Pfoten weg von Elinor - Lexa Holland - E-Book

Pfoten weg von Elinor E-Book

Lexa Holland

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Beschreibung

Der verwöhnte und ein bisschen größenwahnsinnige Kater Catmandu spielt im Leben von Singlefrau Elinor die Hauptrolle und schwebt konkurrenzlos im siebten Katerhimmel, bis Elinor eines Tages vom Singledasein endgültig die Nase voll hat und sich auf Datingplattformen auf die Suche nach ihrem Traummann macht. Aus Catmandus Sicht hat sie den allerdings bereits gefunden, nämlich ihn! Er will unbedingt ihre Nummer 1 bleiben und schlägt trickreich einen Konkurrenten nach dem anderen aus dem Feld. Doch dann findet er in Elinors Favoriten, einem Wurstfabrikanten, einen ebenbürtigen Konkurrenten. Es wird ernst, und nun werden auf beiden Seiten die Messer bzw. Krallen gewetzt...

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INHALTSVERZEICHNIS

Kapitel 1 Big Apple calling! oder: Ein Unglück kommt selten allein

Kapitel 2 Auf in den Kampf!

Kapitel 3 Hooohe Berge und Chucky, die Mörderpuppe

Kapitel 4 Wurstzipfel und Brillanten

Kapitel 5 Guter Sex und Baumwoll-Doppelripp-Großvater-Unterhosen

Kapitel 6 Catmandus Asche

Kapitel 7 Catmandu im Katzenparadies

Kapitel 8 King Schnurribert dankt ab

Kapitel 9 Der Blutige Bannstrahl der Rache

Kapitel 10 Spätvorstellung!

Kapitel 11 Schau auf den Vogel!

Kapitel 12 Home, sweet Home

Kapitel 13 Angeln für Fortgeschrittene

Kapitel 14 WHAT?

Kapitel 15 Gedränge in der Besenkammer

Kapitel 16 Happy Wife – Happy Life!

Damit ihr gleich wisst, mit wem ihr es zu tun habt, Leute: Mein Name ist Catmandu. Cat-Mandu. Alles klar? Macht nichts, ich habe auch etwas länger gebraucht, bis ich dieses Wortspielchen verstanden habe, hat ja auch amerikanischen Hintergrund. Aufgeschnappt hat es mein Frauchen Elinor in einer Folge ihrer Lieblingssitcom „Two And A Half Men“, wo der dämliche fette Kater von Charlies Freundin angeblich Catmandu hieß, was aber gar nicht stimmte, sondern… Na, egal. Jedenfalls heiße ich deshalb jetzt Catmandu. Ziemlich gewöhnungsbedürftiger Name für einen außergewöhnlichen Kater wie mich, aber Elinor dürfte mich sogar Rumpelstilzchen nennen, weil sie einfach alles darf. Ihr habe ich es nämlich zu verdanken, dass ich überhaupt irgendwie genannt werden kann, weil sie mich als Baby auf einem Bauernhof vor dem jämmerlichen Ersaufen in einem Jaucheeimer gerettet hat. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, ruinierte sie ihre schneeweißen Sommerhandschuhe, nur um dieses jämmerlich schreiende kleine Etwas aus der stinkenden Brühe zu ziehen - vermutlich hat sie damals schon geahnt, was für ein Prachtexemplar einmal aus mir werden würde.

Seither gehöre ich mit allen Fasern meines Katerseins Elinor. Sie ist die allerbeste, allerklügste und allerschönste Frau auf diesem Planeten, auch wenn sie selbst das offenbar nicht weiß. Jedenfalls bricht sie vor dem Spiegel immer in Entsetzensschreie aus, wenn sie mal wieder etwas entdeckt hat, das sie Cellulite nennt. Keine Ahnung, was das ist, aber auf alle Fälle wäre das ein wunderbarer Name für eine Katzendame ganz nach meinem Geschmack: Cellulite, das klingt so vornehm. Ich mag es, wenn sie vornehm sind - aber auch ein bisschen versaut. Aber dazu später mehr.

Jedenfalls waren Elinor und ich schon drei Jahre, drei Monate und drei Tage zusammen, und ich war zu dem geworden, der ich jetzt immer noch bin: einzigartig schön mit schwarzglänzendem Fell und himmelblauen Augen. Und ein bisschen gefräßig, so bequemlichkeitsliebend wie abenteuerlustig, und natürlich in gesundem Maße sexsüchtig – also der tollste und liebenswerteste Kater der Welt! Und nicht zu vergessen: Ich habe ein Herz aus purem Gold, weshalb ich auch so schwer bin (der Tierarzt behauptet, das käme vom vielen Fressen. Ich weiß es natürlich besser).

Und da ich Elinors Zuneigung bisher weder mit einem anderen Vierbeiner noch mit einem dieser lästigen Zweibeiner teilen musste, genoss ich das herrlichste Katerleben, das man sich nur vorstellen konnte. Ich war Elinors allerliebster Liebling, ihr lebender Kummerkasten und geduldiger Seelentröster, und natürlich ihr Kuschelpartner. Und für mich stand ganz außer Frage, dass sich daran niemals etwas ändern würde.

Bis zu diesem unseligen Tag, an dem Elinors Cousine Melanie aus New York anrief.

Kap. 1

Big Apple calling - oder: Ein Unglück kommt selten allein!

Ich hatte gerade eine ausgiebige Kraulorgie mit Elinor genossen und hing noch völlig tiefenentspannt auf dem Sofa, während Elinor in der Küche ein Muffinblech mit Schokoteig füllte, als das Telefon klingelte. Ich weiß, dass sich das absurd anhört, aber ich kann von mir behaupten, dass ich schon am Klingeln erkennen kann, ob ein Anruf gute oder schlechte Neuigkeiten bringt. Im aktuellen Fall stellten sich meine gerade erst glattgekuschelten Nackenhaare auf wie ein Stachelpanzer. Das bedeutete nichts Gutes.

„Hallo Melanie, wie schön, dass du mal wieder anrufst! Na, wie läuft’s in New York?“

Während Elinor den Hörer zwischen Kinn und Schulter gepresst hielt, füllte sie das letzte Muffinförmchen und schob das Blech in den Backofen. Ich spitzte in höchster Alarmbereitschaft die Ohren. Wenn Elinor mit ihrer Cousine Melanie telefonierte, war absolute Wachsamkeit angesagt, denn Melanie fragte sie jedes Mal, ob sie denn nun endlich aus ihrem Schneckenhaus herausgekrochen sei, um den Mann fürs Leben zu finden. Den Mann fürs Leben!? Den hatte sie doch längst gefunden, nämlich mich! Wann würde Melanie das endlich kapieren und mit dieser albernen Fragerei aufhören? Elinor jedenfalls hatte es längst erkannt, denn sie interessierte sich ganz offensichtlich überhaupt nicht für Zweibeiner. Sie ging frühmorgens zur Arbeit in ihren eigenen kleinen Damenfriseursalon, wo sie ältere Damen ondulierte und jüngeren bunte Strähnchen verpasste, danach höchstens noch einkaufen, und dann schnurstracks zu ihrem Appartement. Dort lauerte ich immer schon hinter der Tür, um ihr auf dem Weg zur Küche so lange laut schnurrend um die Beine zu streichen, bis sie sich herunterbeugte, um mich ausgiebig unterm Kinn zu kraulen. Danach gab es nur noch sie und mich, den Fernseher mit unseren Lieblingsserien und ihre extra für mich frisch zubereiteten megaleckeren Häppchen.

Wenn sie ansonsten das Haus verließ, dann immer nur mit mir, und ich wusste ganz genau, wie ich irgendwelche Typen abschrecken konnte, die meinten, sie müssten Elinor in den Ausschnitt oder sonst wohin starren.

Dies war mein Revier, Jungs, und das würde ich notfalls bis aufs Blut verteidigen!

„Nein, Melanie. Nichts in Sicht. Und du weißt doch, dass ich seit der letzten enttäuschenden Erfahrung auch keinerlei Interesse an einer neuen Beziehung habe.“

Sie schaute zu mir herüber und zwinkerte mir zu, als ob sie wüsste, dass ich jedes einzelne Wort mithörte und verstand. Ich zwinkerte zurück.

„Ich hab‘ meinen Friseursalon, meine Wohnung und meinen Kater – mehr brauche ich nicht.“

Ja, genau, Elinor! Keinerlei Interesse an Männern! Du hast ja mich! Ich begann behaglich zu schnurren, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie mich in der Aufzählung dessen, was sie hatte und liebte, an erster Stelle genannt hätte. Aber Hauptsache war ja, dass sie es wusste, dass ich den ersten und einzigen Platz in ihrem Herzen hatte.

Aber dann begann sich der wolkenlose Katzenparadieshimmel mit einem Schlag zu verfinstern. Jedenfalls erstarrte Elinor, die gerade dabei war, die benutzten Backutensilien in die Spülmaschine zu räumen, plötzlich mitten in der Bewegung, der schokoladenteigverschmierte Schneebesen fiel ihr aus der Hand und schepperte über den schönen hellgrauen Küchenboden. Sie sah aus, als hätte sie gerade einen Geist gesehen, und sagte: „Mein Gott, das ist ja fantastisch!“

Meine gerade erst glattgelegten Nackenhaare stellten sich schlagartig wieder auf. Elinor sah nämlich gerade überhaupt nicht aus wie jemand, der etwas fantastisch fand, aber vielleicht hatte ich da ja etwas missverstanden.

„Herzlichen Glückwunsch, Melanie! Ich freue mich so für dich! Warte mal, ich schalte die Mithörfunktion ein, dann muss ich dieses Ding nicht die ganze Zeit mit mir herumtragen.“

Na endlich! Ich musste schließlich auch mithören, was Elinor gerade so aus der Bahn geworfen hatte.

„Also du heiratest, Melanie. Und“, sie schluckte, als müsste sie einen riesigen Kloß hinunterwürgen, „du bekommst ein Baby.“

„Ja, ja, ja, Elinor! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin – wie glücklich wir sind!“

Elinor schluckte noch einmal.

„Wir kennen uns zwar erst seit ein paar Monaten, aber Bernie ist mein absoluter Traummann, Elinor! Du weißt ja, wie wir uns kennen gelernt haben, auf meinem Flug nach New York zu der Gastmoderation bei Good-Morning-YOU!!“

Melanie seufzte, und es klang einfach irgendwie mordsmäßig glücklich.

So ein Mist! Jetzt kam bestimmt gleich wieder diese unvermeidliche Predigt, dass meine Elinor sich endlich auch einen Zweibeiner zulegen sollte, mit dem sie glücklich wäre bis an ihr Lebensende. Was im Übrigen ein total schlechter Witz ist, denn wie man weiß, reicht dieses „bis ans Lebensende“ doch normalerweise bei Männern gerade mal so weit, bis irgendeine Silikonbarbie ihre künstlichen Brüste um die Ecke schiebt.

Unwillkürlich schnaubte ich verächtlich, so dass Elinor besorgt zu mir herübersah. Sie fragte sich vermutlich, ob ich wieder diesen widerlichen Katzenschnupfen bekam.

„Ja, du bist ein echter Glückspilz, Melanie. Ich kenne deinen Bernie zwar noch nicht, aber jedes Mal, wenn ich dich so von ihm reden höre, könnte ich dann doch fast ein bisschen neidisch werden. Und wenn ich nur erstmal jemand zum Kuscheln hätte, und für, na ja, du weißt schon“, Elinor seufzte, aber bei ihr klang es irgendwie nicht nach Ich bin mit meinem wunderbaren Kater glücklich!, sondern nach Sag‘ mir, wie und wo ich auch so einen tollen Mann finde!

Jetzt begann sich vor wachsender Panik auch mein restliches Fell zu sträuben.

Jemanden zum Kuscheln?! Als ob ich nicht der ideale Kuschelpartner wäre, ich würde mich doch stundenlang durchkraulen lassen, wenn Elinor das so lange durchhielte. Und dass sie mit diesem „Na ja, du weißt schon“ Sex meinte, war mir klar. Aber für so eine bedeutungslose Zehnsekundensache brauchte man doch nicht gleich zu heiraten! Also ich selbst drehte dafür mal eben drei Runden über die Dächer, zog ein paar mickrigen Rivalen eines mit der Pfote über die Schnauze, damit sie sich eilends verkrümelten - und los ging‘s! Irgendwo fand sich immer eine einsame Katzendame, die für ein bisschen Zuwendung dankbar war, und danach ebenso wie ich auf Nimmerwiedersehen zu ihrem Frauchen oder Herrchen verschwand.

Aber Elinor und Melanie walzten das Thema noch gründlich aus, wobei immer wieder „Traummann“ und „verlieben“ und „Singlebörse“ und ähnlich unheilvolle Wörter fielen, aber das wirklich Allerschlimmste kam dann ganz am Schluss.

„Aber was machst du, Elinor, wenn dein Traummann eine Katzenallergie hat?“ K-a-t-z-e-n-a-l-l-e-r-g-i-e. Eines der schlimmsten Wörter, die man im Beisein einer Katze aussprechen kann. Fast so schlimm wie K-r-a-l-l-e-n-z-i-e-h-e-n oder V-e-g-e-t-a-r-i-s-c-h-e W-u-r-s-t.

Ich spitzte so sehr die Ohren, wie ich sie vermutlich noch nie in meinem Katerleben gespitzt hatte. Ich konnte nur hoffen, dass sie sich nachher wieder in ihre ursprüngliche Form zurückbewegen ließen.

„Na ja, dann werden wir eine Lösung finden müssen, dann muss ich Catmandu“, weiter kam sie nicht, denn just in dem Moment sah sie die zarte Rauchwolke, die sich aus der Küche schlängelte und den Geruch nach verbrannten Muffins zu uns ins Wohnzimmer trug. Damit endete diese alarmierende Konversation mitten im wichtigsten Teil, aber es war ganz klar, womit sie letztlich geendet hätte: mit dem noch grauenhafteren Wort T-i-e-r-h-e-i-m. Elinor würde mich ins Tierheim stecken, wenn sie ihren Traummann gefunden und der eine Katzenallergie hätte! Und mal ehrlich: Eine Katzenallergie würden sie doch vermutlich plötzlich alle haben, wenn sie sich entweder davonmachen (gut!) oder aber dafür sorgen wollten, dass die Katze sich davonmacht (ganz schlecht!).

Während Elinor panisch nach dem Topflappen suchte, verkroch ich mich mindestens genauso panisch auf der Couch unter meinem Lieblingskissen und begann unverzüglich und fieberhaft mit der Ausarbeitung eines absolut unfehlbaren Männer-Vergraul-Plans.

Denn eines war sicher: Eher ginge eine Katze durch ein klitzekleines Mauseloch als ich ins Tierheim!

Wenn ich so bedachte, wie viele zweibeinige Rivalen ich die letzten Jahre aus dem Feld geschlagen hatte, war ich eigentlich fast ein bisschen stolz. Immer wieder hatte es Kandidaten gegeben, die sich ganz verstohlen oder auch mehr oder weniger dreist an Elinor heranmachten, aber ich durchschaute und vertrieb sie schneller als sie blinzeln konnten. Dafür war Elinor mir bestimmt noch heute dankbar, denn sie war einfach zu gut für diese Welt und fiel erfahrungsgemäß ausgerechnet auf die windigsten Typen herein. Alles, was die Kerle in den allermeisten Fällen wollten, war doch einfach, täglich von ihr bekocht zu werden, so oft es nur ging Sex, einmal im Monat kostenlos Haare schneiden, und dass sie ihnen ihre ausgeleierten Baumwoll-Feinripp-Unterhosen und stinkenden Socken wusch – sie suchten also einfach eine kostenlose Haushälterin, mit der sie sich je nach Lust und Laune vergnügen konnten. Natürlich versuchten sie, sich zu verstellen und echte Gefühle vorzugaukeln, aber ich durchschaute auch die scheinheiligsten Typen und vertrieb sie mit allen nur denkbaren Mitteln, wozu unter anderem auch gehörte, dass ich heimlich auf ihre Klamotten pinkelte, während sie mit Elinor im Schlafzimmer verschwunden waren.

Da gab es natürlich auch Typen, die ich gar nicht erst vertreiben musste, weil sie schon selbst dafür sorgten, dass sie nicht für weitere Treffen in Frage kamen. Da war zum Beispiel der Mönch gewesen, der das sexuelle Fasten offenbar satt hatte, und jedes Mal laut den Rosenkranz betete, um gleich danach eine noch wildere Runde einzulegen. Oder ein „selbstbewusster Manager auf der Suche nach der Frau seines Lebens“, bei dem sich herausstellte, dass er diese bereits bei seiner Geburt gefunden hatte. Er rief alle halbe Stunde seine überbesorgte Mutter an und berichtete ihr mit Kleinjungenstimme haarklein, was die letzte halbe Stunde vorgefallen und er ganz bestimmt ein braver Junge gewesen war. Oder mein Lieblingskandidat: der laut Kontaktanzeige „wahnsinnig zärtliche, romantische, einfühlsame Gentleman im Maßanzug“, der in Elinors Badezimmer in Windeseile eine ungeahnte Transmutation durchmachte: er stand plötzlich nackt mit Peitsche, grimmigem Gesicht und einer Familienpackung schwarzer Kondome bewaffnet vor ihr.

Und am Ende saß ich dann jedes Mal mit Elinor auf der Couch und tröstete sie mit meinem allerschönsten Katerschnurren, während sie ein bisschen in ein Taschentuch schniefte. Dann machte sie sich und mir ein paar von ihren wunderbaren Leckerlis, legte eine DVD mit unserer Lieblingsserie King Of Queens ein, und spätestens kurz vor dem Ende der jeweiligen Folge lachten wir beide wieder wie immer über die Erlebnisse von Doug, Carrie und ihrem Vater.

Die Welt und mein Katzenparadies waren wieder in Ordnung! Aber jetzt, nach diesem Anruf von Melanie, war schlagartig alles anders. Da war mir zum ersten Mal so richtig klargeworden, dass im Grunde jeder Mann existenzbedrohend für mich war, denn jeder einigermaßen gewiefte Typ würde doch ganz einfach drei Mal möglichst auffällig schniefen und dann behaupten, er hätte eine Katzenallergie, wenn er ahnte, dass er mich dadurch loswerden konnte.

Meine Tage würden gezählt sein, sobald ein Mann auch nur nahe genug an meine Elinor herankam. Das musste ich also unbedingt verhindern.

Da half erstmal nur eines: ein nächtlicher Spaziergang über die Dächer mit Eddy, meinem rotbraun getigerten Kumpel aus dem Nachbarrevier. Eddy war kastriert und deshalb dick wie ein Wäschesack, durch kühne Revierkämpfe auf einem Auge blind und auch sonst etwas lädiert, aber gutherzig und der beste Freund, den man sich vorstellen konnte. Seit wir gemeinsam einen arroganten schwarzen Katzengigolo mit dem lächerlichen Namen Heribert vertrieben hatten, waren wir ein Herz und eine Seele.

Und da Eddy sein Frauchen auch schon erfolgreich gegen den einen oder anderen unwürdigen Zweibeiner verteidigt hatte, war er genau der richtige Ratgeber für mein Problem.

Nachdem also Elinor das eingebrannte Backblech eingeweicht, uns etwas zu futtern gemacht und mit mir drei Folgen King Of Queens angeschaut hatte, ging sie schlafen. Gefuttert hatte allerdings ausnahmsweise nur Elinor, denn der Appetit war mir nach diesem Telefonat schlagartig vergangen.

Ich schlich mich aufs Dach und machte mich auf die Suche nach Eddy.

„Hey, Catmandu, alter Freund - ich habe dich hier oben schon ein Weilchen nicht mehr gesehen!“ hörte ich seine vertraute freundliche Stimme, als ich unseren üblichen Treffpunkt auf dem Flachdach ansteuerte, einen halbverfallenen Schornstein. „Hey, Eddy! Stimmt, ist bestimmt schon fast eine Woche her, seit ich zuletzt hier oben war. Na ja, es gab nichts Neues, und mir war auch nicht nach einem Nümmerchen mit den zurzeit hier herumstreifenden Mädels. Ich fand sie ein bisschen zu gewöhnlich, wenn du weißt, was ich meine.“

Wie bereits gesagt: Ich mag es, wenn sie vornehm sind – natürlich auch ein bisschen versaut, aber dabei doch immer eine Lady. Man darf nicht merken, dass sie nichts lieber hätten, als dass man sich leidenschaftlich über sie hermacht und sie ein bisschen beglückt. Wenn es soweit ist, dürfen sie natürlich zeigen, was wirklich in ihnen steckt, aber bis dahin: immer schön vornehm!

Leider findet man diese Kombination selten, aber hin und wieder läuft mir doch eine Katzendame über den Weg, die den edlen Namen „Cellulite“ verdient hätte.

Aber Eddy konnte da leider sowieso nicht mehr mitreden, er war kastriert und hatte deshalb mehr Lust auf fetttriefende Würstchen als auf bereitwillig maunzende Katzendamen, egal wie schön und verführerisch sie waren. Armer Kerl! Ich brachte ihm hin und wieder ein paar von Elinors hervorragenden selbstgemachten Katzenleckerlis aufs Dach, über die er sich dann jedes Mal mit so viel Begeisterung hermachte wie ich über eine attraktive paarungswillige Katzendame.

Na ja, jedem das Seine. Hauptsache, mein guter alter Eddy war glücklich, wenn man ihn schon heimtückisch seiner Männlichkeit beraubt hatte.

„Eddy, alter Kumpel, ich brauche deine Hilfe. Nachdem ich schon gedacht hatte, dass sie diese Idee aufgegeben hat, will Elinor sich jetzt doch ernsthaft und zu allem entschlossen auf die Suche nach einem passenden Zweibeiner machen, weil ihre Cousine heiratet und ein Baby bekommt.“

Ich sog die kühle Nachtluft hörbar ein.

„Und wenn sie ihn gefunden hat, werde ich, hm, werde ich ins, äh“, ich brachte das verhasste Wort kaum heraus, „ins T-i-e-r-h-e-i-m abgeschoben, weil er garantiert behaupten wird, er hätte eine Katzenallergie!“

Allein schon die Vorstellung, wie ich in einer dieser Plastikboxen in so einen Katzenknast transportiert und dort für immer zurückgelassen oder von irgendwelchen seltsamen Leuten dort abgeholt würde, als Spielzeug für ihr grässliches Kind, verursachte mir allergrößtes Unbehagen.

„Hey, mein Freund – du siehst ja aus wie ein Stachelschwein, so hat sich dein Fell gesträubt!“

Eddy lachte sein herrliches brummendes Katerlachen, und augenblicklich entspannte ich mich wieder.

„Jetzt mach‘ mal halblang! Elinor bringt dich doch niemals in ein Tierheim, dazu liebt sie dich doch viel zu sehr.“ versuchte er mich zu beschwichtigen, aber ich wusste es besser. Ich hatte es ja mit meinen eigenen zwei Katerohren sozusagen fast gehört! Sie hatte das hässliche Wort T-i-e-r-h-e-i-m nur wegen des qualmenden Backofens nicht mehr aussprechen können.

Ja, Elinor liebte mich, da gab es gar keinen Zweifel. Aber Liebe hin oder her, ein Traummann schien sogar bis dahin heiß und innig geliebte allerwunderbarste Kater wie mich aus dem Feld zu schlagen. Das war eine wirklich niederschmetternde Erkenntnis, die meinem bisher unerschütterlichen Selbstbewusstsein einen ernsthaften Tiefschlag versetzte.

Mir wurde so flau, dass mir ein wirklich jämmerlicher Maunzer entfuhr, für den ich mich sogleich ziemlich schämte. Aber Eddy war ein wahrer Freund, er tat so, als habe er dieses würdelose Gejammer nicht gehört.

„Pass mal auf, Catmandu. Du musst jetzt versuchen, Ruhe zu bewahren. Vielleicht hat Elinors Traummann ja auch eine Katze! Hast du denn darüber schon mal nachgedacht?“.

Oh, guter alter Eddy – nein, das hatte ich tatsächlich noch gar nicht in Erwägung gezogen! Ich hielt das zwar für so unwahrscheinlich wie einen Schneesturm an einem Augusttag, aber - völlig ausgeschlossen war es natürlich auch nicht, wenn ich mir das so recht überlegte!

Meine Stimmung hob sich augenblicklich in etwas lichtere Höhen.

Es ging doch nichts über einen wirklich guten Freund, der einem die Perspektive von der eigenen Schnauze weg mal wieder ein bisschen geraderückte!

Ich war zwar sehr skeptisch, dass Elinor auf so ein Wunderexemplar stoßen könnte, weil Männer eigentlich lieber einen Hund als eine Katze zu ihrem besten Freund erklärten. Aber ich beschloss, es trotzdem wenigstens ein ganz kleines bisschen für möglich zu halten, auch wenn ich selbstverständlich weiterhin höchst wachsam sein würde, sobald ein Mann auch nur in Elinors Nähe auftauchte.

Ob ein Mann eine Katze hatte, würde sich ja ganz schnell herausstellen, und dann würde entweder das vorsichtige Beschnuppern dieses Zweibeiners beginnen – oder der erbarmungslose Kampf gegen ihn.

Ich war so erleichtert über diese neue Aussicht, dass ich Eddy wie eine rollige Kätzin mit der Nase anstupste und ihn damit zum Lachen brachte.

„Keine Chance, alter Kumpel, du weißt doch: Ich bin kastriert!“

Da musste auch ich lachen.

„Weißt du, Catmandu, wenn einer eine Katze hat, dann hat er weder eine Katzenallergie noch brauchst du irgendwelche Bosheiten von ihm zu befürchten. Der weiß doch dann, wie wir ticken, und würde dich bestimmt auch mögen! Und er würde dir ganz bestimmt den Platz bei deiner Elinor einräumen, den du verdient hast.“

Eddy fand einfach immer die richtigen Worte.

„Danke, mein guter Freund, du hast mich gerettet! Ich werde zwar wachsam sein wie ein deutscher Schäferhund, aber sollte tatsächlich einer mit Katze kommen, dann werde ich mir das Ganze erstmal vorsichtig anschauen. Auch wenn ich natürlich nicht wirklich glaube, dass das passieren wird.“

Eddy grinste wie Kater eben grinsten, wenn sie so richtig zufrieden mit sich sind und Dinge wissen, die der andere noch nicht weiß.

„Halt einfach die Augen offen und die Ohren steif, dann wird das schon klappen, mein Lieber. Und du kannst mich ja jederzeit hier oben auf ein Schwätzchen treffen. Ich bin natürlich neugierig, wie das so weitergeht.“

„Das werde ich, Eddy, versprochen! Und übrigens, äh“, ich grinste ihn ein bisschen verschämt an, denn mit dieser neuen besseren Aussicht war auch mein Appetit schlagartig zurückgekehrt, und zwar auf Leckerlis jeglicher Art. Elinors Leckerlis standen unten auf dem Wohnzimmertisch, aber hier oben gab es ja vielleicht auch welche, „mal so ganz nebenbei, wo ich jetzt schon hier bin: Ist da nicht neulich so eine überaus bezaubernde Katzendame an uns vorbeigehuscht, als wir zusammen den Mond betrachtet haben? Ich könnte mir gerade vorstellen,“ Eddy ließ mich gar nicht erst ausreden, er kannte mich eben in- und auswendig und konnte außerdem wie jede Katze Gedanken lesen.

„Ja, ja, die habe ich übrigens vorhin gesehen, ich glaube, sie sitzt da hinten, hinter der Glaskuppel“, er zeigte mit der Pfote auf das Nachbardach, und tatsächlich – da saß sie, unbeweglich und schweigend, in vornehmster Haltung, aber mit vielversprechend glitzernden grünen Katzenaugen.

Eddy und ich gaben uns wie immer zum Abschied eine High-Five, dann trollte er sich breit grinsend Richtung Feuertreppe.

Ich war ein Kater, und zwar ein wunderbarer, und ich war nicht kastriert. Und das würde ich der hübschen Lady da drüben jetzt beweisen.

Kap. 2

Auf in den Kampf!

Am nächsten Morgen beim Frühstück redete Elinor dann mit mir über ihre Pläne, genauer: sie redete, und ich lauschte.

„Ich habe gute Neuigkeiten für dich, Catmandu!“

Ich spitzte unwillkürlich die Ohren. Gute Neuigkeiten? Ich dachte, sie würde sich jetzt auf die Suche nach einem Konkurrenten machen! Sollten sich ihre Pläne etwa über Nacht geändert haben? Oh du wunderbarer Katzengott, ich danke dir, dass du meine flehentlichen Gebete von gestern Nacht erhört hast! Elinor hatte eingesehen, dass ich ihr ein und alles war und sie deshalb keinen störenden Zweibeiner brauchte!

Mit der Luft, die ich erleichtert ausstieß, hätte man einen ganzen Luftballon aufblasen können.

„Genau, du hast es schon geahnt, mein allerliebster Catmandu! Ich sorge endlich dafür, dass du auch noch ein Herrchen bekommst. Das freut dich bestimmt ganz doll, oder?“

Elinor strahlte mich mit ihren himmelblauen Augen an und kraulte mich liebevoll unterm Kinn, während ich vor Schreck nach der Luft schnappte, die ich leider gerade leichtsinnigerweise verschwendet hatte.

Ja, klar, Elinor – und wie mich das freute!! Ich bin ganz verrückt vor Freude, ich wünsche mir doch seit Jahren nichts sehnlicher, als dass du endlich so einen Schmarotzer anschleppst, der mich von meinem Lieblingskissen und aus deinem Herzen vertreibt! (Übrigens, Herr Katzengott: Das war das erste und letzte Mal, dass ich dich um einen Gefallen gebeten habe!).

„Ach Gott, da bleibt dir ja vor Freude glatt die Luft weg! Das ist ja richtig rührend, mein Süßer!“

Elinor war tatsächlich gerührt über meine vermeintliche Begeisterung, sie musste sich sogar ein Tränchen aus dem Augenwinkel wischen. Fast bekam ich ein schlechtes Gewissen, aber das legte sich ganz schnell wieder. Gott sei Dank hatte Elinor es heute eilig, weil eine ihrer Angestellten sich gerade telefonisch bei ihr krankgemeldet hatte und sie nun auch noch deren Kundinnen übernehmen musste. So konnte ich die bittere Pille erstmal in Ruhe verdauen.

Elinor schnappte sich ihre Sandwichbox und die Jacke und winkte mir noch einmal fröhlich zu.

Dann zog sie die Tür hinter sich ins Schloss und ließ mich allein mit meinem sprichwörtlichen Katzenjammer.

In den nächsten Tagen entwickelte Elinor so viele Aktivitäten, dass ich Mühe hatte, alles im Auge zu behalten.

In einem ersten Brainstorming war die Teilnahme an Fernsehformaten wie „Bauer sucht Frau“ und „Schwiegertochter gesucht“ Gott sei Dank ausgeschieden. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass meine wunderbare Elinor in irgendeinem Kuhdorf in Gummistiefeln für irgendeinen Hinterwäldler dessen Stall ausmistete, und das dann auch noch im Fernsehen gezeigt wurde. Und wo in so einem Fall dann mein Platz sein würde, war ja klar: nicht auf meinem seidenen Lieblingskissen, sondern auf kratzigen Strohballen in einer halbverfallenen Scheune, wo ich unappetitliche Bauernhofmäuse durchs Gebälk jagen müsste, um nicht zu verhungern. Nein – danke!

Nach einem Anruf bei einem Partnervermittlungsinstitut beerdigte Elinor auch diese Idee. Als sie hörte, wie viele Tausender sie dort auf den Tisch blättern sollte, nur um vermutlich ein paar schwer vermittelbare Muttersöhnchen oder beziehungsunfähige Egomanen vorgestellt zu bekommen, wurde auch dieser Punkt von der Liste „Wie finde ich meinen Traummann“ gestrichen.

Zu guter Letzt blieb dann noch ein einziger Punkt übrig: Internet. Elinor meldete sich schließlich bei der Singlebörse Never-Ever-Lonely an, die von einer Testagentur als die beste bewertet worden war. Nun brauchte sie noch ein aussagekräftiges Profil, das möglichst viele Männer auf sie aufmerksam machen sollte. Ich hoffte natürlich insgeheim, dass genau das nicht eintraf, denn ich wollte mit der ganzen Sache so wenig Arbeit wie möglich haben. Aber mir waren ja vorerst sozusagen die Pfoten gebunden.

Elinor und ich saßen also nach dem Abendessen zusammen an ihrem Computer und starrten auf einen Fragebogen mit vielen verschiedenen Kästchen.

Elinor begann auszufüllen und anzukreuzen:

Wohnort: Berlin

Alter: 32

Größe, Figur: 165, schlank

Augenfarbe: blau

Haarfarbe: blond

Aussehen: attraktiv

Kleidungsstil: sportlich-schick

Musikrichtung: Schlager

(an dieser Stelle stieß ich versehentlich den üblichen vermeintlich begeisterten Katzenjauler aus, den ich Elinor zuliebe immer dann parat hatte, wenn sie ihren Schlagerliebling Marko Faszinetti auflegte)

Filme: Fernsehserien wie King Of Queens, Two-And-A-Half-Men, Lillyhammer, Sherlock Holmes, Sex and the City

Kochkenntnisse: Leidenschaftliche Köchin

Haustiere: Katze

Männertyp: dunkelhaarig, 175-190, schlank, sportlich, südländischer Typ

Weitere Interessen: Esoterik

Oh ja, meine Elinor liebte alles, was mit Esoterik zu tun hatte. Unsere Wohnung beherbergte ein Sammelsurium an Heilsteinen in den unterschiedlichsten Farben und Formen, überall standen Teelichter und Kerzen herum, über die ich steigen oder sie vorsichtig umrunden musste, um ja nichts umzustoßen oder mein Fell in Brand zu setzen. Über ihrem Bett hing ein Traumfänger, und wenn sie von der Arbeit kam, zündete sie als erstes Räucherstäbchen an, um, wie sie sagte, ihre Aura zu reinigen. Keine Ahnung, was eine Aura war, aber es schien so eine Art für Katzen unsichtbarer Mantel zu sein. Das Bücherregal quoll über vor Esoterikbüchern, die so ulkige Titel hatten wie „Wer war ich in meinem früheren Leben?“. Na, wer wohl? Ich war in meinem früheren Leben natürlich ICH! Für