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Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Der Bergpfarrer Nr. Wer hilft Janine in verzweifelter Lage? Die zweiundzwanzigjährige Janine Rösner stieg auf dem Parkplatz des Hotels ›Zum Löwen‹ aus dem Auto und schaute sich um. Was sie sah, gefiel ihr. Schon als sie über den Pass gekommen waren und auf der Passhöhe kurz angehalten hatten, um den Ausblick ins Wachnertal zu genießen, war sie begeistert gewesen. Ihr Blick schweifte über die Dächer der Häuser hinweg, glitt die bewaldeten Berge hinauf, die das Tal begrenzten, und heftete sich schließlich auf die Felsketten, die sich dahinter erhoben. Einige der Felsgiganten schienen den ungetrübten blauen Himmel zu berühren. Ihre Schwester war neben sie getreten. »Gefällt dir das?«, fragte Sabine, und es kam fast ein wenig ätzend über ihre Lippen. Sie war drei Jahre jünger als Janine, war ihr aber wie aus dem Gesicht geschnitten. Janine riss den Blick von den schrundigen, teils sehr bizarr geformten Felsformationen los, wandte das Gesicht ihrer Schwester zu und antwortete: »Es gefällt mir dermaßen gut, dass ich am liebsten hier leben möchte.« Sabine verzog geringschätzig den Mund. »Mir gefällt es am Meer besser«, murrte sie. »Aber ich werde die zwei Wochen schon herumkriegen. Nächstes Jahr, wenn die Mama und der Papa wieder in den Bergen Urlaub machen wollen, müssen sie ohne mich fahren. Mir geben die Berge nichts.« »Darüber reden wir, wenn es so weit ist«, rief Janette Rösner, die Mutter der beiden jungen Frauen.
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Die zweiundzwanzigjährige Janine Rösner stieg auf dem Parkplatz des Hotels ›Zum Löwen‹ aus dem Auto und schaute sich um. Was sie sah, gefiel ihr. Schon als sie über den Pass gekommen waren und auf der Passhöhe kurz angehalten hatten, um den Ausblick ins Wachnertal zu genießen, war sie begeistert gewesen.
Ihr Blick schweifte über die Dächer der Häuser hinweg, glitt die bewaldeten Berge hinauf, die das Tal begrenzten, und heftete sich schließlich auf die Felsketten, die sich dahinter erhoben.
Einige der Felsgiganten schienen den ungetrübten blauen Himmel zu berühren.
Ihre Schwester war neben sie getreten. »Gefällt dir das?«, fragte Sabine, und es kam fast ein wenig ätzend über ihre Lippen. Sie war drei Jahre jünger als Janine, war ihr aber wie aus dem Gesicht geschnitten.
Janine riss den Blick von den schrundigen, teils sehr bizarr geformten Felsformationen los, wandte das Gesicht ihrer Schwester zu und antwortete: »Es gefällt mir dermaßen gut, dass ich am liebsten hier leben möchte.«
Sabine verzog geringschätzig den Mund. »Mir gefällt es am Meer besser«, murrte sie. »Aber ich werde die zwei Wochen schon herumkriegen. Nächstes Jahr, wenn die Mama und der Papa wieder in den Bergen Urlaub machen wollen, müssen sie ohne mich fahren. Mir geben die Berge nichts.«
»Darüber reden wir, wenn es so weit ist«, rief Janette Rösner, die Mutter der beiden jungen Frauen. Sie hatte Sabines abfällige Worte vernommen und warf ihr einen rügenden Blick zu. »Du kannst ja ans Meer fahren«, fügte sie hinzu. »Allerdings nicht auf unsere Kosten.«
Paul Rösner, Janines und Sabines Vater, mischte sich nicht ein. Er hob wortlos insgesamt drei große Koffer und eine prall gefüllte Reisetasche aus dem Kofferraum des Kombis mit dem Darmstädter Kennzeichen. Paul hatte sich längst damit arrangiert, dass seine Töchter, seit sie nicht mehr in den Kinderschuhen steckten, und seine Frau nicht immer einer Meinung waren. Janette konnte es einfach nicht lassen, den beiden jungen Frauen ständig erklären zu wollen, wo es langging im Leben. Natürlich hatten sowohl Janine als auch Sabine andere Ansichten. Und sie hielten damit nicht hinter dem Berg. Wenn sie sie äußerten, war Paul Rösner bemüht, aus der Schusslinie zu gelangen.
Sabine schaute ihre Schwester vielsagend an und verdrehte genervt die Augen. Janine verbiss sich ein amüsiertes Lächeln, wandte sich ab und trat an die Gepäckstücke heran, die ihr Vater in Reih und Glied hinter dem Auto abgestellt hatte. Sie ergriff den Koffer, der ihr gehörte.
Es knallte, als ihr Vater die Kofferraumtür zuschlug. »Dann wollen wir mal«, sagte Paul Rösner und nahm einen der Koffer und die Reisetasche. Sabine schnappte sich das letzte der Gepäckstücke, das noch auf dem Asphalt stand. So steuerten sie den Eingang des Hotels an. Janette Rösner trug lediglich ihre Handtasche.
An der Rezeption saß Susanne Reisinger, die älteste der drei Töchter des Hoteliers Sepp Reisinger. Sie hörte ein mehrstimmiges ›guten Tag‹ und erwiderte die Grüße: »Grüaß euch Gott. Vermut’ ich richtig, dass Sie die Familie Rösner aus Darmstadt sind?«
Paul setzte etwas außer Atem die beiden schweren Gepäckstücke ab. »Sehr richtig. Wir haben zwei Doppelzimmer für zwei Wochen gebucht.«
»Genau«, sagte Susanne, nachdem sie die Anmeldung der Familie auf dem Bildschirm des Monitors hatte. »Zwei Doppelzimmer mit Halbpension. Die Zimmer sind bezugsfertig«, gab sie sogleich zu verstehen und fügte mit einem Lachen hinzu: »Ich darf Sie herzlich willkommen heißen in St. Johann, speziell im Hotel ›Zum Löwen‹.«
»Danke«, kam die vierstimmige Antwort.
Susi holte zwei Zimmerschlüssel aus dem Schlüsselfach und legte sie auf die Theke der Rezeption. »Bitte. In den Zimmern finden S’ Anmeldeformulare, die Sie bitte ausfüllen und hier bei der Rezeption abgeben. Frühstück gibt es zwischen sieben und zehn Uhr, Abendessen von achtzehn bis zwanzig Uhr.«
»Kein Problem«, erklärte Paul und schaute seine Frau an. »Nimm bitte unseren Schlüssel, Janette. Ich habe leider nur zwei Hände.«
Den Schlüssel für das Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester teilte, nahm Janine an sich.
»Gibt es denn hier niemanden, der einem hilft, das Gepäck aufs Zimmer zu bringen?«, fragte Janette.
»Ich kann den Papa oder meinen Verlobten rufen«, beeilte sich Susanne zu erwidern. »Normalerweise aber …«
»Es ist schon in Ordnung«, sagte Paul etwas pikiert. Manchmal fand er das Benehmen seiner Frau unmöglich. Er hatte es jedoch längst aufgegeben, sie zu ermahnen, denn daraus hatten sich jedes Mal sinnlose Diskussionen entwickelt, und Recht bekommen hatte er eh nie. »Ich schaffe das schon. Sie haben doch, denke ich, einen Aufzug im Haus.«
»Gleich neben der Treppe«, erwiderte Susi lächelnd.
Janette ergriff, einen strengen Ausdruck im Gesicht, den Schlüssel, der noch auf der Rezeption lag.
Das Quartett entfernte sich in Richtung Aufzug.
Ich glaub’, ich weiß, wer in dieser Familie die Hosen anhat, dachte Susi. Der Frau Rösner was recht zu machen wird net einfach sein.
Sie hörte das leise Rumpeln, mit dem der Aufzug anhielt, sowie das schabende Geräusch, als die Tür automatisch aufging. Paul stellte den Koffer und die Reisetasche hinein, nahm erst Sabine, dann Janine das Gepäck ab und stellte es dazu. »Wir vier passen nicht mit hinein«, sagte er. »Fahr du mit dem Gepäck nach oben, Janette. Wir drei nehmen die Treppe.«
Wenig später waren alle vier Susannes Blick entschwunden. Janette Rösner im Aufzug, ihr Mann und die Töchter auf der Treppe. Die Geräusche, die sie verursachten, verklangen.
Eine halbe Stunde später fanden sie sich wieder bei der Rezeption ein, die auch jetzt von Susanne Reisinger besetzt war. »Wir sehen uns ein wenig im Ort um«, gab Paul zu verstehen, nachdem er die ausgefüllten Anmeldeformulare auf den Tresen gelegt hatte. »Der Reiseführer, denn ich mir angeschafft habe, preist unter anderem die Schönheit der Kirche, die Sie hier haben. Daher haben wir uns für heute vorgenommen, uns das Werk spätbarocker Baukunst zu Gemüte zu führen.«
»Ansonsten gibt es in dem Ort wohl keine Sehenswürdigkeiten?«, fragte Janette etwas spitz.
»Der Ort selbst ist eine Sehenswürdigkeit, Frau Rösner«, antwortete Susanne mit einem freundlichen, vielleicht auch nachsichtigen Lächeln um den Mund. »Rund um den Ort haben wir natürlich auch einiges zu bieten. Da ist zum Beispiel die Kachlachklamm, die ich empfehlen kann, das Jagdschloss Hubertusbrunn, der Naturlehrpfad, der im Herbst angelegt worden ist … Sie können auch auf verschiedene Almen wandern. Man kann sich die Zeit hier gut vertreiben.«
»Ist abends auch etwas los?«, fragte Sabine. »Ich meine, gibt es hier eine Diskothek oder etwas in der Art, wo man so richtig abtanzen kann?«
»Damit können wir in St. Johann leider net dienen«, erwiderte Susanne. »Samstags ist jedoch während der Saison immer Tanz hier im Hotel. Auch in Engelsbach oder Waldeck werden Heimatabende veranstaltet. Natürlich gibt es jede Menge Cafés, Eisdielen, Restaurants und kleine Bars, die man abends besuchen kann.«
»Heimatabend«, wiederholte Sabine abfällig. »Tschingderassabum-Musik.« In gespielter Verzweiflung fügte sie hinzu: »Heiliger Herr, verschone mich.«
Paul, dem das Verhalten seiner Tochter ziemlich peinlich war, sagte: »Wir werden uns die Abende schon vertreiben. Ich glaube nicht, dass wir Langeweile haben werden.«
»Ich möchte am Meer sein«, lamentierte Sabine.
Paul lag auf der Zunge, seine Tochter darauf hinzuweisen, dass sie niemand gezwungen hatte, mit ihnen in die Berge zu fahren, aber er unterließ es. Mit Sabine erging es ihm ähnlich wie mit seiner Frau. Er hatte es aufgegeben, ihnen gegenüber seine Meinung zu vertreten. Er ließ sie reden, ließ sich auf keine Debatten ein und machte einfach das, was er für richtig empfand. »Gehen wir«, sagte er. »Wir halten Frau Reisinger nur von ihrer Arbeit ab.«
»Unseren Gästen Hinweise und Tipps zu geben, gehört zu meinem Job«, versetzte Susi. »Sie halten mich also net auf.«
»Sie sind sehr freundlich«, sagte Paul, was seine Frau veranlasste, die linke Augenbraue zu heben. Es verlieh ihrem Gesicht einen etwas hochmütigen Ausdruck.
»Danke.« Susanne lächelte Paul an.
Die vier verließen das Hotel.
*
Zwei Stunden später kam die Familie ins Hotel zurück. Es war jetzt siebzehn Uhr vorbei und die Rezeption war verwaist. »Ich würde sagen, wir machen uns frisch, ziehen uns um und treffen uns um sechs Uhr zum Abendessen«, schlug Paul vor. »Wir beide, Schatz«, sagte er an seine Frau gewandt, »werden den Abend wohl im Biergarten bei einer Flasche Wein verbringen.« Jetzt schaute er erst Sabine, dann Janine an. »Ihr könnt euch uns anschließen, könnt euch aber auch selbst was suchen, womit ihr euch den Abend vertreibt.«
Janine war, während ihr Vater gesprochen hatte, an den Ständer mit den Prospekten herangetreten und zog einen der Flyer heraus.
»Suchst du was Bestimmtes?«, fragte Sabine.
»Nein, ich will mich nur ein bisschen orientieren«, antwortete Janine. »Ich habe nämlich – im Gegensatz zu dir – nicht vor, meine Tage an dem Badesee zu verbringen. Ich will mir die Gegend anschauen. Geh nur schon voraus aufs Zimmer. Ich komme nach, wenn ich mich ein wenig kundig gemacht habe.«
Während ihre Eltern und Sabine die Treppe emporstiegen, schaute sich Janine einige der Prospekte an. Susanne Reisinger kam durch eine Tür, auf der ein kleines Schild mit der Aufschrift ›Büro‹ angebracht war, und trat neben Janine. »Haben S’ was gefunden, das Sie sich anschauen möchten?«, erkundigte sie sich freundlich.
»Da gibt es einiges«, antwortete Janine. »Mir geht es im Endeffekt gar nicht so sehr darum, etwas Besonderes zu sehen. Ich möchte einfach nur die Ruhe der Bergwelt genießen. Trubel habe ich das ganze Jahr, sodass ich im Urlaub gerne darauf verzichte.«
»Mit Ruhe und Beschaulichkeit können wir hier dienen«, erwiderte Susanne. »Sie werden’s schon selbst bemerkt haben: Außer dem Achsteinsee haben wir hier nix, was man als touristische Attraktion bezeichnen könnt’. Net mal Lifte gibt’s bei uns. Es hat zwar eine Reihe von Bestrebungen gegeben, das zu ändern, doch unser Pfarrer, dem die Erhaltung unserer unberührten Natur und der Umweltschutz ganz besonders am Herzen liegen, hat bisher alles verhindert. Die meisten Leut’ im Tal rechnen ihm sein Engagement in dieser Hinsicht hoch an. - Wie hat Ihnen denn unser Kircherl gefallen?«
»Sie ist ein Schmuckstück«, antwortete Janine. »Sogar meine jüngere Schwester war begeistert, und das will was heißen.« Sie lachte belustigt auf. »Die Sabine ist eher mit den Lichteffekten in einer Disko zu begeistern.«
»Das hat sie ja auch zum Ausdruck gebracht«, versetzte Susanne. »Ich seh’, Sie haben ein Prospekt von der Wintermaid in der Hand. Da muss ich Sie warnen. Der Weg dort hinauf ist net einfach und sollt’ nur von bergerfahrenen Wanderern gegangen werden. Auf keinen Fall sollt’ man ihn allein gehen. Wie schnell vertritt man sich! Dort oben gibt’s kein Netz fürs Handy. Wenn was passiert, merken wir das, wenn überhaupt, frühestens am Abend, wenn derjenige, der aufgestiegen ist, net ins Hotel zurückkehrt.«
»Was würden Sie mir raten?«, fragte Janine.
»Gehen S’ auf den Kogler. Man kann verschiedene, verhältnismäßig ungefährliche Wege benutzen. Der einfachste aber ist der, der vom Wanderparkplatz abgeht. Er führt über die Kachlachklamm hinauf bis zur Streusachhütte, die derzeit wieder geöffnet hat. Die Klamm müssen S’ eh gesehen haben. Es wär’ ein Versäumnis, sie net anzuschauen.«
»Von der Klamm hab’ ich im Reiseführer gelesen und mir vorgenommen, zu ihr aufzusteigen. Wahrscheinlich unternehme ich morgen schon den Trip.«
»Eh’ Sie aufsteigen, sollten Sie sich bezüglich des Wetters kundig machen«, sagte Susanne. »Auf dem Berg kann es sich von einer Minute auf die andere ändern. Im Juni hat’s schon geschneit da droben. Wenn man dort oben in einen Schnee- oder Gewittersturm gerät, hört der Spaß auf. Da geht’s oftmals um Leben und Tod.«
»Mach ich«, versicherte Janine und nahm den Prospekt von der Kachlachklamm aus dem Ständer. »Vielen Dank, Frau Reisinger.«
»Sagen S’ Susi zu mir.«
»Gerne. Mein Name ist Janine.«
»Freut mich, Janine«, sagte Susi.
*
Auf Schloss Hubertusbrunn weilte seit dem Beginn der Woche eine Jugendgruppe aus Nordrhein-Westfalen, genau gesagt aus Castrop-Rauxel. Die Gruppe, sie bestand aus jungen Burschen zwischen vierzehn und sechzehn Jahren, hatte an diesem Nachmittag den Naturlehrpfad besucht und kehrte nun, es ging auf achtzehn Uhr zu, abgekämpft und ausgehungert auf das Schloss zurück.
Georg Meyerling empfing sie vor dem Gebäude mit den Schlafräumen, indem er rief: »Wascht euch die Hände, Jungs, und dann kommt gleich zur Raubtierfütterung in den Speisesaal.«
Die Burschen, fünfzehn an der Zahl, lärmten in den Bau hinein und verschwanden in den Schlafräumen, die mit Duschen ausgestattet waren. Zurück blieben nur Bertram Ott, der sechsundzwanzigjährige Gruppenführer, und Lukas Berger, der von Pfarrer Trenker angestellt worden war, um die Jugendgruppen und Schulklassen zu betreuen, die auf Hubertusbrunn oftmals bis zu drei Wochen verbrachten. Er war mit der Gegend vertraut und konnte den Burschen und Mädchen viel über Flora und Fauna im Wachnertal erzählen. Eine erzieherische Funktion erfüllte er jedoch nicht. Das überließ er den Lehrkräften und Gruppenleitern.
»Wie war’s?«, fragte Georg, dessen Aufgabe die Verwaltung des Schlosses war. Seine Frau Franziska, von allen nur Franzi genannt, war Herrin über die Küche, die die Kinder und Jugendlichen verpflegte.
»Sehr interessant«, antwortete Bertram Ott. »Und natürlich sehr aufschlussreich.«
»Ich geh’ den Themenpfad immer wieder gern«, sagte Lukas. »Auf den fünf Kilometern bis zur ›Hohen Riest‹ gibt’s so viel zu sehen und zu lesen, dass man sich auf einmal gar nicht alles merken kann.«
»Wo geht’s denn morgen hin?«, erkundigte sich der Schlossverwalter.
»Morgen nehmen wir den Kogler in Angriff«, antwortete Bertram Ott. »Über die Kachlachklamm wollen wir zur Streusachhütte aufsteigen.«
Georg pfiff durch die Zähne.
»Da habt ihr euch ja ganz schön was vorgenommen. Ihr dürft frühmorgens um fünf Uhr aufbrechen, wenn ihr bis zum Abend zurück sein wollt.«
»Das ist mit der Gruppe schon abgesprochen«, erwiderte Lukas. »Der Pfarrer geht auch mit. Ich hab’ für fünf Uhr einen Omnibus nach Hubertusbrunn bestellt, der uns zum Wanderparkplatz beim Kogler bringt. Dort treffen wir uns mit Pfarrer Trenker. Von dort aus geht’s dann auf Schusters Rappen weiter.«
»Na ja, ihr jungen Leut’ seid noch gut zu Fuß«, erklärte Georg. »In meinem Alter schaut’s da schon ein bissel schlechter aus.«
»Man ist so alt, wie man sich fühlt«, philosophierte Bertram.
»Dann muss ich in der Früh, wenn ich aus dem Bett kriech’ und meine Bandscheibe spür’, so alt wie Methusalem sein«, murmelte Georg.
»Für mich bist du fit wie ein Turnschuh«, sagte Lukas. »Wär’s möglich, dass die Franzi morgen schon um vier Uhr das Frühstück bereitet? Außerdem brauchen wir für jeden der Teilnehmer an der Tour ein Lunchpaket.«
Georgs Brauen hoben sich ein wenig.
»Das ist euch ja sehr früh eingefallen, dass ihr morgen die Tour machen wollt. Das bedeutet für die Franzi Überstunden.«
»Ich werde mich irgendwann revanchieren«, versicherte Lukas.
»Ich werd’s der Franzi sagen«, versprach Georg.
»Bestell’ ihr, dass ihr mein Dank ewig nachschleichen wird«, sagte Lukas.
»Dann kann ich nur hoffen, dass er sie auch irgendwann mal einholt«, knurrte Georg.
Dann aber grinste er und fügte hinzu: »Du kennst doch mein Weibl, Lukas. Die ist tagtäglich vierundzwanzig Stunden für dich und die Rabauken da, die du zu betreuen hast. Die Franzi will auch gar keinen besonderen Dank für ihre Arbeit. Wenn alle glücklich und zufrieden sind, ist ihr das Dank genug.«
»Das weiß doch jeder«, bestätigte Lukas Georgs Meinung über die Franzi. »Ich geh’ ihr auch gern ein bissel zur Hand, wenn’s nötig sein sollte.«
»Meine Franzi macht das schon«, versicherte Georg. »Es wär’ das erste Mal, dass ihr eine Aufgabe über den Kopf wachsen tät’.« Georg setzte sich in Bewegung. »Ich sag’ ihr gleich Bescheid, Lukas.«
»Danke.«
Lukas und Bertram Ott folgten den Jugendlichen in das Gebäude.
*