Parzival - Wolfram von Eschenbach - E-Book

Parzival E-Book

Wolfram von Eschenbach

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Beschreibung

"Parzival", das Meisterwerk von Wolfram von Eschenbach, führt den Leser in eine Welt voller Ritterlichkeit, Ehre und Spiritualität ein. Die Gralsgeschichte entfaltet sich als tiefgründiges Epos, das weit über das bloße Rittertum hinausgeht und universelle menschliche Themen wie Schuld, Reue und Läuterung behandelt.

Im Zentrum dieser epischen mittelalterlichen Dichtung steht Parzival, ein junger Ritter auf der Suche nach sich selbst und dem heiligen Gral. Begleitet von einem farbenreichen Ensemble von Figuren durchläuft er eine Reise, die ihn nicht nur körperlich, sondern vor allem geistig wachsen lässt. Seine Kämpfe und inneren Konflikte stellen ihn immer wieder vor die Frage, was wahre Ritterlichkeit bedeutet.

Die Szenen in der Gralsburg fangen die Atmosphäre des Mittelalters perfekt ein und transportieren den Leser in eine Welt, die sowohl fremd als auch faszinierend vertraut erscheint. Sie sind spannend und eindrücklich, voller symbolischer Bedeutung und kraftvoller Bilder. Gleichzeitig vermittelt das Werk eindrucksvoll, wie das Rittertum nicht nur im Kampf, sondern auch im Charakter und der inneren Haltung bewiesen werden muss.

Die Übersetzung aus dem Mittelhochdeutschen fängt die historische Authentizität der mittelalterlichen Welt gekonnt ein und ermöglicht es, die zeitlose Relevanz dieser Erzählung neu zu erleben. 

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Wolfram von Eschenbach

Parzival

Übersetzung aller 16 Bände aus dem Mittelhochdeutschen

Novelaris Verlag 2024

Copyright © 2024 Novelaris Verlag

1. Auflage

ISBN: 978-3-68931-016-5

Inhaltsverzeichnis

I. Belakane

II. Herzeleide

III. Gurnemans

IV. Kondwiramur

V. Anfortas

VI. Artus

VII. Obilot

VIII. Antikonie

IX. Trevrezent

X. Orgeluse

XI. Arnive

XII. Cidegast

XIII. Klinschor

XIV. Gramoflanz

XV. Feirefiss

XVI. Loherangrin

I. Belakane

In der Einleitung wird die Treue gegen Gott und Menschen der Untreue und dem Zweifel entgegengesetzt; dann gewarnt vor dem Vertrauen zu dem Unsteten. Auch die Frauen sollten ihre Gunst nur dem Getreuen zuwenden, sie selbst nur durch ihre Treue, nicht durch äußere Schönheit des Lobs der Männer Teilhaftig werden. So bricht der Dichter seine Betrachtungen ab, verspricht seinen Zuhörern ein mannigfaltiges Gedicht von großem Umfange, und geht nach dem Lobe seines noch ungeborenen Helden zu der Geschichte seines Vaters über. Gahmuret, der jüngere Sohn Gandeins, Königs von Anschau (Anjou), daher er auch Anschewein (Anjevin) heißt, will nach dem Tode seines Vaters nicht Ingesinde seines Bruders Galoes sein, dem nach dem Erstgeburtsrecht die Krone zugefallen war. Entschlossen, keinem andern zu dienen, als der auf Erden die höchste Macht besäße, begibt er sich, von der Mutter, dem Bruder, und einer Freundin stattlich ausgerüstet, nur von edeln Kinden (Pagen), Knappen und Hausgesinde begleitet, in den Dienst des Baruchs (Kalifen) von Baldag (Bagdad), der mit zweien babylonischen Brüdern, Pompejus und Ipomidon, im Kriege begriffen ist. Seines Vaters Wappen, den Panther, hat er mit dem Anker vertauscht. Nachdem er sich hier und in vielen anderen Ländern versucht, schlägt ihn der Sturm in den Hafen von Patelamunt, wo Belakane, die Königin von Zaßamank im Mohrenlande, der Ermordung Eisenharts beschuldigt, von zweien Heeren, einem christlichen und einem heidnischen, belagert wird. Der Mohrenkönig Eisenhart von Aßagog hatte im Minnedienst Belakanens auf ihren Befehl und zum Beweise seiner Ergebenheit und Kühnheit, die Rüstung weggegeben. Als er nun bloß auf Abenteuer ausritt, ward er von seinem Nebenbuhler Protißilas, einem Fürsten Belakanens, in der Tjost, dem ritterlichen Zweikampf, erschlagen, und Belakanen traf der Verdacht, ihn verraten zu haben. Der Schottenkönig Friedebrand, dessen Oheim Tankanis des Erschlagenen Vater war, zog, seinen Mord zu rächen, mit vier Genossen über Meer, und bestürmte Patelamunt vor acht Thoren, während die andern acht der Mohr Raßalig von Aßagog, ein Vasall, Eisenharts, bedrängte. Friedebrand selber war mit Morholden, der aus Gottfried von Straßburgs Tristan bekannt ist, wieder heimgezogen, um sein eigenes Land gegen die Verwandten Hernants, den er Herlindens wegen erschlagen hatte, zu schirmen; sein Heer aber bedroht noch Patelamunt. Die Belagerer führen einen durchstochenen Ritter in der Fahne, die Belagerten das Bild ihrer Königin, welche zwei Finger der rechten Hand zum Eide ausgestreckt hält, dass sie an Eisenharts Tode unschuldig sei. Sich zur Rache anzuspornen, haben die Belagerer die gebalsamte Leiche Eisenharts nebst dessen kostbarer Rüstung unter einem prächtigen Zelt vor der Stadt aufgestellt. So stehen die Dinge, als Gahmuret anlangt, und der Königin, die ihm trotz ihrer Schwärze gefällt, seine Dienste widmet. Am Morgen reitet er zuerst in das Christenheer, besiegt und fängt dessen Anführer, die Herzogen Heuteger von Schottland und Gaschier von Normandie, entweicht aber vor Kaileten, den er an dem Strauß auf dem Helm und dem Sarapandratest (Tête de serpent) am Schilde als seinen Muhmensohn erkennt. Doch will auch dieser nicht mit ihm streiten, als er von Heuteger seinen Namen erfährt. Von da reitet er zu den Mohren, deren Fürsten Raßalig er gleichfalls gefangen nimmt. Da hiermit der Krieg entschieden ist, kehrt er in die Stadt zurück, wo ihn die Königin entwappnet, und sogleich in ihr Schlafgemach führt. So wird er König der Mohrenreiche Zaßamank und Aßagog. Gahmuret gibt seine Gefangenen, und seinen Neffen Killirjakak von Champagne, den die Städter früher gefangen hatten, frei, belehnt seine Fürsten, und schenkt seinem Wirthe das von Protißilas hinterlassene Herzogtum. Eisenharts Leiche wird zur Erde bestattet, sein prächtiges Gezelt erhält Gahmuret, und die kostbare Rüstung, welche Raßalig, um sie dem Lande zu erhalten, seinem neuen Könige gleichfalls erbeten hatte, verspricht Heuteger von seinem Herren Friedebrand zu erwerben, und ins Mohrenland zurückzuschicken. Die christlichen Fürsten fahren heim, Gahmuret bleibt zurück, sehnt sich aber bald, zumal er keine Ritterschaft findet, wieder nach der Christenheit. Heimlich schifft er sich ein, und hinterlässt der Königin einen Brief, der ihr den Grund seiner Flucht meldet, und für das Kind, das sie von ihm trägt, sein Geschlechtsregister ausführlich mitteilt. Jenes kommt wie eine Elster schwarz und weiß gefleckt zur Welt, und wird Feirefiß Anschewein genannt. Gahmuret begegnet unterwegs noch dem Schiffe, das Eisenharts kostbare Rüstung zurückbringt. Er lässt sie sich aushändigen und fährt gen Sevilla.

Wo Zweifel nah dem Herzen wohnt,

Das wird der Seele schlimm gelohnt.

Geziert ist und zugleich entstellt,

Wo Verzagtheit sich gesellt

Zu des kühnen Mannes Preis

Wie bei der Elster Schwarz zu Weiß.

Der mag gleichwohl fröhlich sein,

Denn noch harren beide sein

Himmel oder Höllenschlund.

Wer Untreu hegt in Herzensgrund

Wird schwarzer Farbe ganz und gar

Und trägt sich nach der finstern Schar;

Doch fest hält an der blanken

Der mit stätigen Gedanken.

Dieses flüchtge Gleichnis

Den Blöden ists zu schnell gewiss,

Sie fassen nicht der Lehre Sinn.

Es huscht im Saus vor ihnen hin

Wie ein aufgeschreckter Hase.

Zinn verlötet hinterm Glase

Täuscht wie des Blinden Traumgesicht.

Sie weigern flüchtgen Anblick nicht;

Doch beständig kann nicht sein

Dieser trübe, leichte Schein,

Seine Freud ist kurz fürwahr.

Wer rauft mich wo mir niemals Haar

Wuchs, in hohler Hand so bloß?

Der hat zu nahe Griffe los.

Schrei ich doch auf vor solcher Not,

So ist mein Verstand wohl unbedroht.

Wie werd ich Treue finden

Wo sie sicher muss verschwinden

Wie das Feuer in dem Bronnen,

Wie der Tau vor der Sonnen?

Auch kannt ich nie so weisen Mann,

Der nicht gerne Kunde hätt empfang,

Wie hienach zu leben frommt

Und was daraus für Lehre kommt.

So beschieden wird er nie verzagen

Bald zu fliehen, bald zu jagen,

Nun zu weichen, nun zu kehren,

Jetzt zu tadeln, jetzt zu ehren.

Wer mit dem allen umgehen kann,0

An dem hat Weisheit wohlgetan,

Der sich nicht versitzet noch vergeht

Und sonst auch wohl Bescheid versteht.

Des wandelbaren Freundes Sinn

Führt zum Höllenfeuer hin,

Verhagelt hoher Ehren Glanz.

Seine Treue war so kurz von Schwanz,

Dass sie kaum den dritten Stich vergalt,

Wenn sie von Bremsen litt im Wald.

Aber nicht allein den Mann

Gehen alle diese Lehren an;

Dies Ziel steck ich den Frauen:

Die meinem Rat will trauen,

Die wisse wohl, wohin sie kehre

Ihren Preis und ihre Ehre

Und welchem Mann sie sei bereit

Ihrer Lieb und Würdigkeit,

Auf dass sie nicht gereue

Ihrer Keuschheit, ihrer Treue.

Von Gott erfleh ich gutem Weibe,

Dass sie dem Maß getreu verbleibe.

Scham ist ein Schloss vor aller Sitte:

Dies Heil ists, dass ich ihr erbitte.

Die Falsche lohnt nur falscher Preis.

Wie lange währt ein dünnes Eis

Wenn des Augustmonds Sonne schien?

So fährt auch bald ihr Lob dahin.

Viel Schönen preist die weite Welt;

Ist deren Herz nicht wohlbestellt,

Die lob ich, wie ich loben wollt

Ein blaues Glas, gefasst in Gold.

Des Missgriff auch ist nicht gering,

Der in den schlechten Messing

Verwirkt den köstlichen Rubin,

All seines Glückes Vollgewinn:

Dem gleich ich rechten Frauenmut.

Die weiblich denkt und weiblich tut,

Nach deren Aussehn frag ich nicht,

Noch ob ihr Herzensdach besticht:

Ist sie innerhalb der Brust bewahrt,

Bleibt volles Lob ihr ungespart.

Sollt ich euch nun Weib und Mann

So gründlich schildern wie ichs kann,

So würd uns Zeit und Weile teuer;

Hört lieber dieses Abenteuer.

Es weiß von Lieb und Leide

Und lehrt sie kennen beide;

Freud und Angst sind auch dabei.

Und wären hier statt meiner drei,

Deren Jeder Kunst besäße,

Dass man meiner Kunst vergäße,

Es brauchte doch manch seltnen Fund,

Täten euch die dreie kund

Was ich euch künden will allein;

Ihre Mühe sollte sauer sein.

Die Märe, die ich erneue,

Meldet von großer Treue,

Von Weibes rechter Weiblichkeit,

Von echten Mannes Mannheit,

Die nie vor hartem Stein sich bog.

Sein Herz ihn nie darum betrog,

Er stahl! wo er zum Streite kam,

Dass seine Hand nicht siegreich nahm

Manchen rühmlichen Preis.

Er kühner Mann, versucht und weis

(Der Held ists, den ich grüße),

In der Frauen Augen süße,

Und doch der Frauenherzen Sucht,

Im Unglück sichre Zuflucht!

Den ich hierzu mir auserkoren,

Im Gedicht ist er noch ungeboren,

Den diese Aventüre meint

Und was von Wunder drin erscheint.

Noch pflegt man wie man sonst gepflegt,

Wo man Lit und welsch Gerichte hegt;

Nach Deutschland ist es auch gekommen,

Das habt ihr ohne mich vernommen:

Wer je da herrscht’ im Lande,

Der gebot wohl ohne Schande,

Es ist die Wahrheit sonder Wahn,

Der ältre Bruder sollt empfang

Des Vaters Erbschaft allzumal.

Das schuf den jüngern Söhnen Qual,

Denn Ihnen nahm des Vaters Tod

Die Rechte, die sein Leben bot.

Das Land war allen sonst gemein;

Der ältre hat es jetzt allein.

Das riet jedoch ein weiser Mann,

Dass Alter Gut sollt empfang:

Jugend hat viel Würdigkeit,

Das Alter Seufzen nur und Leid.

Es ist wohl nichts so trübgemut

Als Alter bei der Armut.

Könge, Grafen, Herzogen,

Das sag ich euch für ungelogen,

Dass die des Guts enterbet sind

Bis auf das älteste Kind,

Das ist gar ein seltsam Ding.

Der fromme, kühne Jüngling,

Gahmuret der Weigand

Verlor so Burgen auch und Land,

Wo sein Vater einst mit Fug

Zepter und Krone trug

In königlicher Herrlichkeit

Bis ihn dahin nahm Ritterstreit.

Sie klagten ihn im Lande sehr.

Ohne Makel Treu und Ehr

Bracht er bis auf seinen Tod.

Alsbald der ältre Sohn entbot

Des Landes Fürsten her zu sich.

Sie kamen alle ritterlich,

Denn große Lehen sonder Wahn

Sollten sie von ihm empfang.

Da sie zu Hof gekommen,

Eines Jeden Recht vernommen

War, dass sie die Lehn empfingen,

Nun höret, was sie da begingen.

Wie ihre Treue riet den Biedern,

Das Volk zumal, die Hoh’n und Niedern,

Inständig haben sie gebeten,

Dass der König Gahmureten

Die Brudertreu bewährte,

Und sich selber damit ehrte,

Dass er ihn nicht ganz verstieße

Und ihm in seinem Lande ließe

Einen Edelsitz, nur dass er hätte

Seiner Freiheit eine Stätte,

Darauf sein Name möchte ruhn.

Der König wollt es gerne tun:

»Ihr wisst bescheiden zu begehren,

Ich will euch das und mehr gewähren.

Was nennt ihr nicht den Bruder mein

Gahmuret Anschewein?

Anschau heißet dies mein Land:

Wir beide sein davon genannt.«

Also sprach der König hehr.

»Mein Bruder wisse, dass er mehr

Stäter Hilfe bei mir finde

Als ich sagen könnte so geschwinde.

Er soll mein Ingesinde sein.

Ich laß euch nicht im Zweifel sein

Ob uns dieselbe Mutter trug.

Er hat wenig, Ich genug:

Drum soll ihm spenden meine Hand,

Dass nicht mein Heil dafür zu Pfand

Steh vor Dem, der nimmt und gibt,

Beides ganz wie ihm geliebt.«

Als die Fürsten all umher

Vernahmen, dass der König hehr

Dem Bruder ganzer Treue pflag,

Das war den Herrn ein lieber Tag;

Auch dankt’ es ihm ein Jeder sehr.

Da säumte Gahmuret nicht mehr

Zu reden, wie das Herz ihm sann.

Zum König hub er gütlich an:

»Herr und lieber Bruder mein,

Wollt ich Ingesinde sein

Eines Mannes auf der Welt,

So wärs hier wohl um mich bestellt.

Nun messet daran meinen Preis,

Seid ihr doch getreu und weis,

Und Ratet nach der Dinge Stand;

Darnach geht hilfreich mir zur Hand.

Ein Harnisch nur gehört mir an;

Hätt ich mehr darin getan,

Das in der Ferne Lob mir brächte,

So hofft ich, dass man mein gedächte.«

Gahmuret sprach weiter: »Noch

Sechszehn Knappen hab ich doch,

Davon ich sechs geharnischt finde.

Gebt ihr mir dazu vier Kinde

Von guter Zucht, von hoher Art,

So wird an ihnen nichts gespart,

Das ich erwerben mag mit Händen.

Ich will mich in die Fremde wenden;

Ich hab auch früher Land durchfahren.

Wenn das Glück mich will bewahren,

So erwerb ich guten Weibes Gruß.

Wenn ich dafür ihr dienen muss

Und ich dessen würdig bin,

So rät mir Herz und bester Sinn,

Dass ich der rechten Treue pflege.

Gott leite mich des Heiles Wege!

Wir fuhren einst gesellt umher

(Damals trug die Krone hehr

Noch unser Vater Gandein),

Wir litten Kummer viel und Pein

Manchmal um ein liebes Lieb.

Ihr wart ein Ritter und ein Dieb,

Ihr konntet dienen, konntet hehlen;

Ach, könnt auch Ich nun Minne stehlen!

Weh mir, hätt ich Eure Kunst

Und bei der Schönen wahre Gunst!«

Mit Seufzer sprach der König da:

»O weh, dass ich dich jemals sah,

Da du so mit leichtem Scherz

Mir zerschnitten hast das Herz

Und zerschneiden wirst im Scheiden.

Mein Vater hat uns beiden

Hinterlassen Gut genug:

Dir sei daran der gleiche Fug.

Ich bin dir von Herzen hold:

Licht Gesteine, rotes Gold,

Rosse, Waffen, Volk, Gewand,

Des nimm so viel von meiner Hand,

Dass du nach deinem Willen fährst

Und deine milde Hand bewährst.

Deine Tapferkeit ist auserkoren:

Wärst du von Gilstram geboren,

Oder kämst von Rankulat daher,

Lieber könnt ich nimmermehr

Dich haben, als ich dich gewann:

Du bist mein Bruder sonder Wahn.«

»Herr, mich zu loben ist euch Not,

Da eure Zucht es euch gebot.

Nun sollt ihr mir auch Hilfe leihn.

Wollt Ihr und auch die Mutter mein

Mir geben eures fahrenden Gutes,

So steig ich aufwärts frohes Mutes.

Empor ist meines Herzens Streben:

Warum hat es dieses Leben,

Dass so mir schwillt die linke Brust?

Wohin, ach, jagt mich ihr Gelust?

Ich wills erfahren, wenn ich kann:

Nun naht der Abschied mir heran.«

Der König Alles ihm gewährte,

Er gab ihm mehr als er begehrte:

Fünf Rosse schön und auserkannt,

Die besten in des Königs Land,

Stark, kühn und rasch von Feuer;

Viel Goldgefäße teuer

Und manchen Kloß von Golde schwer.

So milde war der König hehr,

Er füllt’ ihm des vier Reiseschreine;

Darein auch musste viel Gesteine.

Da sie gefüllet lagen,

Knappen, die des pflagen,

Waren wohl bekleidet und beritten.

Sie weinten laut mit Jammerssitten,

Als er vor seine Mutter ging

Und sie herzend ihn umfing.

»Fils dü Roi Gandein,

Willst du nicht länger bei mir sein?«

Sprach das weibliche Weib.

»O weh, es trug dich doch mein Leib!

Du bist auch König Gandeins Kind.

Ist Gott, dass er mir Hilfe, blind

Oder ließ sein Ohr ertauben,

Dass er mir nicht will glauben?

Soll ich noch neuen Kummer haben?0

Meines Herzens Lust hab ich begraben

Und die Süße meiner Augen:

Will er noch mehr mir rauben?

Der doch stets gerecht gerichtet:

So ist das all erdichtet

Was sie von seiner Hilfe sagen,

Da er so gar mich lässt verzagen.«

»Frau,« sprach der junge Anschewein.

»Gott tröst euch um den Vater mein;

Wir beide sollen um ihn klagen.

Lasst euch von Mir Niemanden sagen

Was euch Sorge schüf und Leid.

Ich fahr um höhere Würdigkeit

Nach Ritterschaft in fremdes Land:

So ist es, Frau, um mich bewandt.«

Da sprach zu ihm die Königin:

»Hast du Dienst und Herz und Sinn

Gewandt auf hoher Minne Lohn,

So verschmähe, lieber Sohn,

Nicht mein Gut zu dieser Reise.

Deine Kämmerlinge weise

Her, dass sie empfang von mir

Schwerer Reiseschreine vier,

Breite Zeuge drin von Seiden,

Ganze, die noch zu verschneiden,

Und teuren Samt zu manchem Kleid.

Süßer Mann, laß mich die Zeit

Wissen, wann du wiederkehrst,

Dass du meine Freuden mehrst.«

»Frau, das ist mir unbekannt;

Ich weiß auch nicht voraus das Land.

Doch wo ich sei zu jeder Zeit,

Ihr habt nach eurer Würdigkeit

Rittersehre mir bezeigt.

Auch der König war mir so geneigt,

Dass ich viel Dank ihm schuldig bin.

Ich weiß, dass Ihr ihn, Königin,

Darum noch mehr in Zukunft liebt,

Was immer sich mit mir begibt.«

Wie uns die Aventüre sagt,

So ward dem Degen unverzagt

Von Liebeswegen zugesandt,

Und weil er edeln Fraun bekannt,

Ein Kleinod tausend Marken wert.

Wenn heut ein Jude Pfand begehrt

Er würd es gern dafür empfangen

Und weitre Bürgschaft nicht verlangen.

Das sandt ihm eine Freundin.

Ihm brachte stets sein Dienst Gewinn,

Der Frauen Gruß und ihre Minne;

Er ward doch selten Trostes inne.

Urlaub nahm der Weigand.

Mutter, Bruder, beider Land

Sein Auge nimmer wiedersah;

Daran doch manchem Leid geschah.

Die ihm je gefällig waren

Bis er heute sollte fahren,

Und wars mit noch so kleinen Dingen,

Groß war der Dank, den sie empfingen;

Mehr als genug gedäucht es sie.

Sich merken ließ der Höfsche nie,

Dass sie ihm nur sein Recht gegeben;

Sein Sinn war ebner noch als eben.

Wer selber sagt, wie wert er sei,

Da steht Unglaube Jedem frei:

Zuschauer sollten von ihm melden

Und Die daheim gesehn den Helden,

Wenn er in der Fremde wäre,

So fände Glauben wohl die Märe.

Gahmuret ohn Unterlass

Blickte nach dem rechten Maß

Unverlockt von anderm Ziel;

Seines Rühmens war nicht viel.

Große Ehre musst’ er leidend leiden,

Übermut wollt er meiden.

Doch wähnte der Gefüge,

Dass Niemand Krone trüge,

Wärs König, Kaiser, Kaiserin,

In dessen Dienst er dürfe ziehn,

Er hätte denn die höchste Macht,

Die je auf Erden ward erdacht:

Der Will in seinem Herzen lag.

Ihm ward gesagt, zu Baldag

Wär ein so gewaltger Mann,

Dass ihm des Erdreichs untertan

Zwei Drittel wären oder mehr.

Er war im Heidentum so hehr,

Dass er des Baruchs Namen trug.

Seine Herrschaft nahm so hohen Flug,

Mancher König war sein Mann,

Mit gekröntem Leib ihm untertan.

Des Baruchs Amt besteht noch heut:

Wie man Christenrecht uns beut

Zu Rom, die wir die Tauf empfingen,

Die Heiden so nach Baldag gingen,

Ihr Papstrecht nahmen und gedachten

Für unfehlbar sei’s zu achten.

Der Baruch pflegt der Sünden

Ihnen Ablass zu verkünden.

Brüdern zweien von Babylon,

Pompejus und Ipomidon,

Denen nahm der Baruch Ninive,

Das ihrer Vordern war von je:

Sie taten starken Widerstand.

Da kam der Anschewein ins Land:

Dem wurde bald der Baruch hold.

Für Dienste nahm von ihm den Sold

Gahmuret der werte Mann.

Nun verzeiht ihm, dass er dort gewann

Ander Wappen, als Gandein

Ihm einst verliehen, der Vater sein.

Der Herr trug mit bescheidnen Sitten

Auf seine Kouvertür geschnitten

Anker von lichtem Hermelin:

Diesen ähnlich führt’ er ihn

Auf dem Schild und all der Tracht

Grüner noch als ein Smaragd

War sein Reitzeug und Gewand,

Das ganz aus Achmardi bestand:

So heißt ein Zeug von Seiden,

Daraus der Held ließ schneiden

Korsett und Wappenrock gesamt,

Denn es ist besser als der Samt;

Anker von Harm darauf genäht,

Viel goldne Fäden drum gedreht.

Seine Anker hatten niemals Land

Gefasst an eines Ufers Rand,

Sie wurden nie in Grund geschlagen.

Der Degen musste weiter tragen

In manches Land, der werte Gast,

Diese wappenliche Last

Und die ankergleichen Zeichen,

Weil es nirgend in den Reichen

Ihn nur zu kurzer Ruh gelitten.

Wieviel der Länder er durchritten

Und in Schiffen hab umfahren?

Sollt ich schwörend mich verwahren,

So sagt’ ich euch auf meinen Eid

Und ritterliche Sicherheit

Nur was die Aventüre spricht,

Denn weitre Zeugen hab ich nicht.

Sie sagt, dass seiner Mannheit Kraft

Den Preis nahm in der Heidenschaft,

In Persien und in Marokko.

Seine Hand erwarb auch anderswo,

Zu Haleb und Damaskus auch,

Und wo nur Ritterspiel Gebrauch,

In Arabien und rings umher,

Dass im Turniere Niemand mehr

Mit ihm zu streiten mocht heran:

So war der Ruf, den er gewann.

Sein Herz rang nach dem höchsten Lob:

Aller Andern Tat zerstob,

Vor seiner ganz vernichtet.

So wurde stets berichtet

Wer gegen ihn zu streiten kam.

Zu Baldag man es auch vernahm.

Aufwärts strebt’ er sonder Wank.

Von dannen gegen Zaßamank

Fuhr er, in das Königreich.

Da klagte Freund und Feind zugleich

Eisenharten, der das Leben

Einem Weibe dienend hingegeben.

Dazu zwang ihn Belakane,

Die reine, wohlgetane.

Weil sie ihm niemals Minne bot

Lag er um ihre Minne tot.

Da rächten ihn die Freunde bald,

Offen und im Hinterhalt:

Die Frau bedrängt’ ihr mächtig Heer.

Sie stellte kräftig sich zur Wehr,

Als Gahmuret kam in ihr Land,

Das der Schotte Friedebrand

Von den Schiffen aus verbrannte

Eh er hinweg sich wandte.

Nun hört von unsers Ritters Fahrt.

Vom Sturm er her verschlagen ward;

Er büßt’ es mit dem Leben fast.

Vor der Königin Palast

Kam er gesegelt in den Hafen,

Wo ihn viel Gafferblicke trafen.

Nun sah er um sich: dort im Feld

War aufgeschlagen manch Gezelt

Rings um die Stadt bis zu dem Meere:

Da lagen zwei gewaltge Heere.

Er fragte nach der Märe,

Wem Burg und Herrschaft wäre;

Vernommen hat ers nie bis heute,

Noch Einer seiner Schiffleute.

Sie taten seinen Boten kund,

Es wäre Patelamunt.

Das entboten sie ihm minniglich,

Bei ihren Göttern flehentlich

Um Hilf ihn bittend: die wär Not:

Sie rängen nur noch um den Tod.

Als der junge Anschewein

Vernahm von ihres Kummers Pein,

Da bot er seinen Dienst um Gut,

Wie es oft ein Ritter tut,

Dass er wissen möcht um Was

Er dulden sollte Feindeshass.

Da sprach aus Einem Munde

Der Sieche, der Gesunde,

Es sollt ihm unverweigert sein

All ihr Gold und ihr Gestein:

Darüber möcht er schalten

Und froh bei ihnen alten.

Doch bedurft er nicht des Soldes:

Arabischen Goldes

Hatt er manchen Knollen mitgebracht.

Leute finster wie die Nacht

Waren Die von Zaßamank:

Bei denen ward die Zeit ihm lang.

Doch ließ er Herberg nehmen:

Da müssten sie sich schämen

Wenn sie ihm nicht die beste gaben.

Noch immer in den Fenstern lagen

Mägdelein und Frauen:

Sie mussten Alles schauen,

Seine Knappen, sein Gewaffen

Wie das bestellt war und beschaffen.

Sie sahn, es trug der Degen mild

Auf einem hermelinen Schild

Wer weiß wie manchen Zobelbalg.

Das Wappenbild dem Marschalk

Der Königin ein Anker schien.

Gar unverdrossen blickt’ er hin:

Da mussten ihm die Augen sagen,

Er habe schon gesehn vor Tagen

Diesen Ritter oder seinen Schein.

Zu Alexandrien musst es sein

Als der Baruch lag davor:

Da tat es Niemand ihm zuvor.

So fuhr der Hochgemute

In die Stadt mit Volk und Gute;

Zehn Säumer ließ ers fassen;

Die keuchten durch die Gassen,

Und zwanzig Knappen ritten nach.

Sein Volk voraus zu reiten pflag:

Lakaien, Köche, Küchenjungen,

Die kamen vorn einher gesprungen.

Stolz war sein Ingesinde:

Zwölf hochgeborner Kinde

Hinter seinen Knappen ritten

Mit guter Zucht und süßen Sitten;

Darunter waren Sarazenen.

Acht Rosse zog man hinter denen

An den Zäumen, allzumal

Verdeckt mit gutem Zindal;

Das neunte seinen Sattel trug.0

Seinen Schild, der euch bekannt genug,

Führt’ ein muntrer Knapp herbei.

Nach diesem ritten in der Reih

Posauner, die man auch bedarf.

Ein Tambour schritt und schlug und warf

Seine Trommel hoch empor.

Dem Herren kam es spärlich vor,

Ritten Flötenspieler nicht dabei

Und der guten Fiedler drei.

Sie eilten alle nicht zu sehr.

Er selbst ritt hinter ihnen her,

Den Schiffmann zu der linken Hand,

Den weisen, weithin wohlbekannt.

Soviel Volks auch war darinnen,

Mohren und Möhrinnen

Waren beide, Weib und Mann.

Auch sah der Degen wohlgetan

Viel Schilde da zerbrochen

Und von Speeren ganz durchstochen.

Man sah sie aufgehangen

An Wand und Thüren prangen.

Sie hatten Angst und Jammer da.

In die Fenster, kühler Luft zu nah,

War gebettet manchem Wunden:

Hätt er den Arzt gefunden,

So konnt er doch nicht mehr genesen.

Die waren vor dem Feind gewesen.

So ergeht es uns, die ungern fliehen.

Sich entgegen sah er Rosse ziehn

Durchstochen und zerhauen:

Auch viel dunkelfarbge Frauen

Zu beiden Seiten neben sich:

Ihr Schein der Rabenschwärze glich.

Gar freundlich nahm ihn auf sein Wirth,

Der bald noch mehr sich freuen wird.

Er war ein kraftreicher Mann:

Mit seiner Hand hatte er getan

Manchen Stich und manchen Schlag,

Da er einer Pforte hütend pflag.

Viel Ritter, die er bei ihm fand,

Hängten die Hände in ein Band,

Die Häupter voller Schrunden.

So stands mit ihren Wunden,

Sie übten dennoch Ritterschaft;

Unverkürzt war ihre Kraft.

Sein Wirth, der Burggraf der Stadt,

Den Gast mit holden Worten bat,

Sich für daheim zu halten

Und nach freier Lust zu schalten

Über sein Gut und über ihn.

Er führt’ ihn seinem Weibe hin,

Die Gahmureten küsste,

Wars auch nicht sein Gelüste.

Dann ging es in den Speisesaal.

Als sie gegessen allzumal,

Da ging der Marschall hin zuhand,

Wo er die Königstochter fand

Und heischte großes Botenbrot.

Er sprach: »Herrin, unsre Not

Ist mit Freuden nun zergangen.

Der hier gastlich ward empfangen,

Der Ritter ist so kühn im Streit,

Wir müssen danken allezeit

Den Göttern, die ihn hergebracht,

Dass sie uns Rettung zugedacht.«

»Nun sag mir bei der Treue dein,

Wer der Ritter möge sein?

Frau, es ist ein stolzer Degen,

Dem einst der Baruch Gold ließ wägen,

Ein Anschewein von hoher Art.

Avoi! wie wenig er sich spart,

Wenn er daher sprengt zu dem Streit!

Wie behände kann er jederzeit

Weichen und vorwärts dringen

Und Feinden Schaden bringen.

Ich sah ihn kämpfen gar verwegen,

Als vor Babylon die Degen

Alexandrien entsetzen sollten

Und den Baruch treiben wollten

Mit Gewalt aus dem Feld.

Wie Manchen hat er da gefällt

Bei des Heeres Niederlage!

Wohl beging an diesem Tage

Der edle Held so kühne That,

Sie mussten fliehen, es blieb kein Rat.

Auch rühmten Alle so den Mann,

Man erkannte leicht daran,

Dass ihm ob manchen Landen

Der Preis wird zugestanden.«

»So sieh mir zu und säume nicht,

Dass er herkommt und mich spricht.

Wir haben Frieden diesen Tag,

Dass er herauf wohl reiten mag

Zu mir; oder soll ich hin?

Er ist andrer Farbe denn ich bin:

O weh, verdrießt ihn das auch nicht?

Hätt ich darüber nur Bericht!

Wenn mirs die Meinen rieten,

Wollt ich ihm Ehre bieten.

Geruht er, mir zu nahen,

Wie soll ich ihn empfahen?

Ist er so wohl geboren,

Dass mein Kuss nicht sei verloren?«

»Er ist von königlichem Blut,

Ich bürg euch, Frau, mit Leib und Gut.

Frau, euern Fürsten will ich sagen,

Dass sie reiche Kleider tragen,

Und vor euch stehn nach Hofessitten,

Wenn wir kommen hergeritten;

Das sagt auch euern Fraun zumal.

Nun eil ich wieder hin zu Thal

Und bring euch her den Degen wert;

Keiner süßen Tugend er entbehrt.«

Das Alles fiel auf guten Grund:

Der Marschall tat behänd ihm kund

Wes die Herrin ihn gebeten.

Schnell wurden Gahmureten

Reiche Kleider hingetragen:

Die zog er an; ich hörte sagen,

Dass sie gar köstlich wären;

Seine Anker drauf, die schweren,

Aus arabschem Golde fein:

Also wollt er, sollt es sein.

Da bestieg der Minne süßer Lohn

Ein Ross, darauf vor Babylon

Ein Ritter ihn bestand im Streit:

Er stach ihn ab, das war dem leid.

Ob sein Wirth auch mit ihm war?

Er und seiner Ritter Schar:

Ja gewiss, des sind sie froh.

Sie ritten miteinander so

Und stiegen ab vor dem Saal.

Da war der Ritter große Zahl:

Die mussten wohlgekleidet sein.

Seine Kinde liefen mit ihm ein

Und gaben sich je zwei die Hand.

Ihr Herr auch manche Frau da fand,

Die wonniglich gekleidet ging.

Die reiche Königin empfing

Durch ihre Augen hohe Pein,

Als sie ersah den Anschewein.

Sein Antlitz war so minniglich:

Ihr Herz erschloss er völlig sich

Ob es ihr lieb war oder leid;

Sonst schloss es ihre Weiblichkeit.

Ein wenig trat sie ihm entgegen

Und ließ sich küssen von dem Degen.

Sie nahm ihn selber bei der Hand.

Sie setzten sich zum Feind gewandt

In eines Fensters Ecke

Auf gesteppter Sammetdecke,

Die über weichen Kissen lag.

Ist etwas lichter denn der Tag,

Dem glich nicht viel die Königin.

Sie hatte weiblichen Sinn;

Sonst bleibt die tadellose

Ungleich der Tau’gen Rose:

Schwarze Farbe von ihr schien,

Die Kron ein lichter Rubin,

Dass man ihr Haupt durchscheinen sah.

Zum Gaste sprach die Wirtin da,

Er wär ihr sehr willkommen.

»Viel hab ich, Herr, vernommen,

Wie ritterlich und kühn ihr seid.

Bei eurer Zucht, sei euch nicht leid,

Dass ich euch den Kummer klage,

Den ich nah am Herzen trage.«

»Meine Hilfe bleibt euch unversagt.

Frau, was euch kümmert oder plagt,

Mag das wenden meine Hand,

Sei sie zu euerm Dienst verwandt.

Ich bin nur der Eine Mann:

Wird euch was zu leid getan,

So halt ich meinen Schild entgegen;

Doch macht den Feind das nicht verlegen.«

Da hub ein Fürst mit Züchten an:

»Fehlt’ uns nicht ein Hauptmann,

So wollten wir den Feind nicht sparen.

Denn Friedebrand ist heimgefahren,

Er befreit nun dort sein eigen Land:

Ein König Namens Hernant,

Den er Herlindens halb erschlug,

Des Freunde tun ihm leid genug;

Sie wollen es ihm nicht erlassen.

Doch hat er Helden hier gelassen:

Den Herzogen Heuteger,

Des kühne Tat schon viel Beschwer

Uns schuf, und seine Ritterschaft;

Ihr Streit hat Kunst genug und Kraft.

So hat auch manchen Söldner hier

Der Normanne Gaschier,

Der versuchte Degen hehr.

Noch hat er hier der Ritter mehr

Kailet von Hoskurast,

Manchen zornigen Gast.

Die alle bracht in dieses Land

Der Schottenkönig Friedebrand

Und die vier Genossen sein;

Mancher Söldner zog mit ihnen ein.

Gegen Westen dort am Meer

Lagert Eisenhartens Heer:

Ihre Augen trocknen nimmer sich.

Nicht geheim noch öffentlich

Hat man sie anders je gesehn

Als jämmerlich in Klage stehn.

Ihr Herz zerströmt sich so in Güssen,

Weil ihr Herr im Zweikampf enden müssen.«

Da sprach zu seiner Wirtin

Der Gast mit höflichem Sinn:

»Geruhet doch und sagt mir an,

Wie dieser Hass sich entspann.

Was ziehn sie euch mit Macht entgegen?

Ihr habt so manchen kühnen Degen:

Mich jammert, sind sie so beladen

Mit Feindeshass zu ihrem Schaden.«

»Vernehmt es, Herr, da ihrs begehrt.

Mir dient’ ein Ritter, der war wert,

Aller Tugend blühend Reis.

Mannhaft war der Held und weis,

Der Treue wohlgediehne Frucht,

Seine Zucht ging über alle Zucht.

Er war noch keuscher als ein Weib,

Kraft und Kühnheit trug sein Leib.

Kein Ritter über allem Land

War auch noch je so milder Hand

(Wer weiß was nach uns soll geschehn?

Da mögen andre Leute spähn).

Er war zu falscher Tat ein Thor,

Gleich mir von schwarzer Farb ein Mohr.

Sein Vater hieß Tankaneis:

Der König trug auch hohen Preis;

Mein Freund hieß selber Eisenhart.

Meine Weibheit war nicht wohlbewahrt,

Mir dient’ er doch um Minnelohn,

Dass er den Wunsch nicht trug davon:

Das muss ich ewig nun beklagen.

Ich ließ ihn, wähnen sie, erschlagen.

Verratens bin ich unerfahren;

Wie mich des zeihen seine Scharen.

Mehr als sie selber liebt ich ihn,

Des ich nicht ohne Zeugen bin:

Damit bewähr ich es wohl noch.

Die rechte Wahrheit wissen doch

Meine Götter und die seinen.

Wie musst ich um ihn weinen!

So zog ich mit verschämter Strenge

Seinen Lohn, mein Leid auch, in die Länge.0

Mein Dienst erwarb im Rittertum

Dem Helden oftmals hohen Ruhm.

Ich versucht’ ihn, ob er Freund zu sein

Verstünde: bald wohl sah ichs ein.

Er gab um mich den Harnisch hin,

Der unter jenem Baldachin

Nun steht (das herrliche Gezelt

Brachten Schotten auf dies Feld).

Als des der Degen ledig ward,

Da hat er sich nicht viel gespart,

Weil ihn des Lebens schier verdross:

Manch Abenteuer sucht’ er bloß.

Da es also mit uns stand,

Ein Fürst, Protißilas genannt,

Mein Höfling und mein Untertan,

Der unerschrockenste Mann,

Ritt auf Abenteuer aus

Und fand des Schadens viel im Strauß.

Dort im Wald von Aßagog

Eine Tjost ihn nicht um Tod betrog,

Die er tat auf einen kühnen Mann,

Der auch sein Ende da gewann.

Das war mein Freund Eisenhart.

Mit einem Speer durchstochen ward

Jedweder durch Schild und Leib.

Das klag ich noch, ich armes Weib:

Der beiden Tod mich ewig müht,

Auf meiner Treue Jammer blüht.

Ich vermählte nie mich einem Mann.«

Gahmuret erwog und sann,

Obwohl sie eine Heidin wär,

Weiblichen Sinnes sei doch mehr

Nie in ein Frauenherz gekommen.

Statt Taufe müß ihr Keusche frommen,

Der Regen auch, der sie begoss,

Von ihren Augen strömt’ und floss

Ihr auf den Zobel, auf die Brust.

Trauern nur war ihr Gelust,

Dazu jammerhaftes Klagen.

Da hub sie wieder an zu sagen:

»Nun kam mich suchen über Meer

Der Schottenkönig und sein Heer;

Der war seines Oheims Sohn.

Sie konnten mir nichts Schlimmres drohn

Als mir schon geworden war

An Eisenharten, glaubt fürwahr.«

Viel Seufzer sie entschickte,

Zwischen Tränen manchmal blickte

Sie beschämt und scheu hinan

Zu Gahmureten: da begann

Ihr Aug dem Herzen zu vertraun,

Der Degen wäre schön zu schaun.

Sie war auch eine Kennerin

Lichter Farbe: früherhin

Sah sie schon viel lichte Heiden.

Da erwuchs zwischen beiden

Getreuer Minne mehr und mehr:

Sie blickte hin, er blickte her.

Schenken hieß sie nun den Wein;

Dürfte sie, sie ließ’ es sein.

Gern säh sie, wenn es unterblieb,

Weil es die Ritter stets vertrieb,

Die gerne sprachen mit den Fraun.

Doch wars sein Leben, sie zu schaun;

Auch hatte er Ihr den Sinn gegeben,

Sein Leben war der Frauen Leben.

Da erhob er sich und sprach:

»Frau, ich schaff euch Ungemach.

Zu lange hab ich hier gesessen;

Da war ich klugen Sinns vergessen.

Ich dien euch gern; doch ist mir leid,

Dass eure Not so groß und breit.

Frau, gebietet über mich:

Wohin ihr wollt, dahin will ich.

Ich dien euch immer wo ich kann.«

»Ich seh euch,« sprach sie, »dafür an.«

Alles tut der Burggraf nun,

Sein Wirth, was er vermag zu tun,

Ihm zu kürzen Zeit und Stunde.

Er frug mit höfschem Munde,

Ob er spazieren wolle reiten?

»So seht ihr auch, wo wir streiten

Und wie die Pforten stehn in Hut.«

Gahmuret der Degen gut

Sprach, er wünsche wohl zu sehn,

Wo ihr Kampfspiel wär geschehn.

Hinunter mit ihm ritten

Viel Degen edler Sitten,

Hier der Junge, dort der Greise.

Sie führten ihn im Kreise

Wohl vor sechszehn Pforten

Und beschieden ihn mit Worten,

Dass keine je verschlossen ward,

»Seit sie rächten Eisenhart

An uns mit Zorn. Mit gleicher Macht

Stritten wir fast Tag und Nacht,

Sie blieben offen all die Zeit.

Vor acht Pforten gibt uns Streit

Des getreuen Eisenhartens Bann:

Sie haben Schadens viel getan.

Wie sie nach Rache dürsten,

Diese wohlgebornen Fürsten

In des Königs Bann von Aßagog!«

Vor jeglicher Pforte flog

Eine lichte Fahn ob kühner Schar,

Drauf ein durchstochner Ritter war,

Weil Eisenhart so zu sterben kam,

Den nun sein Volk zum Wappen nahm.

»Wir haben andern Brauch dagegen,

Womit wir sie zu trösten pflegen:

Unsre Fahne wird daran erkannt,

Dass zwei Finger ihrer Hand

Die Fürstin bietet zu dem Eid,

Ihr sei noch nie geschehn so leid

Als durch Eisenhartens Tod;

Der schuf ihr bittre Herzensnot.

So von des Krieges Anbeginn

Belakane stand die Königin

In einem weißen Sammetfeld

In schwarzen Farben ausgestellt,

Seit wir des Feinds Panier erschaut

(Ihre Treue wird im Jammer laut):

So steht sie ob den Türmen hoch.

Vor den andern acht bedrängt uns noch

Friedebrands des Schotten Heer,

Die Getauften von über Meer.

Ein Fürst behütet jedes Thor;

Oftmals zieht er auch davor

In den Streit mit dem Panier.

Gaschier, dem Normann, nahmen wir

Einen Grafen ab im Feld:

Der bietet hohes Lösegeld.

Ein Schwestersohn ists von Kailet:

Was uns Der nun Böses tät,

Musste Dieser stets entgelten.

Doch solch Glück kommt uns selten.

Grünes Angers wenig, Sandes

Wohl an dreißig Ritte Landes

Ist zu den Zelten von dem Graben:

Da sieht man sie zum Kampfspiel traben.«

So gab sein Wirth ihm Bericht.

»Ein Ritter unterlässt das nicht,

Er kommt hervor und tiostiert.

Wenn Der seinen Dienst verliert

Bei Jener, die ihn hergeschickt,

Was hilft ihm dann, wie frech er blickt?

Das ist der stolze Heuteger.

Ich darf wohl sagen, seit das Heer

Uns der Feinde hält umsessen,

Dass der Held vermessen

Allmorgentlich bereit erschien

Vor der Pforte bei dem Baldachin.

Auch weiß ich, dass der kühne Mann

Manches Kleinod hat vertan,

Wenn er uns durch die Schilde stach,

Das man für kostbar ansprach

Wenn es die Knappen ausgebrochen;

Er hat uns Manchen abgestochen.

Der Held lässt sich gerne schauen;

Ihn loben auch unsre Frauen.

Wen Frauen loben, wird bekannt,

Er hat den Ruhm an der Hand

Und seines Herzens Wonne.«

Nun hatte müd die Sonne

Eingestellt den Strahlenschein:

Des Lusttritts musst ein Ende sein.

Der Gast ritt heim mit seinem Wirth;

Das Mal er fertig finden wird.

Ich muss von ihrer Speise sagen:

Die ward mit Anstand aufgetragen:

Man diente ihnen ritterlich.

Mit Gefolge kam und stellte sich

Die Königin vor seinen Tisch;

Hier stand der Reiher, dort der Fisch.

Sie war herabgefahren,

Um selber zu gewahren

Ob man fleißig pfläge sein.

Mit Jungfraun kam sie, nicht allein.

Sie kniete nieder (ihm wars leid):

Mit eigner Hand zerschnitt die Maid

Dem Ritter seine Speise so.

Die Frau war ihres Gastes froh.

Da bot sie ihm sein Trinken dar

Und pflag sein gut; wohl nahm er wahr

Ihr Gebärden wie ihr Wort.

Unten an dem Tische dort

Saß ihm mancher Spielmann

Und gegenüber sein Kaplan.

Beschämt empor zur Herrin sah

Der Degen: schüchtern sprach er da:

»So hofft ichs nicht zu finden hier,

Wie Ihr es, Frau, erbietet mir,

Mit also hohen Ehren:

Wenn ich euch dürfte lehren,

So hätt ich nur von euch begehrt

Eine Pflege, der ich wäre wert:

Dann kamt ihr nicht herabgeritten.

Darf ich, Königin, euch bitten,

So lässt mich in der Maße leben:

Zu viel Ehre habt ihr mir gegeben.«

Sie wollt auch das nicht lassen,

Seine Kinde, die dort saßen,

Bat sie freundlich: »Esset doch.«

So ehrte sie den Fremdling noch.

Die Herrlein alle wie es schien

Waren hold der Königin.

Noch eins die Herrin nicht vergaß:

Sie ging auch wo der Wirth saß,

Und sein Weib die Burggräfin.

Den Becher hob die Königin

Und sprach: »Laß dir befohlen sein

Unsern Gast: die Ehr ist dein.

Ich bitt euch beide höchlich drum.«

So nahm sie Urlaub, wiederum

Ging sie hin zu ihrem Gast.

Schon trug sein Herz der Minne Last;

Ein Gleiches Ihr von Ihm geschah,

Ihr Herz, ihr Auge sagt’ es ja:

Die musstens mit ihr eingestehn.

Mit Züchten sprach die Herrin schön:

»Gebietet, Herr: was ihr begehrt,

Das schaff ich, denn ihr seid es wert;

Und lässt mich Urlaub haben:

Wenn sie euch fleißig laben,

So bin ich ihnen herzlich hold.«

Ihre Leuchter waren Gold:

Vier Kerzen trug man drauf entbrannt;

Hin ritt sie, wo sie Ruhe fand.

Sie saßen auch nicht länger so;

Der Held war traurig und doch froh.

Ihn freute, dass man Ehr ihm bot;

Doch zwang ihn wieder andre Not:

Das war die strenge Minne,

Die da neiget hohe Sinne.

Die Wirtin kam zu ihrer Ruh;

Viel Zeit gehörte nicht dazu.

Man bettete dem kühnen Mann;

Das ward mit allem Fleiß getan.

Der Wirth sprach zu seinem Gast:

»Schlafet nun in guter Rast

Und ruht die Nacht: das ist euch Not.«

Den Platz zu räumen gebot

Der Wirth dem Ingesinde.

Des Gastes edle Kinde,

Ihr Bett rings um das seine lag,

Ihr Haupt daran, wie er es pflag.

Da standen Kerzen schön und groß0

Und brannten hell. Den Held verdross,

Dass so lang war die Nacht.

Ihn brachte oft in Ohnmacht

Diese schwarze Möhrin,

Des Mohrenlandes Königin.

Er wand sich oft wie Weidenholz;

Da erkrachten ihm die Glieder stolz.

Minn und Kampf war sein Begehren;

Nun wünscht, man mög es ihm gewähren.

Sein Herz von lauten Stößen scholl,

Weil es nach Rittertaten schwoll.

Das begann dem kühnen Recken

Beide Brüste weit zu strecken

Wie die Sehne streckt die Armbrust;

Zu heftig war da sein Gelust.

Der Herr ohn alles Schlafen lag

Bis er grauen sah den Tag.

Der gab noch keinen lichten Schein,

Da stellte sein Kaplan sich ein

Zur Messe nach des Herrn Gebot:

Er sang sie ihm zugleich und Gott.

Den Harnisch trug man ihm zuhand:

Hin ritt er, wo er Tjoste fand.

Der Degen säumte sich nicht lang:

Das Ross, darauf er schnell sich schwang,

Das konnte ruckweis springen

Und geschwinde vorwärts dringen,

Bekehrig wenn mans rückwärts zog.

Seinen Anker auf dem Helme hoch

Man zum Thore führen sah.

Weib und Mann gestand ihm da,

Kein schönrer sei in allen Reichen:

Ihm sollten ihre Götter gleichen.

Man trug ihm manchen starken Speer;

Wie der Held gerüstet wär?

Von Eisen trug sein Ross ein Dach,

Das gab vor Schlägen ihm Gemach.

Eine andre Decke überzog

Es leicht, weil sie nur wenig wog;

Die war ganz von grünem Samt.

Korsett und Wappenrock gesamt

War auch ein grüner Achmardi;

In Arabien wirkt man die.

Lug will mir nicht geziemen;

Seine Schildriemen

Waren unverblichne Borten

Mit Gestein aller Orten

Besetzt, das war teuer.

Geläutert in Feuer

War sein Schild von rotem Gold.

Sein Dienst erwarb der Minne Sold,

Weil scharfer Streit nur Spiel ihm schien.

Am Fenster lag die Königin;

Der Frauen saßen da noch mehr.

Nun seht, da hielt auch Heuteger,

Der hier oft den Preis genommen.

Als der den Herrn sah kommen

Galoppierend auf sich an,

Gedacht er: »Wie oder wann

Kam der Franzos in dieses Land?

Wer hat den Stolzen hergesandt?

Schiene der mir ein Mohr,

So wär mein bester Sinn ein Thor.«

Die das Springen doch nicht ließen,

Mit Sporen sie die Rosse stießen

Aus dem Galopp in die Rabbin.

Voll Ritterkraft Jedweder schien,

Als sie der Tjost sich nicht entzogen.

Die Splitter in die Lüfte flogen

Vom Speer des stolzen Heuteger;

Auch fällt’ ihn seines Gegners Wehr

Auf das Gras hinters Ross,

Was ihn als ungewohnt verdross.

Er ritt auf ihn und trat ihn nieder;

Zwar erholt’ er oft sich wieder

Und zeigte sich zu wehren Lust;

Doch steckt’ im Arm, ihm unbewusst,

Schon ihm Gahmuretens Lanze:

Der erheischte da Fianze.

Seinen Meister hatte er funden.

»Wer hat mich überwunden?«

Also sprach der kühne Mann.

Alsbald hub der Sieger an:

»Ich bin Gahmuret Anschewein.«

Er sprach: »Meine Sicherheit sei dein.«

Er nahm sie an und sandt ihn ein.

Da musst er hochgepriesen sein

Von den Fraun, die es gesehen haben.

Von dort begann heranzutraben

Der Normanne Gaschier,

Der starke Degen stolz und zier,

Der versuchte Lanzenbrecher.

Gahmuret der Unbillsrächer

Hielt schon zur zweiten Tjost bereit.

Seinem Speere war das Eisen breit,

Der Schaft stark und feste.

Da wägten diese Gäste

Ungleich Gewicht einander zu.

Darnieder lag Gaschier im Nu,

Mit dem Pferde gefallen

Und den Gewaffen allen.

Gezwungen gab er Sicherheit

Ob es ihm lieb war oder leid.

Gahmuret der Weigand

Sprach: »Mir sichert eure Hand;

Doch tat sie männliche Wehr.

Nun reitet zu der Schotten Heer

Und bittet, dass sie uns mit Streit

Verschonen: sind sie des bereit,

So kommt mir nach in die Stadt.«

Was er gebot oder bat,

Das war allzumal vollbracht:

Vom Streite ließ der Schotten Macht.

Da kam geritten Kailet.

Vor dem entwich Gahmuret,

Denn er war seiner Muhme Sohn:

Er spart’ ihm gerne Spott und Hohn.

Der Spanier rief ihm nach genug.

Einen Strauß er auf dem Helme trug;

Gekleidet war derselbe Mann,

Soviel ich euch berichten kann,

In Pfellelseide weit und lang.

Das Gefilde von dem Helden klang:

Seine Schellen gaben Töne.

Diese Blum an Mannesschöne!

Er behielt den Preis der Schönheit,

Nur nicht vor zwein nach seiner Zeit:

Beaukorps, Lotens Kind,

Und Parzival, die hier nicht sind:

Sie waren jetzt noch ungeboren

Und wurden dann für schön erkoren.

Gaschier ihn mit dem Zaume nahm:

»Eure Wildheit wird wohl zahm,

Das sag ich bei der Treue mein,

Besteht ihr dort den Anschewein,

Der meine Sicherheit schon hat:

Merket, Herr, meinen Rat

Und tut, wie ich gebeten.

Ich verhieß Gahmureten,

Ihn Kampfs mit euch zu überheben;

Drauf hab ich ihm die Hand gegeben.

Nun lässt den Ehrgeiz mir zu Lieb:

Er zeigt euch Kraft in Stich und Hieb.«

Da sprach der König Kailet:

»Ist das mein Vetter Gahmuret,

Fils dü Roi Gandein?

Mit Dem laß ich mein Streiten sein.

Lasst mir den Zaum.« »Es soll geschehn,

Hat mein Aug erst ersehn

Euer unbedecktes Haupt;

Meins hat er schier Gehörs beraubt.«

Den Helm er gleich sich niederband;

Gahmuret doch Streit noch fand.

Es war schier halber Morgen.

Den Städtern schwanden Sorgen,

Da sie diesen Kampf gesehn.

Ruhig konnten sie nun gehn

Hinter ihrer Mauer Zinnen.

Er war ein Netz für sie da innen:

Was drunter kam, das war beschlagen.

Ein ander Ross, hört ich sagen,

Bestieg alsbald der werte Held:

Das flog und rührte das Feld

Kunstrecht nach jeder Seite,

Kühn, wo es galt im Streite,

Geschickt und besonnen.

Was er darauf begonnen?

Das rechn ich ihm für Großtat an.

Hin ritt er, wo ihn Mohren sahn.

Die lagen dort mit ihrem Heer

Gegen Westen bei dem Meer.

Ein Fürst war Raßalig genannt,

Der jeden Tag sich unterstand

Von Aßagog der reichste Held

(Sein Geschlecht das nicht in Frage stellt:

Das war von königlicher Art),

Er hob sich immer auf die Fahrt

Und tiostierte vor der Stadt.

Jetzt machte seine Kräfte matt

Unser Held von Anschau.

Das beklagte eine schwarze Frau

(Die hatte ihn dahin gesandt),

Dass ihn da Jemand überwand.

Ein Knapp bot ungebeten

Seinem Herren, Gahmureten,

Einen Speer mit einem Schaft von Rohr:

Damit stach er den Mohr

Hinters Ross auf den Grieß,

Wo er ihn nur liegen ließ

Bis ihm gesichert war der Frieden.

Hiermit war der Krieg entschieden,

Und ihm erworben großer Preis.

Acht Fahnen sah der Degen weis

Feindlich fliegen nach der Stadt,

Die er zurück zu senden hat

Den kühnen sieglosen Mann.

Er gebot ihm alsdann

Ihm zu folgen, ritt’ er ein;

Das tat er, denn es musste sein.

Gaschier auch säumte nicht zu kommen.

Als von Dem der Wirth vernommen,

Sein Gast sei weiter noch hinaus –

Dass er nicht Eisen wie ein Strauß

Verschlang und Kieselsteine,

Das macht’, er fand keine.

Sein Zorn erhob Gebrülle

Wie der Löw aus Zornesfülle.

Er riss sich aus die Haare:

»Nun hab ich meine Jahre

Zu eitel Torheit verwandt.

Die Götter hatten mir gesandt

Einen kühnen werten Gast:

Überlädt sich Der mit Streites Last,

So werd ich Werten nie mehr wert.

Was taugt mir Schild nun und Schwert?

Ein Schimpf ists, mahnt man mich daran.«

Von den Seinen stob er da hindann

Zum Thor mit Spornschlägen.

Ihm kam ein Knapp entgegen,

Der trug einen gemalten Schild,

Ein durchstochner Mann im Wappenbild;

Gewirkt in Eisenhartens Land.

Einen Helm auch trug er in der Hand,

Und ein Schwert, das Raßalig,

Der kühne, bracht in diesen Krieg;

Nun musst er von ihm scheiden,

Dieser kühne Fürst der Heiden,

Der sich weites Lob erworben.

Ist er ungetauft gestorben

So erbarme sein sich bald,

Der aller Wunder hat Gewalt.

Da der Burggraf das ersah,

Nie freut’ er sich wohl mehr als da.

Als er die Wappen hatte erkannt,

Kam er vor das Thor gerannt:

Seinen Gast sah er da halten,

Den jungen, noch nicht alten,

Als harrt’ er einer weitern Tjost.

Da nahm in Lachfilirost,

Sein Wirth, und griff ihm nach dem Zügel;

Er stach heut keinen mehr vom Bügel.

Lachfilirost Schachtelakunt

Sprach: »Lieber Herr, macht mir kund,

Ward besiegt von eurer Hand

Raßalig? So ist dies Land

Vor Kampf gesichert immerdar:

Ihm folgt der Mohren ganze Schar

Im Lehn des treuen Eisenhart,

Davon so viel uns Schaden ward:0

Zu End ist unsre Not und Pein.

Ein zornger Gott gab ihnen ein

Uns heimzusuchen mit dem Heer:

Darnieder liegt nun ihre Wehr.«

Er führt’ ihn wider Willen mit.

Die Köngin ihm entgegen ritt:

Seinen Zaum ergriff sie mit der Hand

Und entstrickt’ ihm des Visieres Band.

Der Wirth musst ihn ihr lassen;

Seine Knappen nicht vergaßen,

Sie ritten ihrem Herren nach.

Da führte durch die Stadt gemach

Ihren Gast die weise Königin,

Dem erstritten war des Siegs Gewinn.

Ab saß sie, da sie däuchte Zeit:

»Weh, wie getreu ihr Knappen seid!

Ihr sorgt wohl, ihr verlört den Mann!

Ihm wird schon ohn euch Dienst getan.

Nehmt sein Ross und führt es hin:

Sein Geselle Ich hier bin.«

Viel Fraun er auf dem Saale fand.

Entwappnet mit schwarzer Hand

Ward er von der Königin.

Von dem besten Zobel schien

Die Decke, und das Bette weich:

Da erwies sie ihm sogleich

Eine heimliche Ehre.

Zeugen waren da nicht mehre.

Die Jungfrauen gingen vor die Thür

Und schoben Riegel dafür.

Da nahm des Landes Königin

Süßer Minne Hochgewinn,

Und Gahmuret ihr Herzenstraut;

Sie waren ungleich doch von Haut.

Den Göttern opferten zumal

Die von der Stadt. Was befahl

Der Held dem kühnen Raßalig,

Eh er schied aus dem Krieg?

Das leistet’ er in Treue;

Doch wuchs sein Leid aufs Neue

Um seinen Herren Eisenhart.

Als des der Burggraf inne ward,

Kam er herbei. Da hob sich Schall:

Die Fürsten nahten allzumal

Aus der Köngin Land von Zaßamank,

Und sagten ihm des Preises Dank,

Den er erworben hatte im Feld.

Vierundzwanzig gefällt

Hatt er hier vom Sattelbogen,

Der Meisten Rosse fortgezogen.

Gefangner Fürsten waren drei:

Viel Ritter ritten auch herbei

Mit ihnen vor den Königssaal.

Geruhet und gespeist zumal

Und wonniglich herausstaffiert,

Mit Kleidern herrlich geziert,

War des höchsten Wirthes Leib.

Einst hieß sie Magd, nun war sie Weib,

Die ihn nun vorführt’ an der Hand

Und sprach: »Mein Leben und mein Land

Sind diesem Ritter untertan,

Gönnt Feindeshass ihm Teil daran.«

Nun folgten Alle Gahmureten;

Sie taten gern, was er gebeten.

»Herr Raßalig, nun kommt heran,

Meines Weibes Kuss sollt ihr empfang.

Tut Ihr ein Gleiches, Herr Gaschier.«

Auch heute gern den Schotten zier

Bat er sie küssen an den Mund;

Der war von seiner Tjost noch wund.

Sich zu setzen, bat er Jeden;

Er stand zu sinnigen Reden.

»Ich säh auch gern den Neffen mein,

Könnt es mit dessen Hulden sein,

Der ihn hier gefangen hat.

Die Sippe gibt mir keinen Rat

Als schnell ihn frei zu machen.«

Belakanen sah man lachen:

Sie befahl ihn herzubringen.

Dort eilte vorzudringen

Der minnigliche beau Comte,

Von Ritterschaft nicht unverschont;

Er hatte im Streite viel getan.

Gaschier der Normann

Bracht ihn: gar höfisch tat er;

Ein Franzose war sein Vater,

Er selbst Kailetens Schwestersohn;

Seine Fahrt geschah um Minnelohn.

Er hieß Killirjakag;

Schön war er wie ein Mann nur mag.

Kaum hatte ihn Gahmuret erkannt

(In ihrem Antlitz Sippe stand,

Sie sahen sehr einander gleich),

Er bat die Königin sogleich,

Dass sie ihn küsse und umarme;

»Nun komm auch her in meine Arme.«

Da küsste selber ihn der Wirth.

Das Wiedersehn sie freuen wird.

Gahmuret hub wieder an:

»Weh, du junger süßer Mann,

Was sollte hier dein schwacher Leib?

Sag an, gebot dir das ein Weib?«

»Herr, die gebieten wenig mir.

Mich hat mein Vetter Gaschier

Hergebracht, er weiß wohl wie.

Ich halt ihm tausend Ritter hie,

Denn ich steh ihm gerne dienstlich bei.

Gen Roems in der Normandei

Kam ich zur Versammlung.

Ich brachte manchen Helden jung

Aus der Champagne mit mir hin.

Nun hat der Schaden Kunst und Sinn

Verwandt, ihn zu beschweren;

Ihr wollt euch selbst denn ehren:

Um meinetwillen gebt ihn frei,

Dass seine Pein gesänftet sei.«

»Den Rat behalte nur bei dir.

Geh du hin und Herr Gaschier

Und bringet mir Kaileten her.«

Sie erfüllten gerne sein Begehr

Und brachten ihn wie er gebeten.

Da ward auch Er von Gahmureten

Minniglich empfangen

Und zu öfterm Mal umfangen

Von der reichen Königin;

Sie küsst’ ihn auch mit holdem Sinn.

Mit Ehren durfte sie das schon:

Er war ihres Mannes Muhmensohn

Und von Geschlecht ein König hehr.

Lachend sprach der Wirth noch mehr:

»Gott weiß, Herr Kailet,

Nähm ich euch nun ab Toled

Und euer Land zu Spanien

Für den König von Gaskanien,

Der oft euch drängt mit Zornbegier,

Untreue wäre das von mir,

Denn Ihr seid meiner Muhme Kind.

Die besten Helden mit euch sind,

In Ritterschaft erfahren:

Wer zwang euch her zu fahren?«

Da sprach der stolze Degen jung:

»Mir entbot mein Vetter Schiltung,

Weil Friedbrand seine Tochter hat,

Ich sollt ihm dienen, wär sein Rat.

Seines Weibes wegen hat der hier

Nur alleine von mir

Sechstausend Ritter auserkannt;

Wehrlich ist der Degen Hand.

Noch bracht ich ihm der Ritter mehr;

Ein Teil fuhr wieder über Meer.

Hier stritten für die Schotten

Viel wehrlicher Rotten.

Ihm kamen von Grünlanden

Helden, die im Streite standen,

Zwei Könige mit großer Kraft:

Eine Flut der Ritterschaft

Brachten sie auf manchem Kiel;

Ihre Rotte mir gar wohl gefiel.

Hier war auch Morhold für ihn;

Dessen Kampf hat Kunst und Sinn.

Diese sind nun heimgekehrt.

Wie jetzt die Königin begehrt,

So tu ich mit den Meinen.

Ihrem Dienst will ich mich einen;

Des Dienstes danktest Du mir nicht,

Denn schon aus Sippe wär er Pflicht.

Die verwognen Helden sind nun deine:

Wären sie getauft wie meine

Und ihnen an der Haut auch gleich,

Kein gekrönter König wär so reich,

Dem sie nicht drohten Streits genug.

Mich wundert was dich her verschlug

Und wie’s geschah: das sage mir.«

»Ich kam gestern, heute bin ich hier

Herr geworden übers Land.

Mich fing die Köngin bei der Hand;

Da wehrt’ ich mich mit Minne:

So rieten mir die Sinne.«

»Wohl hat dir deine süße Wehr

Bezwungen hier und dort das Heer.«

»Du meinst wohl, weil ich dir entrann?

Du riefst mich ja so heftig an:

Was wolltest du von mir erzwingen?

Laß mich also mit dir dingen.«

»Ich erkannte nicht den Anker dein:

Meiner Muhme Mann Gandein

Führt’ ihn niemals mit sich aus.«

»Doch Ich erkannte deinen Strauß,

Im Schild ein Sarapandratest;

Dein Strauß stand hoch und ohne Nest.

Ich sah gar wohl an Mann und Ross,

Dass dich die Sicherheit verdross,

Die zwei Helden mir gelobt:

Die hatten erst sich wohl erprobt.«

»Wie ihnen wär auch mir geschehn.

Dem Teufel selbst müsst ich gestehn,

Werd ich auch seiner nimmer froh:

Hätt er den Preis erworben so

Wie du an freveln Helden, traun,

Für Zucker äßen ihn die Fraun.«

»Dein Mund des Lobs zuviel mir spricht.«

»Nicht doch, schmeicheln kann ich nicht;

Nimm anders meiner Hilfe wahr.«

Sie riefen Raßaligen dar.

Mit Züchten sprach da Kailet:

»Euch hat mein Vetter Gahmuret

Mit seiner Hand gefangen.«

»Ja Herr, so ists ergangen.

Ich hab ihn wohl dafür erkannt,

Dass nun Aßagog das Land

Treu in seinem Dienst verharrt,

Da unser König Eisenhart

Dort nicht sollte Krone tragen.

Er ward in Ihrem Dienst erschlagen,

Die sich euerm Vetter hat ergeben:

Ihre Minne kostet’ ihm das Leben;

Die Rache hat mein Kuss verschworen.

Ich habe Herrn und Freund verloren.

Will nun eurer Muhme Kind

Tun was Ritterpflichten sind,

Dass er uns will entschädgen sein,

So falt ich ihm die Hände mein.

So hat er Reichtum und Preis

Und Was sich nur von Tankaneis

Auf Eisenhart vererbet hat,

Der gebalsamt steht an jener statt.

Seine Wunden sah ich jeden Tag,

Seit dieser Speer sein Herz zerbrach.«

Den zog er aus dem Busen sein

Hervor an seidner Schnur so fein,

Und wieder sahen ihn die Degen

Ihn an bloße Brust sich legen.

»Es ist jetzt frühe noch am Tag:

Will mein Herr Killirjakag

Im Heere meine Botschaft melden,

So folgen ihm hierher die Helden.«

Ein Ringlein schickt’ er seinen Scharen,

Die nach der Hölle farbig waren:

Die Fürsten kamen allzumal

Durch die Stadt in den Saal.

Da lieh mit Fahnen seine Hand

Den Fürsten Aßagog das Land.

Jeglichen freute wohl sein Stück;

Der beste Teil blieb doch zurück

Ihrem Herren, Gahmureten.

Die Ersten waren abgetreten:0

Nun kamen Die von Zaßamank

Mit Gepränge zum Empfang.

Sie erhielten nach der Frau Beschluss

Von ihm ihr Land und des Genuss,

Ein Jeglicher sein Gebiet.

Die Armut ihren Herren mied.

Nun hatte Protißilas,

Der auch einst Fürstenrang besaß,

Hinterlassen ein Herzogtum:

Das lieh er Dem, der hohen Ruhm

Oft mit seiner Hand erjagt

(Nie war er vor dem Streit verzagt):

Lachfilirost Schachtelakunt

Nahm es mit Fahnen gleich zur Stund.

Von Aßagog die Fürsten hehr

Nahmen den Schotten Heuteger

Und Gaschiern den Normann

Und traten vor den Herrn heran:

Der gab sie frei wie sie gebeten;

Das dankten alle Gahmureten.

Heutegern, den Schotten,

Baten sie sonder Spotten:

»Lasst unserm Herrn das Prachtgezelt

Seiner Kühnheit zum Vergelt.

Es raubt’ uns Eisenhartens Leben,

Dass unsres Landes Zier gegeben,

Sein Harnisch, wurde Friedebrand.

Seine Freude stand zu Pfand;

Er selber leider liegt hier tot;

Unvergoltner Dienst schuf ihm die Not.«

Die Welt nicht bessre Wehr besaß:

Der Helm war von Adamas,

Dicht und großer Härte,

Der beste Streitgefährte.

Da gelobte Heuteger,

Wenn er daheim in Schottland wär,

Wollt ers erbitten von dem Herrn

Und wiedersenden dann von fern.

Das verhieß er frei und ohne Zwang.

Zum König Urlaub bittend drang

Nun der edeln Fürsten Zahl:

Also räumten sie den Saal.

Wie verwüstet war sein Land,

Doch konnte Gahmuretens Hand

Schwenken solcher Gabe Sold

Als trügen alle Bäume Gold.

Große Gabe ward verteilt.

Freund’ und Mannen unverweilt

Nahmen hin des Helden Gut;

Da war der Köngin wohl zu Mut.

Zu Stande kam die Hochzeit

Nun nach manchem harten Streit;

Doch ward er so geschlichtet,

Ich hab es nicht erdichtet:

Man sagte mir, dass Eisenhart

Königlich bestattet ward

Von Freund und Mannen insgemein.

Der Zins, den sein Land ihm ein

Trug in einem Jahre,

Ward erlegt bei seiner Bahre;

Das taten sie aus freiem Mut.

Gahmuret das große Gut

Seine Holden ließ behalten;

Sie mochten drüber schalten.

Am Morgen vor der Veste

Schieden aus dem Land die Gäste.

Sich trennten Die da waren,

Und führten viel der Bahren.

Der Herbergen stand das Feld

Entblößt bis auf des Königs Zelt;

Das hieß er auch zu Schiffe tragen.

Seinem Volke ließ er sagen,

Er brächt es nur gen Aßagog:

Mit der Red er sie betrog.

Diesen kühnen stolzen Mann

Fiel nun bald das Heimweh an.

Seine Freude war der Sorgen Pfand,

Als er nicht mehr zu kämpfen fand.

Jedoch war ihm das schwarze Weib

Lieber als sein eigner Leib.

Nie war ein Weib so rein wie sie:

Vergessen mocht ihr Herz es nie,

Keuschheit und zarte Weiblichkeit

War ihr das werteste Geleit.

Aus Sevilla der Stadt

War geboren, den er bat

Dass er mit ihm enteile.

Er hatte ihn manche Meile

Gefahren schon, ihn auch zuvor

Hierher gebracht; er war kein Mohr.

Der Steurer sprach, der weise:

»Hehlt es vor ihnen leise,

Die so schwarze Haut hier tragen.

Meine Schiffe können jagen:

Nimmer holen sie uns ein,

Wir wollen bald von dannen sein.«

Er ließ sein Gold zu Schiffe tragen.

Nun muss ich euch von Scheiden sagen.

Bei Nacht fuhr ab der werte Mann:

Das ward verstohlen getan.

Als er entrann vom Weibe,

Trug sie schon im Mutterleibe

Ein zwölf Wochen altes Kind.

Ihn entführte rasch der Wind.

Die Frau in ihrem Beutel fand

Einen Brief von ihres Mannes Hand.

Auf Französisch, das sie konnte,

Zu sagen ihr die Schrift begonnte:

»Hier entbeut ein Lieb dem andern Lieb:

Wohl bin ich dieser Fahrt ein Dieb;

Ich muss sie Jammer fürchtend stehlen.

Ich kann dir, Fraue, nicht verhehlen,

Wär dein Glaube gleich dem meinen,

Immer müsst’ ich um dich weinen;

Und hab schon immer nach dir Pein.

Wird unser beider Kindelein

Von Anblick einem Manne gleich,

Fürwahr, so wird er tugendreich.

Er ist von Anschau geboren;

Minn ist ihm zur Frau erkoren.

Er wird ein Blitz in Streit und Fahr,

Dem Feind ein übler Nachbar.

Wissen soll der Sohn mein,

Sein Ahnherr war genannt Gandein

Und fand im Ritterstreit den Tod.

Des Vater litt die gleiche Not:

Er war geheißen Addanz;

Sein Schild verblieb gar selten ganz.

Addanz war ein Breton;

Er und Utepandragon

Waren zweier Brüder Kind,

Die beide hier geschrieben sind:

Der Eine war Lazaließ;

Brikus der Andre hieß,

Und beider Vater Mazadan.

Ihn führt’ eine Fee gen Feemorgan,

Die Terdelaschoie hieß,

Und ganz ihr Herz ihm überließ.

Mein Geschlecht entsprang von diesen zwein,

Und immer gibt es lichten Schein.

Jeglicher noch die Krone trug

Und hatte Würdigkeit genug.

Herrin, lässt du taufen dich,

Wohl noch erwerben magst du mich.«

Seinem Glauben trug sie keinen Hass:

»O wie bald geschähe das!

Käm er gleich zurückgeeilt,

Ich vollbrächt’ es unverweilt.

Wem hat hier seine edle Zucht

Gelassen seiner Minne Frucht?

Weh liebliche Genossenschaft!

Soll mir nun der Trauer Kraft

Immer zwingen Seel und Leib?

Seinem Gott zu Ehren,« sprach das Weib,

»Ich gern mich taufen wollte

Und leben, wie ich sollte.«

Ihr gab dies Leid manch harten Streich;

Ihre Treue fand den dürren Zweig,

Wie noch die Turteltaube tut:

Die hatte stets den gleichen Mut:

Trug sie um Minne Kummers Last,

Ihre Treue kor den dürren Ast.

Die Frau zu rechter Zeit gebar

Einen Sohn, der zweier Farben war.

Ein Wunder legte Gott an ihn:

Weiß und schwarzer Farb er schien.

Die Köngin küsst’ ihn tausend Male

Alsbald auf seine blanken Male.

Die Mutter hieß ihr Kindelein

Feirefiß Anschewein.

Der ward ein Waldschwende,

Da die Tjoste seiner Hände

Manches Speeres Schaft zerbrachen,

Der Schilde viel durchstachen.

Wie die Elster ganz und gar

Trug ihm Farbe Haut und Haar.

Nun war es über des Jahres Ziel,

Seit Gahmureten man so viel

Gepriesen dort in Zaßamank,

Wo seine Hand den Sieg errang.

Noch immer schwebt’ er auf der See: