Paul hat das Alleinsein satt - Ory Massa - E-Book

Paul hat das Alleinsein satt E-Book

Ory Massa

4,9

Beschreibung

Der vorliegende Roman Paul hat das Alleinsein satt erzählt die außergewöhnliche Liebesgeschichte von Paul und Lisa. Außergewöhnlich ist allein schon der Altersunterschied. Aber es kommen weitere Ereignisse auf die beiden zu, welche das Zusammenleben wesentlich beeinflussen. So erleben Paul und Lisa schon im ersten Jahr alle Höhen und Tiefen einer Zweisamkeit. Pure Lebensfreude, erotische Leidenschaft aber auch tiefste Verzweiflung, Niedergeschlagenheit und Todesangst sind Wegbegleiter.

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PAUL

hat es sich auf seiner Couch im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Jetzt, nach dem kleinen Frühstück, wie immer begnügte er sich mit einer Tasse schwarzen Kaffee ohne Zucker, dazu je eine Scheibe Vollkornbrot mit Butter und Honig, wird er sich in aller Ruhe der Tageszeitung widmen. Ein Blick aus dem Fenster überzeugt ihn, dass er im Hause besser aufgehoben ist als draußen bei diesem nasskalten Wetter. Langsam fallen vereinzelt Schneeflocken vom Himmel, die auf der Terrasse sofort zu Wasser werden. Nur auf dem Rasen bleiben sie noch einige Minuten erhalten. Der Winter ist vorbei, aber der Frühling noch nicht angekommen. Wohl recken Frühlingsblüher die ersten grünen Blattspitzen ein wenig aus dem durch und durch nassen Boden, doch bis zum Erblühen von Krokus, Narzisse und anderen Frühjahrsboten, die den Frühling ankünden, wird es noch dauern, wenn weiterhin die Wärme ausbleibt.

Paul ist ein vitaler Sechziger. In sein ehemals dunkles Haar hat sich das Grau eingenistet. Aber noch überwiegt das Dunkle. Mit 175 Zentimeter Körpergröße gehört er nicht zu den Riesen, aber Körperbau und Beweglichkeit bezeugen sportliche Aktivitäten. Sein markantes Gesicht ist nicht ohne weiche Linien, seine Physiognomie kommt bei Frauen gut an. Paul wirkt durch und durch sympathisch. Seine sonore Stimme und seine Sprachgewandtheit machen ihn zu einem beliebten Gesprächspartner. Vor einigen Jahren verlor er seine Frau durch eine heimtückische Krankheit innerhalb weniger Wochen. Das hat ihn unsagbar mitgenommen. Er hat seine Frau sehr geliebt, sie führten eine harmonische Ehe über fünfunddreißig lange Jahre. Mit zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter bildeten sie eine glückliche Familie. Aber es gab in den Anfangsjahren dieser Ehe auch eine Zeit, als Paul leichtsinnigerweise eine Liaison mit einer sehr jungen Frau unterhielt. Er verstand es, diese Beziehung während der ganzen Jahre, die sie andauerte, geheim zu halten. Immer geplagt von Gewissensbisse, aber er konnte sich lange nicht aus dieser leidenschaftlichen Liebesbande lösen. Zu sehr waren er und seine Geliebte einander verfallen. So sehr es auch widersprüchlich klingen mag: er hat seine Ehefrau auch während dieser Zeit nicht weniger geliebt. Und an einem Punkt war er sich mit seiner Geliebten einig - eine Trennung von seiner Frau kam für ihn keinesfalls infrage.

So wie er es jeden Montag seit Jahren gewohnt ist, beginnt Paul mit dem Sportteil der Zeitung. Politik, Wirtschaft und Lokales muss montags warten. An den anderen Tagen gibt es eine andere Reihenfolge. Paul ist ein begeisterter Sportler – nicht nur vor dem Fernseher. Ab und an geht er auch ins Fußballstadion, seit in der Nähe Bundesligafußball geboten wird. Die verschiedensten Ballsportarten finden sein reges Interesse, es sei denn, die Kugel ist nicht rund und ähnelt einem Ei oder hat die Größe eines Tennisballs. Für einige Sportarten kann er sich allerdings nicht erwärmen. Dazu gehört z. B. der Motor-Rennsport. Dass bei einem Renntag hunderttausend Zuschauer an die Rennstrecke pilgern, nur um die vorbeiflitzenden Boliden zu verfolgen, die doch meistens über beinahe alle Runden in regelmäßiger Abfolge vorbeihuschen, hat er kein Verständnis. Beim Alpin-Wintersport verurteilt er mit Entschiedenheit den Abfahrtslauf. Immer schneller, immer spektakulärer werden die Pisten gesteckt. Die Athleten riskieren Kopf und Kragen, wenn sie einen Spitzenplatz im Endergebnis erreichen wollen. Wann hört dieser Irrsinn endlich auf, fragt er sich immer wieder. Selbst hat Paul nie Leistungssport betrieben, wenn man von den drei, vier Jahren als Jugendfußballer einmal absieht. Da seine fußballerischen Qualitäten begrenzt waren, fiel es ihm damals leicht, die Fußballschuhe an den berühmten Nagel zu hängen. Aber ein Sportstudio sucht er regelmäßig auf. Er ist sehr darauf bedacht, seine körperliche Fitness auch im Alter zu bewahren.

Eine besondere Schwäche hat Paul für den Frauensport. Vor allem, wenn echte körperliche Leistung gefordert wird. Einen Turnwettkampf, aber nicht nur mit Frauen, lässt er sich im Fernsehen selten entgehen. Für Paul sind solche Sportler und Sportlerinnen Artisten, die jederzeit auch in einem Zirkus auftreten könnten. In den Monaten des Wintersports verfolgt er mit großem Interesse die Wettbewerbe in den nordischen Disziplinen besonders den Biathlon.

In den letzten Monaten macht eine Volleyball-Frauenmannschaft aus einer Nachbargemeinde auf sich aufmerksam. Neu in eine höhere Liga aufgestiegen, kämpfen die Mädchen erfolgreich um die vorderen Ränge in der Liga. Also beschließt Paul, bei einem der nächsten Heimspiele live dabei zu sein. Allerdings hat er noch wenig Ahnung von dieser Sportart. Regelkenntnisse hat er schon gar nicht. Wenn im Fernsehen Ausschnitte von solchen Wettkämpfen übertragen werden, bewundert er die Spielerinnen, wie sie sich den wuchtigen Schmetterbällen entgegenwerfen, um sie noch vor dem Bodenaufschlag zu erwischen und der Mannschaft einen neuen Spielaufbau ermöglichen. Nicht umsonst haben die Spielerinnen Schutzpolster an Armen und Beinen.

Sein Vorhaben setzt Paul bereits am folgenden Wochenende in die Tat um, denn es kommt der momentane Tabellenführer, der nach dem Punktestand zu urteilen, allen anderen Mannschaften weit überlegen sein muss. Am späten Samstag-Nachmittag setzt sich Paul in seinen PKW und steuert ihn über den Berg ins andere Tal. Vorbei an den gepflegten, kilometerlangen Weinbergen am südlichen Abhang des Höhenzuges, der seinen Heimatort von dieser lieblichen Landschaft trennt. Ein altes Kulturland ist dieses fruchtbare Tal. Hier waren schon die Kelten und später auch die Römer heimisch. Ausgrabungen haben vor vielen Jahren sogar eine bestens erhaltene Jupitersäule zum Vorschein gebracht. Hier wächst der beste schwäbische Wein und Pauls Lieblingsgetränk, die Sorte ‚Lemberger‘. Den hat schon Altbundespräsident Theodor Heuss mit Vorliebe getrunken. Sein Geburtsort liegt in diesem Tal. Es ist Mitte März, die Weinreben sind längst geschnitten und üblicherweise mit zwei Ruten an der Drahtanlage angebunden. Da die derzeitige Wetterlage alles andere als frühlingshaft ist, kann man von einer Vegetationsphase noch nichts erkennen. Paul ist froh, dass die Winterzeit endlich dem Ende zugeht. Er kann den kalten Monaten nichts Positives abgewinnen. Vor allem die kurzen Tage und langen Nächte während dieser Zeit hasst er über alles. Seine Abneigung gegen die Wintermonate hat auch noch einen anderen Grund. Für ihn sind die Monate November bis Februar Totenmonate. Alle Todesfälle in der Familie fielen in diese Jahreszeit. Zuerst seine Eltern, die im Abstand von nur einem Jahr dahinschieden. Dann vor ein paar Jahren seine geliebte Hanna, seine Ehefrau. Vor zwei Jahren traf es seinen Bruder. Also Grund genug, für diese Jahreszeit tiefe Abneigung zu empfinden. Wenn der lichte Tag schon um halb fünf am Nachmittag endet, verzieht er sich ins Haus. Die Abende verbringt er dann gleich nach der Tagesschau mit einem guten Buch im Bett. Das Lesen ist für ihn auch eine gute Einschlafhilfe. Ganz anders waren damals die Winter, als noch seine geliebte Frau um ihn herum war. Oft gingen sie am Abend zu Veranstaltungen, in ein Restaurant oder saßen bis Mitternacht vor dem Fernseher, wenn sich die Sendung lohnte. Aber das ist Vergangenheit. Paul bezeichnet sich selbst als Murmeltier, weil er den Winter größtenteils verschläft. Jetzt im März aber sind die hellen Stunden längst auf dem Vormarsch. Gerne erinnert sich Paul an die wunderschönen Herbsttage, wenn die dann welkenden Traubenblätter kilometerlang die südlichen Abhänge der Höhenzüge in ein prächtiges Farbenmeer verwandeln. In Farbnuancen von grün über gelb bis rot und braun, je nach Rebsorte, wechseln die Farbkleckse so, als ob ein Kunstmaler Hand angelegt hätte. Besonders in der Abendsonne ist diese verschwenderische Farbenpracht sehr beeindruckend. Das ist die Jahreszeit, in der Paul wenigstens 1 Mal die Woche diese gesegnete Landschaft durchwandert. Am Ende steht dann immer ein Besuch in einer der vielen Besenwirtschaften an. Das sind heutzutage halbprofessionelle Gastronomiebetriebe, aber die Preise für Getränke und Speisen sind immer noch sehr moderat. Die Kommunikation mit den Tischnachbarn ist im ‚Besen‘ unausweichlich. Hier setzt sich niemand an einen freien Tisch und stiert in sein Weinglas. Was auch kaum gelingen kann, weil es selten freie Tische gibt. Das haben die Besenwirtschaften den Gasthöfen voraus und deshalb haben sie auch viel mehr Gäste, sehr zum Verdruss der professionellen Wirte. Paul braucht diese Kommunikation. Vor einigen Jahren doch urplötzlich zum Witwer geworden. Dieser traurige Einschnitt in sein bisheriges Leben brachte ihm die Erkenntnis, dass er genug in seinem Leben gearbeitet hat. Fortan wollte er die restlichen Jahre nach seinem Gutdünken ausleben. Er entschloss sich, frühzeitig aus dem Arbeitsleben auszusteigen, als ihm mit einer stolzen Abfindungssumme der Abschied vom Schreibtisch zusätzlich versüßt wurde. Seine Rentenansprüche bis dahin signalisierten ihm ein Leben ohne finanzielle Not, zumal auch noch einiges an Erspartem auf der Bank liegt.

Paul fährt also gutgelaunt durch die schöne Landschaft und freut sich derweil auf einen unterhaltsamen Sportabend. Eine Stunde vor Spielbeginn wird die große Sporthalle geöffnet und die ersten Zuschauer nehmen auf den seitlichen Zuschauerrängen ihren Platz ein. Paul gehört zu den ersten Besuchern und hat viel Zeit, sich im Programmheft für den anstehenden Wettkampf über die Prognosen, Erwartungen der Trainer, Mannschaftsaufstellungen usw. zu informieren. Die vielen Werbeanzeigen nimmt er weniger zur Kenntnis, wohl wissend, dass Werbeeinnahmen für die Vereine unabdingbar sind, wenn die Unkosten schon allein für die Anreise bei Auswärtsspielen den finanziellen Spielraum sehr einengen. Er betrachtet die Bilder aus zurückliegenden Wettkämpfen der Heimmannschaft und entdeckt dabei, dass auch die Spielerinnen des heutigen Gegners mit jeweiligem Bild vorgestellt werden. Lauter hübsche junge Frauen: Blonde, Dunkelhaarige, Langhaarige, Kurzhaarige. Einige haben einen dunklen Teint. Vielleicht die Töchter ehemaliger Gastarbeiter?

Ein Foto hat es Paul aber ganz besonders angetan. Eine dunkelhaarige, junge Schönheit, aber nicht mit dem mediterranen Einschlag, eher hellhäutig. Die schön geschwungene Nase, ein kleiner Anflug einer Stupsnase ist nicht zu übersehen, schöne blaue Augen, was selten ist bei dunkelhaarigen Menschen, und mit einem geheimnisvoll lächelnden Gesichtsausdruck. Sofort erinnert sich Paul an das weltberühmte Bild der Mona Lisa von Leonardo da Vinci, das er vor ein paar Jahren im Louvre in Paris bestaunt hatte. Er kann den Blick von diesem Foto nicht lassen. Paul ist fasziniert von diesem Gesicht. Die anderen Spielerinnen interessieren ihn nicht mehr. ‚Warum hält mich dieses Antlitz so gefangen‘, geht Paul durch den Kopf. Wenn er nur wüsste, welches Geheimnis sich dahinter verbirgt. Als zwänge ihn eine fremde Macht dazu, muss er sich dieses schöne Gesicht in allen Einzelheiten einprägen und dabei überkommt ihn eine innere Erregtheit und er weiß nicht warum.

Zwischenzeitlich ist es kurz vor Spielbeginn und die Mannschaften kommen aus ihren Kabinen und betreten das Spielfeld. Der Schiedsrichter hat bereits auf dem erhöhten Sitz am Netz seinen Platz eingenommen. Pauls Augen suchen bereits im Pulk der auswärtigen Spielerinnen seine geheimnisvolle Mona Lisa. Noch hat er sie nicht entdeckt, denn die Mädels stehen in dichtem Kreis zusammen und schwören sich auf den Wettkampf ein. Ein Ritual, das sich bei vielen Teamsportarten eingebürgert hat. Nun erfolgt durch den Schiedsrichter das Signal, sich aufzustellen. Der Kreis öffnet sich und Paul nimmt jede einzelne Spielerin in Augenschein. Doch er kann seine Favoritin nicht gleich entdecken. Es ist nicht einfach, auf die Entfernung die Gesichter zu studieren, denn die Mädels bewegen sich ständig und drehen die Köpfe, um sich abzusprechen. Endlich sieht Paul seine Mona Lisa. Sie hat ihre halblangen Haare zu zwei kleinen Zöpfchen geflochten, was ihr das lustige Aussehen eines Schulmädchens aus der Grundschule verleiht. Sie nimmt Aufstellung am Netz, also hat sie für Punkte zu sorgen. Paul überrascht diese Position, denn sie ist im Gegensatz zu ihren Nebenspielerinnen keinesfalls hochgewachsen. Sie muss also eine besondere Sprungkraft besitzen. Ihre ansprechende Figur lässt allerdings auch darauf nicht schließen, denn ihre Beine zeigen keinerlei Stämmigkeit. Im Gegenteil, sie könnte mit ihrem wohlproportionierten Körper erfolgreich für Bademoden werben. Mona Lisa verzaubert Paul immer mehr und er kann sich dieser Verführung einfach nicht entziehen.

Der Wettkampf verläuft so, wie es in den Prognosen vorauszulesen war. Mona Lisa spielt auf verschiedenen Positionen. Mal ist sie am Netz, dann wieder im Rückraum. Pauls Nachbar murmelt etwas von Rotation. Paul kennt die Regeln dieser Sportart überhaupt nicht. Das Wettkampfgeschehen geht mehr oder weniger an ihm vorbei, denn er hat nur noch Augen für seine Favoritin. Wie in Trance spendet er Beifall für beide Mannschaften bei jedem Punktgewinn. Er hat mit dem Sitznachbarn solidarisch mitgeklatscht.

Das Spiel ist aus. Die einheimischen Spielerinnen mussten eine empfindliche Niederlage einstecken und verloren mit 1:3 Sätzen. Die Mannschaften machen sich nach dem obligatorischen Handschlag auf den Weg zu den Kabinen. Sie müssen dabei unmittelbar an den Zuschauerrängen vorbei gehen. Paul drängt sich nach vorne und klatscht Beifall, besonders als die gegnerischen Spielerinnen an ihm vorbeigehen. Eine einzige Spielerin blickt zu ihm hoch und lächelt ihm dankbar zu. ‚Mona Lisa hat mich, nur mich allein, angelächelt‘, freut sich Paul und ist überglücklich. Mit demselben geheimnisvollen Lächeln wie auf dem Foto und wie bei Leonardos Kunstwerk. Dieser kurze Augenblick hat Paul fast den Verstand geraubt. Paul verlässt die Sporthalle und macht sich auf die Heimfahrt. Während der ganzen Fahrt hat er nur noch diese schöne junge Frau im Sinn. Seine Gedanken an Mona Lisa überlagern alles andere. Beinahe hätte er einen Auffahrunfall verursacht, als er einen linksblinkenden PKW, welcher den Gegenverkehr abwarten muss, bevor er abbiegen kann, sehr spät bemerkte, aber im letzten Moment kann er einen Crash verhindern. Wieder ernüchtert schimpft er sich einen Döskopp, weil er wegen einem jungen Ding derart den Kopf verliert. Zu Hause angekommen, stellt er mit großer Verärgerung fest, dass er das Programmheft in der Sporthalle zurückgelassen hat, als er nach vorne ging, um den Mädels Beifall zu klatschen. Jetzt weiß er nicht einmal, wie seine Mona Lisa mit Namen heißt, denn das Bild hat ihn so gefesselt, dass er der Namensfolge am unteren Bildrand keine Beachtung schenkte. Seinen Ärger muss er unbedingt mit einem Glas eines sehr guten Weins bekämpfen. Also Grund genug, die bereits am Nachmittag aus dem Keller geholte Flasche ‚Lemberger‘ zu entkorken. Er schaltet den Fernseher ein und macht sich auf der Couch bequem. Dann lässt er seinen dunkelroten Lieblingswein ins Glas rinnen. Im Fernsehprogramm beginnt demnächst die Sportschau mit den Bundesliganachrichten. Paul hebt das Weinglas gegen das Licht der Stehlampe und betrachtet die dunkelrote Köstlichkeit. Doch was blickt ihm entgegen? Das wunderschöne Gesicht seiner Mona Lisa. Paul ist sich bewusst, dass er an diesem Abend diese Frau nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Er hat sich Hals über Kopf in dieses Wesen verliebt und zweifelt so langsam an seinem Verstand. Es kann doch nicht sein, dass so ein junges Ding ihm derart den Kopf verdreht, wo er doch locker deren Vater sein könnte. Pauls Frau ist jetzt sechs Jahre tot. Doch nie kam Paul der Gedanke, eine neue Partnerschaft einzugehen. Zu stark sind seine Erinnerungen an seine geliebte Hanna. Und jetzt macht ihn eine schöne junge Sportlerin kopflos? Wo bleibt sein Verstand? ‚Was ist bloß los mit mir? Was ist das Geheimnis, das mich so in meinen Gedanken gefangen hält? Hat mich eine seltene Krankheit befallen und mein Hirn zerstört‘? Paul kann seine Seelenlage nicht begreifen. Er kennt etliche hübsche junge Frauen, geht gelegentlich auch im Wechsel mit ihnen aus. Das sind gute Freundschaften aus gemeinsamer Zeit im Büro, die ihren Ursprung in der guten Zusammenarbeit in seiner damaligen Abteilung haben. Den Kontakt halten sie nun schon über Jahre aufrecht und niemand möchte darauf verzichten. Wenn Paul mit einer dieser ehemaligen Kolleginnen einen netten Abend in einem Restaurant verbringt, werden sie oftmals von anderen Gästen wegen dem Altersunterschied argwöhnisch beäugt. Spätestens dann, wenn seine Begleiterin ihn mit dem Vornamen anredet, weiß man, dass es nicht Vater und Tochter sind. Es fällt ja auf, wenn Tischnachbarn miteinander tuscheln und deren Augen, oft unverhohlen, sich auf dieses ungleiche Paar richten. ‚Was will der alte Dackel mit einer so jungen Frau? Der könnte doch ihr Vater sein‘! oder ‚was findet die bloß an diesem alten Mann‘? Solches Gerede kann man den Gesichtern ablesen. Paul und seine Freundin machen sich manchmal einen Spaß daraus und spielen ein bisschen verliebtes Paar. Die teils entrüsteten Gesichter, meist sind es die Frauen, sind ursächlich für ein heiteres Amüsement. Pflichtgemäß müssen die Ehemänner diese gespielte Liebelei, die sich ja nur auf Händchenhalten beschränkt, verurteilen, obwohl sie vielleicht insgeheim sehr neidisch auf Paul sind. Das ist auch oft zu verstehen, zumal dann, wenn die Gattin das doppelte Gewicht ihres Mannes auf den Stuhl bringt.

Pauls nächtliche Träume drehen sich nur noch um Mona Lisa. Er schläft Mit Mona Lisa ein und wacht auch mit ihr auf. Und manche Nacht liegt er schlaflos im Bett und kann seine Gedanken an sie nicht vertreiben. Tagsüber geht sie ihm ebenfalls nicht aus dem Sinn. Mona Lisa ist das alles Beherrschende in den Tagen nach dem Volleyballspiel. Hätte Paul eine beständige Arbeit, wäre eine Ablenkung möglich. Aber er war ja vor zwei Jahren aus dem Arbeitsleben ausgeschieden. Auch die Hausarbeit ist begrenzt. Seit dem Tod seiner Frau vor sechs Jahren kommt wöchentlich für ein paar Stunden eine Reinigungskraft aus dem Dorf. Die hält ihm den Haushalt sauber. Die derzeitige Witterung lässt auch noch keine Gartenarbeit zu. So erscheint Paul unablässig das schöne Gesicht mit dem hintergründigen, geheimnisvollen Lächeln. Aber er weiß, er wird Mona Lisa vergessen, wenn er sie eine Zeitlang nicht mehr gesehen hat. Paul hat sich fest vorgenommen, keine Wettkämpfe ihrer Mannschaft zu besuchen und sollte sie gleich hier um die Ecke spielen. ‚Ich muss Mona Lisa vergessen. Das sagt mir schon mein klarer Menschenverstand‘, sind seine einsichtigen Gedanken. ‚Schließlich bin ich in einem Alter, wo sich eine Beziehung zu einer blutjungen Frau von selbst verbietet. Wahrscheinlich würde sich Mona Lisa halb totlachen wenn sie wüsste, dass ein alter Dackel sich in sie verliebt hat‘. Sind Pauls Gedanken zu konservativ? Ihm kommen Namen Prominenter ins Gedächtnis, denen solche überkommende Regeln gleichgültig sind. Politiker befinden sich auch darunter. Es gäbe da etliche aufzuzählen. Meistens nicht unbedingt der Traummann junger Frauen. Ist es die Aussicht auf eine finanzielle Absicherung für später? ‚Übrigens‘, sagt sich Paul, ‚bin ich einige Jahre jünger als die meisten dieser Herren und sehe mich für meine Begriffe, ohne überheblich zu sein, wesentlich attraktiver. Auf dem Kopf habe ich noch etwas zu kämmen und die Falten im Gesicht sind auch noch nicht so ausgeprägt. Und der kleine Bauchansatz? Den vertrete ich entschieden‘. Es sieht also ganz danach aus, als käme bei Paul der zweite Frühling. Wenn er morgens am Frühstückstisch sitzt hat er das Bild seiner geliebten Hanna vor Augen. Unwillkürlich schaut er immer wieder zu ihr auf. Der lächelnde, weise Gesichtsausdruck begleitet ihn täglich beim Start in den neuen Tag. ‚Ja, Hanna, du amüsierst dich über mich. Zu Recht! Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Lass mir Zeit, diese Krise zu überstehen‘.

Tage und Wochen sind seither vergangen. Endlich ist es wärmer geworden. Jetzt Ende April, stehen die Obstbäume in voller Blüte. In den Tälern von Pauls Heimat gibt es viele Obstplantagen. Die Honigbienen müssen sich sputen, wenn sie das weiße und rosarote Blütenmeer noch vor dem verwelken abarbeiten wollen. Die ersten Frühlingsblumen sind bereits Vergangenheit. Nur noch gelbliche und braune Stängel mit den nackten Blütenkörbchen recken sich mit letzter Kraft zum Licht, während das Blattwerk auf dem Boden liegend bereits in Auflösung begriffen ist. Paul hat viel im Garten und um das Haus herum zu tun. Rasen mähen, Unkraut jäten. Gehwege im Garten vom Winterschmutz befreien und in Ordnung bringen. Die überwinterten Geranien zurück schneiden und in neue Erde umtopfen. Abends im Fernsehen die Wetterprognosen für die kommende Nacht abhorchen. Falls nochmals Frost angesagt wird, müssen einige Pflanzen wieder in das Gartenhaus. Pauls Tage sind jetzt ausgefüllt. Und was ist mit Mona Lisa? Er hat sie noch nicht vergessen, aber die Erinnerungen an sie verflüchtigen sich zusehends.

Seit er Rentner ist, sind mehrmalige Wanderungen während der Woche bei ihm Pflicht. Es ist jetzt eine sehr schöne Jahreszeit, wenn der Laubwald sein grünes Kleid anlegt, die Zugvögel wieder zurück sind und die Wanderwege nicht mehr von Morast-Löchern unterbrochen werden. Leider setzen die schweren Maschinen beim Holzeinschlag im Winter dem Wegenetz erheblich zu. Eine sportliche Aktivität leistet sich Paul vorzugsweise jeden Dienstag in einem Sportstudio. Zwei Stunden an unterschiedlichen Geräten sollen seine Fitness, soweit noch vorhanden, bewahren. Da werden Gewichte gezogen und gedrückt. Im Stehen, Sitzen und Liegen. Das Ergometer gehört auch dazu und zum Schluss, wenn der Körper kaum noch Wasser hergibt, geht’s in die Badeabteilung unter die Dusche.

Der Dienstag ist also ein sehr wichtiger Tag für Paul. An jedem zweiten Dienstag ist zusätzlich auch kegeln angesagt. Da trifft sich Paul mit seinen Kegelbrüdern schon um vier Uhr am Nachmittag in ihrer Stammgaststätte in der nahen Großstadt. Sie pflegen diesen Kegel-Dienstag seit mehr als dreißig Jahren. Damals, lauter junge Arbeitskollegen, gründeten sie ihren Kegelklub. Leider fehlt zwischenzeitlich der Nachwuchs. So ist die Gruppe in den letzten Jahren zu einem kleinen Häufchen Aufrechter zusammen geschrumpft. Meistens sind sie noch zu sechst. Alle sind jetzt Rentner und diesen Dienstag lassen sie sich von niemandem nehmen. Ihr Stammlokal hat eine gute Küche und jeden Tag gibt es eine besondere Tagesspezialität zu einem moderaten Preis. Sie haben Glück, dass an Dienstagen immer Rostbratentag ist. Für jeden Schwaben das Leibgericht. Ein Glas Rotwein dazu – ein Lebenselixier.

Heute ist wieder so ein Kegeldienstag. Also fährt Paul um dreizehn Uhr in die Stadt. Zuerst ins Sportstudio und nach ausgiebiger körperlicher Plackerei zum Stammlokal. Als er ankommt stellt er fest, dass die Mannschaft vollzählig ist. Paul fühlt sich heute richtig gut aufgelegt für einen erfolgreichen Kegelabend. Der Wirt muss bis spätestens um siebzehn Uhr den Rostbraten auf den Tisch bringen, weil das Kegeln eine Stunde später beginnt. Dazu müssen die Freunde in das nahegelegene Vereinsheim eines Sportklubs fahren. Aber jetzt wird erst kräftig diskutiert. Themen gehen den Freunden nie aus. In zwei Wochen passiert genügend, was einen Kommentar rechtfertigt. Es gibt immer gegensätzliche Meinungen. Glücklicherweise steht die Toleranz ganz oben auf. Freund Peter hat heute wieder etliche neue Witze auf Lager, Immer wenn er die erzählt, lacht nicht nur der Stammtisch. So werden diese Stunden zu einem kurzweiligen Nachmittag. Der schwäbische Rostbraten war wie immer eine besondere Köstlichkeit. Gut gestärkt machen sich die Freunde auf zum Vereinsheim. Dort angekommen, findet Paul nicht gleich einen freien Parkplatz. Er muss etwas weiter weg parken und wird als Letzter bei den Kegelbahnen ankommen.

Als er mit den Sportschuhen in der Hand die Stufen ins Untergeschoss hinabsteigt, kommt ihm eine dunkelhaarige Kellnerin entgegen, die ein Tablett mit leeren Gläsern balanciert. Im Vorbeigehen grüßt sie Paul mit einem strahlenden Lächeln und ihm stockt der Atem, als er diese hübsche Person erkennt. Seine rechte Hand umklammert mit festem Griff den Handlauf des Treppengeländers und wie in Trance grüßt er zurück mit „Hallo Mona Lisa!“ Die junge Frau stutzt, hält inne und wendet sich Paul mit „Hallo Leonardo!“ zu und lacht. Paul antwortet: „Ich wäre gern Leonardo, doch leider fehlt mir einiges von seiner Genialität.“ Paul kann sein Glück nicht fassen. Steht doch die Verursacherin vieler schlafloser Nächte leibhaftig vor ihm und ihre Erscheinung raubt ihm fast den Verstand.

„Sie haben bestimmt schon zu vielen Frauen ‚Mona Lisa‘ gesagt. Habe ich Recht?

„Nein, Sie schätzen mich falsch ein. Ich gab Ihnen diesen Namen vor einigen Wochen.“

„Mir ist aber nicht bewusst, dass wir uns kennen. Ich bin erst seit wenigen Tagen hier angestellt und habe Sie noch nie gesehen. Sie müssen mich aufklären.“

„Gerne, heute Abend nach zwanzig Uhr. Nach der Kegelrunde. Sie bedienen auch im Restaurant oben?“

„Ja, ich bin heute allein im Service. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. Jetzt muss ich mich weiter um meine Gäste kümmern.“

„Bringen Sie mir bitte ein großes ‚Radler‘ mit?“ Pauls Stimme merkt man die große Freude an, die das unerwartete Zusammentreffen bei ihm ausgelöst hat.

„Ja gerne! Auf welcher Bahn kegeln Sie?“

„Bahn vier. Meine Freunde sind kurz vor mit angekommen.“

Selig steigt Paul die Treppe abwärts zu den Kegelbahnen. Er hat mit seiner Traumfrau gesprochen. Er kann es noch gar nicht fassen. Aus der Nähe sieht seine Mona Lisa noch viel schöner aus als auf dem Foto in diesem Programmheft. Dieses hübsche, ehrliche Lachen hat Paul aufs Neue verzaubert. In den letzten Wochen ist die Erinnerung an Mona Lisa zusehends verblasst. Vielleicht hätte er sie im Laufe weiterer Wochen vollends vergessen. Er konnte sich nicht vorstellen und schon gar nicht darauf hoffen, diese hübsche junge Frau jemals wiederzusehen. Doch heute ist sein Glückstag und Paul ist jetzt völlig aus dem Häuschen.

Keine zehn Minuten später erscheint seine Traumfrau mit den Getränken auf dem Tablett und stellt jedem mit einem freundlichen ‚zum Wohlsein‘ das Bestellte hin. Bei Paul stellt sie das ‚Radler‘ mit folgenden Worten ab: „Ein Radler für Leo. Zum Wohlsein.“

„Der heißt nicht Leo, der heißt Paul!“ meldet sich Kegelbruder Rudi. Mona Lisa lächelt nur und geht weiter und Paul lächelt hinterher.

„Endlich haben wir hier mal eine hübsche Bedienung und schon baggerst du sie an und auch noch unter falschem Namen, du alter Gauner!“ sagt Rudi und die anderen Freunde lachen.

„Halt die Klappe und gehe an die Kugel, du bist dran“, ist Pauls Reaktion und lächelt spitzbübisch.

Pauls Umgang mit den Kugeln ist eine einzige Katastrophe. Er hatte sich doch nach dem Gerätesport so toll gefühlt und wollte heute die Freunde an die Wand kegeln. Daraus wird nichts, das sieht er schon von Beginn an. Mona Lisa sitzt ihm im Nacken und er kann sich nicht auf sein Spiel konzentrieren. Mona Lisa kommt immer wieder vorbei um zu sehen, wer noch etwas bestellen möchte. Da sich die Freunde im Stammlokal schon reichlich versorgt hatten, wollte niemand nachbestellen. Jeder muss ja noch nach Hause fahren und keiner wollte riskieren, leichtfertig den Führerschein zu verlieren.

Paul stellt sich viele Fragen: ‚Warum arbeitet sie hier? Ihr Volleyballklub kommt doch aus der Gegend um Stuttgart? Hat sie keinen anderen Beruf indem man auch ausreichend Geld verdient? Oder ist es nur ein Nebenjob? Junge Leute haben ihre Ansprüche, da reicht oft das Geld nicht“. Heute Abend im Restaurant, vorausgesetzt sie gibt ihm Gelegenheit dazu, will er sie ein wenig ausfragen. ‚Ich will das wissen, schließlich hat sie über viele Tage und Wochen mein Seelenleben ganz gehörig durcheinander gebracht‘, denkt sich Paul.

Gegen 20 Uhr werden die Spielgelder abgerechnet, die jeder zu erbringen hat. Pauls Anteil ist am höchsten. Kein Wunder unter diesen Umständen. Mona Lisa kostet ihn etliche Euro am Tag des Kennenlernens. Aber das ist Paul unwichtig. Kein Betrag könnte seine Euphorie und Beglückung mindern. Er verabschiedet sich von seinen Freunden und täuscht vor, noch die Toilette aufzusuchen, bevor er sich auf den Heimweg machen wird. So können sie nicht ahnen, dass Paul sich ins Restaurant des Sportzentrums aufmacht. ‚Die müssen ja nicht alles wissen‘, sagt sich Paul.

Er betritt das Restaurant und sieht, dass nur wenige Gäste anwesend sind. Er steuert auf einen Tisch im hinteren Teil des Gastraumes zu. Von dort aus lässt sich das gesamte Lokal gut überblicken. Mona Lisa kassiert gerade an einem Tisch ab und hat Paul bemerkt. Sie nickt ihm kurz zu und konzentriert sich wieder auf den Zahlungsvorgang. Die Gäste erheben sich und Mona Lisa geht zum Tresen. Sie kommt mit der Speise- und Getränkekarte zu Paul und fragt nach seinen Wünschen:

„Was darf ich Leo-Paul zu trinken bringen?“

„Auf jeden Fall etwas Alkoholfreies, ich muss ja noch fahren.“

„Sehr vernünftig und verantwortungsbewusst! Ich schlage ein Apfelschorle vor.“

„Einverstanden! Aber beim nächsten Kegelabend in zwei Wochen werde ich vorher keinen Alkohol trinken. Dann bestelle ich mir bei Ihnen einen guten Württemberger Wein, nämlich einen ‚Lemberger‘.“

„Da haben wir ja denselben Geschmack? Wein trinke ich jedoch nur gelegentlich, denn ich bin Leistungssportlerin.“

„Ja, ja, ich weiß! Aber nach jedem Sieg fließt der Schampus in Strömen und weil Ihr Team meistens gewinnt, werden jede Woche Schampus-Orgien veranstaltet. Stimmt was ich sage?“

„Klar stimmt das! Wir trinken nach jedem Spiel eine Flasche – für alle zusammen. Der kleine Schluck vertrocknet ja schon, bevor er den Hals erreicht.“ Mona Lisa lacht.

Paul bemerkt, dass Gäste den Blickkontakt zu Mona Lisa suchen, weil sie bezahlen wollen. Er gibt ihr ein Zeichen.

„Danke, bis später. Ich muss auch noch nach unten zu den Keglern.“ Zehn Minuten später ist sie wieder zurück.

„Sie wissen, dass ich Volleyball spiele? Wo haben Sie mich gesehen?“

Paul erzählt ihr von diesem Samstag, weshalb er zu diesem Wettkampf ging, vom Programmheft mit den Fotos der Spielerinnen, und er spontan, weil sie ihm auf Anhieb so sympathisch war und in Anlehnung an ihr geheimnisvolles Lächeln sie Mona Lisa taufte.

„Jetzt kennen Sie die Vorgeschichte. Ich hätte nie gedacht, Sie irgendwo überraschend und zufällig wieder zu sehen. Aber dieses Foto von Ihnen habe ich so genau in meinem Gedächtnis gespeichert, dass ich Sie sofort wiedererkannt habe, als wir uns auf der Treppe begegneten. Ich freue mich riesig, weil ich Sie heute völlig unerwartet kennen lernen durfte und mein erster Eindruck von Ihnen hat mich in meiner Einschätzung mehr als bestätigt. Sie sind eine wunderschöne, liebenswürdige junge Frau. Sie werden sich an mich wohl kaum erinnern. Ich war der Einzige, der nach Spielschluss Ihrer Mannschaft auf ihrem Weg zur Kabine Beifall geklatscht hat und Sie, Mona Lisa, waren die Einzige Ihrer Mannschaft, die mir freundlich zugelächelt hat. Mit dem Lächeln der Mona Lisa von Leonardo.“

„Danke für das Kompliment, aber Sie übertreiben gewaltig. Ich bin eine Frau wie viele andere auch. Habe meine Stärken aber auch meine Schwächen. Sie finden mich schön. Das ist Ansichtssache. Andere denken vielleicht nicht so. Geschmäcker sind halt verschieden. Dass ich Sie angelächelt hatte, ist mir nicht mehr bewusst. Grundsätzlich bedanke ich mich für Beifall und freue mich darüber. Leider muss ich jetzt unsere nette Unterhaltung beenden. Ich sehe, die letzten Gäste möchten bezahlen und dann muss ich mich um meine Gäste im Untergeschoss kümmern. Aber wir sehen uns ja in zwei Wochen wieder. Dann reden wir weiter. Nehmen Sie mit auf den Nachhauseweg, dass ich mich gerne mit Ihnen unterhalten habe und freue mich, Sie bald wieder zusehen.“

Paul bezahlt sein Getränk mit einem ansehnlichen, aber nicht übertrieben hohem Trinkgeld, bedankt sich für die nette Unterhaltung und erwidert, dass auch er sich auf das nächste Wiedersehen freut.

Dieses unerwartete Zusammentreffen mit Mona Lisa hat Paul in den Siebten Himmel gehoben, wo er doch in den letzten Tagen kaum noch an diese bezaubernde junge Frau gedacht hatte. Er wollte sie vergessen und hatte sein Ziel fast erreicht. Erneut entflammt bei ihm eine große Sehnsucht nach diesem begehrenswerten Geschöpf. Wieder ist er dem Charme und der Schönheit dieser Frau verfallen, wie damals bei diesem Volleyballspiel. Fortan kreisen seine Gedanken wie zuvor nur noch um Mona Lisa. Doch jetzt kann er auf einen persönlichen Kontakt zurück blicken, der ihn emotional noch viel stärker beschäftigt. Aber die Aussicht auf ein Wiedersehen lässt die folgenden Tage wesentlich besser überstehen. Diese junge Frau bringt ihn völlig durcheinander. Seine Gedanken an sie und das Wissen, sie wiederzusehen, versetzen Paul in einen Glückszustand, wie er ihn bisher noch nicht kannte. Nicht nur ihre Schönheit und ihr sympathisches Wesen sind die Ursache, es drängt ihn aus dem Inneren heraus, sich mit dieser Person zu beschäftigen. Die Art wie sie redet, ihre Ungezwungenheit, ihre Heiterkeit kommt ihm vertraut vor. Wenn er nur wüsste, was ihn so sehr an diese freundliche junge Frau fesselt.

Den letzten Satz von Mona Lisa, dass sie sich auf das nächste Zusammentreffen freut, wecken bei Paul spekulative Gedanken, wie es mit ihnen vielleicht weitergehen könnte: ‚Kann ich ihr Vertrauen gewinnen? Können wir vielleicht gute Freunde werden‘? Er redet sich immer wieder ein, dass solche Überlegungen hirnrissig sind: ‚Was mache ich mir bloß für Illusionen? Sie ist eine junge Frau, ich bin in ihren Augen ein alter Mann. Was bilde ich mir überhaupt ein‘? Paul erinnert sich an Beispiele, wo Partnerschaften trotz erheblichem Altersunterschied Bestand haben. Das kann doch nicht immer nur finanzielle Gründe haben? Vielleicht ist auch ein wenig Liebe mit im Spiel? Er meint zu spüren, dass Mona Lisa eine ordentliche Portion Sympathie für ihn hegt. Paul fiebert dem nächsten Kegeldienstag entgegen. Noch weiß er über sie so gut wie nichts. Warum arbeitet sie in Heilbronn, wo ihr Sportklub doch im Stuttgarter Raum beheimatet ist? Warum als Kellnerin? Es gibt noch viele weitere Fragen die Paul auf der Zunge brennen. Paul fiebert dem nächsten Kegeldienstag entgegen und ist gespannt, wie es sich zwischen beiden weiterentwickeln wird. Er hat den festen Willen, eine Beziehung zu Mona Lisa aufzubauen, auch wenn sie nur auf freundschaftlicher Basis beruhen sollte. Dieses unerwartete Zusammentreffen sieht Paul als eine Fügung des Schicksals. Das war vorbestimmt. Jetzt bekommen die morgendlichen Blickkontakte vom Frühstückstisch hinüber zur Fotogalerie eine neue Bedeutung. Paul zwingt sich, seine Augen nur auf sein Frühstück zu richten. Er meidet den Blickkontakt mit seiner Hanna. Es ist sein schlechtes Gewissen. Doch die Kraft, die von diesem Antlitz ausgeht, ist viel stärker als Pauls Wille zur Ignoranz. So glaubt er sich in einer Verteidigungsstellung und versucht sich zu rechtfertigen. ‚Hanna, ich habe die jahrelange Einsamkeit satt. Gönne mir doch meine bescheidenen Träume, die eh‘ nicht erfüllt werden. Mehr als eine lose Freundschaft kann ich ja gar nicht erwarten. Es ist deshalb nicht angebracht, wenn dein Lächeln jetzt einen spöttischen Anstrich bekommt‘.

Endlich ist wieder Kegeldienstag. Wie gewohnt besucht Paul zuerst das Sportstudio und macht seine Fitnessübungen. Gegen 16 Uhr trifft er sich mit seinen Freunden im Stammlokal. Zwei Mann fehlen. Somit sind sie nur zu viert. Der Kegelabend ist in Gefahr.

„Wir können trotzdem heute kegeln, wir müssen uns ja nicht stressen“, versucht Paul den Tagesablauf vorzugeben, denn er will ja unbedingt Mona Lisa sehen. Die drei Freunde lassen sich umstimmen, indem die Begründung sich durchsetzt, dass etwas für die Kegelkasse getan werden müsse, wenn der jährliche Kegelausflug stattfinden soll. Der Kegelausflug der Freunde dauert immer 3 bis 4Tage und kostet entsprechend. Die Kegelkasse deckt die Ausgaben nie ab, den Rest müssen sie privat dazulegen. Ein Verzicht auf den Ausflug kommt aber nicht in Frage.

„Da wir nur zu viert sind, können wir auch etwas später beginnen“, sagt Peter mit Zustimmung der anderen. So wird es fast 19 Uhr, bis endlich der Aufbruch zum Sportzentrum erfolgt. Dort angekommen, geht Paul direkt ins Restaurant, um nach Mona Lisa Ausschau zu halten. Sie ist gerade dabei, Gästen das Essen zu servieren und sieht ihn nicht. Paul wartet bis sie fertig ist und sich auf den Weg zur Küche macht. Da entdeckt sie ihn. Ein Lächeln huscht über ihr schönes Gesicht und sie nickt Paul freudig zu. Er geht nach unten zu den Kegelbahnen. Kurz danach kommt Mona Lisa nach unten.

„Ich dachte schon, die Herren haben heute keine Lust auf Bewegung. Schön, Sie zu sehen“, begrüßt sie die vier Freunde. Der vorlaute Rudi meint:

„Wir sind nur wegen Ihnen gekommen, gell‘ Paul?“

„Ich widerspreche nicht“, ist Pauls Antwort.

Mona Lisa nimmt lachend die Bestellung auf und entschwindet nach oben. Minuten später erscheint sie wieder mit den Getränken und wie vor 2 Wochen stellt sie Paul sein Getränk mit den Worten hin: „Ein großes Radler für Leo.“

„Der heißt doch Paul! Das habe ich Ihnen letztens schon gesagt. Der lügt Sie doch an, der alte Gauner!“ Rudi kann es einfach nicht lassen. Mona Lisa lächelnd:

„Paul ist ein schöner Name, für mich aber bleibt es bei Leo“ und blickt dabei Paul an: „Erlaubt?“ „Erlaubt!“ gab der vergnügt zurück.

So beginnt also Pauls zweites Zusammentreffen mit Mona Lisa. Schnell vergeht die kurze Zeit bis 20 Uhr. Seine Kegelfreunde begeben sich auf den Heimweg und er auf Umwegen ins Restaurant.

Heute hat es wesentlich mehr Gäste als beim letzten Kegeldienstag. Mona Lisa hat viel zu tun. Paul sucht sich wieder einen Tisch aus, der etwas abseits steht, aber der Gastraum von dort gut überschaubar ist. Es vergeht einige Zeit, bis Mona Lisa sich ihm zuwenden kann.

„Sie sehen Leo, heute ist viel Betrieb. Ich werde wenig Zeit für Sie haben. Tut mir sehr leid. Eine Geburtstagsfeier kann lange dauern. Dann sind da noch die Gäste der Kegelbahnen. Fast zu viel für mich alleine.“ Man merkt Mona Lisa die Anspannung an.

„Die Arbeit geht vor, Ich werde Sie dabei beobachten. Irgendwann wird es ruhiger werden. Ich würde Sie gerne unterstützen, aber das geht ja nicht.“

„Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?“ Mona Lisa darf nicht zu lange bei Paul verweilen.

„Ich kann noch einen ‚Lemberger‘ vertragen. Im Stammlokal habe ich nur Wein mit sehr viel Mineralwasser verdünnt getrunken.“

„Ich bringe Ihnen einen besonderen Tropfen. Als Ausgleich!“ Mona Lisa lächelt wieder wie auf dem Foto.

Paul sitzt schon fast eine volle Stunde an seinem Tisch. Zwischenzeitlich hat er bei Mona Lisa ein Wasser bestellt. Die Geburtstagsgesellschaft hält Mona Lisa auf Trab. Kaum ist sie oben im Restaurant auf dem Laufenden, hastet sie ins Untergeschoss und bedient die Kegler. Paul erahnt, dass heute nichts wird mit einer längeren Unterhaltung. Als Mona Lisa dann mal wieder zu ihm an den Tisch kommt, bittet er sie, abzurechnen und stellt ihr die Frage:

„Mona Lisa, haben Sie auch mal einen freien Tag? So etwas kann man doch nicht eine ganze Woche durchstehen!“

„Ja, ich habe an drei Tagen frei. Davon ist 1 Tag für das Training mit meiner Mannschaft belegt, dazu kommt der Samstag für den Wettkampf und am Sonntag bin ich zu Hause bei meiner Familie und komme erst sehr spät in der Nacht zurück nach Heilbronn.“

„Schade! Ich wollte Sie mal zum Essen einladen. Dann hätten wir Zeit für eine nette Unterhaltung. Oder wage ich mich da zu weit aus dem Fenster, weil das für Sie nicht in Frage kommt?“ Paul sagt das freimütig heraus und lächelt voller Zuversicht.

„Ich sehe da momentan keinen zeitlichen Spielraum. Einer Einladung von Ihnen bin ich nicht abgeneigt. Wenn Sie ein paar Wochen Geduld haben, lässt sich was machen. Dann ist Wettkampfpause und da kann ich auch mal beim Training fehlen.“

„Also sagen Sie ja?“

„Ich will mal leichtsinnig sein und sage Ja!“ Dabei lächelt sie ihr Mona Lisa-Lächeln.

„Sie werden Ihren Leichtsinn nicht bereuen, Mona Lisa. Aber etwas vermisse ich bei Ihrer Zeiteinteilung. Sie haben Ihren Freund nicht erwähnt.“

„Ach ja, den gibt es ja auch noch. Der fällt unter die Rubrik Wochenende.“ Mona Lisa sagt diese Worte ohne jeden Anflug von Erwartungsfreude. Paul registriert das sofort.

„Wenn Sie mir jetzt noch sagen, welcher Wochentag ihr Trainingstag ist, weiß ich, wann ich Sie hier nicht antreffe. Denn ich werde bestimmt einer Ihrer Stammgäste. Aber natürlich nur, wenn es Ihnen recht ist.“

„Kommen Sie ruhig ab und zu vorbei, Sie stören mich ja nicht und nette Gäste sind mir immer herzlich willkommen.“

Die beiden tauschen Ihre Telefonnummern und e-mail-Adressen aus. Paul verabschiedet sich von Mona Lisa und sie gibt ihm sogar die Hand zum Abschied. Er kann’s nicht fassen! Paul hat seine Mona Lisa zum ersten Mal berührt. Ein Glücksgefühl durchströmt seinen Körper, aber eine innere Stimme sagt ihm: ‚He! Bleib auf dem Boden, bilde dir nicht so viel ein. Was ist schon ein Handschlag. Den gibt man doch eher gedankenlos, weil es so üblich ist‘. Heute fährt Paul noch fröhlicher nach Hause als sonst. Hat er doch die Aussicht auf einen gemeinsamen Abend mit Mona Lisa. Auch wenn es bis dahin noch ein paar Wochen dauert. Zwischenzeitlich kann er sie ja immer wieder als Gast im Restaurant besuchen. ‚Ich geh ihr ja nicht auf den Wecker, wie sie mir zu verstehen gab. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ein Besuch eines Volleyballspiels so sehr in mein Leben eingreifen würde‘. Voller Glückseligkeit blickt Paul in die Zukunft. Er kann sein Glück kaum fassen.

Als Mona Lisa gegen Mitternacht ihre Wohnung erreicht, streift sie sich die Schuhe ab, lässt sich erschöpft in einen Sessel plumpsen und legt die Beine auf den kleinen Tisch davor. Dann massiert sie sich die Füße und lässt den Tag Revue passieren. ‚Puh! Das war heute aber anstrengend‘, sind ihre Gedanken. ‚für nur 1 Bedienung auf jeden Fall zu viel. Ich muss mit dem Chef reden, dass er wenigstens für die Zeit von siebzehn bis zwanzig Uhr eine Aushilfe stellt‘. Dann fällt ihr Paul ein. Sie lächelt bei dem Gedanken an ihn. ‚Was soll ich von ihm halten? Er ist charmant und unaufdringlich, gutaussehend, auch wenn er bestimmt den Fünfzigsten längst gefeiert hat. Schade, dass er keine zehn Jahre jünger ist. Dann wäre der Altersunterschied nicht so groß. Warum habe ich ihm mein ‚Ja‘ gegeben? Hat er mich überrumpelt mit seinem Charme? Was habe ich mir dabei gedacht? Ich fühle mich von ihm angezogen und weiß nicht warum‘. Fragen über Fragen, die Lisa unendlich beschäftigen. ‚Von Leo weiß ich bis jetzt so gut wie nichts. Ich muss ihn unbedingt näher kennen lernen und deshalb werde ich ihm in den nächsten Wochen eine SMS senden, wann ich mit ihm ausgehen möchte. Er wird mich bestimmt auch im Restaurant des Sportzentrums öfters besuchen und ich freue mich auf ihn‘.

Vier Wochen sind inzwischen vergangen, da findet Paul auf seinem Mobiltelefon eine Nachricht: „Hallo Leo, wenn Sie noch Lust haben mit mir auszugehen, kann ich Ihnen den kommenden Mittwoch anbieten. Bitte um Rückantwort oder Anruf. Gruß Ihre Mona Lisa‘. Endlich kommt die Nachricht, auf die er sich so sehnlichst gefreut hat. Paul hat gleich angerufen und Mona Lisa war sofort am Telefon.

„Hallo Leo! Schön dass Sie sich melden“, Sie hat Pauls Telefonnummer auf dem Display erkannt. Kein Wunder, hat sie doch diese Zahlenreihe so verinnerlicht, seit sie von Paul diese bekam.

„Vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich freue mich riesig auf unser Rendezvous“, gibt Paul zurück.

Sie vereinbaren, sich an diesem Mittwoch um 17 Uhr vor dem Haus wo Lisa wohnt, zu treffen. Sie gibt Paul ihre Adresse.

„Ich werde pünktlich sein, Mona Lisa“.

„Gut Leo, ich muss mich jetzt wieder um meine Gäste kümmern. Also bis Mittwoch, Tschüss!“

Vor wenigen Tagen hatte Paul sie kurz im Sportzentrum besucht. Sie konnten sich wie immer nur sporadisch und kurz unterhalten. Einen Terminvorschlag hatte sie an diesem Tag noch nicht. Jetzt erinnert sich Paul wieder an die merkwürdige Antwort auf seine Frage nach ihrem Freund. Irgendwie ist in dieser Beziehung der Wurm drin, da ist er sich fast sicher. In seiner Euphorie bildet er sich ein, dass Mona Lisa ihrem Freund abgesagt hat und nun ihm den Vorzug gibt. Dann fällt ihm ein, dass diese Beziehung ja nur am Wochenende stattfindet. Also kein Grund zur Euphorie. Paul kann den Tag des Rendezvous kaum erwarten. Er überlegt sich, mit was er Mona Lisa eine Freude machen könnte. Soll er ihr einen Strauß mit roten Rosen überreichen? Aber dazu ist es noch zu früh. Oder ein teures Parfum? „Alles Quatsch! Wir kennen uns ja kaum“, ist seine Einsicht. Aber ein kleines unverfängliches Geschenk möchte er doch zum Dank überreichen. Sein Kopf zerspringt fast vor lauter nachdenken. Doch dann entdeckt er im Veranstaltungskalender für die nächsten vier Wochen einen Kabarettabend mit Django Asül an einem Samstag. Samstags arbeitet sie nicht im Restaurant. Das weiß er sicher. Da die Volleyballrunde dann ebenfalls abgeschlossen ist, müsste Mona Lisa eigentlich Zeit haben. Er besorgt zwei Karten und hofft, dass Mona Lisa diese Art von Unterhaltung gefällt.

Endlich ist es Mittwoch. Am liebsten wäre Paul schon um 15 Uhr zu ihrer Wohnung gefahren, um vor dem Haus auf sie zu warten. So steuert er zuerst einen Biergarten in nicht allzu weiter Entfernung von ihrer Wohnung an. Er holt sich am Tresen, weil es hier nur Selbstbedienung gibt, ein großes ‚Radler‘ und harrt der restlichen Zeit. Wieder beschleichen ihn Zweifel, ob er sich nicht zu viel Hoffnung macht, Mona Lisa als Freundin zu gewinnen. Schon allein der Altersunterschied wird recht schnell die Grenzen aufzeigen. „Aber es ist doch Mona Lisa, die mich heute Abend sehen will“, denkt sich Paul.

Lisa steht vor dem Spiegel ihres Kleiderschranks und prüft den Sitz des neuen Kleides. Sie findet, dass es ihr hervorragend steht und einen tollen Kontrast zu ihren dunklen Haaren bildet. Also hat sie sich nicht verkauft. Ihren schwarzen Bolero zieht sie zur Probe geschwind an. Wieder sieht sie mit Wohlwollen in den Spiegel. Zusammen mit den schwarzen High-Heel Pumps eine perfekte Komposition. ‚Ich werde Leo bestimmt gefallen‘, denkt sie sich und lächelt kokett. ‚Er wird Augen machen, denn er kennt mich ja nur im Outfit als Kellnerin oder im Sportdress‘. Sie schaut auf die Uhr. Es ist kurz vor siebzehn Uhr. Lisa hängt sich eine kleine schwarze Handtasche über und verlässt die Wohnung. Als sie aus dem Haus tritt und sich umschaut, sieht sie Paul aus dem Auto steigen. Sie setzt ihr schönstes Lächeln auf und steuert auf ihn zu.

Kurz vor siebzehn Uhr ist Paul vor der angegebenen Adresse. Es dauert keine zwei Minuten, dann kommt Mona Lisa aus dem Haus. Sie blickt um sich und hält Ausschau nach ihm. Sie weiß nicht, welches Auto er fährt. Deshalb steigt Paul sofort aus seinem Audi und geht ihr entgegen. Mona Lisa winkt ihm zu. Paul ist geblendet von dieser Erscheinung in Rot und Schwarz. Mona Lisa hat ihre halblangen fast schwarzen Haare hochgesteckt, trägt ein ärmelloses, figurbetontes Kleid in knalligem Rot, der Saum befindet sich zwei Handbreit über dem Knie und lässt die nackten, makellos schlanken Beine in voller Schönheit dem Betrachter zum Genuss. Die hochhackigen Schuhe betonen zusätzlich diese Eleganz. Paul verschlägt es den Atem. Mona Lisa hat sich für ihn schön gemacht. Sie begrüßt ihn, völlig unerwartet, mit einer Umarmung und küsst ihn auf die Wange. Ihn umweht ein betörender Duft eines teuren Parfüms.

„Hallo Leo, ich freue mich Sie zu sehen und wünsche uns beiden ein angenehmes, kurzweiliges Zusammensein“.

„Ich bin überwältigt von Ihrer Schönheit, Mona Lisa!“

„Sie sollten nicht immer übertreiben, Leo!“

„Wohin darf ich Sie ausführen, Mona Lisa? Ich biete Ihnen an: Guten Italiener, oder gehobene deutsche Küche, oder einen Griechen der allgemein anerkannt ist oder eine gemütliche Weinstube, die auch für gutes Essen bekannt ist“. Mona Lisa lächelt Paul an und meint:

„Leo, lieben wir beide nicht den ‚Lemberger‘? Also wird eine deutsche Weinstube mit gutem Essen unseren Ansprüchen am ehestens gerecht. Einverstanden?“

„So machen wir es. Wir müssen jedoch ein paar Kilometer hinter uns bringen. Da kenn ich ein gemütliches Lokal mit mehreren kleinen Gasträumen, wo man sich ungestört unterhalten kann“.

„Sie waren sicherlich schon mit vielen Frauen in dieser Weinstube. Ich freue mich auf ein paar nette Stunden mit Ihnen, Leo“.

„Mona Lisa, Sie schätzen mich falsch ein. Es tut mir weh, wenn Sie mich für einen Papagallo halten“. Paul macht eine betrübte Mimik.

„Ok, Leo, ich nehme diesen Satz zurück. Verzeihen Sie mir. Aber sie sind ein charmanter, gutaussehender Mann. Sie werden sicher von vielen Frauen umschwärmt.“

„Ich habe niemals Anlass dazu gegeben. Wenn es so war, habe ich dies immer ignoriert. Sie, Mona Lisa, sind die erste Frau seit Jahren, zu der ich mich hingezogen fühle. Nicht nur ihre Schönheit und Ihr unkompliziertes Wesen ziehen mich an. Es ist noch etwas anderes, das mich Ihre Nähe suchen lässt. Aber fragen Sie mich nicht danach. Ich weiß es selbst nicht.“

„Wir beide werden es noch herausfinden, Leo.“

Paul hält Mona Lisa die Autotür auf. Kurz danach fahren sie los. Nach zwanzig Minuten sind sie am Ziel. Begeistert legt Mona Lisa eine Hand auf Pauls Arm und sagt:

„Das sieht ja schon von außen recht gemütlich und gepflegt aus. Wir werden uns bestimmt sehr wohlfühlen, Leo.“

Der Wirt begrüßt seine neuen Gäste beim Betreten der Gaststube sehr freundlich und führt sie in einen gemütlich eingerichteten kleinen Gastraum. Vier kleine Tische bieten Platz für acht Gäste. Paul und Lisa sind die ersten Gäste, denn es ist ja noch früh am Abend. Nachdem der Wirt die Weinkarte überreicht hat, studieren sie gemeinsam das reichhaltige Angebot. Sie einigen sich auf einen ‚Lemberger Spätlese Trocken‘ eines gräflichen Weinguts. Der Wirt beglückwünscht Sie zu dieser Wahl und meint dazu, dass sie sich für den Besten entschieden hätten. Er legt noch jedem die Speisenkarte vor, doch sie wollen mit dem Essen noch warten. Kurz darauf erscheint der Wirt mit zwei dickbauchigen Rotweingläsern und der Flasche mit dem ausgewählten Wein. Nach dem Entkorken schenkt er Paul eine Kostprobe in dessen Glas. Der probiert und sagt nur: „Einfach köstlich!“ Nach dem Einschenken lässt der Wird seine Gäste allein. Nun verkostet auch Mona Lisa diese dunkelrote Verführung und bestätigt Pauls Bewertung. Paul erhebt sich mit dem Glas in der Hand, schaut tief in die Augen seiner Begleiterin:

„Mona Lisa, ich bin überglücklich, hier mit Ihnen ein paar schöne Stunden verbringen zu dürfen. Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, mir diesen Wunsch zu erfüllen. Stoßen wir an auf einen gemütlichen Abend und dass es nicht der Einzige bleibt.“ Mona Lisa erhebt sich ebenfalls.

„So soll es sein, Leo! Auf unser beider Wohl“ und sie stoßen auf das Gesagte an. Der feine Klang des dünnen Glases durcheilt den kleinen Gastraum. Sie schwenken leicht das Glas, lassen den dunkelroten Wein kreisen und sich von den Düften dieser Köstlichkeit verführen. Dann nehmen sie einen kleinen Schluck, lassen den Wein kurz im Mund und genießen die feinen Aromen, bevor sie ihn langsam freigeben, damit er auch die nachfolgenden Geschmacksnerven betören kann. Mona Lisa tritt auf Paul zu und überrascht ihren Leo mit einem gehauchten Kuss auf die Stirn. Paul braucht einen Moment, sich wieder zu finden. Dann sagt er vergnügt:

„Mona Lisa, Ihr Weinverstand überrascht mich. Ich vermute, Sie sind die Tochter eines Winzers. Normalerweise haben so junge Mädchen keinen blassen Schimmer von so etwas.“

„Leo, ich bin kein Mädchen mehr und ein junges schon gar nicht und mein Vater hat keine Weinberge!“

„Schade! Sie wären die schönste Weinkönigin weit und breit.“

„Leo, Ihre Übertreibungen muss ich Ihnen noch austreiben, fürchte ich.“

„Aber wenn Sie mir jetzt auch gleich gegen das Schienbein treten, aber Sie sehen tatsächlich weit jünger aus, als sie wahrscheinlich sind. Und was mir noch an Ihnen gefällt, ist Ihr Verzicht auf jegliche Kunstfarbe in Ihrem Gesicht. Sie sind auch so wunderschön! So, jetzt können Sie treten.“

Paul sieht jetzt eine Möglichkeit, seine viele Fragen, die ihn seit langem umtreiben, endlich anzubringen. Zuerst möchte er wissen, wie dieser schnelle Termin möglich wurde.

„Haben Sie für mich auf Ihr Training heute verzichtet, Mona Lisa?“

„Ja und nein, Leo. Wir haben jetzt Wettkampfpause und da kann man im Training mal fehlen. Bei meinen Eltern habe ich mich abgemeldet, denn bei denen schaue ich nach dem Training immer kurz vorbei.“

„Und bei Ihrem Freund haben Sie sich auch abgemeldet?“

„Der erwartet mich nicht mehr.“ Gleichgültigkeit schwingt in ihrer Stimme mit.

„Das hört sich aber nicht nach großer Liebe an, Mona Lisa.“

„Das ist sie auch nicht mehr. Es gab da in der Vergangenheit auch Gründe dafür. Ich erzähle es Ihnen, warum das so ist: Meinen Freund habe ich während meiner Ausbildung zur Bankkauffrau kennen gelernt. Er war wie ich Azubi. Wir machten schon an derselben Schule, aber in verschiedenen Klassen das Abitur und wir kannten uns vom Sehen nur flüchtig, seit wir sechzehn Jahre alt sind. Nach der Ausbildung habe ich die Bank gewechselt, weil ich weiterhin nicht das Lehrmädchen sein wollte, denn so wird man oft noch einige Zeit behandelt. Mein Freund blieb bei dieser Bank, machte anschließend noch ein BA-Studium und hat sich in den zurückliegenden Jahren hochgearbeitet. Er hat einen unbeschreiblichen Ehrgeiz. Anfangs habe ich ihn bewundert ob seiner Erfolge. Doch dann wurde er mir immer unheimlicher. Seinem Emporkommen ordnet er alles andere unter. Auch mich. Wenn ich nach dem Training oder am Wochenende zu ihm kam, weil ich meistens bei ihm übernachtete, erzählte er mir stundenlang die halbe Nacht durch von seiner Arbeit und seinen Zielen. Dabei vergaß er, mich in den Arm zu nehmen und auch mich anzuhören. Denn ich hätte ihm auch gerne von mir erzählt. Das interessierte ihn jedoch nicht. Er wurde innerhalb kürzester Zeit Abteilungsleiter im Anlagengeschäft. Jetzt hat er sich um einen ausgeschriebenen Job bei einer Hamburger Großbank beworben. Wenn er den bekommt, steht er direkt unter dem Vorstand. Dann ist es nicht mehr weit nach oben. Er hat mich aufgefordert mit nach Hamburg zu kommen, falls es mit dem Job klappen sollte. Ich habe das kategorisch abgelehnt.“

„Mona Lisa, Sie verzichten auf ein angenehmes Leben, denn dass er weiter die Karriereleiter empor steigt, bezweifle ich nach Ihren Worten nicht im Geringsten. Stellen Sie sich vor, er hat dann Geld im Überfluss. Sie werden schöne Kleider tragen, der Putzfrau und dem Gärtner Anweisungen geben, am Nachmittag shoppen gehen und natürlich ein teures Cabrio fahren.“

„Na klar! Und ab und an Gartenpartys geben für die Bankvorstände mit ihren schwer behängten Gattinnen. Ich werde mit denen um den Pool flanieren und muss mir die affektierten Reden anhören: ‚Ach meine Liebe, Ihre schöne Gartenanlage. Man sieht sofort, hier ist ein Gärtner am Werk‘ und ich muss mich zurücknehmen, dass ich keine dieser Damen in den Pool schubse.“ Mona Lisa hat sich etwas in Rage geredet. Doch dann holt sie tief Luft, schaut Paul an und sie lachen beide herzhaft. Sie heben ihre Gläser, prosten sich zu und genießen diesen köstlichen Tropfen.

„Wie geht es jetzt weiter mit Ihnen und Ihrem Freund?“

„Nichts geht mehr weiter! Ich habe ihn vor die Wahl gestellt: Hamburg oder ich. Er hat sich für Hamburg entschieden. Noch am selben Abend habe ich meine Siebensachen zusammen gepackt und ihm viel Erfolg gewünscht. Außerdem machte ich ihm klar, dass er bei einem Scheitern mit mir nicht mehr rechnen kann. Sie sehen Leo, ich bin wieder frei wie ein Vogel und fühle mich dabei sehr glücklich. Umso schöner empfinde ich, heute Abend mit Ihnen zusammensitzen zu können.“

Paul hat die Geschichte mit großem Interesse verfolgt. Es steigt ein süßes Gefühl in ihm hoch das ihm sagt: Paul, deine Chancen stehen nicht schlecht. Eine Beziehung mit Mona Lisa ist nicht mehr utopisch zu bewerten. Hat sie ihren Freund aufgegeben, weil sie mich kennen gelernt hat? Er schüttelt diesen Gedanken sofort von sich. Nein, das zu glauben ist doch etwas vermessen. Der Freund hat das Alter von Lisa und ich bin doch ein alter Mann in ihren Augen. Es wird doch so stimmen, Lisa hat sich vernachlässigt gefühlt

Paul verspürt ein leichtes Hungergefühl, was ihn veranlasst, Mona Lisa darauf anzusprechen:

„Wir sollten jetzt unser Essen bestellen. Wenn später vermehrt weitere Gäste erscheinen, müssen wir vielleicht lange warten. Die Speisen werden hier immer frisch zubereitet und das kann dauern.“

Beide vertiefen sich in die Speisenkarte. Paul bleibt gewohnheitsmäßig mal wieder am Schwäbischen Rostbraten hängen. Mona Lisa steht nicht so auf Fleisch und entscheidet sich für eine in Butter gebratene Forelle mit Mandelblättchen. Zwischenzeitlich hat der Wirt eine Unterstützung bekommen. Eine adrette Kellnerin kommt auf Pauls Wink hin an den Tisch und nimmt die Bestellung entgegen. Paul wendet sich Mona Lisa zu mit den Worten:

„Ich danke Ihnen, Mona Lisa, dass Sie mir diesen Einblick in Ihr vergangenes Leben gaben. Ich kann Sie gut verstehen, zumal Sie ja auch Ihre eigenen Pläne für die Zukunft haben. Aber eine Frage beschäftigt mich schon die ganze Zeit: Sie arbeiten im Restaurant des Sportzentrums an ein paar Tagen die Woche. Kann man davon leben? Ihre eigentliche Heimat ist im Stuttgarter Raum. Sie hätten doch mit Sicherheit auch dort einen Job bekommen mit Ihrer Ausstrahlung.“

„Leo, Sie können natürlich noch nicht wissen, was mich hier in Heilbronn bindet. Ich bin Studentin an der Hochschule. Meinen Job bei der Bank habe ich genervt aufgegeben. Die letzten Jahre war ich in der Kreditabteilung. Für Kredite bis fünfzigtausend Euro war ich zuständig. Zu mir kamen überwiegen kreditsuchende Handwerker. Der eine brauchte einen neuen Servicebus, Ein anderer musste sich die neu auf den Markt gekommenen Werkzeuge für verbesserte Installationstechniken anschaffen, usw. Die gewünschten Summen waren für manchen Kleinstbetrieb schon kritisch. Die ‚Basler Richtlinien‘ und vor allem die Finanzkrise hat die Kreditvergabe der Banken stark beeinflusst. Ich hatte klare Anweisung, streng nach vorgegebenen Kriterien zu verfahren. Das hatte zur Folge, dass ich manchen Kreditwunsch nicht erfüllen durfte. Mir taten die Menschen sehr leid. Wegen ein paar lumpigen tausend Euro waren die Existenzen bedroht und gleichzeitig haben die Banken Milliardenbeträge in den Sand gesetzt. Manche Kunden bettelten fast um den Kredit und ich durfte nicht. Mich hat das sehr mitgenommen. Deshalb hatte ich um eine Versetzung in eine andere Abteilung gebeten. Doch dieser Bitte wurde nicht entsprochen. Dann bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt, meinen Weg zu machen. Also habe ich gekündigt und mich bei der Hochschule in Heilbronn eingeschrieben. Ich studiere jetzt im dritten Semester Tourismusbetriebswirtschaft. Vielleicht kann ich einmal ein Hotel führen. Meine Chancen sind gut, dann auch mal die weite Welt kennen zu lernen. Mal sehen wie’s kommt.“

„Bitte bleiben Sie im Land, Mona Lisa. Ich wäre unglücklich, Sie nicht mehr sehen zu können.“

„Ach Leo, bis dahin fließt noch viel Wasser den Neckar hinunter“, lacht Lisa.

„Also denken wir nicht daran. Ich wünsche mir, unsere Freundschaft hat lange Bestand.“

„Den Job als Kellnerin brauche ich, um mein Erspartes nicht zu sehr strapazieren zu müssen. So komme ich gut über die Runden. Ich bin genügsam. Mit dem Geld, was ich die Jahre über von meinem Gehalt bei der Bank zurücklegen konnte, kann ich mir dieses Studium leisten. Wenn ich sonntagabends von Zuhause wieder nach Heilbronn zurückfahre, habe ich immer eine gut gefüllte Tasche mit Essbarem dabei. Meine Mutter sorgt dafür, dass ich nicht verhungere. Wie es für Mütter üblich ist, übertreibt sie dabei gewaltig. Da ich grundsätzlich kein Essen wegwerfe, verzichte ich oft auf eine Mahlzeit in der Mensa, nur um meinen Kühlschrank leer zu bekommen. Wohl wissend, dass er am nächsten Sonntag wieder gefüllt wird.“

Paul und Lisa nippen an ihrem Weinglas. Paul kommt auf den Volleyballwettkampf zurück:

„Mona Lisa, während dieses Volleyballspiels, Sie wissen schon, hatte ich bemerkt, dass Sie immer wieder auf andere Spielerinnen zugingen und denen etwas sagten. Sind Sie in Ihrer Mannschaft das, was man im Fußball als Kapitän bezeichnet?

„Richtig, Leo! Ich bin bei weitem die älteste Spielerin. Manche der Mädchen sind bis zu zehn Jahre jünger. Aufgrund meiner langen Spielpraxis habe ich die entsprechende Erfahrung und gebe meine Tipps an die anderen im Team.“

„Ich erinnere mich aber nicht, fünfzehnjährige Mädchen in Ihrer Mannschaft gesehen zu haben.“