt der Beziehungen der Arten untereinander und zu ihren Lebensräumen.
Kurz gesagt, die Vielfalt der lebendigen Natur.
So wird der erste Schritt zu mehr biologischer Vielfalt auf Grünflächen klar: Wir verwenden echte einheimische Wildpflanzen, also Wildpflanzen, die sich nicht von einer in der Natur der Umgebung vorkommenden Wildpflanze unterscheiden. Sorten und Auslesen oder auch Wildpflanzen, die schon länger in Gärtnereien vermehrt wurden, verarmen genetisch und bieten den Tieren nicht mehr alle notwendigen Eigenschaften. Wenn ich eine Glockenblume in einer Gärtnerei über Stecklinge vermehre, dann sind hinterher alle Pflanzen gleich: Sie sehen gleich aus und blühen alle zur selben Zeit. Die genetisch verschiedenen wilden Originale blühen zu verschiedenen Zeiten, haben manchmal sogar verschiedene Blütenfarben, manche sind eher klein, andere sind groß. Sie bieten der Tierwelt alle Eigenschaften, an die die Tiere angepasst sind, und nicht nur einen Ausschnitt. Am besten kommen die direkten Vorfahren der Pflanzen und Samen, die wir verwenden, in der unmittelbaren Umgebung vor, solche Pflanzen werden »standortheimisch« genannt.
Wenn wir die Tiere dann mit vielen einheimischen Pflanzen auf unsere Flächen gelockt haben, wollen wir sie am liebsten nicht nur als Übernachtungsgast, sondern als ständige Bewohner haben. Wir möchten wirklich etwas gegen den Verlust an biologischer Vielfalt tun, wir wollen, dass sich die Tiere bei uns auch vermehren können. Damit »ernten« wir die Tiere im übertragenen Sinne. Das wird uns nicht bei allen Arten gelingen, aber manchen Pflanzen und Tieren können wir auch im besiedelten Raum all das bieten, was sie brauchen. Und das sind meist Lebensraumqualitäten, die denen in der Natur ähneln. Es macht also Sinn, nicht nur einheimische Pflanzen zu verwenden, sondern auch dafür zu sorgen, dass der Standort dem natürlichen weitgehend entspricht. Für Pflanzen, die in der Natur auf mageren Standorten wachsen, werden die Standorte abgemagert. Dadurch haben wir nicht nur weniger Arbeit bei der Pflege. Es ist auch wahrscheinlicher, dass die Tiere, die wir angelockt haben, einen Standort finden, der ihren Ansprüchen, die im Laufe der Koevolution entstanden sind, entspricht. Dazu gehören auch Biotopelemente, wie zum Beispiel Baumstümpfe, Totholz (besser: Lebensraumholz) oder Hohlräume zwischen Steinen.
Wenn wir nichts tun, würde sich ein Großteil der Flächen in unserem Land zu Wald entwickeln. Dieser »Sukzession« genannte Prozess führt dazu, dass viele seltene offene und halboffene Lebensräume verschwinden. Wir müssen Wiesen also mähen, Hecken auf den Stock setzen oder knicken, offenen Boden schaffen. Ja, machen wir da denn nicht wieder alles kaputt? Nein, denn die Landschaften, wo natürliche Störungen wie Überschwemmungen, Feuer und sich wälzende und weidende Tiere die Entwicklung zum Laubmischwald immer wieder zurücksetzen, sind besonders artenreich. Wir haben diese Störungen aber aus unserer Landschaft verbannt und nur deshalb entstehen Laubmischwälder, wenn wir nichts mehr tun.
Biodiversitätsfördernde Pflege schaut sich bei Überschwemmungen und Erdrutschen, aber auch bei Wildpferden, Auerochsen und anderen großen Pflanzenfressern ab, an welche Störungen sich unsere Pflanzen und Tiere während der Evolution angepasst haben: Eine Mahd, die nicht alle Flächen auf einmal abmäht und an den stacheligen Gehölzen Säume stehen lässt, entspricht der natürlichen Beweidung, offene Bodenstellen den Sandbadestellen, Aufasten von Großsträuchern zu Kleinbäumen der Formgebung durch große Pflanzenfresser, wie wir sie auf extensiven Weiden beobachten. Die durch das Abweiden verzögerte Blüte der Wildstauden wird durch den Remontierschnitt, den Rückschnitt von Stauden kurz vor oder in der ersten Blüte, imitiert. Die Wildstauden treiben dann wieder aus und blühen später im Jahr. Große Maschinen, wie Mulchmäher und Laubsauger, finden keine Entsprechung bei den natürlichen »Störern«, sie wirken deshalb als Zerstörer und wir vermeiden sie tunlichst.
Die lange gemeinsame Entwicklung von einheimischen Pflanzen und Tieren führt dazu, dass diese sich aneinander angepasst haben und nun zusammen passen wie Schlüssel und Schloss. Diese Koevolution braucht viel Zeit. Bis eine neue Pflanzenart entstanden ist, vergehen häufig Millionen Jahre. Zum Vergleich: Das Eiszeitalter, also der Wechsel von Kalt- und Warmzeiten, begann vor zwei Millionen Jahren. Die älteste Schmetterlingsart Mitteleuropas, der Schlüsselblumen-Würfelfalter, entstand vor 95 Millionen Jahren, bevor die Dinosaurier im letzten Artensterben von der Erde verschwanden.
Die über lange Zeiten entstandenen Anpassungen von Pflanzen und Tieren sind vielfältig und sehr fein. Ein besonders wichtiger Aspekt sind die Abwehrstoffe, mit denen Pflanzen ihr Gewebe für Pflanzenfresser unbekömmlich machen, und die Koevolution von Entgiftungssystemen auf der Seite der Pflanzenfresser gegen genau diese Abwehrstoffe. Dies ist einer der wichtigsten Gründe, warum vor allem die pflanzenfressenden Insekten – und das sind mehr als die Hälfte aller Insektenarten – auf bestimmte Nahrungspflanzen spezialisiert sind. Aber auch der Rest der Insektenarten ist beileibe nicht unspezialisiert, viele sind wiederum von dem Vorhandensein bestimmter pflanzenfressender Insekten abhängig. So entstanden feinmaschige Nahrungsnetze, die jede Pflanzen- und Tierart in ihrer »ökologischen Nische« halten.
Dürfen die Samenstände der Wilden Karde stehen bleiben, freut sich der Stieglitz über Samen als begehrtes Futter. In den Stängeln überwintern Insektenlarven (Bild oben). Offene Bodenflächen und Lebensraumholz sind wichtige Elemente, um die Biodiversität zu fördern (Bild unten).
Exotische Pflanzenarten, die nicht diese lange Koevolution mit unserer Tierwelt hatten, weil sie ursprünglich anderswo wuchsen, bieten deshalb viel weniger Insektenarten Nahrung. Gerade der geringe ökologische Wert der nicht einheimischen Arten führt dazu, dass sie gärtnerisch attraktive Eigenschaften haben: Sie werden von nur wenigen Tierarten angeknabbert und wachsen oft vitaler als in ihrer Heimat. Das heißt aber auch: Sie sind nur locker in die Nahrungsnetze eingebunden und können auch mal leicht entwischen. Wenn sich Pflanzenarten auch außerhalb der Gärten dauerhaft vermehren, werden sie Neophyten genannt. Einige wenige dieser neophytischen Arten profitieren so sehr von der neuen Freiheit, dass sie alle anderen Pflanzenarten verdrängen und damit natürlich auch alle Tierarten, die von den verdrängten einheimischen Pflanzenarten hätten leben können. Solche Arten schädigen die biologische Vielfalt, sie werden dann als »invasive Neophyten« bezeichnet. Einige Faktoren begünstigen die Invasivität, das sind zum Beispiel die Herkunft – Arten aus Nordamerika werden eher invasiv als solche aus Asien – und die Menge, in der eine Art zuvor in Gärten und Parks gepflanzt wurde. Vor diesem Hintergrund ist die massenhafte Anpflanzung von Präriepflanzen, die ja gelegentlich auch für landwirtschaftliche Flächen empfohlen wird, sehr kritisch zu sehen.
Es macht keinen Sinn, auf Flächen, die die Biodiversität fördern sollen, Arten anzusiedeln, die ihr schaden. Das klingt erst mal einfach. Aber invasive Neophyten kommen oft ohne unser Zutun. Es gehört ja gerade zu ihren Eigenschaften, sich auch ohne gärtnerische Hilfe auszubreiten. Leider tauchen invasive Neophyten auf naturnahen Flächen besonders häufig auf. Denn hier werden die Samenbildung und damit die spontane Veränderung der Artenzusammensetzung nicht nur geduldet, sondern sogar begrüßt und gefördert. Wenn nun die biodiversitätsschädigenden Eigenschaften von Kanadischer Goldrute, Drüsigem Springkraut, Götterbaum & Co. nicht bekannt sind oder wenn die Arten nicht erkannt werden, dann können naturnahe Flächen zu Quellpopulationen invasiver Neophyten werden. Dies ist vor allem am Siedlungsrand ein großes Problem, zum Beispiel auf gewerblichen Flächen, an Gewässern oder auf landschaftsnahen Erholungsflächen. Naturnahe Flächen brauchen deshalb eine Pflegeberatung, die nicht nur gestalterisch die Entwicklung der Pflanzungen und Einsaaten begleitet, sondern auch invasive Neophyten erkennen und erfolgreiche Gegenmaßnahmen anleiten kann.
Die gelben Fackeln der Königskerzen und ihre markanten Rosetten sind echte Hingucker: in kurzlebigen Säumen (Bilder oben rechts und unten) oder als dauerhafte Staude (Schwarze Königskerze) im Wildstaudenbeet (Bild o. l.).
Auf Böden, die gut mit Nährstoffen, Feuchtigkeit und Bodenluft versorgt sind, die nicht zu sauer und nicht zu basisch sind, wachsen eigentlich alle Pflanzen gut. Diese Böden bringen deshalb guten Ertrag. Ein Teil des Landnutzungswandels besteht ja gerade darin, dass bewirtschaftete Böden verbessert werden, damit ein »guter Boden« entsteht: Zu nasse Böden werden entwässert, zu saure aufgekalkt, zu trockene werden bewässert, zu magere gut gedüngt. Damit geht die Vielfalt der Böden und der Lebensräume, die früher unsere Landschaften prägten, verloren: Raps und Mais allüberall.
Ein »schlechter Boden« ist ein Boden, der bei landwirtschaftlicher Nutzung wenig Ertrag bringt oder dem nur mit viel Mühe ein Ertrag abgerungen werden kann. In der Natur findet sich auf jedem Boden eine charakteristische Vegetation, weil die spezifischen, daran angepassten Pflanzen hier besonders konkurrenzstark sind. Bei naturnahen Gestaltungen gibt es deshalb keine »schlechten Böden«. Ertragsarme Böden fördern geradezu die biologische Vielfalt, denn sie machen Vielfalt in den Lebensraumeigenschaften möglich. Die jeweiligen Stressfaktoren wie Nässe, hoher Kalk- oder Säuregehalt, Schatten oder Trockenheit werden dann zu Pflegehelfern, denn sie sorgen ja dafür, dass die erwünschten Wildpflanzen einen Konkurrenzvorteil haben.
Naturnahe Pflanzplanungen arbeiten mit dem Standort und nicht gegen ihn. Manchmal ist es sinnvoll, vorhandene, aber durch die Nutzungsgeschichte verborgene Standorteigenschaften wieder zu verstärken, also staunasse Bereiche etwas zu vertiefen und nachzuverdichten oder Humusauflagen auf ursprünglich nährstoffarmen Sandböden zu entfernen. Nur wenn wir die Pflanzen auf Standorten ansiedeln, die den natürlichen möglichst weit entsprechen, können wir das Ziel, die biologische Vielfalt zu fördern, erreichen. Denn während fast alle Wildpflanzen auch auf einem »guten Boden« gedeihen, brauchen die Tiere der verschiedenen Lebensräume nicht nur die Pflanzen, an die sie angepasst sind, sondern auch die speziellen Lebensraumeigenschaften, die die Böden bedingen. Insekten der Sandheiden sind zum Beispiel auf lückige Pflanzenbestände und ein trockenwarmes Kleinklima, wie es nur auf Sandböden entstehen kann, angewiesen.
Wenn es überhaupt einen Boden gibt, der ungünstig für naturnahe Gestaltungen ist, dann ist es der »gute Mutterboden«, ein gut gedüngter Acker- oder Gartenboden, denn hier dominieren meist wenige konkurrenzstarke Arten. Außerdem haben Pflanzen, die gemeinhin als »Unkräuter« bezeichnet werden, hier gute Chancen, denn sie sind an nährstoffreiche gestörte Standorte angepasst. Ursprünglich waren das Fluss- oder Meeresufer oder auch Stellen mit vielen Tierexkrementen. Jetzt finden diese Pflanzen auf Äckern und in Gärten einen von uns Menschen immer wieder perfekt bereiteten Lebensraum. Dazu gehören Acker-Kratzdistel, Acker-Winde, Melde oder auch Gänsedistel. »Guter Boden« macht deshalb immer Arbeit, viel Arbeit. Bei naturnahen Anlagen wird darum kein Mutterboden (im südlichen deutschsprachigen Bereich »Humus« genannt) aufgebracht.
Kurz erklärt: gütegesicherter Grünkompost
Gütegesicherter Kompost wird aus Schnittgut hergestellt und das Kompostwerk stellt sicher, dass während der Rotte 60 °C erreicht werden. Dadurch werden enthaltene Samen und Krankheitserreger abgetötet. Schadstoffe werden kontrolliert und sind nicht enthalten. Gute Komposte sind für den Bioanbau zugelassen.
Wenn nicht auf und mit einem historisch gewachsenen Boden gearbeitet werden kann, werden als Vegetationstragschicht auf den Untergrund regionaltypische Substrate aus Schotter, Sand oder Kies aufgebracht. Damit schaffen wir dann die Lebensräume, die aufgrund der »Verbesserung« der Böden aus unseren Landschaften fast verschwunden sind, nämlich die Mager- und Trockenstandorte. Diese entfalten sich mit ihrem ganzen Reichtum spezialisierter Pflanzen und Tiere besonders auf voll besonnten, warmen Standorten. So entstehen mit wenig Arbeit tolle Pflanzbilder und wertvolle Lebensräume. Um als Vegetationstragschicht dienen zu können, müssen Kies oder Schotter auch ganz feine Bestandteile, den sogenannten Null-Anteil, enthalten (siehe Seite 68) und in einer Schichtdicke von mindestens 30 cm aufgetragen werden. Oberflächlich wird als Saatbett etwas gütegesicherter Grünkompost (5 – 30 l/m2) eingeharkt, und dann kann gesät oder gepflanzt werden. Für Schattenstandorte wird die Vegetationstragschicht nährstof reicher angelegt, indem zum Beispiel Unterboden, gütegesicherter Grünkompost und Sand im Verhältnis 1:1:1 gemischt werden.
Magere Trockenstandorte eignen sich besonders gut für pflegearme Grünflächen im öffentlichen Raum.
Viele Umgestaltungen, gerade im öffentlichen Grün, finden auf Flächen statt, wo Einfassungen und erschließende Wege genauso vorhanden sind wie Bäume und Sträucher. Alte Bäume und Sträucher sind wertvoll und sollten, wo es geht, erhalten werden, selbst wenn es sich um exotische (aber wichtig: nicht invasive) Arten handelt: Sie werfen Schatten, ihre vielen Blätter kühlen besonders effektiv und sie schaffen Rückzugsräume für Vögel und andere Kleintiere. Neupflanzungen bieten erst nach vielen Jahren die Lebensraumqualitäten alter Bäume und Strauchhecken. Bei naturnahen Umgestaltungen werden deshalb oft nur Rasen- oder Bodendeckerflächen in artenreiche Blumenwiesen, Blumenrasen oder Säume umgewandelt.
Bei Neuanlagen ergibt sich dann aber die Chance, die ökologisch besonders wertvollen einheimischen Arten für die Gliederung und Raumbildung einer Grünfläche zu verwenden. Es gibt genügend mitteleuropäische Gehölzarten, die an trockenheiße Standorte angepasst sind, diese Arten sind in Erwartung einer weiteren Klimaerwärmung zu bevorzugen.
Echte einheimische Wildarten standortheimischer Herkunft werden in der Regel von Forstbaumschulen in recht kleinen Größen angeboten. Sie sollten so weit möglich verwendet werden, nämlich dann, wenn auf große Pflanzgrößen verzichtet werden kann. Die Raumbildung einer Strauchhecke kann in den ersten Jahren durch einen auf der Pflanzfläche eingesäten hohen Saum übernommen werden. Wenn die gewünschte Baumart nur in einer kleinen Größe eingebracht werden kann oder soll, dann kann sie zusammen mit einer »Amme«, die größer lieferbar ist, gepflanzt werden. Ist die Zielart ausreichend groß geworden, wird die Ammenart, beispielsweise eine Eberesche, entfernt. Ein weiterer Vorteil des Pflanzens kleiner Größen besteht darin, dass diese Pflanzen eher das arteigene Wurzelsystem ausbilden. Bei Ballenware entstehen oft keine Pfahlwurzeln mehr, was die Widerstandsfähigkeit von Bäumen in der Klimakrise beeinträchtigt.
Gehölze brauchen genauso wie Einsaaten oder Beetpflanzungen einen gut vorbereiteten, lockeren Boden, der frei von Wurzelunkräutern ist (siehe Seite 44). Bäume haben nur dann realistische Entwicklungschancen, wenn ihnen ein ausreichendes Volumen an durchwurzelbarem Raum zur Verfügung steht, und zwar in einer Tiefe von 1,5 m. Die oft angegebene Untergrenze von 12 m3 ist sehr knapp bemessen und sollte besser 16 m3 oder größer sein. Auf Grünflächen ist das kein Problem, auf versiegelten Plätzen und im Verkehrsbegleitgrün muss der Wurzelraum gegebenenfalls auch unter der Oberflächenbefestigung geschaffen werden. Mineralische Baumsubstrate entsprechend der Empfehlungen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. für Baumpflanzungen haben sich bewährt.
Gehölze in kleinen Größen werden wurzelnackt gepflanzt (siehe Seite 44). Damit sie sich zügig entwickeln, dürfen sie nicht in eine Grasnarbe gepflanzt werden. Für Heckenpflanzungen sollte der von Bewuchs befreite Streifen mindestens 2 m breit sein, bei mehrreihigen Hecken und Pflanzungen von hoch werdenden Arten auch wesentlich breiter. Der Boden wird nicht mit Rindenmulch abgedeckt, sondern mit einer Saumeinsaat (ohne Gräser) eingesät. So entsteht ein Staudensaum, der für die Tiere, die eine Hecke bewohnen, oft unerlässlich ist. Außerdem wird die Raumbildung der Gehölzpflanzung durch die hohen Stauden schon im zweiten Jahr vorweggenommen. Die Gehölze selber sind in dem Saum zu Beginn nicht leicht zu entdecken. Sie werden mit Pflöcken markiert, damit sie im Rahmen von Pflegearbeiten nicht geschädigt werden. Bei der Pflege darf nicht mit Freischneidern gearbeitet werden. Die krautigen Pflanzen um die Gehölze werden ein- oder zweimal im Jahr niedergetreten oder herausgezogen und bleiben als Mulch liegen. Für einheimische Wildgehölze muss der Boden nicht verändert bzw. verbessert werden, es gibt für jeden Standort angepasste Arten. Der Anwuchserfolg von standortheimischen Herkünften auf Rohböden ist sogar besonders gut.
Die großen Gehölze beeinflussen und schaffen die Standorteigenschaften für die kleineren krautigen Pflanzen und Zwerggehölze. Bei Planung und Anlage dieser untergeordneten Flächen werden am besten diese Einflüsse schon miteinbezogen.
Normalerweise werden Gehölze und Stauden gepflanzt, während Rasen und Wiesen eingesät werden. Alle Flächen, die durch Pflanzung angelegt werden, sind gut plan- und steuerbar, die Pflanzung eignet sich deshalb besonders gut für die Raumbildung durch Gehölze und für gestalterisch anspruchsvolle Flächen (siehe Seite 37). Da die dynamische Entwicklung der Flächen ein Ziel der naturnahen Gestaltung ist – denn moderat dynamische Flächen haben eine besonders hohe biologische Vielfalt –, gibt es im naturnahen Gartenbau diese starre Trennung nicht. Um möglichst bald in Wiesen- und Raseneinsaaten die erwünschten Blühaspekte bieten zu können, bringen wir einzelne Arten als Initialpflanzung ein, Gehölzpflanzungen werden mit Saumeinsaaten kombiniert und auch in Staudenpflanzungen können zu Beginn Zwischensaaten aus Ackerwildkräutern bunte Blühaspekte bilden, solange die Stauden sich noch einwurzeln. Wenn die finanziellen Ressourcen knapp bemessen sind, können in Blumenbeeten weniger Exemplare pro Fläche gepflanzt werden und dafür auch ausdauernde, zum Beispiel bodendeckende, Arten gesät werden. Bei Einsaaten, zum Beispiel von Säumen oder von Blumenbeeten, können durch kundige Pflege wunderschöne Pflanzenbilder gestaltet werden.
Leuchtender Klatsch-Mohn ziert hier zunächst die Pflanzfläche, Später werden die gepflanzten Wildstauden ihre volle Blütenpracht entfalten,
Zum Pflanzen gehört das Säen
Bei der Kombination von Aussaat und Pflanzung fördern wir die Akzeptanz der Flächen durch einen schnellen Blütenaspekt, aber auch die biologische Vielfalt und die Resilienz der Flächen.
•Initialpflanzung von 1 – 3 Stück/m2 bei Ansaaten
•Zwischensaat von kurzlebigen Arten in Wildstaudenpflanzungen
•Untersaat von Saummischungen in Gehölzpflanzungen
Bepflanzung (Bild oben) und Einsaat (Bild unten) eines mageren Trockenstandorts
Pflanzen im Topf haben es gut, sie sind gut mit Nährstoffen und Wasser versorgt. Deshalb brauchen selbst Hungerkünstler ein bisschen Hilfe bei der Eingewöhnung, wenn sie aus der Gärtnerei kommen und in magere und trockene Vegetationstragschichten gepflanzt werden. In jedes Pflanzloch geben wir ein bis drei Handvoll Kompost oder beikrautfreie lehmreiche Erde unterhalb des Wurzelballens (nicht seitlich, um eine rasche Tiefenverwurzelung und damit Trockenheitsresistenz zu fördern). Die oberste Substratschicht im Topf mit den darin enthaltenen unbekannten Samen und Sämlingen wird abgestreift, unten ins Pflanzloch gegeben oder in einem Gefäß gesammelt und außerhalb(!) der Fläche entsorgt. Da sich Kies oder Schotter immer noch etwas setzen und die Ballen der Pflanzen sich nicht mitsetzen, sondern »aufschwimmen«, müssen die Pflanzen tief genug eingepflanzt werden. Die Oberfläche des Ballens sollte ungefähr 1 cm unter dem Niveau der Pflanzfläche zu liegen kommen. Dann wird gründlich angegossen und noch einmal kontrolliert, ob der Ballen tief genug sitzt. Wenn das nicht der Fall ist, muss die Pflanze herausgenommen und tiefer gepflanzt werden.