Perry Rhodan 3277: Saedelaeres Entscheidung - Michael Marcus Thurner - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3277: Saedelaeres Entscheidung E-Book und Hörbuch

Michael Marcus-Thurner

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Eines dieser Refugien wurde bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA und seiner Besatzung entführt. Während Perry Rhodan sich an die Verfolgung macht, begibt sich der legendäre Mann mit der Maske auf den Weg in die Ferne. Zuvor aber erfolgt SAEDELAERES ENTSCHEIDUNG ...

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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Zeit:3 Std. 42 min

Veröffentlichungsjahr: 2024

Sprecher:Renier Baaken

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Nr. 3277

Saedelaeres Entscheidung

Er trägt den Anzug der Verheißung – eine Maske wird gelüftet

Michael Marcus Thurner

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. O'Shannon

2. Saedelaere

3. O'Shannon

4. O'Shannon

5. Saedelaere

6. O'Shannon

7. Saedelaere

8. O'Shannon

9. O'Shannon

10. Saedelaere

11. O'Shannon

12. Saedelaere

13. O'Shannon

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr.

Vielleicht kann Perry Rhodan, der als erster Mensch auf Außerirdische gestoßen ist, endlich sein großes Ziel erreichen: Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Milchstraße – das Geisteswesen ist in Fragmente zersplittert worden, die sich an verschiedenen Stellen im Kosmos befinden. Eines dieser Refugien wurde bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA und seiner Besatzung entführt.

Während Perry Rhodan sich an die Verfolgung macht, begibt sich der legendäre Mann mit der Maske auf den Weg in die Ferne. Zuvor aber erfolgt SAEDELAERES ENTSCHEIDUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

Alaska Saedelaere – Der Terraner lüftet seine Maske – und ein Geheimnis.

Gry O'Shannon – Die Rudynerin geht auf Distanz und in Dispersion.

Farumpu – Der Lügner muss zur Wahrheit finden.

Zantumon

Aenoc. Aenoc. Aenoc.

Der Verachtende, Leid bringende Gott war alles, was zählte.

1.

O'Shannon

Ein Flackern

Der Sternengarten war in den vergangenen Tagen nicht sonderlich gut gefüllt gewesen. Nun hatten sich einige neue Pflänzlein dazugesellt: Sternenkonvolute und -ballungen, die nähergerückt waren und die Gry O'Shannon erstmals mithilfe ihrer Sinne ertastete.

Sie streckten und dehnten sich aus. Ihre Wurzeln waren tief in den Ursubstanzen des Universums verankert. Sie bezogen daraus ihre Kräfte, ohne dass O'Shannon zu sagen vermocht hätte, wie diese Nährstoffe tatsächlich wirkten und wie sie gestaltet waren.

Sie erhob sich und machte vorsichtig einige Schritte auf der Außenhülle der ZYLINDER-X. Sie fühlte das Klicken magnetischer Halterungen unter den Füßen ihres Schutzanzugs, während sie sich bewegte.

Das Zylinderschiff war etwa 140 Meter lang.

O'Shannon befand sich am rückwärtigen Teil, der für die Aufnahme von Menschen präpariert worden war, und machte sich an den Aufstieg. Vorsichtig tat sie einen ersten Schritt die Krümmung hoch. Die Eindrücke waren verwirrend, wie immer, wenn einzig der Schutzanzug für ein Gefühl der Schwerkraft sorgte. Erst nach einigen Sekunden hatte sich ihr Orientierungssinn angepasst.

Als sie den höchsten Punkt des Schiffsteils erreicht hatte, blieb sie stehen, drehte sich einmal im Kreis und holte tief Luft. Sie schob diese nahen Sinneswahrnehmungen beiseite und konzentrierte sich auf alles, was ihr wichtig war.

Sie hatte keine Ahnung, ob sie wirklich Eindrücke vermittelt bekam oder ob sie sie sich bloß einbildete. Aber die Abyssale Dispersion, die sie mehrmals durchlaufen hatte, hatte ihre Sensibilität für kosmische Phänomene verstärkt. O'Shannon meinte, die Energien des Weltraums und der darin umhertreibenden, umherschwirrenden Objekte zu fühlen.

Links von ihr loderte ein Pulsar, vermutlich keine 10.000 Lichtjahre entfernt. Es fühlte sich an wie ein Nadelstich in der Hüfte, wenn sie sich darauf konzentrierte. Eine uralte Sternballung rechts von O'Shannon und fast unterhalb ihres Blickhorizont war von unzähligen Braunen Zwergen durchsetzt. Sie erzeugten ein Gefühl der Unsicherheit in ihr. Kein Wunder, galten sie doch als Sonderform im galaktischen Garten. Sie waren kosmologisch betrachtet weder Stern noch Planet. Waren irgendwo dazwischen angesiedelt. Nur in den seltensten Fällen entwickelte sich unter dem Licht und der Wärme eines Braunen Zwerges herkömmliches Leben.

Da waren zudem die Energien eines Blazars. Hochenergetisch und zufällig auf jenen Vektor ausstrahlend, entlang dessen sich die ZYLINDER-X bewegte. Die Wirkung würde vermutlich in einigen Minuten wieder nachlassen. Noch aber genoss O'Shannon den Strahlenimpuls.

Falsch.

Eigentlich sah sie nicht, eigentlich spürte sie nicht. Sie verfügte über die Möglichkeit, kosmische Ereignisse mithilfe eine Paragabe wahrzunehmen. Doch sie hatte gelernt, diese Wahrnehmungen in Eindrücke umzuwandeln, die sie mit all ihren Sinnen erfasste und die sie verstehen konnte.

Nicht alle Eindrücke waren angenehm. Aber sie waren stets spannend. Als würde man durch ein Feld mit blühenden Wildblumen wandern und wüsste nicht, was einen bei den nächsten Schritten erwartete. Es mochte der wunderbarste Geruch einer sich öffnenden Blüte sein – oder der Gestank nach Aas. Ein unheimliches Rascheln und ein angsterregendes Zischen – oder zwei prächtig gezeichnete Bienen, die Blumen umkreisten und deren Beine schwer vom Blütenstaub waren.

Gry O'Shannon lächelte. Sie lächelte oft und gerne. Sie hatte eine Gabe, die ihr einen Vorsprung vor fast allen anderen Intelligenzwesen verschaffte. Vielleicht gab es Superintelligenzen, die so wie sie empfanden und ähnliche Sinneserfahrungen erleben durften.

Sie ließ sich vorsichtig auf einem Kasten nieder, in dessen Innerem sich unbekannte Messinstrumente befanden, und berauschte sich an einer Sternenentwicklungswolke. Sie strotzte vor Kraft, auch wenn die Wirkung angesichts großer Distanzen nur schwach ausgeprägt war. Aber O'Shannon hatte längst begriffen, dass Entfernung nicht immer eine Bedeutung hatte. Ihr »Blick« und ihre Sensitivität hatten kaum Grenzen. Vielleicht würde sie einmal versuchen, an die Grenzen des Universums zu schauen. Besser gesagt: an dessen Anfang. In Richtung einer Galaxis, deren Entwicklung nur wenige Millionen Jahre nach dem Urknall begonnen hatte.

Vielleicht konnte sie sogar in das Davor schauen?

O'Shannon scheute davor zurück. Sie wollte sich nicht verlieren. Was, wenn sie den Weg zurück ins Hier und Jetzt vergaß?

Und dann war da noch diese ganz besondere Drohung oder Prophezeiung: Der Chaotarchenraumer FENERIK sah sie als Quintarchin in seinem Inneren. Als eine Lenkerin dieses schrecklichen Schiffs.

Nie, nie, nie hätte sie eine derartige Arbeit gewollt. Aber was war, wenn sie ihren besonderen Blick in eine falsche Richtung wandte und dadurch etwas sah, das sie verdarb?

Weg mit all diesen Gedanken!

O'Shannon fuchtelte mit den Armen, als könnte sie ihre trüben Gedanken so vertreiben, wie man es mit rudynschen Zeckfliegen machte.

Sie sah sich nochmals um. Reckte den Kopf weit in den Nacken, um auch Sternregionen oberhalb von ihr wahrzunehmen. Die ZYLINDER-X rotierte während des Fluges geringfügig und verschaffte ihr immer wieder neue Blicke in den sie umgebenden Kosmos.

Sie erfasste dunkle Materie, die ihr auf sonderbare Weise Körperwärme entzog, ohne dabei unangenehm zu werden. Und dann ein grelles, aber starkes Einzellicht. Nicht allzu weit entfernt, aber unbestimmbar. Eine Psi-Komponente war daran gebunden.

Nun, das war eine von vielen Tausend Erscheinungen und Phänomenen, die die Besuche in ihrem Sternengarten immer wieder interessant machten.

Sie hielt in ihren Betrachtungen inne. Denn ein neuer Aspekt machte sich bemerkbar. Das Licht, das sie fühlte, flackerte. Wie eine Kerze, die von einem Windstoß getroffen und deren Licht ausgeblasen wurde.

Dieses Phänomen war neu.

*

Als Gry O'Shannon müde wurde, zog sie sich ins Innere der ZYLINDER-X zurück. Der Hauptgang zur Zentrale war leer und wirkte unbeseelt. Doch je näher sie dem Raum kam, desto heimeliger fühlte sich alles an. Desto stärker wurde das Gefühl, zurück »nach Hause« zu kommen.

Sie hörte eine Stimme, ruhig und sonor. Dann eine gezwitscherte Antwort. Ihr Herz schlug schneller, obwohl sie sich nicht erklären konnte, warum.

Du dumme Gans! Natürlich kannst du es dir erklären. Du willst bloß nicht über diese Dinge nachdenken.

Und das war auch gut so. Ihre emotionale Bindung an Alaska Saedelaere durfte und sollte nicht sein. Es war besser, wenn manche Dinge unausgesprochen blieben.

Oder?

Gamo Stormlicht ignorierte sie geflissentlich, als O'Shannon die Zentrale betrat. Der Zwergandroide blickte in eine Art Kaleidoskop. Er drehte es an mehreren Positionen um einige Zentimeter nach links oder nach rechts. Er hatte sich während der vergangenen Tage immer wieder mit der etwa 50 Zentimeter langen Röhre beschäftigt. Angeblich, um Unabwägbarkeiten durchzukalkulieren. Was Stormlicht damit meinte, blieb unklar. Selbst Alaska schaffte es nur selten, dem Commo'Dyr Informationen zur Schiffsführung zu entlocken.

»Wie war es im Sternengarten?«, fragte Alaska.

»Schön wie immer«, antwortete sie und verbesserte sich gleich darauf: »Nein. Es war berauschend.«

Alaska hatte etwas an sich, das sie zwang, präzise in ihren emotionalen Beschreibungen zu sein. Sie wollte, dass er ihre Ehrlichkeit fühlte.

Der Aktivatorträger hingegen tat sich schwer, die richtigen Worte zu finden. Manchmal kamen sie holprig und verschliffen aus dem Mundspalt seiner Maske. Aber diese sprachliche Unbeholfenheit hatte nicht nur etwas mit dem Cappin-Fragment in seinem Gesicht zu tun. Nein, dahinter steckte mehr.

So etwas wie Schüchternheit.

Weg mit diesen Gedanken, weg!

»Gamo?«

»Ja?« Stormlicht beschäftigte sich weiterhin mit seiner Arbeit.

»Ich habe etwas gesehen.«

»Das liegt in der Natur der Sache, wenn man Augen besitzt.«

»Würdest du mir bitte zuhören und auf dumme Bemerkungen verzichten?«

»Wenn es sein muss ...« Stormlicht ließ nun doch von seiner Arbeit ab.

Er blickte scheu zu Alaska. Der Zwergandroide akzeptierte den ehemaligen Kommandanten der LEUCHTKRAFT als seinen Befehlshaber, war aber weit davon entfernt, O'Shannon Respekt zu erweisen.

O'Shannon hasste diese Spannungen, zumal sie aufeinander angewiesen waren. Darüber hinaus war es ihr ein Gräuel, Schutz von Alaska zu benötigen. Derzeit fühlte sie sich in ihrem Sternengarten auf der Hülle der ZYLINDER-X deutlich wohler als im Inneren des Raumers. Freier. Viel mehr als sie selbst.

»Was hast du gesehen?«, fragte Stormlicht ungeduldig.

O'Shannon versuchte, die Emotionen abzurufen, die das Psi-Flackern in ihr ausgelöst hatte. Es war schwer zu beschreiben, zumal Stormlicht mit ihren Schilderungen nur wenig anzufangen wusste.

»... es fühlte sich an, als würde mich das Flackern anziehen. Als wollte mir jemand in der Dunkelheit eine Kerze vor die Nase halten, um mir den Weg zu weisen.«

»Wir sind also bei deinen Gefühlen.«

»Bei meinen besonderen Gefühlen, Gamo. Du weißt, dass ich so etwas wie einen kosmischen Sinn besitze.«

»Ja. Aber ich bin der Commo'Dyr der ZYLINDER-X. Ich arbeite mit Fakten und Wissen. Also: Was willst du mir mitteilen, Gry? Dass wir wegen eines flackernden Leuchtens, das du mit deinen Parasinnen wahrnimmst, den Kurs ändern und nachsehen sollen?«

»Es reicht!«

Erstmals mischte sich Alaska in die Unterhaltung ein. In einer Weise, die Stormlicht dazu zwang, seinen Kopf zu senken und Ergebenheit zu zeigen.

»Wir haben ein Problem, nicht wahr?«, fragte der Maskenträger langsam. »Wir sind mit dieser Reise ein gehöriges Risiko eingegangen. Wir haben uns auf gut Glück auf den Weg gemacht. Wir wussten, dass die Reichweite der ZYLINDER-X nicht ausreichen würde, um unser Ziel aus eigener Kraft zu erreichen.«

Das Ziel ... Sie reisten der LEUCHTKRAFT in die Galaxis Spaphu nach. In Richtung einer Sterneninsel, die unfassbare 212 Millionen Lichtjahre von Terra entfernt war. Und das auf einem Schiff, das gerade mal ein Drittel dieser Distanz überbrücken konnte. Die ZYLINDER-X hatte enorme Qualitäten, aber auch dieses Schiff gelangte irgendwann an seine Grenzen.

»Wiederhole, was du uns vor einigen Stunden gesagt hast, Gamo!«, verlangte Alaska.

»Wir nähern uns Umkehrpunkt X«, antwortete der Zwergandroide. »Hinter uns liegt eine Reise mit einer Dauer von fast dreieinhalb Monaten – und einer überbrückten Distanz von sechsunddreißig Millionen Lichtjahren. Die Kapazität unserer Aggregate reicht nochmals so weit. Wenn wir weiterfliegen, kann es passieren, dass wir niemals nach Terra zurückgelangen. Dass wir irgendwo im Nirgendwo stranden.«

Illustration: Swen Papenbrock

»Richtig. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, wie wir weiter verfahren.«

»Selbstverständlich fliegen wir weiter!«, ereiferte sich O'Shannon. »Wir haben von vornherein gewusst, dass dieser Augenblick kommen würde. Dass wir improvisieren müssen und dass wir auf Hilfe von außen angewiesen sein werden.«

Sie erinnerte sich an die schwierigen Tage vor dem Abflug. Ihr war stets klar gewesen, dass sie dieses Risiko auf sich nehmen wollte. Weil sie getrieben war. Weil sie das Weltall liebte. Weil sie sich in der Gesellschaft dieses Holzkopfs mit der Maske wohlfühlte. Weil Alaska es schaffte, ihre Gefühlswelt immer wieder aufs Neue durcheinanderzubringen.

Sie hatten sich vor der Abreise aus dem Solsystem von bisherigen Begleitern verabschiedet. Odyssa Peck, Guto Babbage, Nerr-Pacht und Shagaan hatten die ZALTERTEPE-Jet NIKKI FRICKEL übernommen und waren ihrer eigenen Wege gezogen. Nur der Posbi Priov war auf eigenes Verlangen bei ihnen geblieben, hielt sich aber normalerweise abseits.

So ist es nun mal als Raumfahrer zwischen den Sternen: Man begegnet sich und verbringt einige Zeit gemeinsam. Man verabschiedet sich irgendwann wieder und blickt nach vorne. Manchmal begegnen wir dem Tod, manchmal dem Leben. Oftmals weinen und manchmal lachen wir. Wir erfüllen unsere Pflichten und ziehen das Beste aus unserer Existenz. Um uns immer wieder neue Ziele zu stecken. Ich hoffe, dass Peck und ihre Leute ein gutes Leben führen. Vielleicht sieht man sich ja eines Tages wieder, erneut zwischen den Sternen ...

»Träumst du?«, fragte Alaska.

»Vielleicht.« Gry konzentrierte sich auf die Unterhaltung. »Ich erwähne dieses Paraflackern, weil es uns womöglich hilft, Entscheidungen zu treffen.«

»Erklär mir das!«, verlangte Stormlicht.

»Wollen wir nach Spaphu gelangen, sind wir auf fremde Hilfe angewiesen. Auf eine hochstehende Zivilisation, die uns mit den Reparaturen an den Aggregaten der ZYLINDER-X hilft. Wir reden dabei von Materialien und Technik, die hochqualitativ sein müssen. Richtig?«

»Richtig.«

»Ich spüre dieses Flackern in mir. Ich ... ich kann es nicht genau definieren, aber ich fühle, dass es künstlich erzeugt wird. Es handelt sich um eine Art Leuchtfeuer. Eines, das Leute wie mich anspricht.« Sie wandte sich Alaska zu. »Bemerkst du es auch?«

Der Maskenträger schüttelte nach einigen Sekunden zögernd den Kopf. »Nein. Mein Cappin-Fragment ist vergleichsweise ruhig.«

»Schade.«

»Wenn ich dich richtig verstehe«, sagte Gamo Stormlicht, »sollen wir auf dein Bauchgefühl hin einfach so den Kurs ändern?«

O'Shannon hatte die Unterhaltung mit dem mürrischen Kleinen satt. Nun, es gab andere und mitunter leichtere Wege, um Antworten zu erhalten. »KYTOMESS?«, fragte sie.

»Gry?« Die Biopositronik des Schiffs meldete sich augenblicklich.

»Ich habe in meinem Sternengarten eine nahe Galaxis entdeckt.« Sie rief Daten aus ihrem Schutzanzug auf und stellte sie dem Rechner zur Verfügung. »Was kannst du mir über sie sagen?«

»Ah. Einen Augenblick, bitte.« Nach einigen Zehntelsekunden redete KYTOMESS weiter. »Ich habe diese Balkengalaxis zu Beginn der Orientierungspause routinemäßig sondiert. Sie liegt etwa hundertsechzigtausend Lichtjahre von unserem derzeitigen Standort entfernt und hat einen Durchmesser von fünfundachtzigtausend Lichtjahren. Einige rudimentäre Funksprüche, die ich auffangen und entziffern konnte, sagen mir, dass die Sterneninsel von den meisten Bewohnern Doulzamar genannt wird.«

»Gibt es irgendwelche Besonderheiten?«

»Definiere: Besonderheiten.«

»Hinweise auf Superintelligenzen oder deren Hilfsvölker. Ungewöhnliche Strahlungsbilder. Ungereimtheiten im innergalaktischen Gefüge. Hyperphysikalische Phänomene, die du dir nicht erklären kannst.«

»Nun ja.« Wieder zögerte KYTOMESS. Kaum merkbar, aber doch. »Für tieferreichende Analysen war noch nicht die Zeit. Aber die Speicher der LEUCHTKRAFT – und damit auch die der ZYLINDER-X – verfügen über zusätzliche Informationen zu Doulzamar.«

»Und zwar?« Bei den Sternengöttern! Warum gab das Schiffsgehirn nicht einfach eine klare Antwort?

»Es tut mir leid, dass ich keine klaren Antworten geben kann, Gry. Ich verfüge bloß über vage Hinweise auf eine hochstehende Zivilisation. Die Faktenlage ist dünn. Wir müssten selbst nach Antworten suchen.«

»Das ist zu vage«, sagte Gamo Stormlicht. »Wir sollten weiterfliegen und uns entlang des Weges umsehen.«

»Da ist aber noch etwas ...«

»Ja, KYTOMESS?«

»Ich möchte deine Eindrücke bestätigen. Ich habe im Halo der Galaxis ein Signal registriert. Es ist undeutlich und verschwommen. Ihr Menschen würdet es mit dem diffusen Glanz vergleichen, den eine schwache, im Wind flackernde Kerzenflamme erzeugt. Es ist nichts, was die Ortungsanlagen minderwertiger Schiffe erfassen könnten. Es bewegt sich in einem Paraspektrum, das ich nicht so recht einordnen kann.«

»Hast du so etwas schon einmal erlebt?«, hakte O'Shannon nach.

»Vielleicht«, lautete die kryptische Antwort. »Fest steht, dass das Signal nur von den wenigsten Raumern wahrgenommen werden kann. Da ZYLINDER-X aber eine kosmokratische Einheit ist ...« KYTOMESS ließ ihren Satz sachte ausklingen.

O'Shannon wandte sich Gamo zu. »Du wusstest davon, nicht wahr? KYTOMESS hat es dir mitgeteilt.«

»Es gab Andeutungen. Solche, die man nicht unbedingt ernst nehmen muss. Winzige Spuren ...«

»Ich habe dasselbe Bild gezeichnet wie das Schiffsgehirn, Gamo! Das eines flackernden Kerzenlichts. Und du hast so getan, als wäre dies eine Nebensächlichkeit, die man nicht ernst nehmen müsste.«

»Ich bin der Commo'Dyr dieser Schiffseinheit! Es obliegt mir, zu entscheiden, ob etwas wichtig ist oder nicht. Bei all dem, was ich mache, steht stets das Wohl der ZYLINDER-X und ihrer Besatzung im Vordergrund. Ich halte es für fahrlässig, aufgrund einiger Basisinformationen und eines Gefühls die Reise zu unterbrechen und einen Abstecher nach Doulzamar zu unternehmen.«

»Du hast uns angelogen, Gamo«, sagte Alaska sanft.

»Ich habe lediglich nicht alle Informationen an euch weitergegeben, weil ich sie für irrelevant hielt.«

»Dann lass mich eines klarstellen: Falls ich noch einmal erlebe, dass du Gry und mich derart hintergehst, bist du Commo'Dyr gewesen. Dann kommunizieren wir direkt und ausschließlich mit der KYTOMESS. Haben wir uns verstanden, Gamo?«

Immer noch blieb Alaska ruhig, seine Stimme fest und leise. Aber Stormlicht schien zu verstehen, was für ihn auf dem Spiel stand und wie ernst gemeint die Drohung war, die der Maskenträger ausgesprochen hatte. Der Zwergandroide würde seines Amtes – und damit seiner Würde – beraubt werden.

»Ich verstehe«, sagte er.

»Du wirst uns beraten. Du wirst Grys Integrität niemals infrage stellen. Ich dulde keinen weiteren Widerstand, kein Zögern, keine Eifersucht. Gry besitzt mein absolutes Vertrauen. Ich verlange, dass du ihr ebenso vertraust. Akzeptierst du das?«

»Ja.« Stormlicht deutete eine Verbeugung in Alaskas Richtung an und sagte dann zu O'Shannon: »Ich bedaure, dass ich euch mit meinem Verhalten enttäuscht habe. Es wird nicht wieder vorkommen.«

»Ich weiß«, sagte Alaska. »Kümmere dich gemeinsam mit KYTOMESS um weitere Informationen zu Doulzamar. Gry und ich werden uns für eine Stunde zurückziehen.«

Alaska winkte ihr, sie folgte ihm nur allzu gerne aus der Zentrale der ZYLINDER-X.

Was war das für ein Auftritt Alaskas gewesen! Er hatte völlig ruhig geredet – und dennoch mit einer Autorität, der sich Stormlicht nicht hatte entziehen können. Der Zwergandroide hatte Alaskas Entscheidungen ohne Widerworte akzeptiert.

War dies die ganz besondere Macht eines Aktivatorträgers? Die Quintessenz eines nach Jahrtausenden zählenden Lebens? Oder einfach nur die Kraft einer ausgeprägten Persönlichkeit, die seit jeher mit Superintelligenzen und sogar mit Kosmokraten in Berührung gekommen war?

»Wird mir Gamo wirklich keine Probleme mehr machen?«, fragte sie.

»Nein, Gry. Er hat mich verstanden. Ich habe lange genug zugesehen und gehofft, dass er sich mit deiner Anwesenheit arrangiert. Jetzt musste ich Grenzen ziehen. Er ist zu weit gegangen.«

Alaska schwieg, bis sie die kleine Bordküche erreicht hatten. Dort bekamen sie einen gar nicht mal so schlechten Kaffee kredenzt.

»Du siehst mich so sonderbar an, Gry.« Alaska setzte die Tasse am Mundschlitz an und schüttete sich ruckartig eine Mundvoll der heißen Flüssigkeit hinein. Oftmals aß und trank er allein, um die Maske abnehmen zu können. Doch diesmal legte er offenbar Wert auf ihre Gesellschaft.

»Ich habe dich bisher nie so bestimmt erlebt.«

»Weil es nie nötig ist.«

»Danke. Danke, dass du mich unterstützt hast.«

»Mache ich das nicht immer?«

»Vielleicht auf eine andere Art und Weise. Aber niemals so direkt.«

»Dann sollte ich meine Vorgehensweise überdenken. Ich dachte, du wüsstest, dass ich dich stets beschützen werde.«