Perfect - Für immer verführt - Jessica Clare - E-Book
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Perfect - Für immer verführt E-Book

Jessica Clare

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Beschreibung

Perfect Passion - Verführt: Prinzessin Alexandra ist Thronerbin eines kleinen europäischen Landes. Zu ihrem Leidwesen wird jeder Schritt, den sie macht, genau überwacht. Doch als ihr Schwarm, der Schauspieler Luke Houston, in die Stadt kommt, stiehlt sie sich davon, um ihn zu treffen ...


Perfect Touch - Für immer: Endlich ist er da, der große Tag! Morgen werden Hunter und Gretchen heiraten. Doch bei den beiden liegen die Nerven blank. Und dann folgt plötzlich Katastrophe auf Katastrophe. Jemand will die Hochzeit sabotieren!

Zwei sinnliche Kurzromane aus der Perfect-Welt - ein bezauberndes Prequel zur Serie Perfect Passion und das große Finale von Perfect Touch


NEW YORK TIMES- und USA TODAY-Bestseller-Autorin

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 333

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Über die Autorin

Titel

Impressum

Verführt

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Für immer

Über die Autorin

Jessica Clare lebt mit ihrem Mann in Texas. Ihre freie Zeit verbringt sie mit Schreiben, Lesen, Schreiben, Videospielen und noch mehr Schreiben. Mit der Serie »Perfect Passion« schaffte sie den Sprung auf die Bestseller-Listen von der New York Times, von USA Today und vom Spiegel.

Aus dem amerikanischen Englischvon Kerstin Fricke

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Deutsche Erstausgabe

Für die Originalausgabe:Copyright © 2016 by Jessica ClareTitel der Originalausgaben:»His Royal Princess« & »Beauty and the Billionaire: The Wedding«Originalverlag: InterMix Books, New YorkPublished in Agreement with the author, c/o Baror International, Inc.,Armonk, New York, USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Mona Gabriel, LeipzigTitelillustration: © getty-images/Davies and Starr;© shutterstock/AjugaUmschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-4983-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

1

Sommer 2013

Prinzessinnen sollten nicht für Hollywoodschauspieler schwärmen«, meinte Lady Margaret von Strauss zum gefühlt siebten Mal an diesem Tag zu Alex. »Das schickt sich einfach nicht.«

»Das ist keine Schwärmerei«, protestierte Alex erneut, die gerade in den Spiegel schaute und ihre dunkle Perücke zurechtrückte. Sie wickelte sich einen hellen Schal um das Haar und setzte eine große Brille mit runden Gläsern auf, die ihr Gesicht fast völlig verdeckte. »Ich möchte nur wissen, wie er wirklich aussieht.«

Okay, sie schwärmte tatsächlich für diesen Mann, aber das wollte Alex der steifen Margaret auf keinen Fall gestehen. Margaret sollte als ihre Gesellschafterin und Assistentin fungieren, doch aufgrund des großen Altersunterschieds schien Margaret für sie eher wie eine Mutter oder ein Babysitter zu sein. Du liebe Güte, es war ja nicht so, als ob Alex Luke Houston an seinem Filmset auflauern und ihm einen Heiratsantrag machen wollte. Es war doch wohl noch erlaubt, sich den Mann wenigstens mal anzuschauen.

Was war daran denn so schlimm? Eine solche Gelegenheit würde sie nie wieder bekommen. Im winzigen Bellissime wurden nur sehr selten Filme gedreht. Das Land lag eingezwängt zwischen Frankreich, der Schweiz und Italien und war zwar für seine Trüffel und seine Schokolade berühmt, aber nicht gerade von Touristen überlaufen. Und jetzt wurde ein Actionfilm inklusive einer rasanten Verfolgungsszene nur wenige Kilometer vom Königspalast entfernt gedreht?

Da musste Alex natürlich hinfahren und es sich ansehen.

Verträumt stieg sie vom Rücksitz der Limousine aus und sah Luke Houston deutlich vor ihrem inneren Auge. Er war unglaublich attraktiv und charmant, auch wenn seine Filme manchmal ein bisschen fragwürdig waren. Sie hatte sich Mars Troopers sieben Mal angesehen und war völlig fasziniert von der Figur, die er darin spielte. Alien Overlord hatte sie nur drei Mal gesehen, denn darin spielte er auch nur eine Nebenrolle. Die Pirates!-Ahoy!-Filme, in denen er einen raubeinigen Seemann verkörperte, der das Herz der Heldin eroberte, kannte sie hingegen in- und auswendig. Zwar neigte Alex nicht gerade zu Tagträumen, musste sich aber doch eingestehen, dass sie sich mehr als einmal gewünscht hatte, selbst diese Jungfrau in Nöten zu sein.

Oft träumte sie auch davon, Schauspielerin zu sein und so mehr Zeit in Lukes Nähe verbringen zu können.

»Wartet hier«, sagte Margaret zu Alex und legte ihr eine Hand auf den Arm. »Ich halte zuerst Ausschau nach Fotografen.«

Alex nickte und blieb geduldig neben der mit Efeu bewachsenen Wand eines alten Hauses stehen. Früher hatte man hier Schokolade gelagert, doch das Unternehmen war im letzten Jahr bankrottgegangen. Ihren »Quellen« zufolge drehte man heute für den Film eine Pokerszene in diesem Lagerhaus. Wenn sie sich die zahlreichen Laster und Autos ansah, die entlang der Kopfsteinpflasterstraße parkten, stimmte das wohl. Vor lauter Aufregung spürte sie ein leichtes Flattern in der Magengegend.

Sie würde Luke Houston zu Gesicht bekommen, den heißesten, schärfsten Mann in ganz Hollywood.

Es war natürlich auch riskant. So unglaublich riskant, dass sie sich vor Angst am ganzen Körper versteifte, als ein Wagen vorbeifuhr. Wenn ihre Großmutter das herausfand, würde sich Alex einiges anhören müssen – wie schon so oft im vergangenen Jahr. Nach all dem, was deine Mutter sich geleistet hat, ist vieles in Schieflage geraten. Deshalb müssen wir jetzt mehr denn je darauf achten, vor dem Volk ruhig und geeint aufzutreten.

Genau das würde sie auch tun … direkt, nachdem sie Luke getroffen hatte.

Margaret kehrte zu ihr zurück, nachdem sie einmal um das Gebäude herumgelaufen war. »Ich habe keine Paparazzi entdecken können«, berichtete sie leicht atemlos. »Möchtet Ihr das immer noch tun, Hoheit?«

Alex nickte. Sie würde jetzt keinen Rückzieher machen.

Margaret seufzte schwer und glättete ihr Haar. »In Ordnung. Dann gehen wir jetzt rein.« Sie öffnete die Tür des Lagerhauses, und die beiden Frauen traten ein. Natürlich klopften sie nicht an, denn das tat Alex nie. Wenn man anklopfte, gab man damit zu verstehen, dass man sich an einem Ort aufhielt, an dem man eigentlich gar nicht sein sollte, und um Erlaubnis bat. Doch Alex hatte noch nie für irgendetwas um Erlaubnis gebeten.

Ihre Schritte hallten im Inneren des Lagerhauses wider. Es schien ein eher kleines Gebäude zu sein und war auch nicht ganz so alt wie der Großteil der Bauwerke in Bellissime. Im Inneren wirkte es sehr leer. Die hohe Decke lag im Schatten, und vor ihnen befand sich ein ausgeleuchteter Bereich, um den mehrere Menschen herumstanden und auf den Mikrofone gerichtet waren. Dutzende Personen liefen herum, und überall schienen Stromkabel herumzuliegen. Am anderen Ende des Lagerhauses parkten zwei Wohnwagen, und auf einer Seite stand ein Tisch mit Sandwiches, Obst und Getränken, in dessen Nähe sich einige Mitarbeiter aufhielten.

Alex umklammerte ihre Clutch etwas fester und schaute sich aufgeregt um. Hier wurde also sein neuester Film gedreht. Was er wohl dieses Mal für eine Rolle spielte? Einen Spieler? Einen ehemaligen Gauner mit goldenem Herzen? Einen Milliardär auf Rachefeldzug?

Einer der Setmitarbeiter entfernte sich von der Gruppe am Tisch und kam mit gerunzelter Stirn auf die beiden Frauen zu. »Kann ich Ihnen helfen?« Er hatte einen ausgeprägten amerikanischen Akzent und schien nicht gerade erfreut zu sein, sie zu sehen.

Margaret trat vor und betrachtete ihn mit hochnäsiger Miene. »Ich möchte denjenigen sprechen, der hier das Sagen hat.«

Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie müssen wieder gehen. Während der Dreharbeiten haben Unbefugte hier nichts zu suchen.«

Verdammt! Dann drehten sie hier also wirklich! Mit ernstem Gesicht zupfte Alex an einem unsichtbaren Faden an ihrer Wolljacke herum und strich dann mit einer Hand über den dazu passenden Rock.

»Wer ist Ihr Vorgesetzter?«, wollte Margaret mit eisiger Stimme wissen.

»Ich bin hier für die Sicherheit zuständig, und wenn Sie nicht hochkant wieder rausfliegen wollen …«

Alex räusperte sich. Sie waren nicht hier, um eine Szene zu machen, sondern wollten sich nur ein bisschen umsehen.

Margaret warf Alex einen schnellen Blick zu und nickte dann. Sie beugte sich zu dem Mann hinüber. »Ich bin Lady Margaret von Strauss, die persönliche Gesellschafterin Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Alexandra Olivia III. von Bellissime.« Als der Mann sie nur verwirrt anblickte, fuhr sie fort: »Sie wissen schon, dass wir in diesem Land eine Monarchie haben, oder? Ihre Hoheit möchte sich gern den Filmset ansehen.«

Dem Mann fiel leicht die Kinnlade herunter, und er musterte Alex.

Diese neigte kurz den Kopf.

»Ich … muss mit dem Regisseur reden. Warten Sie hier.« Er machte eine abwiegelnde Geste, hob sein Walkie-Talkie vor den Mund und murmelte etwas hinein, während er sich von ihnen entfernte.

Margaret kehrte an Alex’ Seite zurück und schnaufte. »Ungehobelte Amerikaner.«

»Aber, aber«, erwiderte Alex beschwichtigend. Das war ihr Job. Sie war immer die Fehlerlose und Gütige, wohingegen Margaret die Böse mimte. »Wir stören hier bestimmt den ganzen Ablauf. Wenn uns der Regisseur bittet, wieder zu gehen, dann werden wir das auch tun.«

»Das wird nicht passieren, wenn er erst einmal weiß, wer Ihr seid«, entgegnete Margaret und schnaufte erneut hochnäsig. Sie war sehr altmodisch und schien nicht zu begreifen, dass sich die Gesellschaft veränderte und dass die Mitglieder der Königsfamilie in diesen … modernen Zeiten nicht mehr so verehrt wurden.

Ein großer, dünner Mann mit zerzaustem grauem Haar kam einige Minuten später auf sie zu, im Schlepptau den Sicherheitsbeauftragten, der eine finstere Miene machte. Seine Brille mit Drahtgestell saß irgendwie schief auf seiner Nase, und seine Kleidung wirkte etwas unordentlich. »Prinzessin!« Er streckte Alex die Hände entgegen. »Es ist uns eine große Freude, dass Sie uns mit Ihrem Besuch beehren.«

Alex reichte ihm die Hand und lächelte höflich, wobei sie diesen Protokollbruch geflissentlich ignorierte. Normalerweise verbeugten sich alle vor ihr, aber für Amerikaner galten viele der Regeln nicht, an die sich Europäer hielten, und eigentlich war ihr das auch nicht weiter wichtig. Margarets steife Haltung ließ vermuten, dass sie entrüstet war, daher sorgte Alex dafür, dass ihre Stimme umso freundlicher klang. »Ich hoffe, wir stören nicht, Mr …«

»Stanton. Nick Stanton.« Er schüttelte energisch ihre Hand.

»Ah. Sie waren auch für Pirates! Ahoy! verantwortlich, nicht wahr?«

Der Mann bebte förmlich vor Freude. »Ja, in der Tat! Sind Sie etwa ein Fan?«

»Und ob ich einer bin.« Alex schaute sich am Set um und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie nach jemand ganz Speziellem Ausschau hielt. »Drehen Sie hier einen ähnlichen Film?«

»Oh, nein, nein. Bei diesem Film wird es hauptsächlich um Verfolgungsjagden gehen.« Er lachte und klemmte sich ihre Hand in die Armbeuge, bevor sie es verhindern konnte. »Ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie hergekommen sind! Darf ich Sie vielleicht ein wenig herumführen?«

»Ja, das wäre ganz reizend von Ihnen.« Alex strahlte den Mann an und hoffte, dass ihr bei der Tour auch die Hauptdarsteller vorgestellt wurden.

***

Eine Stunde später war Alex kurz über den Set geführt worden (wobei sie der Regisseur vor allem vor den Mitarbeitern zur Schau stellte) und betrat dann Mr Stantons von Papier überquellendes Büro, wo er ihr Geschichten aus Hollywood erzählte und berichtete, dass die Dreharbeiten in Bellissime viel preiswerter waren als in Prag, wo er zuletzt gedreht hatte. Alex behielt ihr höfliches Lächeln bei, auch wenn sie innerlich verzweifelt war, weil sie Luke Houston noch immer nicht gesehen hatte. Inzwischen hätte sie sich schon damit zufriedengegeben, den Mann wenigstens mal kurz irgendwo zu erspähen. Aber der Regisseur schien es nicht besonders eilig zu haben. Vielmehr drückte er ihr sogar ein Drehbuch in die Hand und bot ihr eine kleine Nebenrolle an, da sie doch so ein großer Fan war.

Natürlich lehnte Alex ab. Es wäre höchst unangebracht, dass ein Mitglied des Königshauses in einem solchen Film mitspielte, erst recht, wenn darin auch Sex, Nacktheit, Gewalt oder Fluchen vorkamen. Eine solche Rolle wäre der reinste PR-Albtraum.

»Sie können auf der Stelle vorsprechen«, schlug der Regisseur vor und deutete auf das abgegriffene Drehbuch. »Dann kann ich Ihnen gleich sagen, woran Sie noch arbeiten müssen.«

»Das geht wirklich nicht«, erwiderte Alex leise. »Aber …«

Es klopfte an der Tür. »Mr Stanton?«

Der Regisseur verzog das Gesicht. »Was ist?« Seine Stimme klang schärfer, als Alex erwartet hatte, und Margaret, die neben ihr stand, zuckte zusammen.

»Die Fotografen sind hier.«

Fotografen? Alex’ Magen zog sich zusammen, und sie warf Margaret einen leicht entsetzten Blick zu. Wie immer unterdrückte sie ihre Emotionen und ließ sich nicht anmerken, was tatsächlich in ihr vorging. Eine Prinzessin blieb immer ruhig und gelassen.

Aber bei Margaret sah die Sache ganz anders aus. »Fotografen?«

Der Regisseur zog die buschigen grauen Augenbrauen zusammen. »Aber ja. Wir haben die Lokalreporter hergebeten. Ich verstehe nicht …«

Alex’ umklammerte ihre kleine Handtasche immer fester. Oh nein. Es durfte auf keinen Fall bekannt werden, dass sie sich auf einem amerikanischen Filmset umgesehen hatte. Dann würden sich die Leute nur fragen, was sie damit bezweckte, und ihren Charakter, ihre Motive und weiß Gott was noch alles infrage stellen. Das war übel. Das war sogar ganz übel. Und sie trug auch noch eine Perücke! Jeder würde doch denken, dass sie sich mit einem heimlichen Liebhaber treffen wollte!

Die Zeitungen würden die Geschichte lang und breit auswälzen. Schlimmer noch war allerdings, dass ihre Großmutter sehr enttäuscht von ihr sein würde.

»Die Prinzessin darf hier nicht gesehen werden.« Margaret stieß die Worte fast schon zischend zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Das gäbe einen Skandal, und der Palast würde Ihre Dreharbeiten unterbinden, sobald er davon erfährt.«

»Wollen Sie mir etwa drohen?«, begehrte der Regisseur auf.

»Es gibt doch bestimmt eine einfache Lösung aus diesem Dilemma«, schaltete sich Alex ruhig ein. »Vielleicht könnte ich ja durch die Hintertür hinausschlüpfen, während Sie die Fotografen vorne empfangen?« Sie würde ihre Hoffnung, Luke Houston zu sehen, einfach begraben und sich damit zufriedengeben müssen, ihn weiterhin auf der Leinwand zu bewundern. Doch es fiel ihr nicht leicht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Margaret hatte von Anfang an recht gehabt: Dieser Besuch war ein großer Fehler gewesen.

»Vorausgesetzt, dass hinter dem Gebäude nicht auch jemand mit einer Kamera auf Euch wartet«, entgegnete Margaret säuerlich.

Alex warf dem Regisseur einen flehenden Blick zu.

Er schnippte mit den Fingern. »Sie könnten in einem der Privatwohnwagen warten, bis die Luft wieder rein ist«, meinte er und sprang auf. »Wir werden dafür sorgen, dass Sie niemand sieht, Prinzessin, und hinterher können Sie durch die Hintertür verschwinden.«

»Sprechen Sie sie mit ›Hoheit‹ an«, tadelte Margaret ihn.

Alex’ Herz schlug wie wild in ihrer Brust, aber sie schenkte Mr Stanton ein süßes, entspanntes Lächeln. »Das wäre ganz wunderbar.«

2

Luke stand in seinem Wohnwagen unter der Dusche und seifte sich gerade das Gesicht ein, als könnte er so auch seinen Ärger über dieses Projekt wegspülen. Sie drehten erst seit einer Woche, und er hatte jetzt schon die Nase voll.

Er brauchte Urlaub, und zwar dringend. Als Schauspieler hatte man nur das Problem, dass man umso mehr Angebote bekam, je berühmter man war. Seine Karriere hatte dummerweise erst nach jahrelanger harter Arbeit und Nebenrollen in zahllosen Low-Budget-Filmen so richtig Fahrt aufgenommen.

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass er jetzt, wo er seinem Ziel endlich näher kam, einfach nur noch wegwollte. Dabei war dieser Film nicht einmal besonders schlimm. Das Drehbuch ließ sich zwar nur als dämlich beschreiben, aber mit einigen Nachdrehs würden sich die schlimmsten Probleme schon ausbügeln lassen. Sein Co-Star war ein Dummchen und kokste, doch sie tauchte wenigstens jeden Tag am Set auf und kannte ihren Text. Der Regisseur hingegen stresste ihn immer mehr. Er hatte schon bei den Piratenfilmen mit Nick zusammengearbeitet, doch da war dieser noch verheiratet gewesen. Jetzt machte Nick eine üble Scheidung durch und hatte ständig etwas an Lukes Leistung auszusetzen. Lukes Nacken war völlig verspannt, und er drehte sich im Wasserstrahl. Natürlich wusste er, dass er nicht der beste Schauspieler in Hollywood war, aber, verdammt noch mal, er hatte auch was im Kopf! Doch es hatte ganz den Anschein, als hätte Nick bei diesem Film lieber einen Trottel in der Hauptrolle gehabt. Immer wenn Luke einen Vorschlag machte oder seinen Text ein wenig abänderte, drehte Nick beinahe durch.

Luke hatte schon mit seinem Agenten darüber gesprochen, aber der war von diesem Film mehr als überzeugt. Seinen Worten zufolge gefiel dem Studio das Konzept sehr, und es sah ganz danach aus, als könnte Luke, der ohnehin immer bekannter wurde, dadurch endgültig zum Star werden. Wenn dieser Film an den Kinokassen Anklang fand, dann würde Luke endgültig in die erste Riege der Hollywoodschauspieler aufsteigen.

Daher biss er die Zähne zusammen und ertrug jeden noch so dämlichen Vorschlag. Er versuchte, nicht länger zu improvisieren und dem Regisseur genau das zu geben, was dieser haben wollte, auch wenn es ihm ungemein schwerfiel.

Aber dabei ging ihm die Liebe zu seinem Beruf verloren. Er verbrachte sehr viel Zeit in seinem Wohnwagen, blies Trübsal und trainierte, um seinen Frust abzubauen.

Das Wasser wurde langsam kalt, was ein Zeichen dafür war, dass er schon viel zu lange unter der Dusche stand. Seufzend schaltete Luke es aus und schnappte sich ein Handtuch. Schon bald würde man ihn wieder holen. Momentan war der Regisseur gerade damit beschäftigt, irgendeine wichtige Person in seinem Büro zu hofieren. Luke hatte die Gelegenheit genutzt, sich in seinen Wohnwagen zu verdrücken, um »seinen Text durchzugehen«. Nicht, dass das tatsächlich notwendig gewesen wäre. Sein »tiefsinniger, vielschichtiger« Attentäter hatte die geistige Bandbreite eines Höhlenmenschen.

Er rubbelte sich mit dem Handtuch die Haare trocken und verließ das kleine Badezimmer seines Wohnwagens.

Nur um festzustellen, dass er nicht alleine war.

Da stand eine Frau, die ihm den Rücken zuwandte. Sie trug ein prüdes marineblaues Kostüm mit einem Bleistiftrock, der bis zu den Knien reichte, und einem Blazer, der ihre schmalen Schultern betonte. Ihr Haar war fast komplett unter einem hässlichen Schal verborgen, und als sie den Kopf ein wenig zur Seite drehte, stellte er fest, dass sie eine Sonnenbrille trug, obwohl sie sich in seinem Wohnwagen aufhielt. Ihre Schuhe waren schlichte nudefarbene Pumps, und sie umklammerte eine winzige Handtasche. Sie starrte gerade eines der Poster an, die an der Wand hingen. Es stammte von seinem letzten Film, bei dem er es wider Erwarten sogar auf das Poster geschafft hatte. Seitdem sorgte sein Manager dafür, dass dieses Poster überall hing, wo er arbeitete.

Rasch wickelte sich Luke das Handtuch um die Taille. »Kann ich Ihnen helfen, Ma’am?«

Die Frau drehte sich um. Sie bewegte die Lippen, auch wenn kein Ton aus ihrem Mund kam, und presste sie dann fest zusammen. Ihre Augen konnte er hinter der riesigen Sonnenbrille nicht erkennen, aber er hatte den Eindruck, dass sie ihn … anstarrte. Nach einem Augenblick räusperte sie sich leise. »Der … Regisseur sagte, ich könne mich hier aufhalten.«

Ihre Stimme klang sanft und kultiviert, und sie hatte einen leichten Akzent. Anscheinend war sie eine Einheimische. Erneut musterte er sie von Kopf bis Fuß. Er konnte nicht erkennen, wie alt sie war, aber sie schien noch recht jung zu sein und hatte umwerfende Beine. Ihr enger Blazer ließ eine gute Figur erahnen. Aber warum hatte der Regisseur sie hergeschickt?

Es sei denn …

Luke stöhnte leise. Seit seiner Scheidung ging Nick häufig zu Prostituierten. Das war auch der Hauptgrund dafür, dass sie in Europa und nicht in Kanada drehten. In Europa stand man diesem Thema aufgeschlossener gegenüber, hatte er sich mehr als einmal von dem nervösen Regisseur anhören müssen, und außerdem könne man mit Sex hervorragend Stress abbauen.

Nick war natürlich nicht entgangen, dass Luke schon die ganze Woche sehr gestresst gewesen war.

Na, das würde auch ihr altmodisches Outfit erklären und dass sie eine Perücke trug. Falls Nick ihm wirklich eine Prostituierte geschickt hatte, dann war es besser, wenn das nicht auffiel, schließlich würde sie gleich in hohem Bogen wieder rausfliegen. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, waren irgendwelche Verwicklungen. »Hören Sie, Miss. Ich weiß, warum Sie hier sind.«

»Ach ja?« Sie schien überrascht zu sein.

»Oh ja. Das ist zwar eine echt nette Geste von Nick, aber ich bin momentan einfach nicht in der Stimmung für … Gesellschaft.«

»Oh, aber ich bin auch gar nicht hier, um Ihnen Gesellschaft zu leisten«, erwiderte sie mit sanfter, charmanter Stimme. Ihm fiel auf, dass sie auf einer Wange ein Grübchen hatte.

Na, super. Sie war also nicht nur eine Prostituierte, sondern überdies auch nicht besonders helle. Er verdrehte die Augen, ging zu seinem Bett, das am anderen Ende des Wohnwagens stand, und griff nach seinen Boxershorts. »Wollen Sie die Sonnenbrille nicht absetzen? Damit führen Sie doch niemanden hinters Licht.«

»Nicht?« Ihre Stimme klang wehmütig.

»Nein.« Er ließ das Handtuch sinken, zog sich die Boxershorts an und drehte sich dann wieder zu ihr um.

In der Zwischenzeit hatte sie die Sonnenbrille abgenommen, und er war überrascht. Unter ihren kräftigen Augenbrauen musterten ihn klare blaue Augen, und sie hatte ein gleichmäßiges und majestätisches Gesicht. Dabei war sie nicht zart und hübsch wie die meisten der Frauen in Hollywood, die so häufig zum Schönheitschirurgen gegangen waren, bis ihre Wangen und ihre Nase perfekt aussahen. Diese Frau war elegant, wenngleich keine Schönheit, und jünger, als er erwartet hatte.

Überdies schien sie völlig schockiert zu sein, und ihr Blick zuckte immer wieder von seiner nackten Brust zu seinen Boxershorts und wieder zurück.

Er kniff die Augen zusammen. »Gibt es ein Problem?«

Sie legte den Kopf schief, als würde sie über die Frage nachdenken. »Nein, nicht das geringste.« Doch er bemerkte, dass sie ihre Handtasche fest umklammerte und ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.

Eine nervöse Prostituierte, die mehr wie Mary Poppins als wie eine Nutte aussah? Entweder glaubte Nick, Luke hätte einen Fetisch, oder er hatte irgendetwas falsch verstanden. »Ziehen sich alle europäischen Escort-Damen so an wie Sie und sehen aus wie Lehrerinnen?«

Erneut klappte sie den Mund auf und wieder zu, ohne dass ein Ton herauskam, und es hatte den Anschein, als wollte sie etwas erwidern, wüsste jedoch nicht, was sie sagen sollte. Doch sie erholte sich rasch, und ihre schockierte Miene wich einem Lächeln. Das Grübchen tauchte auch wieder auf. »Das weiß ich wirklich nicht. Tragen die meisten Escort-Damen denn etwas anderes?«

»Meines Wissens schon.« Warum unterhielt er sich überhaupt mit ihr, anstatt sie aus seinem Wohnwagen zu werfen? Lag es daran, dass sie lächelte, als würde sie sich sehr über diese ganze Situation amüsieren? Etwas an diesem frechen Grübchen faszinierte ihn.

»Gibt es denn bestimmte Bekleidungsvorschriften?« Ihr Gesicht blieb völlig ernst, als sie diese Frage stellte.

»Anscheinend nicht, oder?« Als ihr Lächeln erneut aufblitzte, konnte sich Luke nicht entscheiden, ob er es erwidern oder eine finstere Miene aufsetzen sollte. Er hatte eine gottverdammte Nutte in seinem Wohnwagen. Tja, er hatte es wirklich weit gebracht, nicht wahr? Vielleicht sollte er sich geschmeichelt fühlen, aber tatsächlich war er viel eher beleidigt. »Was finden Sie so amüsant?«

Wieder lächelte sie und zuckte mit den Achseln. »Das hier … Ich hatte mir das völlig anders vorgestellt.«

»Unser Kennenlernen?« Er hätte zu gern gewusst, was sie sich ausgemalt hatte. Dass sie vor ihm kniete und seinen Schwanz im Mund hatte? Dass er sie in seinem Wohnwagen über die Sofalehne legte und sie vögelte, bis sie seinen Namen schrie? Bei diesem Gedanken bekam er eine Erektion, und er nahm ein T-Shirt, das er sich vor den Leib halten konnte, damit sie nicht sah, was seine Tagträume mit ihm anstellten.

»Ich dachte, Sie wären … größer.« Sie biss sich auf die Lippen und sah ihn fast schon betreten an.

»Sie scheinen nicht sehr viele Männer aus Hollywood zu kennen.« Er näherte sich ihr langsam.

»Das stimmt.« In ihren hellen Augen funkelte eine fast schon spielerische Neugier, während sie ihn beobachtete.

»Wir sind alle klein.« Luke beugte sich zu ihr herüber, ein bisschen zu nah sogar. Er hatte schon vor langer Zeit festgestellt, dass sich andere Menschen auf einen konzentrieren mussten, wenn man ihnen zu nahe kam, und normalerweise gaben sie einem dann, was man wollte. Sie sah ihm ruckartig ins Gesicht, und ihre Lider flatterten. »Dann ist die Realität nicht gut genug für Sie?«

Sie öffnete den Mund, und ganz kurz verspürte er den Drang, sie zu küssen und die Kontrolle über diese Situation an sich zu reißen. »Ich … Das habe ich nicht gesagt.«

»Und Sie würden es auch niemals tun.« Er beugte sich noch weiter vor. »Wir beide sind uns auf gewisse Weise ähnlich, nicht wahr? Wir werden dafür bezahlt, unseren Kunden eine Geschichte zu erzählen. Ihnen das vorzuspielen, was immer sie sehen wollen, und nicht so zu sein, wie wir wirklich sind.«

Aus irgendeinem Grund brachten seine Worte sie erneut zum Lächeln. »Da haben Sie nicht ganz unrecht.«

Er stellte fest, dass er sie angrinste. Sie war so … angenehm, und es fiel ihm schwer, weiterhin wütend auf sie zu sein. »Tja, Sie können Nick sagen, dass ich die Geste zu schätzen weiß, aber wirklich nicht auf …«, er deutete mit einer Hand auf sie, »Escort-Damen stehe.«

»Ich weiß wirklich nicht, ob ich Ihre Worte als erfreulich oder verletzend einstufen soll.«

»Keine Sorge, das ist auch für mich eine neue Situation.«

Wieder sah sie ihn fragend an. »Meinen Sie damit, dass Sie zum ersten Mal eine … Escort-Dame wegschicken?«

»Es ist das erste Mal, dass überhaupt eine vor mir steht. Normalerweise bin ich in dieser Hinsicht genau wie jeder andere Mann und halte mich ans Buffet. Vermutlich sollte ich mich darüber freuen, dass ich es endlich geschafft habe.«

Sie wirkte irgendwie zufrieden. »Das liegt daran, dass Sie in Ihrem letzten Film so gut gewesen sind. Man hat Ihnen den Schmerz einfach abgekauft.«

Luke erstarrte. Schon wieder hatte es diese Frau geschafft, ihn zu überraschen. »In Pirates?«

Sie nickte begeistert und umklammerte ihre kleine Handtasche, die sie wie einen Schild vor sich hielt.

»Sie haben den Film gesehen?« Aber natürlich. Er kam sich sofort dumm vor, das überhaupt gefragt zu haben. Jeder hatte Pirates! Ahoy! gesehen, wenn auch nur wegen der wunderschönen Estrella George.

»Mehrmals sogar.«

Er schaute sie irritiert an. »Darin hatte ich die Hauptrolle, und es gab ein Happy End.«

»Aber es war offensichtlich, dass ihm erst vor Kurzem das Herz gebrochen worden war. Allein die Art, wie er sie angesehen hat … Am Anfang des Films war offensichtlich, dass er eigentlich jemand anderen gesehen hat.« Ihre Miene wurde ganz verträumt. »Sie haben so verloren gewirkt.«

Luke rieb sich das Kinn und empfand eine seltsame Mischung aus Stolz und Verlegenheit. Er hatte die Rolle tatsächlich so angelegt, als wäre seinem Charakter gerade erst das Herz gebrochen worden. Da es so gut wie keine Hintergrundinformationen gegeben hatte, war es sein Anliegen gewesen, die ganze Sache möglichst emotional rüberzubringen. Aber bisher war das niemandem aufgefallen. Sie war die Erste, die es bemerkt hatte. »Äh … Danke.«

Sie lächelte ihn ernst an. »Gern geschehen.«

So formell. Ein Lachen stieg in ihm auf, und er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie war ja offensichtlich ein Fan, da konnte er ihr wenigstens etwas geben, das sie glücklich machte, wenn er schon nicht mit ihr ins Bett ging. »Ich weiß die Schmeichelei wirklich zu schätzen, aber das ändert gar nichts. Ich bin immer noch nicht interessiert.«

Sie berührte ihre Wange und errötete leicht. »Ich bin fast ein wenig enttäuscht.«

Ihm ging es ähnlich. Aber Luke deutete auf die Tür, und sie nickte und verließ den Wohnwagen. Sobald sie verschwunden war, ließ er sich auf die Couch fallen und rieb sich geistesabwesend den schmerzenden Penis. Diese Frau war doch gar nicht sein Typ: auf seltsame Weise zu elegant, viel zu sehr an seiner Karriere interessiert und außerdem eine Nutte.

Aber manchmal … Er seufzte. Manchmal war es auch schön, für seine Arbeit geschätzt zu werden, und das nicht nur von einem Regisseur oder Agenten. Luke rieb sich das Gesicht. Er musste wirklich ganz schön neben sich stehen, wenn er das alles in das Verhalten einer nervösen Escort-Dame hineininterpretierte.

Sein Handy summte und wies ihn auf eine eintreffende SMS hin. Er griff danach und schaute auf das Display. Es war seine Presseagentin.

Hier ist Beckee! Ich hörte gerade, Steve sucht jemanden, der zu Pressezwecken mit Janella Davidson ausgeht. Ein paar Premieren, Fototermine usw. Sie ist ein A-Promi. Interessiert?

Luke stöhnte auf. Er kannte Janella. Sie war ganz nett, ging jedoch mit all ihren Regisseuren ins Bett. Er wollte in der Öffentlichkeit nicht als der Kerl dastehen, dem sie Hörner aufsetzte, selbst wenn es nur eine vorgetäuschte Beziehung war. Nein, danke.

Okay, aber Sie brauchen eine Begleiterin, damit Sie in die Klatschspalten kommen!!!

Ich werde es mir überlegen, schrieb er zurück und legte das Handy weg. Er konnte nicht mal wütend auf Beckee sein. Sie machte nur ihren Job. Er war es, der auf einmal die Schnauze voll von allem hatte.

Endlich bekam er all das, wofür er so lange und hart gearbeitet hatte. Wie kam es dann, dass ihn plötzlich alles kaltließ?

3

Beim Frühstück mit ihrer Mutter nippte Alex verträumt an ihrem Tee.

»Du isst ja gar nichts, Schatz.« Ihre Königliche Hoheit Alexandra Olivia II. musterte ihre Tochter leicht besorgt, während sie selbst an einem Toastdreieck knabberte. »Fühlst du dich nicht wohl?«

»Es geht mir gut.« Alex stellte ihre Teetasse ab und griff pflichtbewusst nach Messer und Gabel. »Ich bin nur abgelenkt.«

»Hast du zu viel zu tun? Soll ich mit Mutter sprechen, weil sie dir zu viel aufbürdet?«

Alex schüttelte den Kopf und schnitt sich ein Stück von einem Würstchen ab. »Es hat nichts mit der Krone zu tun.«

»Dann hast du nichts dagegen, wenn ich mir ein wildes Wochenende in Monte Carlo gönne?« Ihre Mutter wackelte mit den Augenbrauen und grinste Alex an. »Meine königlichen Flügel ein bisschen ausbreite und mich ein wenig in der Männerwelt umschaue?«

»Mutter, bitte. Ich versuche zu essen.« Alex deutete auf ihren Teller, lächelte dabei jedoch.

Im letzten Jahr hatte es für Mutter und Tochter einige Veränderungen gegeben. Vier Jahre zuvor war Alex’ Vater, Duke Jerome Von Schessel, bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Ihre Mutter hatte pflichtbewusst um ihn getrauert, auch wenn es eine arrangierte und nicht immer glückliche Ehe gewesen war. Nachdem sie drei Jahre lang die trauernde Witwe gespielt hatte, war Prinzessin Alexandra II. zu ihrer Tochter gegangen und hatte ihr ihr Herz ausgeschüttet. Sie hatte ihr halbes Leben dem Thron gewidmet, wollte die andere Hälfte jedoch genießen. Daher hatte sie beschlossen, aus der Thronfolge auszuscheiden und selbst über ihr Leben zu bestimmen.

Damit hatte Alex zwar nicht das geringste Problem, da sie ihre Mutter liebte und wollte, dass diese glücklich war … aber sie wollte auch nicht all die kleinen Details über die Liebeleien ihrer Mutter mit den königlichen Gärtnern, den Stallburschen, Spielern in Monaco und wem sonst noch hören. In der Öffentlichkeit war sie immer sehr diskret, aber Alex wusste mehr als genug über all das, was ihre Mutter so trieb.

Ihre Mutter seufzte erneut und legte ihren Toast auf den Teller. »Ich mache mir nun mal Sorgen um dich, Schatz.«

Alex aß einen Bissen, kaute und tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab. »Ich kann dir versichern, dass es mir gut geht, Mutter. Großmutter gibt mir nur so viel zu tun, um mich nach und nach daran zu gewöhnen, bis ich ihr die Arbeit abnehmen kann. Es ist ja nicht so, als wäre ich nicht mein ganzes Leben lang darauf vorbereitet worden.«

»Das mag ja sein, aber bisher warst du immer die Zweite in der Thronfolge. Nun bist du die Thronerbin. Daher bin ich schon ein wenig besorgt, dass du mir irgendwann böse sein wirst.« Die Augen ihrer Mutter glänzten, und sie wirkte unglücklich.

»Auf gar keinen Fall. Ich möchte, dass du dein Leben genießt. Außerdem gefällt es mir, Kronprinzessin zu sein. Nun habe ich ein Ziel vor Augen.«

Ihre Mutter lächelte sie an. »Aber lass dich nicht von der Rolle vereinnahmen. Du bist immer so ernst. Hast du denn noch nie jemanden kennengelernt, bei dem du dir gewünscht hast, du könntest die ganze Etikette einfach vergessen und ganz normal sein?«

Alex aß noch einen Happen, damit sie nicht sofort darauf antworten musste. Tatsächlich war genau das passiert. Sie dachte an Luke Houston und seine nackte Brust. An Luke Houston, der ihr einen Kuss auf die Wange gegeben hatte. An Luke Houston, der vor ihren Augen das Handtuch fallen gelassen und seine Boxershorts angezogen hatte.

Oh, sie dachte an jemanden, bei dem sie die ganze Etikette völlig vergessen würde.

Eigentlich dachte sie fast ständig an ihn und überlegte, wie sie einen Weg finden konnte, ihn wiederzusehen. »Du willst das Wochenende also in Monte Carlo verbringen, Mutter?« Sie behielt einen beiläufigen Tonfall bei, während sich ihre Gedanken überschlugen.

Vielleicht konnte sie die Filmleute ja in den Palast einladen? Das wäre gar nicht mal so abwegig. Wichtige Würdenträger und berühmte Besucher von Bellissime wurden häufiger zum Abendessen eingeladen und durch den Palast geführt.

Sie musste nur dafür sorgen, dass sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter nicht anwesend waren …

***

Zwei Tage später hielt sich ihre Mutter in Monte Carlo auf, und ihre Großmutter war auf ihren Landsitz gefahren, um über das Wochenende frische Luft zu schnappen. Alex hatte den ganzen Palast für sich allein … abgesehen von den gut einhundert Bediensteten natürlich. Aber die konnte sie schlecht wegschicken. Sie ließ einen persönlichen Kurier eine handschriftliche Einladung zum Essen und einer Tour durch den Königspalast von Bellissime überbringen. Ihr Bote hatte den Auftrag, den Regisseur und die wichtigsten Darsteller einzuladen und ihr bei seiner Rückkehr mitzuteilen, wer alles kommen würde. Innerlich hoffte sie, dass nicht etwa dreißig Personen auftauchten, wo sie doch nur eine sehen wollte. Aber der Anstand musste gewahrt bleiben, daher ignorierte sie ihre Besorgnis.

Während sie auf die Antwort wartete, ging Alex den Inhalt ihres Kleiderschranks durch. Alles, was sie besaß, war … Großer Gott, ihre Kleidung war so unglaublich züchtig. Zwar bestanden die einzelnen Stücke aus den besten Stoffen, doch ihre Röcke waren eng (damit sie vom Wind nicht aufgewirbelt werden konnten) und lang, und ihre Kleider waren entweder sehr formell oder sahen fast aus wie Kostüme. Für einen »zwanglosen« Abend im Königspalast hatte sie einfach nichts anzuziehen.

Tatsächlich besaß sie nicht ein einziges lässiges Kleidungsstück.

Sie holte ein neues Oscar-de-la-Renta-Kleid hervor und ließ ihre Assistentin kommen. »Rufen Sie den Boten an und sagen Sie ihm, dass wir auf formeller Kleidung bestehen.«

»Sofort, Hoheit.« Die Frau verschwand schnell wieder, und Alex begutachtete ihre Kleider. Danach musste sie in der Küche anrufen und alles für die spontane Party planen. Die Angestellten mussten darüber informiert werden, dass das Chesterfield-Zimmer bereit gemacht werden musste und wie das Essen serviert werden sollte, und sie brauchte auch noch zusätzliche Diener, die den Gästen die Mäntel abnehmen und dafür sorgen konnten, dass Fußspuren sofort wieder von den Marmorfußböden verschwanden. Kurz darauf waren alle im Palast mit den Vorbereitungen beschäftigt, und Alex kleidete sich an.

Anstelle des Nackenknotens, den sie üblicherweise trug, ließ sie ihr lockiges Haar offen herabhängen. Sie schminkte sich dezent und trug kaum Schmuck und keine Krone. Die Krone wäre nun wirklich übertrieben gewesen. Sie entschied sich für ein wundervolles bodenlanges Kleid mit einem Glockenrock, der vorn etwas kürzer war als hinten, sodass ihre hochhackigen Schuhe hervorlugten. Der braungraue Brokatstoff wäre hässlich gewesen, wenn er nicht mit hinreißenden winzigen Blumen bestickt gewesen wäre, die sich rebenartig über den Rock und das Mieder rankten. Das hohe Mieder reichte ihr von der Hüfte bis zur Brust und war vorn gerade geschnitten, sodass sie kein Dekolleté zeigte (so etwas taten Prinzessinnen nicht!). Da das Kleid ärmel- und trägerlos war, hatte der Designer ein dazu passendes Bolerojäckchen geschneidert, denn sie durfte auf gar keinen Fall zu viel Haut zeigen. Alex überlegte kurz, ob sie die Jacke weglassen sollte, aber da am nächsten Morgen garantiert etwas über die Party in den Medien zu finden sein würde, wollte sie nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen und zog das Jäckchen lieber an.

Als sie aus ihrem Zimmer kam, blieb ihr nur noch eine halbe Stunde bis zum Eintreffen der Gäste. Sie war nicht besorgt, dass niemand kommen würde. Natürlich würden sie erscheinen – wer schlug denn schon eine Einladung vom Königshaus aus? Als sie gerade ihren Ärmel zurechtrückte, kam ihr Bote auf sie zu.

»Wie viele haben die Einladung angenommen?«, erkundigte sich Alex.

»Vier, Hoheit. Soll ich die Namen nennen?«

Damit sie so wirkte, als könnte sie es kaum erwarten? Auf gar keinen Fall. Sie schüttelte rasch den Kopf, auch wenn sie am liebsten nachgehakt hätte, ob Luke Houston ebenfalls kommen würde. »Ich sehe sie ja dann beim Essen. Bitte sagen Sie den Angestellten, für wie viele Personen sie decken sollen.«

Er nickte, verbeugte sich und ging wieder.

Alex strich ihre Röcke glatt und betrat ihren Privatsalon, wo sie unbemerkt gegen ihre Nervosität ankämpfen konnte. Außerdem gab es noch einen Salon für Gäste und einen für die Königsfamilie. Sie griff nach einem Buch, konnte sich aber nicht wirklich konzentrieren. Ihre Gedanken drehten sich die ganze Zeit darum, wer wohl kommen würde. Der Regisseur und drei Fremde? Das wollte sie doch nicht hoffen. Falls Luke Houston nicht auftauchte, wäre sie sehr enttäuscht, durfte sich das aber auf gar keinen Fall anmerken lassen. Sie wollte, dass er sie sah, und sie wollte seinen Gesichtsausdruck mitbekommen, wenn er begriff, wen er da wirklich in seinem Wohnwagen kennengelernt hatte.

Wen er auf die Wange geküsst hatte. Vor wem er sich ausgezogen hatte. Bei der Erinnerung daran bekam sie ganz rote Wangen und presste sich einen Handrücken gegen die Stirn.

Die vereinbarte Zeit brach an, und Alex starrte zur Uhr hinüber. Sie kam niemals pünktlich. Ihre Großmutter, die Königin, beharrte darauf, dass Mitglieder der Königsfamilie immer fünf Minuten zu spät kommen mussten. Wenn man früher eintraf, wirkte man übereifrig, aber noch später zu erscheinen war unhöflich. In diesen fünf Minuten baute man jedoch die Erwartungshaltung auf. Jede Minute schien unendlich langsam zu verstreichen, und schließlich stöhnte Alex auf und überprüfte zum wohl einhundertsten Mal an diesem Abend ihr Make-up. Ihr Lipgloss sah makellos aus, ihre Augen waren dezent betont, ihr Haar fiel in perfekten Locken. An diesem Abend würden auch Fotos geschossen werden, und sie würde so aussehen wie immer: ernst und makellos. Eine Prinzessinnenpuppe, die lächelte und tat, was von ihr verlangt wurde.

Ihnen das vorzuspielen, was immer sie sehen wollen, und nicht so zu sein, wie wir wirklich sind.

Himmel, mit dieser Bemerkung hatte er wirklich ins Schwarze getroffen. Alex lächelte ihr Spiegelbild sanft an, kniff sich in die Wangen, um etwas mehr Farbe zu bekommen, und verließ dann ihren Privatsalon, um ihre Gäste zu begrüßen.

***

Luke zerrte an seiner eng gebundenen grünen Fliege. Normalerweise trug er gern Jacketts, aber die Fliege schien ihn an diesem Abend zu ersticken. Er hatte für seine Rolle viel trainiert und an Muskelmasse zugelegt, sodass sein Hals jetzt dicker war als früher. Als er schwer schluckte, schien sein Adamsapfel den Seidenstoff sprengen zu wollen, und ihm blieb nichts anderes übrig, als die Fliege wieder abzulegen.

Er konnte natürlich auch einfach wieder gehen.

Dies war das erste Mal, das Luke in eine derart … einschüchternde Umgebung eingeladen worden war. Rote Teppiche und Filmpremieren waren nichts im Vergleich zu einem richtigen Königspalast. Eigentlich hätte er die Einladung am liebsten ausgeschlagen, da er in letzter Zeit ständig schlechte Laune hatte, aber der Regisseur hatte darauf bestanden, dass ihn seine Stars begleiteten.

»Die Prinzessin ist ein großer Fan meiner Filme«, hatte Nick an diesem Tag bestimmt schon zwölf Mal behauptet, und ganz offenbar entsprach das der Wahrheit, denn hier waren sie nun. Man setzte sie vor den Stufen eines Schlosses ab, das aus einem Märchen entsprungen zu sein schien. Einhundert Steinstufen führten von der Kopfsteinpflasterstraße zum Palasteingang. Hier sah es aus wie in einem der Historienschinken, die sein Agent auf gar keinen Fall in Betracht ziehen durfte – unzählige Fenster und Mauerbrüstungen und überall Angestellte. Zwei Diener in Livree öffneten ihnen die Türen, und Pamela Jones, sein Co-Star, kreischte vor Aufregung und umklammerte seinen Arm.

»Ist das nicht hinreißend, Luke?«

»Es ist mal was anderes«, murmelte er und kam sich vor wie im falschen Film. Sie drehten einen Actionstreifen über die Mafia, warum in aller Welt wurden sie dann eingeladen, mit Mitgliedern des Königshauses zu Abend zu essen? Das ergab doch keinen Sinn.

Das Innere des Palasts sah ebenso vornehm aus, wie er erwartet hatte. An den Wänden hingen Gemälde wichtiger Würdenträger, und überall waren Antiquitäten, edle Teppiche und lauter unfassbar teure Dinge zu sehen. Ach, verdammt. Luke brach der Schweiß aus. Spielte man ihnen einen Streich? Das musste es sein! Irgendjemand aus einer dieser Fernsehshows würde gleich auftauchen und dafür sorgen, dass sie sich alle wie Vollidioten vorkamen.

Man führte sie in einen formellen Salon mit noch mehr antiken Möbeln und einem großen Marmorkamin, in dem trotz der warmen Sommerluft ein Feuer prasselte. Über dem Kamin hing ein riesiges Bild der Königin, die in einem Sessel saß und wie immer eine ihrer flauschigen weißen Katzen auf dem Schoß hatte.

»Glaubst du, wir werden heute Abend eine der Katzen sehen?«, fragte Pamela und stieß ihn am Arm an.

»Keine Ahnung.«